Remember the promise you made von Ulysses (San Francisco Love Stories) ================================================================================ Kapitel 20: Dance: 10; Looks: 3 ------------------------------- "Und?" Jason stellte die Kaffeetasse vor David ab. "Wie war dein Date mit Jeremy?" Jason war verdutzt gewesen, als David noch vor dem Frühstück bei ihm vor der Tür gestanden hatte. Er war noch etwas müde, aber trotzdem begierig darauf, alles über den zurückliegenden Abend zu erfahren. Die Beiden saßen am bereits gedeckten Esstisch in der Küche, Jason war heute ausnahmsweise mal früher wach gewesen als Chris und hatte sich ums Frühstück gekümmert. David setzte den Becher an und nahm einen großen Schluck. "Frag nicht..." "Ich habe es schon getan." "Ich weiß..." "Jetzt sag schon!" Jason nahm ebenfalls Platz. "Es war zum Kotzen, okay! Wir waren im ,Act IV' Essen und dann noch bei mir und haben rum gemacht..." Jason verzog das Gesicht. "Igitt, wirklich eklig, ich glaube, ich muss mich übergeben!" Er fing an zu lachen. David seufzte in seinen Kaffee. "Und dann habe ich einen Drink ins Gesicht geschüttet bekommen und bin mit meiner Latte stehen gelassen worden." "...Bitte?" Der Anwalt stützte sich auf den Ellenbogen auf. "Ich bin sitzen gelassen worden! Jeremy ist wirklich ohne Zweifel die größte schwule Zicke die ich kenne!" "Er ist bi...", warf Jason ein. "Nimm mich ernst!" "Tu ich doch... Also... wie hast du es geschafft ihn zu verärgern?" David schaute ihn vollkommen verdutzt an. "Was soll das denn nun heißen?" "Wie ich es gesagt habe: Wie hast du es geschafft, den Jungen zu verärgern?" "Ich sollte sauer sein..." David ließ den Kopf auf den Tisch sinken und stieß immer wieder mit der Stirn dagegen. "Aber selbst das ist mir zuviel... Der Abend war eine Katastrophe... ich war so wütend, dass Jeremy mich hat sitzen lassen und das auch noch mit einer Beleidigung... ich hab mein Glas gegen die Wand geschleudert. Jetzt hat die Tapete rote Flecken, die nicht mehr rausgehen, von meinem versauten Hemd ganz zu schweigen. Ich möchte wirklich mal wissen, was für ein Zeug Jeremy in die Brühe gemischt hat." Er hob die rechte Hand mit dem Pflaster am Daumen. "Und merk dir, sammle nie Scherben ein, wenn du in Fahrt bist... das kann nicht gut gehen." "Und du nennst ihn zickig? David, das war hysterisch." "Sunshine, ich bin schwul, ich habe genug weiblichen Anteil in mir um auch mal hysterisch sein zu dürfen!" Er blieb einfach mit dem Kopf auf dem Tisch liegen. "Bitte... darf ich lachen?", grinste Jason. "Mach ruhig... wenn es nicht so traurig wäre, würde ich ja selbst lachen..." Jason strich David liebevoll und mütterlich über den Kopf. "Och, komm, so schlimm ist es sicher nicht." "Störe ich?" Chris stand in der Tür, den offenen Bademantel über dem nackten Oberkörper, sonst trug er nur seine Shorts, die er zur Nacht angehabt hatte. "Wie war dein Date, David?" Der Anwalt grunzte und fing wiederum an, seine Stirn gegen den Tisch zu hämmern. "Ach? So gut also!" Chris lächelte mitleidig. "Du hast es versaut, oder?" "Gar nichts habe ich!" David hob abrupt den Kopf und schlug so heftig mit der Faust auf den Tisch, dass der Kaffee überschwappte. "Jeremy ist einfach nur zickig, das ist alles! Meine Güte, eben hockt er mir noch auf dem Schoss und fummelt wild an mir rum und im nächsten Moment macht er den theatralischen Abgang. Und das alles nur, weil ich ihm gesagt habe, dass ich seine Entschuldigung annehme. Ich wollte das geklärt haben, bevor wir vögeln..." Stille trat ein. Verwunderte blickte David zwischen seinem besten Freund und dessen Lebensgefährten hin und her, die ihn beide vollkommen schockiert anstarrten. "Sag das noch mal..." keuchte Jason. "Was denn?" "Ich fasse es nicht! Ich fasse es nicht!" Chris klatschte die Hand vor die Augen, als könne er den Anblick nicht mehr ertragen. "Ich fasse es nicht..." "Was ist los?", fragte David erneut ungeduldig. "Bist du so verbohrt oder tust du nur so?" "Bitte?!" "Chris!", mahnte Jason. "Vielleicht sollten wir..." "Nein!", fiel ihm Chris ins Wort. "Irgendjemand muss es ihm ja mal sagen und wenn du nicht den Mumm dazu hast, dann mache ich das. Das ist doch nicht mehr mit anzusehen!" David drehte sich auf dem Stuhl zu Chris. Sein Gesicht verriet eindeutig Anzeichen von Ärger. "Also?", sagte er mit herausfordernder Stimme. "Was hast du mir zu sagen?" Chris hielt seinem Blick mühelos stand. "David, ich mag dich sehr gern, das weißt du, aber manchmal bist du wirklich unmöglich. Ich weiß nicht, ob du das extra machst oder ob du gar nicht merkst, dass du es tust, aber es ist so. Bist du wirklich mit Jeremy ausgegangen, damit er sich bei dir entschuldigen kann?! Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dir keine Tipps gegeben und Jason sicher auch nicht. Jeremy muss sich nicht entschuldigen!" "Das muss er sehr wohl!" Man hörte David an, dass er sauer wurde. "Nein, muss er nicht!", widersprach Chris entschieden. "Du bist es! Du musst dich entschuldigen! Meine Güte, David, sieh es doch mal ein! Was du da auf der Party abgezogen hast, war das Allerletzte! Wenn ich mit dir da gewesen wäre, ich hätte mehr gemacht, als dich nur zu beleidigen. Ich hätte dir eine gescheuert, aber frag nicht wie! Jeremy ist so ein lieber Kerl und er hat mir an dem Abend sogar gesagt, dass er es schön findet mit dir auf der Party zu sein. Und was machst du?!" Chris hatte sich mittlerweile so in Fahrt geredet und war dabei näher gekommen, dass David kleinlaut wurde, er sah Chris fast ängstlich an, fand Jason. Ein Anblick der ebenso überraschend wie grotesk war. "Was machst du?!", wiederholte Chris. "Du lässt ihn bei der ersten Gelegenheit sitzen und machst mit einem Anderen rum! David, das ist wirklich daneben und das nicht zu knapp! Das war eine unglaubliche Frechheit Jeremy gegenüber und hat ihn sicher sehr verletzt! Ich war der Meinung du hättest das begriffen und wolltest dich dafür bei ihm entschuldigen und ich bin sicher, dass hat er auch gedacht! Ich verstehe seine Reaktion vollkommen, glaub mir, bei mir wärst du schlechter weggekommen als mit einem Drink im Gesicht, den Handabdruck hätte man sicher noch Tage auf deiner Wange gesehen!" Er atmete aus, offenbar um wieder runter zu kommen, so sehr hatte er sich aufgeregt. "Und das vor dem ersten Kaffee... entschuldige, da bin ich etwas grantig...", grinste er und ließ sich auf den freien Stuhl fallen, bevor er einen Schluck aus Jasons Kaffeetasse nahm. Sein Freund musterte ihn voller Bewunderung. Er musste unwillkürlich lächeln. Chris hatte sich in den letzten Monaten sehr verändert, er war nicht mehr so biestig wie er es früher gern mal gewesen war, obwohl er einem wirklich die Hölle heiß machen konnte wenn er wütend wurde. Aber selbst in solchen Momenten empfand Jason eine unbändige Liebe für ihn, sogar wenn sich die Wut gegen ihn richtete. Chris wirkte zerbrechlich, aber er hatte ein Feuer in sich, dem nicht einmal David etwas entgegen zu setzen hatte wenn es mal aufloderte. Der Anwalt schaute immer noch etwas betreten auf die Tischplatte. "Ich weiß nicht, was ich jetzt sagen soll..." "Oh, das ist selten!", grinste Jason. "Ich hab noch nicht einmal gedacht, dass das bei dir überhaupt geht." "Habe ich mich wirklich so daneben benommen?" "Ja!", antworteten Jason und Chris im Takt. "Aber