Together through timeless justice von Daelis ================================================================================ Kapitel 9: Angriff auf das U. S. J. ----------------------------------- Okay. Oder eigentlich eher nicht okay. Eigentlich war das hier überhaupt nicht okay. Nicht nur, dass ich für die kleine Gruppe bei mir ein Klotz am Bein wäre, ich hatte obendrein Shinsou und Erenya aus den Augen verloren, die genau wie ich nicht hätten hier sein dürfen, wäre alles nach dem ursprünglichen Plot verlaufen. Bei Shinsou machte ich mir da zwar nicht allzu große Sorgen, dass er auf die Idee kommen könnte, etwas zu tun, dass buchstäblich alles änderte, bei Erenya hingegen umso mehr. Sie brannte ja förmlich darauf, sich zu beweisen und den uns bekannten Ablauf der Geschehnisse völlig zu zerlegen. Bis zu einem gewissen Punkt konnte ich das sogar gut verstehen. Auch ich hatte das Gefühl, dass unser Eingreifen etwas Gutes bewirken könnte. Allerdings wusste ich auch, wie kurzsichtig und egoistisch es wäre, diesem Gefühl nachzugehen. Keiner von uns hatte auch nur die geringste Ahnung, welche massiven Auswirkungen unser Handeln nach sich ziehen könnte, wenn wir uns zu sehr einmischten. Der Flügelschlag eines Schmetterlings konnte am anderen Ende der Welt einen Orkan auslösen, ging mir die berühmte Erklärung zum Butterfly Effect immer wieder durch den Sinn. Hoffentlich hatten Erenya und ich allein durch unsere reine Anwesenheit nicht schon zu viel verändert. Allein, dass die Klasse nun größer war und meine Entdeckung Kurogiris, also letzten Endes One for Alls Aufmerksamkeit, auf sich gezogen hatte, hätte eigentlich nicht sein dürfen. Hätte mein früheres Ich doch nie ein Wort darüber verloren. Verdammt! Wenn ich so darüber nachdachte, könnte es gut sein, dass Shinsous Anwesenheit hier bereits die erste für mich erkennbare Veränderung bildete. Wie viele Details, die sich vom Original unterschieden, mir entgangen waren, wollte ich mir gar nicht erst vorstellen. „Sensei, bleiben Sie zurück!“, rief mir Mina zu. Keine Sekunde zu früh, denn Kurogiri hatte sich nur einen Katzensprung vor uns manifestiert. Obwohl ich sein Gesicht in all dem dunklen Rauch nicht erkennen konnte, wollte ich wetten, dass er grinste. Nervös biss ich mir auf die Unterlippe. Er war wegen mir hier. Nicht in der Yuei, aber hier bei dieser Gruppe und nicht irgendwo anders. Es brauchte kein Genie, um zu begreifen, dass er nach dem gescheiterten Angriff in Ägypten hier seine zweite Chance sah, mich zu erwischen. Ich musste nicht einmal wissen, was genau er oder sein Chef sich von mir erhofften, um mich schon aus Prinzip dagegen aufzulehnen. Was immer sich jemand wie AFO von meiner Entdeckung erhoffte, konnte für den Rest der Welt nichts Gutes bedeuten. Sein Name war bei ihm nun einmal Programm. Alle für einen – und in diesem speziellen Fall für ihn selbst. Was sich Kurogiri wohl davon versprach, so einer Person zu helfen? Zwar wusste ich aus dem Manga, dass er früher mal eng mit Present Mic und Eraserhead befreundet gewesen war, doch das half mir nicht, seine Beweggründe zu ergründen und noch weniger dabei, dieser Situation zu entfliehen. Instinktiv wich ich einen Schritt zurück. Ich müsste eine absolute Idiotin sein, jetzt keine Angst zu haben. Und ich hatte Angst, und zwar ziemliche. Nummer 13 war die Einzige hier, die wirklich eine reale Chance gegen einen Gegner wie Kurogiri hatte. Die vier Schüler Mezo, Ochaco, Mina und Tenya in allen Ehren, aber sie waren Anfänger und dem Profischurken nicht gewachsen. Mein Verstand stolperte beinahe über meine eigenen Gedanken. Tenya! Tenya war hier! Ich musste ihn losschicken, damit er Hilfe holte! Das war immerhin auch im Originalplot sein Job gewesen und niemand war dafür so gut geeignet wie er. Wenn er etwas eher aufbrach, als ursprünglich, würde das doch nicht viel ändern, richtig? Ich hoffte es. Gerade, als ich die Hand nach dem hochgewachsenen Jungen ausstrecken wollte, griff Kurogiri ohne die winzigste Vorwarnung an. Hätte Mezo mich nicht geistesgegenwärtig beiseitegestoßen, hätte mich der neblige Schurke garantiert erwischt. Doch nicht nur Mezos schnellen Reflexen, sondern allen voran Nummer 13 verdankte ich meine Sicherheit. Die mutige Heldin hatte sich Kurogiri, ohne zu zögern, in den Weg gestellt. „Ich werde nicht zulassen, dass du meine Schüler und Kollegen angreifst“, erklärte Nummer 13 bestimmt, während ihr schwarzes Loch sichtlich an der ungreifbaren Gestalt des Schurken zog. Kleine Fetzen davon schienen sogar in der Dunkelheit des Lochs zu verschwinden, bevor