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Männliche Homosexualität in Comics (ein Annäherungsversuch?) Animexx, Shōnen-Ai, Comics und Cartoons (Sonstige), Comics, Feuilleton, Homesexualität, Literatur, Manga, Schwulenkultur

Autor:  kikidergecko

Ich weiß, ich bin ein bisschen spät dran, denn erst jetzt ist mir ein Interview auf der "jungen Webseite der süddeutschen Zeitung" (wieso auch immer man so etwas braucht) aufgefallen. Es geht darin um ein kürzlich erschienenes Buch namens "Stripped - A Story of Gay Comics" eines Stuttgarter Rundfunkjournalisten namens Markus Pfalzgraf. Einer kurzen Webrecherche zufolge scheint dies das Erstlingswerk des Autors zu sein und auch das erste Medium, in dem er sich mit Comics beschäftigt. So weit so gut, ich schreibe ja auch noch nicht lange über mein Hobby. Sowohl der Titel des Buchs als auch der Titel des Interviews, obwohl ein bisschen schwurbelig ("Subkulturelles Utopia der sexuellen Identitäten") klangen vielversprechend. Denn an was denkt der animexx-Leser als erstes bei den Worten "Homosexualität" und "Comic"? Natürlich an Shonen-Ai!

Also dachte die naive Kiki, vielleicht wird hier endlich mal ein Annäherungsversuch zwischen Comic und Manga gestartet und zwar über ein gerade in Deutschland weit verbreitetes Mangathema, nämlich die männliche Homosexualität. Doch zunächst gab es eine Frage zur Regionalpolitik, dann ging es auf einmal um homosexuelle Comiczeichner. Naja, sagte ich mir, vielleicht sind die "jungen Leute" ja eher auf reale Personen fixiert als auf Geschichten, da war ja schließlich auch irgendwas mit nem Fußballer neulich. Dann folgte eine Aussage Pfalzgrafs, die mich ein wenig den Mut verlieren ließ:

Was ich zusammengetragen habe, ist eine Art Kompendium von schwulen Autoren, entsprechenden Figuren verschiedenster sexueller Identität, Comics, in denen verschiedene Sexualitäten behandelt werden. 


Nagut schade, dann geht es wohl doch um Autoren und nicht um Inhalte. Doch wie es sich für einen ordentlichen Spannungsbogen gehört, folgte direkt darauf die für mich mit Abstand interessanteste Frage im an sonstem eher mauen Interview:

Welche Arten von „schwulen“ Comics gibt es?
[...] In Japan gibt es auf der einen Seite sehr extreme Hardcore-Fetisch-Comics, die teilweise sehr pornografisch sind und auch immer wieder mit den Behörden in Konflikt geraten, denn in Japan gibt es ein Zensurgesetz. Auf der anderen Seite gibt es dort sogenannte „Boys Love Comics“, sehr verträumte Jugend-Comics, die an Seifenopern erinnern, aber nicht viel mit Schwulenkultur zu tun haben. Sie werden häufig von jugendlichen Mädchen gelesen und fast nur von Frauen geschrieben. [...]


Bäm! Und schon sind wir Manga-Menschen wieder in der Fetisch-Schmuddel-Ecke verschwunden, und der "Rest", der ja gerade in der Fanszene einen nicht unbeachtlichen Anteil ausmacht, wird als unrealistisch abgetan. Was ist da eigentlich los? Ist das eine generelle Angst vor asiatischen Comcis oder einfach nur Ignoranz?

Ich lehne mich jetzt ein bisschen aus dem Fenster, denn ich kann mich (schon allein durch Gender und Geschlecht) nicht zur Gruppe der homosexuellen Männer zählen. Doch wenn selbst der Interview-Titel vielfältige sexuelle Identitäten suggeriert, wieso sollen dann weder "Hardcore"-Fetische noch seifenopernartige Beziehungen dazugehören? Auch unter heterosexuellen Paaren gibt es weitaus mehr BDSM- und Fetisch-Experimente als gemeinhin angenommen, wieso dann nicht auch unter gleichgeschlechtlichen? Und von dem bisschen Wissen über die schwule Szene meiner Stadt, das ich mal von einem alten Freund aufgeschnappt habe, konnte ich mir auch schon den einen oder anderen Seifenopern-Plot ableiten.

Natürlich sind Shonen-Ai-Stories im seltensten Falle realitätsnah¹, schon allein weil oft auch Dämonen, Vampire oder andere übersinnliche Wesen hineinfunken. Doch was wollen solche Geschichten dem Leser vermitteln? In erster Linie, dass es vollkommen normal ist - selbst für Dämonen - wenn man einfach liebt wen man möchte, und dass Leute die ihre "ungewöhnliche" Liebe auch leben, jede Menge Respekt und Unerstützung verdient haben. Natürlich geht es auch oft um Vertrauen, Liebe und Sexualität; Themen, die zu einer jeden zwischen"menschlichen" Beziehung gehören. Was oft zu kurz kommt in Shonen-Ai-Stories ist leider die Interaktion mit der restlichen Gesellschaft, das Coming-Out, die eventuelle Zurückweisung von Familie und Freunden. Doch das ist keinesfalls ein Grund, um Boys Love als unrealistisch abzutun, schließlich finden auch schwule Superhelden einen Platz Pfalzgrafs Buch.

Gerade auch die Tatsache, dass Shonen-Ai anscheinend "nicht viel mit Schwulenkultur zu tun" habe, wäre vielleicht ein Anreiz sich mal damit zu beschäftigen, und damit meine ich sowohl Shonen-Ai mit Schwulenkultur, als auch Schwulenkultur mit Shonen-Ai. Wo bestehen die Differenzen? Was ist komplett aus der Luft gegriffen und wo finden sich Metaphern und Parallelen zur Realität? Kann man hier und da vielleicht sogar voneinander lernen?

Auch der letzte Satz des obigen Zitats ließ mich grübeln: Ist es schlecht, dass Boys Love in erster Linie von Frauen gezeichnet wird? Ist es im Gegenteil nicht sogar positiv, dass sich Vertreter des weiblichen Geschlechts ausgerechnet mit der männlichen Homosexualität auseinandersetzen? Vermutlich griff an dieser Stelle der Filter "muss von einem homosexuellen Autor kommen" einfach nicht, vielleicht passte die Tatsache aber auch nicht zur These des Buches.

Vielleicht hat ja jemand anderes hier auf animexx ein bisschen Lust, sich mit dem Buch zu beschäftigen, oder den Autor auf seinen sozialen Kanälen (Facebook und unter @MarkPfalz auf Twitter) mal etwas eingehender zu seiner Einstellung japanischen Comics gegenüber zu befragen. Lieber Herr Pfalzgraf, kommen Sie doch mal rein in unser Randgruppen-Netzwerk und schauen und staunen Sie ob der Zahlen zu homosexuellen Fanworks, seien es Bilder, Fiktionen, Comics oder sogar Cosplays zu vorhandenen und eigenen Charakteren. Freuen Sie sich über unser subkulturelles Utopia der sexuellen Identitäten, über unsere offene Gemeinschaft und so viel Toleranz und Entegenkommen gegenüber Menschen jedes Geschlecht, Genders und sexueller Orientierung, wie ich sie sonst noch nirgends in Deutschland erlebt habe.



