Life is a Gamble von Yuugii (Jounouchi/Kaiba) ================================================================================ Kapitel 24: Kapitel 24 ---------------------- Wie zuvor nahmen sie die Schleichwege. Auf dem Rückweg trug Big Johnny seinen ehemaligen Freund Kollegen auf dem Rücken. Als sie das Sperrgebiet verlassen hatten und in Richtung des Einsatzwagens liefen, der sie zuvor hergebracht hatte, bemerkte Jounouchi, dass Kaiba unnatürlich still war. Kaiba versuchte sich nichts ansehen zu lassen. Durch den Helm konnte er sein Gesicht nicht sehen, so konnte er nur erahnen, was in diesem vor sich ging. Es musste hart für ihn sein. Immerhin bemühte er sich immer darum unnahbar zu sein, doch in diesem Augenblick war von dem sonst so starken und unnachgiebigen Firmenleiter nicht mehr viel übrig, nur ein gebrochener Mann, der vom tiefsten Herzen trauerte und nach einem Schuldigen suchte. Dass der perfekte Kaiba eine solche emotionale Reaktion zeigte, verwirrte Jounouchi und ließ ihn einmal mehr daran zweifeln, ob dieser Mann wirklich ein Herz aus Stein hatte. Kaiba zeigte es vielleicht nicht gern, aber dass er seinen Bruder über alles liebte, musste er nicht in Worte fassen, seine Körperhaltung war aussagekräftig genug. Sie näherten sich den Einsatzwägen. James wurde festgenommen und Big Johnny sah seinem ehemaligen Kollegen tief in die Augen, als dieser endlich den schweren Helm abnahm. Johnnys Augen sprachen eine deutliche Sprache. Aus der Ferne beobachtete Jounouchi den großen Mann, der trotz allem seinen Kopf nicht hängen ließ und Jounouchi einen Daumen nach oben zeigte, während er ebenfalls in den Wagen stieg. Sein Gesicht bekam er nicht zu sehen. Noch immer fragte sich Jounouchi, ob er Big Johnny nicht von irgendwoher kannte. Eines stand fest: Johnny kannte Jounouchi und irgendwann waren sie sich über dem Weg gelaufen. Vielleicht würden sie sich eines Tages wiedersehen und wenn er sein Gesicht sah, würden seine Erinnerungen wiederkehren. Kaiba hatte den Kopf leicht zu Boden geneigt. Alles um ihn herum schien zu verschwimmen. „Keine Sorge“, begann Jounouchi und drehte sich zu Kaiba um. Dieser schnalzte verächtlich mit der Zunge und setzte nun den schweren Helm ab, warf ihn zu Boden und starrte den Blonden an, welcher sich nun ebenfalls den Helm absetzte, um Kaiba direkt in die Augen sehen zu können. Plötzlich war Kaiba erfüllt von Wut und Hass. „Ich soll mir keine Sorgen machen?!“, schrie er und kam dem Blonden näher, packte ihm am Kragen seiner Schutzjacke und zog ihn gewaltsam näher zu sich heran. Es war das erste Mal, dass sie sich so nahe kamen und Jounouchi hielt den Atem an, während er in Kaibas eisblaue Augen sah, die mit einer unbändigen Flamme des Hasses brannten und nur noch ihn wahrnahmen. „Worauf stützt du deine Aussage?!“, keifte er noch lauter, doch obwohl er sich so sehr um Fassung bemühte, bemerkte der Blonde das Beben in seiner Stimme. Kaiba war verzweifelt. Jounouchi stieß die Luft aus seinen Lungen und schlug Kaibas Hände weg. Immer noch ragte das Messer in seiner Schulter. Kaibas Blick blieb bei der Waffe hängen. Zweifelnd sah er das Ding an. Es steckte in seiner Schulter. Dass Jounouchi sich trotz seiner Verletzung nicht aus der Ruhe bringen ließ und die Dreistigkeit hatte, ihm zu sagen, dass es sich keine Sorgen machen sollte, warf den Firmenleiter derartig aus der Balance, dass es ihm die Sprache verschlug. „Schon gut, Kaiba. Lass deinen Zorn ruhig an mir raus. Doch wenn du damit fertig bist, musst du dich wieder zusammenreißen, damit wir Mokuba und Yuugi retten können. Wir brauchen jetzt den Kaiba, der mit seiner überragenden Intelligenz die Lage durchschaut“, meinte er nur und legte seine Hand auf Kaibas Schulter. Dieser sah ihn immer noch mit weit aufgerissenen Augen an. Sein Blick wanderte nun von der Waffe zu Jounouchis Gesicht. Seine Haare waren klatschnass und kalter Schweiß lief ihm die Wange hinab und trotzdem schaffte er es sich irgendwie zu einem Lächeln zu zwingen. Obwohl die Lage schlecht aussah und sie genügend Gründe hatten, die Hoffnung zu verlieren, ließ sich der Blonde nicht entmutigen und glaubte weiterhin daran, dass sie seinen Bruder und Yuugi retten konnten. Dass Jounouchis Hand immer noch auf seiner Schulter ruhte, störte ihn nicht, aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, dass diese Verbindung ihn beruhigte und dass Jounouchis Optimismus auf ihn abfärbte. Kaiba biss sich auf die Lippe. „Ha“, begann er spöttisch. Es war ihm anzuhören, dass er sich selbst dazu zwang, wieder in seine alte Rolle zurückzufinden. Zurück zum unnahbaren, gefühlskalten Kaiba, der sich von nichts und niemanden einschüchtern ließ und stets die Oberhand behielt. „Du sagst das so, als hätte ich den Kopf verloren, aber ich bin die Ruhe selbst. Ich bin Kaiba Seto und niemand legt sich ungestraft mit mir an. Ich werde diesen verdammten Bastarden zeigen, wer hier das Sagen hat. Keiner von ihnen wird ungeschoren davonkommen!