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Harry x Draco
von

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Endlich frei?

Moin ^_.___^'

Vielleicht kennt mich schon einer aus 'Werewolf' oder 'Romeo und Julia', jedenfalls seht ihr ein paar Zeilen weiter unten meine neue FF 'Follower'. Ich hoffe, dass ich euch mit dem teilweise ziemlich darken Inhalt nicht abschrecke, sondern dass ihr genauso viel Spaß (bei einer Darkfic? o_O) beim Lesen haben werdet wie ich beim Schreiben hatte.

Disclaimer: Harry Potter und Genossen habe ich nicht erfunden, ich habe sie mir nur von Rowling ausgeliehen. (Rowling: Gib mir Harry wieder! T_T) Mir gehört nur Professor Grey *ihn an sich drückt* Den werdet ihr später noch kennen lernen ^.~

So, genug der Vorrede, holt euch was zu Knabbern und los gehts! >3
 

Kapitel I: Endlich frei?
 

Es war Sommer und die Sonne stand schon hoch am Himmel, als ein magerer schwarzhaariger Junge sich mit einem Schlag im Bett aufsetzte und nach der verdellten Brille mit den runden Gläsern suchte, die er einen Moment später auf seinem Nachttisch fand und sich auf die Nase setzte. Er sah auf die Uhr, es war halb neun. Hastig stieg er aus dem Bett und zog sich an, ohne sich daran zu stören, dass seine Verwandten womöglich noch schliefen. Denn heute war sein siebzehnter Geburtstag. Ab heute konnte er tun und lassen was er wollte, so lange es nicht gegen das Gesetz verstieß. Ab heute konnte er zaubern, ohne in der Schule zu sein. Ab heute war er frei.
 

Er nahm sich seinen Koffer, den er in heller Vorfreude schon gestern gepackt hatte, klemmte sich Hedwigs leeren Käfig unter den Arm – seine Eule war gerade unterwegs zu Hermine in Frankreich – und apparierte mit einem lauten Knall.

Im nächsten Moment tauchte er in der Küche des neuen Geheimtreffpunktes des Phönixordens direkt neben Mrs Weasley, die gerade das Frühstück zubereitete, auf. Diese zuckte fürchterlich zusammen, als Harry so plötzlich neben ihr stand und schnitt sich in den Finger.
 

„Harry!“ rief sie aus.
 

„Hallo, Mrs Weasley.“ Harry grinste.
 

Als er sich in der Küche umsah, erblickte er Remus Lupin. Er sah nicht gut aus. Auf seinem Umhang waren noch mehr Flicken und Fransen zu erkennen, als bei ihrer letzten Begegnung. Auch war er ziemlich blass und hatte tiefe schwarze Ringe unter den Augen. Als Werwolf hatte man es nicht leicht, das war Harry bewusst.
 

„Harry, schön dich zu sehen.“ grüßte er ihn dennoch aufrichtig.
 

Harry lächelte aufmunternd. Mrs Weasley jedoch stemmte die Hände in die Hüften und fragte ihn streng:
 

„Was machst du hier? Solltest du nicht bei deinen Verwandten sein?“
 

„Ich bin siebzehn und vollmündig.“
 

Mrs Weasley musterte ihn nach dieser Antwort verblüfft, dann lächelte sie ihr warmes Lächeln. Sie drehte sich um und nahm ihre Arbeit von eben wieder auf.
 

„Du hast sicher Hunger, nicht?“ sagte sie dabei zu Harry. Und ohne eine Antwort abzuwarten, fügte sie hinzu: „Setz dich, das Essen ist gleich fertig.“
 

Harry setze sich zu Remus. Jetzt, wo er ihn von Näherem betrachten konnte, sah er sogar noch schlechter aus.
 

„Es ist wegen dem Wolfsbanntrank.“ meinte Remus. Er schien bemerkt zu haben, dass Harry ihn fixierte.
 

„Wegen dem Wolfsbanntrank?“ fragte Harry nach. Er verstand nicht; sollte der Trank Remus nicht eigentlich helfen? Wieso sah er so ungewöhnlich krank aus? Remus seufzte.
 

„Snape ist nach … dem Tod von Professor Dumbledore endgültig zu den Todessern übergelaufen. Ich bekomme den Trank nicht mehr.“ sagte, flüsterte er fast, so leise war seine Stimme.
 

Harry lief ein leichter Schauer über den Rücken. Das war ganz und gar nicht gut. Kein Wunder, dass Remus so blass und müde aussah. Doch da er über dieses Thema offensichtlich nicht weiter reden wollte, schwieg auch Harry.
 

Zu dritt frühstückten sie.
 

~~~~~*~~~~~
 

Harry lag mit geöffneten Augen im Bett. Er war aufgewacht und konnte nicht mehr einschlafen. Ob das am Licht des Mondes lag? Dieser schien heute ungewöhnlich hell, doch Harry war einfach zu müde, um weiter darüber nachzudenken.
 

Um kurz nach Mitternacht gab er es auf, einschlafen zu wollen. Außerdem hatte er Durst. Leise, um niemanden zu wecken, schlich er nach unten durch den Flur und einen schmalen leeren Raum in die Küche, auf der Suche nach einem Glas Wasser.
 

Nachdem er getrunken hatte, wollte er wieder zurück in sein Zimmer gehen.
 

Da sah er Remus, wie er in den kleinen Raum, der an die Küche grenzte und durch den er hindurch musste, kam und die Tür sorgfältig abschloss. Harry, immer noch schlaftrunken, fragte sich, was er da machte. Remus schien auf irgendetwas zu warten.
 

Gerade als Harry zu ihm hingehen wollte, trat der Mond hinter den Wolken hervor. Durch das helle Licht, dass plötzlich auf Remus fiel, konnte Harry erkennen, was los war. Mit einem Mal war er so wach wie nie zuvor. Wie gebannt starrte er auf ihn, wie er sich, die Schmerzen scheinbar mühsam unterdrückend, langsam in einen Werwolf verwandelte.
 

Harry war wie versteinert. Die Verwandlung hatte ihn in seinen Bann gezogen, er konnte keinen Muskel bewegen. Erst als der Werwolf sich knurrend zu ihm umdrehte, kam er zu sich. Die nächsten Sekunden nahm er so klar wie noch nie wahr. Doch als er sich später daran erinnerte, kamen nur noch verschwommene Eindrücke zutage. Die Angst, die sich langsam in ihm ausbreitete, die Panik, als er versuchte, die Tür rechtzeitig zuzuschlagen, als er blutdürstig auf ihn zustürzte, die Atemnot, als sein Gesicht von warmem Fell verdeckt wurde, der Schmerz, der sich langsam in seine Schulter bohrte …
 

Er bekam nicht mehr mit, wie außerhalb des Raumes die Tür mit einem „Alohomora!“ aufgestoßen wurde und Mrs Weasley hereinstürmte, nahm nicht mehr war, wie sie Remus mit einem weiteren Fluch schockte und dann auf ihn zu rannte.
 

Harrys Bewusstsein fixierte sich einzig auf den heißen, pochenden Schmerz, der den Weg von seiner Schulter zu seinem Herzen suchte.
 

~~~~~*~~~~~

O-O Ich bin zum Schluss hin ziemlich theatralisch geworden ... ups ... *pfeif*

Ich hoffe, dass es euch trotzdem gefallen hat und ich vielleicht *immer leiser werd* einen ganz kleinen Kommi bekomme?

Warum ich?

Hallo ihr da draußen! ^.~

Erst mal Danke an ... *trommelwirbel* Illuna und Rowan!

@ Illuna: Wie sich Harrys Leben jetzt ändert? Tja, darum geht's, also brav weiter lesen ^.~ Du bist ein Fan von Werewolf? Weißt du eigentlich, wie glücklich du mich damit machst? =3

@ Rowan: Danke für das Kompliment *verbeug* Und wie bereits gesagt, wenn du weiterliest ... =P
 

Kapitel II : Warum ich?
 

Das Erste, was ich wahrnahm, war Schmerz, dieser unvorstellbare Schmerz. Was ist mit mir geschehen? Wo bin ich überhaupt? Und wie bin ich hierher gekommen? Zu gerne hätte ich die Augen aufgeschlagen, um zumindest eine von diesen Fragen zu beantworten, sie quälten mich. Doch ich hatte nicht die Kraft dazu.
 

Und dann kam eine unerträgliche Hitze, die sich langsam von dem Ursprung meines Schmerzes hinter meine Stirn bohrte und immer heißer und heißer wurde. Meine Stirn glühte und verschmolz mit dem drückenden, lauter werdenden Pochen in meinem Kopf. Benebelt nahm ich wahr, wie ich wie verrückt zu zucken und mich zu winden begann. Meine Augen rollten wund in den Höhlen, gegen die geschlossenen Lider starrend. Der Rest meines Körpers fühlte sich schwammig und weich, teilweise sogar wässrig an. Was passiert mit mir?
 

Ich hatte wahnsinnige Angst.
 

~~~~~*~~~~~
 

Eines Morgens wachte ich auf, als eine kühle Hand über meine Wange fuhr. Erschöpft blinzelte ich ein paar Mal und sah dann noch ziemlich verschwommen braune Augen, die mich erfreut musterten.
 

„Na, Harry? Endlich aufgewacht?“
 

Trotz des freundlichen Tonfalls, die die Stimme angenommen hatte, konnte ich hören, wie sie etwas zitterte.
 

Ich kniff die Augen fest zusammen und als ich sie wieder öffnete, klärte sich das Bild vor mir. Remus Lupin stand allein vor meinem Bett. Er sah so aus, als ob er etwa eine Woche lang kaum geschlafen hätte. Sein Gesicht war bleich und wirkte wie das von einem Gespenst.
 

Was mich aber am meisten verwirrte, war der seltsame Ausdruck auf seinem Gesicht.
 

„Wie geht es dir?“ hakte er nach.
 

Zunächst überrascht, dass meine Stimme gar nicht so schwach klang, wie ich angenommen hatte, antwortete ich ihm.
 

„Gut, ich habe nur noch ein wenig Kopfschmerzen … “
 

Doch Remus sah mich immer noch an. Irgendetwas schien ihn zu bedrücken. Hat es etwas mit dem zu tun, was mir passiert ist? Warum ich hier liege?
 

„Was ist passiert?“ sprach ich meine Gedankengänge aus.
 

Doch bevor er meine Frage beantworten konnte, fiel mir der dicke Verband um meinen Oberkörper auf. Und mit diesem kamen auch wieder die Erinnerungen zurück, unscharf, doch klar genug, um sie zu verstehen. Tränen traten in meine Augen.
 

„B-Bin ich …?“
 

Beschämt senkte Remus den Kopf.
 

„E-Es tut mir Leid …“
 

Aus seiner Stimme konnte ich heraushören, dass auch er weinte. Wegen der Freundschaft, die sich über die Jahre hinweg zwischen uns aufgebaut hatte, wusste ich, dass es Remus’ allergrößter Alptraum war, jemanden zu verletzen oder sogar …
 

Ich konnte dieses Wissen noch nicht einmal in Gedanken aussprechen.
 

„W-Wie wird es j-jetzt weitergehen? I-ich meine … mit H-Hogwarts …“
 

Der Gedanke an die Zaubereischule, die seit meinem elften Schuljahr zu meinem Zuhause geworden war, schnürte mir die Kehle zu.
 

„Professor McGonagall hat schon alles in die W-Wege geleitet … sie sagte mir, ich soll dir … diesen Brief geben, wenn du w-wach bist … H-Hier …“ sagte er und beugte sich vor, um mir genannten Brief mit zitternden Fingern zu überreichen.

Dabei berührten sich die Kuppen unserer Finger für einen kurzen Moment. Als hätte mich ein Blitz getroffen, zuckte ich zurück und wir beide ließen den Brief fallen. Die halbwegs aufgesetzte, gläserne Maske, die ich die ganze Zeit getragen hatte, zerbrach mit einem Schlag. Erst jetzt konnten sich die Tränen einen Weg aus meinen Augen bahnen und liefen mir warm und salzig die Wangen hinab. Wieso? Warum ich? Warum ausgerechnet ich?
 

„Was hab ich denn getan …?“
 

Remus weinte noch mehr als vorhin. Doch er riss sich zusammen.
 

„Nichts hast du getan … H-Harry …? I-Ich werde jetzt … gehen.“ Diese Worte sprach er mit einem gewissen Zögern aus, das ich jedoch nicht einordnen konnte. „Wir werden uns wahrscheinlich n-nie mehr wieder sehen …“
 

Dann drehte er sich mit einem Ruck um und verließ das Zimmer, bevor mir der Sinn dieser Worte langsam klar wurde.
 

„Remus!“ rief ich und für diesen Moment hörten sogar meine Tränen auf zu fließen.

Doch als ich weiter unten im Haus eine Türe zufallen hörte, konnte ich diese nicht mehr zurückhalten und weinte hemmungslos.
 

Und noch einmal fragte ich mich: Warum ich?
 

