Vampires Will Never Hurt You von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Call Him Asshole --------------------------- 1. Kapitel Call him asshole Jake Dawson war schon immer ein mürrischer und unfreundlicher Mensch gewesen. Er hasste die Gesellschaft von vielen Menschen, er hasste Leute, die zu viel redeten und er hasste vor allem Leute, die meinten, sie müssten ihm bei seinen Problemen helfen. Doch seit wir in diese verdammte Stadt gekommen waren, schien sein Hass auf alles und jeden noch unmenschlichere Ausmaße angenommen zu haben. Wir saßen in einem kleinen Diner, nicht weit entfernt von der einzigen Tankstelle der Stadt, die klischeehaft von einem potenziellen Massenmörder betrieben wurde, dessen größte Laster sein schreckliches Stottern war. Wir hatten diese Tankstelle erst einmal betreten seit wir in Caven’s Hill waren, doch mir war der Typ jetzt schon unheimlich. Nicht, dass die Gesellschaft von Jake angenehmer gewesen wäre. „Willst du noch Kaffee?“, fragte ich und bemühte mich freundlich zu klingen. Aber Jakes Dauerschlechte Laune schien abzufärben. Er sah mich an, als wäre ich verrückt geworden. „Ich hasse Kaffee...“, sagte er nur und stützte seinen Kopf wieder auf die Hände. Ich sah auf die beiden leeren Kaffeetassen, die vor ihm standen, aber zog es vor, auf eine sarkastische Antwort zu verzichten. Ein Streit am frühen Morgen sollte möglichst vermieden werden. Ich stand seufzend auf und schlenderte allein zur Theke. Der dicke, bärtige Besitzer des Ladens schien sich nicht wirklich dafür zu interessieren, ob ich Kaffee wollte oder nicht, denn er hatte die Beine hochgelegt und las in einer Zeitschrift, die im Kiosk sicher auf der oberen Regalzeile stehen musste. Ich räusperte mich kurz und klopfte mit meiner Tasse auf den Tresen. Der Mann sah desinteressiert auf und legte die Zeitschrift weg. „Kaffee?“, fragte er und ich hörte einen Dialekt heraus, den ich nicht zuordnen konnte. Ich nickte nur und schob die Tasse zu ihm rüber, die er rasch füllte. Ich bedankte mich und ging zurück zum Tisch, an dem sich Jake inzwischen eine Zigarette angezündet hatte. Ich setzte mich und stellte den Kaffee vorsichtig auf der Tischplatte ab. Ich wollte gerade etwas davon trinken, als ich doch noch einmal aufsah und Jake angrinste. „Kennst du ihn?“, fragte ich und er zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. „Wen?“, wollte er wissen und aschte in den Plastikaschenbecher, den er vor sich hingestellt hatte. Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee und lächelte scheinheilig. „Na, den Typen, der in zwei Minuten um die Ecke da vorne biegen und danach dieses Diner betreten wird!“ Jake zuckte mit den Schultern. „Wie sieht er denn aus?“, fragte er und zog an seiner Zigarette, als würde ihn die ganze Angelegenheit gar nichts angehen. Ich seufzte. Sein Desinteresse macht die Arbeit manchmal wirklich nicht einfach. Aber er war eben der beste in seinem Job. „Langes blondes Haar, ziemlich auffällige Augenringe und ein sehr hageres Gesicht...“, antwortete ich und stellte die Tasse wieder ab. Jake überlegte kurz. „Kling vielversprechend!“, sagte er endlich und legte die Zigarette im Aschenbecher ab. Ich stöhnte entnervt. „Sonst hätte ich doch wohl kaum was gesagt, oder?“, raunte ich ihn an und trank schmollend meinen Kaffee. „Es ist ja nicht so, als wäre ich vollkommen überflüssig in unserem Team, oder? Ich arbeite auch hart und schon ziemlich lange in dieser Branche! Langsam könntest du mir echt mal vertrauen!“ Jake warf mir einen vernichtenden Blick zu. „Und du könntest langsam echt mal die Fresse halten, Chestnut! Es ist wirklich nicht einfach sich zu konzentrieren, wenn ich ständig dein Geblubber im Ohr habe!