“, meinte er zuversichtlich und Jounouchi zog seine Hand zurück. Der arrogante und selbstsichere Kaiba war ihm lieber als das aufgelöste Wrack, das keine Kontrolle über sich selbst hatte und sich von Zweifeln auffressen ließ. Es war nur ein Moment gewesen. Diese Schwäche, die Kaiba gezeigt hatte, hatte Jounouchi davon überzeugt, dass er weitaus mehr für seinen Bruder und Yuugi empfand, als er geglaubt hatte. Er hatte den Firmenleiter falsch eingeschätzt. So langsam konnte er verstehen, warum Yuugi diesen Mann nie aufgegeben hatte und was es war, was er in ihm sah. „Gut, dann sollten wir uns sofort auf den Weg machen“, meinte der Blonde und wandte sich zum Gehen, doch Kaiba beschleunigte seine Schritte und stellte sich ihm in den Weg. „Zuerst müssen wir deine Verletzung behandeln. Alles andere besprechen wir danach.“ „Ist nur ein Kratzer! Außerdem haben wir dafür keine Zeit.“ „Dann nehmen wir uns die Zeit eben! Du bist ein nötiges Bauernopfer und es wäre fatal, wenn ich meine nächsten Züge ohne dich planen müsste!“, erklärte Kaiba und grinste. Jounouchi war sich nicht sicher, ob er ihn nun beleidigt hatte oder aber unterschwellig ausdrücken wollte, dass er ihn dabei haben wollte und weiterhin mit ihm zusammenarbeiten wollte. Aber das Wort „Bauernopfer“ klang alles andere als positiv, also entschloss er sich dazu, wütend zu werden. Dass er Jounouchi mit einer Schachfigur verglich, kam ihm gar nicht erst in den Sinn. „Wie bitte?!“, knurrte er erbost, doch Kaiba wandte sich zum Gehen und richtete seine Aufmerksamkeit auf einem seiner Soldaten, der ihm entgegen kam. Jounouchi war unheimlich erleichtert. Kaiba hatte wieder zu seinem alten Selbst gefunden. Mit dem Einsatzwagen fuhren sie zurück in Richtung der Kaiba Corporation. Im Wagen wurden seine Wunden behandelt. Kaiba beobachtete, wie Jounouchi kein einziges Mal jammerte und staunte über dessen Willenskraft und dass er die Schmerzen ertrug, ohne auch nur ansatzweise zu klagen. Erst als der Arzt mit einer Nadel kam und begann die Wunde zuzunähen, hatte Kaiba den Blick leicht angewidert abgewendet. Wieso nur hast du dein Leben für mich riskiert? Ich kann dich einfach nicht verstehen. Was nur geht in deinem Kopf vor? Jetzt schulde ich dir etwas und trotzdem... schaffe ich es nicht, mich zu bedanken. Er linste erneut zu Jounouchi und dem Soldaten, der offensichtlich eine Arztausbildung hatte und sich häufiger um solche Verletzungen gekümmert haben musste. Jeder Stich war haargenau gesetzt und mit seiner Erfahrung dauert es auch nicht lange, bis die klaffende Wunde geschlossen wurde. Die blutigen Tücher zu ihren Füßen weckten ein Ekelgefühl in ihm auf und er musste erneut wegsehen. Was ist, wenn sie Mokuba etwas antun? Oder Yuugi? Ich muss jetzt einen kühlen Kopf bewahren. Wenn sie es wirklich auf mich und meine Firma abgesehen haben, dann werden sie mich sicher kontaktieren. Verdammt... und das alles nur wegen ein paar Karten? Nur um mir zu schaden? Kaiba grübelte weiter. Seine beiden Angestellten James und Bob McGuire hatten sich gegen ihn gestellt und einmal mehr bereute er es, dass er blindlings in eine Falle gelaufen war. Dabei hatte er schon vorher den Verdacht gehabt, dass sich jemand in seine Firma eingeschlichen haben könnte. Sein System hatte Fehler. Wem konnte er jetzt überhaupt noch trauen? Woher sollte er wissen, wer Freund oder Feind war? Maschinen waren einfach zu handhaben. Man musste nur ihren Algorithmus kontrollieren und sie mithilfe von Codierungen steuern. Man gab ihnen einfache Befehle und sie gehorchten und führten ihre Aufgaben aus. Doch Gefühle konnte man nicht abschalten. Das musste er heute am eigenen Leib erfahren. Gefühle