Kurogiri sich abrupt davon löste und seine Aufmerksamkeit nun der Heldin zuwandte. Ihm musste dämmern, dass ihr Quirk nahezu ideal war, um ihm zu trotzen. Gegen einen Gegner, der so unstofflich und schwer greifbar war, wie Kurogiri, waren viele Fähigkeiten wenig effektiv, aber nicht dieser. Wenn sie es schaffte, ihn ganz einzusaugen, wäre er Geschichte. Nummer 13 hatte ja selbst erklärt, wie gefährlich ihr schwarzes Loch war und wie endgültig der Einsatz. Manche Quirks waren einfach tödlich und ihrer gehörte zweifellos dazu. Kurz glitt der Blick des Schurken in meine Richtung. Mir war es gerade erst gelungen, wieder auf die Füße zu kommen. Sand klebte an meiner Kleidung meinen Händen, wo er ein unangenehmes Gefühl auf der Haut hinterließ. Wenn ich doch nur irgendetwas wüsste, dass Kurogiri stoppen könnte. Irgendetwas, das ich tun oder sagen konnte. Doch Argumente waren hier fehl am Platz. Er hatte seine Seite gewählt und nichts, das ich sagte, würde ihn umstimmen. Auf das Gegenteil zu hoffen, wäre naiv. Nein, ändern konnte ich den Verlauf der Dinge nicht, aber vielleicht beschleunigen? Es war ein Fakt, dass Kurogiri gezwungen wäre, sich zurückzuziehen, weil seine Schwachstelle offenbart wurde. Kurzentschlossen rief ich Nummer 13 zu: „Sein Kopf!“ Dass ich mich damit erneut zur Zielscheibe machte, war zwar nicht unbedingt ein Geniestreich, aber mein Mundwerk war schneller gewesen als mein Verstand. Plot hin oder her, einfach danebenzustehen, während jemand sich dem möglichen Tod stellte, das konnte ich einfach nicht. Später konnte ich mich immer noch dafür verfluchen, weil ich nun selbst den Plot zu verändern drohte, den ich doch eigentlich so vehement hatte bewahren wollen. Soweit ich es wusste, spielte es keine Rolle für den Verlauf der Geschichte, ob Nummer 13 verletzt worden war, außer für sie selbst. Wieso also nicht? Nummer 13 zeigte keine Reaktion, Kurogiri hingegen sehr wohl. Sein Kopf neigte sich in meine Richtung, doch nur kurz, dann war er gezwungen, sich der Profiheldin zuzuwenden, die erneut ihr schwarzes Loch zum Einsatz brachte. Sie war bereit, ihn zu töten, falls nötig. Ob das auch den Schülern bei mir bewusst war? Beinahe hoffte ich, dass nicht. So oder so gewährte mir Nummer 13 damit genau die Zeit, die ich bräuchte. Kurogiri war abgelenkt und würde es kaum wagen, der Heldin den Rücken zuzudrehen, solange sie kampffähig war. Meine Chance, Tenya auf den Weg zu schicken. Eilig fasste ich den Klassensprecher der 1-A an der Schulter. „Tenya, hör mir jetzt gut zu“, begann ich hastig, den verwirrten und überraschten Ausdruck auf dem Gesicht des jungen Mannes ignorierend. Darauf konnte ich im Moment keine Rücksicht nehmen. Wir hatten womöglich nur Sekunden. „Sieh zu, dass du hier rauskommst. Hol Hilfe. Hörst du?“, redete ich eindringlich auf ihn ein. Tenya sah mich einen Moment lang nur mit großen Augen an. „Tenya, hol Hilfe“, betonte ich noch einmal leise. „Sofort. Sie haben garantiert die Alarmanlage lahmgelegt und wir brauchen Unterstützung.“ Dieses Mal nickte Tenya, wenn er auch noch ein wenig überrumpelt wirkte. Vermutlich hatte er so eine Anweisung von mir als Allerletztes erwartet, immerhin war ich Zivilistin und weit davon entfernt, irgendeine Ahnung vom Heldenalltag oder der Konfrontation mit Schurken zu haben. Unglücklicherweise galt Letzteres nur bedingt. Kurogiris ersten Angriff vor einigen Wochen in Ägypten würde ich wohl nie vergessen. Mistkerl. Er hatte damit meinen Traum von der Ägyptologie zerstört. Am liebsten hätte ich ihn angeschrien, doch davon hielt mich die Vernunft zum Glück ab. Zumindest mental aber spuckte ich ihm und AFO dafür ins Gesicht. Als besonders lautlos ging Tenya eindeutig nicht durch, aber schnell war er. Beeindruckt sah ich ihm nach, als der Schüler ohne ein weiteres Wort lossprintete. Insgeheim war ich heilfroh, dass er meine Anweisung befolgte, ohne sie zu hinterfragen, sonst hätten wir weitere, kostbare Zeit verschwendet, die Nummer 13 nicht hätte. Oder besser gesagt hatte, denn im gleichen Moment, indem sich Tenya entschied, davonzupreschen, ertönte ein Aufschrei, der mir das Mark gefrieren ließ. Kurogiri schnaufte, stand aber aufrecht neben Nummer 13, deren Anzug einen unübersehbaren Riss aufwies. Ihr schwarzes Loch schien diesen immer weiter einzusaugen und ein schmerzerfülltes Ächzen verriet, dass die Situation nicht nur gefährlich aussah, sondern es auch war. Das hatte ich dann schonmal nicht verhindern können. Vielleicht hätte ich damit rechnen sollen, doch ein Teil von mir war trotzdem frustriert. Es war nicht fair, dass