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*seufz* Nun beginnt's also auch in der Schweiz... medien, NSFW!, Sexualstrafrecht, Sinn?

Autor:  Eru-Jiyuka


Aus aktuellem Anlass:

Was mit § 184c STGB und § 4 Abs. 1 Ziff. 9 JMStV in Deutschland längst traurige Realität ist, soll jetzt offensichtlich auch in der Schweiz Einzug halten... Das Verbot der Anscheinskinderpornographie bzw. Posingbildern. Wo fängt man da als unbedarfter Politiker von vorgestern am besten an?

Ja genau, natürlich bei virtuellen Darstellungen in Videospielen... -.-
Und was könnte pornographischer sein als ein Beat' em up? Ja, ernsthaft, konkret wird das kürzlich erschinene «Dead or Alive: Dimensions» von der sogenannten Vereinigung gegen mediale Gewalt beziehungsweise ihrem Gründer NÄF harsch dafür kritisiert, dass (auch) den Charakteren Hitomi und Ayane, die Spielintern 16 bzw. 17-Jährig seien [ALTERSANGABEN FALSCH], mittels Zoommodus unter den Rock gesehen werden kann. Sie fordern einen sofortigen Verkaufsstopp sowie ein Verbot des Spieles. Nach GERBER-RÜEGG stelle der Verkauf des Spiels zudem ein Geschäft mit der Sexualisierung Minderjähriger dar.

Geht man dieser Unterstellung mal aus rechtlicher Sicht nach, so bleibt wenig substantielles übrig. Erstens liegt das Schutzalter in der Schweiz (und damit auch die sexuelle „Mündigkeit“) bei 16 Jahren (Vgl. Art. 187 Abs. 1 StGB), sodass von Minderjährigkeit die Rede nicht sein kann. Allenfalls könnte man mit Art. 11-19 ZGB argumentieren, dass eine beschränkte Handlungsunfähigkeit vorliegt. Warum man bei fiktiven Charakteren in Fragen sexueller Zulässigkeit jedoch auf die zivilrechtliche Handlungsfähigkeit abstellen sollte, ist dem L. völlig schleierhaft. Zweitens dürfen nach eidgenössischem Recht auch bereits 16 Jährigen pornographische Inhalte zugänglich gemacht werden (Vgl. Art. 197 Abs. 1 StGB), als auch diese pornographische Erzeugnisse von sich herstellen dürfen.

Bedenkt man weiter, dass in der Schweiz mittlerweile die PEGI-Einstufungen verbindlich sind und eine de facto Ausweispflicht für 16+-Spiele besteht, dürfte das Spiel theoretisch komplett pornographischer Natur sein. (wobei PEGI solche Spiele wegen unterschiedlichen Rechtsnormen und vereinheitlichtem System wohl trotzdem 18+ einstufen würde...) Es bestehen jedoch darüber hinaus zudem berechtige Zweifel, dass das Spiel überhaupt als pornographisch einzustufen ist.

Selbst wenn die oben genannten Charaktere im Spiel anatomisch korrekt dargestellt wären und die primären Geschlechtsmerkmale einsehbar wären, genügte dies nicht allein, dieses als Pornographie zu klassifizieren, denn die alleinige Darstellung einer Vagina oder eines nackten Kinderkörpers stellt gem. KOLLER („Cybersex“ S. 59 Abs. 3) keine genügende pornographische Eigenschaft dar.