¹: Als positives Ausnahmebeispiel möchte ich hier den wunderbaren Douji XXL von abgemeldet empfehlen!

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Datum: 03.02.2014 16:05
Das Thema ist tatsächlich sehr viel komplexer, als das hier im Interview anklingt. Ich weiß nicht, ob das Buch selbst da stärker ins Detail geht, aber man kann auch jeden Fall anmerken, dass es auch in Japan eine Debatte zwischen Repräsentanten der Schwulenkultur und Yaoi-Fans darüber gibt, inwieweit Boyslove als Genre der Akzeptanz von Schwulen in Japan dient oder eher nicht dient. Die Realitätsfernheit von BL wurde darin von Schwulen scharf kritisiert, während weibliche BL-Fans entgegenhielten, dass auch Frauen ihre Fantasien haben dürften.

Die Debatte geriet erstmals in der 90er Jahren unter dem Stichwort "Yaoi Ronsô" ins Rollen. Einen sehr differenzierten Artikel dazu kann man hier nachlesen:
http://intersections.anu.edu.au/issue12/lunsing.html

In der zweiten Ausgabe von "Mechademia" gab es glaubeich auch einen interessanten Artikel dazu.

Der Unterschied zur tatsächlichen Lebenssituation schwuler Japaner wird deutlich, wenn man sich mal "echte" schwule Manga, also von Schwulen für ein schwules Publikum anschaut, die oft als "bara manga" bezeichnet werden. Ein paar davon werden gerade in den USA veröffentlicht. Die haben mit typischen BL-Geschichten schon rein optisch absolut nichts gemein.

Der Ansatz ist also nicht ganz falsch, benötigt aber eine stärkere Differenzierung. Selbst wenn das Buch diese trifft, ist die Verkürzung im Interview schon etwas unglücklich.
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Datum: 03.02.2014 17:49
@Kater: Hast du eventuell Beispiele für "bara manga"?



Interessante Sache, danke für den Beitrag!
Jesus rockt!
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Datum: 03.02.2014 17:55
Sia:
> @Kater: Hast du eventuell Beispiele für "bara manga"?

Also das hier soll bald erscheinen und dürfte einen guten Startpunkt geben:
http://www.fantagraphics.com/browse-shop/massive-gay-erotic-manga-and-the-men-who-make-it-3.html

Das Cover verrät ja schon, dass hier andere Bodytypes gefragt sind als die üblichen BL-Bishis. Im Westen ist davon aber so gut wie nichts veröffentlicht (in Deutschland überhaupt nichts). Das ist so ein Bereich, in dem Scanlations wohl wirklich mal Sinn machen. Ich glaube, da würdest du auch recht fix fündig werden. Wie aber das hier besprochene Interview sowie der von mir verlinkte Artikel bereits andeuten, geht vieles davon schon in eine ziemlich heftige Hardcore-Richtung.
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Datum: 03.02.2014 19:03
Dank dir! Bara an sich als Begriff ist mir schon vor langer Zeit mal untergekommen.

Ist das DER große Unterschied zwischen schwulen Zeichnern und Zeichnern, die nicht schwul sind, also der Grad der Härte?
Jesus rockt!
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Datum: 04.02.2014 00:45
Heyho!

Ich meld mich mal als männliche Seele, die ne ganze Weile auch schon hier und da Boys Love konsumiert hat und leider bestätigen muss: Ja, das ist knifflig mit den Schwulen in Mangas und mit der Realität. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass das dann auch noch Japaner sind. Aber wenn ich das so lese, frag ich mich häufig, wieso man überhaupt "Boys" Love vorne drauf schreibt, wenn einer oder sogar beide Charaktere sich durchgehend wie Mädchen verhalten. Oder sogar so aussehen.
Das gibts natürlich in vielen verschiedenen Abstufungen und Co. Aber der große Durchschnitt war eher ernüchternd...
Richtig positiv ist mir "Das Spiel von Katz und Maus" aufgefallen. Und da hört meine Liste auch schon wieder auf. :-/

Und ja. Ich lese allgemein gerne auch viel in der Romantikecke. Und muss gestehen, Boys Loves werden unglaublich schnell sehr sexuell. Und dann die volle Ladung, denn Japaner scheinen sehr auf Vergewaltigungen oder Semi-Vergewaltigungen (Da, wo der eine Partner es letzendlich doch gut findet, obwohl er durchgehend "nein" sagt.) zu stehen...

Ich sehe also, wie der Herr grade als Außenstehender schnell sieht, dass Boys Love zur Hälfte Hardcoreporn ist und zur anderen Seifenopernkitsch. Es gibt dort eindeutig zu viele Extreme, die die guten Werke untergehen lassen.

Kennst du dich eigentlich mit japanischen Doujinshis aus? Also richtigen Doujinshis als Fancomics für andere Mangaserien? Es kann gut sein, dass der Herr davon was mitgekriegt hat. Und die sind größtenteils richtig heftig, was alles Sexuelle angeht...
(°,;,°) Der animexx cop! (°,;,°)
Datum: 04.02.2014 12:51
abgemeldet:
>
> Das gibts natürlich in vielen verschiedenen Abstufungen und Co. Aber der große Durchschnitt war eher ernüchternd...
> Richtig positiv ist mir "Das Spiel von Katz und Maus" aufgefallen. Und da hört meine Liste auch schon wieder auf. :-/

Danke für die Empfehlung, da werde ich mal reinlesen. Ehrlich gesagt hatte ich auch schon lange Zeit lang kein BL in Print mehr vor der Nase, vielleicht sind meine Eindrücke ein bisschen überholt.

> Und ja. Ich lese allgemein gerne auch viel in der Romantikecke. Und muss gestehen, Boys Loves werden unglaublich schnell sehr sexuell. Und dann die volle Ladung, denn Japaner scheinen sehr auf Vergewaltigungen oder Semi-Vergewaltigungen (Da, wo der eine Partner es letzendlich doch gut findet, obwohl er durchgehend "nein" sagt.) zu stehen...
>
> Ich sehe also, wie der Herr grade als Außenstehender schnell sieht, dass Boys Love zur Hälfte Hardcoreporn ist und zur anderen Seifenopernkitsch. Es gibt dort eindeutig zu viele Extreme, die die guten Werke untergehen lassen.

Danke für die Anmerkung, das war mir so noch nicht bewusst. Wie gesagt, meine Erfahrung in dem Gebiet ist (vor allem aus persönichen Interesse) nicht so breit.