sie leiden musste, nur weil sie uns verteidigte. Kurogiris Interesse galt ohnehin nicht einmal uns allen, sondern höchstens mir. Mina und Ochaco, die sich mutig vor mich gestellt hatten, waren ihm doch gleichgültig. Sie hatten für ihn nichts von Interesse und waren höchstens als mögliches Mittel, All Might herauszulocken, für ihn nützlich. Er würde sie vermutlich einfach töten. Mich hingegen bräuchte er lebend, wenn er irgendetwas über die Funde aus Ägypten herausfinden wollte. Wäre es anders, hätte er nicht mich zum Ziel, sondern meine Kollegen. Die hingegen konnten scheinbar in Ruhe weiterarbeiten. Am Ende war es dieser Gedanke, der mich veranlasste, Mina kurzentschlossen hinter mich zu schieben. „Du wirst meine Schüler nicht verletzen“, versuchte ich, mich nun an Nummer 13s Stelle daran, Kurogiri zu stoppen. Nicht, dass das tatsächlich in meiner Macht stünde. Ich pokerte hoch, wenn ich darauf hoffte, dass er nicht riskieren würde, mich ernsthaft zu verletzen, weil sein Chef noch Informationen von mir brauchte, die verloren wären, wenn ich draufging. Doch genau darauf verwettete ich tatsächlich gerade mein Leben. Eine selten dumme Entscheidung. Sollte ich falschliegen, wäre ich doch die erste Quotentote in dieser Geschichte und vermutlich ein verdammt abschreckendes Beispiel für die angehenden Helden, die meinen Tod bezeugen müssten. Der dunkle Nebel Kurogiris blieb undurchdringlich, als der Schurke die Hand hob. Doch anstatt der verletzten Nummer 13 den Rest zu geben oder uns wehrlosen Haufen von Schülern und Lehrerin anzugreifen, wandte er sich ab. Natürlich! Auch das hätte ich voraussehen müssen, doch in der ganzen Aufregung waren mir einige Details einfach nicht ganz präsent. Kurogiri verzichtete nicht aus Mitleid oder Freundlichkeit darauf, uns zu attackieren, sondern weil er verhindern wollte, dass es Tenya gelang, weitere Helden zu alarmieren. Tenya war zwar ziemlich schnell unterwegs, doch das war Kurogiri auch und er raste förmlich hinter dem Klassensprecher her. Mir schnürte sich die Kehle zu. Ich wusste, Tenya würde entkommen. Das tat er im Original auch. Wieso sollte sich daran also etwas geändert haben? Tenya war genauso schnell wie sonst und hatte sogar noch ein bisschen mehr Vorsprung gehabt. Er würde es schaffen und dann dauerte es nicht mehr lange, bis die anderen Lehrer hier eintrafen, um dem Angriff ein Ende zu setzen, bevor noch jemand ernsthaft verletzt wurde. Mein Blick glitt bei diesem Gedanken wie von selbst zu Nummer 13, die mit beiden Händen mit dem zerfetzten Anzug rang. Wie gerne würde ich ihr helfen, doch es war wahrscheinlicher, dass ihr Quirk mich einsaugte, wenn ich etwas versuchte. Auf diese dumme Art abzutreten, sollte ich wohl im Sinne aller besser verzichten. „Mezo“, wandte ich mich stattdessen an den Schüler neben mir. „Bring Ochaco und Mina in Sicherheit. Versteckt euch in den WC-Räumen oder einer Abstellkammer“, wies ich ihn leise an. Er hob eine Braue und ich ahnte den Widerspruch, der ihm auf der Zunge lag, weshalb ich direkt fortfuhr. „Dieser Kerl hat es auf mich abgesehen und wird mich nicht töten. Er braucht mich lebend. Also seht zu, dass ihr außer Schussbahn ko-“ „Auf gar keinen Fall, Sensei“, unterbrach mich Ochaco entschlossen. „Wir lassen Sie hier nicht zurück.“ Süß, wie bemüht sie war, aber das würde weder ihr noch mir helfen. Wenn Kurogiri Zeit für uns fand, waren sie kaum mehr als Kanonenfutter. „Nein, seht zu, dass ihr wegkommt. Tenya wird Hilfe holen und“, schüttelte ich den Kopf, bevor ich den Satz unbeendet in der Luft hängen ließ. Kurogiri hatte Tenya erreicht und der violettschwarze Nebel schien sich direkt um das linke Bein des Jungen zu winden. Oh nein. Nein, nein, nein! Das konnte einfach nicht sein! Das durfte nicht sein! Wieso passierte das?! Tenya musste entkommen und die Lehrer informieren. So sah es der Plot vor! An Kurogiris Hand bildete sich bereits eines der gruseligen Portale, durch die der Schurke zu reisen pflegte, als plötzlich alles um mich herum einzufrieren schien. Kurogiri bewegte sich nicht mehr, ja sogar sein Nebel blieb absolut reglos. Tenya hing mit beiden Füßen in der Luft, weil er mitten in einem Sprung erwischt worden war. Irritiert blinzelte ich das seltsame Duo an. Was passierte hier? Das gehörte eindeutig auch nicht in den originalen Plot des Mangas. Das wüsste ich, ganz bestimmt. So etwas vergaß man nicht einfach. Unsicher drehte ich mich auf der Stelle herum. Anders als mein erstarrtes Umfeld konnte ich mich ganz normal bewegen. Wessen Quirk war das denn? Und wieso betraf er mich