ich hab das gar nicht so empfunden... ich meine, wir haben noch nicht einmal davon gesprochen, dass das ein Date sein sollte. Er hat sich angeboten mich zu begleiten weil ich niemanden gefunden habe... mehr nicht..." "Trotzdem hatte er Spaß daran mit dir wegzugehen und ich wette, er hat das auch als Date gesehen." Chris stand auf, um sich selbst einen Kaffee zu machen. "Das wirft ein ganz anderes Licht auf seinen Ausbruch gestern..." "Das kann man sagen." Jason nickte, während er an seinem Getränk nippte. "Fuck..." "David, sei mir bitte nicht böse, aber du darfst echt nicht so egozentrisch sein wenn es um Sex geht. Nicht jeder denkt so locker darüber wie du.", gab Chris zu bedenken. "Ich wollte ihm wirklich nicht weh tun..." "Das hast du aber jetzt zweimal gemacht." Chris setzte sich wieder hin. "Vielleicht hast du ja noch eine Chance, wenn du das willst." "Ich denke schon, ich will es auf jeden Fall wieder gut machen..." Der Anwalt rieb sich nachdenklich das Kinn. "Vielleicht sollte ich noch mal zu ihm... Abby könnte mir helfen..." Er schien Chris und Jason fast vergessen zu haben und nur noch laut zu denken. Plötzlich zuckte er zusammen und schaute entsetzt auf die Uhr. "Scheiße, ich muss los!" Er sprang auf. "Ich danke euch." "Du bist mir nicht böse?" "Ach was, ich muss auch mal Kritik vertragen können!", grinste er und gab Chris einen Schmatz auf die Wange. "Also wirklich, noch unrasiert!" grinste er. "Ich muss los, ich lasse von mir hören!" Damit eilte er schon aus der Küche. Chris und Jason sahen ihm nach bis die Haustür ins Schloss fiel. "Er ist unglaublich...", seufzte Chris. "Aber dafür hab ich ihn lieb!", lachte sein Freund. "Glaubst du, er geht wirklich noch mal zu Jeremy?" "Ich denke schon... Ich weiß nur nicht genau warum. Ich müsste Jeremy näher kennen lernen. Aber ganz ehrlich, ich hatte auf der Party wirklich den Eindruck, dass er in David verschossen ist. Auf jeden Fall schwärmt er für ihn." "Oh je..." Jason nahm sich einen Bagle aus dem Brotkorb und schnitt ihn über seinem Teller auf. "Hoffentlich fällt er dabei nicht auf die Nase... David ist absolut nicht der Beziehungstyp. In den fast fünf Jahren die ich ihn kenne, hat er nie, wirklich nie, auch nur annährend Interesse an einer romantischen Beziehung gezeigt und sich auch nie verliebt. Hoffentlich geht das gut..." Er nahm sich das Schälchen mit Sauerrahm und bestrich seinen Bagle damit. Chris langte ganz nebenbei nach dem Glas mit Marshmallow Fluff und genehmigte sich ungeachtet des tadelnden Blickes seines Freundes einen großen Löffel. "Warum ist er eigentlich so?" "Ich weiß nicht." Jason schluckte erst den Bissen runter den er im Mund hatte, bevor er weiter sprach. "Er ist wie gesagt schon immer so, seit ich ihn kenne auf jeden Fall." "Hast du mal darüber nachgedacht, dass es vielleicht einen Grund haben könnte?" "Beispielsweise?" "Ach komm, Jason, du weißt schon was ich meine. Vielleicht hat ihn mal jemand... nun ja..." Chris fuhr mit dem Finger über die Tischdecke und kehrte ein paar Krümel zusammen. "Vielleicht hat ihn mal jemand verletzt." Jason sah ihn überrascht an. "Meinst du?" Sein Freund zuckte mit den Schultern. "Ist das so abwegig?" "Ich kann mir das nur so schlecht vorstellen." "Eben!", triumphierte Chris. "Weil du David nur so kennst. Ist dir mal aufgefallen wie er sich gegen eine emotionale Bindung sträubt? Ich meine jetzt nicht Freundschaft, sondern zu einem anderen Mann. Er wechselt ständig seine Partner und wenn dann schläft er nur mit ihnen. Er lässt keinen an sich ran. Aber bei Jeremy ist das anders. Ich meine, er ist immer so cool, aber Jeremy scheint ihm unter die Haut zu gehen. Er ist wegen ihm vollkommen durch den Wind und er scheint sich jetzt auch noch wirklich um ihn bemühen zu wollen." "Das wundert mich ja selbst... ich hab eigentlich gedacht, dass ihn jemand wie Jeremy so nahe geht. Er hat sich deswegen sogar betrunken, das ist gar nicht seine Art." "Glaubst du... er liebt ihn auch?" Jason sah aus dem Fenster. "Ich weiß es nicht... wirklich nicht. Ich hoffe nur, dass nicht einer von Beiden wegen dieser Sache leiden muss." "Das hoffe ich auch..." "Meinst du, David würde mir sagen, wenn ihn mal jemand weh getan hätte? Wenn ich ihn darauf ansprechen würde?" Chris schüttelte den Kopf. "Lass es lieber. Zumindest nicht im Moment. Lass ihn erst einmal das mit Jeremy klären. Vielleicht löst sich damit auch alles andere in Luft auf. Wer weiß, die Liebe soll schon so einiges bewirkt haben." Jason erhob sich. "Das sieht man ja an uns, nicht wahr?" Er beugte sich zu Chris hinab und gab ihm einen zärtlichen Kuss. "Ich muss zur Arbeit, mein Engel. Ash wartet sicher schon, sein Wagen ist immer noch in der Werkstatt." "Ja, ja, natürlich!" Chris grinste schelmisch. "Der will nur von dir kutschiert werden!" "Pass auf, sonst fange ich wieder mit Sly an!" Jason zog ihn am Ohr. "Bis heute Abend." "Bis heute Abend, mein Schatz." Chris schaute ihm hinterher und lächelte. Konnte der Tag eigentlich schöner beginnen? Glücklich fing er an, den Tisch abzuräumen bis ihm auffiel, dass er noch gar nicht gegessen hatte bis auf sein geliebtes Fluff. Also räumte er alles wieder hin und frühstückte dann endlich selber. David fuhr sich zum wahrscheinlich zwanzigsten Mal durch die Haare. Er schaute auf die Uhr. Eigentlich müsste er längst bei der Arbeit sein. Er drückte eine Nummer auf seinem Handy und bald meldete sich Eve über die Freisprechanlage. Sie betete in einem wunderbar freundlichen und motivierten Ton ihre Begrüßungsfloskel herunter. "Eve, ich bin es." "David! Um Himmels Willen, wo sind Sie?" "Hören Sie, Eve, habe ich heute viele Termine?" Es war kurz still in der Leitung. "Nein, nur zwei." "Sagen Sie die bitte ab, ich melde mich krank." "Sie klingen aber sehr munter." Man konnte hören, dass sie lächelte. "Sie wissen Bescheid!", grinste David. "Okay?" "Wie Sie meinen, David. Kann ich etwas für Sie tun?" "Nein, vielen Dank. Machen Sie sich einen schönen Tag, wenn Sie möchten, Sie können sich den Rest des Tages frei nehmen." Sie lachte leise. "Sie sind wirklich ein Traum von einem Chef, wissen Sie das? Viel Spaß, bei was immer Sie vorhaben." "Danke, Sie sind ein Schatz, Eve!" David legte auf. Beinahe hätte er die Querstraße verpasst, die ihn in den Stadtteil führte, in dem Jeremy und Abby wohnten. Er musste einen Moment warten bevor die Wohnungstür geöffnet wurde. Vor ihm stand Abby, in einer etwas abgegriffenen Jogginghose und einem grauen Tanktop, die Haare einfach zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Sie sah aus, als würde sie sich einen gemütlichen Tag zu Hause machen. Was diesmal allerdings fehlte, war das freundliche Lächeln. "Heute gar keine Blumen?", fragte sie. "Abby... ist Jeremy da?" "Nein." David lächelte etwas verlegen. "Und in Wirklichkeit?" Ein Anflug eines Schmunzelns huschte über Abbys Gesicht, scheinbar konnte sie die abweisende Masche nicht lange aufrecht erhalten. "Er ist wirklich nicht da", sagte sie in viel freundlicherem Ton, "er hat ein Vortanzen, ein Casting für eine Show in der Stadt, aber nur für männliche Tänzer, deswegen bin ich nicht dort." "Oh, Sie sind auch Tänzerin?" "Ja, das bin ich." Die Tür gegenüber wurde geöffnet und eine alte Dame mit Lockenwicklern und einem unglaublich wild gemusterten Bademantel kam heraus. "Was geht denn