~~~~~*~~~~~
 

Allein stand ich am Gleis 9¾. Ron und Hermine hatte ich natürlich nichts von … von meiner Krankheit erzählt. Selbst in Gedanken nannte ich es höchstens ‚Lykanthropie’, die offizielle Bezeichnung für-
 

„Harry!“
 

Erschrocken drehte ich mich um. Hermine kam auf mich zugestürmt, Ron im Schlepptau. Keine Sekunde später hatte sie mich auch schon so heftig umarmt, dass ich beinahe umgefallen und auf den Asphalt gestürzt wäre, hätte Ron mich nicht im letzten Moment an meinen Arm festgehalten.
 

„Was ist denn mit dir los, Harry?“ fragte er.
 

Jetzt fing auch Hermine an, mich mit einem besorgten Blick zu mustern.
 

„Stimmt, du siehst so blass aus.“
 

Ängstlich wurde mir bewusst, dass sie es gewesen war, die Remus’ Geheimnis im dritten Schuljahr gelüftet hatte. Sie dürfen es nicht erfahren – sie dürfen es einfach nicht!
 

Die Verzweiflung musste sich wohl auf meinem Gesicht widergespiegelt haben, denn plötzlich nahmen mich Ron und Hermine geschwisterlich in den Arm und dirigierten mich zum Zug.
 

„Komm, du kannst uns drinnen alles erzählen, okay?“
 

Obwohl ich genau wusste, dass es das Letzte sein würde, was ich tun würde, ließ ich mich von ihnen mitziehen. Mit hängenden Kopf und erschöpften Selbstbewusstsein folgte ich schließlich meinen Freunden in ein leeres Abteil.
 

„Also, fang an.“ meinte Ron und ließ sich auf die Sitzbank fallen.
 

Ich tat es ihm gleich und schwieg.
 

„Was ist los?“ fragte Hermine sanft nach. „Willst du es uns nicht erzählen?“

Schwach nickte ich. Mir war plötzlich schlecht geworden.
 

„Harry, vielleicht können wir dir helfen …“
 

Tränen schossen mir bei diesen Worten in die Augen. Wenn sie es wüssten …!
 

„N-Niemand … Niemand k-kann … mir … h-helfen …“ brachte ich mühsam hervor.
 

Beim Klang meiner ungewöhnlich leisen Stimme zuckten meine Freunde zusammen.
 

„Harry! B-Bitte, was auch immer es ist, geh wenigstens zu McGonagall! Ich flehe dich an!“ rief sie aus, ihre Stimme zeigte ihre Verzweiflung.
 

Ich schaffte es nur, ein weiteres Mal zu nicken.
 

Hermine hakte nicht weiter nach, sie holte ein Buch hervor, welches, wie ich mit Schaudern feststellte, den Titel ‚Werwölfe und ihre Lebensweisen’ trug. Ron starrte wie gebannt auf den Bahnhof hinaus. Plötzlich, es war fast elf, zogen sich seine Augenbrauen ärgerlich zusammen.
 

„Verdammt, da ist Malfoy! Was macht der denn hier?“ brummte er.
 

Mehr aus Langeweile als aus Interesse blickte ich nach draußen, in die Richtung, in die Ron hasserfüllt starrte. Nach kurzem Suchen fand ich ihn. Er stieg gerade in den Zug ein und entzog sich damit meinem Blickfeld. Kurz darauf schlug der Minutenzeiger auf die Zwölf um und der Hogwartsexpress fing an sich schnaufend in Bewegung zu setzen. Bald war nur noch das Rattern der Räder auf den Schienen zu hören.
 

~~~~~*~~~~~

Harry, Harry ... Übrigens: Wie euch sicher aufgefallen ist, hab ich die Erzählperspektive gewechselt. Ich wollte eigentlich von Anfang an aus Harrys Position erzählen, hab's aber verpeilt und wollte das erste Kapitel dann nicht mehr umschreiben ... Tja, und jetzt ist es nun mal so <.<

Hölle oder Hogwarts?

Moin ^^

Hier bekommt ihr das dritte Kapitel ^.~

Da~nke an: Illuna, Rowan, ninale und Hieads_Angel! *Kekse verteil*

Kleine Warnung am Rande: Harry lei~det *fg*
 

Kapitel III : Hölle oder Hogwarts?
 

Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn ich hatte das Gefühl, dass die Fahrt nach Hogwarts nur wenige Minuten gedauert hatte, als sich eine Hand auf meine Schulter legte und an dieser sanft rüttelte.
 

„Harry, wir sind da.“ sagte Ron und übergab mir meinen Umhang, auf dem das Emblem von Gryffindor, ein goldener Löwe auf rotem Grund, gestickt war. Habe ich das überhaupt noch verdient?
 

Doch dann fiel mir ein, dass Remus auch in Gryffindor gewesen war. Zusammen mit Hermine und Ron stieg ich aus und ging auf eine der Kutschen zu. Kurz blieb mein Blick an den Thestralen hängen, die teilnahmslos mit den Hufen scharrten und darauf warteten, dass alle Schüler eingestiegen waren. Das matte Mondlicht schimmerte weiß auf ihren elfenbeinfarbenen Knochen und mir wurde bewusst, dass die Zeit bis Vollmond nur noch knapp war.
 

„Harry? Kommst du?“ Hermine lugte aus der Kutsche heraus.
 

„Ja … i-ich komme gleich.“
 

Ich musterte die Thestrale noch einige Sekunden, ehe ich mich schnell umdrehte und in die Kutsche stieg. Einen Moment später schlug deren Tür auch schon von alleine zu und die geflügelten Wesen setzten sich samt ihrer Last in Bewegung.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Ich heiße euch alle herzlich willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts.“ begann Professor McGonagall.
 

Ich musste mich stark zusammenreißen, um nicht zu weinen. Dumbledore war vorige Ferien gestorben, nein, getötet worden. Von unserem Zaubertränkelehrer, Snape. Natürlich war es Unsinn, doch mein Blick suchte hastig den Lehrertisch ab, auf der Suche nach seinen kalten schwarzen Augen, die mich höhnisch anblickten.
 

„Das Zaubereiministerium hat mit einer großen Mehrheit abgestimmt, dass ich an der Stelle von“, ich sah, wie auch meine Hauslehrerin mühsam schluckte, „von Albus Dumbledore die neue Direktorin von Hogwarts werden soll. Ich möchte euch unseren … neuen Lehrer für Zaubertränke vorstellen: Mr Grey.“ Knapper Applaus ertönte und der unauffällige groß gewachsene Mann namens Grey lächelte den Schülern kurz zu, dann fuhr McGonagall fort. „Es ist … damit meine Pflicht, euch mitzuteilen, dass der Verbotene Wald für alle Schüler unzugänglich u-und Zauberei zwischen den Unterrichtsstunden verboten ist. Mr. Filch hat im Übrigen an seiner Bürotür eine Liste hängen, an der weitere unerlaubte Dinge genannt sind. – Ich wünsche euch … einen guten Appetit.“ Damit setzte sie sich wieder auf ihren Platz. Ich sah, dass ihr Gesicht kalkweiß war.
 

Obwohl sich Ron wie immer hungrig über das Essen hermachte und auch alle anderen mit dem Festmahl begannen, brachte ich keinen Bissen hinunter und starrte auf meinen leeren Teller. Haben sie Dumbledore schon vergessen? Ich fragte mich, ob sie die Tatsache, dass er tot war, einfach nur verdrängten oder ob es ihnen nur egal war. Würden sie auch über meinen Tod so schnell hinwegkommen? Würde es überhaupt jemand bemerken? Niemand interessiert sich für das Schicksal anderer …
 

~~~~~*~~~~~
 

Die nächsten wenigen Tage vergingen quälend langsam für mich. Ich zählte die Stunden bis zu meiner ersten Verwandlung und versank nachmittags nach dem Unterricht in den verschiedensten Büchern über Werwölfe. Besonders Hermine versorgte mich mit diesen. Mir war klar, dass sie mein Verhalten sonderbar fand, doch ich glaubte kaum, dass sie hinter die Wahrheit käme. Wieso sollte sie so etwas auch annehmen?
 

Nur vier Tage nach unserer Ankunft in Hogwarts war es dann soweit: Vollmond. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend schlich ich zum Büro von McGonagall. In dem Brief, den sie mir während der Ferien geschrieben hatte, stand, dass ich mich innerhalb des Schlosses verwandeln sollte, nicht so wie Remus damals in der Heulenden Hütte.
 

McGonagall hatte mich schon erwartet und fasste mich vorsichtig am Arm.
 

„Harry, kommen Sie mit.“ sprach sie mich mit meinem Vornamen an, so, wie es Dumbledore immer getan hatte.
 

Gleichzeitig darauf bedacht, mit ihr Schritt zu halten und nach allen Seiten nach möglichen Schülern, die um diese Zeit durchaus noch in den Gängen lungern konnten, Ausschau zu halten, ging ich mit ihr in die Kerker. Rasch schloss sie eine schwer aussehende Tür auf. Dahinter war ein kleiner Raum. Die Wände waren, wie in einem Kerker zu erwarten, aus kaltem Stein. Außer ein paar alten Tischen und Stühlen stand nichts in dem Verlies.
 

