Das 7. Relikt von das7teRelikt (Der Kampf der Drachen und Magier!) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 (Aiwe) --------------------------- Lautlos schob Lilith das Blätterwerk auseinander und bekam so freie Sicht auf das Schauspiel das sich ihr bot. Direkt vor ihr lag ein toter Kazzak. In seiner Stirn stak einige Zentimeter tief ein Pfeil und weiter hinten konnte Lilith ein kleines Lager mit mehreren Zelten erkennen. Rechts von ihr kam weiterer Lärm her. Gestalten brachen durch das Unterholz und schreckten massenweise Vögel auf die eilig die Flucht ergriffen. Im Schutz des Dickichts folgte Lilith den Geräuschen, immer darauf achtend ob ein weiteres Zauberwort fallen würde. Ein weiterer lebloser Kazzakkörper tauchte vor ihr auf. In seinem Bauch klaffte ein großes Loch um welches rundherum das Fleisch verbrannt war. Der Gestank drang zu Lilith empor und angewidert lief sie weiter. Der Lärm führte sie immer weiter in den Wald hinein und während sie dem Stimmengewirr folgte, wobei ihr dann und wann eine erneute Leiche vor den Füßen lag, versuchte sie sich vorzustellen, was hier im Gange war. „Das nächste Dorf ist nicht all zu weit von hier entfernt. Womöglich wollten die Biester es plündern und niederbrennen. Aber wer stürzt sich heut zu tage noch offen in einen Kampf? Ein rebellierendes Dorf? Nein, dann würde es hier ganz anders aussehen…“ In Gedanken versunken blieb sie urplötzlich stehen als neben ihr ein Kazzak auftauchte. Es dauerte nur ein paar Sekunden in denen der Kazzak überrascht in seiner Handlung inne hielt. Die Sekunden reichten aus um ihm mit einem geschmeidigen Satz lautlos die Kehle aufzuschlitzen. Erschlafft sank er zu Boden während das Blut aus seinem verstümmelten Hals spritzte. Lil wischte ihren Dolch an der Kleidung des Ungetüms sauber und richtete sich wieder auf. „Ich muss vorsichtiger sein wenn ich unentdeckt bleiben möchte“, ermahnte sie sich selbst. Sie schlich wenige Schritte vorwärts und stellte sich hinter einen Baum. Wachsam lugte sie um den breiten Stamm herum und konnte gerade noch sehen, wie einem der Kazzaks der Arm abgeschlagen wurde und er schmerzerfüllt und fluchend ein lautes Grölen von sich gab um kurz darauf wild tobend im Wald zu verschwinden und irgendwo einsam an seinen Blutungen zugrunde zu gehen. Lil wagte es noch ein Stück weiter hinter dem Baum hervorzukommen, konnte nun das ganze Schauspiel betrachten und erfuhr endlich was da vor sich ging. Zwischen zwei Bäumen stand eine junge Frau, ein Mädchen in ihren Augen, mit erhobenem Schwert und schwer atmend. Vor ihr standen noch eine Handvoll Kazzaks von denen keiner bis jetzt auch nur annähernd soviel Kraft verbraucht hatte wie ihre Feindin. Lil überlegte ob sie eingreifen und dem Mädchen helfen sollte, doch sie entschied sich dazu es nicht zu tun und abzuwarten. Sollte das Mädchen magische Fähigkeiten zeigen würde sie ihr zu Hilfe kommen falls sie diese benötigte, doch war es nur ein normales Menschenkind, würde sie sich lautlos zurück in den Wald schleichen und das Schicksal über das Überleben der jungen Frau entscheiden lassen. Sie konnte es nicht riskieren von Kazzaks gesehen und damit in Verbindung gebracht zu werden. Und wollte sie jedes Mal den Menschen helfen und sie retten wäre sie nie soweit gekommen wie sie heute war. Nein, das Schicksal einzelner lag nicht in ihrer Hand. So wartete sie geduldig ab was weiter geschehen würde. Einer der Kazzaks erhob sein Schwert und stürmte mit lautem Kampfgebrüll auf das Mädchen zu. Der zweite und der dritte folgten ihm während die anderen zwei bedacht im Hintergrund