Find your own way von Kokoro-Tamashi ================================================================================ Kapitel 8: Im Fahrstuhl ----------------------- Einen Freund versteht man auch mit dem Herzen. Aber einem Gegner kann man nur begegnen, wenn man seine Sprache beherrscht. Erhard Blanck     *.: 。✿*゚‘゚・✿.。.:*Mimi*.:。✿*゚’゚・✿.。.:*   Der Wecker klingelte um neun Uhr morgens, als die Brünette schwerfällig ihre Augen öffnete und darüber nachdachte, wie der gestrige Abend beziehungsweise Nacht verlaufen war. Ihre Party hatte ein jähes Ende genommen, als Michael auf die glorreiche Idee gekommen war, ihr einen Antrag zu machen und gleich darauf ihr Geheimnis offenbarte, dass sie zurück nach Japan wollte. Daraufhin war alles eskaliert und die Braunhaarige verließ unter Tränen ihren eigenen Geburtstag, so hatte sie sich das alles sicher nicht vorgestellt. Aber wenigstens war sie diesmal nicht alleine, so wie sonst immer, wenn sie traurig, verzweifelt oder beides war. Diesmal kam Koushiro, ihr Exfreund zu ihr und war einfach für sie da. Wie einfach das klang, dabei war es das ganz und gar nicht.   Er war so liebevoll, die Art und Weise wie er sie anschaute, erwärmte das Herz der Tachikawa und alte, längst vergessen geglaubte Gefühle keimten in ihr auf. Bei Michael hatte sie sich nie so geborgen und beschützt gefühlt. Es gab nur zwei Männer die jemals solche Gefühle in ihr auslösten, doch der andere Mann ließ sich den gesamten Abend nicht mehr blicken, aber warum sollte er auch zu ihr kommen? Stattdessen tauchte Koushiro auf und schließlich folgte ein Kuss.   Der Kuss sollte eigentlich kurz sein und schnell enden, ein Danke für seine liebe Geste, doch aus dem harmlosen Kuss, wurde eine wilde Knutscherei. Keuchend und schwer atmend verließen sie die Dachterrasse des Four Season Hotel und erreichten schnell die neunte Etage, in dem Mimi ihr Einzelzimmer hatte. Doch noch ehe sie ihre Zimmertüre erreicht hatte, ließ der Computer-Nerd abrupt von ihr ab. „Bist du sicher, dass du das willst?“, fragte er erregt nach und bereute bald darauf die Frage. Unsicher blickte die Braunhaarige zwischen ihrem Exfreund und der Zimmertüre hin und her. War sie sich sicher? War das eine gute Idee? Sollte sie jetzt wirklich Sex mit ihrem Ex haben? In den paar Minuten die verstrichen waren, verglühte die Leidenschaft und das Gehirn der jungen Dame begann erneut zu rattern. Entschuldigend blickte sie in die warmen Augen ihres Exfreundes, resigniert ließ er von der Braunhaarigen Schönheit ab. „Du bist dir nicht sicher?!“, mutmaßte er, zerknirscht sah die angehende Modestudentin zu ihrem besten Freund. „Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee wäre, Koushiro-kun. Es tut mir leid…“, erwiderte sie traurig. Der Informatiker schüttelte trübsinnig seinen Kopf „Ist schon okay…“, log er. „Hör auf damit!“ „Womit soll ich aufhören?“, fragte der Rothaarige verständnislos nach. „Immer so perfekt zu sein, immer das richtige zu sagen, immer das richtige zu machen. Sei doch einfach wütend auf mich, weil ich dich verlassen habe, weil wir hier rumknutschen wie bescheuerte Teenager nach allem was zwischen uns war, weil ich dich hier abblitzen lasse, nachdem ich dich heiß gemacht habe!“, schrie die junge Frau verzweifelt durch den gesamten Flur des Hotels und Tränen bildeten sich erneut in den Augen der Braunhaarigen. Mit gequältem Lächeln versuchte der Ältere dem schmerzlichen Blick seiner Exfreundin stand zu halten. „Aber so möchte ich das nicht, so will ich dich nicht. Ich will, dass du es möchtest. Ich will, dass du mich willst, darum geht es doch oder nicht?“ Betrübt nickte die Tachikawa mit ihrem Kopf. Der Satz war einfach und schlicht und trotzdem sagte er alles was gesagt werden musste. Ein gewisser Teil in ihr wollte es sogar, aber sie wusste, dass sie es kurz darauf bereuen würde und sie wollte ihn nicht schon wieder verlieren. Nicht jetzt, das würde sie nicht ertragen. „Es tut mir leid, ich will dir doch nicht weh tun... oder dich verlieren...