Remember the promise you made von Ulysses (San Francisco Love Stories) ================================================================================ Kapitel 40: The Denver verbal massacre a.k.a. Partings ------------------------------------------------------ Als Nicolai am nächsten Morgen erwachte, lag er auf dem Wohnzimmerboden. Sein Nacken schmerzte, der Rest des Körpers auch. Er musste die ganze Nacht auf der harten Unterlage verbracht haben und das war nicht unbedingt ein Volltreffer gewesen. Ein Arm war um ihn gelegt, hinter ihm ein warmer Körper. Nicolai schloss die Augen noch einmal. Er lag in Garys Armen. Endlich. Vorsichtig drehte er sich herum, ignorierte dabei den leichten Schmerz in seinem Unterleib. Gary war sturzbesoffen und geil gewesen – und daher nicht sonderlich vorsichtig. Er war so wunderschön, schon so männlich und markant. Ein leichter Bartschatten lag auf seinen Wangen. Nicolai lächelte und streckte sich ihm entgegen um ihm einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. Ganz zärtlich. Vielleicht konnte er ihn sogar damit wecken und ein Lächeln von ihm bekommen. Gary knurrte ein wenig, verlagerte sich und lächelte tatsächlich. “Marcus...“ Mit einem Schlag war Nicolai wieder in der Realität. Und sie war hässlich. Ruckartig drückte er sich von Gary weg, wobei er ihm seine Handflächen in den Bauch presste. Jasons Bruder keuchte auf. “Spinnst du?!“, stöhnte er mit kratziger Stimme. Nicolais Kopf explodierte nahezu als er aufsprang und nackt die Treppe hinauf stürmte. Er antwortete nicht, nur weg. Weg. Doch diesen Gefallen tat ihm Gary nicht. Er fiel zwar beinahe über den Couchtisch, doch auch er, nackt, wie Gott ihn schuf, stieg die Treppe hoch. An der ersten Stufe musste er anhalten. Sie hätten nur beim Wodka bleiben sollen, Mischen brachte nie etwas Gutes mit sich. „Was ist los?!“ „Lass mich in Ruhe!“ „Hey, du wolltest es doch auch!“ Nicolai blieb abrupt stehen. Er wandte sich um. „Bitte?!“ „Du wolltest es auch! Du wolltest, dass ich dich flachlege!“ „Ich wollte...“ Nicolai war kurz sprachlos. „Ja.“ Damit drehte er sich um und ging weiter. „Hallo?! Ich dachte bei euch ist das nicht so schlimm!“ Und wieder stoppte der junge Russe. „Und was soll das nun wieder heißen?“ „Na ja, ich dachte immer, Schwule haben kein Problem mit einer Nummer ohne Liebe. Einfach nur vögeln halt.“ „Du bist doch...“ Nicolai schüttelte den Kopf. „Warum sagst du so etwas?“ „Ich dachte nur...“ Gary schloss die Augen. „Entschuldige... so sollte das nicht klingen. Aber ich verstehe eben dein Problem nicht. Wir beide wollten es. Du hast mich sogar verführt. Und nun...“ „Und nun...“ Auf einmal wusste Nicolai nicht, was er sagen sollte. „Ja?“ Der Russe öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder. Was sollte er schon sagen. Gary hatte Recht. Wie konnte er sich überhaupt aufregen? Er hatte die ganze Sache doch angeleiert. Er wollte für eine Nacht Marcus sein. „Vergiss es.“ Die letzten paar Stufen und der Weg zu seinem Raum waren wie eine Flucht. Er schlug die Tür hinter sich zu. Er wollte sich aufs Bett werfen, doch dann entschied er sich fürs Anziehen. Shorts, eine Jeans, als er nach einem Shirt angelte, wurde die Tür geöffnet. „Bitte nicht...“ Gary hatte sich mit seinen Shorts begnügt. Und er reagierte auch nicht auf die Bitte des jungen Mannes. „Wir müssen reden.“ “Müssen wir nicht.“ Jasons Bruder lächelte. „Natürlich müssen wir das.“ “Gary...“ Nicolai seufzte. „Was soll das? Warum kannst du mich nicht in Ruhe lassen?“ „Weil ich dich mag. Ich will unsere Freundschaft nicht verlieren und nun hatten wir Sex und...“ „Hatten wir nicht!“ Nicolai ging in die Luft. So heftig, dass Gary zusammenzuckte. „Wir hatten keinen Sex! Du hattest Sex mit Marcus, erinnerst du dich?! Marcus! Der Junge, den du toll findest, liebst oder was auch immer!“ „Aber...“ Gary stammelte. „Kein aber. Es ist so!“ Nicolai gestikulierte wütend. „Ich könnte mich selbst in den Arsch treten. Ich hätte das nicht tun sollen!“ „Nicolai, bitte...“ Doch dieser schüttelte den Kopf, seine Wut war noch da, aber er merkte, dass es nicht der richtige Weg war. Nicht so. Wenn er weiter redete, würde er alles verlieren, was ihm von Gary noch blieb. Ihre Freundschaft. „Bitte geh jetzt. Hol Anna und Batman ab, ja? Ich komme schon klar.“ Gary war total verwirrt. Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, er hätte fast über seinen Gedanken gelacht. Waren Schwule einfach nur Frauen mit Eiern? Nicolai war für ihn ebenso unverständlich, wie die Mädchen, die er kannte. „Okay... ich geh dann mal...“ Er sah an sich herab. „Aber zieh mich wohl vorher an.“ Der Witz zündete nicht, Nicolai schaute einfach nur aufs Fenster. „So eine Scheiße!“, fluchte er, kaum dass Gary aus dem Raum war. „Ich bin noch nie in meinem Leben geflogen.“ David stoppte abrupt. „Wie meinen?“ Sie waren auf dem Weg zum Terminal des San Francisco Airport, drei Tage nach der verhängnisvollen Nacht im Hause Cunningham. Von der Beide natürlich nicht das Geringste wussten. „Du hast mich schon verstanden.“ „Das ist wirklich dein Ernst?“ „Ja, warum?“ „Na ja, du bist dreiundzwanzig.“ Jeremy lächelte. „Schatz, ich bin eben nicht viel rumgekommen, nur in der Gegend um San Francisco herum.“ „Na ja, dann zeige ich dir jetzt eben die große weite Welt... oder zumindest Denver.“ Sie mussten noch etwas warten, bevor sie das Flugzeug besteigen konnten und setzten sich in eine Ecke des Wartebereichs. Es war eine kleine Maschine und nicht viele Passagiere warteten auf ihren Abflug. „Muss ich eigentlich irgendetwas wissen?“ „Na ja, du solltest zuerst aufstehen und ich etwas später, sonst fällt es auf, wenn wir zusammen auf die Toilette gehen, damit wir dem Mile High Club beitreten können.“ „Denkst du auch mal an etwas anderes, als an Sex?“ David sah kurz zur Decke, als überlege er angestrengt. „Nein.“ „Welch eine Überraschung.“ Der Blonde legte den Arm um seinen Freund und lächelte. „Im Ernst, ich weiß wovon du redest, aber du musst dir keine Gedanken machen.“ „Das mache ich mir aber.“ „Worüber genau?“ Jeremy beobachtete ein aufsteigendes Flugzeug. „Na ja, wie ich zum Beispiel mit deinen Eltern umgehen soll. Wie soll ich mich verhalten? Soll ich lieber die Klappe halten? Oder soll ich die Initiative ergreifen?