Als sich eine Hand auf meine Schulter legte, blickte ich auf. McGonagall sah mich beinahe aufmunternd an.
 

„Ich werde Sie jetzt alleine lassen.“
 

Traurig nickte ich ihr zu. Sie trat hinaus auf den leeren Gang und zog die Tür hinter sich zu. Ängstlich nahm ich wahr, wie sich der eiserne Schlüssel in dem Schloss umdrehte und schließlich herausgezogen wurde.
 

Ich war allein.
 

Mit zitternden Knien ließ ich mich auf den Boden sinken. Minutenlang saß ich da, starrte auf die eingestaubten Steine, auf denen ich saß. Die Angst machte mich halb wahnsinnig.
 

Schließlich stand ich auf und fing an, mich mit meiner Umgebung vertraut zu machen. Der Raum hatte nur ein einziges Fenster, durch das im Moment aber kein einziger Lichtstrahl drang, was nicht weiter verwunderlich war, denn die Sonne war vor kurzem untergegangen. Der Mond ließ offensichtlich noch auf sich warten, ganz so, als würde er sich einen Spaß aus meinem Leiden machen. Wie lange dauert es denn noch?
 

Als hätte irgendjemand von da oben mich erhört, spürte ich die Veränderung. Es war seltsam. Es war Schmerz, doch er machte mir nichts aus, es war, als ob ich mir mein ganzes Leben nichts sehnlicher gewünscht hätte, als diesen Schmerz zu spüren, diese feinen Nadelstiche, die sich glühend heiß unter jeden Zentimeter meiner Haut bohrten. Ich schrie auf, fiel auf die Knie und stützte meine Hände auf den kalten Steinboden.
 

Und erschrak.
 

Meine Hände waren keine Hände mehr, vielmehr waren es Klauen. Meine Fingernägel wuchsen mit einer Geschwindigkeit, wie ich es noch nie gesehen hatte, durch meine Haut stachen dunkle borstige Haare, die sich rasch zu einem Fell verdichteten. Ich spürte, dass dieselbe Veränderung auch an meinem restlichen Körper stattfand.
 

Nein!
 

Meine Schreie wurden zu einem unheimlichen Heulen.
 

Nein …
 

Dies war mein letzter klarer Gedanke.
 

~~~~~*~~~~~

Kleines Cliffi-lein o_O

Klitzekleines Kommi? *liebschau*

Tropfen

Hallo, meine Lieben! =3

Erst mal ein ganz großes Danke an euch >3

@Hieads_Angel: Zu kurz? Ist mir gar nicht aufgefallen ^^°

@Rowan: Und ... du hattest Recht - lies selbst ^.~

@Night-Mouse: Tja, ne? Remus tut mir auch leid ;_; Danke übrigens für den Link!

@ninale: *sich verbeugt* Danke!

@Illuna: *auch eine Sadistin ist*
 

Kapitel IV : Tropfen
 

Als ich die Augen aufschlug, starrte ich zunächst orientierungslos an eine weiß gestrichene Decke über mir. Dann schlugen verschwommene Eindrücke über mir zusammen. Hastig setzte ich mich auf und fuhr den Bruchteil einer Sekunde später zusammen. Ich hatte den Muskelkater meines Lebens. Auch meldeten sich jetzt stark pochende Kopfschmerzen. Mein Körper fühlte sich an, als sei ich letzte Nacht stundenlang durch Feuer gerannt. Letzte Nacht …
 

Remus hatte mir bereits erzählt gehabt, dass er sich meistens nicht an die Vollmondnächte erinnerte, doch jetzt, als ich diese Tatsache am eigenen Leib spüren konnte, als ich merkte, dass sich in meinem Gedächtnis ein Loch, ausgefüllt mit gähnender tiefschwarzer Leere befand, wurde mir schlecht. Ist es jedes Mal so? Wahrscheinlich war dem so. Müde sah ich auf meine Arme hinab. Wie ich schon erwartet hatte, wiesen sie unzählige Kratzer und hie und da auch einige Bissspuren auf. Manche waren nur oberflächlich, viele allerdings auch tief, sehr tief.
 

Ein Geräusch ließ mich aufblicken. An der Tür stand Madam Pomfrey. In ihren feuchten Augen konnte ich das eindeutige Déjà vu lesen. Sie hatte auch Remus damals versorgt. Mit langsamen Schritten kam sie auf mich zu.
 

„Wie geht es Ihnen … Mr Potter?“ fragte sie mich zögerlich.
 

Noch einmal sah ich auf die vielen Wunden, die sich, wie ich jetzt feststellte, meinen gesamten Körper entlang schlängelten.
 

„Den Umständen entsprechend.“ sagte ich. Meine Stimme war rau. „Wann kann ich raus?“ fragte ich dann vorsichtig, doch Madam Pomfrey winkte ab.
 

„Sie müssen selbst entscheiden, wann Sie sich dazu in der Lage fühlen.“ meinte sie, auf einmal war das Zittern in ihrer Stimme zu einem unbedeutenden Rest geworden.
 

Ich ließ die Gelegenheit nicht aus und setzte meine nackten Füße sachte auf den Steinboden des Krankenflügels. Als ich aufstand, schmerzten meine Knochen ein wenig, doch es war ertragbar. Nachdem ich mich nach meinen Sachen erkundigt und angezogen hatte, verließ ich den Saal so schnell ich konnte und ging Richtung Gryffindorturm.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Harry!“ rief Ron aus, als er mich durch den Durchgang schlüpfen sah. Sofort rannte er auf mich zu. „Har-“ Er stockte. Sein ohnehin schon besorgter Gesichtsausdruck wandelte sich in etwas, was ich leider nicht deuten konnte. „Harry, was hast du gemacht? Du siehst ja total scheiße aus.“ stellte er fest.
 

„Nichts, Ron, mir geht’s gut.“ beschwichtigte ich ihn.
 

Er zog ungläubig eine Augenbraue hoch, doch Hermine, die gerade ebenfalls durch das Portrait kam, verhinderte, dass er mich weiterhin mit Fragen löcherte. Außer Atem blieb sie bei uns stehen.
 

„Ha-Habt ihr schon den … Tages … Tagespropheten von heute gelesen?“ wollte sie wissen, bei jedem Atemzug stockend.
 

Als wir nur den Kopf schüttelten, holte sie die genannte Zeitung hervor, blätterte einige Seiten um und hielt sie uns unter die Nase. Und was ich dort sah, ließ mein Herz für einen Moment stillstehen.
 

Es war nur eine kurze Notiz, doch dafür war ihr Inhalt umso verheerender. Die Nachricht verkündete fröhlich, dass Fudge, der Zaubereiminister, einem Gesetz zugestimmt hatte. Einem Gesetz, das die Tötung von Werwölfen legalisierte.

Ron zitterte.
 

„Merlin, ich hoffe, Lupin kann sich gut verstecken!“
 

Schwach nickte ich. Mein Leben war keinen Knut mehr wert. So schnell es mein Zustand zuließ, rannte ich aus dem Turm hinaus.
 

~~~~~*~~~~~
 

Mein Ziel war klar; das unbenutzte Mädchenklo im zweiten Stock. Als ich mich in einer der hölzernen Kabinen verkroch, hatten sich die Tränen schon längst einen Weg aus meinen Augenwinkeln gebahnt. Mein verschwommener Blick starrte auf die geschlossene Tür vor mir. Was habe ich getan? Warum jetzt, ausgerechnet jetzt? Erschöpft ließ ich mich an der gekachelten Wand hinunter gleiten.
 

Kann ich es ihnen wirklich nicht sagen? Ihnen, damit waren Ron und Hermine gemeint. Seit wir im dritten Schuljahr herausgefunden hatten, dass Remus ein Werwolf war, hatten wir nichts mehr gegen jedwede Art von Halbblut oder sonstigen magischen Wesen. Damals war uns klar geworden, dass es auf den Charakter und nicht auf die Spezies ankam. Remus’ Freunde hatten auch zu ihm gehalten. Für ihn waren sie sogar Animagi geworden. Hermine würde sich sicherlich nicht zu so was hinreißen lassen, Ron schon eher, aber das wollte ich gar nicht. Es würde mir schon reichen, wenn sie weiterhin meine Freunde bleiben …
 

Ich seufzte. Ich wusste, dass das Leben unfair und kompliziert war, doch so extrem?
 

„Harry, bist du da?“
 

Erst jetzt wurde ich der Schritte gewahr, die sich gefährlich nah der Kabine, in der ich saß, näherten. Ich sah die Schatten von mindestens zwei Personen vor der Tür. Ron und Hermine!
 

„Hermine, warum sollte er sich in einem Mädchenklo verstecken?“ hörte ich Rons genervte Stimme.
 

„Warum nicht, Ronald?“ entgegnete sie schnippisch. „Harry! Komm raus, bitte!“

Langsam drückte ich gegen die Tür, sodass sie aufschwang. Den Blick hielt ich jedoch zum Boden gerichtet. Drückende Stille senkte sich über uns. Schließlich war es Hermine, die mich ansprach.
 

„Weißt du, unser Versprechen gilt immer noch. Wir möchten dir helfen … Ehrlich gesagt … wir, na ja, sei bitte nicht sauer – wir haben so einen Verdacht, was du für ein Problem haben könntest.“ sagte sie zögerlich.
 

Bei den letzten Worten hob ich ruckartig den Kopf. Nein, das kann nicht sein!, schalt ich mich jedoch selber.
 

„Was für einen … Verdacht?“ fragte ich sie dennoch umsichtig.
 

Hermine biss sich auf die Lippe.
 

„K-Kann es sein … dass … dass du … e-ein W-W-Wer … wolf bist?“
 

Geschockt starrte ich sie an. Hermine schluckte.
 

„Harry, wenn … wenn wir falsch liegen, dann … okay. A-Aber wenn wir … Recht haben – wir sind immer noch deine Freunde!“ sagte sie fest und packte mich am Arm. „Hörst du! W-Wir lassen dich nicht im Stich!“
 

Endlich hatte auch Ron seine Sprache wieder gefunden.
 

„Bist du’s?“ fragte er allerdings nur knapp.
 

Ich versuchte meine Freunde gleichzeitig anzusehen, was natürlich scheiterte. Sie sind meine Freunde! Und sie wissen es sowieso … warum sollte ich sie belügen? Ich fasste meinen ganzen Mut zusammen und nickte kaum merklich.
 

Die beiden brauchten eine Weile, um sich zu fassen.
 

„Wie habt ihr’s herausgefunden?“ fragte ich schwach.
 

„Na ja … du warst so blass u-und Ron erzählte mir, du wärst diese Nacht nicht im Schlafsaal gewesen … es war nur eine Vermutung, wir … waren uns gar nicht so sicher.“ gab Hermine zu. Dann kam ihr offensichtlich ein Gedanke. „W-Wer hat … dich gebissen?“
 

Ron zuckte zusammen, daran hatte er wohl noch nicht gedacht.
 

„Remus …“ flüsterte ich traurig.
 

Zwei Paar Augen weiteten sich.
 

„Was? Aber das würde er doch niemals tun!“ riefen beide gleichzeitig aus.
 