“, murmelte sie erneut, vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und schluchzte. Mit ehrlichem Lächeln nahm Koushiro die Hände seiner Exfreundin und legte diese in seine, sanft fuhr er mit seinen Daumen und streichelte behutsam die Innenseite ihrer Handfläche „Du wirst mich nicht verlieren, okay?!“, sprach er mit ruhigem Worte und blickte in die goldbraunen Augen seiner Verflossenen. „Versprochen?“ „Versprochen!“, antwortete er gleich und legte dabei feierlich seine rechte Hand auf seine linke Brust um sein Versprechen zu untermalen. Daraufhin musste die junge Frau laut kichern. „Du bist toll, Koushiro-kun, du verdienst wirklich nur das Beste“, sagte die Braunhaarige und sah ihn Dankbar an. „Na los und jetzt geh ins Bett, der Abend war anstrengend genug.“, drängte er seine Exfreundin und schob Mimi Richtung Zimmertüre. Mimi nahm sich ihre Hotelkarte, schloss die Türe auf, trat in ihr Hotelzimmer ein und blickte sich noch einmal nach ihrem besten Freund um „Danke, für alles, mein lieber Coputernarr“ Mit diesen Worten verabschiedete sich die junge Frau von Koushiro und ging alleine ins Bett.   Nun stand die Braunhaarige schon seit dreißig Minuten unter der Dusche und versuchte mit dem klaren Wasser ihren verwirrten Verstand zu befreien. Mehr oder weniger half es und sie stieg mit neuem Tatendrang aus der Dusche aus. Schnell zog sich die Tachikawa ein rosafarbenes Kleid über, nahm sich eine ihrer Grüntee-Extrakt-Pillen, machte sich einen losen Pferdeschwanz, legte sich ein natürliches Make-Up auf und wollte das Frühstücks-Buffet des Hotels nutzen, ehe sie den Tag mit ihren Freunden verbringen würde. Sightseeing stand auf dem Programm und Mimi wollte sich als perfekte Touristenführerin präsentieren. Verdammt! Sie wollte nicht trübselig zurückdenken, sie wollte positiv an ihre Zukunft denken. Sie wusste, dass es schwer werden würde, dass ein langer und steiniger Weg auf sie wartete, aber sie war nicht alleine und viel steiniger als ihr bisheriger Weg konnte es auch nicht mehr werden....   Zügig schulterte die Braunhaarige ihren modischen beigefarbenen Rucksack und verließ mit eiligen Schritten ihr Zimmer. Sie ging auf den Fahrstuhl zu und betätigte den Drücker, als ein Pling erklang, öffneten sich die Fahrschultür und Mimi schritt in einen leeren Fahrstuhl ein. Sie fuhr eine Etage tiefer, als die Türe sich erneut öffnete und erkannte einen ihr nur zu bekannten blonden jungen Mann, der sie mit grünen Augen musterte. „Na Super!“, erwiderte die Brünette sarkastisch und rollte genervt mit ihren Augen „Könnte mir auch besseres vorstellen.“, entgegnete er angriffslustig, gesellte sich aber schließlich neben die Braunhaarige. Auf der vierten Etage hielt der Aufzug des Hotels ein weiteres Mal an und wieder öffneten sich die Türen. Taichi und Koushiro standen der Braunhaarigen gleich gegenüber. „Guten Morgen.“, murmelte die junge Frau und machte etwas Platz, damit auch ihre beiden Freunde genug Raum in dem kleinen Fahrstuhl hatten. Unsicher schritten die beiden jungen Herren in den Aufzug ein und begrüßten die Beiden zurückhaltend.   Michael ignorierte jedermann und Mimi überlegte fieberhaft aus dem Fahrstuhl auszusteigen, um nicht doch lieber die Treppe zu nehmen. Doch sie wollte nicht kindisch sein und immerhin waren sie schon gut wie unten. Die Türen des Fahrstuhls schlossen automatisch und dieser begann mit der Fahrt fortzuführen.   Zwischen der dritten und zweiten Etage, brachte ein lautes Knarren jeden Einzelnen aus ihren Gedanken. Unbehagen machte sich in der Tachikawa breit, als befürchtete sie bereits das Schlimmste und ehe sie ihre Gedanken laut aussprechen konnte, durchfuhr sie ein ruckartiger Schwung und der Fahrstuhl blieb abrupt stehen.   „Was war das?“, fragte die Brünette ängstlich nach. „Was wohl? Der Fahrstuhl ist stecken geblieben, du dumme Gans!“, giftete ihr neuster Exfreund das Mädchen an und fixierte sie böse. „Hör gefälligst auf Mimi anzugehen!