Life is a Gamble von Yuugii (Jounouchi/Kaiba) ================================================================================ Kapitel 12: Kapitel 12 ---------------------- „Ich bilde mir nichts ein, im Gegensatz zu dir. Ich habe in meinem Leben sehr viel erreicht. Mein Name ist weltweit bekannt und die Menschen ehren und fürchten mich zugleich. Und du? Was hast du erreicht?“, fragte Kaiba und versuchte dabei so zu klingen, als würde er sich tatsächlich für die Antwort interessieren, aber eigentlich wusste er ganz genau, was Jounouchi sagen würde. „Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, gehöre ich auch zu den weltbesten Duellanten! Auch ich bin auf dem Duel Network gelistet. Also tu nicht so, als wäre ich irgendein unbekannter Neuling, der noch nie eine Karte aufs Feld gelegt hätte!“, kam es euphorisch von Jounouchi. Kaiba seufzte nur theatralisch und verschränkte nun die Arme. Wie bemitleidenswert. „Oh, stimmt... du bist gelistet. Ganz vergessen. Zu deiner Information: jeder Spieler, der einen Dueldisk trägt wird gelistet und im Duel Network gespeichert und jeder, der möchte, kann sich für die Weltrangliste bewerben, sofern er an offiziellen Turnieren teilnimmt. Jeder Dueldisk muss registriert werden, damit er funktioniert. Aber ich habe mir schon gedacht, dass du solch komplexe Hintergrundinformationen gar nicht verstehst“, antwortete Kaiba so ruhig und gelassen, dass Jounouchi für einen Moment innehielt und ihm gedanklich recht geben musste, doch genauso schnell verwarf er diesen Gedanken wieder. Er wollte ihm diese Genugtuung nicht gönnen. Schon wieder tat er so, als wäre Jounouchi geistig zurückgeblieben und das machte ihn rasend! „Trotzdem habe ich sieben Sterne und das bedeutet, dass ich ein ernstzunehmender Gegner bin“, argumentierte Jounouchi und stemmte die Hände in die Hüften. Sieben Sterne waren eine Menge! Die Maximalzahl betrug acht. Yuugi hatte acht Sterne und war auf der Weltrangliste seit Jahren ganz oben, da bisher niemand ihn in offiziellen Spielen besiegen konnte. Viele der Namen auf der Bestenliste waren bekannt und so gehörte Jounouchi auch zu jenen Duellanten, die seit Jahren immer wieder auftauchten und ihren Platz wacker verteidigten. Er war also kein unbeschriebenes Blatt. Außerdem hatte ihn sogar die Frau am Infocenter wieder erkannt. Es nervte ihn, dass Kaiba ihn nach all den Jahren immer noch nicht als Gegner ernstzunehmen schien und sich das Recht vorbehielt, sich sogar über ihn lustig zu machen. „Und trotzdem will es mit der Karriere als Pro Duelist nicht klappen. Ich frage mich, woran das liegt... wenn nicht daran, dass da jemand in seiner eigenen Phantasiewelt lebt und nicht schafft, auf den Boden der Tatsachen zu kommen? Hm?“ „Falls es dir nicht aufgefallen ist, bin ich auf den höheren Plätzen vertreten und seit Jahren nicht im Ranking abgestiegen.“ „Aber auch nicht aufgestiegen. Selbst Kujaku Mai hat sich einen Namen gemacht. In Amerika gehört sie zu den beliebtesten Duellanten und hat eine große Fangemeinde. Du bist ein Noname, Jounouchi. Niemand will wissen, wer du bist, wo du herkommst, geschweige denn wärst du interessant genug, als dass man einen Artikel über dich im Duelist Today drucken würde“, entgegnete Kaiba ihn. Alles Fakten. Alles Dinge, die wahr waren. Yuugi war weltweit beliebt. Mit seinem lieben Lächeln und seiner charismatischen Ausstrahlung während seiner Duelle gehörte er nicht nur den beliebtesten, sondern auch zu den sympathischsten Duellanten der Szene. Alle Duel