„Harry, ist das wahr?“ hauchte Hermine.
 

Wieder nickte ich nur.
 

„Ja … er bekommt diesen Trank nicht mehr … Es … Es war meine Schuld … ich hätte bedenken sollen, dass Vollmond war.“ meinte ich.
 

Nur das Tropfen von Wasser war zu hören. Ich hatte mal gehört, dass dies das Zeichen des Todes war. Ob Hermine und Ron es auch hören können?
 

„Ich … Ich möchte jetzt ein wenig allein sein …“
 

Erst nach einigen Minuten erhoben sich meine Freunde und gingen auf leisen Sohlen hinaus. Die Kabinentür schlug wieder zu.
 

Es tropfte. Unaufhörlich. Plötzlich schmeckte ich Salz, das mir langsam in die Mundwinkel rann. Tränen. Das Wasser tropfte weiterhin.
 

Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass sich zu den Tropfen noch ein anderes Geräusch gesellt hatte.
 

Schritte.
 

~~~~~*~~~~~

Cliffi! ^-^ Jetzt könnt ihr raten - wer könnte das wohl sein? *g*

Erpressung

Moin ^-^

Da bin ich wieder ^^

Danke an meine fleißigen Kommischreiber, die da wären: Illuna, Rowan, ninale, Hieads_Angel, Night-Mouse und Amethyst_Angel!
 

Kapitel V : Erpressung
 

Mit sich rasch ausbreitendem Entsetzen wurde mir klar, dass der Verursacher dieses Geräusches weder Hermine noch Ron sein konnte. Warum sollten sie sich wieder anschleichen? Wer kann es sein? Was hat er mitgehört? Vielleicht war es ja eine Erstklässlerin, die älteren Schüler kamen hier schließlich gar nicht hin, dafür sorgte die Maulende Myrthe, die in dieser Toilette ihren Tod gefunden hatte. Wenn ich mich nicht irrte, sogar in dieser Kabine.
 

Doch das war jetzt unwichtig; die Schritte hatten aufgehört und irgendjemand verharrte jetzt dicht vor meiner Kabine. Mein Herz hämmerte mir schmerzhaft gegen meine Brust. Ängstlich blickte ich auf die Schuhe, die sich nur wenige Zentimeter von den meinen befanden, nur getrennt durch die dünne hölzerne Tür zwischen uns. Über ihnen war der Saum eines Schulumhangs zu erkennen. Er war grün-silbern. Eine Slytherin!, schoss er mir durch den Kopf. Wie viel Pech kann man eigentlich haben?
 

„Interessante Neuigkeiten, Potter.“ drang auf einmal eine betont gelangweilt klingende Stimme zu mir durch.
 

Vor Schreck schrie ich kurz auf, bevor ich mich wieder fassen konnte. Dies war absolut keine Mädchenstimme. Ihr tiefer Klang verriet, dass sie einem Jungen gehörte. – Aber nicht irgendeinem Jungen.
 

Ich schluckte, dann öffnete ich die Tür ein weiteres Mal und blickte direkt in Malfoys angespannt wirkendes Gesicht. Es wollte ganz und gar nicht zu dem Ton passen, den er eben noch angeschlagen hatte. Bis heute kann ich nicht in Worte fassen, welche Gedanken und Gefühle mir damals durch den Kopf gingen. Ich verstand sie nicht; sie widersprachen sich, bildeten ein tausendfasriges Netz aus Emotionen. Hass, Freude, Angst, Erleichterung – so konnte man es grob bezeichnen.
 

Sekundenlang sahen wir uns nur schweigend an ohne ein Wort rauszukriegen und ich versank beinahe wieder in düsteren Gedanken, als es schließlich Malfoy war, der die Stille durchbrach, indem er einen Schritt auf mich zutrat. Für mich sah er in diesem Moment so drohend aus, dass ich in einem Anflug von Panik mit geweiteten Augen vor ihm zurückwich.
 

„Mal … foy …“ wisperte ich lahm.
 

„Was man so alles in verspukten Klos finden kann!“ witzelte er und lachte über seinen eigenen Scherz auf, kurz und höhnisch. „Und – was hast du jetzt vor?“ Plötzlich klang seine Stimme völlig anders als sonst, doch ich konnte den leichten Unterton, der sich zu ihr gesellt hatte, nicht richtig einordnen.
 

Ich biss mir auf die Zunge. Was soll ich sagen? Innerlich hoffend, dass er es nicht bemerkte, umklammerte ich unter den Falten meines Umhangs meinen Zauberstab, bereit, mit einem Fluch dafür zu sorgen, dass er sich nicht mehr an das belauschte Gespräch erinnerte.
 

„Was ist, Potter? Bist du schon so viel Wolf, dass du nicht mehr sprechen kannst?“ Da, der spöttische Unterton war wieder da! Und mit diesem Satz hatte er auch mein letztes bisschen Hoffnung zerstört, die Hoffnung, dass er vielleicht doch nicht alles mit angehört hatte, dass er nicht wirklich verstanden hatte, worum es ging. Doch diese Bemerkung ließ jeden Zweifel zerplatzen, wie eine Seifenblase, die zu hoch geschwebt war.
 

Ich schluckte ein weiteres Mal; die Angst überbot für einen Augenblick meine anderen Gefühle, dann bekam ich mich wieder unter Kontrolle.
 

„W-Wirst du mich … verraten?“ fragte ich ihn ängstlich. Natürlich wird er! Wir sind doch Feinde!
 

„Nein.“ Die Antwort erfolgte sofort, kaum, dass ich die dazugehörende Frage zu Ende gesprochen hatte.
 

Ungläubig starrte ich ihn an.
 

„Was?“ Ich glaubte, mich verhört zu haben. Wieso sollte er mich schützen? Ist das eine Falle oder träume ich?
 

Malfoy zeigte wieder einmal sein slytherintypisches Grinsen, so kalt wie eh und je.
 

„Das wäre doch langweilig. Viel lustiger wäre es doch, wenn du ganz plötzlich gar nicht mehr so … tapfer“, er spie mir das Wort regelrecht vor die Füße und einen Moment lang sah ich nichts anderes als puren Hass in seinem Gesicht, „wärst, sondern wie ein Wurm vor mir kriechen würdest!“ Er hielt inne, dann sprach er mit verächtlicher Stimme weiter. „Wäre das nicht ein Spaß? Was hältst du davon? – Dein Leben für deinen Stolz?“
 

Während seiner Rede war ich zusehends blasser geworden. Das kann er doch nicht ernst meinen!
 

„Das ist Erpressung!“ brachte ich hervor, doch Malfoy schien das nicht zu interessieren.
 

„Ich weiß. Erpressung ist mein zweiter Vorname.“ sagte er und lachte höhnisch auf, bevor er wieder, plötzlich ganz ernst, fragte: „Also, was ist?“
 

Meine Gedanken überschlugen sich. Würde er es allen erzählen? Ja, würde er. Soll ich …? Was werden meine Freunde dazu sagen? Und McGonagall? Würde sie Malfoy nicht das Maul stopfen? Soll ich ihn nicht einfach mit dem Vergessenszauber belegen?
 

Doch als hätte er meine Gedanken gelesen, baute sich Malfoy noch ein wenig mehr vor mir auf. In diesem Moment fragte ich mich, wozu er eigentlich solche muskulösen ‚Beschützer’ wie Crabbe und Goyle brauchte, wenn er doch schon allein so furcht einflößend war.
 

„Wag es ja nicht, Potter, ich weiß, was du vorhast. – Expelliarmus!“ Und damit flog mir der Zauberstab aus den Fingern. „Ich warte, Potti. Oder soll ich gehen? Und ganz Hogwarts die Wahrheit erzählen?“ Wieder grinste er.
 

Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Ein letztes Mal sah ich zu ihm auf und starrte geradewegs in seine kalten grauen Augen. Kurz darauf hallte meine Antwort von den Wänden wider.
 

„Einverstanden.“
 

~~~~~*~~~~~

So, das war's erst mal von mir und zwar für einige Zeit. Warum? Bitte schaut einfach in meinem Weblog nach, da steht's drin ;_;

Greys Unterricht

Moin ^^

Tut mir unglaublich Leid, dass es so lange gedauert hat, aber diejenigen, die in meinen Weblog geschaut haben, wissen warum <.<

Kleine Warnung xD: In diesem Kapitel taucht zum ersten mal mein kleiner OC auf - erinnert ihr euch noch? Der neue Lehrer für Zaubertränke? ^-^

So, jetzt wünshce ich euch viel Spaß ...
 

Kapitel VI : Greys Unterricht
 

Ein dunkler Raum … alles so dunkel … so unscharf … wo bin ich … eine Bewegung … eine helle runde Scheibe … sie lacht … es … es ist riesig … kommt auf mich zu … ich will laufen … dunkle Gänge … lange Gänge … sie hören nicht auf … ich renne weiter … es ist hinter mir her … es kommt näher … der Gang hört nicht auf … hört nicht auf … ich stolpere … es ist da … ich spüre … warmes Fell … heißen Atem … zwei glühende Eisen … bohren sich in meine Schulter … Rufe …sie rufen mich … Schmerz … ich bin tot … Schreie … Harry … Harry … sie rufen mich zu sich … ich gehöre zu ihnen ... sie rufen mich … Harry-
 

„Harry!“ Jemand verpasste mir eine Ohrfeige. „Harry, verdammt noch mal!“

Geschockt riss ich die Augen auf. Um mich herum standen vier Personen.
 

„Harry, alles in Ordnung?“ fragte mich eine Stimme besorgt.
 

Ich suchte nach meiner Brille, fand sie und setzte sie mir auf die Nase. Sofort klärte sich das Bild vor mir. Die vier waren Seamus, Dean, Neville und Ron. Letzterer hatte mir die Frage gestellt, wie ich glaubte. Als mich immer noch alle ansahen, begriff ich, dass sie eine Antwort erwarteten.
 

„Ja … hab nur schlecht geträumt.“ murmelte ich, doch während sich die anderen wieder in ihren Betten verkrochen, stand Ron immer noch vor meinem. Mit gerunzelter Stirn beugte er sich zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr.
 

„Du solltest besser zu Grey gehen, er gibt dir sicherlich einen Traumlostrank oder so was.“
 

Ich dachte einen Augenblick über seinen Vorschlag nach, dann wehrte ich ab.
 