waren hinderlich und waren nicht so einfach zu durchschauen oder gar zu berechnen. Es brauchte nur eine Millisekunde, um die wahre Absicht hinter einer Person zu erkennen. Zu wenig Zeit für das menschliche Auge und viel zu schnell vorbei, als dass das menschliche Gehirn die winzige Regung im Gesicht des Gegenübers auch nur analysieren konnte. Kaiba hatte jahrelang trainiert, um diese winzigen Veränderungen in der Mimik zu erkennen und zu seinen Gunsten auszunutzen. Umso tiefer saß der Schock darüber, dass in seiner Firma – unter seinen Angestellten, die er selbst eingestellt hatte und als vertrauenswürdig eingestuft hatte – Ratten waren, deren falsches Lächeln selbst ihn zu täuschen vermochte. Es war frustrierend. Dass Kaiba die potentielle Gefahr nicht erkannt hatte, war wie ein harter Schlag ins Gesicht. Natürlich hatte er mit den Mitgliedern des Sondereinsatzkommandos nicht so viel zu tun. Er sah sie vielleicht einmal im Monat, nein, noch seltener. Es war, schlicht gesagt, nicht seine Abteilung. Außerhalb seiner Reichweite. Umso mehr erhärtete sich sein Verdacht, dass Bob McGuire und James nicht die einzigen Spione waren. „Kaiba“, riss ihn Jounouchis Stimme aus den Gedanken. Mit nackten Oberkörper und bandagierter Schulter setzte er sich neben ihn und Kaiba war sich sicher, dass dieser Kerl so gar keinen Anstand oder gar gesunden Menschenverstand besaß. Wieso zog er sich nicht vorher etwas über? Sicher hätte er sich zumindest die Schutzweste überziehen können. Außerdem war es Ende Januar. Noch lange nicht warm genug, um derart unbekleidet umherzulaufen. Es war nur ein flüchtiger Blick auf den Oberkörper des Blonden. Aus der Ferne hatte er sie nicht gesehen. Diese Narben. Vermutlich aus seiner Zeit als Bandenmitglied oder von seinem alkoholabhängigen Vater. Mit Sicherheit konnte er es nicht sagen. Jounouchi war äußerst muskulös und jetzt, wo er ihn so halbnackt vor sich sitzen sah, musste er sagen, dass die schlabbrigen T-Shirts, die er sonst trug, diesen wohl geformten und durchtrainierten Körper gut versteckt hatten. Kein Wunder also, dass Jounouchis Schlag ihn von den Füßen gefegt hatte. Er wirkte trottelig, aber mit allen Wassern gewaschen. „Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe“, meinte er mit einem tiefen Seufzer. „Was genau meinst du?“, fragte Kaiba und verdrehte genervt die Augen und vermied es den Blonden weiter anzusehen. Wieso nur musste er ausgerechnet jetzt ein Gespräch anfangen? Kaiba konnte nicht von der Hand weisen, dass er tatsächlich neugierig war und wissen wollte, was genau der Blonde meinte, aber es ärgerte ihn, dass dieser ungefragt seine Gedanken unterbrochen hatte. Sein grimmiger Gesichtsausdruck verriet, dass er gar keine Lust auf Smalltalk hatte und hätte der Blonde sich die Zeit genommen, einmal hinzusehen, hätte er dies sicher selbst erkannt. Kaiba staunte dennoch darüber, dass er ihn nicht aus einem Impuls heraus zuerst beleidigt hatte und dass er sogar ruhig und gelassen nach dem Grund der Entschuldigung fragte. „Alles“, stieß er hervor und zuckte mit den Schultern. „Kannst du dich auch mal klipp und klar ausdrücken? Ich kann dir nicht folgen. Deine kryptischen Botschaften kannst du für dich behalten. Wenn du mir nichts zu sagen hast, dann sprich mich auch nicht an“, sagte er und atmete laut hörbar aus, doch Jounouchi ließ sich nicht provozieren, schien sich sogar darüber zu freuen, dass Kaiba nach allem, was passiert war, immer noch die Kraft hatte, ihn runterzumachen und sich mit ihm anzulegen. „Ich habe dir fiese Dinge an den Kopf geworfen. Hab dir vorgeworfen, dass Yuugi dir nichts bedeuten würde und dass du auch Mokuba nur für dich ausnutzt. Ich kenne dich nicht gut genug, um mir so ein Urteil zu fällen. Ich bin mir sicher, dass Mokuba und auch Yuugi dir genauso wichtig sind wie mir und deshalb wollte ich mich entschuldigen“, sagte er und biss sich dann auf die Unterlippe. Warum nur fiel es ihm so schwer, das zu sagen? Wieso schlug sein Herz so schnell und warum fürchtete er sich davor, dass Kaiba ihn auslachen würde? Doch Kaiba lachte ihn nicht aus. Ruhig hatte er ihm zugehört. Es war das erste Mal, dass er nicht auf Durchzug geschaltet hatte, als Jounouchi den Mund öffnete. Mit allem hätte er gerechnet. Nur nicht damit, dass er sich bei ihm entschuldigte. Kaiba dachte fieberhaft darüber nach, wie er ihm antworten wollte. Es war nicht seine Art auf solche sentimentalen Gespräche einzugehen und er wusste, dass Jounouchi gerne Dinge gern falsch verstand, weil er sich gerne aufregte und immer irgendetwas oder eher jemanden brauchte, dem er die Schuld für sein eigene Unfähigkeit geben konnte. Jounouchi räusperte sich. „Sorry, ich hätte das echt nicht sagen dürfen.