> Kennst du dich eigentlich mit japanischen Doujinshis aus? Also richtigen Doujinshis als Fancomics für andere Mangaserien? Es kann gut sein, dass der Herr davon was mitgekriegt hat. Und die sind größtenteils richtig heftig, was alles Sexuelle angeht...

Leider nein, in dem Bereich bewege ich mich nur auf animexx. Abgesehen davon kann ich auch gar kein japanisch ^^"


BRO:
> Hey, mir wurde der Weblog empfohlen und ich konnte einfach nicht anders, als meinen Senf dazu zu geben, weil wow, ja, ich finde Homosexualität in Comics ist echt ein Thema, über das man reden sollte.

Danke sehr, das finde ich auch. Gerade hier, wo viel content in dem Bereich erzeugt wird eigentlich erst recht.

> Deswegen muss ich zuallererst leider dein Statement "gerade in Deutschland weit verbreitetes Mangathema, nämlich die männliche Homosexualität" dementieren, da es meines Erachtens nicht darum geht. Shounen Ai/Boyslove ist nicht gleichbedeutend mit Schwulenkultur, zumindest nicht, wie ich das hier als Deutscher erlebe. Das sieht man als Japaner vielleicht anders, aber wir reden ja hier nur über deutsche Rezepienten. Und das liegt eben u.A. auch daran, dass es Autorinnen sind...

Darum schrob ich ja auch nicht "Schwulenkultur", denn das ginge mir an der Stelle dann doch zu weit. Shonen-Ai it schon ein Biotop für sich, das wollte ich auch ein bisschen anklingen lassen und die Bezeichnung möglichst allgemein halten.

>>Ist es schlecht, dass Boys Love in erster Linie von Frauen gezeichnet wird? [...]

>Ist es schlecht? Nein. Ist es gut? Nein. Das lässt sich so direkt nicht beantworten. Es positiv zu heißen, dass die meisten Autoren eben Frauen sind, halt ich für ungerechtfertigt. Alles, was mit Lesben zu tun hat, wird doch auch eher von Männern erzeugt und konsumiert, das ist einfach der natürliche Lauf. [...] Als Frau kommst du eben nicht so schnell in den Genuss solcher Erfahrung und, naja, viele recherchieren eben auch nicht und dann bleibt einem oft nichts Anderes übrig, als aus dem allgemeinen Wissenspool zu schöpfen und darin befinden sich hauptsächlich billige Klischees. Neben sexuellen Fantasien und Mädchenliebschaften.

Danke für diesen Absatz, ich denke ich verstehe nun die Aussage Pfalzgrafs ein bisschen besser.

> Zum Punkt unrealistisch: Ich glaube (und da lehne ich mich weit aus dem Fenster, da ich ja nur aus dritter Hand erfahre, was der Herr da verfasst), da hast du ihn völlig missverstanden. Shounen Ai ist nicht deshalb unrealistisch, weil da Dämonen oder Engel oder Superhelden drin vorkommen. Das wäre ja absurd.

Ja, das war unglücklich formuliert. Ich wollte einen Kontrast bieten zum Superheldenthema, das im Interview auch angesprochen wurde durch die Erwähnung von Dämonen und Co. Vielleicht hast du ja Green Lantern oder einen anderen Superheldencomic mit schwulem Protagonisten gelesen und kannst mir sagen, ob dort gesellschaftliche Spannungen oder Ähnliches berücksichtigt werden. Nach dem bisschen, was ich aus dem Genre kenne (und es ist wirklich nicht viel, also kann ich mich natürlich total irren), erwarte ich das ehrlich gesagt nicht.

> Das Spektrum an Mangas, die ich bisher konsumiert habe, haben einen so schlechten Nachgeschmack bei mir hinterlassen, weil vor allem die Charaktere und Situationen unrealistisch und deshalb unglaubwürdig waren. Es gibt sehr oft im Manga diese Geschlechterrollenverteilung in der Beziehung, der eine ist der Mann, der andere die Frau. Und zwar durch und durch, das sieht man ihnen an, die benehmen sich so, etc. Also recht platte Charaktere, die sich zudem auch nicht mit meinen Erfahrungen einer schwulen Beziehung decken. Das zieht sich dann natürlich auch in die Sexualität der beiden, wo es sehr oft eher um Dominanz (bis hin zur Vergewaltigung) als um körperliche Liebe geht.

In erster Linie meinte ich genau sowas mit "Natürlich sind Shonen-Ai-Stories im seltensten Falle realitätsnah". Die Stories oft in einer Art Biotop spielen: Jeder ist irgendwie schwul, selbst der harnäckigste Kerl lässt sich um den Finger wickeln, alle haben gerne harten Analsex. Familie und Freunde werden selten oder gar nicht betrachtet.

Abgesehen davon gibt es diese "klassiche" Geschlechterrollenverteilung auch in sehr vielen Hetero-Romantik-Mangas, in Romanen, Fernsehserien, Kinofilmen... eigentlich überall, und das ist ziemlich ätzend.

> Dann werden die Charaktere noch mit den immer gleichen Aufgaben konfrontiert; Outing (was natürlich unglaublich schwierig und dramatisch sein muss), Ausschluss von Familie und Freunden (Drama!), man verliebt sich natürlich immer in den Falschen und der ist dann auch noch hetero... (aber man kriegt sich doch). Da sind die Klischees, von denen ich gesprochen habe. Zumindest die ersten beiden sind sowas von abseits der Realität, glaub mir, das Outing und die Familie sind wirklich keine Probleme, die man heutzutage so hat als Schwuler.

Das kenne ich jetzt nicht so, sowohl die oberen Themen in BL-Geschichten und auch beim Outing allgemein. Kommt aber natürlich drauf an, was "Outing" alles umfasst.

> Was ich sagen will ist: Ich will gar nicht Shounen Ai verteufeln, jeder soll da seinen Spaß dran haben wie er will. Ich finde nur die Gleichsetzung mit der Homosexualität in der Realität falsch.

Eine Gleichsetzung habe ich nicht durchgeführt und würde es auch absolut nicht tun! Trotzdem sollte das Genre in den Diskurs um Homosexualität in der Realität und in Comics nicht zu kurz kommen, schließlich haben die Geschichten bzw. Motive oft große Anhängerschaften. Es ist in meinen Augen falsch, sowas dann auszuklammern oder abzutun, denn diese Geschichten prägen natürlich auch irgendwie das Bild von schwulen Männern in unserer Gesellschaft. Auch wenn so gut wie alle Leser wissen, dass Shonen-Ai unrealistisch ist, bin ich mir nicht sicher in wie fern sie das im Detail ausmachen können (mich selbst eingeschlossen).
Wir machen jetzt Kultur. Ernsthaft.
Ich präsentiere: Der Animexx-Feuilleton!
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Datum: 04.02.2014 16:31
> Das Spektrum ist bei BL-Manga zudem einfach sehr, sehr breit. Wir kriegen auf dem deutschen Markt verstärkt die Titel mit, bei denen es primär ums Pimpern geht, denn das ist, was sich hier am besten verkauft. Sozialer Realismus und glaubwürdiges Drama ziehen hier nicht so.