“, sagte Taichi streng, mutmaßte den Blonden argwöhnisch und ging einen Schritt auf diesen zu, um die Distanz zu verringern. Mimi stand hilflos zwischen den drei Männern und hoffte das der Fahrstuhl schnell weiterfahren würde, das könnte sonst noch böse ausgehen.   Mimi war kein Mädchen für One-Night-Stands oder Affären, es gab genau drei Männer, die sie entweder emotional oder körperlich berührten und genau mit diesen drei Männer steckte sie gerade im Fahrstuhl fest – sollte das ein schlechter Scherz sein? War das ihr Karma? War sie in ihrem früheren Leben, so ein schlimmer Mensch gewesen? Es gab nichts, absolut nichts, was sie sich mehr wünschte, als augenblicklich mit jedem anderen Menschen ihre Position tauschen zu können. Sie würde lieber einen Zahnarzt aufsuchen und sich ohne Betäubung einen Zahn ziehen lassen, anstatt in dieser Konstellation festzustecken....   *.: 。✿*゚‘゚・✿.。.:*Koushiro*.:。✿*゚’゚・✿.。.:*   Koushiro stand auf dem Balkon und ließ die beeindruckende Skyline auf sich wirken, gerade wünschte er sich wirklich eine Zigarette, obwohl er gänzlich gegen das Rauchen war, aber unter diesen Umständen hätte das wohl jeder nachvollziehen können. Weder Yamato, noch Taichi waren im Hotelzimmer, sie kamen auch die ganze Nacht nicht. Er konnte sich schon denken, wo Yamato nächtige, wahrscheinlich wieder bei irgendeinen Namenlosen Mädchen, aber wo war Taichi geblieben? Hatte er etwa auch eine abgeschleppt?   Der Computerfreak hatte keine Lust weiter darüber nachzudenken, was seine beiden Freunde nun wieder für einen Mist fabrizierten, er selber hätte beinahe genug Mist für zwei gebaut. War es Mist? Er war sich nicht sicher. Er hätte zu gerne mit Mimi die Nacht verbracht, aber er hätte diesen Moment ihrer Schwäche niemals ausgenutzt, nur um seinen eigenen Verlangen nachzugehen. So etwas konnte man machen, wenn man sich mit einem Mädchen vergnügte, dass man nicht kannte und danach nie wiedersah, aber nicht, wenn es sich dabei um die eigene Exfreundin handelte und diese noch immer begehrte...   Wieder dachte er, wie schon die gesamte Nacht zuvor, in dem er keinen Schlaf fand, an die Braunhaarige. War er nicht längst über sie hinweg? War er nicht schon viel weiter? Fing das ganze wieder von vorne an? Das durfte doch nicht wahr sein. Zumal er sich sicher war, dass sie dieses Mal seine Gefühle – wie immer diese waren, nicht erwiderte. Er schrak panisch zusammen, als er plötzlich eine Hand auf seine Schulter spürte. Schnell drehte er sich herum „Taichi-kun?“, sagte er nach Luft schnappend. „Hey, Alter, du scheinst ja gar nichts mehr mitzubekommen. Wo bist du wieder mit deinen Gedanken?“, sagte er lachend. „Wo kommst du her?“, hakte er nach und wollte schnell das Thema wechseln. Taichi schüttelte ausdruckslos seinen Kopf „Ist doch egal...“, erwiderte er. Koushiro wusste nicht genau, was er von dieser Antwort halten sollte und erst jetzt viel ihm auf, wie fertig er eigentlich aussah, ihm schien es gar nicht gut zu gehen, aber auch er schien nicht weiter auf das Thema eingehen zu wollen. „Hast du Mimi gestern noch gefunden?“, fragte Taichi bei seinem jüngeren Freund nach, dieser nickte leicht mit dem Kopf „Und?“ „Und was?“ „Ja, wie geht’s ihr?“, wollte er schließlich wissen. „Wie soll es ihr schon gehen...?“, stellte er die Gegenfrage. Er wollte jetzt nicht mit Taichi über seine Exfreundin reden. Zumal sie dies so gut wie nie taten... „Ich habe Hunger, hast du schon gefrühstückt?“, wand sich der Rothaarige an seinen besten Freund, dieser verneinte. „Nein, ich ziehe mich nur schnell um, dann können wir runter. Wir sind sowieso schon ganz schön spät dran.“ „Stimmt ja, wir bekommen heute eine spezielle New York Führung alá Tachikawa…“, grinste der Rothaarige.  „Na hoffentlich nicht in der pinken Limousine…“, lachte der junge Yagami, gesellte sich ins Badezimmer und machte sich frisch.   