Monsters Fans sprachen von Begeisterung von der Rivalität zwischen Kaiba – dem Entwickler des Hologrammsystems und die Welt der Medien prägte – und Yuugi – dem unscheinbaren und überfreundlichen Jungen, der bei einem Duell zu einem völlig anderen Mensch wurde und jedes Spiel gewann – während niemand auch nur ein Wort über Jounouchi verlor, obwohl dieser stets bei sämtlichen Turnieren neben Yuugis Seite erschien. Er war das Anhängsel, mehr nicht. Vollkommen uninteressant. Höchstens ein Maskottchen. Aber auch als solches nicht niedlich genug, um wieder erkannt zu werden. Traurig. Sicher wusste Jounouchi das genauso wie er und konnte sich diese Tatsache einfach nur nicht eingestehen, weil sein Stolz es ihm verbot, dies zu akzeptieren. Also strampelte er weiter und bemühte sich darum, gesehen zu werden, während andere Duellanten die Leiter des Sieges immer weiter hinaufkletterten und einen enormen Schatten auf ihn warfen. Dieser Vorsprung war mittlerweile so groß geworden, dass ein wahres Wunder geschehen musste, damit er wieder aufholen konnte. Ein Trauerspiel, mehr nicht. Es war absolut Fremdscham erregend, dass Jounouchi selbst nicht einmal merkte, dass er eine Witzfigur war. Und wenn man ehrlich war, wer nutzte denn heutzutage noch Karten aus der ersten Generation? Duel Monsters entwickelte sich immer weiter, genauso wie die Duellanten. Jemand, der Alligatorschwert (1500ATK/1200DEF) in seinem Deck hatte und dies als Mainmonster nutzte, obgleich diese Karte keinerlei Effekte oder gar Nutzen hatte, musste doch zurückgeblieben sein. Ein Bauernopfer mehr nicht. Kaiba konnte nur den Kopf schütteln. Er stellte sein Deck regelmäßig um. Das einzige Monster, das er niemals austauschen würde, war der Weiße Drache mit eiskaltem Blick, doch alle anderen Karten ersetzte er durch stärkere, um so sicher zu stellen, dass sein Gegner ihn nicht durchschauen konnte oder gar ein Ante-Deck erstellte. Jounouchi senkte den Blick und biss sich auf die Unterlippe. Selbst wenn Kaiba Recht gehabt hätte, war das noch lange kein Grund, ihm das so unter die Nase zu reiben. Dieses arrogante Arschloch genoss es etwas zu sehr, ihn niederzumachen. Er wusste es doch selbst. Nach ihm fragte keiner. Die Jungs am Infocenter hatten auch über ihn gelacht und er hatte gespürt, wie einige der anderen Teilnehmer mit dem Finger auf ihn gezeigt hatten. Doch das würde hier und jetzt ein Ende nehmen. Er hatte einen Entschluss gefasst und würde der Welt beweisen, wozu Jounouchi Katsuya imstande war. Er hatte genug davon, nur belächelt zu werden. Mit seinem neuen Deck und seinen neuen Karten würde er beweisen, dass er mehr drauf hatte, als einen Würfel zu werfen und darauf zu hoffen, ein gutes Ergebnis zu bekommen. Doch wenn man ihm nicht mal die Chance gab, zu beweisen, dass er sich geändert hatte, würde sich nie etwas ändern. Kaiba beurteilte ihn. Er hatte Vorurteile und es ärgerte Jounouchi, dass er ihm nicht die Möglichkeit gab, zu zeigen, was er drauf hatte. „Das gehört alles der Vergangenheit an! Ich werde dir schon noch zeigen, dass ich stärker geworden bin. Nimm meine Herausforderung an, wenn du Eier hast!