blieben. Die erste Kazzakklinge parrierte das Mädchen mit dem Schwert, unter der zweiten duckte sie sich hindurch und die dritte streifte sie an der Schulter und zerriss ihren Ärmel. Mit einem kräftigen Hieb fuhr sie herum und stach einem ihrer Feinde ihre Klinge zwischen die Rippe. In dem Moment als der Kazzak zu Boden sackte fiel ihr Blick an ihm vorbei auf ein Gesicht das hinter einem Baum hervorblickte und sich bei ihrem Augenkontakt geschwind zurückzog. „Verdammt…“, knurrte das Mädchen und überlegte einen Moment lang was sie nun tun sollte. Sie wurde beobachtet und wusste nicht von wem. Das hieß sie musste sowohl die Kazzaks als auch die Person hinter dem Baum ausschalten. Es spielte jetzt keine Rolle mehr vorsichtig zu sein. Jetzt ging es nur noch darum keine Überlebenden von dem Kampfplatz entkommen zu lassen. Sie wirbelte herum, erhob die Hand und rief: „Riddock!“ Ein gleißender Strahl entfuhr ihrer Hand und bohrte sich durch den Unterleib des nächst stehenden Kazzaks. Wieder stieg der Geruch von verbranntem Fleisch in die Luft. Lilith zögerte einen Moment, dann zog sie ihr Schwert und trat hinter dem Baum hervor. Durch die plötzliche Bewegung und völlig in Rage hob das Mädchen ihr die Hand entgegen und rief noch einmal „Riddock!“ Der gleisende Strahl schoss in atemberaubender Geschwindigkeit auf Lil zu. „Corpo pex léiz.“ Wie durch eine unsichtbare Klinge geteilt schoss der todbringende Strahl rechts und links an Lil vorbei und donnerte laut krachend zu ihrer rechten Seite in den Baum hinter dem sie stand und zu ihrer linken riss er einem der hinteren beiden Kazzaks den Kopf von den Schultern. Völlig perplex und fast am Ende ihrer Kräfte starrte das Mädchen ungläubig zu Lil herüber, welche nicht weiter zögerte und mit einem Hechtsprung nach vorne eilte und dem Kazzak neben Rae ihr Schwert durch den massigen Oberkörper rammte. Keine fünf Sekunden später streckte sie auch den letzten Kazzak nieder. Wie jedes Mal nachdem sie ihre Klinge beschmutzt hatte bückte sich Lilith und wusch sie an den Kleidern des Toten sauber. „Wer bist du?“, fragte das Mädchen hinter ihr und hielt noch immer das Schwert in ihrer Hand. „Das spielt keine Rolle“, antwortete Lilith knapp. „Mein Name ist Rae. Ich gehörte einst den Qiuoda an. Und wie du sicher mitbekommen hast bin ich eine Magierin. Genau wie du! Du kannst mir also vertrauen. Es sei denn du bist eine Abtrünnige. In diesem Fall werde ich dich töten.“ „Das wirst du nicht. Du hättest in deinem jetzigen Zustand nicht einmal den Hauch einer Chance. Also sprich nicht solch hohe Töne. Und bin ich denn deiner Meinung nach eine Abtrünnige?“ Rae dachte einen Moment lang nach. „Nein, denn dann hättest du mir nicht geholfen.“ Lil antwortete nicht mehr sondern sah sie nur einen kurzen Moment schweigend an dann wandte sie sich ab und lief ohne ein weiteres Wort zurück auf ihren ursprünglichen Weg. „Hey, jetzt warte doch!“, rief Rae und eilte ihr nach. „Wir sind beide Magier und du gehörst sicher nicht den Qiuoda an. Also wie wäre es wenn wir uns zusammen tun um gemeinsam gegen Nácchtarr zu kämpfen. Was hältst du davon… ähm… wie war dein Name noch gleich?“ „Ich habe dir meinen Namen noch nicht genannt.“ „Dann sag ihn mir doch jetzt.“ „Ich wüsste nicht wieso ich das sollte.“ „Na, dass habe ich dir doch gerade gesagt. Gemeinsam können wir einen aktiven Widerstand gegen Nácchtarr führen.“ Lil blieb so abrupt stehen das Rae erst einige Schritte weiter vorne hielt und sich umdrehen musste. „Wie stellst du dir das vor? Zwei kleine Gestalten gegen eine ganze verdammte Armee? Nácchtarr ist mächtiger als viele annehmen. Wir hätten noch nicht mal eine Chance in seine Nähe zu kommen. Wieso also redest du davon ihn zu töten?