“ „Wie wäre es mit du selbst sein?“ „Ich selbst? Ich wollte perfekt sein, wenn ich ihnen gegenüber stehe.“ „Eben.“ Der Rotschopf schnaubte. „Du kannst mich auch nur verarschen.“ David legte den Arm um ihn und lächelte dabei süffisant einen Mann in der Sitzreihe gegenüber an, dessen Gesichtsausdruck deutlich zeigte, was er von Schwulen hielt. „Ich verarsche dich nicht.“ „Dann nimm mich doch endlich mal ernst, David.“ „Das tue ich, Jem, das tue ich. Und das eben war mein Ernst. Sei du selbst und du bist perfekt.“ „Das stimmt nicht. Ich bin nicht perfekt.“ David seufzte. „Jeremy, du bist höflich, liebenswert, freundlich, du siehst gut aus, du bist perfekt und meine Eltern werden dich lieben. Das garantiere ich dir.“ „Du bist auch ein ewiger Optimist, was?“ „Nahtodeserlebnisse haben wohl so eine Wirkung, mein Schatz.“ „Wie lange willst du noch alles darauf schieben?“ David grinste. „Ich habe eine fesche Einschussnarbe auf meinem Bauch, diesen Trumpf kann ich für den Rest meines Lebens ausspielen.“ „Soll ich dich auch für den Rest deines Lebens bedauern?“ „Gott bewahre! Ich hasse übertriebenes Mitleid... du darfst mich aber deswegen scharf finden.“ „Flug 768, San Francisco – Denver. Flug 768, San Francisco - Denver. Alle Passagiere bitte an Bord.“ „Oh scheiße...“ Jeremy schlug die Hände vors Gesicht. „Scheiße... scheiße...“ Neben ihm konnte man ein tiefes Seufzen hören. „Hör zu, Schatz, wenn du das nicht willst, dann fahr heim. Meine Eltern sind sicher nicht sauer, ich habe ihnen eigentlich ja noch nicht einmal gesagt, dass du dabei bist.“ „Was?!“ Der Rothaarige sprang auf, so abrupt, dass David zusammenzuckte. „Was denn?“ „Spinnst du?! Du hast ihnen noch nicht einmal was gesagt?! Du schleppst deinen ersten richtigen Freund bei deinen Eltern an und warnst sie nicht einmal vor?!“ „Wer sagt dir, dass du mein erster richtiger Freund bist?“ „Wechsle nicht das Thema!“, knirschte Jeremy. „Was ist denn daran so schlimm?“ „Das fragst du noch? Sie erwarten ihren Sohn und... Oh, Gott...“ „Hör zu, Jem, mein Vater und ich haben so eine Art Gentlemen’s Agreement. Ich habe bisher mein schwules Leben hier in San Francisco gelassen, es war nie Thema bei uns. Dad hat mich gebeten, keine Lover mitzubringen.“ „Oh! Mein! Gott!“ Jeremy richtete die Augen gen Himmel beziehungsweise zur Decke der Halle. „Aber du bist kein Lover!“, fuhr David fort, „Du bist etwas Besonderes in meinem Leben, du bist mein Freund. Ich will dich ihnen vorstellen!“ “Sie werden mich hassen...“ „Nein, das werden sie nicht!“, beharrte der Blonde und stand nun ebenfalls auf. „Sie werden dich gern haben, so wie dich jeder sofort gern hat, wenn er dich kennen lernt. Du hast auch dieses Chris-Gen, jeder liebt dich und zwar gleich auf der Stelle. Ich habe mich sogar in dich verliebt, also bist du jemand besonderes.“ Er deutete auf die Theke vor der Gangway. „Und wenn du deinen Hintern jetzt nicht gleich ins Flugzeug bugsierst, dann fliege ich ohne dich!“ „David, ich...“ „Ja oder nein? Ich bin dir nicht böse, wenn du nicht mit willst, aber was mich angeht, so bin ich fest davon überzeugt, dass ich dich meinen Eltern als den Mann in meinem Leben vorstellen will.“ Jeremy sah ihn an und auf einmal lächelte er. Den Mann in meinem Leben. Dass er diese Worte mal von David hören würde, hätte er nie gedacht. Also gab er nach. „Okay...“ „Guter Junge.“ David zog eine Pillendose und eine Flasche Wasser aus der Tasche und spülte eine herunter. „Gehen wir.“ „Nimmst du diese Dinger immer noch?“ Der Anwalt zuckte mit den Schultern. „Ja, die Schmerzen kommen immer noch wieder, immer dann, wenn man sie nicht brauchen kann.“ „Sind die nicht zu stark?“ „Bist du meine Mutter?“ Jeremy resignierte. Wenn David etwas tun wollte, dann tat er es auch. Damit würde er wohl leben müssen. Also trottete er, immer noch mit klopfendem Herzen, seinem Freund hinterher. In den Bäumen zwitscherten Vögel und über dem großen Teich schwirrten Libellen umher. Es war eine wundervolle, ruhige Atmosphäre in dieser grünen und blühenden Parkanlage. Die Luft war frisch und es duftete leicht nach Blumen, überall gingen Leute über die ordentlichen Kieswege, wären nicht unter den Spaziergängern auch komplett in Weiß gekleidete Personen, hätte wohl niemand vermutet, dass dies ein Sanatorium war, in dem man den Patienten half, von ihren Süchten loszukommen. Chris fuhr sich etwas unsicher durch die Haare. Die Begrüßung von Sly und ihm war merkwürdig distanziert gewesen, als wären sie Fremde. Keine Umarmung sondern ein flüchtiger Handschlag, Sly sah ihn kaum an, in die Augen schon gar nicht. Er sah recht gut aus, nur die immer noch dunklen Ringe um die Augen verrieten die schweren Zeiten, die er durchgemacht hatte. Sie spazierten durch die Parkanlage und das Schweigen wurde langsam erdrückend, Chris spürte Schweiß auf seinem Rücken. „Und wie geht es dir?“ „Kann nicht klagen.“ „Das ist schön.“ „Und dir?“ „Gut.“ Chris musste sich gratulieren, das war ja wohl eine wundervolle Unterhaltung gewesen, wie auf einer lieblos geschriebenen Postkarte. ‚Hier ist es schön, das Wetter ist gut, wie ist es bei euch? Bis bald.’ Früher hatten sie doch stundenlang reden können und heute? „Geht es... nun geht es mit der Therapie voran?“ Irgendwann hatten sie das Thema ja mal anschneiden müssen und wenn sie eh so durch die Unterhaltung stolperten, warum dann nicht auch gleich? „Ich bin trocken, falls du das meinst.“ Das hatte mehr als ruppig geklungen. Chris blieb überrascht stehen. „Ich habe doch nur gefragt...“ „Ich habe nur geantwortet.“ „Ja, aber wie.“ Sly schnaubte. „Was für eine Antwort hast du denn erwartet?“ „Warum bist du so angriffslustig?“ Einen Augenblick herrschte Stille. „Du hast Nerven, Chris. Wegen dir habe ich doch zur Flasche gegriffen! Du bist doch Schuld daran!“ Der Blonde starrte ihn an. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit. „Bitte...?“ „Spiel doch nicht den Dummen. Du bist schuld, dass ich gesoffen habe!“ „Aber...“ Sly stemmte die Hände in die Hüften. „Lassen wir das Geplänkel einfach und reden wir endlich richtig. Was willst du hier?“ „Dich besuchen.