hier vor?! Ms. Thompson, belästigt Sie dieser Mann?!" Neben ihr erschien ein kleiner Yorkshireterrier, eine Art Hund die David gern als wandelnde Klobürste bezeichnete, er hasste diese winzigen Kläffer. Und eben das tat der Hund, er bellte mit seiner hohen, durchdringenden Stimme in einem fort in Davids Richtung. "Ich rufe die Polizei!" Abby hob abwehrend die Hände. "Mrs. Kent, keine Angst, ich werde nicht bedroht." Die alte Dame schenkte David einen abschätzenden Blick und kehrte dann in ihre Wohnung zurück, etwas in der Richtung von "Unerhört! Um diese Uhrzeit! Keinerlei Schamgefühl!" zeternd. "Reizend...", flüsterte David, weil er fürchtete, dieser Drachen könnte ihn hören und die kleine Töle auf ihn hetzen. "Kommen Sie rein, da können wir besser reden!", grinste Abby. Sie führte David in die Küche und deutete ihm, an dem kleinen Esstisch Platz zu nehmen. Er war wirklich klein, damit er in der Küche unter kam und nur für zwei Leute gemacht. Große Gesellschaften fielen damit schon mal flach. "Kann ich Ihnen was anbieten? Wir haben leider nicht viel im Haus. Eistee, Mineralwasser? Vielleicht einen Orangensaft?" David schüttelte den Kopf. "Nein, danke, ich bin nicht durstig." Sie setzte sich zu ihm. "Also, was haben Sie diesmal verbockt?" Dem Anwalt fiel für eine Sekunde die Kinnlade runter. "Diesmal?!" Sie grinste. "Glauben Sie, ich wüsste nichts von der Sache auf der Party, auf der Sie mit Jem waren? Aber er hat das nur auf Drängen meinerseits erzählt, wenn Sie das beruhigt." "Ihr Beide steht euch wohl sehr nah, oder?" Sie nickte. "Jem ist nach meiner Familie der wichtigste Mensch für mich, deswegen mag ich es auch nicht wenn man ihn zum Weinen bringt!" Abby schlug die Hand vor den Mund. "Was? Er hat....?" Das Mädchen beugte sich zu ihm hinüber, als würden sie gerade eine Verschwörung planen. "Wenn Sie ihm verraten, dass ich Ihnen das gesagt habe, dann bringt er mich um. Er ist gestern nach Hause gekommen und war stinksauer. Er hat bei mir gemeckert was für ein Arschloch Sie seien und was für ein... Na ja, lassen wir das. Auf jeden Fall ist er danach in sein Zimmer und hat sich eingeschlossen, er wolle allein sein, sagte er. Aber die Wände hier haben Ohren, die sind dünn wie Papier. Ich hab ihn von meinem Zimmer aus deutlich weinen gehört." Plötzlich fühlte David sich furchtbar schlecht. Er konnte sich nicht erinnern, wann zuletzt jemand wegen ihm geweint hatte. Er musste Jeremy sehr verletzt haben. Am liebsten hätte er geschrieen, warum ging ihm diese ganze Sache so nahe? "Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich nicht will, dass Jem wieder verletzt wird." David fuhr sich durchs Haar. "Abby, bitte glauben Sie mir, das lag nicht in meiner Absicht. Ich habe das nicht gewollt, es war ein Missverständnis... okay, ein sehr dummes Missverständnis. Ich muss das mit Jeremy klären." "Ich weiß aber nicht, ob Jem das will..." "Bitte, Abby..." Sie sah ihn einen Moment an, dann hielt sie sich lachend die Augen zu. "Oh, um Himmels Willen, hören Sie auf damit! Dieser Hundeblick aus Ihren Augen ist ja nicht zu ertragen, damit könnten Sie sogar die Polarkappen zum Schmelzen bringen!" Sie stand auf, ging zur Arbeitsfläche hinüber, wo ein Stift und ein paar Zettel lagen, und schrieb etwas auf. Das beschriebene Papier gab sie David. "Hier, das ist die Adresse des Castings." Sie ließ den Zettel noch nicht los als David ihn schon annehmen wollte. "Aber ich rate Ihnen, es diesmal nicht zu verbocken, sonst trete ich Ihnen in Ihren süßen Arsch!" David nickte nur und lachte. Abby hatte sich soeben endgültig in sein Herz gespielt. Sie war ein wunderbares Mädchen, Jeremy konnte wirklich froh sein, sie zu haben. Die Adresse die Abby ihm gegeben hatte, befand sich in einem ehemaligen Industriegelände der Stadt, das sich nach und nach in eines der angesagtesten Künstlerviertel der Metropole verwandelte. Aus alten Lagerhallen wurden Lofts und Galerien, die Mieten schossen in die Höhe. Alles wurde stylischer, hipper, wilder. Abends ging man zum Ballett oder Cabarets, Nachts stiegen hier Partys, tagsüber traf man sich in den vielen Cafés, sinnierte über Stilrichtungen und moderne Kunst. Auch das Haus welches David gesucht hatte war offensichtlich früher als Lagerhalle genutzt worden, jetzt war es ein Tanzstudio mit hohen Fenstern und hellen Wänden, an denen überall Spiegel angebracht worden waren. Eine ganze Menge junger Männer drückte sich in der Halle herum, sie machten Dehnübungen, unterhielten sich, aber über allem hing ein Schleier von Anspannung. Auf einer etwas erhöhten Bühne stand eine Gruppe Tänzer, davor saß ein schleimig aussehender Mann an einem Tisch. Er trug eine dunkle Sonnenbrille und hatte seine schwarzen Haare wohl mit einer Menge Pomade theatralisch nach hinten geschmiert. Er sah auf den ersten Blick nach einem Künstler aus, war aber wohl der Regisseur. Auf der Bühne stand ein etwas hagerer Mann, der den Männern Anweisungen zurief, der Schrittcoach. Unter den Vortänzern entdeckte David auch Jeremy. Er sah niedlich aus, eine kurze Leggins, die ihn beim Tanzen nicht behindern konnte und ein ärmelloses Shirt, das locker um seinen Oberkörper hing. Beides war dunkelblau, was einen sehr netten Kontrast zu seinen roten Haaren bildete. Mit Bewunderung stellte David fest, dass Jeremy offenbar keinen der schnell hintereinander geforderten Schritte verpatzte, seine Performance sah einfach klasse aus. "Noch einmal!", rief der Schrittcoach laut. "Step, push, step, step, touch, kick! Step, push, step, step, straight arms! Step, push, shut, touch kick!", befahl er, die Tänzer führten die Bewegungen nach jedem Kommando aus. "Gut! Genau so! Zurück und weiter mit turn, turn, right, left, hop step, middle step, touch kick und down, verstanden? Weiter geht's mit turn, turn, right, left, jazz step!" Bei der Bewegung klatschten alle Tänzer synchron in die Hände. "Five, six, seven, eight, turn, turn, right, left, jazz step!" fuhr der Coach fort. "Und los! Five, six, seven, eight!" Die Musik schwoll an. "Five, six, seven, eight!", wiederholte der Coach ein letztes Mal den Takt, dann trat er zurück. David konnte nur mit offenem Mund zusehen, wie die Tänzer nun zu einem schnellen Rhythmus eben diese Choreografie vorführten, die sie erst eine Minute davor ein einziges Mal eingetrichtert bekommen hatten. Es dauerte nicht lange, aber es sah sehr kompliziert aus und Davids Bewunderung für den jungen Mann wuchs mit jeder Sekunde. Dann ging die Musik wieder aus. "Vielen Dank!", meinte der Regisseur in einem furchtbar hochgestochenen Ton. Die Tänzer auf der Bühne verstreuten sich, Jeremy nahm ein Handtuch vom Bühnenrand und legte sich es um die Schultern, bevor er herunterkam. David nutzte die Chance. "Jeremy!" Der Kopf des Tänzers ruckte herum und als er den Anwalt erkannte verdüsterte sich sein Gesicht. "Was willst du hier, Vanderveer?" "Oh Gott, wir sind schon wieder beim Nachnamen?" "Spar dir deine blöden Sprüche." "Ich wollte mit dir reden, deswegen hat mir Abby gesagt, wo du bist." "Dass die ihr Maul auch nicht halten kann...", schnappte Jeremy. "Sie meint es doch nur gut...", ergriff David ihre Partei. In diesem Augenblick wurden sie unterbrochen, denn der Regisseur tauchte neben ihnen auf und mustere Jeremy. "Du warst nicht übel, wie heißt du?" Jeremys Augen waren plötzlich