nicht? Hätte ich nicht auch einfach erstarren müssen? Überfordert mit der Situation stupste ich Ochaco in die Schulter, doch die Schülerin reagierte nicht. Allerdings hatte ich das auch nicht wirklich erwartet. Sie schien im wahrsten Sinne des Wortes in der Zeit festzustehen. Alles hier schien einfach aufgehört zu haben, weiter zu passieren. Nun ja, alles außer mir. Mir und einem Mann, der plötzlich wie aus dem Nichts neben Kurogiri und Tenya auftauchte. Entgeistert beobachtete ich den Fremden, von dem ich überzeugt war, ihn weder im Manga noch im Anime je gesehen zu haben. Wer zur Hölle war der Kerl? Und was in aller Welt tat er da? Seinem Umfeld jedenfalls schenkte er keine Beachtung. Er war völlig darauf konzentriert, Tenya unter den Armen zu greifen und den jungen Mann ein paar Zentimeter weg von Kurogiris Portal zu ziehen. Dafür war ich dem seltsamen Kerl zwar wirklich dankbar, weil das Tenyas Leben retten würde, aber verwirrt war ich trotzdem, weshalb ich leise auf den Fremden zuging, dessen helles Haar ihm ins Gesicht und über die Augen fielen, unter denen dunkle Ringe lagen. Seiner Kleidung nach zu urteilen, war er kein Profiheld. Viel zu unauffällig, viel zu normal, zu alltäglich. Ächzend schob der Kerl weiter an Tenya herum. Jetzt konnte ich ihn auch vor sich hinbrabbeln hören. „Dass hier aber auch nichts so läuft, wie es sollte. Kann doch echt nicht wahr sein. Was soll dieses Durcheinander?“, schimpfte er leise vor sich hin und sprach dabei wohl eher mit sich selbst als irgendjemandem hier. Scheinbar rechnete er auch gar nicht damit, dass es überhaupt jemanden geben könnte, der in der Lage wäre, zu antworten. Unschlüssig hielt ich inne. Sollte ich mich ihm offenbaren oder wäre es vielleicht besser, wenn dieser schräge Vogel nicht wusste, dass sein Quirk sich aus irgendeinem Grund nicht auf mich ausgewirkt hatte? So richtig wohl war mir bei der Sache nicht. Allerdings ließ sich nicht leugnen, dass er uns in dieser Sache half. Immerhin rettete er gerade nicht nur Tenya das Leben, sondern womöglich noch vielen anderen hier, nur indem er den schnellen Läufer ein paar Zentimeter zur Seite bewegt hatte. Sobald die Zeit weiterlief, würde Tenya entkommen und wie geplant Hilfe holen. Anschließen könnte dann alles weiterlaufen, wie ich es aus dem Manga kannte. Vorausgesetzt natürlich, die jetzt unbeweglich festgefrorenen Leute wüssten später nicht, was passiert war. Sollten sie sich erinnern, wäre ihnen auch klar, dass ich nicht betroffen gewesen war und sich die gleiche Frage stellen, die ich mir jetzt auch stellte, nämlich: Wieso hatte man mich nicht auch in der Zeit eingefroren? War das ein peinliches Versehen? Hatte es vielleicht nicht geklappt, weil ich ursprünglich nicht aus dieser Welt stammte? Wenn ich die Worte des Fremden richtig deutete, wollte er offenbar auch, dass alles im angestammten Plot verlief und sorgte nun dafür. Wie würde er reagieren, wenn er mich bemerkte, die nicht hierher gehörte? Bevor ich eine Entscheidung treffen konnte, ob ich auf mich aufmerksam machen sollte oder nicht, wanderte der Fremde davon. Neugierig folgte ich ihm, nachdem ich einen prüfenden Blick zu meinen reglosen Schülern geworfen hatte. Sie würden sich wohl so schnell nicht aus dieser seltsamen Starre lösen und da ich nichts tun konnte, um ihnen zu helfen und Kurogiri ohnehin in der gleichen Situation festsaß, fand ich es wichtiger, mehr über diesen seltsamen Mann herauszufinden. Bisher konnte ich nur raten, was ihn antrieb, aber seine Bemerkung ging mir einfach nicht aus dem Sinn. Für mich klang es, als käme er aus der Zukunft und wolle nun dafür sorgen, dass alles den „richtigen“ Verlauf nahm. In gewisser Weise ging es ihm damit ja ein bisschen wie Erenya und mir, die auch die Zukunft dieser Welt kannten, oder wenigstens einen kleinen Teil davon. Dass wir allein durch unsere ungeplante Anwesenheit bereits ein paar Dinge verändert haben mussten, lag da nahe. Aber wieso hatte Kurogiri eben Tenya erwischt? Tenya war ja sogar noch eher aufgebrochen als im Original! Wo war etwas schiefgelaufen, dass dafür gesorgt hatte, dass sich hier etwas verschob? Und wenn sich dieses Detail bereits verändert hatte und auch jetzt nicht korrigiert wurde, welche Folgen würden sich daraus später noch ergeben? Ich würde es vermutlich nicht einmal erfahren. Verdammter Butterfly Effect. Es war einfach unmöglich, alle Auswirkungen zu erkennen und auszumachen, welche Folgeeffekte diese wiederum nach sich zogen. Der seltsame Mann, den ich in Gedanken einfach Tardis taufte, weil er wie das namensgebende