“ „Ist schon in Ordnung...“, meinte Kaiba und senkte den Blick, ehe er weitersprach. „Ich habe auch gemeine Dinge gesagt. Dass du so bist wie dein Vater stimmt nicht. Das hätte ich nicht sagen sollen. Deine familiären Angelegenheiten gehen mich nichts an und es war falsch von mir, dich mit ihm in einen Topf zu werfen. Du bist du. Und er ist er. Ihr seid unterschiedliche Personen.“ Betroffenes Schweigen. „Sprechen wir nie wieder darüber. Lass uns das Thema abhaken und uns darum bemühen, unsere Freunde zu retten.“ „Endlich kommt mal was Nützliches aus deinem Mund“, grinste Kaiba, dennoch schaffte er es nicht, seinen Stolz zu überwinden und sich für Jounouchis Einsatz zu bedanken. Der blonde Mann neben ihn hatte, ohne lange zu zögern oder gar darüber nachzudenken, sein Leben für ihn riskiert. Und das, obgleich Kaiba kein einziges gutes Haar an ihm ließ und ihn immer provozierte. Kaiba schämte sich, dass er sich nicht dazu durchringen konnte, ihm seine Dankbarkeit zu zeigen und tief in seinem Unterbewusstsein stellte er sich die Frage, ob er den Blonden nicht falsch eingeschätzt hatte. Jounouchi hatte es bereits einmal erwähnt. Yuugi hätte für Kaiba alles stehen und liegengelassen. Obwohl er nichts dafür erhielt. Auch Jounouchi hatte ihn nicht gerettet, mit dem Hintergedanken, dass Kaiba nun in seiner Schuld stand, sondern weil er das Richtige tun wollte. Er erwähnte es auch nicht. Mit keinem Wort erwähnte er, was dort unten passiert war und er lachte Kaiba nicht für diesen Moment der Schwäche aus. Kaiba wunderte sich. Wie hätte ich reagiert? Hätte ich Jounouchi ausgelacht und ihn gedemütigt? Hätte ich ihn wissen lassen, dass er in meiner Schuld stände?, fragte er sich und schämte sich in Grund und Boden, wissend, dass die Antwort ein klares „Ja“ gewesen wäre. Er hätte es genossen, sich über ihn lustig zu machen. Kaiba hätte ihn beim Beisein anderer gedemütigt. Kaiba hätte es genossen, Jounouchi an seinen Platz zurückzuverweisen. Schließlich hatte er ihn auch mehr als einmal als „Bonkotsu“ bezeichnet, nur um ihn zu verletzen. Er hätte jedes noch so kleinste Anzeichen von Schwäche ausgenutzt, um seine eigene Stärke und Macht zu demonstrieren. Er hatte geglaubt, dass Jounouchi ihn bereits so sehr hassen musste, dass er ihn, der Mann, der kein einziges nettes Wort an ihm ließ und ihn stets kritisierte, zum Sterben zurücklassen würde. Das wäre die logische Konsequenz gewesen. Doch Jounouchis Gehirn schien sich gegen die allgemein gültige Logik zu wehren und suchte nach anderen Mitteln und Wegen, weshalb er selbst jemanden, der ihm schadete und ihn kränkte, als schützenswert einstufte. Seine Vorstellung von Moral war anders. Lebensechter. Er entschied instinktiv, nach seinem Bauchgefühl heraus und hörte nicht auf das, was sein Gehirn ihm sagte. Der Faktor, dass Jounouchi ihn beschützen wollte und sich demnach hinsichtlich als stärker empfand, ärgerte Kaiba zwar ein wenig, aber er musste neidlos zugestehen, dass der Blonde weitaus mehr Erfahrung im Nahkampf hatte und tatsächlich verborgene Talente besaß, die ihm zwar als Duellant nicht weiterbrachten, es ihm aber ermöglichten in dieser Gesellschaft, getrieben von Geld und Gier, zu überleben. Schon immer war es so, dass Menschen ihre Probleme mit Geld lösten. Doch der Blonde hatte kein Geld, also hatte er sein ganzes Leben lang nach Umwegen suchen müssen. Schweigend saßen sie nebeneinander. Beide hingen ihren eigenen Gedanken nach. Als sie auf das Gelände der KC einfuhren, verriet ein kurzer Blick auf die Uhr, dass es bereits 2:24 Uhr war. Spät in der Nacht. Doch Kaiba hatte jetzt nicht vor, nach Hause zu fahren und sich ruhig in sein Bett zu legen. Sein Herz pochte so wild und fordernd gegen seinen Brustkorb, als wollte es ihn daran erinnern, dass er jetzt nicht ruhen durfte. In der Tat würde er nicht eher ruhen, ehe er den Übeltätern, die sich gegen ihn und seine KaibaCorp stellten, gefunden und ihrem