„Nein … lieber nicht. Nachher läuft er noch zu McGonagall und die hat auch ohne mich genug zu tun. – Der Alptraum wird sowieso nicht wiederkommen.“ Doch wenn ich ehrlich war, wusste ich ganz genau, dass dem nicht so war.
 

~~~~~*~~~~~
 

Seit wir einen anderen Lehrer in Zaubertränke hatten, war der Unterricht in einen der höchsten Türme von Hogwarts verlegt worden. So ziemlich alle Schüler hatten sich bisher darüber beschwert, auch unsere Klasse. Wir mussten also zweimal die Woche annähernd vierhundert Stufen hochsteigen. In meinen geschwächten Zustand war das alles andere als einfach, doch Ron und Hermine halfen mir wo sie konnten. Unauffällig stützten sie mich. Während wir uns so die Treppe hoch schleppten, machte ich mir darüber Gedanken, wie unser neuer Lehrer wohl sein mochte. Zwar hatte man mir schon von ihm erzählt – er war ein ruhiger Typ ohne erkennbare Vorurteile gegenüber den Häusern oder den Mugglegeborenen. Doch ich wollte mir lieber selbst einen Eindruck von ihm verschaffen. Als wir ausgelaugt am oberen Ende der Wendeltreppe angekommen waren, verschnaufte ich kurz und ging dann als Schlusslicht von den Gryffindors und, wie konnte es anders sein, den Slytherins.
 

Grey war noch nicht da. Stumm setzte ich mich neben Ron. Einen Platz weiter saß Hermine. Ich hatte Zeit, mir den anscheinend magisch vergrößerten Raum einzuprägen. Anders als im Astronomieturm oder bei Trelawney, meiner ehemaligen Lehrerin für Wahrsagen – ich hatte das Fach für dieses Jahr endgültig abgewählt – war er lichtdurchflutet und verbreitete eine warme Atmosphäre. Links von mir war eine geschlossene Tür, rechts die, durch die wir gekommen waren. Das aus einem dunklen Holz gearbeitete Pult war leer. In einem Schrank schräg dahinter wurden wahrscheinlich die Zutaten aufbewahrt. Ich war gerade dabei mich darüber zu wundern, dass der Schrank einen Spalt offen stand und jemand seinen Inhalt ohne Probleme hätten mitgehen lassen können, als es urplötzlich still im Klassenzimmer wurde. Ich sah zu der Tür, die bis vor kurzem noch geschlossen gewesen war.
 

Von Nahem sah Grey nicht mehr ganz so unauffällig aus wie noch vor einigen Tagen, als ich ihn am Lehrertisch sitzen gesehen hatte. Er hatte schwarze Haare, die gerade so lang waren, dass man sie zu einem dünnen Zopf zusammenbinden konnte, was er auch getan hatte. Wenn wir uns gegenübergestanden hätten, wäre er wahrscheinlich etwa einen Kopf größer als ich.
 

„Guten Tag.“ grüßte er die Klasse kurz und förmlich, bevor er sich zu der Tafel, die hinter dem Pult an der Wand befestigt war, umdrehte und mit einem knappen Schwung seines Zauberstabes einige Notizen auf ihr erscheinen ließ. Seine Stimme war dunkel, doch irgendwie angenehm. „Wir brauen heute den Oblivio-Trank. – Wer kann mir sagen, was er bewirkt?“
 

Sofort schoss Hermines Hand in die Höhe und sie fing an auf ihrem Platz auf und ab zu hüpfen. Ich lächelte matt. Dass sie diese Angewohnheit immer noch nicht abgelegt hatte, obwohl sie doch wusste, dass es albern war. Grey nahm sie dran.
 

„Ja, Mrs Granger?“
 

„Der Oblivio-Trank bewirkt, dass derjenige, der ihn trinkt, alles vergisst. Je nach Menge, die er eingenommen hat beziehungsweise der Stärke des Trankes hält er länger an.“ Sie holte Luft und wollte fortfahren, doch Grey hob die Hand und brachte sie damit zum Schweigen.
 

„Das ist richtig. Fünf Punkte für Gryffindor.“ Er zeigte auf den Schrank. „Das Rezept steht auf der Tafel. Machen Sie sich an die Arbeit. Sie haben sechzig Minuten Zeit.“
 

Gehorsam gingen wir nacheinander an den Schrank, um uns unsere Zutaten herauszuholen. In der nächsten Stunde waren wir nur noch damit beschäftigt, den Trank zu brauen. Erstaunlicherweise war ich diesmal imstande, wenigstens annähernd die Farbe, die mein Trank haben sollte, zu erlangen. Als ich schließlich etwas von der hellblauen Flüssigkeit in eine Phiole abfüllte, war ich sehr zufrieden mit mir. Vielleicht waren meine schlechten Noten immer Snapes Schuld gewesen? Der Gedanke an meinen ehemaligen Professor versetzte mir einen Stich, wie jedes Mal, wenn ich an sein verräterisches Gesicht erinnert wurde.
 

Doch ich wurde jäh aus meinen Gedanken gerissen, als sich jemand hinter mich stellte. Ich sah auf und erblickte Grey. Erst dachte ich mir nichts dabei – Snape hatte das schließlich auch immer getan – doch als ich in seine Augen blickte, erschauerte ich unwillkürlich. Sie waren von einem so tiefen Schwarz, dass ich mir im ersten Augenblick fast sicher war, dass da keine Augen, sondern nur zwei Löcher waren, aber einen Moment später verscheuchte ich diesen dummen Gedanken. Doch es war nicht die Farbe seiner Augen gewesen, die dafür gesorgt hatte, dass ich zusammenzuckte. Es war ihr Ausdruck. Seine Augen waren so leer wie die Löcher, die ich eben noch vermutet hatte. So leer und beinahe … traurig wirkten sie auf mich; noch nie hatte ich einen Menschen mit solchen Augen gesehen. Spontan beschloss ich, etwas mehr über diesen Grey herauszufinden.
 

„Dürfte ich mir mal Ihren Trank ansehen?“ fragte er mich höflich.
 

„J-Ja … natürlich.“ antwortete ich verblüfft. Seit wann fragt ein Lehrer einen Schüler, ob er etwas darf? Dieser Grey war mir irgendwie unheimlich.

Er musterte die Phiole, dann nahm er sie mit an sein Pult und legte sie dort ab.

„Abgeben, bitte.“ sagte er mit so einer leisen Stimme, dass ich glaubte, dass er es noch einmal wiederholen musste. Die Klasse konnte ihn unmöglich gehört haben. Doch zu meiner Verblüffung fingen auf einmal alle Schüler an, ihren Trank abzufüllen und nach vorne zu bringen.
 

„Bitte sehen Sie alle her.“ sagte er dann mit seiner warmen Stimme. „Mr Potter hat den Trank exakt brauen können. Die richtige Farbe des Trankes ist nur schwer zu beschreiben, doch genauso muss sie sein.“ Er hielt meine kleine Phiole hoch, die Flüssigkeit in ihr schwappte ein wenig. „Wie ich Ihnen schon in unserer ersten Stunde mitgeteilt habe, möchte ich Ihnen nicht nur das Brauen von Tränken beibringen, sondern Ihnen auch ihre Wirkung zeigen. – Freiwillige?“ fragte er dann in den Raum hinein. Er will dieses Gesöff an einem Schüler ausprobieren? Natürlich meldete sich keiner. „Ich möchte hinzufügen, dass es für das Haus des Schülers natürlich ein paar Punkte gibt. Denken Sie dran, jede Doppelstunde wird so ablaufen.“
 

Entsetzt sah ich zu Hermine, doch die hatte ihr Gesicht zu Grey gewandt. Auch sie wirkte angespannt.
 

„Gut. Da sich niemand meldet, suche ich mir eben jemanden aus.“ Er ließ seinen Blick kurz durch den Raum schweifen, ehe er seine leeren Augen auf einen Punkt fixierte. „Mr Potter, wenn Sie so freundlich wären.“ Es war keine Frage, sondern ein Befehl, das konnte jeder im Turmzimmer spüren. Langsam stand ich auf und ging zu unserem Lehrer.
 

~~~~~*~~~~~

Harry hat irgendwie immer gelitten xD

Der Oblivio-Trank

Moin ^^

Wie ihr vielleicht gemerkt habt, hat es diesmal etwas gedauert. Das liegt daran, dass ich nur noch alle drei Wochen hochladen möchte, weil ich im Moment wegen der Zentralen Abschlussprüfungen total im Stress bin x___x Verzeiht mir! ^.~

Ein großes Danke an: Illuna, Rowan, ninale, Reitas_KittyDoll, Night-Mouse, Amethyst_Angel, InaBau, -Black-Pearl- und Lil-Mi! *euch Eis hinstellt*
 

Kapitel VII : Der Oblivio-Trank
 

Es ist nur ein Vergessenstrank, es ist nur ein Vergessenstrank … Während ich auf Grey zuging, sprach ich mir die ganze Zeit über selbst Mut zu. Er wird nichts Gefährliches an einem Schüler ausprobieren! Aber er hatte auch gesagt, dass er dies jede Doppelstunde machen würde. Und in der siebten Klasse nahm man auch gefährliche Tränke durch.
 

Endlich war ich bei ihm angekommen. Ohne weitere Worte reichte er mir einen Becher, den er während meines Gangs halb gefüllt hatte. Mit zitternden Fingern nahm ich ihn an. Je schneller ich das Zeug getrunken habe, desto schneller ist es vorbei …, dachte ich mir und schüttete den Oblivio-Trank in einem Zug hinunter. Ein Fehler, denn er war noch heiß und ich verbrannte mir die Kehle. Keuchend rang ich eine Sekunde nach Luft. Dann blickte ich auf. Es war mucksmäuschenstill. Sechzig Schüler starrten mich an, als wäre ich dem Tode geweiht. Doch ich spürte absolut keine Veränderung. Vielleicht wirkt es bei Werwölfen nicht? Wenn dem so war und Grey darüber Bescheid wusste, hatte ich jetzt ein ernsthaftes Problem, denn außer McGonagall wusste kein Lehrer von meiner Krankheit. Wahrscheinlich hatte sie die neue Verordnung schon kommen sehen und es den anderen Lehrern noch nicht mitgeteilt. Ich musste unbedingt herausfinden, wie Grey zu ‚gefährlichen’ magischen Geschöpfen stand.
 

Dieser räusperte sich auf einmal.
 

„Der Oblivio-Trank ist geschmacks- und geruchsneutral, weshalb er früher oft von Spionen benutzt wurde. Derjenige, der ihn trinkt, bemerkt nichts von seiner Wirkung. – Oder spüren Sie etwas, Mr Potter?“ fragte er mich dann. Ich schüttelte den Kopf. Grey fuhr fort. „Gut. Das zeigt, dass der Trank wirklich einwandfrei ist.“ Entgeistert starrte ich ihn an. Hat er mir den Trank gegeben, obwohl er sich nicht sicher war, ob er ungiftig ist? „Eine Probe. Mein Vorname ist William.“ Die Klasse sah ihn verwundert an und daraufhin sagte er erklärend: „In einer Minute wird er es vergessen haben.“
 

Geduldig warteten wir die besagte Minute ab. Dann sprach Grey mich an.
 

„Mr Potter, wissen Sie, wie ich mit Vornamen heiße?“
 

Ich runzelte die Stirn. Was will der Kerl von mir?
 

„Entschuldigen Sie, Sir, aber woher soll ich das wissen?“ fragte ich ahnungslos.
 

Die ganze Klasse brüllte vor Lachen, doch ich wusste nicht, worum es ging. Auf Greys Gesicht war jedoch nicht die Spur eines Lächelns zu sehen.
 

„Ich danke Ihnen für die Vorführung, Mr Potter. Fünf Punkte für Gryffindor. – Sie können gehen; die Stunde ist beendet.“ sagte er dann zu der Klasse gewandt.
 