“ „Nicht vielleicht eher dein schlechtes Gewissen beruhigen? Schauen, ob der arme Säufer endlich wieder auf dem Damm ist?!“ „Sly, was hast du denn?“ Chris war nicht mehr sicher in was für einem Film er gerade war. Oder ob es ein Albtraum war. „Was ich habe? Ich habe genug, Chris!“ Nun war der New Yorker sprachlos. „Aber Sly, ich...“ „Ich weiß, dass du nicht du selbst warst, aber als ich dich Jason küssen sah, ist mir eines klar geworden! Du wirst dich nie ändern! Egal, ob du dein Gedächtnis verlierst oder sonst was, du wirst immer zu ihm rennen! Du wirst immer Jason vergöttern! Immer nur ihn! Und deswegen bist du Gift für mich!“ Chris öffnete den Mund, kam aber gar nicht dazu, etwas zu sagen. „Ich war jahrelang trocken und dann kamst du. Du hast es nicht gewollt, ich weiß, ich weiß... aber es ist so. Du bist schuld und jetzt muss damit Schluss sein! Wir beide sind einfach nicht füreinander gemacht!“ Immer noch war Jasons Freund total fassungslos. Und hilflos. „Ich will das klarstellen, Chris. Ich möchte dich nicht mehr wiedersehen. Nie mehr. Auch nicht Jason, David oder einen anderen aus deinem Freundeskreis. Ich werde nicht verlangen, dass Ash sich von euch zurückzieht, aber er unterstützt mich darin, dass ich euch die Freundschaft kündige. Und ganz besonders dir.“ Sly hatte am Anfang angriffslustig geklungen, doch nun nur noch erschöpft und kraftlos. Allerdings hielt er Chris’ entsetztem Blick stand. „Du willst...“ „Dich nicht mehr sehen, ja. Ich will nicht mehr, dass du mich besuchst, ich will nicht dass du mich anrufst, ich will dich auch in San Francisco nicht mehr sehen! Nie mehr. Ich muss mich entscheiden. Du oder ein Leben ohne Alkohol.“ „Du spinnst ja!“, entfuhr es Chris. „Nein, das tue ich nicht! Wenn ich den Kontakt mit dir halte, dann wird es irgendwann wieder passieren. Ich werde mich zu dir hingezogen fühlen, ich werde denken, dass ich eine Chance bei dir habe und dann – bumm. Dann tust du mir wieder weh, zerstörst mich wieder. Natürlich ohne es zu wollen, aber du wirst es tun! Du bist kein schlechter Mensch, aber du bist schlecht für mich!“ „Das ist doch alles Schwachsinn!“ Chris riss der Geduldsfaden. „Du warst einfach schwach! Du hattest einen schwachen Moment!“ „Ja, aber das war deine Schuld!“ „Ich habe dir nie Avancen gemacht! Ich wollte nur mit dir ausgehen! Das ist noch kein Eheversprechen!“ „Du warst eifersüchtig auf Jason und diesen Nicolai und hast mich zum Instrument deiner Rache gemacht! Das ist es gewesen!“ „Das ist doch wirklich total daneben!“ „Ach ja! Wie war es dann?!“ Chris stutzte und das genügte Sly offensichtlich. „Siehst du?! Genau das meine ich! Es war so! Also bitte akzeptiere meine Entscheidung und geh! Komm nicht wieder, ruf nicht an. Vergiss mich!“ Sly drehte sich um und ging einfach. Er hätte Chris nicht ansehen können, jetzt nicht mehr, das tat zu weh. „Schön! Wie du willst!“, brüllte ihm der Blonde patzig hinterher. „Wenn du meinst, dass das die Lösung ist!“ „Ja, das meine ich!“, war Slys über die Schulter gerufener Kommentar dazu. „Bitte! Dann noch ein schönes Leben!“ Als sich der Brünette nach einigen Metern doch noch einmal umdrehte, war Chris nicht mehr da. Sly blieb stehen und lehnte sich an einen Baum. Er hatte es tatsächlich geschafft. Das war die richtige Entscheidung gewesen. Und sie fühlte sich grauenvoll an. Aber sie war richtig, das sagte er sich immer wieder. „Und halten Sie seine Entscheidung für richtig?“ Chris wusste zunächst keine Antwort. Er saß auf einer bequemen Couch, ihm gegenüber eine Frau Ende Dreißig in einem beigefarbenen Kostüm, das perfekt zu ihren braunen Haaren passte. Sie schaute ihn über den Rand ihrer schmalen Brille an, einen Block in der Hand. „Ich weiß es nicht. Sagen Sie es mir.“ „Mr. Fairgate, ich bin nicht hier, um Ihnen die Worte in den Mund zu legen.“ Dr. Goldstein lächelte. Agnes Goldstein, renommierte Therapeutin mit einer Wand voller Auszeichnungen hinter sich. Ihr Büro war gemütlich eingerichtet, wenn auch sicher alles hier einen tieferen Sinn hatte. Alles sollte Behaglichkeit ausstrahlen, von den gepflegten Topfpflanzen bis zu dem gemütlichen Sofa. Der Patient sollte sich wohl fühlen. Es war wohl eine Fügung des Schicksals, dass Chris’ erste Sitzung bei ihr ausgerechnet am Tag seines Streits mit Sly war. „Er hält mich für eine Gefahr für sich und läuft davor weg. Aber ist das nicht feige?“ „Laufen wir nicht alle vor etwas weg?“ Was für eine Antwort. Chris hätte fast mit den Zähnen geknirscht, er wusste nun wieder, warum er eigentlich nichts von Psychologen hielt. „Ja, aber das ist doch eigentlich normal.“ „Ich mag den Ausdruck normal nicht.“ Der Blonde lächelte. „Nein, natürlich nicht.“ Seine Nervosität stieg. „Dann hätten Sie ja keine Patienten.“ Keine Antwort, Dr. Goldstein sah ihn nur an. Chris brach langsam der Schweiß aus. „Das war ein Scherz.“ „Ich weiß.“ Sie überging das einfach. „Aber ich denke, es gibt auch erst einmal etwas wichtigeres zu besprechen, finden Sie nicht auch?“ Diese kühle und distanzierte Art machte Chris wahnsinnig. Vielleicht war das ihre Taktik. In den Wahnsinn treiben und mehr abkassieren? „Ja, das stimmt wohl.“ „Dann erzählen Sie mal.“ „Nun ja, es ist etwas schwierig.“ Keine Antwort. Chris spielte mit seinen Fingern. „Ich wurde von jemandem entführt und gequält... er bedrohte mich, schlug mich, hat mich vergewaltigt und am Ende lebendig begraben...“ Chris brach jedes Mal wieder der Schweiß aus, wenn er sich diese Ereignisse ins Gedächtnis rief, „und nun... ich dachte, ich hätte es überwunden, aber das habe ich wohl nicht. Ich sehe Dave immer wieder, ich kriege Panik im Dunkeln... ich schlage meinen Freund, wenn er mit mir schlafen will. Aber nur, weil ich plötzlich Dave in ihm sehe.“ „Ist Ihr Freund denn brutal zu Ihnen?“ „Nein!“, empörte sich Chris abrupt. „Er ist wundervoll!“ „Dann sind Sie das Problem.“ Na wunderbar. Das hatte Chris auch schon gewusst. Dazu brauchte er keine Psychologin und es war besonders erhebend, schon zum zweiten Mal an einem Tag als Problem bezeichnet zu werden. „Und was kann man dagegen tun?“ „Sind Sie ein sexueller Mensch?“ „Was?!