gerechten Urteil zugeführt hatte. Sie vergriffen sich an seinem Rivalen und wagten es ihm seinen Bruder zu entreißen. Kaiba hatte die schwere Schutzkleidung nun endlich restlos abgelegt und gemeinsam betraten sie das Gebäude. Sie waren nur wenige Schritte hineingekommen, als er schon eine ihm vertraute Stimme hörte, die beinahe panisch nach ihm rief und laute Schritte, die auf ihn zukamen. Einer seiner Angestellten rannte in einem irrsinnigen Tempo auf ihn zu. Ein großgewachsener Mann mit kurzem, schwarzem Haar und dunkler Sonnenbrille blieb vor ihm stehen. Es handelte sich um Isono, der bereits seit vielen Jahren loyal an seiner Seite stand und sich um die Auswertung der Daten der Duellanten kümmerte. Er war mit der Ausführung, Planung und Auswertung von Duellen vertraut, doch übernahm auch viele andere Aufgaben und half in verschiedenen Abteilungen aus, wenn es nötig wurde. Er hatte ein äußerst ausgeprägtes Verständnis von Duel Monsters und sehr gute Menschenkenntnis, weshalb er ihn während des Battle City Turniers als Schiedsrichter eingesetzt hatte. Er war äußerst professionell und wirkte nach außen hin vielleicht etwas gefühlskalt, aber Kaiba mochte Menschen, die souverän ihren Tätigkeiten folgten und ihre Aufgabe vor alles andere stellten. Er arbeitete zuverlässig und war loyal – war er wirklich loyal? Bestand die Möglichkeit, dass ausgerechnet Isono ihn nach all den Jahren hintergehen konnte? Für einen Hauch einer Sekunde kam Unsicherheit in ihm auf. Er durfte jetzt nicht einfach jeden verdächtigen. Kaiba wollte nie wieder enttäuscht oder verraten werden. „Kaiba-sama! Ich habe schlechte Nachrichten!“, brüllte er aus Leibeskräften und blieb nur einen halben Meter vor ihm stehen, was Kaiba überhaupt nicht störte. Isono war ein treuer Mitarbeiter und er gehörte zu den wenigen, die sein Vertrauen verdient hatten, weshalb er sich bei ihm auch nicht daran störte, wenn er ungefragt näher kam. Dass er dieses Vertrauen nun anzweifelte beschämte ihn zutiefst. Nein, Isono würde ihm niemals in den Rücken fallen. Kuwabata und Isono gehörten beide zu seinen wichtigsten Mitarbeitern und sie beide wussten, wie wichtig sie für den Erfolg der Firma waren und dass Kaiba sie wertschätzte. Kaiba war niemand, der mit Lobeshymnen und Komplimenten um sich warf. Sein Zuspruch zeigte sich auf andere Weise, mit einem kurzen Lächeln, mit einem Nicken und unterschwelligen Aussagen, die sich meist auf ein Projekt bezogen und nicht auf die Person, aber diese ebenfalls in Betracht zogen. Das war ein voller Erfolg bedeutete in Kaibas Welt, dass der Mitarbeiter dazu beigetragen hatte, dass ein Projekt verwirklicht werden konnte und jeder, der längere Zeit mit dem Brünetten zusammengearbeitet hatte, verstand auch, wie sich seine Anerkennung definierte und nach außen hin zeigte. „Was ist passiert, Isono-san?“, fragte Kaiba ruhig nach und bewegte sich keinen Millimeter mehr. „McGuire hat angerufen und fordert ein Lösegeld von 200 Millionen Yen pro Geisel und die Aushändigung aller drei Weißen Drachen. Er sagte, er habe Mokuba in seiner Gewalt! Wir sollen auf keinen Fall die Polizei verständigen, wenn wir den König an einem Stück zurückhaben wollen“, erklärte er weiter und erlangte seine Fassung zurück. „Hat er weitere Informationen gegeben?“, wollte Kaiba wissen und er bewegte sich an Isono vorbei, in Richtung des Aufzugs. Fragend drehte sich Isono um und sah seinem Chef zu, wie dieser ohne ein Wort der Erklärung seinen Weg unbeirrt verfolgte. Er warf einen kurzen Blick auf den Blonden hinter sich, der mit nackten Oberkörper dastand und nur perplex eine Augenbraue in die Höhe zog. Ohne weiter darüber nachzudenken, folgte Isono dem Brünetten und auch Jounouchi tat es ihm gleich. „Nun, sie sagten, dass sie einen Tausch wollten und dass wir Morgen Abend um 19:00 Uhr am Domino Pier erscheinen sollen. Es dürfen maximal drei Leute kommen, sollten sie bemerken, dass etwas nicht stimmt, blasen sie den Deal ab“, erklärte er nüchtern. Jounouchis Auge zuckte gefährlich. Es gefiel ihm nicht, dass Isono von den Geiseln sprach, als wären sie Gegenstände. Hier ging es um Menschenleben! Warum blieb dieser Kerl so ruhig? Jounouchi kochte vor Wut, unterdrückte den Drang, sich einzumischen und Isono anzubrüllen und ballte seine Hände zu Fäusten. „Verstehe“, kam es äußerst trocken von Kaiba und er zeigte keinerlei weitere Emotion, was Jounouchi nun doch dazu brachte, sich einzumischen. „Wie kannst du da so ruhig bleiben?!