Sengoku-Jidai Chronicles von Jenny-san ================================================================================ Kapitel 22: Trennungsschmerz ---------------------------- Zwei volle Tage waren mittlerweile vergangen. Neben Kagomes Familie hatten auch Kimies Eltern, die bisher noch nicht nach Kyôto zurückgekehrt waren, von den letzten Ereignissen erfahren, wenn auch lediglich aus den Erzählungen von Kagome, denn Kimie hatte sich mehr als heftig dagegen gesperrt, etwas dazu zu sagen. Stattdessen hatte sie sich am ersten Tag nur in ihrem Zimmer aufgehalten und war am zweiten dazu übergegangen, sich vor den Fernseher zu pflanzen und sich massig irgendwelche DVDs rein zu hauen. Auf etwaige Fragen von Kagome oder einem anderen antwortete sie so weit dies möglich gewesen war, entweder nur mit "Ja" oder "Nein" oder sie zuckte mit den Achseln und schwieg gänzlich. Auch jetzt, während sie den Blick nur gedankenverloren auf den Fernsehbildschirm gerichtet hatte. Vom Flur aus spähte indes der Rest der Familie in das Wohnzimmer. "Sie schaut sich schon den ganzen Tag diese komischen Filme an. Aber immer nur ein paar Szenen", bemerkte Souta flüsternd. Kagome schaute fragend zu ihrem Bruder runter. "Was sind das denn für Filme?" Ihr kleiner Bruder deutete auf einen DVD-Haufen, der unmittelbar neben der Tür im Wohnzimmer lag. Kagome las leise einige Titel vor und sie alle handelten ausschließlich von irgendwelchen Romanzen, die eigentlich schon die Grenze zum Kitsch überschritten. Kagome schaute wiederum zu ihrer Cousine. Diese murmelte irgendein unverständliches Zeug in sich hinein, was für die anderen nicht zu ergründen gewesen war, aber anhand der Tonlage ihrer Stimme war zu erahnen gewesen, dass Kimie in ihrem Inneren einerseits vor Wut kochte, sich aber andererseits darin zurückhielt, ihrem Unmut Luft zu machen. "Lassen wir sie besser in Ruhe", meinte Kimata letztendlich an die Familie gerichtet. "Im Moment können wir eh nichts machen. Und ich denke, selbst wenn wir versuchen würden, mit ihr zu sprechen, sie würde sich nicht darauf einlassen." "Aber so können wir sie doch nicht allein lassen!", warf Akie ein. Denn heute war der Tag gewesen, an dem sie und ihr Mann wieder nach Kyôto zurückfliegen wollten. Zwar war bis dahin noch etwas Zeit gewesen, allerdings war Akie überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken gewesen, gerade heute gehen zu müssen. Natürlich konnte Kimata die Bedenken seiner Frau nachempfinden, doch wollte er Kimie noch ein wenig Zeit lassen, ehe sie sich eventuell doch noch dazu bereit erklärte, mit ihren Eltern zu sprechen. Ähnlicher Ansicht waren auch Kagome und ihre Familie gewesen und so verzogen sie sich alle nach einem Augenblick wieder, während Kimie weiterhin im Wohnzimmer verblieb. So ging das noch die nächsten drei Stunden. Im Grunde hatte Kimie die Handlung der Filme, die sie sich bisher eingeworfen hatte, eher nur sporadisch mitverfolgt und so langsam hatte sie auch keinen wirklich Bock mehr darauf, nur herumzusitzen und auf den Fernsehbildschirm zu starren. Also gestattete sie den Geräten nun eine Pause und verließ das Wohnzimmer. In diesem Moment klingelte es an der Tür. Kimie vermutete dahinter vielleicht irgendjemanden, der Werbeprospekte oder dergleichen verteilte und wollte zuerst gar nicht aufmachen. Aber schon wurde das Klingeln energischer, bis es gar kein Ende mehr fand. Genervt stapfte sie zur Tür und riss sie auf. "Verdammt noch mal! Was soll das werd...?!" "Hallo, Kimie!", unterbrach Inu Yasha das Mädchen bei dessen Beschwerde, als wäre es das normalste von der Welt. Anfangs war Kimie schon etwas überrascht, hatte sie schließlich nicht damit gerechnet, dass der Hanyou hier aufkreuzen würde. Warum klingelte er überhaupt an der Tür, anstatt einfach reinzukommen, wie sonst auch? Kimies anfängliche Verärgerung wich wieder, trotzdem hielt sich ihre Begeisterung eher in Grenzen. "Ach, du bist's nur, Inu Yasha..." "Also, etwas mehr Begeisterung hätte ich ja schon erwartet", entgegnete Inu Yasha trocken. Kimie winkte wie beiläufig ab. Es hatte ja nichts mit ihm zu tun gehabt, dass sie im Moment nicht gerade freudig gestimmt war. Stattdessen rief sie nun in den ersten Stock hoch: "Kagome! Inu Yasha ist hier!" Wenige Augenblicke später tauchte Kagome oberhalb der Treppe auf. "Inu Yasha! Was machst du denn hier?" "Was wohl? Ich wollte dich abholen", antwortete der Hanyou und betrat das Haus. Kagome kam die Treppen runter und warf einen flüchtigen Seitenblick auf Kimie. "Inu Yasha... Das ist im Moment wirklich nicht der passende Moment, um mit so was anzukommen." "Aber wenn ich nicht zu dir komme, bleibst du ja bis in alle Ewigkeit weg!", versuchte sich Inu Yasha zu rechtfertigen. Währenddessen versuchte Kagome ihm die ganze Zeit mit allerhand Zeichen verständlich zu machen, dass er dieses Thema doch bitte nicht in Kimies Gegenwart so breittreten sollte. Aber Inu Yasha schien das Mädchen nicht ganz zu verstehen. "Stimmt etwas nicht mit deinem Gesicht, Kagome? Warum schneidest du so komische Grimassen?" Nach dieser dämlichen Frage raufte sich Kagome fassungslos die Haare. "Argh! Du bist doch echt ein Idiot! Osuwari!!" Mit voller Wucht knallte Inu Yasha auf den hölzernen Fußboden. Aber ungeachtet dieses Vorfalls schob sich Kimie nun an Kagome vorbei und ging die Treppen hoch in den ersten Stock. "Ich geh auf mein Zimmer..." "Oh... In Ordnung." Kagome folgte ihrer Cousine noch so lange mit ihrem Blick bis sie oberhalb der Treppe hinter einer Ecke verschwand. Indes hatte Inu Yasha es geschafft, sich wieder aufzurappeln. "Sag mal, was sollte diese bescheuerte Aktion wieder?!" Kagome funkelte ihn mahnend an. "Also, von dem Wort 'Taktgefühl' hast du nicht zufälligerweise schon mal etwas gehört, oder?" "Was denn? Sag bloß, Kimie denkt noch immer über Sesshoumaru nach!? Warum denn? Der Typ ist es doch nun wirklich nicht wert! Sie soll doch lieber froh sein, dass sie ihn so gesehen endlich wieder los ist!" Das Mädchen seufzte kopfschüttelnd auf. "Trotzdem... Was erwartest du von ihr? So einfach lässt sich so etwas nun mal nicht beeinflussen. Das müsstest DU doch eigentlich auch kennen. Oder warum sonst springst du jedes Mal gleich auf, wenn du nur den Namen von Kikyou hörst?" Da wurde Inu Yasha abrupt still. Zwar suchte er nach einer passenden Erwiderung, aber irgendwie wollte ihm diese nicht einfallen. Und dann auch noch dieser stechende Blick, dem Kagome ihm gerade zuwarf... Der konnte einem schon fast Angst machen. Kurz nach ihrer kleinen Auseinandersetzung mit Inu Yasha hatte Kagome Kimie in deren Zimmer aufgesucht, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Kimie saß auf ihrem Bett und hatte den Blick nachdenklich zum Fenster hinausgerichtet. Kagome war sich nicht sicher gewesen, was sie zu ihrer Cousine hätte sagen können, also hatte sich sie einfach nur stumm neben sie gesetzt. Einige Minuten waren seither so vergangen... "Du musst nicht extra wegen mir hier bleiben, Kagome", sagte Kimie schließlich und wandte den Blick zu der Jüngeren um. "Geh ruhig mit Inu Yasha zurück zu den anderen, wenn du das möchtest." Kagome war unschlüssig. "Aber... was ist mit dir?" "Nun zerbrich dir mal nicht meinen Kopf. Wir müssen ja schließlich nicht beide hier herumsitzen, oder?" Obwohl sich Kimie ein schwaches Lächeln abmühte, Kagome sah ihr an, dass sie wohl doch gerne mitgekommen wäre. Aber irgendetwas hinderte sie daran. Waren es die Erinnerungen an Sesshoumarus Worte gewesen oder aber mittlerweile vielmehr ihr eigener Wille? Doch Kagome wollte ihre Cousine nicht etwa nach ihren Beweggründen für ihre Entscheidung ausfragen, sondern nickte nur einmal kaum merklich und verließ letztendlich wieder das Zimmer. Kaum, dass die Tür hinter Kagome ins Schloss gefallen war, ließ sich Kimie auf ihr Bett niedersinken. Leise seufzte sie. Ihr Blick wanderte ziellos im Zimmer umher. Sie wusste selbst nicht, ob sie sich für sich selbst so richtig entschieden, aber was hätte sie sonst tun sollen? Zu jemanden zurückgehen, der nicht wollte, dass sie zu ihm kam? Wohl kaum... >Tja... Sieht wohl so aus, als würde ich wirklich nicht mehr zurückgehen...