“ „Zum einen spreche ich nicht nur von uns beiden. Natürlich reicht das nicht. Wir brauchen Hilfe, aber keine passive Hilfe wie die der Qiuoda sondern aktive. Und zum anderen ist es mir egal was dort auf mich wartet ich habe mir in den Kopf gesetzt Nácchtarr zu töten. Koste es was es wolle.“ „Und was bestärkt dich so sehr in deinem Vorhaben das du dein Leben so leicht aufs Spiel setzt?“ „Nácchtarr hat Chaos, Zerstörung und Elend gebracht. Den Menschen geht es schlecht. Sie sind am Ende! Das Land zerfällt in sich, die Tiere fliehen, die Äcker werden zunehmend trockener und Nährstoffarmer. Aber weshalb ich ihn am meisten hasse ist das er meine Eltern getötet hat. Kaltblütig hat er sie umgebracht. Und nun muss ich mich verstecken. Ich bin auf der Flucht wie ein wildes Tier das jeden Moment Angst vor einem Angriff haben muss. Ich kann nicht frei leben. Und dafür wird er mit seinem Leben bezahlen!“ In Raes Augen glühte eine Entschlossenheit die Lilith schon seit einer Ewigkeit bei keinem Menschen mehr gesehen hatte. Lil schwieg und dachte an ihre eigene zerstörte Vergangenheit. Auch daran war Nácchtarr schuld. Er hatte ihre ganze Familie ausgelöscht und ihr das Leben genommen obwohl sie nicht tot war. Diesen Schmerz zu ertragen war die schlimmste Bürde die man auf sich nehmen konnte. Und auch sie trieb der unglaubliche Hass und der Wunsch nach Vergeltung voran. Sie verstand was das junge Mädchen vor ihr meinte. „Mein Name ist Lilith. Nenn mich Lil wenn du möchtest“, seufzte sie nachgiebig. „Und deine Eltern? Wer sind sie?“, hakte Rae nach. „Sie sind tot. Und damit spielt es keine Rolle mehr wer sie einmal waren oder wer ich heute bin“, antwortete Lil knapp und damit war das Gespräch fürs erste für sie beendet. „Und wo willst du jetzt hin? Ich bin müde und erschöpft und nicht für einen langen Fußmarsch geeignet.“ Genervt musste Lil ihr Recht geben. Sie hatte soeben einen ganzen Kazzaktrupp ausgeschaltet. Es war nur natürlich das sie müde war. Doch hier konnten sie nicht bleiben. Es würde nicht lange dauern bis jemand die Leichen fand und Alarm schlug. Und dann mussten sie so weit weg wie möglich von hier sein. „Du wirst dich jetzt noch nicht ausruhen können. Erst wenn wir weit genug entfernt sind und vorher müssen wir noch etwas erledigen. Komm mit oder setzte deinen Weg alleine fort. Es zwingt dich niemand bei mir zu bleiben.“ „Bist du verrückt? Endlich jemand von meinesgleichen der aktiv Widerstand leistet! Da werde ich jetzt bestimmt nicht davon laufen. Ich bin bereit zu was auch immer.“ Raes enormes Selbstvertrauen und ihre Stärke um ihr Ziel durchzusetzen überraschten Lil. Noch nie war sie einem Menschen begegnet der so fest an seinem Vorhaben hing wie dieses Mädchen. Ohne darauf zu achten wie laut sie in dem sonst stillen Wald waren eilten die beiden den Weg entlang zurück zum Kazzaklager. Nach zehn Minuten waren sie dort angekommen. Lil spitzte für einen Moment die Ohren und blickte sich um ehe sie Rae mit einem Wink bedeutete ihr zu folgen. „Was wollen wir hier?“, fragte Rae unruhig, denn sie befürchtete das jeden Moment Späher des Lagers zurückkommen und die beiden entdecken würden. „Geh durch die Zelte und pack alles zusammen was du tragen kannst. Und jetzt frag nicht weiter sondern tu es einfach. Wenn du fertig bist versteck dich dort hinter dem Gestrüpp.