Vehikel aus der Serie Dr. Who durch die Zeit zu reisen schien, schien sich darüber keine Gedanken zu machen. Als ich mich hinter einen Felsen duckte, der das Areal durchzog, konnte ich beobachten, wie er ungeniert an Aizawa herumzog. Es sah schon fast albern aus. Hätte sich mein brummeliger Kollege wehren können, er hätte diese Behandlung bestimmt nicht gutgeheißen. Genauso wenig wie Shigaraki, den Tardis unsanft am Pullover packte und ein Stückchen beiseite zerrte. Schon beim Zusehen fühlte sich das unangenehm an. Für Tardis hoffte ich inständig, dass die Opfer seiner Korrekturen sich später nicht daran erinnern würden, sonst könnten sie darüber bestimmt nicht lachen. Besonders die Schurkenliga hätte wohl wenig Verständnis für sein Eingreifen, ging es doch in beiden Fällen auf ihre Kosten, soweit ich das sehen konnte. Aizawas Position wirkte auf mich nun zumindest vorteilhafter, weiter weg von Shigarakis gefährlichen Griffeln. Scheinbar zufrieden mit sich selbst beäugte Tardis sein Werk und wischte dann die Hände an Shigarakis Pullover ab, als hätte er sie beschmutzt. Der Anblick war so absurd, dass ich einige Momente brauchte, um mich zu sammeln und nicht loszulachen. Das war einfach völlig verrückt. Da kam so ein Kerl daher, schimpfte vor sich hin und schubste die Leute zurecht, als wären sie Statisten in einem Theaterstück, welches er dirigierte. Ich musste wissen, wer dieser Typ war. Unbedingt. Wenn er, genau wie ich, den Verlauf des Plots beschützen wollte, hatten wir das gleiche Ziel! Gerade, als ich aufstand, um Tardis ganz direkt zu konfrontieren, verschwand dieser von einem Augenblick auf den nächsten. Irritiert hielt ich inne. Dann krachte es und hinter mir ertönte ein Schrei. Die Zeit, die bis jetzt stillgestanden hatte, lief nun weiter, als wäre Tardis nie hier gewesen. „Sein Kopf!“, hörte ich Ochaco rufen. Sie würde sich nun gemeinsam mit ihren Mitschülern Mina und Mezo dem nebligen Schurken stellen, wie ich wusste. Über den Schutz der Felsformation hinweg konnte ich erkennen, dass auch Aizawa und Shigaraki sich wieder bewegten. Auch sie schienen nicht bemerkt zu haben, dass sich jemand in ihren Kampf eingemischt hatte, um den Ausgang zu beeinflussen. Ich fühlte mich wie erstarrt. Anscheinend hatte ich mit meiner Vermutung, dass Tardis‘ Einmischungen unbemerkt blieben, recht gehabt. Sonst hätte doch irgendjemand etwas sagen oder sich anmerken lassen müssen, doch alles lief weiter, wie ich es aus dem Manga kannte. Nun ja, fast zumindest. Kurogiri war zu meinem Glück abgelenkt genug von den angreifenden Schülern, dass er nicht mehr die Zeit fand, nach mir zu suchen, die ich verkrümelt hatte. Hoffentlich hinterfragte niemand, wie mir dieses unmögliche Kunststückchen gelungen war, denn für jeden anderen musste es anmuten, als hätte ich mich teleportiert. Wäre es doch nur so, dann hätte ich mich schon vor Tenya auf den Weg gemacht, um Hilfe zu holen. Verunsichert und hilflos konnte ich nichts weiter tun, als zuzusehen, wie sich die Geschehnisse entfalteten. Kurogiri wurde in die Enge getrieben, nachdem Tenya sich mit einem schnellen Satz außer Reichweite hatte bringen und dann entkommen können. Auf der anderen Seite der Felsformation rangen Shigaraki und Aizawa miteinander, wobei Aizawa eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass er auch ohne einen kampflastigen Quirk einer ganzen Gruppe von Gegnern mehr als gewachsen war. Er hielt sich wacker, doch ich wusste ja längst, wie der Kampf ausginge. Nur zusehen zu können, war frustrierend. Es war anders, wirklich vor Ort zu sein, als das Geschehen nur im Manga zu verfolgen. Besonders, als der Nomu hinzugerufen wurde und sich schnell als schier übermächtiger Gegner entpuppte, fiel es mir schwer, still zu bleiben. Doch ich wagte nicht, die Aufmerksamkeit der Schurkenliga auf mich zu lenken. Meine Schüler waren in Sicherheit, das wusste ich, und dass sie im Moment miteinander beschäftigt waren und nicht nach mir suchten, war gut. Wenn sie mich entdeckten, könnte das wiederum auch die Schurkenliga auf mich aufmerksam machen und damit uns alle in Gefahr bringen. Also kauerte ich angespannt in meiner Ecke, verborgen von Felsen, während nur einen Steinwurf entfernt ein Kampf auf Leben und Tod stattfand. Abwenden konnte ich den Blick vom Geschehen allerdings nicht. Wie erwartet griff nicht nur der Nomu in den Kampf ein, sondern schließlich auch All Might, den Tenya als erstes über den Angriff hatte informieren können. Keine Sekunde zu früh, soweit es mich anging. Zwar konnte ich auch jetzt nichts tun, aber es beruhigte