Koushiro wartete doch noch geschlagene zwanzig Minuten auf seinen besten Freund, manchmal konnte der Braunhaarige wirklich eitel sein, schon in der WG brauchte er am längsten im Badezimmer. Letzten Endes machten sie sich doch noch zu zweit auf den Weg zum Fahrstuhl...“Wo ist eigentlich Yamato-kun?“, fragte der Rothaarige bei dem Älteren nach, dieser hob nur vielsagend die Augenbrauen und blickte zu seinem jüngeren Freund runter. „Kannst du dir das nicht denken?“ „Doch, eigentlich schon.“, verdrehte Koushiro nur verständnislos die Augen, während er den Drücker, der Aufzugstür betätigte. Die Fahrstuhltüren öffneten sich und noch bevor die Türen des Aufzuges ganz geöffnet war, erkannte der Rothaarige bereits welches Mädchen sich im Inneren darin befand. Als er dann noch Michael erblickte, war das Chaos perfekt. Sollte er jetzt diese Höhle betreten? Aber warum nicht, in dreißig Sekunden war diese ganze Prozedur ja ohne hin beendet. Taichi ging zuerst herein, nachdem Mimi sie zurückhaltend begrüßt und ihnen etwas Platz gemacht hatte. Koushiro folgte seinem ehemaligen Anführer und zügig schlossen sich bereits die Türen. Als er ein lautes Geräusch hörte und darauf ein kleines Erdbeben ihn und seine Freunde erschütterte, hatte er bereits eine Ahnung und ehe er seine Theorie aussprechen konnte, ging Michael auch schon Mimi an, während sich der Braunhaarige schützend vor dem Mädchen stellte. Ein seufzen verließ seine Lippen, ehe er sich auf den Weg zum Notrufschalter machte. Koushiro drückte die kleine Klingel im Fahrstuhl. „Hallo? Hallo? Ist das jemand?“, rief der junge Mann in die Sprechmuschel, doch eine Antwort blieb aus. Erneut versuchte der Rothaarige sein Glück, doch wieder tat sich nichts. Enttäuscht ließ er ab und drehte sich zu seinen Freunden und Michael um. „Tja, das könnte noch eine ganze Weile dauern, wahrscheinlich ein Stromausfall, sonst hätte bestimmt jemand geantwortet.“, stellte der Informatiker seine Theorie. „Wie eine ganze Weile?“ fragte die Tachikawa fassungslos nach. Ja, keiner der hier Anwesenden fand diese Ausgangssituation prickelnd. Koushiro fühlte sich wie in einem Löwenkäfig mit einer Hyäne gefangen....   *.: 。✿*゚‘゚・✿.。.:*Taichi*.:。✿*゚’゚・✿.。.:*   Okay. Im Fahrstuhl feststecken war eine Sache. Michael dabei zu haben die Nächste. Noch schlimmer war es jedoch, nicht zu wissen, was letzte Nacht um ihn herum geschehen war. Sehr deutlich sah er sich selbst, wie er die Augen öffnete und nicht in SEINEM Bett lag. Stattdessen lag seine beste Freundin neben ihn, die fast zeitgleich in das schockierte Gesicht des Yagami blickte. Taichi konnte es noch immer nicht fassen. Hatte er etwa mit Sora die Nacht verbracht? Noch jetzt dröhnte ihm der Schädel und er hoffte darauf, dass Joe für ihn eine Schmerztablette haben würde. Was hatte er nur gestern getrieben? Er hatte einen kompletten Black Out. Noch sehr deutlich konnte er sich daran zurück erinnern, dass Mimi mit ihrem Vater aneinandergeraten war und sich mit ihm gestritten hatte. Er hatte überreagiert und ihr vor versammelter Mannschaft eine Ohrfeige verpasst. Noch immer konnte es Taichi nicht fassen. Glücklich darüber, dass sie keine bleibenden Schäden davontrug, wie beispielsweise einen blauen Fleck oder dergleichen, sah er sie aus den Augenwinkeln an. Nach wie vor konnte er nicht fassen, dass das ihr Vater getan hatte. Dann verschwamm seine Erinnerung. Er konnte sich noch daran erinnern, dass Sora ihm ein Glas Wasser gegeben hatte. Alles Weitere verblasste in seiner Erinnerung.   