“, keifte er und schlug mit seiner Faust gegen die eiserne Metalltür des Aufzugs, sodass er die ungeteilte Aufmerksamkeit seiner beiden Fahrgenossen hatte. Kaiba seufzte nur tief. In seinem Gesicht war nicht auszumachen, was er fühlte oder dachte. War er genervt? Wütend? Verzweifelt? Ängstlich? Dass Jounouchi die Antwort auf diese Frage einfach nicht finden konnte, machte ihn nur noch nervöser. Er war aufgewühlt und verzweifelt, klammerte sich an das letzte bisschen Hoffnung, das am Horizont erstrahlte. War sich Kaiba überhaupt im Klaren, dass die Raritätenjäger mit den Yakuza zusammenarbeiteten und dass eine Ablehnung der Forderung gleichzusetzen damit war, das Leben beider Geiseln zu opfern? „Jounouchi, beruhige dich wieder“, meinte er nur. Das leise Klingeln des Fahrstuhls machte deutlich, dass sie an ihrem Ziel angekommen waren. Kaiba lief wortlos an Jounouchi vorbei und lief in Richtung seines Büros. „Ich habe nicht vor, das Leben meines Bruder oder gar von Yuugi zu riskieren. 400 Millionen Yen ist nichts weiter als ein Tropfen auf dem heißen Stein“, entgegnete er und öffnete die Tür zu seinem Büro, wo er ohne auch nur ein Wort zu sagen, seinen Tisch ansteuerte und die erste Schublade öffnete, wo er sein Deck herausholte und begann die einzelnen Karten durchzuschauen. Drei Karten legte er an die Seite. „Du willst ihnen wirklich deine Weißen Drachen übergeben?“, hauchte Jounouchi schockiert. „Ich habe keine andere Wahl“, meinte Kaiba nur und starrte seine drei geliebten Drachen an. Sein Blick verriet, dass er bestürzt sein musste. Sich von diesen Karten zu trennen, musste ihm unheimlich schwerfallen und es war ihm anzusehen, dass er noch immer mit sich selbst haderte. Er liebte Duel Monsters. Seine drei Weißen Drachen bedeuteten ihm alles und sie waren auch das Markenzeichen der KaibaCorp geworden. Vor dem Gebäude standen zwei Statuen dieses Drachens und Kaibas Liebe diesem eleganten Wesen gegenüber war weltweit bekannt. Selbst Jounouchi wusste, wie viel ihm an diesen Karten lag. Wie wichtig es ihm war, dass nur er diese Karten besaß. Allein der Gedanke, dass ein anderer Duellant diese Karte spielte, löste selbst in Jounouchi so etwas wie Verachtung aus. „Aber du liebst deine Drachen“, kam es etwas lauter von Jounouchi, der dem Schreibtisch nun etwas näher kam. „Ich sagte doch: Ich habe keine Wahl“, knurrte Kaiba nun erbost und hob seinen Blick nicht, seine volle Aufmerksamkeit lag auf den drei Karten, dessen Holobilder im Licht leicht schimmerten. Obwohl Kaiba sie in jedem Duell gegen Yuugi spielte und er diese Karten schon lange in seinem Besitz hatte, sahen sie aus wie nagelneu. Man hätte sie von einer neu gedruckten Karte kaum unterscheiden können. So sehr liebte Kaiba seine Drachen. Auf dem Schreibtisch befand sich eine Miniaturstatue des Weißen Drachen, der Jounouchis Aufmerksamkeit erhaschte. Kaibas Liebe zu dem Weißen Drachen mit dem Eiskalten Blick war immer und überall spürbar. „Es muss doch noch einen anderen Weg geben!“, sagte Jounouchi nun und stützte sich am Schreibtisch ab und kam Kaibas Gesicht näher. Dieser hob seinen Blick noch immer nicht, ignorierte, dass Jounouchi ihm so nahe gekommen war. „Der Weiße Drache gehört zu dir! Er ist dein Markenzeichen! Es ist nicht richtig, wenn irgendjemand anderes diese Karten spielt! Das kann ich nicht zulassen. Yuugi würde das niemals wollen“, erklärte Jounouchi und drehte sich zu Isono um, der wortlos unter der Türschwelle stand und den Blick zu Boden gerichtet hatte. „Isono!“, rief der Blonde und kam den Brillenträger näher. Dieser gab keine Reaktion von sich. „Es muss doch irgendetwas geben, was wir noch tun können, oder? ODER?“ „Wir dürfen Mokuba-samas Leben nicht gefährden. Ich wüsste keinen anderen Weg“, meinte er kleinlaut. „Jounouchi“, drang Kaibas gefasste Stimme zu ihm. „Ich weiß dein Mitgefühl zu schätzen, aber ich werde weder Yuugis noch das Leben meines Bruders für meine Karten riskieren. Wir haben sie bereits einmal unterschätzt. Es ist meine eigene Schuld, dass Mokuba entführt worden ist. Hätte ich meine Angestellten besser im Blick gehabt, dann wäre so etwas nie passiert.“ „Das ist doch nicht deine Schuld! Die haben Schuld! Diese verdammten Bastarde!