< Irgendwann schloss Kimie ihre Augen. >Nur ein wenig Ruhe...<, dachte sie, doch dämmerte ihr Bewusstsein bereits nach wenigen Minuten so langsam aber sicher weg... Kimie fand sich auf einer Wiese nahe eines Waldes wieder. Es war ein heller, sonniger Tag und am blauen Himmel zogen nur vereinzelt ein paar Wolken vorüber. Sie wandte ihren Blick zur Seite um und entdeckte in einiger Entfernung die Rückansicht eines Schlosses. Zuerst stutzte sie, doch dann erkannte sie es wieder: Es war Sesshoumarus Schloss gewesen! >Ist das... ein Traum? Träume ich gerade?< Anders konnte sich Kimie das nicht erklären. Als sie sich umdrehte, richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf eine Person, die einige Meter von ihr entfernt mit einem Schwert trainierte. Es war ein Junge, von der Erscheinung her schätzungsweise vielleicht 16 oder 17 Jahre alt, aber er musste im Grunde weitaus älter gewesen sein, denn er war zweifelsfrei kein Mensch gewesen. Allein schon diese markanten, aufrecht stehenden Ohren, die aus seinem, zu einem hochgebundenen Zopf getragenen, weiß-silbernen Haar herauslugten, waren Beweis genug gewesen. Aber wer war das? Etwa Inu Yasha? Nein, das konnte nicht sein. Dieser Junge hier sah irgendwie anders aus. Sein Haar war nicht so lang gewesen wie das des Hanyou. Als er sein Gesicht etwas mehr in ihre Richtung drehte, entdeckte Kimie auf seiner Stirn ein Symbol in Form eines dunklen Halbmondes, welches sich ein wenig unter einigen längeren Stirnfransen verbarg. Und diese Augen... Sie besaßen die selbe goldene Farbe wie Sesshoumarus, und auch sein Blick hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem des Youkai. >Aber was...?< Kimie wollte etwas sagen, aber merkwürdigerweise brachte sie keinen einzigen Ton heraus, als hätte sie ihre Stimme verloren. Allerdings fiel ihr jetzt auf, dass sie trotz des hellen Sonnenscheins keinen Schatten auf den Boden warf. Auch konnte sie weder die wärmenden Sonnenstrahlen, noch den sanften Wind spüren, der vorüber zog. Nur anhand des Rauschens in den Blättern der Bäume nahm sie ihn überhaupt erst wahr. Es war, als wäre sie lediglich ein Geist, der auch von anderen nicht wahrgenommen werden konnte. Kimie schaute wieder zu dem Jungen, der nach wie vor seine Schwertübungen machte. Er war darin so sehr vertieft, dass er offenbar gar nicht mitbekam, wie sich ihm nun jemand von hinten näherte. Und dieser jemand hatte bereits seinerseits ein Schwert gezogen und erhob dieses nun. Kimie wollte aufgeschreckt etwas rufen, aber wiederum versagte ihre Stimme. Reflexartig wandte sie den Blick ab und hörte mit einem Mal das laute Aufeinanderprallen von zwei Schwertklingen. Als sie wieder aufschaute, sah wie, wie die beiden Kontrahenten ihre Klingen gekreuzt hatten. Aber anstatt, dass es wie vielleicht erwartet zu einem Kampf kam, ließen sie beide ihre Waffen gleichzeitig wieder sinken. "Verflucht noch mal, Seiji! Ich habe dir doch schon oft genug gesagt, dass du dich nicht immer so anschleichen sollst!", wetterte der Erste nun spürbar aufgebracht, ohne dabei aber allzu laut zu werden. Sein Gegenüber schulterte aber nur schelmisch lächelnd sein Schwert. "Dass du mich nie bemerkst, zeugt doch nur davon, wie gut ich das beherrsche. Oder aber, du bist schlichtweg zu unaufmerksam, Katô. Also, wenn Vater das wüsste..." Seiji schüttelte gespielt tadelnd den Kopf. Er wirkte in etwa so alt wie der andere Junge mit dem Namen Katô und hatte neben den selben aufrecht stehenden Ohren auch vom Gesicht her eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm. Seine Frisur war jedoch eher kurz gehalten, wobei insbesondere sein etwas wilder Pony mit den vereinzelten dunklen Strähnen besonders hervorstach und ihm ein gewisses freches Aussehen verlieh. Beide trugen helle, kurzärmlige Kimonos, wobei Seiji im Gegensatz zu Katô keine Unterarmschoner trug, sondern Halbhandschuhe aus dunklem Leder. Katô ließ leise seufzend seine Ohren ein wenig hängen, während er sein Schwert wieder in dessen Schwertscheide zurückschob. "Was soll dieses Theater? Hast du nichts Besseres zu tun?" "Nicht wirklich, deshalb habe ich dich ja gesucht", grinste der Jüngere. "Ach! Übrigens, Nii-san... Ich soll dir von Vater ausrichten, dass du doch so rasch wie möglich zu ihm kommen sollst, aber er hat mir leider nicht gesagt, um was es geht. Machst du ihm etwa Kummer? Das wäre aber nicht gut, zumal du ja der Ältere von uns beiden bist und du weißt, was das heißt." "Schon gut! Jetzt texte mich hier nicht so zu!", murrte Katô ein wenig genervt, sprach dann aber wieder ruhig und gefasst. "In Ordnung, ich gehe gleich zu ihm." "Gut. Mutter wird übrigens auch dabei sein. Ich denke, ich leiste euch allen dann auch gleich noch Gesellschaft." Schlagartig öffnete Kimie ihre Augen und setzte sich auf. Hastig blickte sie sich um, doch sie befand sich noch immer in ihrem Zimmer. Es war eigentlich alles wie immer gewesen. Ihre anfängliche Verwirrung wich langsam wieder von ihr. "Oh Gott... Was für ein wirrer Traum..." Seufzend fuhr sich Kimie mit der Hand durch die Haare. Ein paar Minuten saß sie einfach nur so auf ihrem Bett. Dabei schwirrten ihr allerhand Gedanken durch den Kopf; über diesen Kampf gegen Akuma und seinen Clan, über die Probleme, die während des Aufenthaltes in Sesshoumarus Schloss entstanden waren und natürlich auch über Sesshoumaru selbst... >Was soll ich nur tun? Ich habe absolut keine Ahnung, was ich machen soll...