“ Noch bevor Rae eine weitere Frage stellen konnte war Lil im ersten Zelt verschwunden. Es war enorm warm unter der Plane obwohl draußen eine angenehme Temperatur herrschte. Die Luft stand unbewegt und war so stickig das Lil für einen Moment das Gefühl hatte keine Luft mehr zu bekommen. Als sie sich gesammelt hatte schritt sie nach vorne, riss die Decke von dem Feldbett und breitete sie auf dem Boden aus. Dann schmiss sie alles was sie finden konnte und was einen gewissen Wert besaß darauf, packte das Bündel zusammen und eilte zum nächsten Zelt um es dort genauso zu tun. Als sie vier Zelte hinter sich gebracht hatte war das Bündel voll und schwer. „Das reicht.“ Eilig schritt sie auf die Büsche zu hinter denen Rae bereits mit einem ebenso großen Bündel wartete. „Was wollen wir mit dem ganzen Kram?“ „Im Dorf verkaufen. Morgen beginnt dort der Markt. Wir können uns Proviant, Pferde und Gold für die Reise damit verdienen.“ Rae, die endlich verstanden hatte was Lil mit dem Kram wollte, lachte auf. „Das ich nicht selbst darauf gekommen bin.“ Während sie mit der geschulterten Beute zurück in den Wald liefen hörten sie weit entfernt Getrappel näher kommen. „Wir müssen uns beeilen. Ihre Späher kommen zurück und ein weiterer Kampf wäre nicht günstig für uns.“ In stiller Übereinkunft sprachen sie nicht weiter miteinander sondern liefen so schnell es ging voran. Gegen Abend hatten sie die Hälfte der Strecke zum Dorf hinter sich gebracht. Rae war am Ende ihrer Kräfte und auch Lil war müde von der zusätzlichen Last die sie umhertrugen. An einem geschützten Platz hielten sie an und legten die Sachen ab. „Sie werden nach uns suchen deshalb ist es wohl besser kein Feuer zu entzünden“, sagte Rae und kramte aus ihrem Beutel etwas zu Essen heraus und holte einen Wasserschlauch hervor. Lil nickte ihr zustimmend zu und auch sie griff in ihre Tasche um sich ihr Abendbrot heraus zu holen. „Was ich mich frage ist, ob du bei solch einem gefährlichen und hoch gestecktem Vorhaben einen Plan hast. Wie gedenkst du gegen Nácchtarr vorzugehen? Welche Armee willst du der seinen entgegensetzten?“ Rae blickte verwundert über die Frage auf und suchte in der Dunkelheit nach Lils Gesicht. Schattenhaft nahm sie es war. „Es mag seltsam klingen, aber ich bin davon überzeugt, dass wir nur mit einem Verbündeten eine Chance gegen Nácchtarr haben. Mit den Drachen. Mein Großvater hasst mich wegen dieser Einstellung. Er ist der Meinung ich würde mein Talent vergeuden bei dem versuch noch einen Drachen zu finden der nicht so feige ist und sich vor Nácchtarr versteckt. Das ist allerdings seine Meinung. Ich denke eher, dass es nur eine Frage der Zeit ist bis die Drachen wieder erwachen. Und wenn wir uns dann mit ihnen zusammenschließen können wir Nácchtarr und seine Bestien töten.“ „Woher willst du wissen, dass die Drachen sich mit Menschen und Magiern zusammen tun werden. Sie sind stolz! Und sicherlich verstecken sie sich nicht wie die Angsthasen der Magier!“ Rae konnte Lil nicht mehr sehen. Nur noch ihre Augen glitzerten in dem schwachen Mondlicht das durch das Blätterdach fiel, doch ihre Stimme hatte einen schneidenden Ton angenommen und Rae wusste das sie eine empfindliche Stelle getroffen haben musste. „Nicht alle Magier sind Feiglinge. Wir beide zum Beispiel nicht! Aber gewiss gibt es auch Drachen die sich aus Angst verstecken! Ich möchte jetzt nicht behaupten, dass sie Feige wären, aber dennoch verstecken sie sich vor Nácchtarr. Wenn sie sich nur wieder zeigen würden.“ „Das stimmt. Nicht alle Magier sind Feiglinge. Es gibt überall Menschen die sich von den anderen abheben und etwas Besonderes sind. Aber es sind die wenigsten. Und auf solche zu stoßen ist ein Glücksfall.