Darüber hinaus wäre bei Anscheinskinderpornographie ohnehin nicht auf das vom Hersteller angegebene Alter der „Akteure“, sondern vielmehr auf den Eindruck, welchen diese auf einen verständigen Betrachter ausüben, abzustellen.
(Vgl. BGH 1 StR 66/ 01 Leitsatz 3 Satz 2)

Und das L. Hat als Zuschauer mal noch mitbekommen, das Scheinkindheit grundsätzliche keine strafrechtliche Relevanz hat... Es scheint so, als werde die Dissertation von KOLLER je länger desto wichtiger, um sich unsinnigem Moralstrafrecht zu erwehren... o.O

In Schweden übrigens (wohl unter der Fuchtel von Censilia) wurde das Spiel erst gar nicht in die Läden gebracht. Der fadenscheinige Grund dafür: Verdacht auf Kinderpornographie. Seit HERMANN wissen wir ja, das Killerspiele in ihrer Schädlichkeit mit Kinderpornos gleichzusetzen sind...
(reale, nimmt das L. mal an, wobei Bilder sind ja Bilder, nicht wahr? o.O *sarkasmus versprüh*)

Homepage dieser „Vereinigung“
Wem es dabei als „Killerspielerraubkopierermörder(TM)“ nicht schon beim ersten Satz ablöscht, hat definitiv ein dickes Fell... Und Ja, das L. Hat weitergelesen und mit Schrecken festgestellt, dass alle Vorurteile, die er schon lange ausgerottet sah noch immer bestehen -.- *auf sein Blogeintrag Katharsistheorie vs. Verstärkungstheorie verweist* (Wer mag, darf natürlich auch gerne noch die anderen Killerspiele-Artikel des L. lesen...)

Dazu muss man allerdings wissen, dass NÄF bei uns das Äquivalent zu PFEIFFER in Deutschland darstellt, also viel Populismus gepaart mit extremem Hang zur Verstärkungstheorie. (Das L. meint sich daran zu erinnern, dass er sogar bei uns so was ähnliches wie ein Killerspielverbot hat durchwinken lassen...)

Jedenfalls passt es gut, dass das L. morgens ohnehin einkaufen gehen wollte^^ Es wird sich mal eine Kopie des „ludus non grata“ sicheren, denn das Gameplay klingt cool und das letzte beat' em up, welches das L. Gekauft hat, war „Bleach Dark Souls“ und das ist (nicht nur grafisch) doch schon eeetwas älter...
Nur für den Fall, dass es tatsächlich mit Begründung auf StGB 197 III verboten wird, wäre das L. dann schon mal betroffen genug für eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde...

So, das L. hat genug und geht jetzt mal gepflegt grillen (Falls wieder jemand der mittlerweile 8 Abonnenten die Schleichwerbung sucht... Herzlichen Glühstrupf, der hat sie gerade gefunden^^)

Edit: Hitomis Alter wird (jedenfalls in der dem L. vorliegender Version des Spiels) mit 18 angegeben, bei Ayane (wie auch bei Kasumi) steht "k.A.", was wohl für "keine Angabe" steht. Unter diesem Gesichtspunkt ergibt das Gekeife von NÄF und Konsorten erstaunlicherweise noch weniger Sinn, obwohl (wie bereits geschrieben) es für die rechtliche Beurteilung auf die Altersangabe ohnehin nicht ankommen würde... Im übrigen liess sich entgegen erster Annahme kein Hinweis auf eine Einstufung als PEGI 16+ finden, sodas die darauf aufbauende Argumentation unzutreffend ist. Das L. hat die betreffenden Absätze bis auf weiteres markiert, wird sie aber zum Verständniss im Artikel lassen... Eine genauere medienrechtliche Analyse folgt, sobald er mit dem Spiel durch ist^^

Edit die zweite: *Den völlig falschen internen Link ausgetauscht hat* Straflosigkeit von Scheinkidheit mit einem Prozess über mehrfache einfache Körperverletzung beweisen zu wollen, dürfte aber doch ein epic fail darstellen...

Edit die dritte: Entgegen Edit I Satz 3, der m.a.W. Erfolgte, erhielt das Spiel sehr wohl eine PEGI-Einstufung 16+, aus unerfindlichen Gründen ist diese lediglich nicht auf der dem L. vorliegenden Kopie vermerkt...
Beweisbilder folgen, sobald sie geschossen sind^^ Die entsprechen Stellen, die als unzutreffend markiert wurden, sind vielmehr ex tunc korrekt, der Vermerk wurde daher entfernt...