Und dann wachte er auf. Nackt. Im Bett seiner besten Freundin. Sora hatte ihm ziemlich deutlich gemacht, WAS sie die Nacht getrieben hatten. Nach wir vor wollte das Taichi jedoch nicht glauben. Nein, nicht einmal wahrhaben. Die Takenouchi war ihm zu wichtig, als dass er sie jemals so behandeln würde. Alle seine One-Night-Stands hatten für ihn keinerlei Bedeutung. Sora war seine beste Freundin. Er wollte nicht einsehen, dass er mit ihr geschlafen haben sollte. Dementsprechend schnell war er auch aufgestanden und aus dem Zimmer der Rothaarigen gestürmt. Verdammt. Was sollte er denn jetzt machen? Vor allem: Wie sollte er mit ihr umgehen? Er wusste nicht, was sie getrieben hatte. Taichi konnte nicht einmal verneinen, mit ihr geschlafen zu haben. Aus welchem Grund also sollte Sora ihn belügen? Schließlich war sie immer für ihn da. Oh nein. Er hoffte nur, sie nicht verletzt haben. Der Fußballer war schließlich nicht vollkommen. Die Blicke, die sie ihn zuwarf kannte er nur zu gut. Denn es waren dieselben Blicke, die er Mimi immer wieder schenkte.   Mist. Mist. Mist! Verdammter Drecksmist!!! Was hatte er nur in dieser Nacht getrieben????   „Taichi-kun…. Ist alles okay bei dir?“ Erschrocken fuhr er zusammen, als er die sanfte Stimme der Tachikawa an sein Ohr klang. Unsicher blickte er zu ihr herab. Er lächelte leicht und kratzte sich am Hinterkopf. „Nichts, nichts… alles okay…!“, erwiderte er lachend. Koushiro schenkte ihm nur einen misstrauischen Blick, während der von Michael abschätzend war. „Tzz… als ob. So sieht doch ein Mann aus, der im Bett einer Frau gelandet ist!“, sprach der Blonde ganz direkt aus. Schließlich wusste er genau, wo Taichi die Nacht verbracht hatte. Er hatte nämlich aus dem Augenwinkel genau beobachten können, dass Sora die Tablette tatsächlich genutzt hatte.   Bei dem Argument von Michael fuhr Taichi erschrocken zusammen. Er fühlte sich auf frischer Tat ertappt. „Schließ nicht von dir auf andere!“, fuhr er ihn an. „Tzz… Selbst wenn. Ich bin schließlich Single und kann tun und lassen, was ich will!“, entgegnete Michael trocken und gab Mimi dabei einen stechenden Blick. Dieser war die Situation sichtlich unangenehm. Zumal es Taichi seltsamerweise traf, in ihr hübsches Gesicht zu blicken und dabei zu erkennen, wie verletzt sie doch schien. Lag das daran, dass er die Nacht woanders verbracht hatte? Einen Moment dachte Taichi dran zurück, wie sehr es ihn getroffen hatte, zu erfahren, dass Koushiro für Mimi da gewesen war, anstatt selbst handeln zu können. Gut, er wusste ja, dass die beiden ein unsichtbares Band verband, trotzdem wollte er für die Brünette genauso da sein, wie sein rothaariger Freund. Doch dieser war mal wieder rational geblieben, hatte gehandelt und sich direkt um die junge Frau gekümmert. Taichi dagegen konnte sich an nichts erinnern. Zumal ihn die Vorstellung wurmte, dass zwischen Koushiro und Mimi mehr geschehen sein könnte. Nein! Das wollte er sich gar nicht vorstellen…   „Aber du scheinst es ja ziemlich nötig zu haben. Oder habe ich mir eingebildet, dass du mit dieser Rothaarigen von der Party verschwunden bist?“, sprach Michael weiter. „T-Taichi?“, kam es nun auch empört von Koushiro, der den Angesprochenen nur verwundert blickte. Mimi war neben ihm zusammengefahren, wirkte nicht nur schockiert, sondern auch emotional angeschlagen. „Hast du eigentlich nichts Besseres zu tun?“, wand Taichi wütend an Michael. Er war wirklich drauf und dran, diesem eins überzubraten. Vor allem konnte er seinen Worten nicht einmal etwas entgegensetzten, da er scheinbar mehr wusste, als er selbst. Vor Mimi diese Offenbarung ausgesprochen zu haben, schien Michael sichtlich mehr Genugtuung zu geben, als es den Yagami recht war. „Naja, was soll’s. Scheint ja eh so, dass ihr alle keine Kinder von Traurigkeit seid.“, sprach er unbekümmert weiter. Danach fixierte sein Blick Koushiro. „Nicht wahr?“, grinste er ihn an. Diesmal war es Taichi, der seinen Freund ansah. „Was meint er damit?!“, fragte dieser aufgebracht. Koushiro fühlte sich sichtlich bedrängt. „I-Ich…ich habe‘ keine Ahnung!“, log er. Auf Michaels Lippen folgte ein Grinsen. „Nicht? Dann muss ich dich und Mimi wohl mit jemand anderen verwechselt haben…!“, lachte der Amerikaner. Die Tachikawa selbst sah nur unschlüssig zwischen den drei Männern hin und her, die sich provozierend untereinander austauschten. „Inwiefern verwechselt?