von einem aufgeregten Glanz erfüllt, den David noch nie bei ihm gesehen hatte. "Jeremy, Sir, Jeremy Sumner." "Also hör zu, Schätzchen, einen wie dich kann ich sicher für die Show gebrauchen." "Das wäre wundervoll." "Zieh mal dein Shirt aus!", forderte der Regisseur plötzlich. "Bitte?!", entfuhr es David. "Warum denn das?" Aber der eisige Blick von Jeremy brachte ihn zum Schweigen. "Halt dich da raus, David!" "Ist das dein Manager?" Jeremy schaute David nur geringschätzig an. "Nein, er ist niemand." Der Anwalt fragte sich, warum ihm diese Worte einen Stich versetzten. "Also gut, dann jetzt endlich runter mit dem Ding!" Jeremy tat wie ihm geheißen und zog das Shirt aus. Sein durchtrainierter Oberkörper glänzte schweißnass und David kam nicht dagegen an zu bemerken, wie sexy das aussah, auch zusammen mit seinem Piercing in der rechten Brustwarze. Der Regisseur reagierte weniger euphorisch. Er fasste dem jungen Mann an die Brust. "Ja, die Brust ist okay, könnte etwas muskulöser sein. Aber das lenkt ein bisschen von deinem Babyface ab... vielleicht solltest du dir vom Gehalt eine Nasenoperation leisten..." David konnte nicht fassen, was er da hörte. "Aber an deinem Bauch musst du was machen..." Er klatschte mit der flachen Hand auf Jeremys Sixpack. "Könntest ein bisschen abnehmen!" "Jetzt reicht es!" David konnte nicht mehr. Er fasste den Regisseur am Arm und schob ihn ein Stück von Jeremy weg. "Ist Ihre Sonnenbrille zu dunkel?! Sie haben da einen total hübschen, durchtrainierten, sexy jungen Mann vor sich, an dessen Körper kein Gramm Fett ist und der super tanzt und dann sagen Sie ihm, er solle abnehmen?! Erziehen Sie ihre Tänzer zur Magersucht?! Sie können doch nicht mehr alle Tassen im Schrank haben!" Er klatschte dem Regisseur auf den beachtlichen Bauch. "Und das bei Ihrer Wampe! Vielleicht sollte Sie mal ans Abnehmen denken! Und warum leisten Sie sich nicht eine Operation, mit ihrem Zinken kann man ja jemandem das Auge ausstechen!" "David!", rief Jeremy entsetzt und schubste den Anwalt zur Seite. "Sir, ich muss mich entschuldigen, er..." "Ich glaube, wir können auf deine Mitarbeit verzichten!", zischte der Regisseur. "Die nächste Gruppe!", brüllte er laut in den Raum und ging zurück zu seinem Tisch. Jeremy fixierte David mit hasserfüllten Augen. "Und wieder eine Glanzleistung von dir!" Damit ließ er ihn einfach stehen. Er stürmte durch den Raum auf seine Tasche zu. David schaute Mitleid erhaschend zur Zimmerdecke. "Immer ich!" Er sah Jeremy in Richtung Tür verschwinden. "Warte!", rief er und lief ihm nach. Jeremy legte ein beachtliches Tempo vor und schmiss die Eingangstür des Gebäudes so fest zu, dass David aufpassen musste, nicht davon ausgeknockt zu werden. Es war für die Jahreszeit verhältnismäßig warm draußen und kaum eine Wolke stand am blauen Himmel über San Francisco. Auf dem Bürgersteig vor dem Lagerhaus-Tanzstudio holte David den jungen Mann endlich ein und griff nach seinem Arm. "Warte doch mal!" Jeremy befreite sich mit einer wütenden Bewegung. "Fass mich nicht an oder willst du, dass ich um Hilfe schreie?!" "Was ist dein Problem?!", gab David zurück. "Mein Problem! Du bist mein Problem!" Jeremy war so laut, einige Passanten drehten sich zu ihnen um. "Du bist eine Pest, David Vanderveer! Ich glaube, du hast es dir zur Aufgabe gemacht, mein Leben zu ruinieren!" "Ist das die Art Leben, die du dir wünscht?! Dir von schmierigen Typen am Körper herumgrabschen zu lassen, die an jeder Ecke etwas auszusetzen haben, obwohl sie selbst von einer Statur wie deiner nur träumen können?!" "Das ist meine Sache!", schrie Jeremy voller Wut. "Halt dich aus meinem Leben raus!" Er drehte sich um und ging weiter. David spazierte ihm einfach nach. Er passte das Tempo seiner Schritte dem von Jeremy an, so dass er immer ungefähr drei Meter hinter ihm lief. Nach ein paar Metern blieb der junge Mann entnervt stehen und drehte sich um. Er stemmte die Hände in die Hüften. "Was wird das?!" David zuckte mit den Schultern. "Das ist ein freies Land, ich gehe nur spazieren." "Hör auf mir nachzurennen!" "Tu ich nicht!" "Tust du wohl!" "Tu ich nicht!" "Tust du wo... warum rede ich eigentlich mit dir?!" Er machte auf dem Fuß kehrt und ging weiter, auch David setzte sich wieder in Bewegung. Wieder dauerte es ein paar Meter, bis Jeremy der Kragen platzte. Er wandte sich ganz langsam um, David konnte nicht anders als zu grinsen. "Wisch dir das dämliche Grinsen aus dem Gesicht! Und selbst wenn du mir bis nach China folgst, ich rede nicht mit dir!" "China soll um diese Jahreszeit sehr schön sein und übrigens redest du schon mit mir." "Weißt du, dass ich dir jetzt am liebsten etwas Schweres über den Schädel ziehen würde. Dann hätte ich meine Ruhe!" David beugte sich nach vorn. "Nur zu." "Du weißt, ich würde, wenn ich etwas hätte..." "Ich weiß." David lächelte ihn an. "Jetzt spuck aus weswegen du mir nachrennst oder verpiss dich, okay? Und wenn du immer noch auf eine Entschuldigung aus bist..." Jeremy zeigte ihm den Mittelfinger. "Ich wollte mich bei dir entschuldigen...", meinte David ohne die Geste seines Gegenübers zu beachten. Jeremy starrte ihn für einen Moment nur vollkommen ungläubig an. Dann klopfte er sich aufs Ohr. "Ich glaube... ich glaube, ich hatte gerade einen Hörsturz!" "Ich meine das ernst!" David verschränkte die Arme vor der Brust. "Du," Er zeigte auf den Anwalt, "willst dich bei mir," Er deutete auf sich, "entschuldigen? Und das ist kein Scherz?!" "Absolut kein Scherz." "Warum denn das nun plötzlich?!", fragte er vollkommen fassungslos. David drehte sich weg. "Na, wenn du nicht willst..." "Stopp!" Jeremy sprintete um ihn herum um ihm den Weg zu versperren. "Und ob ich will! Los! Am besten mit Kniefall!" "Werd nicht frech, das fällt mir schon schwer genug! Ich bin es nicht gewöhnt, zuzugeben zu müssen, dass ich Mist gebaut habe..." "Ich warte!", grinste Jeremy. "Es tut mir leid..." Davids Stimme klang vollkommen aufrichtig. "Ich wollte dir auf der Party nicht weh tun und ich wollte es auch gestern nicht. Ich... ich weiß nicht genau, was ich sagen soll... ich bin nun mal manchmal so... aber auf jeden Fall war es unfair dir gegenüber und du hattest allen Grund sauer zu sein..." Er sah zu Boden. "Ist schon okay, mehr wollte ich eigentlich gar nicht... es tut mir auch leid, ich war ziemlich hart drauf..." Die Stille senkte sich über die Beiden, Keiner wusste genau, was er nun tun oder sagen sollte. Schließlich war es David, der das Schweigen brach. "Lass es uns einfach vergessen, okay? Schwamm drüber und gut." "Denkst du?" David nickte. "Ich weiß nicht, wie du das siehst, aber ich finde, wir sollten einfach noch einmal von vorn anfangen." Er lächelte. "Hi, ich bin David, schön dich kennen zu lernen." Er streckte dem Tänzer die Hand hin. Jeremy ergriff sie lachend. "Ich bin Jeremy und du bist ein Spinner!" "Nachdem wir das jetzt geklärt haben." David zeigte ein Stück die Straße hinab. "Steigst du wohl zu fremden Männern ins Auto? Ich hab heute frei und vielleicht können wir etwas zusammen unternehmen." Jeremy kratzte sich am Kopf. "Vielleicht steige ich zu fremden Männern ins Auto, wenn sie sich so schön entschuldigen können wie du! Und wenn ich mich bei dem fremden Mann im Auto umziehen darf." Er grinste breit. "Du bist fies!" "Wirst es verdient haben!", kicherte der