Edit die vierte: Falls sich NÄF (oder die Schwedischen Behörden) allerdings folgendes oder ähnliche Videos ansahen und dabei fehlerhafter Weise auf das Spiel Rückschlüsse zogen, so ist das Entsetzen und die Hysterie zwar verständlich, gleichermassen aber noch immer völlig unberechtigt.
http://www.youtube.com/watch?v=y0nr97rSPZs (Achtung, wirklich NSFW!, aber noch keine Pornographie...) (Und wenn wir gerade schon bei den Anzüglichkeiten sind, zum verlinkten Video passt dieses Lied (http://www.youtube.com/watch?v=EYkBgzyEDXk) äusserst gut *sarkastisch grins*
*Schandmauls <<Missgeschick>> auch empfehlen kann, das aber schon mal verlinkt hatte*

Edit die fünfte: Das Bild im ursprünglich mal verlinkten Beitrag sollte wohl eher Kasumi und Ayane, statt wie fälschlicherweise behauptet, Hitomi und Ayane zeigen. Dafür passt aber die Haarfarbe nicht, diese ist viel zu dunkel für Kasumi... Auch kommen die Kostüme so im Spiel nicht vor (das L. Hat sie jedenfalls nicht gefunden...) *das irgendwie seltsam ist*
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Medienrechtliche Analyse

In Betracht kommen für ein (Verkaufs)verbot Verstösse gegen die Pornographistrafnormen [1] , das Verbot von Gewaltdarstellungen [2] sowie nicht heilbare Verstösse gegen die Angebotszulässigkeit [3]

Pornographie ist nach Ansicht des BGH (St 23,44; 37,55) :

„Als pornographisch ist eine Darstellung anzusehen, wenn sie unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreisserischer Weise in den Vordergrund rückt und in ihrer Gesamttendenz ausschliesslich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse des Betrachters an sexuellen Dingen abzielt.“

Dabei gilt, dass gem. § 184g StGB nur diejenigen sexuellen Handlungen strafrechtlich relevant sind, die für „das jeweilige Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind“.

Nach Schweizer Ansicht liegt eine pornographische Wirkung auf den Menschen vor, wenn: „[...] das pornographische Erzeugnis nach objektiver Gesichtspunkten geeignet ist, ein sexuelles Aufreizen oder eine geschlechtliche Erregung beim Adressaten auszulösen.“

Diese „objektiven Gesichtspunkte“ wurden von KOLLER recht gut zusammengefasst, so fallen etwa Darstellungen von Oral-, Anal- und Vaginalverkehr, Selbstbefriedigung wie auch Erektionen und die Spreizung von Vagina und Anus unter die Pornographieeigenschaft. [4]

Selbst bei aller grösstem Bemühen, Strafbarkeit zu konstruieren, wird man zur Klassifikation eines Mediums als Pornographisch also regelmässig nicht darum herum kommen, Penisse, Vaginas und/oder Penetrationen sehen zu müssen. Nackte Brüste reichen dafür alleine jedenfalls eindeutig nicht. [5]

Anhaltspunkte dafür, dass Spielinhalte pornographisch sind, ergaben sich auch nach sorgfältiger und gründlicher Prüfung nicht. Das „höchste der Gefühle“ ist der nackte Körper von Alpha Hyakugojûni (ja, das L. Kann japanisch Zählen, zur Not sogar bis 999^^), wobei der Schambereich nicht anatomisch korrekt ausgebildet wurde, primäre Geschlechtsorgane sind nicht zu sehen.

Was die sogenannte „Brutalo-Norm“ [6] angeht, so verweist das L. auf das bereits gesagte in seinem Blogeintrag <<„Killerspiele“ die 42.>> respektive die dortigen Zitate von KOLLER et al. zum Thema. Auch wenn Hayate nicht gerade unblutig tötet, ist sein Wirken noch weit davon entfernt, „unmenschlich“, „grausam gewalttätig“ oder gar „folterähnlich“ zu sein, als das sie dem Spiel im ganzen strafrechtlich angelastet werden könnte. Dasselbe gilt für Hayabusa, was die Hindenburg/Flugzeugszene angeht und erst recht für die sonstigen Handgreiflichkeiten innerhalb wie ausserhalb der Story.