“   Es war seltsam. Doch Taichi durchfuhr die brennende Eifersucht. Dieses Gefühl hatte er bereits vor einigen Jahren zu spüren bekommen, als er erfahren hatte, dass Mimi mit Koushiro zusammengekommen war. Bis heute verstand er die Umstände nicht, die dazu geführt hatten. Tagein und -aus hatten sie gemeinsam Zeit verbracht, gelacht und waren sich nähergekommen. Der Yagami konnte sich noch gut daran erinnern, wie gern er mit ihren Haarsträhnen gespielt hatte, wenn sie mal wieder auf seinen Oberschenkeln lag und gen Himmel sah. Genauso gern erinnerte er sich an ihr lachendes Gesicht, wenn sie mit der Cheerleader-Mannschaft der Oberschule seine Fußball-Mannschaft anfeuerte und nur ihn dabei fixierte. Sie waren sich so unglaublich nah und mit jedem weiteren Augenblick, schlug sein Herz mehr. Er wollte sie. An seiner Seite. Keine Andere. Und dann erreichte ihn die Information – von heute auf morgen – dass sie mit Koushiro zusammen war. Dabei war doch so viel Unausgesprochenes zwischen ihnen geblieben. Fast augenblicklich hatte er sich distanziert und Abstand zwischen sie gebracht. Passend, wenn man bedachte, dass ab diesem Zeitpunkt sowieso nur noch Koushiro zählte. Aber okay. Solange er sie glücklich machte. Dann machte er eben auch das Beste aus der Situation.   Die Erinnerungen überschlugen sich förmlich in den Gedanken des Yagamis. Eifersüchtig fixierte er seinen Freund, während Michael das Schauspiel nur grinsend mit verfolgte. „Ich weiß nicht, wovon er spricht…“, log der rational denkende Informatiker weiter. Wollte er den Träger des Mutes komplett veraschen? Sein ganzer Körper wirkte verunsichert und angespannt. Man sah ihm an, dass er log. „Könntet ihr das lassen?“, fragte nun auch Mimi. „Halt du dich daraus. Es wird gerade lustig!“, lachte Michael. Taichi blendete die beiden vollkommen aus. Koushiro und er zählten nur noch. Schließlich wusste dieser ganz genau, was Taichi empfand. Dass er sich trotzdem an die Tachikawa herangemacht hatte, machte ihn wütend. „Was machst du mir eigentlich Vorwürfe?“, fuhr Koushiro nun zurück, nachdem er wie eine Ratte zurückgedrängt wurde. Taichi hob überrascht die Augenbrauen. „Ich bin dir über meine Handlungen keine Rechenschaft schuldig!“, murrte er schnaubend und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ach ja?! Seit wann bist du so erbärmlich und machst mit deiner Exfreundin rum? Kannst du dir kein anderes Mädchen suchen? Bisher war dir doch auch jede Recht!“, argumentierte Taichi weiter. Er dachte überhaupt nicht mehr logisch, sondern handelte rein aus seiner eifersüchtigen Emotion heraus.   „Was erzählst du da für einen Dreck? Ausgerechnet du? Du wechselst die Frauen doch mindestens genauso oft, wie ich!“, wurde nun auch Koushiro lauter. „Du hältst ja nicht einmal vor deiner besten Freundin!“, ergänzte er noch. Taichi wich gar ein wenig zurück. „Bist du bekloppt. Ich würde nie mit Sora… Ich meine…Ach verdammt! Ich weiß nicht, was gestern noch passiert ist!“, schrie er empört. „Weil du dir mal wieder so viel hinter die Birne gekippt hast, dass du keinen klaren Gedanken mehr fassen kannst?!“, fragte Koushiro weiter. „Das ist überhaupt nicht wahr! Wenigstens mach ich nicht mit meiner Exfreundin rum!“ „Dafür aber mit der Exfreundin deines besten Freundes, oder was?!“   „DAS REICHT JETZT!!!“   Sofort schnellten die Körper von Koushiro wie auch von Taichi zusammen. Mimi sah die beiden mit einem wütenden, aber auch einem verletzten Ausdruck an. Tränen schimmerten in den Augen der Kleineren. Augenblicklich fuhr das schlechte Gewissen in Taichi. Auch Koushiros Lippen pressten sich schmerzlich aufeinander. Sie waren mit ihren Vorwürfen zu weit gegangen und hatten komplett vergessen, dass auch Mimi anwesend war. Eindeutig zu viele Informationen. Anscheinend hatten sie die junge Trägerin der Reinheit ziemlich getroffen. Aber auch Taichi war wütend und angeschlagen. Über sein eigenes Verhalten, aber auch über die Tätigkeiten zwischen Koushiro und Mimi. Er senkte den Blick, während sich seine Finger zu Fäusten ballten. „Mimi-chan…es tut m-…“ Doch die Tachikawa ließ Koushiro nicht aussprechen. „Haltet einfach die Klappen!