< Kimie stützte den Kopf auf die Knie. Was sollte sie nur machen? Dieser innere Drang, Sesshoumaru wieder sehen zu wollen, wurde mit einem Mal immer größer. Aber sie konnte nicht zu ihm gehen, selbst, wenn sie es wollte. Ein plötzliches Klopfen an der Tür ließ Kimie aufhorchen. "Ja...?" Als sich die Tür öffnete, betraten ihre Eltern das Zimmer. "Paps... Mama..." "Dein Vater und ich werden uns bald auf den Weg zum Flughafen machen, Kimie", begann Akie mit ruhiger Stimme zu erklären. "Das Taxi kommt in gut 30 Minuten. Wir wollten nur noch mal sehen, wie es dir geht, bevor wir gehen." Kimie setzte ihre Füße wieder auf den Boden ab, blieb allerdings weiterhin auf dem Bett sitzen. "Es geht mir gut. Wirklich", versuchte sie ihre Eltern zu überzeugen, doch anhand von deren Gesichtsausdrücken war ihr das wohl nicht wirklich gelungen. Während sich Akie nun neben ihre Tochter auf das Bett setzte, nahm Kimata auf dem Schreibtischstuhl Platz. "Kind, erzähl uns, was du willst, aber deine Mutter und ich haben es schon immer bemerkt, wenn es dir nicht gut ging." Kimie senkte den Blick. "Aber ich..." Sie spürte, wie ihre Mutter den Arm um sie legte. "Kimie, es tut dir nicht gut, wenn du dich verkriechst. Wenn du den Wunsch verspürst, noch einmal mit Sesshoumaru zu reden, dann solltest du das tun. Ansonsten könnte es sein, dass du es irgendwann bereuen wirst, nichts getan zu haben, auch, wenn du im Moment vielleicht selbst ein wenig wütend auf ihn bist." Akie ließ eine kurze Pause entstehen. "Zugegeben, anfangs war ich ihm gegenüber zwar sehr misstrauisch und auch skeptisch, aber seine Geste dir gegenüber zeugt doch von sehr viel gutem Willen." Ihre Tochter schaute wieder auf. "Hm?" "Ich meine, dass er dich hierher zurückgeschickt hat und nicht möchte, dass du wieder zu ihm zurückkommst... Das mag zwar eigenartig klingen, aber das zeigt doch, was er für dich fühlt. Er will dich in Sicherheit wissen, auch, wenn er das dir gegenüber so wohl nicht gesagt zu haben scheint." "Wörtlich hat er sogar gesagt, ich solle verschwinden. Das nenn' ich mal eine ordentliche Abfuhr...", sagte Kimie und man hörte deutlich das Trotzige in ihrer Stimme. "Nun, das scheint eben seine Art zu sein", meinte Kimata nun. "Überhaupt, viele Männer verstecken ja ihre wahren Gefühle und geben sich nach außen hin meist ganz anders, wie sie sich eigentlich fühlen. Gut, Sesshoumaru hätte dir auch einfach sagen können, dass er nur dein bestes will, aber... So, wie ich ihn bisher kennen gelernt habe, würde das nicht wirklich zu ihm passen. Oder wie siehst du das?" Ein wenig unschlüssig schaute Kimie ihren Vater an. Damit hatte er schon irgendwie Recht gehabt, das hätte wirklich nicht Sesshoumarus Wesen entsprochen. Kimie spürte, wie ihre Mutter sie sanft an sich zog, sodass sie mit ihrem Kopf an deren Schulter lehnte. "Kimie, dein Vater und ich, wir wollen uns eigentlich gar nicht so sehr in diese Geschichte einmischen, sondern dir nur sagen, dass du nicht unbedingt auf das hören musst, was dir dein Kopf sagt. Höre lieber auf dein Gefühl und handle dementsprechend. Ich bin mir sicher, du wirst die richtige Entscheidung treffen." Stumm hatte Kimie den Worten ihrer Mutter zugehört und ließ sie sich alles noch einmal durch den Kopf gehen. Dann schaute sie zu ihrem Vater, der ihr mit einem aufmunternden Lächeln zunickte. Auch Kimie lächelte nun leicht. "Mama... Paps... Vielen Dank!" Dankbar legte sie ihre Arme um ihre Mutter. "Eine wirklich faszinierende Geschichte, wenn man sich das so betrachtet", meinte Kimata auf einmal. "Du musst mir bei Gelegenheit unbedingt mal alles ganz genau erzählen, Kimie. Jede Einzelheit! Ich bin mir sicher, einiges könnte ich durchaus für mein nächstes Buch verwenden." Auf diese Ansage hin warfen sich Kimie und ihre Mutter kurz irritierte Blicke zu. "Aber Paps... Du schreibst doch Krimis!", gab Kimie zu bedenken, aber ihr Vater winkte ab. "Na und?", lachte er mit einem Achselzucken. "Dann erweitere ich halt einfach mein Fachgebiet." Und während Kimie noch ein wenig verunsichert dreinblickte, seufzte Akie leise auf. "Kimata..." Bevor ihre Eltern sich auf den Weg zum Flughafen gemacht hatten, hatte Kimie sich noch von ihnen verabschiedet. Das war mittlerweile eine gute halbe Stunde her gewesen, seither hatte sie regungslos vor dem Brunnen im Schrein gestanden und starrte in den Schacht hinein. >Was zum Teufel mache ich hier überhaupt? Ich kann doch eh nicht aus eigener Kraft wieder in die andere Epoche zurückkehren. Obwohl...< Kimie umkreiste den Brunnen einmal, stützte sich hin und wieder auf dem Rand ab, und ging dann wieder weiter. Irgendwann kletterte sie an der kleinen Leiter im Schacht hinunter bis sie den Boden erreicht hatte. Prüfend scharrte sie mit dem Fuß in der Erde herum, doch es hatte sich nichts getan. "Wusste ich's doch..." Der Versuch war für die Katz' gewesen. Seufzend lehnte sich Kimie mit dem Rücken an die Wand des Brunnens. Je länger sie überlegte, umso mehr schwirrte ihr der Kopf. Nach einer Weile kniete sie sich auf den Boden und strich langsam mit der flachen Hand über die Erde im Brunnen. Im Grunde trennte sie kaum ein Katzensprung von der Sengoku-Ära, aber sie konnte nicht zurück. Kimie dachte an das Gespräch mit ihrem Eltern zurück. Erst dadurch hatte sie eigentlich den Entschluss gefasst, diesen Schritt zu tun, doch wie sollte sie jetzt weitermachen? In diesem Augenblick fiel ihr wieder das ein, was Sesshoumaru zuletzt zu ihr gesagt hatte: //Du gehörst nicht hierher! Du hast hier nie hingehört, also kehre wieder dorthin zurück, wohin du gehörst und wohin du ohnehin zurückkehren wolltest! Dein Platz ist nicht in dieser Welt und auch nicht in dieser Zeit! Verschwinde von hier!!// Wie unter einer Ohrfeige kniff sie die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. >Ich kann das nicht! Es tut mir Leid, aber ich kann nicht hier bleiben! Ich will zu dir zurück!< Kimie wollte wieder zurück! Um jeden Preis! So sollte es nicht enden! So DURFTE es nicht enden! "Bitte!", flehte sie den Brunnen inständig an. "Nur dieses eine Mal! Bitte gib mir die Chance, wieder zurückzukehren! Ich muss wieder zurück! Bitte!!" Noch ein paar Mal wiederholte sie ihren Wunsch in Gedanken, konzentrierte sich nur einzig und allein darauf. Aber als sich auch nach einigen Augenblicken nichts tat, war sie schon kurz davor gewesen, aufzugeben. "Bitte...", flüsterte sie noch einmal kaum hörbar. Plötzlich schreckte Kimie hoch und blickte auf ihre Hüfte, an welcher ihr Schwert hing. Sie hätte schwören können, ein leichtes Pulsieren gespürt zu haben. Als sie die Klinge ein wenig aus der Schwertscheide zog, leuchtete diese in einem schwachen Licht auf. Kurz darauf war Kimie so, als würde der Boden unter ihr langsam aber sicher nachgeben. "Was... was ist denn jetzt los?!" Indes saß Kagome im Beisein ihrer Freunde auf dem Brunnenrand und dachte intensiv noch einmal über alles nach. Neben ihr saß Inu Yasha, während Sango, Miroku und Shippou vor den beiden im Gras Platz genommen hatten. Kirara lag auf Sangos Schoß. Da ihm die gedrückte Stimmung aber irgendwann nur noch aufs Gemüt schlug, ergriff Inu Yasha letztendlich das Wort: "Warum bringst du Kimie nicht einfach wieder mit her, Kagome? Gib doch nichts auf Sesshoumarus bekloppte Drohung! Der kann dir eh nichts, dafür werde ich schon sorgen!" "Darum geht es nicht, Inu Yasha", erwiderte Kagome mit leicht gesenktem Blick. "Aber Kimie scheint inzwischen sogar selbst nicht mehr daran interessiert zu sein, wieder hierher zurückzukommen." "Aber warum denn?", fragte Shippou verunsichert. "Will sie uns etwa auch nicht mehr sehen?" "Das wird wohl nicht das Problem sein, Shippou", meinte Miroku. "Es mag vielmehr mit dem zusammenhängen, was Sesshoumaru ihr gesagt hat. Wobei ich mir aber auch sehr gut vorstellen kann, dass Kimie im Moment ziemlich hin- und hergerissen sein dürfte. Auf der einen Seite will sie sicherlich gerne wieder zurückkommen, aber auf der anderen Seite kann sie das nicht wegen