“, forderte er einmal mehr und zeigte nun Schuld zuweisend auf Kaiba. Wieder dieses ekelhafte süffisante Grinsen. Kaiba sah auf ihn herab. Er nahm ihn überhaupt nicht ernst! Viel mehr fühlte es sich so an, als würde er direkt durch ihn hindurchsehen und das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Der Brünette rümpfte die Nase, schüttelte den Kopf und wandte sich zum Drehen. „Komm wieder, wenn du deine Ausdrucksweise überdacht hast“, gab er nebenbei von sich, sammelte seine Unterlagen und sein Deck ein und bewegte sich in Richtung des Ausgangs. Jounouchi starrte ihn wortlos hinterher. Das... war jetzt nicht sein Ernst, oder? Ließ er ihn etwa hier stehen? Einfach so? „Was stimmt mit meiner Ausdrucksweise denn nicht, hm?! Gib doch zu, dass du nur zu feige bist, dich gegen mich zu duellieren, weil du genau weißt, dass ich dich plätten würde!“ „Feige? Ich? Nein, ich habe nur deutlich Besseres zu tun, als mich mit Ungeziefer zu beschäftigen. Dafür habe ich Angestellte. Ich mache mir doch nicht die Hände an einer Kakerlake wie dir schmutzig“, lachte Kaiba und blieb dann doch stehen, drehte sich noch einmal um und grinste frech. „Ich sage dir etwas, Jounouchi. Du bist ein Versager und du wirst genauso enden wie dein Nichtsnutz von Vater. Am Ende wirst du eine Schnapsdrossel wie er und bist auf die Hilfe des Staates angewiesen oder schmarotzt bei Yuugi, weil du allein nichts hinkriegst. Du bist es nicht wert, dass man sich mit dir befasst“, erklärte er und zuckte mit den Achseln. »Ich... und wie mein Vater? Niemals! Ich werde niemals so sein wie er! Was bildet er sich ein... das geht ihn überhaupt nichts an!« Jounouchis Mund war leicht geöffnet und er hatte seine Augen weit aufgerissen. Mit Fassungslosigkeit und Entsetzen starrte er Kaiba an, brachte kein einziges Wort heraus. Jounouchis Gesicht verfinsterte sich und er biss die Zähne zusammen. Er war nicht gerade stolz auf seinen Vater und er würde niemals auf die Idee kommen, Freunde zu sich nach Hause einzuladen, weil er genau wusste, dass es viel zu gefährlich war, wenn er da war. Vor allem dann, wenn er wieder zu viel getrunken hatte und seine schlechte Laune an anderen ausließ. Aber sein Vater war mehr als nur ein Säufer! Er war ein Mensch. So sehr Jounouchi es auch wollte, er konnte ihn nicht hassen. Ihn zurückzulassen, brachte er nicht übers Herz. Jeden Tag erinnerte ihn das Bild seines Vaters, der mit Bierdosen und lautem Geschnarche auf der Coach schlief, daran, wie er niemals werden wollte. Er war eine Mahnung. So wollte er niemals werden. Er war nicht wie sein Vater. Er wollte mehr erreichen in seinem Leben. Mehr sein, als jemand, der von staatlicher Stütze lebte oder auf die Hilfe anderer angewiesen war. „Nimm das zurück...“, sagte er mit zittriger Stimme und bemühte sich darum, nicht laut zu werden. „Was zurücknehmen?“, kam es gespielt unwissend von Kaiba, der sichtbar genoss, seinen Gegenüber zu ärgern. „Du sollst das zurücknehmen! Du weißt ganz genau, was ich meine! Was weißt du denn schon von mir und meiner Familie?!“, schrie er ihm entgegen und kam einige Schritte näher. Nur wenige Zentimeter trennten die beiden voneinander. Doch Kaiba dachte gar nicht daran, aufzuhören. Immerhin wollte er testen, wie weit er gehen konnte, bis Jounouchi tatsächlich explodierte. Wie oft hatte er denn schon die Gelegenheit Jounouchi die Meinung zu sagen? Fast nie. Immerhin klebte Yuugi ja immer an ihm. Sie waren unzertrennlich und jedes Mal, wenn er einen sarkastischen Kommentar abließ, verteidigte Yuugi ihn und verhinderte, dass die beiden weiter miteinander stritten. Doch jetzt konnte er das tun, was er schon immer tun wollte. Ihn, der Versager, der er nun mal war, zurück auf den Boden der Tatsachen holen und ihn mit der harschen Realität konfrontieren. „Nein, ich nehme nichts zurück. Eines Tages wirst du genauso enden wie er. Erbärmlich. Mir tut es leid um Yuugi, der sich deiner annimmt. Er hat ein viel zu gutes Herz und erkennt nicht, dass deine Anwesenheit nicht nur ihm selbst, sondern auch seinem Ruf schadet“, seufzte Kaiba theatralisch. „Du verdammtes Arschloch!