“, fuhr er mich an. Er sprach jetzt so laut, dass die einzig anderen Kunden des Diners – ein alter Mann mit Zeitung und ein junges Ehe- oder Affärenpaar – uns entsetzt ansahen. Mir war schon aufgefallen, dass man in dieser Stadt selten die Stimme hob. Ich warf einen Blick nach draußen und lächelte wieder. „Er ist da“, sagte ich leise und nickte in Richtung Eingangstür, die in diesem Moment von außen geöffnet wurde. Ein hagerer, großer Junge betrat das Diner mit schlurfenden Schritten. Sein fettiges langes Haar hing ihm in das eingefallene Gesicht und seine Augen hatten einen glasigen Ausdruck. Ich schätzte ihn nicht älter als 19, doch seine Haltung war die eines alten Mannes. Der hölzerne Fußboden knarrte unter seinen durchgelaufenen Schuhen und er steuerte zielstrebig auf den Tresen zu ohne die anderen Gäste zu beachten. Jake stand langsam auf; wie in Zeitlupe. Sein Gesichtsausdruck gefiel mir nicht, doch ich war mir sicher, dass er dem jungen Blonden noch weniger gefallen würde. Dieser war mittlerweile beim Tresen angekommen und sprach mit dem Besitzer. Sein Auftreten und seine Stimme ließen auf Drogen oder etwas Schlimmeres schließen, doch ich hatte das Gefühl, dass es noch etwas anderes gab, was diesen umgab. Er hatte sie so fest an der schwarzen Marmorplatte festgekrallt, dass die Fingerknöchel seiner linken Hand weiß herausstachen. Ich warf Jake einen bedeutungsschweren Blick zu und er nickte. Mit langen Schritten ging er auf den Jungen zu und packte ihn bestimmt an der Schulter. „Hey!“, sagte er und zwang ihn sich umzudrehen. Dem Jungen fiel die Tüte mit den Bagels aus der Hand, die er noch nicht einmal bezahlt hatte. Der Besitzer des Diner starrte Jacke wütend an, doch sagte nichts. Der Junge sah Jake aus leeren Augen an. Ich schluckte bei diesem Anblick. Jake ließ sich nichts anmerken. „Sind die Bagels gut?“, fragte er den Blonden und ließ seine Schulter los. Der Junge brauchte ein paar Sekunden bis das Gesagte bei ihm abgekommen war. „J-Ja, ich vermute schon...“, sagte er. Seine Stimme klang einer durchsoffenen Nacht mit viel Wodka und wenig Schlaf. Jake sah ihm lange in die Augen bevor er sich langsam bückte und die Tüte aufhob. Mit einem matten Lächeln gab er sie ihm und der Blonde nahm sie zögernd. Ich erwartete, dass Jake irgendetwas tat, doch er lächelte nur weiter. Eine unangenehme Stille hatte sich im ganzen Laden ausgebreitet. Keiner der anderen Gäste sprach mehr und auch ich biss mir nervös auf die Unterlippe. Der Junge legte ein paar Scheine auf den Tresen und schickte sich an zu gehen. Endlich raffte Jake sich auf und erhob noch einmal seine Stimme. Der Junge hatte schon fast die Tür erreicht. „Kennst du jemanden namens Drake Dawson?“ Der Blonde drehte sich um und legte die Stirn in Falten. „Jaah...“, sagte er langgezogen und musterte Jake misstrauisch. „Bist du mit ihm verwandt, oder so?“ Jake antwortete nicht. Der Junge zuckte mit den Schultern. „Drake wohnt in der Cohen Road...“ Er dachte kurz nach. „Haus Nummer 3, glaube ich!“ Er packte seine Tüte fester, die leise knisterte. Ich fragte mich, worauf Jake mit dieser Frage eigentlich hinaus wollte. „Danke“, sagte Jake und der Junge verließ entgültig den Laden. Lächelnd kam mein Partner zurück an unseren Tisch. „Was sollte das?“, zischte ich ihm zu als er sich endlich wieder setzte. Jake drückte seine heruntergebrannte Zigarette aus und zündete sich eine neue an. „Er war keiner von ihnen...“, sagte er seelenruhig und rauchte. Ich konnte mich kaum noch beherrschen. „Wie kannst du dir da so sicher sein?“, fuhr ich ihn an und hätte ihn am liebsten angeschrieen. Ich hasste seine überhebliche Art mehr als alles andere. Besonders an Tagen wie diesen. „Dieser Junge war nur besoffen und auf irgendwelchen Drogen, Chestnut. Wenn hier etwas vorgeht, dann hat er sicher nichts damit zu tun!“ Ich stöhnte und lehnte mich zurück. „Du glaubst mir also immer noch nicht, dass hier irgendetwas nicht stimmt! Ich glaub es nicht! Wie kannst du nur so ignorant sein? Merkst du denn nicht, was hier abgeht?“ Ich warf ihm einen wütenden Blick zu, den er nicht erwiderte. Seufzend drehte ich mich zum Besitzer des Diners um, der seinen Tresen putzte. „Passen sie mit den Gläsern hinter sich auf, Mister!