Bleibt noch die telemediale Unzulässigkeit abzuhandeln.

Art. 4 Abs. 1 Ziff. 9 JMStV ist m.E stark restriktiv auszulegen. Dies ergibt sich einerseits aus Art. 2 Abs. 1 i.v mit Art 5 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 2 GG (Die Kunstfreiheit darf in ihrem Wesensgehalt auch nicht durch gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Jugend angetastet werden, und jeder hat das Recht auch „jugendgefährdende“ Kunst zu schaffen.) andererseits aus der Tatsache, das der JMStV Nebenstrafrecht darstellt, welches damit (auch) den Grundsätzen des Hauptstrafrechts unterworfen ist. Daher muss der JMStV (respektive dessen Auslegung) auch dem Anspruch von § 184g StGB genügen, welcher eigentlich gerade eine Absage an Moralstrafrecht in sexuellen Belangen im allgemeinen und bei der Pornographie im Besonderen darstellen soll.

(Man kann die analoge Anwendbarkeit alternativ auch auf Art. 31 GG stützen, weil Staatsverträge jeweils zwischen den Parteien, i.d.R also international, nicht aber supranational wirken. Zwischen Ländern bleibt daher auch ein „Staats“-Vertrag Landesrecht, und wird nicht de jure Bundesrecht, auch wenn er de facto (sofern ordentlich ratifiziert) im gesamten Bundesgebiet angewandt werden kann.)

Soll § 184g StGB nicht zur blossen Floskel verkommen, so müssen Regelungen, die über §§ 176ff. StGb herausgehen, mit äusserster Vorsicht (oder besser gleich gar nicht...) angewandt werden, da ansonsten regelmässig gegen Kunstfreiheit und Bestimmtheitsgebot verstossen wird.

Art. 4 Abs. 1 Ziff. 9 JMStV beinhaltet vier verschiedene Tatbestandesmerkmale, die kumulativ erfüllt werden müssen:
1. Die Darstellung muss Kinder oder Jugendliche zeigen
2. Die Darstellung muss unnatürlich sein.
3. Die Darstellung muss geschlechtsbetont sein.
4. Die Darstellung muss eine Körperhaltung beinhalten.

1. Bereits anhand des ersten Tatbestandsmerkmals können die Trophäen und sonstigen Darstellungen einiger Charaktere vom Verdacht der Unzulässigkeit ausgeschlossen werden. Zumindest möglicherweise als jugendlich einzustufen sind m.E. Kasumi, Ayane, Zack, Christie, Kasumi α , Eliot , Leifang, Jann Lee, Hitomi, Kokoro, sowie Alpha 152. Irene und La Mariposa sind aufgrund ihres Berufs eindeutig nicht als kindlich oder jugendlich zu klassifizieren, ernsthaft zu glauben, Jugendliche oder gar Kinder könnten CIA-Agenten oder Biochemiker sein, wäre weltfremd. Der Rest ist aufgrund des Aussehens (etwa Bartwuchs/Gesichtszüge) eindeutig nicht als kindlich oder jugendlich einzustufen.




2. M.E. kann man den Tatbestand der Unnatürlichkeit nicht bereits daran festmachen, ob eine bestimmte Körperhaltung in der Realität unmöglich ist. Wäre dem so, würden fiktive Darstellungen gegenüber realen über Gebühr pönalisiert. Die Norm spricht davon sie gelte „auch“, nicht aber „insbesondere“ oder „besonders“ für fiktive Darstellungen.

In casu sind daher etwa die Darstellungen von Alpha Hyjakugojûni nicht bereits deshalb unnatürlich, weil sie schweben kann.