“, schrie Jounouchi und er tat das, was er sonst niemals gewagt hatte. Er holte zum Schlag aus und zielte auf Kaibas Gesicht. In diesem Moment war er nicht mehr in der Lage klar zu denken. Alles war verwischt. Unwichtig. Nur Zorn war da. Das Gefühl von Ohnmacht und die Furcht davor, dass er Recht haben könnte. Er zweifelte manchmal an sich selbst. Auf keinen Fall wollte er so enden wie sein Vater. Verdammt. Verdammt nochmal! Und jetzt hatte er aus Emotionen gehandelt. Kaiba landete unsanft am Boden, seine Karten und Unterlagen flogen durch die Gegend und segelten wie Laubblätter zu Boden. Ausdruckslos sah Jounouchi den Brünetten an. Er hatte die Situation noch nicht realisiert. Seine Hand war immer noch zur Faust gebildet und befand sich auf mittlerer Höhe. Seine Hand fühlte sich heiß an. Kaiba röchelte, brauchte einige Sekunden, um sich wieder zu fassen. Er schmeckte Blut. Seine Wange pochte. Unglaublich, wie viel Kraft der Kerl hatte. Kaiba hätte schwören können, dass er trainiert hatte. Zumindest konnte er eines mit Sicherheit sagen: das hier war nicht das erste Mal, dass Jounouchi zum Schlag ausgeholt hatte. Er hatte eindeutig Erfahrung. Instinktiv hatte er einen Punkt anvisiert und zugeschlagen, wohl wissend, dass er mit einem gezielten Schlag seinen Gegenüber außer Gefecht setzen konnte. Kaiba stellte nüchtern fest, dass ihm schwindlig war und dass es ihm schwerfiel, geradeaus zu schauen. Er analysierte im Detail, was geschehen war. Jounouchi hatte mit seiner Faust seine linke Wange getroffen und das mit einer derartigen Wucht, dass er von den Füßen gefegt wurde. Aus der Nase atmen konnte er aufgrund der Menge des Blutes, die hinauslief nicht und bereits jetzt spürte er, wie sein Gesicht anschwoll. Sein Gehirn musste ebenfalls Schaden genommen haben, da er eine leichte Benommenheit verspürte. Nachdem er seine Analyse abgeschlossen hatte, kam er zum Schluss, dass seine Verletzung nicht allzu schlimm war. Sie verletzte zwar seinen Stolz, aber gefährdete nicht sein Leben. Jounouchi sagte immer noch nichts. „Ha“, brachte Kaiba hervor und bemühte sich aufzustehen. Langsam richtete er sich wieder auf, vermied es Jounouchi anzusehen und machte sich daran, seine Karten aufzuheben. Er ließ sich den Schmerz nicht ansehen. Er war Schlimmeres gewohnt. Ein Mann musste Schmerzen ertragen können und das hier war nichts im Vergleich zu der Schmach eines verlorenen Duells. „Sagte ich doch. Wie der Vater so der Sohn. Wenn du nicht mehr weiter weißt, suchst du dein Heil in der Gewalt“, erklärte er trocken und hob seine Karten weiter auf. „Das... wollte ich nicht“, murmelte Jounouchi. Vor Aufregung fiel es ihm schwer zu atmen. Er rang nach Luft und jeder Atemzug fühlte sich wie ein Messerstich in seinem Brustkorb an. „Und trotzdem hast du dein wahres Wesen gezeigt. Widerlich. Verschwinde von meinem Grundstück.“ „Es tut mir leid, Kaiba. Ich... ich...!