“, brüllte Jounouchi lauter. Es war ihm anzuhören, dass er sich nicht mehr zu helfen wusste und daher lauter wurde. „Scheiße...! Verfickte Scheiße noch mal!“, schimpfte er und stampfte mehrmals auf den Boden. „Hier herum zu fluchen bringt uns auch nicht weiter. Jounouchi, ich danke dir für deinen Einsatz, aber ab hier kannst du wirklich nichts mehr ausrichten. Das ist jetzt einzig und allein mein Problem“, kam es nüchtern von Kaiba, in dessen Gesicht sich nichts abzeichnete. Wieder stellte sich der Blonde die Frage, ob er wirklich nichts fühlte oder ob er einfach nur seine Gefühle so gut kontrollieren konnte. Für einen Moment wanderte Kaibas Blick umher. Er schaffte es nicht, Jounouchi direkt in die Augen zu sehen. Da war er. Ein Anflug von Angst. Unsicherheit. Kaum merklich. Kaiba spielte seine Rolle so gut, dass man wirklich glauben konnte, dass er nichts fühlte, doch Jounouchi meinte, dass er immer mehr lernte, ihn zu durchschauen. Wenn er wütend wurde, zogen sich seine Augenbrauen ganz rasch zusammen und eine kleine Falte bildete sich zwischen seinen Augen und wenn er sich freute, huschte ein flüchtiges Lächeln über seine Lippen, welches aber sehr schnell wieder verschwand. Dennoch bildeten sich kleine Lachfalten um seine Augen und wenn man genau hinsah, erkannte man das Leuchten in diesen sonst so trüben und matten Augen, die alles zu durchschauen schienen. Jounouchi war sich sicher, dass Yuugi den Firmenleiter schon längst durchschaut hatte und diese minimalen Anzeichen erkannte und ihn deshalb mit ganz anderen Augen sah. Deshalb konnte er den Brünetten als seinen Freund bezeichnen, weil Kaiba ihn, ohne es selbst wahrzunehmen, diese Bestätigung gegeben hatte. „Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn du wegen solchen Mistkerlen deine Drachen verlierst. Sie sind deine Signature Card – dein Markenzeichen – sie bestimmten den Charakter deines Decks! Ein Kaiba ohne seine Drachen ist ein ganz anderer Mensch! Und ich bin mir sicher, dass Yuugi es sich selbst niemals verzeihen könnte, wenn du seinetwegen deine geliebten Drachen verlierst“, kam es nun etwas ruhiger von dem Blonden, der sich weigerte Kaiba in dieser schweren Stunde allein zu lassen und einfach zu gehen, so zu tun, als wäre all dies nie geschehen. Er würde bis zum Ende bleiben. Selbst wenn er nichts beitragen konnte, so sagte ihm sein Herz, dass er hier bleiben musste. „Es geht hier aber nicht darum, was ich will! Sondern darum, dass ich keine Wahl habe! Bist du wirklich so verblendet von deinem kindischen Optimismus und deiner farbenfrohen Weltanschauung, dass du nicht verstehst, dass es keine andere Option gibt? Willst du sagen, ich soll alles auf eine Karte setzen?“ Kaibas Augen blitzen gefährlich auf. Jounouchi ließ sich davon nicht abhalten. „Alles oder nichts! Ich glaube daran, dass es noch einen anderen Weg gibt und dass wir Yuugi, Mokuba und deine Karten retten können, ohne dass irgendwer zu Schaden kommt!“ „Du glaubst? Seit wann richten wir unsere Pläne nach einem vielleicht, eventuell oder könnte sein? Das sind Variablen, die ich nicht berücksichtigen kann! Selbst du musst doch einsehen, dass wir uns in keiner Situation befinden, wo wir mit Hoffnung allein vorankommen. Genau das kann ich an dir nicht ausstehen, Jounouchi! Du denkst einfach nicht nach und bist dich der Konsequenzen nicht bewusst!“ „Trotzdem können wir nicht davon ausgehen, dass unsere Gegner vollständig vorbereitet sind. Wir könnten sie selbst in einen Hinterhalt locken! Du bist doch so perfekt und hochintelligent, für dich ist das doch ein Klacks, oder? Oder gibt es wirklich Dinge, die du nicht kannst?“ „Mit Schmeicheleien kommst du bei mir nicht weit...“, knurrte Kaiba und verengte seine Augen zu Schlitzen und noch bevor er weitersprechen konnte, kam Jounouchi ihm wieder näher und sprach weiter. „Deine Technik... diese Hologramme sind doch unsere stärkste Waffe! Sie sind täuschend echt. Werden die Raritätenjäger es denn bemerken, wenn ein Hologramm vor ihnen steht? Ich habe den Unterschied nicht bemerkt. Auf diese lebensechten Hologramme bist du doch besonders stolz, nicht wahr?“ Kaibas Gesichtsmuskeln froren ein. Er ließ sich wortlos in seinen Bürostuhl fallen und in seinem Kopf ließen in nur wenige Sekunden tausende Abläufe ab. „Du bist weitaus klüger, als du aussiehst...