“ Diese Frage hatte Chris nun gar nicht erwartet. „Sind Sie ein sexueller Mensch? Ich meine, sind Sie mit ihrer Sexualität im Reinen? Sie sind homosexuell, war das je ein Problem für Sie? Hatten Sie in Ihrem Leben schon viel sexuellen Kontakt zu Männern?“ „Ich... also wie... wie soll ich sagen...“ Sie beugte sich vor. „Keine Angst, was in diesem Zimmer gesprochen wird, fällt unter die ärztliche Schweigepflicht.“ Chris seufzte. „Ich... ich war lange Jahre Stricher... also ich habe mich prostituiert. Aber ich bin davon weg, vor allem Dank meines Freundes. Durch ihn habe ich zu einem normalen Leben gefunden.“ „Und waren Ihre Freier brutal zu Ihnen?“ „Hin und wieder...“ Chris überlegte kurz. „Einige waren mal grob, aber ich hatte wohl verdammtes Glück damals.“ „Also haben Sie in Ihrem Leben keine derartige Erfahrung machen müssen, wie bei Ihrer Entführung.“ „Na ja, letztes Jahr... ich weiß, wie das klingen mag... da wurde ich schon einmal... also es war ein Mörder, den ich beobachtet hatte und er hatte mich... aber vergewaltigt wurde ich damals nicht.“ Der Therapeutin hörte sich das alles mit ruhiger Miene an. „Ihr Leben war also sehr bewegt.“ „Ja, aber ich habe es im Griff.“ „Hätten Sie das, wären Sie nicht hier.“ Chris blieb der Mund offen stehen. Das war dreist. Und leider auch noch wahr. „Onanieren Sie?“ Jetzt schluckte der New Yorker aber doch etwas. Seine Wangen färbten sich leicht rötlich. „Selten, wir äh... wir hatten ein sehr gesundes Sexualleben.“ „Onanieren Sie heute mehr?“ “Was? Äh... hier und da... ja?“ „Allein?“ „Wie meinen? Natürlich.“ Chris biss sich auf die Lippe. „Das ist doch Sinn der Sache.“ „Ist es das?“ Gleich erschlage ich sie, fuhr es Chris durch den Kopf, ich drehe gleich durch. „Selbstbefriedigung ist doch etwas, was man allein macht.“ „Ist es...“ „Ja, ist es!“, fuhr der New Yorker dazwischen, bevor das ‚Ist es das?’ beendet werden konnte. Die Therapeutin lehnte sich zurück und musterte Chris, so dass diesem sein Ausbruch total peinlich wurde. Er kaute auf der Lippe herum und blickte auf den Boden. „Ich denke, Sie sollten sich heute Abend in aller Ruhe mit Ihrem Partner zurückziehen und ihm dann dabei zusehen, wie er sich befriedigt. Und dann soll er Ihnen zusehen.“ Jetzt hing Chris endgültig die Kinnlade herunter. War er hier beim Sexualtherapeuten? „Ich soll... und er?“ „Sehen Sie, Chris, Sie leiden unbestreitbar unter einem Trauma. Ich kann noch nicht viel sagen, aber von meinem Eindruck her sind Sie ein starker Mensch, der eine Menge ziemlich ungewöhnlicher Ereignisse in seinem Leben durchgemacht und auch bewältigt hat. Aber all das hinterlässt Spuren. Es ist wie das sprichwörtliche Fass. Und diese Vergewaltigung war der bekannte Tropfen. Es war zuviel. Und nun müssen wir einen Weg finden, Sie wieder an ein geregeltes Leben und an Ihre Sexualität heran zu führen. Schritt für Schritt. Sie bekommen Angst, wenn Ihr Freund Sie berührt, Sie fürchten sich, wenn er Ihnen nahe ist.“ Sie schnippte, was Chris zu seiner eigenen Scham zusammenzucken ließ. „Also drehen wir den Spieß um. Sie beide werden sich nicht nah sein. Sie werden zusammen sein, sich aber nicht berühren. Erleben Sie diese Erfahrung bewusst. Beobachten Sie Ihren Freund bei seinem Akt der Selbstbefriedigung, beobachten Sie seinen Körper, das Spiel seiner Bewegungen. Lernen Sie ihn neu kennen.“ Chris wusste nicht, was er sagen sollte. Er starrte Dr. Goldstein nur perplex an. Und gleichzeitig durfte er nicht aufstehen, denn ihre Beschreibung hatte vor seinem geistigen Auge ein Bild von Jason ausgelöst, das sofort Wirkung gezeigt hatte. Vielleicht war diese Frau ihr Geld doch wert. Jeremy blieb abrupt stehen, als er aus dem Taxi stieg. Dieses Haus war... beeindruckend. Ein zweistöckiges Gebäude mit wunderschönem Stuck und reichem Efeubewuchs. Eine breite Einfahrt führte hinauf, gesäumt von ordentlich gestutzten Büschen. Es war alles schlichtweg beeindruckend. „Ich hab Angst.“ „Das macht dir Angst?“ David stellte sich neben ihn und stemmte die Hände in die Hüften. „Das tut es.“ „Dazu besteht aber kein Grund. Meine Eltern werden dich lieben.“ „Wie oft hast du mir das jetzt schon gesagt?“ Jeremy pustete eine Strähne nach oben, seine Haaren wurden immer länger, Alice hatte ihm geraten, sie wachsen zu lassen. „Wohl nicht oft genug, so wie du zitterst. Brust raus und auf in den Kampf.“ „Ich will nach Hause...“ „Mach dich nicht lächerlich.“, kicherte David und nahm ihn bei der Hand. Er führte Jeremy hinauf zum Haus und klopfte an dem imposanten Klopfer der Eichentür. Jeremys Herz schlug bis zum Hals. Als geöffnet wurde, wollte er schon „Guten Abend, Mr. Vanderveer!“, brüllen doch er schätzte, dass die Dame in der Uniform eines Dienstmädchens weder Davids Vater noch seine Mutter war. „Wen darf ich bitte melden?“ „Sagen Sie dem alten Herrn, dass sein Sohn da ist.“ Die Frau zuckte zusammen. „Oh, ja, natürlich, Moment, gleich! Kommen Sie doch rein!“ Sie flitzte davon, vergaß dabei natürlich die Mäntel der beiden Männer. „Kennt sie dich nicht?“, zischte Jeremy. „Nein.“ David lächelte etwas verschämt. „Meine Mutter hat alle Nase lang neue Dienstmädchen, sie ist nie zufrieden. Die habe ich noch nie gesehen.“ „Na toll, deine Mutter ist also sehr wählerisch.“ „Ja, aber nur bei Dienstmädchen, nicht bei den Freunden ihres Sohnes.“ „Wie beruhigend.“ „Was hat die Katze denn da ins Haus getragen?!“, donnerte eine männliche Stimme durch die Eingangshalle und im nächsten Moment kam ein Mann im feinen Nadelstreifen auf David zu, schloss ihn grinsend in die Arme. Er hatte einen gepflegten grauweißen Bart und kurze Haare, seine Statur war beinahe die eines jungen Mannes, er schien bestens in Form. „Hallo, Vater!“ „Du musst es auch immer übertreiben.“ Die Stimme gehörte Davids Mutter, einer hübschen Dame, die von oben bis unten nach High Society Lady aussah. Sie trug ein elegantes Kostüm und ihre rostbraunen, vermutlich getönten, Haare in einem ordentlichen Dutt. „Willkommen daheim, mein Sohn.“ „Hallo, Mum.“ „Und wen haben wir denn da?“ Sie kam näher, Jeremy wäre beinahe zusammen gezuckt. „Das ist eine kleine Überraschung.“ David hatte echt die Ruhe weg. „Mum, Dad, das ist Jeremy. Mein fester Freund.“ „Oh... oh, das freut mich.