Das ist echt tragisch. Aber die Auswahl ist ja sowieso ein endloses Diskussionsthema.
Jesus rockt!
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Datum: 04.02.2014 18:37
> Danke für die Empfehlung, da werde ich mal reinlesen. Ehrlich gesagt hatte ich auch schon lange Zeit lang kein BL in Print mehr vor der Nase, vielleicht sind meine Eindrücke ein bisschen überholt.

Ja, mach das mal und les diese Geschichte! Ist wirklich eine tolle Story mit klasse Charakteren. Besonders der zweite Band. Und es freut mich, dass roterKater den Comic ebenfalls empfiehlt.

Ich würde dir noch mehr empfehlen, würde mir noch etwas einfallen...
Öhm, "After a Storm" von Shoko Hidaka ist mir auch positiv in Erinnerung geblieben, wobei bei dieser Dame tatsächlich das häufiger vorkommende Phänomen "Okay, ich hab extra diese Nebencharaktere etwas detailierter ausgearbeitet... Ich mach jetzt auch zu denen eine Geschichte. Jeweils. Jeder kriegt seinen Partner. Die Welt ist schwul!" auftritt. Also, der eine Charakter in dem Band ist eigentlich Nebencharakter in einem andren Band. Wenigsten war dort von Anfang an geklärt, dass er schwul ist, und er wurde das nicht plötzlich. So wie bei vielen anderen Geschichten, haha. (Worst Case: Hinako Takanaga und "Verliebter Tyrann". Niemals aufschlagen bitte...) Zu denen dann auch die von dir erwähnten Mangas zählen, in denen Friede-Freude-Eierkuchen-Atmosphäre herrscht, alle unglaublich offen ihre Liebe ausleben, alle schwul sind und niemand was dagegen sagt (Ren Kitakami kriegt das unglaublich gut hin. Auch niemals aufschlagen, wenn dich sowas stört, haha.).
Egal. "After a Storm" ist dennoch lesenswert.

> Leider nein, in dem Bereich bewege ich mich nur auf animexx. Abgesehen davon kann ich auch gar kein japanisch ^^"

Dass du so Doujinshis nicht kenns ist eigentlich ganz gut, die große Mehrheit würde ich nicht empfehlen... :-D (Wobei es natürlich auch da Perlen gibt, wenn man lang genug sucht. Äh, ich hab btw englische Übersetzungen gelesen. ich kann auch kein Japanisch.)

>Abgesehen davon gibt es diese "klassiche" Geschlechterrollenverteilung auch in sehr vielen Hetero-Romantik-Mangas, in Romanen, Fernsehserien, Kinofilmen... eigentlich überall, und das ist ziemlich ätzend.

Muss ich auch einfach nochmal ein "Ja." drunter setzen. So schade. Besonders in Mangas. Deswegen fällt mir vielleicht auch so sehr auf, dass in Boys Loves viele Kerle so mädchenhaft sind. Sie bekommen einfach viele dieser klischeehaften Mädcheneigenschaften, die man in Japan so seinen Mädchencharakteren gibt, und sind somit leichter als solche zu identifizieren...
(°,;,°) Der animexx cop! (°,;,°)
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Datum: 04.02.2014 22:16
BRO:

> Ich fände ja interessant zu erfahren, warum es eben dieses Genre gibt? Er stellt ja ganz richtig fest, außerhalb von Japan gibt es kein spezielles Schwulen-Genre. Warum wird das in Japan so gehandhabt, so extrahiert, in der einen oder anderen Art aufgehübscht und anderswo nicht? Und warum finden gerade Mädchen zwei Männer so reizvoll, etc. Was sagt das über die Sicht der Japaner auf Schwule, gibt es Berührungspunkte zwischen Realität und Manga...?

Uff, das sind natürlich 'ne Menge komplexe Fragen. Also ein paar Punkte findest du im "Yaoi Ronsô"-Artikel erwähnt. Die Attraktivität für Frauen und Mädchen besteht oft darin, dass sie sich dadurch in ein romantisches/sexuelles Verhältnis hineindenken können, ohne sich selbst dazu in Beziehung setzen zu müssen. In der stark sexistisch geprägten japanischen Gesellschaft sind Frauen als passive, untergeordnete Objekte deklariert. BL gibt die Möglichkeit, sich mit Figuren zu identifizieren, die in Beziehungen weniger stigmatisiert sind. Es ist quasi eine Aneignung männlicher Perspektiven durch einen weiblichen Blick.

Das verdeutlicht auch, warum die Figuren in BL-Manga so wenig "echte" Männer sind und so viele weibliche Konnotationen in der Kunstfigur des Bishounen aufweisen. Gleichzeitig ist in dem Zusammenhang interessant, dass viele BL-Mangaka und Fans in lesbischen Beziehungen leben, was ja in Deutschland durchaus nicht unähnlich ist. Das zeigt eben auch, dass Bishounen nicht unbedingt im direkten Sinne als Männer zu verstehen sind. Natürlich spielt da auch ein voyeuristischer Blick auf Körper des anderen Geschlechts eine Rolle, den Frauen ja in der Regel nur andersrum erfahren.

Ästhetische und literarische Vorbilder gehen aber weit in der japanischen Kunst- und Kulturgeschichte zurück. Den Typus des Bishounen kann man bis mindestens zum "Genji monogatari" im 11. Jhd. zurückverfolgen (welches interessanterweise von einer Frau geschrieben wurde). Der Held, Prinz Genji, wird dort als "so schön wie eine Frau" beschrieben und erlebt allerlei romantische Verstrickungen mit höfischen Damen.

Homosexualität war in Japan bis zum 19. Jahrhundert noch nicht verpöhnt, und sowohl in Klostern als auch in der Samurai-Kaste gab es oft hierarchisch geprägte gleichgeschlechtliche Verhältnisse, ähnlich dem antiken griechischen Päderastie-Modell, bei dem eine ältere, höher gestellte Person einen Jüngling unter seine Fittiche nahm und ausbildete, wobei sexuelle Beziehungen durchaus selbstverständlich waren. Das wird in Japan heute selten thematisiert. Der einzige Film, den ich dazu kenne, ist Nagisa Ôshima's letzter Film "Gohatto - Taboo" (mit einem irre verführerischen jungen Ryûhei Matsuda). Hier taucht natürlich auch wieder das Bishounen-Motiv auf, ebenso wie im Kabuki der Edo-Zeit, wo ja alle Frauenrollen von Männern gespielt werden mussten (die sich oft auch gleichzeitig prostituierten).