“ Ein leises Rascheln lies Rae darauf schließen das Lil sich abgewandt hatte um zu schlafen und so nahm Rae die letzten Worte ihrer Weggefährtin als Kompliment und legte sich ebenfalls um. Doch während sie versuchte einzuschlafen ging ihr ständig eine Frage durch den Kopf: Wie lange konnte sie es wohl wagen mit Lil umherzuziehen? Egal welche Gefährten sie hatte. Sie hatte sie niemals lange Zeit. Wie also sollte es diesmal sein? Mitten in der tiefschwarzen Nacht wurde Rae unsanft gerüttelt. Erschrocken riss sie die Augen auf und schnellte in die Höhe. Blitzschnell legte sich eine Hand auf ihren Mund und auf ihre Schulter um sie daran zu hindern aufzustehen. „Psssst! Kazzaks!“, flüsterte Lil die neben ihr kniete und nahm langsam die Hände von Rae. Und tatsächlich. Als diese genauer hin horchte vernahm sie die polternden Schritte der Ungeheuer. „Und jetzt?“, fragte sie nervös. Sie hatte nicht lange geschlafen und es war zu dunkel um etwas zu sehen. „Wir müssen weiter!“ Erst jetzt viel Rae in dem spärlichen Mondlicht auf, dass Lil bereits ihre Sachen gepackt hatte und abreise bereit war. Zögernd machte sich auch Rae bereit und schulterte am Schluss ihre Beute so leise es ging um Lil zu folgen die wie ein Schatten vor ihr her schlich. Durch ihre dunkle Kleidung war sie kaum auszumachen doch da sie sich allmählich dem Waldrand näherten und die Bäume weiter auseinander standen, drang auch das Licht weiter zu ihnen und Rae konnte allmählich sehen wohin sie liefen. Aber je mehr sie sehen konnte desto unbehaglicher fühlte sie sich denn die Kazzaks würden nun auch eine bessere Sicht haben. Gespannt und gehetzt wie so oft in ihrem Leben lief Lil durch den Wald. Immer wieder lauschend und in die Dunkelheit spähend ob ihre Verfolger ihre Spur aufgenommen hätten. Doch schon bald konnte sie die Kazzaks nicht mehr hören. Dennoch wollte sie es nicht riskieren noch einmal Rast zu machen. Sie mussten zu dem Dorf gelangen. Koste es was es wolle. Im Morgengrauen erblickte Rae etwas das ihrem Herz einen freudigen Hüpfer verpasste. Die ersten Höfe des Dorfes kamen in sicht. Erleichtert es soweit geschafft zu haben und den Wald bald hinter sich lassen zu können schloss sie zu Lil auf und schritt mit neuer Energie voran. „Wir werden nicht lange bleiben. Heute versorgen wir uns mit dem nötigen was wir brauchen und im Morgengrauen werden wir weiterziehen. Die Kazzaks werden sicher nicht lange brauchen um Verstärkung zu holen und dann werden sie sicher in dem Dorf auftauchen.“ Rae durchfuhr ein urplötzlicher schrecken. „Wir müssen das Dorf warnen. Wir können sie doch nicht einfach den Kazzaks überlassen!“ Daran hatte auch Lil schon gedacht, doch es war unmöglich das Dorf jetzt noch in Sicherheit zu bringen. „In dem Dorf findet der Markt statt. Das bringt Geld und Gebühren für Nácchtarr. Wenn sie Glück haben wissen die Kazzaks das und verschonen das Dorf.“ „Wenn sie Glück haben! Und wenn nicht!“ „Dann darf es nicht weiter unser Problem sein! Wie hast du denn bis jetzt überlebt wenn du verfolgt wurdest und auf andere Menschen getroffen bist?“ Rae schwieg und dachte an die Zeit ihrer Flucht zurück. Oft hatte sie versucht den Menschen zu helfen, doch manchmal war es ihr einfach nicht gelungen. Es war der Lauf der Dinge den sie nicht ändern konnte wenn sie überleben wollte. Schweigend und mit betrübter Stimmung erreichten sie das Dorf. Es herrschte bereits reges Treiben. Vieh wurde umher getrieben, Händler priesen ihre Ware an und Mütter zogen ihre Kinder hinter sich her während sie nach den billigsten Dingen Ausschau hielten. Lil und Rae schritten durch die enge Gasse zu einem Stand mit einem alten Händler. „Wir möchten gerne etwas verkaufen“, sagte Lil ruhig und breitete ihr Bündel vor ihm aus. Rae tat es ihr gleich und beobachtete dabei den Händler dessen Augen sich weiteten. „Wo habt ihr das her?