“ Jeremy hatte die Pause nach dem ersten leicht entsetzten ‚oh’ durchaus bemerkt. Er bemühte sich, es zu übergehen. Mit einer leichten Verbeugung reichte er Davids Mutter die Hand. „Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ „Ganz meinerseits.“ So klang es leider nicht wirklich. „Sehr erfreut!“ Als er Davids Vater die Hand schüttelte, hatte er das Gefühl, dass sie gleich brechen würde. Einen solchen Händedruck hatte er noch nie erlebt. Oder war das Absicht? Die Geste war schmerzhaft gewesen und wenn Absicht dahinter stand, dann... er wagte nicht weiterzudenken. Auch wenig später am Esstisch sperrte er sich gegen den Gedanken, dass er hier nicht erwünscht sein könnte. Etwas verunsichert betrachtete er die Gabeln und Messer für die einzelnen Gänge, die vor ihm lagen, doch zum Glück war David gut in unauffälliger Zeichensprache und so fand er die Salatgabel recht schnell. „Und was machen Sie beruflich, Jeremy?“, fragte Mrs. Vanderveer. „Oh, ich bin Model. Also eigentlich bin ich Tänzer. Aber ich... also ja... Model. Ich bin Model.“ „Model.“ Davids Vater wiederholte das in einem etwas abschätzigen Ton. „Ja, Sir. Ich... bin Model.“ Und ein Idiot, fügte er in Gedanken hinzu. Das war eine Glanzleistung gewesen. „Er hat schon mehrere Plakatkampagnen in San Francisco und bald auch in anderen Städten. Er ist sehr erfolgreich. Tanz ist sein anderes Standbein, er ist ein wunderbarer Tänzer, sehr begabt, ihr müsstet das mal sehen.“ Jeremy lächelte David dankbar an. Sein Freund gab ihm Schützenhilfe und das auf wunderbare Art und Weise. „Ist ja wirklich schön.“ Mrs. Vanderveer stocherte in ihrem Salat herum. „Und wie alt ist er?“ „Dad, würdest du bitte nicht mit mir über ihn reden während er am Tisch sitzt?“ „Ich bin fast vierundzwanzig, Sir.... auch wenn ich nicht so aussehe.“ „Das ist ja wirklich schön.“ Immer noch stocherte Davids Mutter im Salat. Plötzlich klingelte ein Handy. David zuckte zusammen. Er hatte ganz vergessen, dass er es nicht ausgeschaltet hatte. „Muss das sein, mein Sohn?“, knurrte sein Vater. „Entschuldige, es könnte ja wichtig sein.“ „Wer ist es?“, wollte Jeremy wissen. „Jason. Chris war heute... du weißt schon, beim Psychiater. Er wollte mir bescheid sagen, wie es gelaufen ist. Ich muss kurz rangehen.“ Er stand auf und klappte das Handy dabei noch auf. „Hi, Jason.“ David ging aus dem Zimmer und ließ Jeremy mit seinen Eltern zurück. Für eine entsetzlich lange Zeit herrschte Stille, zumindest kamen die nächsten zwei Minuten Jeremy so vor. Er schaute immer wieder zur Tür, hoffte die blonden Haare und die breiten Schultern zu sehen, die seine Rettung bedeuten würden. „So, Sie sind also Model?“ „Ja.“ Jeremy wagte kaum, Davids Vater anzusehen. Warum fragte er das schon wieder? „Und was versprechen Sie sich von dieser Sache mit meinem Sohn?“ „Wie meinen Sie das, Sir?“ „Verdienen Sie nicht genug?“ Jetzt begriff Jeremy. Und das fand er ungeheuerlich. Hatte Davids Vater nur auf eine Chance dafür gewartet? „Ich bin nicht hinter Davids Geld her!“ „Habe ich das gesagt? Werden Sie bitte nicht laut, junger Mann.“ Jeremy biss sich auf die Lippe. Schon wieder in die Falle gegangen. Und wie. „Ich will nur wissen, was genau das mit meinem Sohn werden soll.“ „Sir, ich liebe ihn.“ „Das ist ja wirklich schön.“ Mrs. Vanderveers Salatgabel kratzte mittlerweile über den Tellerboden. „So, sie lieben ihn?“ „Ja, Sir.“ Jeremy zitterte. Das lief falsch. Ganz falsch, so sollte das nicht geschehen. „Wen wollen Sie eigentlich veralbern, junger Mann?“ Dieses ‚junger Mann’ machte regelrecht aggressiv, das wirkte so herablassend. „Ich verstehe nicht, was Sie meinen, Sir.“ „Ich meine, dass David und Sie ganz offensichtlich nicht zusammen passen. Verstehen Sie mich nicht falsch, wir sind nicht übermäßig reich, aber wir gehören schon der gehobenen Gesellschaftsklasse an. Und Sie passen da nun überhaupt nicht hinein. Glauben Sie wirklich, dass diese Beziehung Bestand hat?“ „Was soll das?“ Jeremy konnte nicht fassen, was er da hörte. Er starrte Davids Vater einfach nur vollkommen verstört an. „Ich will nur, dass Sie sich nicht zu große Hoffnungen machen. Sie sind Model, ein Beruf für den man nicht unbedingt viel Qualifikation braucht, ein hübsches Gesicht reicht da ja schon. Und ich denke, dass der Gedanke tröstlich ist, in ein paar Jahren, wenn Sie nicht mehr aktuell sind, Davids hart verdientes Geld in Aussicht zu haben.“ Schon wieder dieses Thema. Jeremy hasste sich dafür, aber er konnte nichts mehr erwidern, im Gegenteil, obwohl er dagegen ankämpfte, traten Tränen in seine Augen. „Sie verstehen das nicht...“ „Ich verstehe sehr wohl, junger Mann. Sie wissen genau, dass Sie so gut wie nichts sind und auch nie etwas sein werden. Da ist es ja vorteilhaft, einen erfolgreichen Mann an der Hand zu haben. Aber ich denke, dass Sie da nicht weit genug planen. Ich kenne meinen Sohn. David ist sprunghaft. Ihn hält es nie lange bei einem Mann, das weiß ich deswegen, weil wir noch nie einen seiner... Liebhaber... zu Gesicht bekommen haben.“ “Dann sollten Sie doch merken, dass es mit mir etwas anderes ist...“ Jeremys Stimme schwankte. „Ja, vielleicht weil David langsam älter wird und meint, er müsse mal einen Freund gehabt haben. Aber glauben Sie mir, David ist zu erfolgsorientiert, um sich lange mit einem Niemand wie Ihnen abzugeben. Er wird schon noch erkennen, dass Sie nicht der Richtige für ihn sind. Er muss auch ein wenig darauf achten, mit wem er sich letztendlich auf Familienfeiern zeigen will, wenn er schon Ernst macht.“ „Aber... ich...“ „Warum tun Sie uns nicht einen Gefallen und beenden diese Farce bevor noch alle Beteiligten verletzt werden. Sie haben ein nettes Gesicht, junger Mann, Sie finden leicht jemanden in Ihrer Altersklasse und mit Ihrem Niveau. Aber in diese Familie passen Sie nicht.“ Jeremy sah nur noch eine Möglichkeit. Er sprang auf und lief aus dem Zimmer. Nicht zu David hinüber sondern in Richtung Flur. Wenige Sekunden später fiel die Haustür hinter ihm zu und er stürmte die Einfahrt runter. Tränen verklärten seinen Blick. So eine Behandlung hatte er nicht verdient. Aber genauso wenig hatte David es verdient, dass es wegen ihm Familienkrach gab. Dennoch hatte er nicht anders gekonnt, als zu fliehen. Mr. Vanderveer hatte seine Tränen nicht sehen sollen. Ein Taxi brachte ihn zurück ins Hotel, wo er sofort für den Abflug zu packen begann. „Wir sollen das wirklich so machen?