Erst die Landesöffnung gegenüber dem Westen, der gleichgeschlechtliche Beziehungen als "barbarisch" ansah, machte diesen Dingen ein Ende. Im vorauseilenden Gehorsam der Modernisierung wurde Homosexualität plötzlich scharf abgelehnt, was leider in Japan bis heute stark nachwirkt. Im Wesentlichen geht die heutige Homophobie in Japan also auf westliche Einflüsse zurück.

Die Motive zirkulierten aber trotzdem weiter. Im frühen 20. Jahrhundert gab es in Japan schon Literaturzeitschriften (eher vergleichbar mit Groschenheften), die sich an junge Mädchen richteten und bereits romantische Jugenbeziehungen thematisierten. Diese halfen den Mädchen, die durch die stark geschlechterreglementierte Gesellschaft (getrennt geschlechtliche Schulen) keine Chance auf eigene romantische Beziehungen hatten, erste unschuldige romantische Erfahrungen zu machen und sich dabei gleichzeitig von ihrer eigenen eingeschränkten Situation als Mädchen zu distanzieren. Im Wesentlichen liegt darin der Vorläufer zum modernen Shounen-Ai-Manga begründet. Das erklärt wahrscheinlich auch, warum das Jungen-Internat so ein beliebtes BL-Thema ist.

Hoffe, der sehr grobe Überblick hilft ein bisschen bei der Einordnung. Als Fazit kann man zu Boyslove wohl sagen: It's not (always) about the men. Das erklärt natürlich auch, warum schwule Männer oft ein Problem mit dem Genre haben und warum es sich selten sehr verträglich mit realistischen Ansprüchen verhält.

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Datum: 05.02.2014 10:59
roterKater:
>Die Attraktivität für Frauen und Mädchen besteht oft darin, dass sie sich dadurch in ein romantisches/sexuelles Verhältnis hineindenken können, ohne sich selbst dazu in Beziehung setzen zu müssen. In der stark sexistisch geprägten japanischen Gesellschaft sind Frauen als passive, untergeordnete Objekte deklariert. BL gibt die Möglichkeit, sich mit Figuren zu identifizieren, die in Beziehungen weniger stigmatisiert sind. Es ist quasi eine Aneignung männlicher Perspektiven durch einen weiblichen Blick.

Ah, so hab ich das noch nie betrachtet, klingt schlüssig. Danke für die aufwändige Erklärung!
\></
Datum: 06.02.2014 16:09
Hejho,
ich verfolge den Eintrag und die Kommentare seit ein paar Tagen schon und dachte mir, ich melde mich mal kurz zu Wort.
Viel will ich gar nicht sagen, das haben meine Vorkommentierer bereits ganz gut.
Ich bin neulich bei Amazon über ein Buch gestolpert, was ich vom Titel und von den paar Seiten, die man sich da ansehen kann, doch recht interessant finde (bin dafür grad auch am Sparen...).
Der Titel heißt 'Naughty Girls and gay male Romance/Porn: Slash Fiction, Boy's Love Manga, and other works by female "Cross-Voyeurs" in the U.S. academic discourse' von Carola Katharina Bauer (link dazu unten).
Da gehts wohl auch um die Frage, warum Frauen sich so für schwule Thematiken interessieren (könnten)?, ich glaube BRO, du hattest dir die Frage auch gestellt oder?
Die Inhalte in dem Buch scheinen sich zwar auf die Vereinigten Statten zu beziehen, aber möglicherweise können die Ergebnisse ja auch eine gewisse Geltung hier in Deutschland haben.
Wer weiß, vielleicht ähneln die Ergebnisse dem, was roterKater dazu gesagt hat.
Ich selber habe vor ein paar Jahren massenhaft Boy's Love und Yaoi gelesen und hab da einige Sachen schlichtweg ignoriert oder hatte dafür noch nicht so das Bewusstsein, dass ich jetzt hab. Inzwischen stört mich vieles, wie die Tendenz zu Vergewaltigungen, diese festgefahrenen Rollen Uke/Seme, wurde ja auch schon alles angesprochen^^
Und dann wollte ich mal Danke sagen, für die Empfehlungen, 'Das Spiel von Katz und Maus' kannte ich noch nicht, und freu mich daher grade sehr, ich mag das Genre eigentlich ganz gern, finde aber selten was, was mich auch anspricht und was ohne...seltsame Überredungsmechanismen funktioniert.

Habs zwar wie gesagt selbst nicht gelesen, aber vielleicht hat ja jemand von euch die Möglichkeit/Interesse daran :)
Amazon Link:
http://www.amazon.de/Naughty-Girls-Male-Romance-Porn/dp/3656183333/ref=sr_1_1?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1391699268&sr=1-1
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Datum: 06.02.2014 17:25
Morphin:
>Ich selber habe vor ein paar Jahren massenhaft Boy's Love und Yaoi gelesen und hab da einige Sachen schlichtweg ignoriert oder hatte dafür noch nicht so das Bewusstsein, dass ich jetzt hab. Inzwischen stört mich vieles, wie die Tendenz zu Vergewaltigungen, diese festgefahrenen Rollen Uke/Seme, wurde ja auch schon alles angesprochen^^
>Und dann wollte ich mal Danke sagen, für die Empfehlungen, 'Das Spiel von Katz und Maus' kannte ich noch nicht, und freu mich daher grade sehr, ich mag das Genre eigentlich ganz gern, finde aber selten was, was mich auch anspricht und was ohne...seltsame Überredungsmechanismen funktioniert.

Ich glaube, so geht es vielen. Danke jedenfalls für die Buchempfehlung! Ich hab zwar jetzt auch den Yaoi Ronso durchgelesen und in sich klingt das alles stimmig, aber vieles lässt sich eben nicht so auf die westliche Welt anwenden, also vllt auch nicht schlecht, die Untersuchung eines Amerikaners zu lesen. (Auch wenn der Preis für die paar Seiten schon echt abschreckend ist...)
Vllt lässt sich ja irgendwo 'ne PDF dazu auftreiben...
Datum: 06.02.2014 17:32
BRO:
> [...] die Untersuchung eines Amerikaners zu lesen. (Auch wenn der Preis für die paar Seiten schon echt abschreckend ist...)

Kleine Klarstellung: Die Autorin hat in Bayreuth das Fach Atlantic Studies studiert und im Rahmen dessen diesen Text als Masterarbeit verfasst. (Quelle: Amazon Inhaltsangabe)
Wir machen jetzt Kultur. Ernsthaft.
Ich präsentiere: Der Animexx-Feuilleton!
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Datum: 06.02.2014 17:38
Ach, Carola Katharina Bauer, okay.

Dieses "in the U.S. Academic Discourses" hat mich geblendet. Ist wohl nur der Name einer Verlagsbibliothek?

\></
Datum: 06.02.2014 17:42
BRO:
> Dieses "in the U.S. Academic Discourses" hat mich geblendet. Ist wohl nur der Name einer Verlagsbibliothek?