Sesshoumaru." "Aber ich dachte, sie liebt ihn." "Das tut sie ganz sicher auch, aber es war ja schließlich eben auch Sesshoumaru, der ihr ausdrücklich gesagt hat, sie solle nicht wieder zurückkommen. Auch, wenn er dabei nicht gerade behutsam vorgegangen ist, so mag Kimie mittlerweile dennoch eingesehen haben, dass er es eigentlich nur gut gemeint hat. Nur so kann er sie wirklich von den Gefahren dieser ganzen Kämpfe fernhalten." "Aber gelang es Rokou denn nicht letztens, ebenfalls durch den Brunnen in Kagome-chans und Kimie-chans Zeit zu gelangen?", gab Sango zu bedenken. Denn unter Einbeziehung dieses Aspektes war ihr der genaue Sinn von Sesshoumarus Aktion nicht mehr so wirklich klar. Denn er hatte es doch sogar selbst mitbekommen, wie Rokou mit der Kraft eines Juwelensplitters den Brunnen hatte benutzen können. Miroku verschränkte ernst die Arme vor der Brust. "Das mag stimmen, aber vielleicht denkt Sesshoumaru ja, dass, wenn er die Verbindung zu Kimie so gesehen endgültig kappt, hat Akuma keinen Grund mehr, ihr nachzustellen. Und solange Akuma auch gar nicht weiß, dass Kimie wieder in ihrer Zeit ist, droht ihr so gesehen auch keine Gefahr." "Aber er müsste doch irgendwann dahinter kommen." "Möglich, aber was das angeht, kann wohl nur Sesshoumaru genaueres dazu sagen." Sango richtete nachdenklich den Blick zu Boden. Kirara gab einen leisen maunzenden Laut von sich, als wollte sie ebenfalls etwas dazu sagen. Behutsam streichelte die Dämonenjägerin ihrer kleinen Gefährtin den Rücken. Von Kagomes Seite hörte man letztendlich ein kurzes Seufzen, ehe sie aufstand. "Ich geh am besten nach Kimie schauen und rede noch mal mit ihr." "Soll ich mitkommen?", fragte Inu Yasha sofort, aber das Mädchen schüttelte den Kopf. "Das brauchst du nicht, Inu Yasha. Aber trotzdem danke." Gerade hatte sich Kagome über den Brunnen gebeugt und wollte in den Schacht hineinspringen, als sie plötzlich und ohne vorher etwas mitbekommen zu haben mit dem Kopf heftig gegen etwas stieß und sogleich nach hinten auf die Wiese zurückfiel. "Autsch!" "Kagome! Was ist los!" Inu Yasha half ihr dabei, sich wieder aufzurichten. Ein wenig angeschlagen hielt sich Kagome den Kopf. "Ich... bin mit irgendetwas zusammengestoßen." Die Freunde schauten sich ratlos an. Was hatte das nun wieder zu bedeuten gehabt? Da drang aus dem Brunnenschacht mit einem Mal ein gequältes Stöhnen nach oben. Sofort hatte Kagome aufgehorcht. "Ist das... Kimie?" Eiligst rappelte sie sich wieder auf und spähte zusammen mit den anderen in den Brunnen. Die Überraschung war bei allen mehr als groß gewesen, als sie tatsächlich Kagomes Cousine im Brunnen entdeckten. "Kimie!" Kimie sah Sterne; viele kleine Sterne, die um ihren Kopf herumschwirrten. Da hatte sie es eben schon so gut wie geschafft und war so kurz vor ihrem Ziel einfach wieder in den Brunnenschacht gefallen. "Aua... Mein Kreuz..." Nun gut, zumindest konnte sie mit halbem Bewusstsein Kagomes Stimme hören, die ihren Namen rief, und auch die der anderen. So gesehen hatte sie dieser unfreiwillige Sturz nicht prompt wieder in die Neuzeit zurück katapultiert. Kimie war einfach nur noch froh, als sie wieder aus dem Brunnen raus war. Zwar schmerzten ihr Kopf und überhaupt ihr ganzer Körper noch ein wenig, aber sie hatte es geschafft. Sie war wieder in der Sengoku-Ära. Für Kagome und die anderen war das allerdings nur ein einziges Rätsel gewesen. "Das verstehe ich nicht. Wie hast du es geschafft, von selbst wieder zurück zu kommen?", fragte Kagome ihre Cousine, die aber nur mit den Schultern zucken konnte. "Keine Ahnung, das frage ich mich auch..." Insgeheim hatte Kimie zwar schon so eine Vermutung gehabt, dass Raidon bei dieser Sache keine unwesentliche Rolle gespielt hatte, aber schwieg sie dazu zunächst. Wie auch immer sie es geschafft hatte, die Distanz durch den Brunnen zu überwinden, auf jeden Fall war sie darüber sehr erleichtert gewesen. "Vermisst du diesen Idioten etwa so sehr?", fragte Inu Yasha das Mädchen schließlich verständnislos. "Sag, was du willst, aber ich check 's trotzdem nicht. Immerhin ist Sesshoumaru ja nicht gerade zimperlich mit dir umgesprungen." "Ja, und genau aus diesem Grund werde ich ihm mal so richtig die Leviten lesen!", entgegnete Kimie entschieden. Shippou horchte auf. "Soll das heißen, du willst wieder zu seinem Schloss?" "Klar! So einfach mache ich ihm die Sache garantiert nicht! Mich erst zu retten und dann mit so einer Aktion um die Ecke zu kommen, das ist doch wohl...!" Plötzlich hielt Kimie inne, dann schlug sie entsetzt ihre Hände an ihren Kopf. "Aah!! Oh nein! Das habe ich bei all der Aufregung vollkommen verpeilt!" "Was ist denn los?", fragte Sango und war nicht minder irritiert gewesen, als ihre Freunde. Nachdem Kimie noch den einen oder anderen Fluch losgeworden war, erklärte sie den anderen, was ihr gerade wieder in den Sinn gekommen war, als sie an ihre Entführung zurückgedacht hatte: "Das ist mir eben erst wieder eingefallen. Leute, wegen dieser Sache mit Akuma und den Ryû-Youkai... Haltet euch fest, aber Naraku war auch in dem Schloss!" "WAS?!", kam es regelrecht im Chor zurück. Inu Yasha war der erste, der seine Sprache wieder gefunden hatte: "Du hast Naraku gesehen?! Bist du dir auch ganz sicher?" "Sicherer kann ich mir kaum sein, schließlich hat er sogar mit mir geredet!", bekräftigte Kimie. "Dann waren unsere Vermutungen ja richtig. Weiß Sesshoumaru davon?", fragte Miroku ernst, doch das Mädchen schüttelte nur unschlüssig den Kopf. "Keine Ahnung, aber ich glaube nicht. Jedenfalls hat er keine Andeutungen diesbezüglich gemacht, dass er etwas weiß." "Dann müssen wir es ihm sagen!", meinte Kagome entschieden. "Wenn Naraku mit Akuma und den Ryû-Youkai unter einer Decke steckt, dann ist dieser ganze Kampf noch weitaus gefährlicher, als wir gedacht haben." Inu Yasha ließ ein wütendes Knurren verlauten. "Dieser verfluchte Bastard! Der scheint wirklich überall seine Finger im Spiel zu haben." "Aber... dann würde das ja auch bedeuten, dass der Vorfall mit Kohaku neulich..." Sango brach ab. Es lag nun dem Anschein nach ganz klar auf der Hand, dass es pure Absicht gewesen war, dass Kohaku in den westlichen Ländern aufgetaucht war. Zwar war es ihr ein Rätsel gewesen, weshalb und in wessen Auftrag genau Renhou den Jungen angegriffen hatte, aber bei Naraku wusste man eh nie, was aus welchen Gründen passierte. Vom Knochenfresserbrunnen aus mochte es ungefähr zwei Tage dauern, bis die Gruppe das Schloss der Inu-Youkai wieder erreicht haben würde, sofern sie wie schon beim ersten Mal über den Luftweg reisen würden. Und da sie nach Möglichkeit keine Zeit verlieren wollten, kam für sie alle auch nur diese Variante in Betracht. * ~ * ~ * ~ * ~ * Es waren einige Tage vergangen, seit sich Sesshoumaru auf den Weg gemacht hatte, um Kimie aus Akumas Fängen zu befreien. Doch als er ohne sie wieder in Schloss zurückgekehrt war, hatte anfangs große Verwirrung geherrscht. Nur nach und nach hatten die Einzelnen durch Ashitaka, Tôya und Subaru von dem erfahren, was sich zugetragen hatte, wenn auch nur in groben Zügen. Sesshoumaru hingegen schwieg noch immer und begegnete so ziemlich jedem mit kühler Abweisung, außer