“ „Wenn ich es dir doch sage!“ Chris lachte etwas verlegen auf. Sie gingen Arm in Arm die Straße hinunter, der Abend war schön und warm, also hatten sie sich entschieden, einen Spaziergang zu machen und in einem schönen Lokal einzukehren. „Na ja, wenn Frau Doktor das sagt...“ Jason grinste dreckig. „Dir gefällt das auch noch?!“ „Dir nicht... gib es zu...“ Chris presste die Lippen aufeinander. „Schon... ich hatte einen Ständer bei dem Gedanken.“ „Mir geht es nicht anders.“ „Etwa gerade eben?!“ Der Blonde blickte im Affekt in den Schritt seines Freundes. „Reden wir lieber von etwas anderem...“ Jason kratzte sich am Hinterkopf und schaute in die Luft. Der Druck war regelrecht schmerzhaft in der engen Jeans. „Worauf hast du Lust?“ „Vielleicht Chinesisch?“ Der ehemalige Polizist ließ den Blick schwenken. Gegenüber war ein eben solches Restaurant. „Unser Kühlschrank quillt noch über von dem Zeug.“ „Du könntest ja wieder mit dem Kochen anfangen, ich vermisse deine Küche.“, grinste Jason. „Mal sehen, wenn du brav bist.“ Er bekam einen Klaps auf den Hinterkopf von Chris. „Also? Worauf hast du nun Lust?“ „Wie wäre es mit so einem Allrounder. Kein Chinesisch oder Italienisch, einfach nur ein schönes gemütliches Restaurant.“ „Mc Donald’s?“ „Blödmann!“ „Danke!“, kicherte Jason albern. „Was hältst du davon?“ Er deutete auf ein Restaurant namens ‚San Francisco Dinner House’. „Was für ein sperriger Name!“ „Sag mal, bist du auch mal mit irgendetwas zufrieden?“ „Schon gut, schon gut!“ Chris streckte ihm die Zunge raus. „Wir gehen ins ‚San Francisco Dinner House`.“ Das Dinner House war innen recht gemütlich eingerichtet, aber es grenzte nah an altmodisch. Auch das Publikum bewegte sich in diesem Bereich. Jason hielt Chris an der Hand als sie das Lokal betraten und sofort spürte er Blicke. Und diese Blicke waren nicht freundlich. „Ein Tisch für zwei.“ Die Beiden blieben vor dem Platzanweiser stehen. Der Mann trug einen Smoking und schaute mehr als blasiert auf die beiden herab, obwohl er kleiner als Jason war. „Für Sie zwei?“ „Nein, wir sind nur hier, weil sich zwei da draußen nicht trauen, Sie nach einem Tisch zu fragen.“ “Jason!“, kicherte Chris und knuffte ihn in die Seite. „Wir haben keine Tische mehr.“ Jason stutzte. Sein Blick wanderte über den etwas tiefer liegenden Bereich für die Gäste. Von mindestens fünfundzwanzig Tischen waren höchstens zehn besetzt. „Haben Sie die Tische in letzter Zeit mal angesehen?“ “Wir haben keine mehr frei.“ „Aber Sie...“ „Wir haben keine mehr frei... Sir.“ Das ‚Sir’ hatte einen Moment gebraucht bis es hervor kam. „Für uns.“ Jason sah seinen Freund an. „Was meinst du?“ „Er hat keinen Tisch für uns frei. Es geht um uns, nicht wahr?“ Sein Gegenüber zögerte einen Augenblick, doch dann nickte er. „Ja.“ „Das ist doch wohl...!“ “Jason, bitte...“ Chris legte ihm die Hand auf den Arm. „Lass es gut sein.“ „Nein! Ich will mit meinem Freund in ein mittelprächtiges Lokal gehen und muss mir von so einem aufgeblasenen Pinguin sagen lassen, dass Schwule hier keinen Tisch kriegen! Das ist doch wohl das Letzte!“ „Würden Sie jetzt bitte gehen? Sie stören die anderen Gäste.“ Der Mann schien sich nicht einmal einer Schuld bewusst. „Dies hier ist ein ehrenwertes Restaurant und die Gäste möchten in Ruhe speisen.“ Jason wollte zu einer Antwort ansetzen, doch dann sah er in Chris’ Augen. Er schüttelte den Kopf. „Dann wünsche ich Ihren Gästen noch einen guten Appetit und Ihnen, dass Sie an Ihrer Blasiertheit ersticken.“ Einer Antwort wurde er allerdings nicht gewürdigt. Jeremy saß auf dem Bett, seinen Koffer neben sich. Das war gründlich schief gegangen, er hatte keinen Flug mehr bekommen. Also hatte er nichts anderes tun können, als ins Hotel zurückzukehren. Auf dem Weg hatte David sicherlich sechsmal auf seinem Handy angerufen, aber der junge Mann war nicht dran gegangen. Warum eigentlich nicht? Er wusste es nicht genau. Vielleicht weil er Angst hatte, David würde ihn anschreien. Oder er wäre noch bei seinen Eltern... oder noch schlimmer: Auf der Seite seiner Eltern. Mit einem Mal erfasste Jeremy eine geradezu irrationale Verlustangst. Was, wenn David soviel von seinen Eltern hielt, dass er ihn abschob, nur weil diese dachten, es würde nie etwas aus ihnen werden? Und konnte überhaupt etwas aus ihnen werden? Hatten sie eine Zukunft? Der Yuppie und das Model... die Kombination klang doch eigentlich gar nicht schlecht. Für Davids Eltern aber schon. Sie hatten ihn wie einen billigen Goldgräber behandelt, wie jemand, der David nur aus Berechnung „liebte“ und das hatte wehgetan. Unendlich weh. Es klickte, als die Tür des Hotelzimmers mit der Schlüsselkarte geöffnet wurde. David riss sie auf, er schien wütend... und das war noch untertrieben. „Was sollte das denn?! Was war das für ein Auftritt?!“ Jeremy blieb einen Moment stehen, erst dann drehte er sich zu David um, er hatte tief eingeatmet. Eigentlich hatte er die Pause zum Überlegen gebraucht. Eingefallen war ihm trotzdem nichts. „Tut mir leid.“ „Das sollte es auch! Meine Eltern haben gesagt, du seiest aufgesprungen und hättest einfach das Haus verlassen! Warum tust du ihnen so etwas an? Das war unhöflich.“ Jeremy ballte die Fäuste. Es war klar gewesen, dass David nicht die Wahrheit erfahren würde. Was hatte er sich nur dabei gedacht, einfach zu fliehen? „David...“ „Jem, meine Eltern bedeuten mir viel. Ich wollte ihnen zeigen, was du für ein wundervoller Mensch bist! Ich wollte ihnen zeigen, dass endlich ein Mann in meinem Leben ist.“ Und hier begriff Jeremy. David liebte seine Eltern, trotz der Distanz zwischen ihnen. Und stand es ihm zu, dass er sich dazwischen stellte? Davids Eltern hassten ihn, aber wie oft würde er mit ihnen zu tun haben? Es konnte nicht immer alles perfekt sein. Was war schon perfekt? Auch David war es nicht. Er wusste, was er war und was Mr. und Mrs. Vanderveer von ihm dachten, war doch egal... zumindest redete er sich das ein. Und so gab es nur eine Lösung. Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, blickte der junge Mann seinem Freund in die Augen. „Verzeih mir... ich hab kalte Füße gekriegt. Ich... ich hab den Kopf verloren und bin abgehauen... Gott, es tut mir so leid.“ Er sollte wohl Schauspieler werden, das war ein glänzender Auftritt. „Es tut mir leid... wirklich... es tut mir leid...“ David ließ die Schultern sinken. Was konnte er nun dagegen sagen? Jeremy sah total verloren aus und vor allem schuldbewusst. „Aber musstest du gleich weglaufen?“ „David... ich weiß auch nicht, was ich da getan habe. Ich bin einfach... es war zuviel. Vielleicht sollten wir die Sache mit deinen Eltern... ich weiß nicht... wir sind doch auch noch nicht so lange zusammen und... und wenn...“ „Wir verschieben das Ganze, hm?“ „Ist das dein Ernst?“ „Ja... so lange wie nötig, hm?“ David lächelte und öffnete die Arme, doch der Rotschopf zögerte noch. „Und das macht dir nichts aus?“ „Ich freue mich nicht eben darauf, die Sache mit meinen Eltern auszubügeln, aber irgendwie kriege ich das schon auf die Reihe, hm?“ „Aber...“ „Mein Angebot steht nicht mehr lange?“ Er hob die Arme noch etwas mehr. „Ist das alles, was steht?“ David grinste frech. „Find es heraus!“ Er konnte Jeremy nicht lange böse sein. „Na, was ist?“ Jeremy erwiderte das Grinsen und warf sich dann so schnell er konnte in Davids Arme und vergrub sein Gesicht an seiner Brust... und wenig später im Schritt des Blonden. So musste er David wenigstens nicht in die Augen sehen, er hatte Angst, dass er merken würde, dass es nicht die Wahrheit gewesen war und es in Wirklichkeit seine Eltern waren, die an allem schuld waren. „Du lächelst ja so.“ Nicolai stellte Chris einen Kaffee hin. Es war ruhig im Haus. Gary war mit Anna verschwunden, Jason war joggen. „Findest du?“ Chris schlürfte langsam an seinem heißen Getränk. „Tu doch nicht so.“ „Okay, vielleicht ein bisschen.“ Nicolai lehnte sich an die Spüle und stützte sich mit den Händen ab. „Erzählst du mir warum?“ Chris schlürfte noch einmal genüsslich. „Na ja... Jason und ich... wir haben letzte Nacht eindeutig einen Durchbruch gehabt.“ „Dann verstehe ich es.“ Nicolai wandte sich wieder den Frühstücksvorbereitungen zu. Er wollte nicht zuviel über Jason und Chris wissen, zumindest was ihre Aktivitäten im Bett anging. Es fühlte sich komisch an, schließlich waren er und Jason eine Zeit lang miteinander gegangen. Und daraus ergab sich gleich noch ein Thema, das der junge Russe unbedingt ansprechen wollte. „Ich würde gerne ausziehen, Chris.“ „Was?“ Der Blonde setzte sich auf. „Warum denn so plötzlich?“ „Ich hab Probleme... ich meine keine gravierenden, aber ich... ich möchte nicht mehr so gerne hier wohnen.“ „Glaubst du nicht, es ist besser zu warten, bis Gary sein Quartier an der Uni bezogen hat?“ „Bin ich so durchschaubar?“ „Wie ein Glas.“ Der junge Russe schüttelte den Kopf. „Es geht einfach nicht mehr. Ich muss auch zu recht kommen lernen... ich kann doch nicht immer bei euch rumnerven.“ „Das tust du nicht. Und wo willst du wohnen?“ „Ich finde schon eine Wohnung für Anna und mich.“ Chris stand auf und kam zu ihm hinüber. „Lass mich dir zumindest helfen, wenn du schon so heiß darauf bist, auszuziehen.“ „Wie meinst du das?“ Nicolai sah ihn verwundert an. „Ich könnte fürs erste die Wohnung bezahlen.“ „Was?! Nein! So etwas will ich nicht! Ich will mich nicht aushalten lassen!“ „So wäre das doch gar nicht.“ Chris schüttelte entschieden den Kopf. „Wenn du willst, dann ist es nur ein Darlehen. Ich will endlich was mit meinem Geld anfangen können.“ Nicolai seufzte tief. „Chris...“ „Nun komm schon, du hast doch nichts zu verlieren. Eine Wohnung für Anna und dich und einen Job vielleicht...“ „Bitte?“ Der Russe wurde hellhörig. „Was soll das denn noch heißen?“ „Ach...“ Chris zuckte mit den Schultern. „Ich hab in der letzten Nacht viel nachgedacht... ich glaube, dass ich mein Leben in eine neue Richtung lenken muss. Ich kann nicht einfach nur dauernd zum Ballerarzt rennen... ich muss ein bisschen was in die eigenen Hände nehmen, ich muss mich ablenken.“ Er lächelte. „Und neben einer weiteren Idee, mit der ich mir einen Lebenstraum erfüllen könnte, hatte ich noch den Einfall, vielleicht ein Beratungszentrum zu gründen.“ Nicolai lehnte sich zurück, allmählich wurde er neugierig. „Ich will Jungen den Sprung von der Straße ermöglichen. Beratung, Hilfe, Drogentherapie...“ „Du hast heere Ziele.“ „Findest du das lächerlich oder so? Übertreibe ich?“ „Nein!“ Nicolai hob schnell die Hände, „Ich finde die Idee toll. Wirklich.“ „Danke...“ Chris lächelte. „Also hilf mir, ja? Lass mich dir helfen und im Gegenzug hilfst du mir. Du kennst das Leben auf dem Strich auch, so habe ich jemanden, dem ich vertrauen kann.“ „Jetzt muss ich mich bedanken.“ Nicolai lachte ein wenig verlegen, dann ließ er das Thema lieber ruhen. „Und die andere Idee?“ Chris grinste breit. „Die verrate ich noch nicht. Ich muss erst schauen, ob das auch klappt. Und darum...“ Er hob den Zeigefinger und grinste noch breiter, „werde ich mich jetzt kümmern gehen. Halt mir die Daumen.“ Damit eilte er aus der Küche. Nicolai sah ihm nach und schüttelte lächelnd den Kopf. Dieser Mann war wirklich eine Wucht. Erst am Boden und nun himmelhoch jauchzend. Vielleicht war er ja doch auf dem richtigen Weg aus der Dunkelheit, in die er durch Dave geraten war. „So eine Scheiße...“ Abby schlürfte an ihrem Kaffee und schaute Jeremy über die Tasse hinweg an. „Die haben dich ja total fertig gemacht...“ Der Rothaarige nickte. „Ja... aber ich kann da nicht mit David drüber reden, es geht nicht. Ich habe das Gefühl, dass er seine Eltern wirklich gern hat.“ „Und deswegen lässt du das alles so stehen.“ „Ja, genau deswegen lasse ich das alles so stehen.“ Jeremy lächelte und lehnte sich zurück, „Lass uns das Thema fallen lassen, okay?“ „Wie du meinst...“ Sie grinste. „Ich hab auch Neuigkeiten.“ Abby stand auf und ging Richtung Schrank, sie wühlte kurz in einer Schublade, dann holte sie etwas hervor. Ein Stück Papier. „Weißt du, was das ist?“ „Ich glaube, man nennt das Papier. Es wird aus Bäumen gemacht, was nicht eben gut ist. Ich hoffe, dass da ist Recyclingpapier.“ „Blödmann!“ Abby streckte ihm die Zunge raus, „Das ist meine Bestätigung! Ich hab ein Engagement!