“, kam es von Jounouchi, der immer noch nach den richtigen Worten rang. Seine Stimme zitterte. Was war denn nur in ihn gefahren? Auch wenn Kaiba ihn beleidigt hatte, durfte er ihn doch nicht einfach schlagen. Gewalt war keine Lösung und das wusste er doch selbst. Wieso nur hatte er derart die Beherrschung verloren? Er hasste sich selbst dafür, dass er die Kontrolle verloren hatte. Seine Unterlippe bebte und er starrte Kaiba mit leeren Blick an. Kaiba war verletzt. Er blutete. Und vermutlich würde seine Wange und sein Auge auch noch blau werden. Scheiße. Was hatte er nur angestellt? Dabei wollte er nie wieder so sein! Niemals wieder wollte er seine Probleme mit Gewalt lösen. Er wollte ein vorbildlicher Mann sein. Jemand, zu dem man aufsah. Jemand, der andere Duellanten inspirierte und ihnen Mut gab. Er wollte beweisen, dass es vollkommen egal war, welche Herkunft man hatte und wie viel Geld man besaß, sondern dass das Herz und der Wille allein entscheidend über Sieg oder Niederlage war. Er hatte seiner Vergangenheit den Rücken zugekehrt und wollte ein ehrliches, normales Leben führen. „Ich sagte, du sollst jetzt gehen. Ich werde die Polizei nicht benachrichtigen, mach dir deshalb keine Sorgen. Ich weiß, dass du vorbestraft bist und Yuugi würde es mir niemals verzeihen, würdest du wegen mir im Knast landen“, erklärte er monoton. Jetzt schien Jounouchi wieder etwas ruhiger zu sein. Endlich zeigte er die Demut, die er sonst vermisste. Vielleicht würde er jetzt endlich mal nachdenken und Gebrauch von seinem Erbsenhirn machen. „Es tut mir wirklich Leid, Kaiba. Ich wollte dir nicht wehtun. Ich wollte mich doch nur mit dir duellieren!“ „Verblödet und taub scheinbar auch...“, raunte Kaiba genervt und erhob sich nun vom Boden. Er ließ sich den Schmerz nicht ansehen und bewahrte seine elegante Ausstrahlung. Das Blut tropfte an seinem Kinn herab und sickerte in seinen weißen Anzug und auf den Boden. Gut, dass er das Meeting mit seinen zukünftigen Geschäftspartnern bereits hinter sich hatte. Nicht auszudenken, was die Leute von ihm denken würden, würde er so unter die Leute gehen. „Sag mal, hast du es an den Ohren? Ich sagte, du sollst jetzt gehen“, knurrte Kaiba bedrohlich und warf ihm vernichtende Blicke zu. Vermutlich wirkte er gerade weniger einschüchternd als sonst. Kaiba wusste aber, dass er dieses Unglück selbst heraufbeschworen hatte. Er hatte Jounouchis Geduld testen wollen und nun wusste er wie einfältig dieser gestrickt war. Er hatte damit gerechnet, dass Jounouchi als letzten Ausweg zur Gewalt greifen würde, aber dass der Kerl so viel Kraft hatte, damit konnte ja keiner ahnen. Und dann auch noch so schnell. Kaiba war kein Kampfkünstler, aber er beherrschte sämtliche Kniffe der Selbstverteidigung, doch dieser eine Schlag war so schnell gekommen, dass er ihm nicht mehr ausweichen konnte. Nun, wenigstens war der Blonde in einem gut. Trotzdem änderte das rein gar nichts daran, dass er ihn nicht hier haben wollte. „Aber...“, kam es aufgebracht von Jounouchi, der ihn beinahe bemitleidend ansah. Es war ihm anzusehen, dass es ihm leidtat und eigentlich wollte Kaiba auch nicht weiter darauf herumreiten – denn ja, er hatte es ja provoziert und wusste, dass so etwas passieren konnte – aber dieser Blick, dieses Mitleid in seinen Augen, konnte er nicht ertragen. Niemand sollte ihn bemitleiden! „Sieh dir genau an, was du angerichtet hast. Denk drüber nach. Du willst immer mit dem Kopf durch die Wand. Menschen wie du widern mich an, Jounouchi. Ein bisschen mehr Demut würde dir gut zu Gesicht stehen. Vielleicht solltest du mal in Betracht ziehen, erst nachzudenken und dann zu handeln“, begann er und hielt den Augenkontakt zum Blonden, welcher dieses Mal keine Anstalten machte, ihn zu unterbrechen oder gar zu beleidigen. Es schien ihn wirklich selbst am meisten zu schockieren und konnte immer noch nicht glauben, was geschehen war. „Du brichst in meine Firma ein, hast die Dreistigkeit mich in einem der wenigen Momente, wo ich mir eine Auszeit erlaube, zu wecken und nimmst dir dann noch das Recht heraus, Forderungen zu stellen. Und das in einem dermaßen anmaßenden Ton, dass ich mich frage, ob du auch nur den Hauch von Anstand in dir hast. Und das nur, um deinen Willen durchzusetzen.