Neenee, ich glaube es geht schon um die Auswirkungen bzw. Erkenntnisse des wissenschaftlichen Diskurses in den USA zum Thema BL/Shonen-Ai. In "Atlantic Studies" gehts schließlich um alles jenseits des Atlantik (soweit ich da informiert bin), und das ist größtenteils die USA. Quasi ein Äquivalent zu Japanologie, würde ich sagen.
Wir machen jetzt Kultur. Ernsthaft.
Ich präsentiere: Der Animexx-Feuilleton!
Datum: 06.02.2014 18:17
kikidergecko:

> Neenee, ich glaube es geht schon um die Auswirkungen bzw. Erkenntnisse des wissenschaftlichen Diskurses in den USA zum Thema BL/Shonen-Ai. In "Atlantic Studies" gehts schließlich um alles jenseits des Atlantik (soweit ich da informiert bin), und das ist größtenteils die USA. Quasi ein Äquivalent zu Japanologie, würde ich sagen.


Jau, würde ich auch so sehen.

Übrigens hab ich bei Google Books zu dem Text ne Leseprobe gefunden, die ein paar mehr Seiten als die Amazon Vorschau hergibt.
Ich denke wenn ihr den Titel einfach bei Google abtippt solltet ihr dahin finden können, ansonsten schick ich euch auch gern den Link dahin.
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Datum: 06.02.2014 19:50
Ja, im Grin-Verlag veröffentlichte Studienarbeiten sind leider immer schweineteuer. Die werden halt nur in Kleinstauflage und hauptsächlich für Bibliotheken gedruckt. Falls ihr eine Bibliothek kennt, in die das thematisch passt, könnt ihr ja mal anfragen, ob sie es in den Bestand mit aufnehmen und dann mal ausborgen.

Und wie gesagt, die zweite Ausgabe von "Mechademia" enthält auch noch einen sehr guten Artikel zum Thema Yaoi Ronsô.
http://www.amazon.de/Mechademia-Volume-2-Networks-Desire/dp/081665266X
Die Mechademias sind übrigens wirklich ihr Geld wert. Wer gerne mal akademische Artikel zum Thema Manga, Anime und japanische Popkultur liest, bekommt hier sehr viele hochwertige Artikel für kleines Geld.

Ach, und Kiki, magst du mal das "Comcis" in der Überschrift korrigieren? ^^


Datum: 06.02.2014 20:00
roterKater:
> [...] die zweite Ausgabe von "Mechademia" enthält auch noch einen sehr guten Artikel zum Thema Yaoi Ronsô.

Sorry, habe ich wohl überlesen. Füge ich gleich mal an die Literaturliste an.

> Ach, und Kiki, magst du mal das "Comcis" in der Überschrift korrigieren? ^^

Autsch. >.<
Wir machen jetzt Kultur. Ernsthaft.
Ich präsentiere: Der Animexx-Feuilleton!
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Datum: 06.02.2014 22:33
Uh, warum falle ich erst heute hier drüber?

Ich habe das Interview (das ich schon im rahmen der Hiztlsperger-Debatte vor ein paar Wochen gelesen habe^^) anders interpretiert, in dem Absatz über Boys Love Manga, denn dass der Autor mehr wert auf die darstellung echter Homosexualität in Comics legt, und auch deswegen eben untesucht, wie schwule Autoren ihre Comics machen, war für mich recht schnell klar. Entsdprechend fallen viele Boys Love Manga da eben tatsächlich raus, weil sie nie einen Anspruch postulieren, irgendetwas mit realer Homosexualität zu tun zu haben. Gerade im Doujinshi-Bereich handelt es sich oft wirklich um reinen hardcore-porn. Was man da tlw. sieht... wenn man die entsprechenden Stockwerke im Mandarake aufsucht... ehm... ja. let's not talk about it, sonst braucht der Eintrag ein adult-label ;D.

Ich persönlich bin schon seeeehr lange sehr begeistert von den paar Ausreißern in dem Bereich - und habe seit 2007 (!) n Affentanz gefahren, um an de verständliche Version von "Das Spiel von Katz und Maus" zu bekommen. Bin damals zufällig in Japan im Urlaub drüber gefallen, fands interessant, und hab dann gelitten, bis endlich dei deutsche Version rauskam. Damn, war ich begeistert, dass es dann sogar noch ne Fortsetzung gab! Das war eben wirklich mal was realistischeres, wobei Setona Mizushiro ja sowieso immer etwas tiefer reingeht, als viele andere Mangaka. Wenn man sich ihre anderen Werke wie Tag X und After School Nightmare anguckt, das ist ja auch nicht grade alltägliches Manga-Fast-Food. Immer hübsch verpackt, aber inhaltlich schon ne Ecke mehr als bei vielen anderen Autoren.

Überwiegend ist Boys Love halt wirklich nur Romance mit männlichen Geschlechtsorganen. Und nicht selten lese ichs genau deswegen. Wenn ich Realismus will, dann greif ich zu was anderem (und generell selten zu Manga...)

Ich spiele auch seit dem Interview definitiv mit dem Gedanken, mir das Buch zu holen, einfach um zu gucken, was es so gibt. weil ich nicht nur Manga lese, und meine Romance mit men bits eben einfach gerne mag. Und inzwischen ja auch Superhelden mag. und überhaupt. blubb.

Generell: Von mir uneingeschränkte Leseempfehlung für 'Das Spiel von Katz und Maus'.

Was auch... homosexuellen Sex enthält und trotz Fantasy-Elementen imho auch nicht ganz unrealistisch ist, ist Sakura Gari von Yuu Watase. Es geht in Sakura Gari aber eiskalt NICHT um Liebe. Sondern um Macht und Unterdrückung, um Vergewaltigung und Sexuellen Missbrauch. Und letztlich eben auch nicht wirklich um Homosexualität... Sondern um eine durch und durch kaputte Familie.
Wer krassen Scheiß abkann, dem empfehle ich das schon, aber mehr fürs intensive Drama, als für alles andere...^^
Vorsicht, dieser Diskussionspartner könnte für Kinder ohne Ahnung nicht geeignet sein, da er pedantisch und mit linguistischer Feinheit Argumente zerfleddern kann.
("A man shouldn't die with no understanding of why he's been murdered" - Matthew Stover)
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Datum: 07.02.2014 16:05
In Sachen BL-Mangas empfehle ich noch "New York New York" von Marimo Ragawa und wie man es am Titel erkennen kann, spielt sich die Story nicht in Japan ab, sondern in den USA und die Charaktere sind auch allesamt Amerikaner. In diesem Manga werden - anders als bei vielen BL-Werken, wo es echt nur ums Eine geht oder zu verkitscht romantisch ist - Themen wie Coming-Out, Homophobie oder auch Aids behandelt (gerade von letzterem liest man kaum was in einem BL-Manga).

Dazu ist der Zeichenstil von Ragawa so gar nicht der typische Bishi-Stil, wo alle wie Models aussehen, sondern die Leute sehen nach realistischen Menschen aus, die alle auch unverwechselbar sind (also kein Problem à la "Gib Chara A die Frisur von Chara B und A sieht wie B aus", welches Mangaka wie Arina Tanemura haben).