junge Mann. Kurze Zeit später saßen die Beiden an einem Tisch im "Diner for two", einem dieser altmodischen Diners wie es sie schon in den sechziger Jahren gab. Der Laden bestand aus einem langen Tresen mit Barhockern und mehreren Nischen mit gegenüberliegenden Bänken und einem Tisch dazwischen, die an den Fenstern entlang liefen, durch die man dem Betrieb auf der Straße zusehen konnte. Zwischen den Lehnen der Sitzbänke waren Pflanzen aufgestellt worden, so dass jeder an seinem Tisch in Ruhe essen konnte. Alles war auf altmodisch getrimmt und das mit Bravour. Selbst die Bedienungen schienen direkt aus den Swinging Sixties entsprungen. Eben einer dieser Kellnerinnen stellte gerade zwei Teller vor ihnen ab. "So, Jungs, zweimal Cheeseburger mit Fritten und zwei Cokes. Lasst es euch schmecken!" "Vielen Dank!", lächelte David. Er nahm die Ketchup Flasche und tropfte etwas von der roten Soße neben seine Pommes. Jeremy nahm eines der Kartoffelstäbchen und knabberte daran. "Burger und Fritten... genau das Richtige wenn man gerade gesagt bekommen hat, man sei zu dick." David legte ihm über den Tisch hinweg seine Hand auf den Unterarm. "Hör auf damit, bitte. Du bist nicht zu dick!" "Vielleicht ja doch... ich meine, Dirk Bouvier ist ein bedeutender Regisseur, er ist ziemlich einzigartig..." "Nur wenn einzigartig das lateinische Wort für Arschloch ist!", meinte David. "Das ist er nämlich! Der hat doch nur an dir herumgemäkelt, weil er selbst weiß, dass er nie so einen tollen Körper wie deinen haben wird. Ich meine, wenn man schon Dirk heißt!" "Schmeichler..." ".Das ist keine Schmeichelei.", entgegnete David, bevor er einen großen Bissen von seinem Cheeseburger nahm. David liebte diesen Laden wirklich sehr. Das Essen war trotz des günstigen Preises einfach hervorragend, die Bedienungen immer nett und schnell und er mochte es, hier einfach mal auszuspannen. "Weißt du was? Ich glaube dir das sogar." Jeremy machte sich über seine Portion her. "Warum machst du das? Warum lässt du dich so behandeln?" "Habe ich eine Wahl? David, ich verdiene damit mein Geld. Der Job im Mighty ist nur eine Aushilfsstelle, da verdiene ich nicht viel. Ich bin darauf angewiesen, Jobs zu finden. Da darf ich nicht zimperlich sein... aber ganz ehrlich, es hat gut getan, dass jemand für mich eingestanden ist... auch wenn es mich das Engagement gekostet hat." "Ich hab echt meine Klappe nicht halten können! Du warst nämlich wirklich spitze! Du hast so super getanzt und oben ohne siehst du einfach sexy aus. Na ja, eigentlich auch oben mit." Er zwinkerte ihm zu. "Komisches Gefühl, dich so von mir schwärmen zu hören...", stellte Jeremy fest. David hatte unvermittelt den Eindruck, dass seine Wangen warm wurden. Wurde er rot? Nein, sicher nicht, das geschah ihm so gut wie nie. "Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, Tänzer zu werden?", wechselte er so schnell er konnte das Thema. Jeremy ging zu seiner Erleichterung darauf ein. "Interessiert dich das wirklich?" "Aber ja." Nachdem er ein Stück von seinem Cheeseburger zerkaut hatte, lehnte sich der junge Mann zurück. "Weißt du, meine Mutter hat mir mal erzählt, dass ich damals geboren wurde um die Ehe meiner Eltern zu retten. Aber als mein Vater sie und mich aus dem Krankenhaus holte, sagte er ihr, es würde wohl nicht klappen. Einige Monate später hat er sie verlassen. Meine Mum hatte es danach verdammt schwer, sie musste allein für meine ältere Schwester und mich sorgen. Selbst heute schickt sie mir noch oft Geld, obwohl ich ihr das schon so oft gesagt habe, dass sie das nicht soll. Meine Schwester ist Kinderärztin bei uns in Sacramento... nur meine Karriere will nicht so in Schwung kommen... ich bin immer recht knapp bei Kasse..." "Die Anlage und der Computer in deinem Zimmer sahen aber nicht billig aus." Jeremy druckste ein wenig herum. "Ich...äh... ich hab ein bisschen was zur Seite gelegt und ein oder zwei bessere Engagements hatte ich ja auch schon... der Computer ist auch schon einige Jahre alt, längst überholt." "Hast du schon immer Tänzer werden wollen?" "Ja..." Jeremy nickte und in seinen Augen erschien wieder dieser Glanz, den David schon früher bemerkt hatte. "Schon als kleiner Junge. Meine Mutter hat mal Karten für eine Ballettaufführung gewonnen und meine Schwester und ich durften mit. Wir waren beide hin und weg. Alles war so einfach, so schön im Ballett. So gar nicht wie unsere Welt. Ich war als Kind der einzige Junge in der Ballettklasse von Mrs. Carlotta." Er lachte leise. "Als ich älter wurde, fing ich mit Jazz Dance an, meine Mutter hat sich jeden Penny vom Munde abgespart um mir das zu ermöglichen." "Hattest du deswegen in der Schule Probleme?" Jeremy schüttelte den Kopf. "Nein, ich war zwar nicht so beliebt wie die Jocks, aber beim Breakdance konnte mir keiner das Wasser reichen und ich war der Einzige, der die komplette Choreographie von MC Hammer nachtanzen konnte." "Das musst du mir mal zeigen." Der junge Mann schnaufte. "Du hättest es sehen können, wenn du nicht zu sehr damit beschäftigt gewesen wärest, dir Sachen von fremden Leuten in den Mund zu stecken... aua." David hatte ihm unterm Tisch vors Schienenbein getreten. "Ist doch wahr!", grinste Jeremy. "Ich dachte, wir wollte von vorne anfangen?" Jeremy legte den Kopf schräg. "Meinst du nicht, dass du es dir zu leicht machst?" "Jeremy, ich bemühe mich wirklich." "Ist ja gut...", lächelte der Tänzer. "Ich weiß das doch, entschuldige. Gibst du mir mal den Ketchup rüber?" "Hier bitte." David reichte ihm die Flasche. "Und jetzt erzähl weiter, du warst erst bei der Schulzeit." "Und das interessiert dich ganz ehrlich?" fragte Jeremy mit zusammengekniffenen Augen. "Würde ich sonst fragen?" "Okay, du hast gewonnen. Also... nach der Schule... na ja, viel kann man dazu nicht sagen. Ich bin zuhause ausgezogen und hierher. Ich weiß, die großen Möglichkeiten gibt es eher in New York, aber ich wollte nicht soweit weg. Und nach Los Angeles wollte ich nicht, die Stadt ist scheiße. Ich hab durch Zufall Abby kennen gelernt und wir sind zusammengezogen. Sie versteht mich und meine Träume. Weißt du, ich bin Tänzer mit Leib und Seele, gib mir eine Schrittfolge und ich kriege sie hin. Mein Traum ist es, morgens aufzuwachen und wirklich stolz zu sein, dass der Mann im Spiegel ich bin, zu wissen, dass ich für die Leute tanzen kann, ihnen ein wenig von dem zu geben, was ich selbst mit dem Tanzen verbinde..." "Du kannst doch jetzt schon stolz auf dich sein." "David..." Jeremy sah ihn durchdringend an. "Ich hetze von Casting zu Casting, versuche händeringend einen Job zu bekommen und betätige mich nebenbei als Kellner in einer Homokneipe. Glaubst du wirklich, darauf kann ich stolz sein? Meine Mutter weiß noch nicht einmal, dass ich mit Männern schlafe. In der Schule hatte ich nur Freundinnen." "Wirklich?" "Ja, ich hatte noch nicht einmal Interesse an Jungs, das kam erst später." "Durch mich?" David grinste frech. "Gnadenlose Selbstüberschätzung, mein Lieber!", konterte Jeremy mit einem ebenso frechen Grinsen im Gesicht. "Also ich hab schon mit fünfzehn meinen erstes Mal gehabt.", erzählte David unverblümt. "Nicht dein Ernst!" "Doch... ich glaube aber, dass es in seinem Fall eher ein Unfall war, er war recht besoffen und am nächsten Tag vollkommen fix und fertig. Aber ich bin auf den