mich ein bisschen zu wissen, dass alles gemäß dem Manga verlief. Alles war, wie es sein sollte. Allerdings fühlte ich mich deshalb nur bedingt besser. Leute wurden verletzt, direkt vor meinen Augen und alles, was ich tat, war hier zu hocken und darauf zu bauen, dass schon alles gut werden würde. Das war grauenhaft und ich hasste es. Aber die Angst vor dem, was passierte, wenn ich mich einmischte und den Butterfly Effect auslöste, der womöglich viel mehr Unheil anrichtete, als ich verhindern könnte, war groß genug, um mich zu lähmen. Als jedoch Erenya – ich hätte es ahnen müssen! – auf den Plan trat und versuchte, sich Shigaraki zu nähern, sprang ich dann doch auf. Was tat sie denn? War sie suizidal? Sie wusste doch, dass alles gut ausginge, wenn sie sich heraushielt! Wollte sie wirklich riskieren, doch noch getötet zu werden, nachdem bisher alles so glimpflich gelaufen war? Im Grunde sollten wir alle froh sein, dass es keine Toten gegeben hatte. Entsetzt sog ich die Luft ein, als sie die Hand nach dem Anführer der Schurkenliga ausstreckte, der nicht wirklich ahnen konnte, was ihm dann blühte. Zum Glück war ich nicht die Einzige, die fand, dass mein kleiner Schützling da etwas selten Dummes versuchte. Ihre Mitschüler waren ihr direkt auf den Fersen. Stumm dankte ich ihnen dafür. Umso mehr, als einer von ihnen – im ganzen Chaos, das sich entfaltete, konnte ich nicht einmal sagen, wer genau – meine kleine Eri zurückriss und damit ihre Pläne vereitelte. Was sie gehofft hatte, zu erreichen, war mir klar. Sie wollte Shigaraki unter den Einfluss ihres Quirks bringen. Prinzipiell war die Idee ja nicht einmal blöd, aber sie war mehr als riskant. Abgesehen von Shigarakis eigenem, starken Willen, mit dem er sogar AFO trotzte, waren da auch seine Verbündeten, von denen mindestens einer clever genug war, um sofort zu begreifen, was passiert war, wenn sich ihr Anführer auf einmal seltsam verhielt. Mal abgesehen von dem immensen Risiko, dass er schlicht schneller war als Eri und sie kurzerhand zerlegte, und wenn nur, um All Might weiter zu provozieren. Funktioniert hätte das bestimmt und am Ende womöglich sogar das Ende von Toshinori bedeuten können. Eilig verdrängte ich all dieses Was-wenns und eilte auf wackeligen Beinen zu der kleinen Schülertraube, die sich um Aizawa versammelt hatte. Keiner wagte, weiter in den Kampf einzugreifen, mich eingeschlossen, bis Deku im richtigen Augenblick zur Unterstützung eintraf. Neben meinem verletzten Kollegen kniend, dem ich einfach beruhigende Floskeln zumurmelte, weil ich sonst nichts tun konnte, entfalteten sich die Geschehnisse ungebremst weiter. Am Ende bezwang All Might den Nomu und die von Tenya zu Hilfe gerufenen Helden trafen ein, sodass die Schurkenliga gezwungen war, sich zurückzuziehen. Es wäre nicht das letzte Mal, dass wir von ihnen hörten, das musste allen hier klar sein. Sie ahnten ja nicht, wie übel es noch werden würde und wir schwer es die Heldengesellschaft träfe. Doch selbst wenn ich versuchen würde, es jemandem zu erzählen, würde mir ohnehin niemand glauben. Verbissen starrte ich zu Toshinori. Es ärgerte mich, dass er selbst jetzt, geschützt durch Cementoss‘ hohe Wände, das Schauspiel weiter aufrechterhielt und damit weiter das künstliche Heldenbild emporhielt. Verdammter Idiot. Dass die ganze Welt einfach alle Verantwortung auf Helden, insbesondere auf ihn, abschob und sich nicht weiter darum sorgte, was für ein Mensch hinter dem Heldenkostüm steckte, war zu einem guten Teil sein Werk. Sobald er wieder auf den Beinen wäre, sollte ich ihn mir wirklich nochmal schnappen und ihm gehörig die Leviten lesen. Irgendjemand musste ihm das einfach mal ins Gesicht sagen, und zwar so, dass er auch begriff, welchen Einfluss er damit auf die gesamte Gesellschaft ausgeübt hatte und noch immer ausübte. Und Eri. Mit der müsste ich auch ein paar ernste Takte reden. Konnte man diese Leute denn keine Stunde aus den Augen lassen? Die Frage konnte ich mir wohl selbst mit Nein beantworten. Als die Helden das Feld schließlich gesichert hatten und uns nach draußen eskortierten, war mir einfach nur noch zum Heulen zumute. Ich hatte zwar gewusst, was passieren würde, doch es wirklich zu erleben, war etwas völlig anderes. Und dann auch noch Erenyas riskanter Versuch, an Shigaraki heranzukommen! Blöderweise hatte ich ausgerechnet Eri im allgemeinen Durcheinander aus den Augen verloren, dabei hätte ich mit der wirklich gerne ein paar ernste Takte gesprochen. Aber vielleicht war es besser, das auf später zu verschieben, wenn die ganze Angelegenheit ein