“, schluchze sie leise.   Auf der Mimik von Taichi entstand ein verletzter Ausdruck. Schweigend und mit schlechten Gewissen sahen Koushiro und er die junge Frau an. Doch sie erwiderte von keinem den Blick. Der Brünette Wuschelkopf ertrug den verletzten Anblick von ihr nicht. Ebenso wie Koushiro standen sie letztlich nur schweigend im Fahrstuhl und wanden sich von Mimi ab. Der eine blickte in die eine, der andere in die andere Richtung, während sich das schlechte Gewissen wie ein Schleier um die gesamte Atmosphäre des Fahrstuhls legte.   Verdammt. Wie lange würde es wohl dauern, bis dieser wieder funktionierte?   *.: 。✿*゚‘゚・✿.。.:*Michael*.:。✿*゚’゚・✿.。.:*   Ein Grinsen zierte die Lippen des Amerikaners. Alles verlief perfekt nach seinem Plan. Sora hatte scheinbar direkt nach seinen Vorstellungen gehandelt, indem sie dem Yagami das Mittelchen verabreicht hatte. Dieser schien nicht einmal zu wissen, was um ihn herum geschehen war. Scheinbar hatte ihm das Mädchen sogar erzählt, dass sie miteinander geschlafen hatte. Zu perfekt. Natürlich wusste der Blonde, dass er der Rothaarigen kein aufputschendes Mittel gegeben hatte. Schlicht und ergreifend waren diese Art von Drogen auch zu schade dafür. Denn es würde auch mit einfachen K.O.-Pillen funktionieren. Schließlich verfolgte er mit seinen Handlungen nicht die Intension, dass der Yagami mit Sora schlief. Nein, was in deren Betten vor sich ging, war ihm ganz egal. Er wollte einfach einen Keil zwischen die Freundschaften rammen, um Mimi von ihrem Plan, Amerika zu verlassen, abzubringen. Dieses dumme Mädchen machte ihm all seine Pläne zunichte. Schließlich wollte er irgendwann selbst ein Imperium der Macht errichten und dafür brauchte er nun einmal die Tachikawa.   „Wie kindisch…“, flüsterte er nur und lehnte sich an die Wand. Die beiden Angesprochenen reagierten nicht. Stattdessen interagierte Koushiro nach wie vor mit dem Sprechdienst der Notrufzentrale, während Taichi mit verschränkten Armen die Wand des Fahrstuhls anstarrte.   Michael konzentrierte sich unterdessen auf seine Exfreundin, die angestrengt versuchte, ihre aufkommenden Tränen zurückzuhalten. Prinzipiell war sie schon ein Miststück. Sich vor seinen Augen so zu benehmen. Und das nur, weil sich diese beiden Schwachmaden förmlich um sie kloppten. Selbst Michael bemerkte, wie die beiden Japaner die Tachikawa anstarrten. Dieser verträumte und verliebte Ausdruck. Wirklich widerlich. Vor allem starrten sie ausgerechnet sein Mädchen an. Das Mädchen, welches er heiraten wollte. Das Mädchen, welches ihn vollkommen bloßgestellt und blamiert hatte. Doch er brauchte sie, um an das Ziel seiner Träume zu kommen. Bei diesen Gedanken schlich sich dennoch ein grinsen auf seine Lippen. Schließlich gab es intime Details, die nur er kannte. Sie würde schon zurückkommen. Sie brauchte ihn. Dafür hatte er in der Vergangenheit gesorgt. Er schloss einmal kurz die Augen…   Völlig fertig saß Mimi in ihrem Zimmer und raufte sich die Haare. Verzweifelt blickte sie auf die Unterlagen ihres Seminars und versuchte einige – zum Gähnen – langweilige Texte zusammenzufassen. Doch jeder Satz, der zu Stande kam, ergab keinen Sinn. Nichts ergab einen Sinn. Verzweifelt sackte sie in sich zusammen. Sie konnte nicht mehr. „Schon wieder…? Stell dich mal nicht so an“, murrte Michael und lehnte sich an die Türe. Mimi hob den Blick. „Was machst du denn hier?“ Er zuckte mit den Schultern. „Du bist seit zwei Wochen wieder in Amerika und hast dich nicht gemeldet. Ich hab mir Sorgen gemacht.“, sprach er ruhig aus und schritt zu ihr rüber. „Hat er es gut aufgenommen…?“, fragte er direkt. Michael war zu dieser Zeit ihre einzige Vertrauensperson. Mimi nickte. „Ja…mehr oder weniger… Aber sie fehlen mir alle so. Ich kann nicht mehr. Dieses verdammte Studium!!