“, murmelte Kaiba und verschränkte die Arme, warf einen nachdenklichen Blick auf seine drei Karten. Jounouchi hatte Recht. Es gab eine Möglichkeit. Warum nur hatte er nicht selbst daran gedacht? Wieso kam ein Hohlkopf wie Jounouchi noch vor ihm auf diesen Gedanken? „Das Kompliment gebe ich dankend zurück“, zischte Jounouchi und drehte sich grummelnd um. Kaiba hatte freien Blick auf Jounouchis Rücken. Auch hier befanden sich Narben. Brandwunden? Was nur hatte dieser Trottel in seinem Leben alles erlebt, dass er so viele Verletzungen davon getragen hatte? Wie konnte er, nach allem, was er erlebt haben musste, immer noch lächeln und so optimistisch sein? Wie hatte er es geschafft, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen? Kaiba wusste die Antwort auf diese Frage, doch sein Verstand weigerte sich, dies zu akzeptieren. Freundschaft. Jounouchi hatte Yuugi, der immer hinter ihm stand und ihn niemals verriet. Dieses bedingungslose Vertrauen zwischen den beiden hatte Jounouchi die nötige Kraft gegeben, sein altes Leben hinter sich zu lassen und mit einem Lächeln nach vorne zu gehen. So wie Mokuba. Auch Mokuba hatte es gesagt. „Pah“, stieß Kaiba hervor und legte seine Karten wieder zurück in seine Schublade, drehte den Schlüssel um und schloss die Karten weg. Wieder warf er einen Blick auf die Uhr. Es war bereits 2:40 Uhr. Sechs Stunden lang hatten sie für ihre Infiltration verschwendet, nur um resigniert feststellen zu müssen, dass sie in eine Falle gelockt worden waren. Obwohl die schwarzen Wägen der Raritätenjäger in das Sperrgebiet gefahren waren, hatten sie weder Yuugi noch die Karten dort abgeliefert, sondern hatten andere Wege gefunden, ihre Beute wo anders hinzuschaffen. Es war ein Fehler gewesen, sich nur damit zu befassen, wo die Wagen hinfuhren. Sie hätten die Satellitenaufnahmen noch länger durchschauen müssen. Kaiba schlussfolgerte, dass sie dort nur einen Zwischenstopp gemacht hatten und die Waren und Yuugi in einen anderen Wagen geschafft hatten und dann in verschiedene Richtungen weggefahren sein mussten. Das bedeutete, dass die Raritätenjäger weitaus organisierter handelten als vor ein paar Jahren. Sie hatten also noch 30 Stunden Zeit, bis die finalen Runden des Turniers begannen. Übermorgen um 9:00 Uhr morgens würde das Viertelfinale beginnen, dann käme das Halbfinale und letztendlich das Finale. Der Sieger durfte gegen den König spielen. Dass der Sieger Kaiba sein würde, verstand sich selbst redend. Nur der König musste wieder beschafft werden. Die Übergabe fand am Abend statt, also genügend Zeit, um das zurückzuerlangen, was man ihm geraubt hatte. „Bevor wir irgendetwas planen, ziehst du dir erst mal etwas über“, sagte Kaiba eher beiläufig. „Ich hab nichts zum Anziehen dabei“, gab Jounouchi zurück und zuckte mit den Schultern. „Ich habe noch ein Ersatzhemd dabei. Wir sind ungefähr gleichgroß, es sollte dir also passen.“ „Sicher, dass du mir etwas von dir geben willst? Vielleicht mache ich es kaputt“, meinte Jounouchi breit grinsend. „Jounouchi, meine Hemden sind mehr wert, als du mit deinen beiden Jobs und sämtlichen Turniergeldern je verdienen könntest, also hoffe ich für dich, dass das nur ein schlechter Scherz war“, gab Kaiba genervt zurück und warf dem Blonden einen bösen, ermahnenden Blick zu. „Sind deine Hemden etwa aus purem Gold? Oder Seide? Warte, was ist der teuerste Stoff der Welt? Ich kenne nur Baumwolle, Leinen, Fleece...“, begann der Blonde an seinen Fingern aufzuzählen, bei drei Stoffarten hörte sein Wissen jedoch auf und er sah Kaiba verwirrt an. „Ernsthaft...?“, kam es von Kaiba und er hob beide Augenbrauen in die Luft und starrte den Blonden an. Als keine weiteren Aufzählungen mehr kamen, schüttelte er enttäuscht den Kopf. „Was hast du in den zehn Jahren, in der du in der Schule warst, eigentlich gelernt? Hast du jemals von Kaschmir gehört? Oder von Vikunja-Wolle? Ist dir Seide ein Begriff? Weißt du, was Chiffon ist?“ „Klatschmir? Wikingerwolle? Seide und Schifffahrt?“, fragte er nach und sah ihn mit großen, unschuldigen Augen an. „Das machst du doch mit Absicht“, knurrte Kaiba und Jounouchi lachte amüsiert. „Vielleicht“, sagte er grinsend, während Isono ihm ein Hemd aus reinster Satin Seide reichte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)