Geschmack gekommen." Jeremy schlug sich mit der Hand vor die Stirn. "Das ist wieder typisch du! Andere suchen jahrelang nach ihrer sexuellen Identität und sind vielleicht sogar zunächst vollkommen verstört, weil sie auf Jungs stehen und du... kommst auf den Geschmack!" "Warum sollte ich da ein Problem draus machen? Ich meine, ich fand es geil und Mädchen haben mich nicht die Bohne interessiert." "Wirklich nicht?" Jeremy konnte nicht glauben, über was er da mit David in einem Restaurant redete. "Hast du nie mit einer Frau geschlafen?" David kratzte sich an der Schläfe. "Doch, einmal... mit zwanzig. Aber ich fand es einfach langweilig." Die Kellnerin kam zum Kassieren und obwohl Jeremy nach seiner Brieftasche griff, war David schneller. Die junge Frau nahm das Geld mit einem Lächeln an und bedankte sich für das Trinkgeld. "Du solltest nicht für mich bezahlen!" "Ich wollte aber, also lass es gut sein." "Du bist unmöglich... aber danke." Jeremy schob seinen Teller ein Stück weg. Er war pappsatt. "Ich muss gleich dringend heim und duschen, ich bin noch total verschwitzt." "Mach das doch bei mir.", schlug David vor. "Ich weiß nicht..." "Komm schon, wir wollten doch den Tag zusammen verbringen, keine Ahnung wann ich mir mal wieder frei nehmen kann." "Dir liegt echt viel daran, was?" "Ist das schlimm?" David setzte sein unglaublich entwaffnendes Lächeln auf und Jeremy musste sich wohl oder übel geschlagen geben. "Nein, also gut." Er trank den Rest seiner Cola. "Aber um noch mal darauf zurück zu kommen. Du findest Frauen wirklich langweilig?" David zuckte mit den Schultern. "Ja, schon. Ich meine, als Gesellschaft nicht aber im Bett. Was ist daran denn schon schön?" "Ich finde es ziemlich schön, ein Frauenkörper ist doch ganz anders, soviel weicher als ein Mann. Was aber nicht heißen soll, dass ein Mann nicht auch seine Vorzüge hat." David musterte ihn. "Darf ich dich mal was fragen?" "Raus damit." Er nickte in Richtung der hübschen Kellnerin, die gerade dabei war die Teller zurück in die Küche zu bringen. "Wenn du die Wahl hättest mit ihr oder mit mir zu schlafen, wen würdest du wählen?" "Dich." Jeremy sagte das ohne zu zögern. "Also bevorzugst du Männer.", stellte David fest. "Nein," widersprach der junge Mann und erhob sich. Er schaute David über die Schulter hinweg an. "Ich bevorzuge dich." Ein Lächeln umspielte seine Lippen, aber nur für ein paar Sekunden. "Kommst du dann?" Er ging Richtung Ausgang und David konnte ihm für einen Augenblick einfach nur nachstarren. Dann sprang er auf und folgte ihm. Jeremy ließ das heiße Wasser auf seinen Körper prasseln und überlegte für einen Moment, ob eine kalte Dusche nicht besser wäre. Er hatte sauer auf David sein wollen, ihn das auch spüren lassen, aber mehr als eine spitze Bemerkung hier und da bekam er nicht hin. Er konnte der Verlockung in Davids Nähe zu sein einfach nicht widerstehen. Dieser Mann machte ihn noch wahnsinnig. Er konnte so lieb, so nett und herzlich sein und auf der anderen Seite wiederum ein kompletter Gefühltrampel, dem seine Libido über alles ging. Und trotzdem schien sein ganzer Körper allein beim Gedanken an ihn zu verbrennen. Als er die Dusche verließ, fiel sein Blick auf die große Badewanne. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Eine Eingebung, wie er David einen Denkzettel verpassen und gleichzeitig seine Nähe bekommen konnte... "Ja, er ist jetzt hier. Er duscht." David lag ausgestreckt auf dem Sofa, das Telefon unters Kinn geklemmt. Er hatte der Versuchung Jason anzurufen nicht widerstehen können. "Nein, nicht deswegen, er hatte ein Casting... Ja, alles andere ist wieder okay, denke ich zumindest... du hättest ihn mal tanzen sehen sollen, eine Wucht..." Er verdrehte die Augen. "Ja doch! Ich weiß, dass ich es hätte sehen können, wenn ich nicht mit Ash rum gemacht hätte, viele Dank!... Ja, schon gut... Ja, ich denke, dass es noch ein schöner Abend werden wird... zumindest hoffe ich das... Also, was denkst du denn von mir?! Natürlich verbocke ich es diesmal nicht!... Hör auf zu lachen, Jason!" Dabei grinste er selbst. "Und sag deinem Hausdrachen Danke wenn du heim kommst, ich glaube seine Standpauke war wirklich mal nötig... Nein! Du solltest ihm nicht sagen, dass ich ihn Hausdrache genannt habe! Wag es nicht!" Er lachte. "Nein, wirklich, Sunshine, ich würde mich bitter rächen! Glaub mir, ich..." "Oh, störe ich?" David zuckte zusammen und vor Schreck fiel ihm das Telefon runter. Es landete neben der Couch auf dem Boden. Jeremy stand mit einem Handtuch um die Hüften hinter dem Sofa und grinste. Der Anwalt angelte nach dem Hörer. "Entschuldige, ich bin noch da. Ich muss aber aufhören, Sunshine... ja, okay... Ich melde mich... bis dann!" Er legte auf und setzte sich eilig hin. "Sunshine?" "Jason.", erklärte David. "Du nennst ihn Sunshine? Das ist ja niedlich." "Findest du?" Jeremy ließ sich neben ihm nieder, dabei klaffte das Handtuch an seinen Oberschenkel ein wenig auseinander. "Ja, finde ich. Habt ihr über mich gesprochen?" "Na ja..." "Ist nicht schlimm, schließlich habe ich mit Abby ja auch schon über dich geredet." "So, so!", grinste David. "Hat die Dusche gut getan?" "Ja, sehr, deine Dusche ist ja aber auch ein halber Ballsaal. Da passen ja locker zwei Leute rein, bei uns in der Dusche würde sich einer von Beiden ständig die Armaturen in den Rücken rammen." "Wie sexy!" David konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. "Aber bei unserer Nummer im Auto damals hatte ich auch beinahe den Schaltknüppel im Arsch, also was soll's?" Jeremy stand wieder auf und musterte die Flecken auf der Tapete neben dem Fenster. "Soweit ist der Drink aber sicher nicht gespritzt..." "Nein..." David trat hinter ihn. "Ich hab mein Glas durch die Gegend geworfen, weil ich so sauer war." Er beugte sich vor und hauchte sanfte Küsse auf Jeremys Schultern. Seine Hände fanden das Handtuch und lösten es mit einer geschickten Bewegung. Der Stoff fiel zu Boden und ließ Jeremy nackt in Davids Armen zurück. "Du machst mich wahnsinnig, weißt du das? Bitte bleib heute Nacht hier..." Er drehte den jungen Mann zärtlich in seiner Umarmung um und küsste ihn. Seine Finger fuhren über Jeremys Rücken, immer näher zu seinem Po. Plötzlich beendet der Tänzer den Kuss und langte nach hinten, um Davids Hand festzuhalten. "Bitte nicht...", flüsterte er. "Was? Warum nicht?", fragte David etwas perplex. "Ich möchte nicht mit dir schlafen... ich bleibe bei dir, aber nur unter einer Bedingung. Wir schlafen in einem Bett, aber wir schlafen nicht miteinander. Ich möchte mit dir kuscheln." "Kuscheln?" David sagte das Wort, als sei es etwas fürchterlich Abnormales. "Ja, genau. Ich möchte deine Nähe spüren, aber ohne das wir gleich beim ersten Date miteinander schlafen." "Das ist also jetzt unser erstes Date?" "Wie du gesagt hast, alles auf Anfang. Aber ich will, dass der zweite Versuch mit mehr Gefühl abläuft und das heißt auch, dass ich nicht gleich am ersten Abend rammeln will." "Das ist nicht dein Ernst!" Jeremy nickte und löste sich dabei aus Davids Umarmung. "Und ob. Komm schon, David, du hast gesagt, du wolltest dich um mich bemühen, also kannst du mir diesen Wunsch doch auch erfüllen, oder?" Er ging zum Badezimmer, immer noch vollkommen nackt und ganz offensichtlich extra gemächlich. "Wo gehst du hin?" Jeremy warf ihm in der gleichen kessen Art wie im Restaurant einen Blick über die Schulter zu. "Ins Badezimmer. Ich hab deinen Pool den du als Badewanne ausgibst gesehen und dachte, du hast vielleicht Lust mit mir ein Bad zu nehmen." David ließ sich auf die Couch fallen. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Jeden anderen hätte er für dieses Spielchen rausgeworfen, aber bei Jeremy konnte er nicht anders, als ihn gewähren zu lassen. Dieses herausfordernde Funkeln in seinen Augen, der Anblick seines nackten Körpers, er war mittlerweile schweißgebadet und sehnte sich unglaublich danach, Jeremy nah zu sein. Dabei machte dieser Junge ihn hier gerade nahezu zum Idioten. David tat das einzige, dessen er in diesem Moment im Stande war: Er seufzte und folgte ihm. Im Badezimmer roch es nach Schaumbad, Mandarinenduft. Jeremy hatte irgendwo zwei Kerzen aufgetrieben, die am Wannenrand standen. Die Badewanne (mit eingebautem Whirlpooldüsen) war bereits voll und große Inseln aus Schaum trieben über die Wasseroberfläche. Er hatte also schon alles vorbereitet! Jeremy saß in der Wanne und lächelte David an. "Hi..." Der Anwalt stemmte die Hände in die Hüften. "Was wird das?" "Was meinst du?" "Dieses Spiel, dass du mit mir treibst!" "Ich treibe kein Spiel mit dir." "Du willst nicht mit mir schlafen, hältst mir aber quasi deinen Hintern ins Gesicht und willst dann auch noch mit mir baden... das nenne ich Spielchen treiben." "Wenn du das so sehen willst, du musst ja nicht mit mir baden..." Er spielte mit einer Schaumflocke an seinen Fingern. "Ist auch allein nett..." "Das glaubst auch nur du!" David zog einem Ruck seinen Gürtel auf, seine Schuhe hatte er eh schon ausgezogen, und schälte sich aus der Hose. Sein Hemd, seine Socken und die Shorts folgten kurz darauf. Er grinste Jeremy an. "Mach Platz!" "Das ist in diesem Fünfundzwanzigmeterbecken wohl kaum nötig!", lachte der junge Mann. David stieg mit einer lässigen Bewegung ins Wasser, so einfach wollte er sich keine Blöße vor Jeremy geben. Mit einem Laut der Entspannung ließ er sich ganz ins Wasser gleiten. "Darf ich in deinen Arm?" David öffnete als Antwort nur einladend seine Arme. Der rothaarige Mann drehte sich und schob sich in Davids Umarmung. Er saß nun zwischen den Beinen des älteren Mannes und lehnte sich an dessen kräftige Brust. "Siehst du? Ist das nicht schön?... Hey!" David hatte mit der rechten Hand unter Wasser einen ziemlich deutlichen Annährungsversuch gemacht. Jeremy klatschte ihm mit der flachen Hand vor die Brust. "Ich sagte, ich möchte in deinen Arm, das war keine Einladung mich unter Wasser zu fingern, du Perversling!" "Versuch macht klug!", grinste David. "Nimm deine Finger sofort außer Reichweite meines Hinterns, David. Ich will sie sehen." David seufzte gekünstelt, winkelte sein rechtes Bein an um die Hand darauf abzulegen, mit der Linken hielt er Jeremy. "Braver Junge." "Du quälst mich! Merkst du das eigentlich nicht?" "Oh, doch und zwar überdeutlich. Es bohrt sich sozusagen geradezu in meinen Rücken. Keinerlei Selbstbeherrschung." "Okay, jetzt reicht es!" David langte nach vorn, viel zu schnell als das Jeremy hätte reagieren können. Auf seinem Gesicht zeigte sich Triumph. "Wusste ich es doch! Soviel zum Thema Selbstbeherrschung." "Meinst du, ich bin aus Eis?" Jeremy packte Davids Handgelenk und zog dessen Hand wieder an die Wasseroberfläche. "Natürlich geht es nicht spurlos an mir vorbei, wenn du für mich strippst und ich so nahe bei dir liege." "Und trotzdem lässt du mich zappeln." "Jepp." "Das ist perfide, weißt du das?" "Nein, nur deine gerechte Strafe." Jeremy ließ seine Finger über Davids Arm gleiten und lächelte süffisant. "Ganz so leicht sollst du es nicht haben. Ich..." Weiter kam er nicht, denn David packte ihn diesem Moment mit beiden Händen an den Hüften und wirbelte ihn herum. Jeremy hatte damit nicht gerechnet und bevor er sich wehren konnte, hing er über den Rand der Wanne, David hinter sich. Das Gewicht von dessen Körper lastete auf ihm, das Wasser schwappte in alle Richtungen, ertränkte eine der Kerzen und klatschte auf den Badezimmerboden. "Lass das!", keuchte Jeremy. "Willst du das wirklich?" David hielt ihn fest, dabei ließ er seine Zunge über Jeremys Nacken gleiten und knabberte schließlich an seinem Ohr. Der junge Mann konnte sich nicht bewegen und war ihm vollkommen ausgeliefert. Er spürte deutlich die Erregung des älteren Mannes. Jeremy stöhnte auf und schüttelte den Kopf, er wollte nicht, dass David aufhörte, das wurde ihm in diesem Moment klar. Die Art wie er mit ihm gerade umsprang hatte etwas wildes, dessen er sich nicht entziehen konnte. Er wollte ihn, jetzt und gleich, Racheplan hin oder her. "Na bitte!", triumphierte David. "Keinerlei Selbstbeherrschung!" Als Jason an diesem Abend nach Hause kam, stand Chris im Garten und hängte Wäsche ab. Sie hatten einen Wäschetrockner, doch manchmal gefiel es Chris, die Wäsche in der Sonne aufzuhängen, zumal er ihren Garten sowieso sehr liebte. Er hatte die Sachen bevor er zu seiner Schicht ins IHoP gegangen war gewaschen und aufgehängt, jetzt waren sie schon trocken. Die Sonne war auch um diese Jahreszeit in Kalifornien noch ziemlich stark. Er hörte Jason schon an seinen Schritten auf dem Kiesweg, drehte sich aber absichtlich nicht um. Sein Freund legte ihm die Hände über die Augen. "Wer bin ich?" Chris grinste. "Oh nein, verschwinde schnell, mein Freund kann jeden Moment heim kommen und er darf dich nicht sehen!" "Du!" Jason schnappte ihn und kitzelte ihn durch. "Gnade! Gnade!", kicherte sein blonder Freund. Endlich ließ Jason von ihm ab. "Selbst schuld, wenn du mich mit deinem Hausfreund verwechselst!", grinste Jason. Er zog Chris an sich und gab ihm einen zärtlichen Kuss. "Hi, mein Engel." "Wie war dein Tag?", lächelte Chris. Allein dieses Lächeln wischte auf einen Schlag alle Sorgen Jasons weg. All die Probleme auf der Arbeit waren mit einem Mal vergessen, Chris Lächeln war pure Wärme. "Anstrengend, wie immer..." "Seit alle wissen dass du schwul bist, ist jeder Tag anstrengend, was?" "Es ist ein Spießrutenlauf... aber das ist mir egal. Solange ich weiß, dass ich abends zu dir heimkomme, kann passieren was will." Er schaute die Wäsche an, die noch auf dem Ständer hing. "Soll ich dir helfen? Dann geht es schneller." "Danke." Die Beiden machten sich daran, die Kleidungsstücke abzuhängen und in den Wäschekorb zu legen. "Weißt du was? Das ist alles irgendwie unwirklich...", sagte Chris plötzlich. "Was denn?", fragte Jason überrascht. "Das alles... ich hab da in den letzten Tagen öfter drüber nach gedacht... wir sind nun schon fast sechs Monate zusammen, haben dieses wundervolle Haus, gute Freunde... und wir sind vor der ganzen Welt ein Paar, sogar vor deinen Eltern, die mich in der Familie willkommen geheißen haben... ich hab immer Angst, dass ich plötzlich aufwache und das war alles nur ein Traum... ich liege in meinem schäbigen Bett hinter der Kneipe und träume..." Jason legte das Shirt, das er eben abgenommen hatte, aus der Hand und umarmte seinen Freund liebevoll von hinten. "Du träumst nicht, mein Engel. Das ist die Wirklichkeit und glaube ja nicht, dass ich dich noch einmal von mir weg lasse. Ich liebe dich." "Ich dich auch, Jason, ich dich auch..." Ein herzerweichendes Jaulen durchbrach die romantische Stille. Chris löste sich