“, rief sie aus und fegte die Unterlagen über den Tisch. Der Amerikaner seufze nur. „Mimi…deine Eltern wollten nur das Beste für dich… Du schaffst das schon…“ E kniete sich neben sie und hob die Unterlagen auf. Mimi fuhr sich gestresst durch die Haare. „Ich kann nicht mehr…Nein… ich will nicht mehr. Wie soll ich das alles schaffen? In der Firma wollen alle was von mir und das Studium verlangt auch massig von mir ab. Ich weiß gar nicht, wann ich was machen soll!“, sprach sie verzweifelt aus. Michael überlegte nicht lange, kurz bevor er in der Hosentasche wühlte. „Nimm das…“, verwundert hob Mimi den Blick und sah zu der kleinen Pille. „Was ist das?“ „Das nennt man Upper.“ Mimis Augen wurden größer. „Bist du wahnsinnig? Ich nehme doch keine Drogen!“, flüsterte die junge Frau. „Hab ich auch nicht verlangt. Aber sie helfen dir, wenn dir alles über den Kopf wächst. Du musst selbst wissen, wie du damit agierst. Außerdem sind das keine Drogen. Das sind einfache Grüntee-Extrakt-Pillen.“, lächelte er sie an. Schon immer war Michael ein ausgezeichneter Schauspieler.   Er selbst bekam an besagten Tag nicht mehr mit, dass Mimi die Tablette tatsächlich genommen hatte. Doch mit ihrer folgenden Frage hatte sich sein Verdacht bestätigt. Ab da an wurde sie leistungsfähiger, aufmerksamer und munterer. Sie lachte mehr, schien zu vergessen und nahm am Leben – mehr oder weniger – teil. Allerdings meist unter aufputschender Wirkung. Und mit jeder Tablette intensivierte er die Dosierung und band sie mehr an sich. Mimi bemerkte es nicht, doch er hatte sie bereits abhängig gemacht. Spätestens mit dem Leeren ihrer letzten Packung würde sie merken, wie sehr sie ihn doch brauchte. Denn schon lang waren sie nicht mehr bei harmlos wirkenden Aufputschtabletten, die auf Grüntee-Extrakt basierten, sondern bei hochwertigen Methylendioxyamphetamin-Exemplaren. Zu Deutsch: Sie waren bei der Droge Ecstasy angelangt.   “Drücken sie nochmal auf den Knopf, dann müsste sich der Fahrstuhl wieder bewegen.“   Aufmerksam beobachtete Michael, wie Koushiro der Anweisung folgte und auf besagten Knopf drückte. Ein Ruckeln und kleines Krachen erklang, was sie alle zum Zusammenzucken brachte, kurz bevor sich der Fahrstuhl wieder in Bewegung setzte. Nur wenige Sekunden später öffneten sich die Türen der Räumlichkeit und sie konnten endlich raus.   „Oh Gott sei Dank!“, erklang die erleichterte Stimme von Mimi, die dicht gefolgt von Koushiro und Taichi den Fahrstuhl verließ. Michael folgte den Dreien schweigend, kurz bevor er Mimi am Handgelenk packte und grob zurückzog. Noch ehe sie etwas sagen oder gar reagieren konnte, hatte er seine Lippen auf die ihre gelegt und küsste sie innig. Man sah der Tachikawa an, dass sie das nicht wollte, wehren konnte sie sich jedoch auch nicht. Koushiro und Taichi bemerkten es zu spät, um irgendwie reagieren zu können. Stattdessen löste sich Michael mit einem Grinsen von den Lippen der Tachikawa. „Ich freue mich schon auf den Moment, an dem du mich anflehst, dich zurückzunehmen!“, sagte er fies. „Du mieser…“, erklang die Stimme von Taichi, der dem Blonden direkt einen Schlag in die Visage des besagten Mistkerls verpasste. Mimi wirkte absolut überrumpelt, um überhaupt wahrzunehmen, was sich vor ihren Augen abspielte. Sie zuckte nur zusammen, als Koushiro sie sanft an den Schultern berührte. „Geht’s?“, fragte er die junge Frau so einfühlsam wie möglich. Michael wischte sich währenddessen das Blut vom Mundwinkel. Noch immer lag sein widerliches Grinsen auf seinen Lippen, mit welchem er Mimi wissend ansah. Doch letzten Endes war es Taichi, der sie und Koushiro weg von dem Anblick dieser kleinen Ratte brachte. „Keine Sorge. Er wird dich sicher nicht nochmal belästigen!“, kam es drohend von Taichi, der Michael noch einmal einen dementsprechenden Blick zuwarf. Dieser blieb nur unbeeindruckt sitzen, während die drei Richtung Frühstücksaal verschwanden. Er zuckte lachend mit den Schulten.   „Hah…“, sprach er aus. „Das werden wir ja noch sehen…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)