Zwar ist der Manga an manchen Teilen doch etwas zu dramatisiert (die Vergangenheit des Uke, dann wird er mal entführt...), aber dennoch wirklich lesenswert, da er eben Themen/Probleme anspricht, die in BL-Mangas meist kaum bis gar nicht erwähnt werden.

Zu BL-Mangas allgemein: Mit jenen habe ich mich erst im Alter von etwa 15/16 Jahren beschäftigt, aber schon damals war ich kein Fan von BL, wo der Uke klein und schwächlich ist und der Seme der große starke Typ, der den Uke dominiert (und der Uke sich natürlich alles gefallen lässt, weil Liebe -.-). Sowas mag ich auch bei Hetero-Romanzen nicht, wenn sich das Mädchen von ihrem Freund "aus Liebe" alles gefallen lässt. Bei BL-Mangas habe ich es am liebsten, wenn beide Kerle eine ähnliche Statur haben und am besten auch im gleichen Alter sind (je grösser der Altersunterschied desto besser sieht man in den meisten BL, wer da Uke ist und wer Seme).

Bei mir muss eine (BL-)Geschichte jetzt nicht megakomplex sein, um mich unterhalten zu können (ich mag durchaus auch eher seichte Highschool-Romanzen), aber Mangas, wo die Charas nach kurzer Zeit schon ins Bett miteinander hüpfen, brauche ich nicht.
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Datum: 12.02.2014 15:33
BRO:
> (...)
> Ja, meine These ist provokant und ich schere da sicher auch einige Leute über den Kamm, die da nicht hingehören, aber im Großen und Ganzen ist es kein Thema hier. Und mit hier mein ich nicht Animexx, sondern Deutschland.

Das kann ich so nicht bestätigen. Meine Frau und ich wohnten für einige Jahre in zwei Städten in unterschiedlichen Bundesländern (Sachsen-Anhalt und NRW) und jedes Mal eckten wir, allein durch unsere bloße Anwesenheit, bei einer homophoben Gesellschaft an.
Allein in unserem aktuellen Wohnort - dem ach so toleranten NRW - haben wir 3 Anzeigen und 1 Unterlassungsverfahren am Laufen - alles mit homophoben Nachbarn.
Und bei keiner Anzeige haben wir einen Erfolg erzielt.
Wir wurden beleidigt, beschimpft, verfolgt und ich sogar vom Fahrrad angefahren.
Von einer anti-homophoben Gesellschaft sind wir in Deutschland (!) noch weit, weit entfernt!

In Sachsen-Anhalt wurden wir angespuckt, von Ämtern belächelt und vom BAFöG-Amt wurde unsere Ehe nicht anerkannt, deswegen erhielten wir keine Unterstützung, um unsere Ausbildung zu machen und mussten abbrechen.
Blog:
http://animexx.onlinewelten.com/weblog/7527/310132/
http://animexx.onlinewelten.com/weblog/7527/277769/

> Ich kenn halt einige Queer/ oder Transleute und mir ist noch nie untergekommen, dass jemand Probleme mit seinem näheren Umfeld hatte.

Meine Frau und ich haben BEIDE Probleme mit dem näheren Umfeld auf Grund unserer ELP. Und merkwürdigerweise - bis auf eine Ausnahme - wissen wir nur von Menschen, denen es genauso ergangen ist und ergeht.
Bei manchen ist es so, dass die Eltern die "homosexuelle Phase" ihres Kindes noch halbwegs tolerieren, bzw. mit wenig Abwertung über sich ergehen lassen, doch wenn sich diese "Phase" schließlich verfestigt... dann sieht die ganze Toleranzangelegenheit plötzlich anders aus.

> Es ist also eher ein künstliches am Leben Erhalten dieser vermuteten Intoleranz von Außenstehenden, so ist jedenfalls meine Meinung dazu.

Das ist nicht korrekt. Wenn dem so wäre, wäre die Sache mit dem Fußballer letztens nicht dermaßen von den Medien hochgezogen worden.
Homosexualität, sowie Transexualität ist nach wie vor ein Problem in Deutschland, dessen Diskriminierung UNTERSCHÄTZT wird. Betroffene erhalten wenig bis keine Hilfe, um sich gegen Verleumdungen, Hetzkampagnen und Co. zur Wehr zu setzen.

Es ist (leider) immer leicht, sich allgemein über sensible Themen, wie dieses, zu äußern, wenn man nicht direkt betroffen ist.

> Dazu kommt, wenn dann eben ein Charakter in diese missliche Lage gerät und auf Ablehnung seiner Freunde oder Familie stößt, wird weiterhin am Thema Homosexualität festgehalten. Würde man sich nicht viel eher fragen, warum man das Pech hatte, solche ignoranten Idioten als Eltern zu haben oder die Enttäuschung, dass sich die eigenen Freunde als so kleingeistig entpuppen und dann demensprechend aussortieren?

Ich weiß nicht, ob du eine Vorstellung davon hast, wie oft das eigentlich in Deutschland jeden Tag passiert?
sicher, du hast Recht, das Umfeld ist dann intolerant und, schlicht ausgedrückt scheiße. Wenn du dann allein dastehst, sich die Familie von dir abwendet, Nachbarn dich mobben und die Polizei nichts dagegen unternimmt, hilft dir diese Erkenntnis herzlich wenig.
~~ Vive ita vitam tuam, at te paeniteat nullius rei.
Antea sectari alios debui, aliis studere,
hodie me sectabimini, mihi studere debebitis
~~
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Datum: 12.02.2014 16:20
Das ist ja ein witziges Timing, Daemion, weil ich die letzten Tag doch öfters an meinen Eintrag hier denken musste und zu dem Schluss kam, dass ich den Punkt wohl nicht nochmal so schreiben würde. Als hätte ich es beschrien wurde ich zumindest im Internet sehr übel und persönlich angegangen.

Ich kann nicht sagen, dass ich in einem besonders freidenkenden Umfeld aufgewachsen bin oder mittlerweile wohne, weil ich auch mit anderen Sachen anecke, aber trotzdem war mir das bisher nie passiert, vor allem nicht so böswillig. (Wenn mir jetzt unbedingt jemand auf der Straße "Uagh, Schwule" hinterherzischen möchte oder komisch guckt, überseh ich das einfach. Das würden die auch machen, wenn ich die falschen Klamotten anhätte.)

Aber angespuckt werden!? Wenn du so erzählst, klingt das wirklich unfassbar und als würden wir in zwei unterschiedlichen Welten leben.

Aber trotzdem, was Outings angeht kann ich halt keine negtiven Erfahrungen erfinden, tut mir leid für dich/euch, dass es so gelaufen ist, da muss dir meine Aussage wirklich vor den Kopf stoßen.