Schnell huschte ich zu meinem Platz zurück.
 

„Hermine, was ist da gerade passiert? Sollte ich nicht diesen Trank trinken?“ fragte ich sie.
 

Sie schmunzelte und erklärte mir alles, während wir zusammen mit Ron, der immer noch ab und zu kicherte, unsere Sachen einpackten.
 

Wir wollten gerade gehen, als Grey zu uns kam und mich beiseite nahm.
 

„Kann ich Sie kurz sprechen, Mr Potter?“ fragte er mich, genauso höflich wie sonst auch. Ich nickte. „Unter vier Augen.“ fügte er jedoch hinzu, als meine Freunde stehen blieben und blickte sie herausfordernd an. Mir war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, mit ihm ganz allein zu reden, aber mir blieb wohl keine andere Wahl.
 

Als die Tür mit einem leisen Klacken verkündete, dass Grey und ich unter uns waren, sah er mir geradewegs in die Augen.
 

„Du siehst blass aus, Harry.“ Ich hatte keine Ahnung, warum er mich so plötzlich duzte.
 

„Ja … Ist nicht so wichtig-“ versuchte ich mich dann einen Augenblick später herauszureden, doch er unterbrach mich unwirsch und ein weiteres Mal fragte ich mich, wieso er im Unterricht so anders war.
 

„Hast du schlecht geschlafen? Wenn ja, hätte ich einen Trank für dich – ohne Nebenwirkungen … schmeckt auch nicht schlecht.“ Er kramte ein kleines gläsernes Gefäß aus seinem Umhang hervor.
 

Ungläubig zog ich eine Augenbraue hoch. Grey hört sich an wie ein Dealer! Ich drehte mich Richtung Tür um.
 

„Nein, danke … Das ist nett gemeint, aber ich denke, es geht schon ohne-“
 

„Harry! Nimm endlich diesen Trank!“ fuhr er mich an.
 

Erschrocken sah ich ihn an, doch sein Gesicht zeigte immer noch keine Regung. Nur seine Stimme hatte gezeigt, dass er aufgebracht war.
 

„Pro-Professor Grey … äh … ich-“ stotterte ich. Soll ich das Zeug nehmen? Ron hat mir ja auch gesagt, ich soll zu ihm. Er scheint ’nen ziemlichen Eindruck auf ihn gemacht zu haben., überlegte ich.
 

„Ich hab’ den Trank nicht vergiftet, glaub mir …“ sagte Grey. Schmerzhaft wurde mir bewusst, dass Remus fast die gleichen Worte benutzt hatte, damals, als er vor vier Jahren den Dementor aus unserem Zugabteil vertrieb.
 

Grey, der meinen Stimmungsumschwung bemerkt hatte, zögerte kurz, dann legte er mir eine Hand auf die Schulter.
 

„Wenn du irgendwelche Probleme hast oder so … du kannst jederzeit zu mir kommen.“ bot er mir an. Ich war überrascht, doch schließlich nickte ich, schwang meine Schultasche über die Schulter und verließ das Turmzimmer.
 

Grey hielt die Phiole mit dem Traumlostrank immer noch in seinen Händen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Ich kam nicht weit. Nachdem ich etwa die Hälfte der langen Wendeltreppe hinuntergegangen war, sah ich jemanden auf den Stufen sitzen. Zu meiner Überraschung war es Malfoy. Als er mich kommen sah, stand er auf und kam zu mir hoch. Eine Stufe unter mir stehend, waren wir auf gleicher Augenhöhe.
 

„Was willst du, Malfoy?“ fragte ich ihn argwöhnisch.
 

Dieser hatte ein für mich undefinierbares Glitzern in den Augen. Ehe ich wusste was mit mir geschah, stieg er die letzte Stufe zu mir hoch und presste mich an die Wand.
 

„Malfoy, was-“ setzte ich an, doch er unterband meine Frage, indem er mich küsste. Moment mal! Er küsst mich? Ich wollte ihn von mir wegschieben, aber er fasste meine Handgelenke und drückte sie gegen die Mauer. Nach einem schier endlosen Moment löste er sich schließlich von alleine von mir. Ohne ein weiteres Wort ging er die Treppe hinunter.
 

Ich starrte ihm noch einige Minuten nach, obwohl er längst nicht mehr zu sehen war. Was war das denn?
 

~~~~~*~~~~~

Tjoa. Das war er. Der erste 'Kuss' *ähem*

Sorry, wenn ich euch das jetzt sage, aber ihr habt alle so falsch gelegen, was den Obivio-Trank angeht ... Das lag aber auch an mir, ich hatte mich glaube ich etwas unverständlich ausgedrückt. Harry vergisst natürlich nicht alles, sondern nur die Geschehnisse der letzten Minuten. Ich werd den Fehler mal ausbessern ...

Ich hoffe, die Szene, wo der Trank wirkt, ist gut rübergekommen ^^°

*verschwindet*

Wolfsbanntrank

Hallihallo! xDD~

Tut mir echt Leid, dass ihr so lange warten musstet, aber ich hatte Prüfungen >< Ich hätte gar nicht lernen brauchen, die waren voll der Witz! <.<

Danke an Rowan, LindenRathan, -Black-Pearl-, Amethyst_Angel, Illuna und Night-Mouse, dass ihr mir einen Kommi hinterlassen habt! *sich davon ernähr*

Dieses Kapitel ist übrigens wichtig für den weiteren Verlauf ^.~
 

Kapitel VIII : Wolfsbanntrank
 

Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wieso Malfoy das mit mir getan hatte. Den Gedanken, dass er in mich verliebt wäre, schob ich nur kopfschüttelnd beiseite. Was ist dann der Grund? Während ich die Treppe hinunter stieg, machte ich mir weitere Gedanken darüber und kam schließlich zu dem Schluss, dass er einfach seine neu gewonnene Macht über mich ausnutzen wollte. Was hat er noch mal gesagt? Schaudernd hielt ich einen Moment inne, als sich die Szene in der Mädchentoilette noch einmal vor meinen Augen abspielte.
 

„Viel lustiger wäre es doch, wenn du ganz plötzlich gar nicht mehr so … tapfer … wärst, sondern wie ein Wurm vor mir kriechen würdest!“
 

Angewidert verzog ich den Mund und kniff meine Augen zu. Doch ich fragte mich, ob wirklich das seine Rache für die vergangenen Jahre sein sollte. Würde er mich nicht auf eine andere Art und Weise quälen? Ich konnte mir einfach keinen Reim auf sein Verhalten machen, doch ich beschloss, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Schließlich hatte er etwas gegen mich in der Hand.
 

Als ich endlich in der Großen Halle ankam, war diese bereits voll von Schülern. Ich bahnte mir meinen Weg zwischen den langen Tischen hindurch und setzte mich zwischen Hermine und Ron. Dieser blickte auf und fing sofort an mich mit Fragen zu löchern.
 

„Und? Was hat Grey von dir gewollt?“ wollte er zwischen zwei Bissen wissen.
 

Ich wehrte ab.
 

„Wollte mir einen Trank geben, damit ich besser schlafe. – Du hast ihm doch nichts von meinen Alpträumen erzählt, oder?“ Ich sah ihn scharf an, doch Ron verneinte daraufhin nur.
 

~~~~~*~~~~~
 

Der Rest des Tages verging wie im Flug, vor allem, da wir keinen Unterricht mit den Slytherins hatten und ich so keinen Grund bekam, mehr als nötig über Malfoy nachzudenken. Vielmehr beschäftigte mich Grey. Der Lehrer wollte mir nicht mehr aus dem Kopf gehen und ich fragte mich ernsthaft, woher er von meinen Träumen wusste. Immerhin hatte Ron kein Wort darüber verloren, das hatte er behauptet und ich glaubte ihm. Ron war noch nie ein guter Lügner gewesen. Auch glaubte ich nicht, dass die anderen aus meinem Zimmer etwas erzählt hatten. Wenn dem so wäre, wüsste es bereits ganz Hogwarts und Malfoy würde mich wieder damit aufziehen. Innerlich hörte ich bereits seine Stimme, wie sie höhnisch über die Tische und Schüler hinweg rief: „Potter! Potter, du hast Alpträume? Fehlt dir Mami?“ Doch nein. Malfoy wusste schließlich, worum es ging oder zumindest würde er es wissen, wenn er seinen Verstand ein wenig anstrengen würde.
 