3. Geschlechtsbetont bedeutet nicht, dass Geschlechtsorgane tatsächlich zu sehen sein müssten. Ebensowenig ist dafür Nacktheit erforderlich. Vielmehr wird hier auf den Begriff des Aufreizens abgestellt, der – nach erheblicher Kritik seitens Experten [7] – nicht in den m.E auch in derzeitiger Form verfassungswidrigen § 184c StGB, den Pönalisierungsartikel zur Jugendpornographie, aufgenommen wurde. Dafür reicht es schon, wenn die Abbildung lasziv ist oder gar wenn nur der Fokus auf dem Genitalbereich liegt.

4. Körperhaltung bedeutet dem Wortsinne nach, das von einem Körper eine Haltung angenommen wird. Wird ein Körper von einem Dritten mittels (physischer) Gewalt in eine bestimmte Haltung gedrängt, so fällt dies m,E nicht unter dieses Tatbestandsmerkmal, da ansonsten der Anwendungsbereich der Norm nahezu uferlos wäre. (was – wie bereits erwähnt – gegen § 184g STGB verstiesse) ist doch für Fälle von sexuellem Missbrauch Art. 4 Abs. 1 Ziff. 10 JMStV zuständig, der an strengere Bedingungen, nämlich dem Vorliegen von Pornographie geknüpft ist.

Nachfolgend sei exemplarisch je eine „pikante“ Trophäe pro „verdächtigem“ Charakter mit Bildzitat [8][9] diskutiert:

Nr. 41 zeigt Kasumi, die mit einer Art Handkantenschlag Ayane von sich weg stösst und gleichzeitig eine halbe Drehung um deren Achse vollzieht. Was Ayane betrifft, so wurde sie von Kasumi in diese Haltung gedrängt, weshalb es keine Körperhaltung im eigentlichen Sinn darstellt, Es kann daher offenbleiben, ob diese unnatürlich (m.E nein) oder geschlechtsbetont (m.E. ja) wäre. Die Darstellung von Kasumi ist eine Körperhaltung, sie ist durch den mittelbaren Fokus auf Brüste/Unterleib auch geschlechtsbetont, nicht aber unnatürlich. In einem Kampf ist es vorteilhaft, dem Gegner nicht den Rücken zuzukehren, für einen versierten Kämpfer (wovon man bei Kasumi nicht nur wegen der Teilnahme an mehreren Kampfkunstturnieren, sondern auch deshalb davon ausgehen darf, weil sie zur Kunoichi ausgebildet wurde) ist es daher völlig natürlich, sich auch dann zu seinem Gegner umzudrehen, wenn dieser gerade zu Boden geht. Die Geschlechtsbetonung der Abbildung kommt aber gerade erst durch diese Drehung zustande, sodass die Darstellung im Gesamten nicht unzulässig ist.

Nr. 127 zeigt Zack, der mit angewinkelten Armen in einem breitbeinigen Stand nun äh... steht^^ Es handelt sich folglich um eine Körperhaltung. Die Darstellung ist geschlechtsbetont, weil der Fokus auf dem Geschlechtsbereich liegt. Der offene Hosenlatz unterstreicht diese Tatsache noch. Sie ist auch unnatürlich, weil eine solche Verlagerung des Gewichts nach hinten nicht etwa für einen besonders sicheren Stand sorgt, sondern eher für das Gegenteil. Sie ist auch nicht durch eine sonstige übergeordnete Gegebenheit angezeigt, insbesondere nicht durch Dritteinwirkung, sodass der einzige Sinn in der Provokation respektive Laszivität liegen kann. Sie ist daher unzulässig.