>Allein in unserem aktuellen Wohnort - dem ach so toleranten NRW - haben wir 3 Anzeigen und 1 Unterlassungsverfahren am Laufen - alles mit homophoben Nachbarn.

Krass. Ein starkes Stück. Wirklich sehr traurig!
\></
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Datum: 12.02.2014 18:02
BRO:
> (....) Aber trotzdem, was Outings angeht kann ich halt keine negtiven Erfahrungen erfinden, tut mir leid für dich/euch, dass es so gelaufen ist, da muss dir meine Aussage wirklich vor den Kopf stoßen. (....)

Zumindest kennst du jetzt zwei User, die die These, Outing in DL verlaufe positiv, nicht bestätigen können.

Auch der eine oder andere Promi sagte im Interview, dass er/sie sich sehr überwinden musste, sich zu outen oder dass er/sie erst bis zum Karriereende gewartet hat, aus Angst vor den Reaktionen der Bekannten und Fans.
In einem weiteren Fall, hat eine 60-Jährige (Transfrau) nach ihrem Outing ihre gesamte Familie verloren.
Solche Fälle sind leider noch keine Einzelfälle.
Vielleicht hattest du mit den Erfahrungen innerhalb deines Bekanntenkreises Glück gehabt?

Wenn das Thema nicht noch immer zumindest etwas problematisch wäre, würdest du nicht immer wieder in den Medien davon hören. Erst, wenn es egal ist, welcher Sexualität man angehört und es nicht in den Medien breit getreten wird, gilt es als anerkannt (natürlich nur dann, wenn Probleme mit dem Thema nicht der Zensur zum Opfer fallen).

Wenn das Thema nicht bedenklich wäre, gäbe es nicht immer wieder die Frage der Eltern "Habe ich in der Erziehung etwas falsch gemacht?"
Welcher Elternteil fragt sich das schon, wenn sein/ihr Kind heterosexuell ist?

Homosexualität galt lange als Krankheit ( http://www.spektrum.de/quiz/bis-wann-fuehrte-die-who-homosexualitaet-als-krankheit/780588) und ist heute noch in manchen Köpfen der Gesellschaft als eher negativ verankert ( http://www.focus.de/politik/deutschland/dieter-blechschmidt-cdu-stadtrat-bezeichnet-homosexuelle-als-krank_aid_745400.html ).
Hier der Beweis, dass das Thema leider noch immer recht "heiß" ist:
http://www.deutschlandfunk.de/homophobie-stefan-kaufmann-homosexualitaet-ist-keine.694.de.html?dram:article_id=276197

Homosexualität ist auch leider noch im Fußball ein schwieriges Thema:
- http://www.focus.de/sport/fussball/lesben-und-schwulenverband-befuerchtet-hitzlsperger-reicht-nicht-damit-es-andere-nachmachen_id_​3525605.html (Link bitte googeln, weil html-Verlinkung nicht abrufbar -> Schlagwörter: focus lesben-und-schwulenverband , aktuell 2. Link von oben: Stand: 12.02.2014 18:00)
- http://www.dw.de/gemischte-reaktionen-auf-das-bekenntnis/a-17351347

Und da war doch ein Fall, dass ein homosexueller Schütze nicht mit seinem Partner marschieren durfte:
- http://www.sueddeutsche.de/panorama/diskriminierung-von-homosexuellen-schuetzen-verbieten-schwule-koenigspaare-1.1305582


Links:
- http://www.eltern.de/schulkind/jugendliche/outing-homosexualitaet-jugendliche.html
- http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/sexualitaet/homosexualitaet/outing.jsp
- http://www.dijg.de/homosexualitaet/jugendliche/selbstmord-suizid-teenager/
- http://www.coming-out-day.de/informationen/fakten.html
- http://www.zeit.de/online/2007/25/schwul-jugendliche-internet
- http://de.wikipedia.org/wiki/Coming-out

Von einer Umerziehung von Heterosexuellen habe ich noch nie gehört, aber von Umerziehungen von Homosexuellen (wobei die hoffentlich [was DL betrifft] alle weit zurück liegen- Ausnahme: Menschen, die ihre Homosexualität wirklich als störend empfinden).

Der Gedanke, dass jmd homosexuell ist, teilt die Menschen in drei Lager:
- jene, die nichts gegen Homosexuelle haben
- jene, denen Homosexuelle egal sind
- jene, die homophob sind und etwas dagegen haben

Das Problem hierbei ist Folgendes:
Die letzte Gruppe fühlt sich persönlich allein durch die Existenz von Homosexuellen angegriffen, ist entsprechend aggressiv.
Kann sein, dass diese Gruppe im Vergleich zu der (angeblichen) Egal-Fraktion möglicherweise (genaue Zahlen habe ich leider nicht) eher klein ist, durch ihre Präsenz und ihren inneren Antrieb, der auf Hass basiert, sind sie leider sehr gegenwärtig und überdurchschnittlich oft aktiv.
Wenn man nun ansonsten nur noch Leute um sich hat, denen Homos egal sind, dann werden die sich nicht einmischen, wenn ein Homo von einem Hetero angegangen wird.
Und weil im Fall des Falls kein Homofreund in der Nähe ist (statistisch ist diese Gruppe am Seltensten), bekommt ein angegangener Homo auch keine Hilfe.

- http://de.wikipedia.org/wiki/Homophobie
- http://www.taz.de/!116447/
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Datum: 13.02.2014 23:23
Markus Pfalzgraf hat mir das hier gerade noch auf Twitter weitergeleitet:
http://www.grin.com/en/e-book/193151/naughty-girls-and-gay-male-romance-porn-slash-fiction-boys-love-manga

Die Arbeit hatte Morphin ja oben schon erwähnt und hier gibt es eine ausführliche Leseprobe.
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Datum: 14.02.2014 11:18
Und noch ein Nachtrag: Comicgate haben mich auf ihrer Homepage auf diesen sehr schönen zweiteiligen Artikel von Andi abgemeldet Völlinger hingewiesen:

http://www.comicgate.de/Artikel/schwule-hasen-und-echte-maedels-homosexualitaet-in-comics-teil-1.html
http://www.comicgate.de/Artikel/voll-schwule-superhelden-homosexualitaet-in-comics-teil-2.html
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Datum: 26.02.2014 15:25
Ich hoffe, ich darf hier meine Mangas zum Thema Fußball und Homosexualität/Homophobie vorstellen:

"Aus Liebe zum Spiel", das ich 2011-12 gezeichnet habe:
http://animexx.onlinewelten.com/doujinshi/zeichner/465684/40579/

Mein aktuelles Projekt "Torwart-Talent":
http://animexx.onlinewelten.com/doujinshi/zeichner/465684/54727/

Mir selber ging es beim Schreiben und Zeichnen dieser beiden Geschichte nicht einmal so sehr um die Homosexualität der Figuren, sondern a) ich bin Fußball-Fan und b) ich mag ungewöhnliche Liebesgeschichten.


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