“ Jeremy hielt inne, dann sprang er auf und stürmte auf Abby zu, riss sie in die Arme. Er grölte vor Freude, seine Freundin tat es ihm nach. Sie fassten sich an den Händen, hopsten durchs Zimmer. „Das ist klasse! Ich freu mich so!“ „Ich mich auch! Mein erstes großes Engagement! Endlich Geld in der Kasse und es ist ne ganz große Sache! Wirklich groß!“ Jeremy hatte rote Wangen, so hatten sie sich verausgabt bei der Hüpferei. „Was ist es?“ Abby blieb stehen und strich sich Haare aus dem Gesicht. „Nun ja... das ist der Knackpunkt.“ Jeremy legte den Kopf schräg. „Es ist eine Chorusline in einem neuen Musical... in London...“ „London...?“ Jeremy ließ die Arme sinken. „Das heißt du...“ „Ja... übermorgen.“ Sie nickte. „Ich reise übermorgen ab.“ Der Rothaarige ging zum Küchentisch und ließ sich auf den Stuhl sinken, auf dem er eben noch gesessen und Kaffee getrunken hatte. „Für wie lange...?“ „Das ist noch offen... ich weiß nicht. So lange die Show läuft oder so lange ich Lust habe... so lange die mich wollen.“ Jeremy sah aus dem Fenster. „Das heißt also goodbye... was ist mit der Wohnung?“ Er klang bedrückt. „Nun ja. Ich kann doch das Geld von dort aus überweisen.“ „Unsinn...“ Er schüttelte die roten Haare, „Lass sie uns aufgeben... ich ziehe in eine kleinere oder zu David, falls er mich haben will. Ich bin ja sowieso dauernd da.“ „Bist du mir böse, Schatz?“ Jeremy schüttelte erneut den Kopf. „Nein, ich freue mich für dich. Ich würde das ja nicht anders machen... ich werde dich nur vermissen.“ „Ich dich doch auch.“ Abby trat zu ihm und umarmte ihren besten Freund. „Ich werde dich vermissen, die Jungs... auch San Francisco... aber ich muss das tun. Vielleicht ist das meine Chance. Du hast deine doch schon bekommen und genutzt. Du bist jetzt jemand.“ „Ich weiß das.“ „Und du bist mit Colin und Marc befreundet. Außerdem gibt es Telefon, Email und Flugzeuge. Ich bin doch nicht aus der Welt.“ Jeremy nickte, doch ihm liefen die Tränen über die Wangen. „Och, Jem, Schatz, bitte nicht, sonst fang ich auch an.“ Abby lachte auf, doch es klang eher nach Schluchzen. „Sorry...“ „Schon okay.“ Die beiden hielten sich einfach nur einen Moment fest, weinten leise. Danach gingen sie feiern, den ganzen Abend, bis spät in die Nacht. Zwei Tage später hob ein Flugzeug in Richtung Europa ab, Jeremy und David standen auf der Besucherplattform und sahen Abby hinterher, die hoffentlich in eine große Zukunft flog. Zur gleichen Zeit machte sich Nicolai mit Jason und Anna auf Wohnungssuche, es sollte noch eine Woche dauern, dann hatte er eine kleine aber feine gefunden. So wurde der Haushalt im Haus Cunningham/Fairgate wieder etwas kleiner. An dem Tag als Abby San Francisco verließ, betrat Chris das „San Francisco Dinner House“. Es war sogar wieder der gleiche Mann, der die Tische anwies. Auch er erkannte Chris offenbar wieder und schaute blasiert auf den blonden Mann. „Sie wünschen?“, näselte er. „Einen Tisch natürlich.“ Chris lächelte ihn an. „Bedaure, Sir, keiner mehr frei. Und das wissen Sie sehr gut.“ „Hören Sie, was ist Ihr Problem? Ich bin ein einfacher Junge aus Dallas, Texas. Ich habe nie in meinem Leben jemandem etwas getan, bin ruhig und lieb und würde hier nur einen Happen essen, meine Rechnung bezahlen und dann wieder gehen. Wo liegt also das Problem?“ „Sir, Klientel wie Sie ist hier nicht erwünscht.“, beharrte der Mann. „Ich bin allein. Mein Freund ist nicht hier.“ „Das ist egal, Sir.“ „Und das ist Ihr letztes Wort? Sie lassen mich nicht hinein, weil ich schwul bin? Selbst allein?“ Chris senkte den Blick, schaute dann aber wieder auf. „Richtig?“ Der Mann nickte. „Dann möchte ich den Geschäftsführer sprechen.“ „Bedauere, Sir, das geht nicht.“ „Warum?“ Chris verlagerte das Gewicht auf ein Bein, tippte mit dem Fuß auf. „Weil die Geschäftleitung vor kurzem gewechselt hat. Wir haben den neuen Chef noch nicht gesehen.“ „Oh... Sie wissen also gar nichts von ihm?“ Der Mann verdrehte die Augen. „Ich weiß nicht, was es Sie angeht, aber nein, ich weiß so gut wie nichts. Es ist so ein neureicher Schnösel, soweit ich weiß ein Texaner. Er hat das Restaurant aus der Portokasse bezahlt und...“ Die Gesichtszüge des Mannes entgleisten. „Oh... mein... Gott...“ Ihm war ein Licht aufgegangen. Chris lächelte ihn an, seine Miene war ein einziger Triumph. „Nein, nicht Gott, oh, mein Geschäftsführer. Das reicht.“ „Sir, ich...“ Chris hob die Hand. „Schon gut, sparen Sie sich das. Keine Schleimspuren, keine Kriecherei. Sie machen Ihren Arbeitstag zu Ende.“ Seine Stimme wurde kühl und bestimmt. „Und dann möchte ich Sie nie wieder hier sehen.“ „Sir...“ Der Blonde schüttelte den Kopf. „Einen schönen Tag noch.“ Damit ging er an dem Tischanweiser vorbei, setzte sich an einen Tisch und winkte dem Kellner, damit dieser ihm einen Champagner brachte. Mit dem goldenen Getränk im Glas prostete er dem Mann zu, dann lehnte er sich zurück und musterte sein neues Restaurant. Hier würde sich einiges ändern müssen. ~~~ Schon wieder eine so lange Zeitspanne... es ist mir direkt peinlich. Früher habe ich in vierzehn Tagen ein neues Kapitel geschrieben, mit teilweise über 20 Seiten, jetzt sind es Monate für knapp 16 Seiten... Remember the Promise you made ist ein Projekt, das ich trotz aller Schwierigkeiten auf jeden Fall beenden möchte. Ich habe liebe Menschen darüber kennen gelernt und nicht zuletzt meinen Freund Joe, mit dem ich diesen Monat ein halbes Jahr zusammen bin. Ich musste ein bisschen aufräumen, es gibt zu viele Personen, zu viele Handlungsstränge auf einmal. Deswegen verlässt Abby die Stadt, Sly bricht den Kontakt mit Chris und seinen Freunden ab, Nicolai zieht aus. Keine Angst, sowohl der Russe, als auch Sly verschwinden nicht endgültig, besonders Sly wird noch wichtig und Nicolai hat seine Rolle in der Kombination Gary, Marc und Colin. Ich muss mich jetzt darauf konzentrieren, die Handlungen nach und nach zu lösen, damit nicht alles überlaufen, die Geschichte konfus wird und an Qualität verliert. Ich danke euch allen, dass ihr trotzdem soviel Geduld mit mir habt und mir weiter treu bleibt, euch weiter auf die neuen Kapitel freut! DANKE! ^_^ Ganz liebe Grüße, euer Uly! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)