bisschen hatte sacken können und niemand anders zufällig mithören könnte. Ohnehin konnte ich wohl davon ausgehen, dass so manch Schüler der 1-A in der nächsten Zeit mit mir über diesen Angriff würde sprechen wollen. Wie man es auch drehte und wendete, sie alle waren heute zum ersten Mal in Lebensgefahr gewesen. Schule und Training waren eine Sache, doch heute und hier hatten sie den bitteren Ernst des Heldenalltags erlebt. Einigen würde das bestimmt zu Denken geben. Sie wussten jetzt, was auf sie zukam, wenn sie Helden werden wollten. Besser, sie erwogen diese Planung ernsthaft und entschieden dann, ob sie dazu wirklich bereit waren, denn dann wäre nicht nur ihr Leben, sondern womöglich auch das der Leute um sie herum immer wieder bedroht. Ich konnte mir gut vorstellen, dass der heutige Überfall für einige der Teenager ein echter Augenöffner gewesen war, an dem sie entweder reiften und erwachsener wurden oder aber entschieden, dass sie ein ruhigeres, sichereres Leben vorzogen. „Sind Sie in Ordnung?“ Eine Stimme riss mich völlig aus meinen Gedanken und als Sekunden später eine schwere Hand auf meiner Schulter landete, brachte mich das völlig aus dem Konzept. Sekijiro Kan, von dem ich bisher das Gefühl hatte, er fand, dass ich in der Yuei fehl am Platze war, sah mich jetzt aufrichtig besorgt an. Eilig nickte ich. „Ja, ich bin okay. Nichts passiert“, bestätigte ich ihm und brachte sogar ein kleines Lächeln zustande. Mir war ja zum Glück wirklich nichts zugestoßen. Anders als viele Schüler war ich immerhin nicht in einen Kampf verwickelt worden. „Sind alle Schüler soweit in Ordnung? Ich habe noch nicht alle gesehen“, wandte ich mich dann mit einer Frage an den Profihelden neben mir. Der runzelte kurz die Stirn, nickte dann aber. „Wirkten alle soweit fit. Aber sie werden natürlich alle ärztlich untersucht, um sicherzugehen.“ Erleichtert seufzte ich. „Das ist gut. Und was ist mir Nummer 13? Sie hat ziemlich was abbekommen“, hakte ich weiter nach. Dieses Mal grinste Sekijiro sogar. „Sie ist hart im Nehmen und kommt wieder auf die Beine, keine Sorge“, versicherte er mir, als etwas meine linke Schulter streifte und meinen Blick in diese Richtung wandte. „Diese Rüpel habe dich doch nicht angetatscht, oder, Daelis?“ Nemuri klang zwar betont spielerisch, aber ich hatte das Gefühl, dass hinter ihrer Frage mehr Ernsthaftigkeit steckte, als sie mir gegenüber preisgeben wollte. „Nein, nein. Ich bin in Ordnung“, versicherte ich auch ihr. „Wirklich. Mir ist nichts passiert.“ Niemand erwähnte Tardis. Niemand, nicht mit einem Wort. Keiner fragte danach und so entschied ich, diese Geschichte erst einmal für mich zu behalten, und sie später oder morgen mit Direktor Nezu teilen. Wenn ich damit jetzt anfinge, würde nur noch größeres Chaos ausbrechen oder man dachte, ich hätte doch einen zu festen Schlag auf den Kopf abbekommen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich mich nicht nur von Nemuri, sondern auch Snipe und einer kleinen Frau mit drei Augen, die ich nicht einmal kannte, gelöst hatte. Sie alle hatten sicherstellen wollen, dass ich auch wirklich in Ordnung war. Himmel, da käme die posttraumatische Belastungsstörung eher von der allgemeinen Bemutterung. Ich war in Ordnung, das sah man doch nun wirklich. Und sollte die erste und wichtigste Sorge nicht ohnehin den Schülern gelten, die immerhin alle auch in der gleichen Situation gewesen waren und obendrein gekämpft hatten? Sie hatte es viel übler erwischt als mich, zumal sie in einem viel sensibleren Alter waren. Ich bildete mir ein, das alles dann doch ein bisschen besser wegstecken zu können, als eine Gruppe Teenager, die noch mitten in der Pubertät steckte. Außerdem war es ja nicht so, als habe dieser Angriff mir gegolten. Nein, das Ziel war All Might gewesen, daran hatte die Schurkenliga keinen Zweifel gelassen. Ihn hatte ich, genau wie Eri, aus den Augen verloren, doch ich nahm an, dass er irgendwo von Recovery Girl versorgt worden war und nun ausruhte. Seine Kollegen hatten immerhin geholfen, ihn auch dieses Mal zu decken und damit das Geheimnis um seine schwindende Kraft zu wahren. Später, nahm ich mir vor, würde ich ihm da mal auf den Zahn fühlen, aber jetzt sollte er ruhig erstmal wieder etwas zu Kräften kommen. Jetzt wollte ich lieber nach den Schülern der 1-A sehen, immerhin hatten sie sich heute alle herausfordernden Kämpfen gestellt. Der Klassensprecher der 1-A war mein erstes Ziel. „Hey Tenya“, grüßte ich den etwas abseits stehenden Schüler. „Ist alles in Ordnung bei dir? Bist du verletzt worden?