Aber woher wusste es Grey?
 

~~~~~*~~~~~
 

Ich war mit Ron und Hermine unterwegs zu Hagrids Hütte, doch diese Frage bohrte sich immer mehr in den Vordergrund meines Bewusstseins.
 

„Harry?“ riss mich Hermines Stimme aus meinen düsteren Gedanken.
 

„Was ist?“
 

„Nichts. – Nur … du siehst so nachdenklich aus.“
 

Ich seufzte. Hermine entging wirklich gar nichts.
 

„Ich habe über Grey nachgedacht.“ sagte ich deshalb wahrheitsgemäß. Kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, wurde ich unwillkürlich lauter. „Woher weiß er von meinen Alpträumen? Keiner hat ihm etwas gesagt, da bin ich mir sicher!“
 

Ron legte mir eine Hand auf die Schulter.
 

„Pscht! Nicht so laut!“
 

Noch einmal seufzte ich.
 

„Du hast ja Recht.“
 

Eine Weile lang sagten wir gar nichts, sondern gingen quer über die Wiesen weiter auf die Blockhütte zu, aus der stetig Rauch quoll.
 

„Wer ist er überhaupt?“ fragte ich auf einmal.
 

Eigentlich hatte ich keine Antwort erwartet, doch Hermine meinte: „William Grey. Er ging auf Durmstrang und machte mit Bestnoten seinen Abschluss. Dann wurde er zum Auror ausgebildet. – Weil er sich aber gegen Fudge aufgelehnt hat, hat man ihn in die Abteilung für ‚Gefährliche Magische Tierwesen’ abgeschoben.“ trug sie in einem einzigen Atemzug vor.
 

Ron starrte sie beeindruckt an. Dann zuckte er die Schultern.
 

„Was die alles so weiß …“ murmelte er leise, doch Hermine hörte ihn trotzdem.
 

„Ronald Weasley! Wenn du etwas mehr lesen würdest, dann wüsstest du auch mehr!“
 

Ron schaute beleidigt zur Seite.
 

„Was hat das mit Lesen zu tun? Als ob Grey in ’nem Buch verewigt wäre-“
 

„Ron!“ entrüstete sich Hermine, die Arme in die Hüften gestemmt.
 

Ich hörte ihnen nicht mehr zu. Die Abteilung für ‚Gefährliche Magische Tierwesen’. Für Wesen wie mich. Ich muss mit ihm reden! Sofort! Ich drehte mich um und rannte los.
 

„Harry!“ schrie Hermine mir hinterher.
 

„Wir sehen uns in der Großen Halle!“ rief ich über meine Schulter, dann lief ich schneller, auf dem Weg zum Turm.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Professor Grey!“ Ich riss die Tür auf.
 

Das Turmzimmer war leer. Es sah genauso aus wie ich es verlassen hatte. Nur diese Tür stand offen. Die Tür, durch die Grey das letzte Mal gekommen war.
 

„Professor Grey?“ fragte ich leise in den Raum hinein. Niemand antwortete. „Professor Grey!“ wiederholte ich.
 

Hastige Schritte, dann lugte Greys Kopf um den Türrahmen.
 

„Ah, Harry! Schön, dass du dich doch noch mal blicken lässt!“ meinte er erfreut und trat vor. „Ich habe gerade ein Buch gelesen. – Entschuldige, dass ich dich nicht sofort gehört habe, ich war sehr vertieft.“ Er ging einen Schritt beiseite. „Komm doch rein.“
 

Ich gehorchte und ging durch die Tür.
 

Der Raum dahinter war das völlige Gegenteil von dem Klassenzimmer nebenan. Die einzigen Möbel stellten ein großer Tisch, der dazugehörende Stuhl und ein Regal dar. Überall lagen Bücher; auf dem Tisch stapelten sie sich, im Regal waren sie mehr oder weniger ordentlich aufgereiht und auf dem Boden lagen auch noch einige. Der Tisch war beladen mit einzelnen oder zu Stapeln angehäuften Blättern, von denen manche auf den Stein des Bodens gefallen waren. Außerdem sah ich etwa ein halbes Dutzend verschiedene Zutaten darauf. In einer Ecke köchelte ein Trank in einem kleinen Kessel, von dem silbriger Dampf aufstieg. An der Wand hängte eine altmodische Uhr, die ein nervtötendes Ticken von sich gab und weiter hinten konnte ich eine weitere Tür erkennen.
 

„Setz dich doch.“ bot Grey mir an und deutete auf den einzigen freien Platz, den Stuhl.
 

Ich ließ mich darauf fallen.
 

„Professor …“ Ich zögerte. Dann wechselte ich in Gedanken das Thema. „Sir, stimmt es, dass sie im Ministerium arbeiteten? In der Abteilung für-“
 

„Ja.“ unterbrach er mich unwirsch. „Woher weißt du es? Von Hermine? Ihr seit befreundet, richtig?“
 

Ich schluckte, als er mich so mit Fragen bombardierte.
 

„Äh … ja.“ sagte ich knapp und etwas verwirrt.
 

Ein Blubbern ertönte aus der Ecke. Grey drehte sich um und nahm einige Wurzeln vom Tisch, die er dann in den Kessel fallen ließ. Sofort wurde der Rauch dunkler.
 

„Sir … was ist das für ein Trank? – Wenn ich fragen darf.“
 

Grey wandte mir sein Gesicht zu. Seine traurigen Augen blickten mich an.
 

„Das“, sagte er, „ist der Wolfsbanntrank. – Du kannst ihn sicher gebrauchen.“
 

~~~~~*~~~~~

Ich weiß, ich bin fies.

Aber hey - ich hab eine kleine Wiedergutmachung: Jetzt, wo ich mehr Zeit habe, lade ich Follower (und nur Follower) alle zwei Wochen hoch! Ist das einen Kommi wert? :3 *liebschau*

Übrigens: Das nächste Kapitel ist eines meiner Lieblinge ... warum wohl? *fg*

Kleine Entführung

Huhu ^^

Zwei Wochen sind vorbei und deswegen gibt es jetzt ein neues Kapitel von Follower! :3 Ich hoffe, ihr habt die Wartezeit gut verkraftet und könnt mit neuer Kraft ins neunte Kapitel starten ^.~

Allerdings ... zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich schon wieder einen - nein, sogar zwei .___. - miese Cliffis auf Lager habe ^^?
 

Kapitel IX : Kleine Entführung
 

„W-Woher … wi-wissen S-S-Sie-“ stotterte ich und wollte aufstehen, doch Grey trat auf mich zu und drückte mich wieder auf den Stuhl.
 

„Du vergisst, dass ich auch mit Werwölfen gearbeitet habe. – Oder sagen wir lieber gegen sie.“ meinte er.
 

Ich starrte ihn mit vor Angst geweiteten Augen an.
 

„Was … werden Sie jetzt tun?“ flüsterte ich. Ich fürchtete die Antwort. „Werden sie mich-“
 

Grey schnaubte.
 

„Warum sollte ich dir etwas antun oder dich verraten wollen? Was glaubst du, warum ich den Trank für dich braue?“
 

Verblüfft blinzelte ich.
 

„F-Für mich?“ hakte ich erstaunt nach.
 

Er nickte. Ich jedoch runzelte die Stirn.
 

„Ist das nicht ein wenig viel?“ fragte ich unsicher. „Da brauche ich ja Ewigkeiten, wird der Trank nicht schlecht?“
 

Grey sah mich an. Er stützte sich mit einer Hand auf seinem Arbeitstisch ab.
 

„Du bist nicht der einzige Werwolf in Hogwarts.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Nachdem Grey mir dies offenbart hatte, war ich schleunigst aus dem Turm verschwunden. Was soll noch alles schief gehen? Grey kannte mein Geheimnis, es gab noch einen Werwolf in Hogwarts und Malfoy hatte mich geküsst. Moment! Daran habe ich gar nicht mehr gedacht! Tatsächlich hatten sich die Ereignisse derart überschlagen, dass ich diese Tatsache völlig verdrängt hatte. Wieder einmal hämmerte die Frage, wieso er das getan hatte, in meinem Kopf.
 

Vor Anstrengung heftig atmend lief ich durch die Gänge Hogwarts’ und bemerkte dabei nicht, wie ich anstatt zum Gryffindorgemeinschaftsraum dutzende Treppen rauf und runter rannte.
 

Plötzlich tauchte unmittelbar vor mir jemand auf. Schnell, wie ich war, konnte ich nicht mehr rechzeitig bremsen und stieß mit der Person vor mir zusammen. Ich fiel auf den Boden. Das hat mir gerade noch gefehlt! Das hatte es, tatsächlich, denn als ich mir fluchend die Stirn gerieben hatte und schließlich aufsah, erstarrte ich. Vor mir stand Malfoy. Wie gebannt blickte er mir einen Moment in die Augen, ehe er sein gewohnt kaltes Lächeln um seine Mundwinkel spielen ließ und seinen Rücken straffte, um größer auszusehen.
 

„Potter, kannst du nicht besser aufpassen? Oder gefällt es dir auf dem Boden so gut? – Fühlst du dich heimisch?“ spottete er.
 

Ich war noch zu verwirrt, um ihm angemessen antworten zu können und wollte mich deswegen ohne einen weiteren Kommentar umdrehen und verschwinden. Doch Malfoy packte mich mit einer fast schon panisch wirkenden Geste am Arm.
 

„Komm mit!“ befahl er und wollte mich in die Richtung, aus der er gekommen war, ziehen.
 

Doch ich hatte keineswegs vor, mir von ihm irgendwelche Befehle geben zu lassen.
 

„Lass mich los!“ zischte ich und versuchte mich loszureißen.
 

Er stockte, dann grinste er noch breiter.
 

„Hast du schon vergessen, was wir ausgemacht haben, Potter?“ fragte er.
 

Ich schluckte. Das hatte ich nicht, doch ich hatte gehofft, dass er es vergessen hatte, dass er nur diesen einen Moment der Macht über mich ausnutzen wollte. Dem war wohl nicht so.
 

„Was hast du vor?“ hakte ich nach, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt.
 

Malfoy lachte auf, seine kalte Stimme hallte von den Wänden wider.
 

„Komm mit!“ forderte er mich ein weiteres Mal auf.
 