Nr. 190 zeigt Jann Lee, der in einem Bruce Lee-Trainingsanzugsverschnitt einen hohen Tritt ausführt. Die Handlung ist nicht fremdbestimmt, es handelt sich daher um eine Körperhaltung. Sie ist geschlechtsbetont, da der Fokus der Darstellung auf dem Geschlechtsbereich liegt. Sie ist aber nicht unnatürlich, hohe Tritte sind in der Kampfkunst im allgemeinen , im Jeet Kune Do im besonderen (wenn auch nicht sooo insbesondere wie im Capoeira oder Muay Thai, aber das nur nebenbei) verbreitet, dass dabei der Geschlechtsbereich in den Fokus treten kann, ist völlig natürlich, eher sogar eine durch die Gewichtsverlagerung zwingend logische Folge. Die Darstellung ist daher nicht unzulässig.

Nr. 237 zeigt Leifang, die mit ausgebreiteten Armen eine tänzelerische Haltung einnimmt. Die Handlung ist nicht fremdbestimmt, es handelt sich daher um eine Körperhaltung. Sie ist jedoch nicht geschlechtsbetont, da weder der Fokus auf dem Geschlechtsbereich liegt (wenn es bei der Darstellung einen Fokus gibt – was m.E. zu verneinen ist – läge dieser vielmehr auf dem Gesicht) noch die Abbildung eindeutig laszif ist. Das Tragen von knapper Kleidung darf m.E nicht automatisch dazu führen, dass eine (vorsätzliche) Geschlechtsbetonung angenommen wird. [10] Selbst wenn jedoch entgegen vorstehender Argumentation angenommen würde, eine Geschlechtbetonung sei vorhanden, so wäre diese nicht unnatürlich. Vielmehr ist völlig natürlich, dass auch bei Standarttänzen Handlungen respektive Körperhaltungen vorkommen, die als geschlechtsbetont ausgelegt werden können. Die Darstellung ist daher eindeutig nicht unzulässig.

Nr. 637 zeigt Christie, die in leichtem Vorwärtsstand einen Arm so ausgestreckt hält, dass die dazugehörige Hand die Geste zeigt, die benützt wird, um jemanden heranzuwinken. Die Handlung ist nicht fremdbestimmt, es handelt sich daher um eine Körperhaltung. Die Körperhaltung ist geschlechtsbetont, da der Fokus auf dem Geschlechtsbereich liegt.
Sie ist jedoch nicht unnatürlich, für einen versierten Kämpfer (wovon man bei Christie nicht nur wegen der Teilnahme an mehreren Kampfkunstturnieren, sondern auch deshalb davon ausgehen darf, weil sie sich als Auftragskillerin betätigt.) wäre es unvorteilhaft, einem (potentiellen) Gegner nicht mit freien Händen zu begegnen. Unnatürlich wäre es da schon eher, versuchte sie ihre Brüste krampfhaft mit der anderen Hand zu verbergen. Die Darstellung ist folglich nicht unzulässig.

Nr. 733 zeigt Hitomi, die sich in Maido-kafe-Uniform und mit einem Tablett in den Händen vornüberbeugt. Die Handlung ist nicht fremdbestimmt, es handelt sich daher um eine Körperhaltung. Die Körperhaltung ist geschlechtsbetont, da der Fokus auf dem Geschlechtsbereich liegt. Sie ist jedoch eindeutig nicht unnatürlich, es dürfte nämlich physikalisch unmöglich sein, bei einer Verbeugung nicht die Brustpartie so in den Fokus einer Darstellung zu rücken, dass diese nicht wenigstens als geschlechtsbetont ausgelegt werden könnte. Hinzu kommt, dass die Hände des Charakters damit beschäftigt sind, das Tablett zu halten, sodass, selbst wenn dies erforderlich gewesen wäre, was m.E keinesfalls zutrifft, die Brustpartie hier gar nicht in natürlicher Weise verborgen werden können. Die Darstellung ist folglich eindeutig nicht unzulässig.