Rin. Jaken hingegen hatte sich schon von sich heraus von seinem Herrn ferngehalten, um es zu vermeiden, ihn vielleicht unbeabsichtigt irgendwie aufzuregen oder zu reizen. Und Inuki war in letzter Zeit ungewöhnlich still und teilnahmslos gewesen. Er lag die meiste Zeit entweder im Garten am Teich oder nahe der Eingangstüren des Schlosses im Gang und reagierte nur bedingt, wenn er von irgendjemandem in irgendeiner Form angesprochen wurde. Sesshoumaru hatte sich in seine Privaträume zurückgezogen. Als wollte er versuchen, sich irgendwie abzulenken, hing er ständig nur über irgendwelchen Schriftrollen oder Landkarten, doch schweifte er mit seinen Gedanken immer wieder mal ab und musste seine Studien ab und an unterbrechen, da er ständig den Faden verlor. Besuch empfing er in dieser Zeit nur ungern. Lediglich Rin durfte ohne jegliche Einwände zu ihm und leistete ihm meist stumm Gesellschaft, da sie ihn nicht bei der Arbeit stören wollte. Und wenn sie es für nötig erachtete, schlich sie sich leise wieder davon, um ihn in Ruhe zu lassen, so auch an diesem Nachmittag. Dafür ersuchte Kakeru seinen Herrn kurz darauf um ein Gespräch. Zwar tat er es nur ungern, aber Sesshoumaru ließ sich ohne Widerworte darauf ein. In Kakerus Gemach saßen sich die beiden nun gegenüber, allerdings herrschte zunächst nur eisiges Schweigen. "Seid ehrlich, Sesshoumaru-sama... Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr die richtige Entscheidung getroffen habt?", fragte Kakeru irgendwann. Sesshoumarus Gesicht spiegelte einen Hauch von Unmut wider. "Fang nicht schon wieder mit dieser Geschichte an, Kakeru." Von Kakerus Seite war ein leises Seufzen zu hören gewesen. "Ich weiß, Ihr redet nicht gerne über so was, aber ich möchte einfach gerne in Erfahrung bringen, was genau Ihr damit bezweckt habt. Obwohl... Eigentlich kann ich es mir auch denken." Er bekam mit, wie Sesshoumaru seinen Blick hob, und sprach weiter: "Ihr habt darin, Kimie-dono wieder in ihre Heimat zu schicken, wohl die einzige Möglichkeit gesehen, sie wirklich effektiv beschützen zu können, nicht wahr? Auch, wenn das bedeuten würde, dass Ihr sie nie wieder sehen werdet. Wie Ihr über diese Sache denkt, darüber möchte ich mich jetzt zwar nicht auslassen, aber wie steht es zur Zeit wohl um Kimie-dono?" "Hm..." Sesshoumaru wusste darauf nichts zu erwidern, denn schließlich hatte Kakeru ja Recht gehabt. Aber wie Kimie über all das denken mochte, das konnte auch Sesshoumaru nicht sagen, wenngleich er vermutete, dass sie nach dem ersten Schock wohl mehr als empört gewesen sein durfte, und bestimmt hatte sie auch versucht, wieder in diese Zeit überzuwechseln. Aber das konnte sie nicht allein, und solange Kagome sich an seine Warnung hielt, würde sich daran auch nichts ändern. "Es ist schon verblüffend." "Was?" Sesshoumaru schaute auf. Auf Kakerus Gesicht war ein leichtes Lächeln zum Vorschein gekommen. "Ich spreche von Euch, Sesshoumaru-sama. Ich kenne Euch seit Eurer Kindheit und kann von daher wohl guten Gewissens behaupten, Euch zu kennen. Und mir ist aufgefallen, dass Ihr Euch verändert habt. Das mag zwar nichts Ungewöhnliches sein, denn jeder verändert sich im Laufe seines Lebens auf eine gewisse Weise. Aber Ihr..." Kakeru war aufgestanden und hatte sich in eine Tasse etwas Tee eingegossen. Ganz schwach, es war anfangs eigentlich kaum wahrnehmbar gewesen, öffnete er seine Augen. Sein sanfter Blick verlieh seinem Lächeln zusätzlichen Ausdruck, als er fortfuhr: "Nun, Ihr seid weicher geworden. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen ihr nur kühl und abweisend aufgetreten seid und das Leben anderer hatte für Euch keinerlei Bedeutung. Doch ich muss gestehen, diese andere neue Seite an Euch sagt mir mehr zu." "Sei nicht albern!", entgegnete Sesshoumaru streng, obwohl er es im Grunde ja selbst nicht leugnen konnte. Es stimmte, er hatte sich verändert. Zwar war er in gewisser Hinsicht immer noch er selbst, aber er war schon lange nicht mehr nur dieser eiskalte Youkai, der alle anderen nur abfällig von oben herab betrachtete. Plötzlich schaute Sesshoumaru auf. Er hatte etwas gehört, und nur einen Sekundenbruchteil später schoss etwas durch das Papier, welches über die Fenster gespannt war, ins Zimmer und traf auf den Boden auf. Sofort war er aufgesprungen. "Was zum...?!" Als ob sich Sesshoumaru extra noch vergewissern musste, schaute er genauer hin. Im Boden steckte ein Pfeil. Kakeru nahm diesen kleinen Vorfall aber mit erstaunlicher Gelassenheit hin. "Hm! Ich wage zu bezweifeln, dass dies ein böswilliger Angriff war, obwohl Ärger eine gewisse Rolle spielen mag." Sesshoumaru erwiderte nichts darauf. Stattdessen haftete sein Blick noch immer an dem Pfeil. Ungewöhnlich war gewesen, dass knapp hinter der Pfeilspitze ein Zettel befestigt gewesen war. War das etwa eine Botschaft? Stutzig machte ihn zudem dieser bekannte Geruch... Endlich zog Sesshoumaru den Pfeil aus dem Boden, entnahm den Zettel und faltete ihn auseinander. Er zog leicht eine Augenbraue hoch, als er ihn las. "IDIOT!!" stand groß darauf und darunter ein gezeichnetes Gesicht, das ihm frech die Zunge rausstreckte. "Mir scheint, wir haben Besuch gekriegt", meinte Kakeru mit einem amüsierten Unterton in der Stimme, während er einen Schluck aus seiner Teetasse nahm. Er schien ebenso wie Sesshoumaru schon ganz genau zu wissen, wer hier den Brief per Pfeilsendung ins Zimmer geschossen hatte. Auf dem Hof herrschte indes eine gewisse Unschlüssigkeit, nachdem der Trupp um Inu Yasha so plötzlich wieder aufgetaucht war und Kimie ohne große Umschweife mit Kagomes Bogen einen Pfeil auf das Schloss abgeschossen hatte. Ihr Ziel war ursprünglich jedoch ein etwas anderes gewesen. "Sag mal, Kimie, ist Sesshoumarus Zimmer nicht das da ganz oben?", fragte Inu Yasha vorsichtig und deutete auf das oberste Stockwerk, ehe er etwas spöttisch fortfuhr: "Korrigiere mich, wenn ich mich täusche, aber ist dein Pfeil nicht zwei Stockwerke tiefer gelandet?" Kimie gab Kagome ihren Bogen zurück und räusperte sich kurz. "Nun... Zumindest hatte ich die richtige Richtung. Und da keiner hier einen Schrei gehört hat, habe ich wohl auch niemanden getroffen, also reg dich nicht so künstlich auf!" "Aber... du hättest doch auch einfach anklopfen können." "Von wegen!" Kimie stemmte demonstrativ die Hände in die Hüften. "Warum sollte ich Sesshoumaru mit Samthandschuhen anfassen, wenn der mich so rabiat in den Brunnen stößt? Der versteht ja offenbar keine andere Sprache." Abwartend war ihr Blick auf die Eingangstüren gerichtet. Noch tat sich nichts, aber sie war sich sicher, es würde nicht mehr lange dauern. "Sieh mal einer an! Sesshoumaru-samas kleines Mädchen und ihr Spieltrupp sind wieder zurück", hörten alle mit einem Mal die belustigt klingende Stimme von Seshiru sagen, ehe dieser zum Vorschein kam und sich ihnen in einem gewissen Abstand gegenüberstellte. "Ich dachte eigentlich, er hätte euch untersagt, wieder herzukommen. Zumindest war davon die Rede gewesen." Er schaute aus dem Seitenwinkel zu Ashitaka rüber, der im Beisein von Tôya, Miyuki und Subaru etwas abseits stand. Auf die Worte des Inu-Youkai hin trat Inu Yasha nun einen Schritt vor. "Und ich hatte