“ „Ich...“, flüsterte Jounouchi kaum hörbar. Jetzt wurde ihm erst so richtig klar, wie kindisch sein Verhalten gewesen war. „Deine Entschuldigungen interessieren mich nicht. Sei froh, dass du mit Yuugi befreundet bist, denn wenn er nicht wäre, würde ich dich jetzt abführen lassen und dich bis auf den letzten Yen verklagen. Aber ich schätze Yuugi und würde ich dich einbuchten lassen, würde das für immer zwischen uns stehen. Wer weiß, ob er meine Herausforderungen zukünftig noch annehmen würde?“ „Yuugi wird deine Herausforderung ohnehin nicht annehmen“, erklärte Jounouchi und Kaiba konnte in seinen Augen sehen, dass er die Wahrheit sagte. Aber was meinte er damit? War auch das ein verzweifelter Akt? „Unsinn“, entgegnete Kaiba, wurde jedoch jäh unterbrochen. „Ich meine es ernst, Kaiba! Yuugi wird zu deinem Turnier nicht kommen. Deswegen bin ich hier! Eigentlich wollte ich dir nur sagen, dass Yuugi nicht kommt, weil er sauer auf dich ist und ich wollte dich mithilfe des Duells dazu bringen, ihm zu antworten.“ „Oh? Und das hättest du nicht innerhalb meiner Sprechzeiten tun können? Oder meiner Rezeptionistin eine Nachricht hinterlassen? War es wirklich notwendig, mich derart zu belästigen?“ „Nein, war es nicht... ich gebe zu, dass ich vielleicht etwas kindisch gehandelt habe und es tut mir echt leid und...“ Jounouchi sah ein, dass er eine Dummheit gemacht hatte. Und das genügte Kaiba vorerst. Einsicht war ein Schritt zur Besserung, obwohl er nach wie vor kein sonderlich gutes Bild von dem Blonden hatte und nicht vorhatte, seine Meinung zu ändern. Es brachte ihm nichts, sich über diesen Idioten zu ärgern. Vielleicht war es auch einfach nur der Schmerz in seinem Gesicht und der Geschmack von Blut, der ihn dazu antrieb, ihn möglichst schnell loszuwerden und sich nicht weiter auf endlose Diskussionen einzulassen. „Schon gut, lassen wir das jetzt. Verschwinde. Tun wir so, als wäre das hier nie passiert und tragen unsere Differenzen im Finale aus. Vorausgesetzt, du hältst solange durch.“ Jounouchi nickte und warf noch einen Blick über die Schulter, ehe er die Tür wieder aufschloss und sich auf den Rückweg machte. Er schämte sich jetzt dafür hierher gekommen zu sein. Vielleicht hatte Kaiba sogar recht mit dem, was er gesagt hatte. Er hatte seine Gefühle nicht unter Kontrolle und hatte Gewalt als letzte Lösung gesehen, um seinen Standpunkt zu untermauern. Darauf konnte er nicht stolz sein und jetzt wollte er erst recht beweisen, dass viel mehr in ihm steckte. Trotzdem fand er es komisch, dass Kaiba ihn einfach gehen ließ. Hatte er ihn aus Rücksicht zu Yuugi gehen lassen oder steckte da doch mehr? Sein Kopf war erfüllt von Fragen und er konnte nicht geradeaus denken. Er hatte Scheiße gebaut. So viel stand fest und er musste Kaiba zeigen, dass es ihm wirklich leidtat. Denn ja, Kaiba war ein gottverdammter Scheißkerl und er konnte ihn bis auf den Tod nicht ausstehen, aber es war nicht richtig, seine Dominanz mithilfe von Gewalt zu beweisen. Er wollte Kaiba in seinem eigenen Metier besiegen und ihm beweisen, dass er nicht mehr der Anfänger von damals war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)