Nr. 837 zeigt Kokoro, die sich in ihrer Geisha-Kleidung (zugegebenermassen ist ihr Kimono dafür etwas kurz...) verbeugt und dabei einen Arm auf dem Rücken abstützt. Die Handlung ist nicht fremdbestimmt, es handelt sich daher um eine Körperhaltung. Die Körperhaltung ist geschlechtsbetont, da der Fokus auf dem Geschlechtsbereich liegt. Sie ist jedoch eindeutig nicht unnatürlich, es dürfte nämlich physikalisch unmöglich sein, bei einer Verbeugung nicht die Brustpartie so in den Fokus einer Darstellung zu rücken, dass diese nicht wenigstens als geschlechtsbetont ausgelegt werden könnte. Die Darstellung ist folglich nicht unzulässig. (Und falls das jetzt jemandem wie Kopierpaste vorkommt, so liegt er ganz richtig...)

Nr. 921 zeigt Eliot, der zu Boden geworfen wurde. Der Oberkörper ist aufgerichtet und auf der einen Hand aufgestützt. Ein Bein ist angewinkelt, die Hand des anderen Arms liegt auf dem Knie desselben. Er wurde in diese Haltung gedrängt, sodass keine Körperhaltung im eigentlichen Sinne vorliegt. Dessen ungeachtet liegt jedenfalls auch keine Geschlechtsbetonung vor, da weder der Fokus auf dem Geschlechtsbereich liegt (wenn es bei der Darstellung einen Fokus gibt – was m.E. zu verneinen ist – läge dieser vielmehr auf dem Oberkörper) noch die Abbildung eindeutig laszif ist. Desweiteren ist die Darstellung auch nicht unnatürlich, im Gegenteil, sie entspricht der natürlichen Handlung einer Person, die sich aus einer liegenden in eine sitzende Körperhaltung versetzt. Die Darstellung ist folglich sehr eindeutig nicht unzulässig.

Nr. 937/949/961 werden zusammengefasst (was das BVerfG kann, das kann das L. schon lange^^) weil die einzige Verschiedenheit dieser dreien Trophäen im Gegensatz zu denen der meisten anderen Charakteren nur in der reinen Farbdifferenz besteht, womit sie natürlich auch juristisch gleich zu beurteilen sind. [11] Sie zeigen Alpha Hyakugojûni, die mit angewinkelten Armen und nach hinten verlagertem Oberkörper breitbeinig steht. Die Handlungen sind nicht fremdbestimmt, es handelt sich daher um Körperhaltungen. Die Körperhaltungen sind geschlechtsbetont, da der Fokus auf dem Geschlechtsbereich liegt. Die Nacktheit unterstreicht diese Tatsache noch.
Sie sind auch unnatürlich, da selbst wenn bedacht wird, dass der Charakter schweben kann, kein anderer Sinn in solchen Haltungen gesehen werden, als der der Laszivität bzw. Provokation, da die der Verlagerung des Gewichts nach hinten für eine Verschlechterung der Standfestigkeit gerade im Kampf sorgt, für welchen der Charakter der Story nach erschaffen wurde.
Die Darstellungen sind folglich unzulässig.

Nr. 979 zeigt Kasumi α mit ausgebreiteten Armen im Vorwärtsstand. Die Handlung ist nicht fremdbestimmt, es handelt sich daher um eine Körperhaltung. Sie ist nicht geschlechtsbetont, da der Fokus nicht auf dem Geschlechtsbereich liegt (wenn es bei der Darstellung einen Fokus gibt – was m.E. zu verneinen ist – läge dieser vielmehr auf dem Gesicht) noch die Abbildung eindeutig laszif ist. Sie ist nicht unnatürlich., im Gegenteil sind solche Körperhaltungen für viele Kampfsportarten als völlig natürlich anzusehen, so etwa Kung Fu, Karate oder Judo, um nur einige zu nennen. Da der Charakter der Story nach als „Kampfmaschine“ erschaffen wurde, wäre es weltfremd, anzunehmen, sie würde nicht wenigstens die Grundlagen einiger Kampfkünste respektive deren Körperhaltung kennen und völlig natürlich anwenden. Die Darstellung ist folglich eindeutig nicht unzulässig.