eigentlich gedacht, Sesshoumaru wäre so schlau, dass er dich in der Zwischenzeit wieder rausgeschmissen hätte, aber da habe ich mich wohl getäuscht." Der Hohn in seiner Stimme war unüberhörbar gewesen. Seshiru jedoch ließ sich nicht beeinflussen und behielt sein fadenscheiniges Lächeln. "Oho! Der Hanyou lässt mal wieder seine große Klappe zu Wort kommen." "Wir können ja austesten, ob ich nur eine große Klappe habe!" Mit der linken Hand umfasste Inu Yasha die Schwertscheide von Tessaiga. Seshiru beobachtete ihn ganz genau. "Forderst du mich etwa heraus? Kaum wieder hier, und schon machst du erneut Ärger? Mach dich doch nicht lächerlich!" "Jetzt halt endlich mal den Rand!", mischte sich Kimie genervt ein. "Du bist mitunter wirklich einer von denen, die mir persönlich am meisten auf den Wecker gehen!" "Nanu? Woher diese plötzliche Aggression?", fragte der Inu-Youkai prüfend. "Ich bin gerade etwas angefressen, wenn du darauf anspielst!", entgegnete Kimie. "Wenn du es genau wissen willst, habe ich noch ein Hühnchen mit deinem Herrn zu rupfen, aber in dieses Vorhaben passt du nicht rein! Also schwing dich wieder zurück in deine Hundehütte und lass Inu Yasha, mich und auch die anderen in Frieden, klar?! Oder muss ich dir wirklich erst noch einen Maulkorb umbinden und dich zusätzlich noch an die Leine legen?" Ein Raunen machte die Runde. Zwar hatte Kimie Seshiru mehr aus einem Impuls heraus so angeblafft, aber irgendwie tat es ihr richtig gut, mal ihrem Ärger etwas Luft zu machen. Sie hatte die Nase voll von dieser ständigen Zurückhaltung, im Moment wollte sie nur eines: Sesshoumaru so ordentlich die Meinung geigen! Da war es ihr auch vollkommen schnuppe, wenn sie sich mit ihrem Auftritt wiederum in ein etwas schlechtes Licht rückte. Gerade schien Seshiru etwas erwidern zu wollen, da öffneten sich die Eingangstüren des Schlosses. Er musste einen Schritt zur Seite ausweichen, da Inuki sofort herausgeschossen kam und freudig bellend mit einem Satz direkt auf Kimie zusprang. Zwar fing sie ihn noch reflexartig auf, aber allein schon die Wucht seines Sprungs und sein Gewicht warfen sie unwillkürlich nach hinten und rissen sie zu Boden. "Uff! Inuki... nicht so stürmisch!" Zwar freute sich natürlich auch Kimie, ihren Hund wieder zu sehen, allerdings machte sie so auf dem Boden liegend und mit ihm auf dem Bauch bestimmt nicht mal ansatzweise eine ernstzunehmende Figur. Von daher drückte sie Inuki mit sanfter Gewalt rasch wieder von sich, als sie Sesshoumaru an den Türen entdeckte. Jedoch wirkte er nicht gerade erfreut. "Was soll das?", fragte er streng. "Was habt ihr hier zu suchen? Ich dachte eigentlich, ich hätte mich klar und deutlich ausgedrückt." Sein kühler Blick traf auf Kagome, die ihn ihrerseits verunsichert anschaute. Inu Yasha ließ bereits ein warnendes Knurren in die Richtung seines Bruders verlauten. Eiligst war Kimie wieder auf die Beine gekommen. "Bevor du weiter sprichst, Sesshoumaru: Kagome hat mich nicht hierher zurückgeholt, ich habe es von selbst geschafft, zurückzukommen. Allerdings weiß ich auch nicht so ganz, wie ich das hingekriegt habe. Und außerdem..." Sie hielt kurz inne, als müsste sie über etwas nachdenken. Doch dann deutete sie provokativ mit dem rechten Zeigefinger auf ihn. "Außerdem schuldest du mir noch meine Sachen! Die sind schließlich alle hier geblieben. Grund genug, um wieder herzukommen!" Bei dieser Aussage wären Inu Yasha und die anderen fast in sich zusammengeklappt. Damit hatten sie jetzt wirklich nicht gerechnet. "Das... war jetzt aber nicht ihr Hauptbeweggrund, oder?", fragte der Hanyou trocken. Ashitaka hingegen konnte sich ein leichtes Grinsen nun doch nicht mehr verkneifen. Sein Blick wanderte zu Sesshoumaru, der zwar äußerlich wie gewohnt keinerlei Regung zeigte, aber irgendwie ahnte Ashitaka, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen war. Doch diesmal würden sich Kimie und die anderen wohl nicht so einfach wieder wegschicken lassen. Auch Kakeru hatte von seinem Gemach aus die Situation akustisch mitverfolgt. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen und er nahm einen erneuten Schluck aus seiner Teetasse. Allerdings musste er sich nun darum kümmern, dass man das durchlöcherte Papier an seinem Fenster auswechselte. Da Sesshoumaru sich nicht weiter dazu geäußert hatte, schloss die Gruppe einfach von sich heraus daraus, dass sie bleiben konnte, was sie ohnehin getan hätte. Natürlich gab es gleich die ersten Gespräche mit Ashitaka und denen, mit denen sie sich im Laufe der Zeit angefreundet hatten, und besonders Rin war erfreut darüber gewesen, dass sie alle wieder da gewesen waren. Aber die Person, mit der Kimie im Grunde eigentlich hatte reden wollen, versperrte sich vor ihr. Mal abgesehen von seiner nicht gerade überschwänglichen Begrüßung, hatte sich Sesshoumaru kurz danach einfach wieder in seine Privaträume verzogen und keinerlei Anstalten gemacht, etwa das Gespräch mit ihr zu suchen. Fast schon wie ein trotziges Kind, dem man seinen Willen nicht gelassen hatte. Dies war auch eines der Hauptgesprächsthemen von Kagome, Kimie, Sango und Miyuki gewesen, als diese sich am Abend wie zur Beruhigung von dem ganzen Durcheinander noch ein Bad in der heißen Quelle gönnten. "Ich kann euch nicht viel zu Sesshoumaru-sama sagen", sagte Miyuki, nachdem sie von den anderen bezüglich seines Verhaltens in den letzten Tagen ausgefragt worden war. "Ich habe ihn kaum gesehen, und wenn ich ihn gesehen habe, dann wirkte er immer so kühl." "Das ist ja nichts Neues...", meinte Sango trocken. Kimie lehnte sich leise aufseufzend gegen einen Felsen. "Zu Sesshoumaru fällt mir spontan folgende Bezeichnung ein: kalter Eisengel." "Zugegeben, da ist was Wahres dran", meinte Kagome amüsiert. Kämpferisch schlug sich Kimie mit der rechten Faust auf die linke Handfläche. "Wie auch immer, jedenfalls nehme ich ihn mir so rasch wie möglich vor! Er kann sich schließlich nicht ewig vor mir verschanzen." So bald wie möglich wollte sie Sesshoumaru ins Gebet nehmen. Und abwimmeln lassen, wollte sie sich auf keinen Fall! Irgendwann beendeten die Mädchen ihr Bad. Miyuki und Sango waren bereits gegangen und Kagome legte sich gerade ihr Handtuch um den Körper. Kimie hingegen saß noch im Wasser und dachte wiederum über verschiedene Dinge nach. "Sag mal, Kagome, kann ich dich vielleicht mal etwas fragen?", fragte sie plötzlich vorsichtig. Kagome nickte. "Klar! Worum geht es denn?" "Das Shikon no Tama...", begann ihre Cousine zögerlich. "Ein Splitter davon befindet sich doch in Kohakus Körper, oder? Dieser Splitter hält ihn am Leben..." "Ja, aber wie kommst du plötzlich darauf?" "Nun... Die Sache ist die..." Kimie erzählte Kagome nun etwas mehr von ihrem Treffen mit Naraku in Akumas Schloss. Bisher war sie darauf nie genauer eingegangen und hatte ihr und den anderen stattdessen nur im Groben erzählt, was er gesagt hatte. Dass er sie allerdings praktisch hatte bestechen wollen, hatte sie dabei stets verschwiegen. Jetzt legte Kimie die Karten jedoch offen auf den Tisch. Sie sah in Kagomes Gesicht die Fassungslosigkeit. "Ich bin natürlich nicht darauf eingegangen, aber kurzzeitig war ich wirklich versucht, es zu tun", gestand