“ „Spielt das eine Rolle?“, fragte Rae barsch. Der Händler schüttelte einen Moment lang perplex den Kopf dann machte er sich angesichts der Kostbarkeiten daran den Wert der Ware zu ermitteln. „Ich gebe euch 100 Goldstücke dafür.“ „Es sind viele Kostbare Kelche dabei. Und silbernes Besteck. Dass alleine ist soviel wert. Ganz zu schweigen von dem Kettenhemd. Wir wollen 300 nicht weniger.“ „Hm… 120!“, erwiderte der Händler stur. Während er und Lil weiter diskutierten und handelten blickte Rae sich bereits nach Ständen um wo sie ihren Lebensmittelvorrat aufbessern konnten. Am Ende hatten sich der Händler und Lil auf 240 Goldstücke geeinigt. Lil nahm die Bündel entgegen und sie verliesen rasch den Stand. Lil teilte das Gold und gab Rae die Hälfte davon ab. „Hier. Geh und kaufe das was du für nötig hältst. Aber komm nicht ohne ein Pferd und genug Lebensmittel zurück. Sonst werde ich alleine weiter ziehen.“ Etwas verärgert über Lils fortwährende Barschheit ihr gegenüber machte sich Rae auf. Lil ging in die andere Richtung. Sie wusste nicht wieso aber Raes Anwesenheit verstörte sie mehr als das sie sie ermutigte. Sie verdrängte die Gedanken hastig aus ihrem Kopf und kümmerte sich dann um ihren Einkauf. Nach einer halben Stunde des Handelns und Kaufens schleppte sie schwere Bündel hinter sich her und lief zu dem einzigen Verkäufer der Pferde anbot. Einige der Tiere waren schwach und abgemagert und Lil bedauerte die armen Tiere die sicher beim Schlachter enden würde. Doch aus Mitleid heraus konnte sie nicht handeln. Sie brauchte ein Pferd das stark genug war um sie bis in die nächste Stadt zu bringen. Dort war der Markt größer und sie konnte sich nach einem neuen, stattlicheren Tier umsehen als hier. So entschied sie sich am Ende für ein schweres Kaltblut. Es gefiel ihr nicht ein so großes Pferd zu reiten das soviel Aufsehen erregte und Lärm machte, doch es blieb ihr nichts anderes übrig. Die kleineren Pferde machten nicht den Anschein als würden sie die Reise mit dem Gepäck überstehen. Also kaufte Lil einen passenden Sattel und Zaumzeug so wie extra Taschen dazu. Am Ende hatte sie noch 48 Goldstücke und ein paar Silberlinge übrig die sie in ihren Beutel am Gürtel packte. Es war bereits später Nachmittag als sie auf Rae traf. Sie hatte sich ebenfalls für eines der größeren Pferde entschieden und war über diesen Kauf genauso nachdenklich wie Lil. Und auch Rae hatte Satteltaschen voller Lebensmittel wie Brot, Trockenobst, frisches Obst, Fleisch und Käse, gefüllte Wasserschläuche, Kräuter, neue Pfeile, ein neues Gewand und zu Lils Erstaunen, einen Beutel voller Gewürze. „Wozu brauchst du die denn?“ „Glaubst du etwa im Ernst ich würde Eintopf ohne Geschmack essen? Es ist immer nützlich etwas Salz und Pfeffer und noch ein paar Kleinigkeiten dabei zu haben.“ Lil schüttelte den Kopf. „Und wie viel Gold hast du noch?“ „34 Goldstücke und 10 Silberlinge wenn du es genau wissen willst.“ Lil antwortete nichts sondern deutete zu einem kleinen Schankhaus „Dort werden wir zu Abend essen und die Nacht verbringen. Morgen früh geht es weiter.“ Die beiden nahmen sich ein Zimmer, brachten ihre Waren hinauf und gingen dann noch einmal herunter um etwas zu Essen. Niemand sprach etwas denn jeden störte die Anwesenheit des anderen nach so langer Zeit der Einsamkeit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)