“, rief ich ihm zu und wandte mich dann wieder zu Jake um. „Beruhig dich mal wieder, Kleines...“, sagte er und kippelte etwas mit seinem Stuhl. „Es gibt keine Anzeichen, dass in dieser Stadt überhaupt etwas passiert. Du hast mich hier her geschleppt ohne mir Beweise zu liefern und jetzt sitze ich hier im hintersten Kaff dieser Welt nur wegen meiner verdammten Gutmütigkeit!“ Ich sah erstaunt auf. Ich hätte nicht erwartet, dass Jake wusste, wie man Gutmütigkeit buchstabierte, geschweige denn was es bedeutete. „Ich weiß, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, mein Lieber!“, sagte ich und nickte bekräftigend. „Und du weißt es auch. Du wolltest nur nicht nach Caven’s Hill, weil dein Bruder hier wohnt!“ Ich hatte ins Schwarze getroffen und Jake verzog das Gesicht. In diesem Moment klirrte es laut hinter mir und etwas ging geräuschvoll zu Bruch. Ich brauchte mich nicht einmal umzudrehen. „Ich habe ihnen doch gesagt, sie sollen aufpassen!“, rief ihr über meine Schulter hinweg dem fluchenden Diner-Besitzer zu, der mit seinem Hinterteil die Gläser von der Spüle gestoßen hatte. Jake warf mir einen entnervten Blick zu. „Es gibt keinen Grund, die arme Seele noch mehr zu verwirren, Chestnut. Glaubst du nicht, unsere Vorstellung von vorhin hätte gereicht um ihn zu verschrecken?“ Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Hey! Ich bin nicht der schlechtgelaunte Gruftie mit Nirvana-Shirt und Sieben Tage Regenwetter-Miene!“, zischte ich. „Wenn hier jemand seltsam rüberkommt, dann ist das sicher nicht das süße, unschuldige Mädchen in Jeansrock und Wollpullover...“ Jake zog eine Augenbraue in die Höhe. „Welches unschuldige Mädchen?“ Ich funkelte ihn an und stand langsam auf. „Wir gehen jetzt zu deinem Bruder!“, sagte ich bestimmt und nahm meine Jacke vom Haken neben der Tür. „Seit wann entscheidest du hier?“, fragte Jake aufrichtig verdutzt und aschte wieder. „Seit ich weiß, dass in genau drei Minuten hier ein dicker, kahlköpfiger Polizist auf der Matte stehen wird, Schaumeier!“ Ich versucht mich zurückzuhalten, doch konnte mir eine weitere Bemerkung nicht verkneifen. „Schon scheiße, wenn man auf sein Anhängsel angewiesen ist, weil man selber ja nichts kann, he?“ Jake drückte die Zigarette aus und stand ebenfalls auf. „Du musst es ja wissen, Chestnut...“ Ich hätte ihm den Plastikaschenbecher am liebsten in sein dämliches, überhebliches Gesicht geworfen. Stattdessen schnaubte ich nur und stieß die Tür des Diners auf. Kalte Luft kam mir entgegen, doch ich wollte keine Sekunde länger mit Jake in einem Raum bleiben. Warum war dieser Typ nur immer so verdammt kühl? „Wohin müssen wir?“, fuhr ich ihn an, als er hinter mir durch die Tür trat. „Du hast doch deinen kleine Junkie gefragt, oder?“ „Cohen Road 3“, sagte Jake ruhig und steckte seine Hände in die Taschen seiner Daunenjacke. „Und wo genau soll das sein? Hat er dir das vielleicht auch verraten, Mr. Oberschlau?“ Ich wollte mich nicht mit ihm streiten, aber ich konnte nicht aufhören ihn zu beleidigen. Ich hätte sogar auf ihn eingeschlagen, solange das auch nur die geringste Gefühlsregung in seinem versteinerten Gesicht gezeigt hätte. Ich wollt etwas Lebendiges von diesem Mann sehen. Doch meine Bemühungen waren umsonst. „Ich bin in dieser Gegend aufgewachsen, Chestnut“, erklärte er so ruhig, als hätte ich keine Ahnung von seinem Leben bevor wir uns getroffen hatten. „In dieser Stadt gibt es vielleicht fünfzehn Straßen. Sechs davon kennen wir schon. Bleiben also noch neun lächerliche Straßen, die wir kontrollieren müssen. Das ist weder viel noch schwer, so dass selbst du das schaffen müsstest...“ Ich warf ihm einen völlig entnervten Blick zu. „Ich hasse dich!“, seufzte ich und steckte meine Hände ebenfalls in die Taschen. „Ich weiß...“ Wir machten uns auf den Weg zur Cohen Road. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)