Auf die „pikanten“ Darstellungen innerhalb der Story ist obige Argumentation analog anzuwenden. I.d.R wird es an dem Tatbestandsmerkmal der Unnatürlichkeit fehlen (etwa bei der Szene, in der Kasumi Ayanes Kunais ausweicht, wobei ihr Höschen kurzzeitig sichtbar wird) seltener wird die Norm wegen fehlender Körperhaltung nicht einschlägig sein. (etwa bei der Szene in der Ayane von Brad Wong von hinten an die Brüste gegriffen und bedrängt wird.) Die Darstellungen von Zack und Alpha Hyakugojûni können nach dem Masstab des bereits gesagten natürlich auch innerhalb der Story teilweise unzulässig sein.

Was den „Brüste-Schüttel“-Modus angeht, so bleibt dazu zu sagen, dass es sich hierbei höchst wahrscheinlich um einen Algorithmus [12] oder einem ähnlichen Mechanismus handelt, der technisch nicht zwischen den möglicherweise jugendlichen und den eindeutig erwachsenen Charakteren differenzieren kann, weshalb möglicherweise bereits das erste Tatbestandsmerkmal nicht gegeben ist. Sicherlich handelt es sich hingegen nicht um Körperhaltungen, da im Gegensatz zu den Trophäen, die bloss passiv betrachtet, dieser Effekt vom Spieler aber aktiv durch Schütteln des Konsolensystems herbeigerufen werden muss und auch nur kurzfristig zu sehen ist. Die eventuell telemedial unzulässige Darstellung entsteht erst beim Spieler und ist nicht im eigentlichen Angebot enthalten, hier wäre m.E die Regelung zur zulässigen vorübergehenden Speicherung urheberrechtlicher geschützter Werke respektive dem reinen Konsum von der Besitzstrafbarkeit unterlegten Schriften analog anzuwenden. [13] Auch hier ist im Ergebnis Unzulässigkeit zu verneinen.

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[1] Für das deutsche Recht: §§ 184ff. D-StGB ; für das eidgenössische Recht: Art. 197 (CH)-StGB

[2] Für das deutsche Recht: § 131 D-StGB ; für das eidgenössische Recht: Art. 135 (CH)-StGB

[3] Nur für das deutsche Recht: §§ 4 und 5 JMStV

[4] Vgl. KOLLER S. 59 Abs. 2 zu katalogartigen Stichpunkten zum Thema

[5] Vgl. KOLLER S. 59 Abs. 3 für den Katalog zu Merkmalen unerfüllter pornographischer Eigenschaft

[6] Vgl. KOLLER S. 357 für die Terminologie

[7] Etwa GRAUPNER, THIEE, eine Sammlung der Wortlaute findet sich hier

[8] Für's Protokoll, legitimiert durch Art. 25 URG bzw. § 51 UrhG. Das betreffende Werk ist Dead or Alive: Dimensions, von TeamNinja, einem Teil von Tecmo Koei, lizenziert von Nintendo,

[9] Das L. bittet die schlechte Qualität zu entschuldigen, der 3DS speichert diese Bilddateien offenbar in einem Format ab, das von keinem vernünftigen Bildbearbeitungsprogramm gelesen werden kann. Und etwas besseres kriegt man mit abfotografieren per lausigen Kamera nicht hin -.-

[10] Ansonsten wäre dies nicht mehr weit von der absolut schwachsinnigen Behauptung entfernt, dass ein Vergewaltigungsopfer an der – völlig zu recht mit hoher Strafe bedrohten – Straftat selbst zumindest mitschuldig sei.

[11] Eine Gesetzgebung nach Farben im Sinne von Grün = Gut und Rot = Böse wäre zwar zweifelsfrei lustig, allerdings keinesfalls mit dem Willkürverbot vereinbar...

[12] Man verzeihe dem L. an dieser Stelle bitte eventuell falsche Terminologie, er ist kein Informatiker... *um Berichtigung selbstverständlich dankbar wäre*

[13] § 44a UrhG ; KOLLER S. 303/304


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