Kimie schließlich, ehe sie leicht den Blick senkte. "Sag, was würdest du machen, Kagome? Nehmen wir mal an, Naraku ist irgendwann besiegt und das Shikon no Tama wäre noch nicht wieder vollkommen zusammengesetzt... Denn ich glaube nicht, dass du und die anderen Kohaku seinen Splitter jemals abnehmen würdet... Würdest du dann die Kraft eines Splitters dazu einsetzen, dein Leben zu verlängern?" Sie schaute wieder auf. "Ich meine, wegen Inu Yasha... Falls er entweder ein Hanyou bleibt oder aber irgendwann wirklich zu einem echten Youkai wird." Wobei Letzteres für Inu Yasha kaum noch eine Rolle zu spielen schien. Denn, dass er nach wie vor das Ziel verfolgte, ein echter Youkai zu werden, das hatte er schon seit längerer Zeit nicht mehr erwähnt. Überhaupt schien er sich von diesem Vorhaben mittlerweile entfernt zu haben. Und überhaupt hätte es dann schon des kompletten Juwels bedurft, um ihn zu einem Youkai zu machen, aber das wäre wiederum unvereinbar gewesen mit Kohakus Leben, welches keiner aus der Gruppe so leichtfertig beenden wollte, indem sie ihm etwa seinen Splitter abnahmen. Nun war es Kagome gewesen, die nach kurzem Nachdenken etwas zu Boden schaute. "Ich gebe es zu, die Versuchung ist groß. Doch bisher haben die Kräfte des Juwels alle nur ins Unglück getrieben. Der Gedanke daran, macht mir Angst." "Aber würdest du unabhängig davon einen Splitter verwenden?" Die Jüngere seufzte kaum hörbar auf und zuckte einmal mit den Schultern. "Vermutlich ja, aber ich muss dir gestehen, ich kann es dir nicht genau sagen. Und... was ist mit dir?" Auf diese Frage antwortete Kimie nicht sofort. Stattdessen umging sie diese ein wenig, als sie erneut das Wort ergriff: "Naraku erwähnte, das Shikon no Tama könne durch Boshaftigkeit verdorben werden... Aber hat es etwas mit Boshaftigkeit zu tun, wenn man im Grunde nur etwas für sich gewinnen will? Etwas, was eigentlich keinem anderen schadet, obwohl ein gewisser Eigennutz existiert?" Nachdenklich betrachtete sie ihr Spiegelbild im Wasser. "Hach! Das ist alles so furchtbar kompliziert..." Kagome schwieg zunächst. Dann nahm sie das kleine Behältnis mit den Juwelensplittern um ihren Hals in die Hand und betrachtete diese eingehend. "Noch ist die Jagd nach dem Shikon no Tama nicht vorbei. Auch Kouga-kun wird, so lange er zwei Splitter besitzt, stets ein Ziel von Naraku bleiben. Ebenso wie wir... und Kohaku-kun... Und auch, wenn Naraku irgendwann besiegt sein wird, es wird wohl immer jemanden geben, der nach der Kraft des Shikon no Tama trachtet." Auch Kimies Blick war nun auf die Splitter gerichtet. "Es wäre also ein ständiges Risiko, wenn..." Aber sie beendete den Satz nicht. Egal, von was für einer Seite aus man die Situation auch betrachtete, irgendwie schien es immer einen störenden Haken zu geben. Genau wie Kimie, so blieb auch Kagome nun still. Zwar sprach sie es nicht aus, doch wenn ihre Cousine sie jemals darum bitten würde, Kagome würde ihr ohne weiteres einen Splitter überlassen. Denn nur zu gut verstand sie das Dilemma, in welchem Kimie gerade steckte. Dabei versetzte sich Kagome automatisch in ihre Lage. Denn mit ihren Gefühlen für Inu Yasha hatte sie so gesehen ein vergleichbares Problem gehabt. Aber es blieb natürlich die Frage, ob man die Splitter für ein derartiges Vorhaben verwenden konnte? Die Antwort darauf würde sich wohl vielleicht erst dann finden lassen, wenn dieser schier endlose Kampf gegen Naraku endlich sein Ende gefunden hatte... Kimie war noch eine Weile allein bei der heißen Quelle geblieben und hatte nachgedacht. Das tat sie auch, nachdem sie sich schließlich wieder auf ihr Zimmer zurückgezogen hatte. Gekleidet in einen weißen Yukata, den sie sich zum Schlafen angezogen hatte, lag sie nun auf einem Futon, aber schlafen konnte sie in dieser Nacht nicht so recht. Noch immer überschlugen sich ihre Gedanken. Neben dem Mädchen lag Inuki auf dem Boden, den Kopf hatte er dabei auf seine Vorderpfoten gebettet. Mit seinen dunklen Augen schien er Kimie ganz genau zu beobachten. Die ganze Zeit über war ihr Blick zur Decke gerichtet gewesen und sie malte sich aus, was Sesshoumaru wohl gerade tat. Sicherlich hockte er immer noch in seinem Zimmer und stellte Überlegungen darüber an, wie lange er sie wohl ignorieren sollte, ehe sie sich irgendwann geschlagen geben und unverrichteter Dinge wieder das Weite suchen würde. Aber diesen Gefallen wollte sie ihm nicht tun! Ruckartig richtete sich Kimie schließlich auf. "Nun gut! Dann machen wir das eben anders." Entschlossen stand sie auf und schritt zur Tür. Zugegeben, es war bereits spät, aber das war ihr im Moment so ziemlich egal gewesen. Sie glaubte sowieso nicht daran, dass Sesshoumaru schlief. In ihrem Eifer vergaß Kimie sogar, die Tür hinter sich wieder zu schließen, allerdings dürfte dies kein allzu großes Problem gewesen sein. Inuki verblieb ohne weiteres in dem Zimmer. Es schien, als ahnte er, dass seine Anwesenheit diesmal wohl nicht von Nöten sein würde. Der eigentlich verhältnismäßig kurze Weg bis zu Sesshoumarus Zimmer kam Kimie im Augenblick wie eine halbe Ewigkeit vor. Vor seiner Tür angekommen, holte sie noch einmal tief Luft, dann klopfte sie an. Keine Antwort... Kimie klopfte noch einmal, aber wieder kam nichts zurück. Missmutig knirschte sie mit den Zähnen. >Das macht der doch garantiert mit Absicht!< Von jetzt an legte sie jede Form von Zurückhaltung beiseite und riss einfach so die Tür auf. Wie sie es sich gedacht hatte, schlief Sesshoumaru nicht und er musste sie auch zweifelsfrei gehört haben, denn er stand mit dem Rücken zu ihr am leicht geöffneten Fenster. Kimie betrat den Raum und kam auch sofort zur Sache, nachdem sie die Tür hinter sich wieder geschlossen hatte: "Sesshoumaru, es reicht mir! Du hast noch kein einziges Wort mit mir gewechselt, seit die anderen und ich wieder hier sind. Was soll dieses alberne Theater? Das ist kindisch, was du hier abziehst, aber vermutlich bist du dir dessen noch nicht mal bewusst, oder?!" Es dauerte zwar noch einige Sekunden, aber endlich drehte sich Sesshoumaru zu ihr um. Der Ausdruck in seinen Augen war der altbekannte kühle und unnahbare gewesen und dies spiegelte sich auch in seiner Stimme wieder, als er zu sprechen begann: "Was willst du hier? Warum bist du zurückgekommen? Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht wieder herkommen sollst!" "Jetzt fang nicht wieder so an!", entgegnete Kimie entschieden, doch ungeachtet dessen forderte Sesshoumaru weiterhin eine Antwort von ihr. Kimie seufzte genervt auf. "Mann! Was genau willst du diesbezüglich eigentlich von mir hören? Es scheint dir ja eh vollkommen wurscht zu sein, was ich zu alldem zu sagen habe, sonst hättest du mich ja nicht so einfach mir nichts, dir nichts in den Brunnen gestoßen! Viel mehr sollte ich wohl DICH fragen, was mit dir nicht stimmt, denn solche Stimmungsschwankungen, wie du sie in letzter Zeit an den Tag gelegt hast, ist man für gewöhnlich meist eher von Schwangeren gewohnt!" Das hatte eine gewisse Wirkung hinterlassen. Sich einen derartigen Vergleich anhören zu müssen, war für Sesshoumaru wieder mal etwas Neues gewesen. Für einen Moment breitete sich eine etwas angespannte Stille aus. Kimie versuchte zu erahnen, was Sesshoumaru gerade dachte, aber sie kam mit ihren Überlegungen zu keinem schlüssigen Ergebnis. Sie seufzte auf, als sie sich schließlich mit der Hand durch die Haare fuhr. "Was soll das eigentlich alles? Ich komme mir schon selbst vor wie ein Idiot..." Sie schaute ihn erneut an und fuhr mit nunmehr ruhiger Stimme fort: "Weißt du, die Wahrheit ist eigentlich die... Ich habe in der Zeit, in der ich wieder zu Hause war, sehr viel nachgedacht. Besonders natürlich über diesen Kampf und über dich. Aber auch über mich. Und der Grund, weshalb ich wieder zurückgekommen bin war der, dass ich dich wieder sehen wollte, Sesshoumaru. Aber obwohl ich diesen Wunsch ganz deutlich in mir gespürt habe, war ich andererseits trotzdem auch wütend und außerdem hatte ich irgendwie Angst... Ich hatte Angst davor, dass du mich gleich wieder zurückschicken würdest, würde ich hier wieder auftauchen. Nachdem ich aber auch etwas mit meinen Eltern darüber geredet habe, habe ich schlussendlich doch den Mut aufgebracht, wieder hierher zurückzukommen. Es tut mir jedoch Leid, wenn ich das gegen deinen Willen durchgezogen habe." Zwar wollte sie noch weiter sprechen, musste aber kurz pausieren. Den Blick leicht zu Boden gerichtet, sprach Kimie dann aber doch weiter: "Willst du denn, dass ich wieder in meine Zeit zurückgehe und dort bleibe? Ohne, dass ich wieder hierher zurückkomme? Dann sag es mir hier und jetzt, dann geh ich gleich morgen wieder." Aber Sesshoumaru schwieg. Er sprach es zwar nicht laut aus, aber er wollte eigentlich nicht, dass sie fort ging, aber ebenso wollte er sie auch beschützen. Und er wollte es ihr ersparen, eventuell noch einmal in so eine gefährliche Situation zu geraten. "So was könnte jederzeit wieder passieren", entgegnete Sesshoumaru schließlich äußerst ernst. "Diesmal hattest du noch Glück, aber wer garantiert dir, dass das in Zukunft auch so bleiben wird? Willst du das Risiko wirklich eingehen?" Denn so sehr ihm diese Tatsache auch missfiel, Sesshoumaru konnte eben doch nicht immer ein Auge auf Kimie haben. Sie hatte indes wieder aufgeschaut. "Das ist mir klar, aber es ist mir egal, was noch passieren könnte!", meinte sie betont. "Das Einzige, was ich möchte, ist hier bei dir zu sein. Gut, vielleicht wird es nicht einfach, aber ich habe mich dafür entschieden. Und wenn du das genauso siehst, dann lass mich bitte bei dir bleiben, Sesshoumaru!" "Warum bist du auf einmal wieder so versessen darauf, hier zu bleiben?" Kimie stutzte. "Warum fragst du? Ich dachte eigentlich, das wäre klar." Sie konnte sich beim besten Willen nicht erklären, was Sesshoumaru jetzt wieder damit bezweckte. "Antworte einfach auf meine Frage", forderte er sie auf. "Na, wegen dir, du Idiot!", antwortete sie schon beinahe empört. "Zugegeben, ich wollte zwar zuerst noch freiwillig von hier weggehen und vermutlich würde ich mir eine Menge Ärger und Stress ersparen, wäre ich schlichtweg zu Hause geblieben, aber das würde nichts daran ändern, dass ich jede freie Sekunde mit meinen Gedanken an dir festkleben würde! Auf die Dauer würde das nämlich auch nur Ärger und Stress machen. Da nehme ich doch lieber diesen ganzen bescheuerten Krieg auf mich, so dämlich das auch klingen mag!" Nachdem sie sich wieder ein wenig beruhigt hatte, fügte sie schlussendlich noch hinzu: "Oder einfach ausgedrückt: Ich liebe dich, Sesshoumaru. Genau, wie schon die ganze Zeit über, und deshalb..." Plötzlich hielt Kimie inne. Was machte sie hier überhaupt? Eigentlich hatte sie Sesshoumaru doch die Meinung sagen wollen, aber stattdessen kam sie jetzt mit diesem schmalzigen Gesülze an! Sie bezweifelte, dass sie auf diese Art und Weise etwas erreichen würde. Außerdem entgegnete er auch überhaupt nichts auf ihre Worte. Kopfschüttelnd kehrte sie ihm schließlich den Rücken zu. "Was mache ich hier eigentlich...? Wer weiß? Vielleicht ist dir das alles mittlerweile auch schon wieder egal. Ich hätte wohl doch besser zu Hause bleiben sollen, wie ich es gesagt habe und wie du es von mir gewollt hast. Vergiss, dass ich hier war und vergiss auch das, was ich gesagt habe. Es ist jetzt eh alles egal..." Und wie, um ihn noch eine reinzuwürgen, fügte sie noch hinzu: "Überhaupt, wenn ich so darüber nachdenke, dass es auch Youkai gibt, mit denen man einigermaßen vernünftig reden kann... Renhou zum Beispiel, der kann gut zuhören und hat auch nicht diese Launen. Schade, dass er auf Akumas Seite steht, ansonsten..." Kimie stoppte absichtlich an diesem Punkt. Sie wollte austesten, wie Sesshoumaru darauf wohl reagieren würde, denn so einfach würde sie die Flinte auch wieder nicht ins Korn werfen. Jetzt war sie mal an der Reihe gewesen, ihn auszutesten. Zuerst schien sich bei Sesshoumaru nicht viel zu tun, als Kimie dann aber doch noch seine Schritte hinter sich hörte, während er sich ihr näherte. Ein wenig drehte sie sich zu ihm um, da hatte er sie aber schon an den Handgelenken ergriffen und drückte sie zwar nicht grob, aber bestimmt gegen die Wand. "Warum sprichst du gerade jetzt von so etwas?", fragte Sesshoumaru ernst. Kimie jedoch hatte noch immer diesen Ausdruck trotzigen Widerstandes in den Augen. "Und warum interessiert dich das? Es kann dir doch egal sein, schließlich willst du ja offensichtlich, dass ich von hier verschwinde. Dann ist es ja wohl auch meine Sache, warum und wieso ich an wen oder was denke! Oder stört dich daran vielleicht etwas?" Sie forderte ihn regelrecht heraus. Ob sich Kimie im Augenblick eigentlich so richtig bewusst darüber war, was sie gerade tat, war ihr wohl selbst nicht ganz klar, aber sie schien auch nicht gewillt gewesen zu sein, dieses Spiel auf die Schnelle wieder zu beenden, nachdem sie es schon begonnen hatte. Sesshoumarus Blick wurde eindringlicher. In der Tat, es störte ihn, dass Kimie derartige Äußerungen gemacht hatte. Denn eigentlich sollte sie nicht an irgendeinen anderen denken, aber mit welchem Recht wollte er ihr das verbieten? Sobald sie wieder fort gewesen wäre, hätte sie ohnehin tun und lassen können, was sie wollte. Aber auf einmal wollte Sesshoumaru das nicht mehr. Es mochte egoistisch erscheinen, aber er wollte sie nicht an der Seite eines anderen sehen, auch nicht in seinen Vorstellungen. Und als ob er ihr diese Flausen austreiben wollte - und auch für sich selbst - hatte er nun den endgültigen Entschluss gefasst, sie nicht gehen lassen zu wollen. Als Kimie dazu anzusetzen schien, ihn erneut anzusprechen, erstickte Sesshoumaru ihren Satz noch im Keim, indem er seine Lippen auf ihre legte. Zuerst war sie nur völlig überrumpelt und setzte gar wie aus einem Reflex heraus dazu an, sich ihm zu entziehen, aber dann besann sie sich wieder. Stattdessen schloss sie ihre Augen und genoss einfach nur dieses angenehme Gefühl, welches sich allmählich in ihrem Körper auszubreiten begann. Sesshoumaru übte mit seiner Zunge einen leichten Druck auf ihre Lippen aus, bis sie ihm den Einlass gewährte. Sofort suchte er den Kontakt zu ihrer Zunge. Doch bei diesem einen Kuss sollte es nicht bleiben, als Sesshoumaru Kimies Handgelenke wieder losließ und seine Hände nun unter ihren Yukata schob... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)