von Jason und schaute sich verwundert um. "Was war denn das?" "Verdammt!" Jason schnippte mit den Fingern. "Jetzt hat er mir die Überraschung verdorben!" "Er?" "Geh in die Küche, dann siehst du, was ich meine." "Jason, was...?" "Geh einfach, da ist ein etwas verfrühtes Geschenk zu unserem Sechsmonatigen, das auf dich wartet." Chris lief zur Hintertür und betrat das Haus, Jason folgte ihm in einigem Abstand mit dem Wäschekorb. Im Haus war es wieder still, nur ein Rascheln war zu hören. Chris sah sich um und entdeckte eine Tragebox, die auf dem Boden stand. Ein blaues Plastikgehäuse mit einer Gittertür vorn. Er ging davor in die Knie und öffnete das Gitter mit vor Aufregung zitternden Fingern. Wieder erklang das Winseln. Noch bevor er in die Box sehen konnte, schoss ihm ein kleines Fellbündel direkt in die Arme. Der kleine Kerl schien unendlich froh zu sein, dass ihn endlich jemand erhört hatte. Er drückte sich regelrecht an Chris wedelte wie wild mit seinem kurzen Schwanz und begann ihm die Hand abzulecken. Große, braune Augen schauten ihn an. Schließlich erkannte Chris, was er da im Arm hielt: Den Beaglewelpen aus der Tierhandlung, den er am Tag zuvor gesehen hatte. "Gefällt er dir?" "Du lieber Himmel, Jason... das ist ja..." Chris wusste nicht was er sagen sollte. Er kniete einfach da und hielt den kleinen Hund, der sich schutzsuchend an ihn presste. Obwohl er es nicht wollte, begannen Tränen über seine Wangen zu laufen. "Hey, nicht weinen!", lächelte Jason und strich eine Träne mit den Fingern weg. "Sonst denkt er noch, du magst ihn nicht." "Das ist das liebste Geschenk, dass ich je bekommen habe!", schniefte Chris. "Dann habe ich ja mein Ziel erreicht. Ich will nur, dass du glücklich bist und ich hatte Angst, dass er vielleicht verkauft werden würde wenn ich bis zu unserem Tag warte. Deswegen habe ich ihn heute gleich nach der Arbeit geholt." "Er ist wundervoll." "Weißt du schon einen Namen?" "Hm..." Chris musterte den kleinen Kerl, der ihn immer noch mit großen Augen anwinselte. "Wie möchtest du heißen?" Er bekam ein hohes Bellen als Antwort und der Welpe fing an zu strampeln. "Batman!" Chris lächelte. "Du wirst ab jetzt Batman heißen!" Der Hund fing wieder an seine Hand abzulecken. "Batman?! Na ja... scheint ihm zu gefallen. Wie kommst du bloß auf Batman?" "So wollte ich schon den Hund nennen, den ich als Kind nicht bekommen habe. Und mein Stoffhund hieß Batman." "Okay, dann heißt er Batman." Chris erhob sich, mit dem Hund in den Armen. "Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt, weißt du das?" "Ich dich auch, mein Engel." Jason trat näher und umarmte ihn. "Ab jetzt sind wir also zu dritt." Chris nickte. "Und weißt du was?" "Was?" Sein Freund trat einen Schritt zurück, so dass Jason sein T-Shirt mit dem großen Fleck darauf sehen konnte. "Unser Familienzuwachs hat mich gerade angepinkelt!" Jeremy schaute aus dem Fenster von Davids Schlafzimmer auf die Stadt hinaus, eingehüllt in einen von dessen Bademänteln. Er war fix und fertig. Entgegen seines Vorhabens, den Abend betont romantisch zu gestalten, hatte er eben den heftigsten Sex seit langer Zeit gehabt. Wahrscheinlich würde er morgen blaue Flecken haben, aber das hatte ihn in dem Moment nicht gestört. Er ließ in seinem Kopf die paar Male die er mit David Sex gehabt hatte Revue passieren. Jedes mal war es toll gewesen, aber auch jedes Mal wahnsinnig wild. Nicht das ihm diese ein wenig animalische, rohe Art nicht zusagte, aber er fragte sich plötzlich ob darin ein Muster bestand. Konnte es sein, dass David deswegen so wild im Bett war, weil er dabei möglichst wenig Gefühl investieren musste? Er konnte den Gedanken nicht zu Ende führen, weil David ihn in diesem Moment von hinten packte und hochhob. "David!" Jeremy musste lachen. "Bin ich dir nicht zu schwer?" "Das geht schon!", grinste David, er trug ihn auch nicht weit, sondern ließ ihn aufs Bett fallen. Er selbst folgte sofort und legte sich auf den jungen Mann, er war immer noch nackt. "Hat dir das eben gefallen?", hauchte er. "Du bist ein Tier, David, ist dir das klar? Das ganze Badezimmer steht unter Wasser, das war reines Glück, dass sich nicht einer von uns das Genick gebrochen hat beim aus der Wanne steigen!" David ließ seine Zunge über Jeremys Hals gleiten, was diesem eine Gänsehaut verpasste. "Es war unglaublich geil, wie du unter mir gestöhnt hast. Das hat man sicher noch bis ins Erdgeschoss gehört." "David, was wird das?", keuchte Jeremy. Der ältere Mann stützte sich mit einer Hand ab und schob die andere zwischen Jeremys Beine. "Die zweite Runde vielleicht..." "Du bist wirklich nicht normal! David, du kannst doch nicht schon wieder wollen... oh..." Der Rest ging in einem Stöhnen unter. "Dein Körper sagt mir, dass du auch schon wieder willst!" Er drückte seine Lippen auf die des Tänzers. Jeremy verlor sich in dem Kuss, der schon wieder voller Leidenschaft und ungezähmter Wildheit war. Egal ob das ein Abwehrmechanismus gegen Gefühle war oder nicht... es war einfach zu geil... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Langes Kapitel O_o In Word sind es stolze 17 Seiten mit Nachwort. Ich hätte eigentlich noch weiter machen können, aber ich mache hier doch lieber eine Zäsur und mit Kapitel 21 weiter. 21 Kapitel... kann man sich das vorstellen? Das hier fing als eine kleine Idee an und mittlerweile hat sich so ein Mammutprojekt daraus entwickelt, das aufwendigste Fiction-Vorhaben, das ich bisher gemacht habe. Und es ist noch kein Ende abzusehen. Vor urlanger Zeit hatte ich mal angekündigt, dass die Story so um die 25 Chapter haben wird... das war reine Utopie, ich hab noch nicht einmal die Hälfte von dem erzählt was ich noch vorhabe. Allein David und Jeremy bieten viel zu viele Möglichkeiten... zwischen den beiden stimmt die Chemie, was ich in diesem Kapitel deutlich gemerkt habe, es lief eigentlich wie von selbst, die Szenen zwischen den beiden fielen mir unglaublich leicht. Besonders auf die Szene auf der Straße und beim Casting bin ich sehr stolz ^^ Mir wurde letztens mal gesagt, dass Chris nicht mehr so biestig sei wie früher, deswegen habe ich hier sein Temperament mal wieder mit ihm durchgehen lassen ;-) Die Biestigkeit ist noch da, aber er braucht sie ja nicht mehr, um sich vor anderen zu schützen. Die Idee Chris einen Hund zu schenken habe ich schon längere Zeit mit mir herum getragen und jetzt ist es endlich soweit ^^ Ich hoffe ich kriege das genauso gut hin wie Alaska in ihrer wunderbaren Story! Viel mehr ist hier nicht zu sagen, denke ich... das Diner habe ich selbst erfunden, weil solche etwas billigeren Läden in meinem Reiseführer nicht verzeichnet sind, aber solche Restaurants gibt es dort ja eigentlich an jeder Ecke ;-) Die Schrittfolge die Jeremy beim Casting tanzen muss ist nicht von mir, sondern stammt aus dem Song "I hope I get it" aus dem wundervollen Tanzfilm "Chorusline". Schaut ihn euch an, wenn ihr ihn in die Finger bekommt, wirklich herrlich, allein der Soundtrack ist Gold wert ^^ Bis zum nächsten Chap ^^ Euer Uly ;-) PS: Der Name des vierbeinigen Neuzugangs stammt von meiner süßen Schnuffimaus *g* Sie wollte schon unseren Familienbeagle Batman nennen, durfte aber nicht, das war ihrer Mama im Park zu peinlich *gggg* Batman! Bei Fuß! *looool* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)