“ Er schüttelte den Kopf, sah dann aber wieder brütend zu Boden. Es war zu leicht, sich zusammenzureimen, was in seinem Schädel vor sich ging. Er hatte Schuldgefühle, weil er weggelaufen war, obwohl er genau wusste, dass es die einzig richtige Entscheidung gewesen war. Keiner der Anwesenden hätte alleine gegen diese Gruppe Schurken bestehen können, die sogar Aizawa und Nummer 13 übermannt hatten. „Danke, dass du so schnell Hilfe geholt hast. Das hat heute womöglich sehr viele Leben gerettet“, meinte ich leise. Offenbar hatte ich mit meiner Vermutung genau richtig gelegen, denn Tenya hob jetzt den Blick, starrte mich kurz an und nickte schließlich langsam. Er schien etwas sagen zu wollen, blieb aber stumm und ließ schließlich mit einem Seufzen den Schultern hängen. „War es wirklich richtig?“, meinte er schließlich tonlos. Behutsam klopfte ich ihm auf die Schulter. „Absolut. Diese Typen haben Aizawa-san in die Knie gezwungen. Ich möchte mir nicht einmal vorstellen, was passiert wäre, wenn du nicht so schnell gewesen wärst.“ Ein wenig hellte sich Tenyas Miene jetzt auf und er nickte. „Ja. Danke, Sensei.“ „Melde dich jederzeit, wenn du über heute sprechen möchtest, ja?“, ließ ich Tenya noch wissen, der geflissentlich nickte, bevor er sich von mir löste. „Mein Bruder ist da, um mich abzuholen. Kommen Sie gut heim, Sensei.“ „Du auch“, verabschiedete ich mich winkend. Bestimmt würde er, wenn er sich erst beruhigt hatte, einsehen, dass er nicht weggelaufen war, sondern vielmehr das einzig Richtige getan und damit vielleicht unser aller Leben gerettet hatte. Nachdenklich glitt mein Blick umher. Zum Glück schienen auch die anderen Lehrer der Meinung zu sein, dass in dieser Situation kein Schüler allein sein sollte. Überall standen oder saßen die Profis bei dem Nachwuchs, hörten ihnen zu oder sprachen mit ihnen. So richtig neben sich wirkte eigentlich nur einer: Denki Kaminari. Kein Wunder, er hatte immerhin sein Hirn gut durchgeschmort, weil er seinen Gegnern einen heftigen Elektroschock verpasst hatte. Seine beiden Mitstreiterinnen Momo und Kyoka waren dabei glücklicherweise unversehrt geblieben. Eine von beiden, nämlich Kyoka Jiro, stand noch einem Aufseher gleich neben dem blonden Jungen, der dümmlich vor sich hinlächelte. Offenbar war die Nebenwirkung seines Quirks noch nicht abgeklungen. Wie er sich wohl fühlen würde, wenn es erst soweit war? Einen guten Teil der Ereignisse hatte er ja schlussendlich verpasst, weil sein Verstand im Moment so weit reichte, wie er spucken konnte. Trotzdem schlenderte ich betont ruhig zu den beiden herüber, um nach dem Rechten zu sehen. „Hey ihr zwei“, sprach ich im Grunde eher Kyoka als Denki an, der mir zwei erhobene Daumen zeigte, und weiter grinste wie ein Honigkuchenpferd. Alles klar, mein Freund. „Seid ihr zwei verletzt worden?“, galt meine Frage entsprechend Kyoka, die kurz zu dem humanoiden Pikachu sah, dann aber den Kopf schüttelte. „Nein, nichts weiter passiert, außer dass Denki seine letzten grauen Zellen durchgeschmort hat“, meinte sie grinsend und zauste Denki dabei so liebevoll durch das Haar, dass ich keinen Zweifel daran hegte, wie nahe die beiden sich standen, egal wie harsch Kyoka oft zu ihrem Mitschüler war. „Und wie geht es dir sonst? Das war heute eine Menge Aufregung“, bohrte ich vorsichtig bei der Schülerin nach. Unwillkürlich spannte sie sich an. „Ja, schon, aber“, meinte sie zögerlich, beendete ihren Satz jedoch nicht. Nun war ich diejenige, die lächelte. „Schon okay. Komm erst einmal zur Ruhe. Am wichtigsten ist, dass ihr alle diesen Überfall unversehrt überstanden habt.“ Ihr Lächeln wirkte gezwungen und verriet, dass sie die Sache nicht so locker nahm, wie sie versuchte, mir vorzumachen. „Komm mich doch die Tage mal besuchen, ja? Ich würde mich freuen“, versuchte ich, Kyoka ein bisschen aus der Reserve zu locken. Ihr Zögern war offensichtlich, doch nach einem Moment nickte sie. Unglücklicherweise kam genau in diesem Augenblick Recovery Girl zu uns, die erst mich musterte, dann die zwei Schüler. „Dann zeigt mal her, wo sie euch erwischt haben, ihr Lieben“, meinte die Krankenschwester fröhlich. Mit erhobenen Händen wehrte ich ab. „Mir ist nichts passiert. Aber ich glaube, Kaminari-san könnte ein bisschen Hilfe brauchen“, nickte ich in Richtung des blonden Jungen. Kyoka grinste. „Ich schicke ihn später zu Ihnen, versprochen, Sensei.“ Schmunzelnd zwinkerte ich ihr zu. Das hieß dann wohl, dass auch sie das Gespräch mit mir suchen würde. Falls nicht, so nahm ich mir vor, würde ich eben auf sie zugehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)