Gezwungenermaßen folgte ich ihm.
 

~~~~~*~~~~~
 

Nach einer Weile wurde mir bewusst, dass wir uns immer weiter nach unten, in die Kerker Hogwarts’, begaben. Die Gemälde an den Wänden wurden mit der Zeit weniger, bis sie schließlich ganz verschwanden. Bis zur Sperrstunde konnte es nicht mehr lange dauern. Was also wollte Malfoy von mir? Hogwarts war ein großes Schloss, das sich dazu auch noch in ständiger Bewegung befand. Treppen verschoben sich, die Bewohner der Gemälde huschten durcheinander und manche Gänge ließen sich sogar plötzlich von einer Mauer versperren. Es war unmöglich, alles zu kennen. Und so wurde mir die Gegend, in die Malfoy mich führte, immer unbekannter, bis ich schließlich keine Ahnung mehr hatte, wo ich mich befand und ohne Hilfe sicher nicht mehr hinauskommen könnte.
 

Als ich mir sicher war, dass selbst Malfoy sich verlaufen haben musste – so, wie er ständig irgendwo abgebogen war – wollte ich ihn am Ärmel zupfen – was für eine absurde Vorstellung – und ihn fragen, wie weit es denn noch sei. Just in diesem Moment hielt er so abrupt an, dass ich fast ein weiteres Mal in ihn hineingelaufen wäre. Doch er drehte sich zu mir um und drückte mich gegen die Wand hinter mir, die Arme links und rechts neben meinem Kopf abgestützt.
 

„M-M-Malfoy?“
 

Dessen Gesicht war etwas gerötet, doch auch seine Entschlossenheit war nicht zu übersehen. Entschlossenheit? Merlin, was hat er vor, verdammt noch mal! Einen Moment nachdem ich diesen Gedanken zu Ende geführt hatte, legte er seine Lippen auf meine.
 

Ich wand mich unter ihm und schaffte es schließlich, mich zu lösen. Entsetzt starrte ich ihn an. Emotionslos sah er zurück; sein Brustkorb hob und senkte sich so schnell, als wäre er um das ganze Hogwartsgelände gelaufen.
 

„Was…“ setzte ich an, verstummte jedoch; ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Sein Blick war kalt, die Art, mir der er mich an der steinernen Wand festhielt, war eine Probe seiner Kraft. Und doch war sein Kuss – die Küsse – von etwas erfüllt gewesen, das ich bis jetzt noch nie in diesem Ausmaß erlebt hatte.
 

Ein Maunzen erklang.
 

„Potter-“ sagte er, brach jedoch ab; seine Stimme klang auf einmal unsicher, als ich den Blickkontakt aufrechterhielt.
 

Ein Maunzen?

Strafe?

Mann ... diese neuen Funktionen sind zwar genial, aber die bringen mich echt um ... verändern einfach so die Kapiteltitel! >< Jetzt muss das dritte glatt nochmal freigeschaltet werden o___O
 

Kapitel X : Strafe?
 

Synchron drehten sich unsere Köpfe gen Boden. Dort saß, wie zu erwarten, Mrs Norris und starrte uns aus großen gelben Augen an. Dann drehte sie sich um und lief mit erhobenem Schwanz davon.
 

„Scheiße!“ entfuhr es uns gleichzeitig.
 

Entsetzt sahen wir uns an, dann schubste ich ihn von mir und lief Mrs Norris hinterher. Wenn sie Filch erreichen würde, waren wir geliefert, so viel war klar. Ich musste sie einholen.
 

Hinter mir vernahm ich Schritte. Malfoy folgte mir offensichtlich.
 

Ich rannte um die Ecke und stoppte abrupt. Filch war keine drei Meter von mir entfernt und sprach im typischen ‚Besitzer-an-Katze’-Ton mit, nun ja, seiner Katze eben. Ich drehte mich um und wollte mich gerade aus dem Staub machen, als Malfoy ebenfalls um die Ecke gehastet kam und in mich hineinrannte. Fluchend rollten wir wie ein Haufen Wäsche übereinander.
 

„Wen haben wir denn da?“ hörte ich die gehässige Stimme Filchs. Wir richteten uns auf. Er hatte sich bösartig grinsend über uns aufgebaut. „Mitkommen.“ sagte er.
 

Mrs Norris tapste voraus.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Ich werde sofort eure Hauslehrer informieren.“ grinste Filch und ging aus seinem Büro hinaus.
 

Ich konnte deutlich hören, wie der Schlüssel in dem rostigen Schloss umgedreht wurde. Malfoy und ich waren allein. Ich schluckte, als ich mir dieser Tatsache bewusst wurde.
 

„Potter.“ Malfoys Stimme war hart und jede Spur von Unsicherheit war aus ihr gewichen.
 

Abwartend sah ich ihn an. Ich versuchte, mir meine Angst nicht anmerken zu lassen, doch ich glaubte nicht, dass er darauf reinfallen würde.
 

„Ich warne dich, Potter, wenn du Granger oder dem Wiesel was davon erzählst, bist du so gut wie tot!“ zischte er mir zu, als ob ich etwas dafür könnte. Immerhin war er es gewesen, der mich geküsst hatte.
 

Was für ein absurder Gedanke, den ich bereits jetzt mit solcher Gelassenheit, na ja, sagen wir ohne kreischend durch die Gänge laufen zu müssen, hinnahm. Ich erinnerte mich noch zu genau, wie er mich heute Vormittag gegen die Wand gedrückt hatte und-
 

„Potter, Malfoy! Wieso laufen Sie um diese Zeit noch in den Gängen umher?“
 

Grey und McGonagall kam hintereinander durch die Tür und blickten uns durchdringend an.
 

Ich schluckte. Ich konnte schließlich keinem von beiden einfach so die Wahrheit sagen; das wäre einfach zu absurd gewesen. Draco hat mich in die Kerker abgeschleppt und wollte mich da vernaschen. Wissen Sie, er hat mich in der Hand, Professor McGonagall, Sie kennen den Grund ja. Ach, und Sie ja auch, Professor Grey!, malte ich mir aus. Nein, das war wirklich zu abgedreht.
 

„Ähm …“ vernahm ich Malfoys Stimme. Auch ihm schien nichts einzufallen.
 

„Wenn Sie keinen geeigneten Grund dafür finden, werde ich Ihnen wohl eine Strafarbeit geben müssen.“ Aus McGonagalls Stimme war beinahe Mitleid herauszuhören, besonders, als sie mich danach ansah.
 

„Wenn Sie meinen, Professor.“ antwortete ich daraufhin frech.
 

Sie hob die Augenbraue und erinnerte mich damit schmerzlich an Snape. Sie hatte die Botschaft verstanden. Ich wollte kein Mitleid. Weder von ihr, noch von jemand anderem.
 

Ein Räuspern durchbrach die plötzliche Stille.
 

„Nun, ich denke, wenn die beiden mir bei der Zubereitung eines Trankes helfen würden, wäre die Sache erledigt, meinen Sie nicht auch, Minerva?“ schlug Grey vor.
 

McGonagall schien einen Moment zu überlegen, dann willigte sie ein.
 

„Gut. Mr Potter, Mr Malfoy, ich hoffe, Sie lernen aus Ihrer Strafe.“ Doch man konnte eindeutig sehen, dass sie selbst nicht daran glaubte.
 

~~~~~*~~~~~
 

„So, dann werde ich Ihnen mal erklären, womit Sie es zu tun haben.“
 

Wir befanden uns - ich bereits zum zweiten Mal - in Greys privaten Zimmer, wo der Wolfsbanntrank immer noch friedlich vor sich hin köchelte.
 

Malfoy stockte, als er ihn sah.
 

„A-Aber das ist ja-“
 

„Der Wolfsbanntrank, richtig erkannt, Mr Malfoy.“ meinte Grey. Es wunderte mich, dass er ihn nicht mit seinem Vornamen ansprach, so wie er es bei mir getan hatte, als wir allein waren.
 

Malfoy starrte noch einige Sekunden auf die silbrigen Dämpfe, dann blickte er zu Grey auf.
 

„Ihnen ist schon klar, dass der verboten ist?“ fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
 

Grey lächelte leicht, und auch wenn dieses Lächeln nicht seine Augen erreichte, so war es etwas, was mich zu einem seltsamen Höhenflug antrieb und gleichzeitig eine gewisse Melancholie in mir aufsteigen ließ.
 

„Dennoch denke ich, dass man ihn zumindest einmal im Leben brauen sollte. Er ist sehr anspruchsvoll.“ erwiderte er.
 

Ich wollte so unbedingt wissen, was ihn belastete, was sein Geheimnis war.

„Mr Potter?“ hörte ich seine dunkle Stimme.
 

Ich drehte mich um.
 

„Ja, Sir?“
 

„Schauen Sie her.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ mit einem Schwung seines Zauberstabes sämtliche Papiere, die gerade eben noch auf seinem Schreibtisch verstreut gewesen waren, verschwinden. „Ich möchte, dass Sie diese Zutaten hier“, er zeigte auf einen großen Korb mit den verschiedensten Kräutern und anderen Dingen, von denen ich lieber gar nicht erst wissen wollte, was sie waren, „fein säuberlich in Scheiben schneiden. - Ach ja, die Mondfrösche müssen in Würfel geschnitten werden, dann entfaltet sich ihr Aroma besser.“
 

Allein bei der Vorstellung wurde mir schlecht. Hoffentlich würde Malfoy das übernehmen.
 

„Ich lass Sie beide mal alleine.“ Und schon war Grey aus der Tür heraus und hatte diese hinter sich geschlossen.
 

„Soso, Potter.“ Mit einem hämischen Grinsen im Gesicht verschränkte Malfoy die Arme vor seinem Oberkörper. „Braut Grey dir also auch noch ein Tränkchen für deine Wehwehchen?“ neckte er mich.
 

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.
 

„Halt die Klappe, Malfoy!“
 

Doch der grinste nur noch breiter.
 

„Angst, Potter? Dass dein kleines Geheimnis rauskommt?“ Meine Knöchel taten weiß hervor. „Ich frage mich, wie es wohl Lupin geht? Ob sie ihn schon geschnappt haben? Vielleicht haben sie ihn ja in den Hundezwinger-“
 

„Scheiße, Malfoy, halt‘s Maul!“ schrie ich ihn an.
 

Und auf einmal war mir egal, dass Grey höchstwahrscheinlich im Nebenzimmer war, alles hören konnte und dass er bei meinem Geschrei gleich hier reinplatzen könnte. Mir war egal, ob Malfoy mein Geheimnis weitererzählen würde, ob man mich finden und töten würde.
 

Ich wollte ihm wehtun. So richtig, wenigstens einmal in meinem Leben wollte ich ihm überlegen sein und er sollte wimmern, unter mir, dass ich aufhören sollte: Er sollte um Gnade flehen.
 

Zusammen stürzten wir zu Boden, während ich wie von der Tollwut ergriffen mit meinen Fäusten auf ihn einhämmerte, obwohl ich schon längst begriff, dass ich zu schwach war, um ihm einen ernsthaften Schaden zuzufügen. Er würde mit ein paar blauen Flecken davonkommen, aber was soll‘s? Ich musste mich einfach abreagieren.

Ich war wie im Rausch, selbst, als mich plötzlich starke Arme von hinten umfassten und mich, gleichzeitig brutal und doch sanft, von Malfoy losrissen.

Kaum stand ich jedoch wieder, wollte ich mich wieder auf ihn stürzen, doch da gab mir plötzlich jemand eine Ohrfeige.
 

„Harry!“ hörte ich Greys halb schockierte, halb wütende Stimme neben mir.

Mein Verstand klärte sich wieder. Reflexartig schaute ich leicht nach oben, um Grey ins Gesicht sehen zu können. Dieses sah mehr als nur verkrampft aus.
 

„Malfoy, Sie können gehen.“ forderte er mein vermeintliches Opfer auf und dieser verschwand unter einigen Lauten, die wohl seinen angeblichen Schmerz bekunden sollten.
 

Kaum war die Tür hinter ihm zugefallen, packte Grey mich an beiden Armen und drückte mich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Dann ließ er sich vor mir nieder, mit gesenktem Kopf. Eine Weile lang blieb er stumm.
 

„Sir?“ fragte ich verwirrt.
 

Grey hob wieder den Kopf.
 

~~~~~*~~~~~

Eigentlich war das gar nicht geplant o___O Hilfe, meine Tastatur führt ein Eigenleben! .___.

Es geht um mich

Hoi -^.^-

Nachdem im letzten Kapitel so ein fieser Cliffi war, rede ich mal nicht so viel ^^°
 

Kapitel XI : Es geht um mich
 

„Ach, Harry …“ begann er seufzend. „Ich weiß, du hast es sicher nicht leicht in deinem Zustand, aber du musst dich wirklich zusammenreißen. Wenn Mr Malfoy rausbekommt, welches Problem du wirklich hast, dann bist du … na ja … du weißt, worauf ich hinaus will.“ schloss er und senkte ein weiteres Mal betrübt den Kopf.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die ganze Situation kam mir so irreal vor, doch gleichzeitig war ich auch mehr als dankbar, dass Grey zu mir hielt und das, obwohl er mich kaum kannte.
 

„Wieso helfen Sie mir? Hat McGonagall es Ihnen befohlen?“ fragte ich deswegen neugierig und wusste noch im gleichen Moment, dass dem nicht so war.

Und tatsächlich schüttelte Grey den Kopf.
 

„Nein, Harry.“ antwortete er erschöpft. „Weißt du, im Grunde genommen versteckst du … deine Krankheit … ja ziemlich gut, aber für mich sind die Symptome nur allzu deutlich.“ Er stockte und schien sich nicht sicher zu sein, ob er weiterreden sollte.
 

Ich aber wusste, was er sagen wollte.
 

„Sie wurden vom Ministerium rausgeschmissen …“ begann ich leise.
 

Grey sah wieder auf. In seinen Augen spiegelte sich zuerst Verwirrung, dann Erkenntnis und schließlich lächelte er ein wenig.
 

„Deine Freundin, nicht wahr? - Hermine?“ fragte er.
 

Ich zog die Augenbrauen zusammen.
 

„Woher wissen Sie-“
 

„Ich habe ein wenig nachgeforscht; außerdem ist mir nicht entgangen, dass sie ein kluges Mädchen ist.“ meinte er.
 

Ich lächelte leicht melancholisch.
 

„Ja, das ist sie wirklich …“
 

Eine Weile lang herrschte wieder Schweigen zwischen uns.
 

Ich hatte Zeit zum Nachdenken und kratzte mein letztes bisschen Mut zusammen und stellte die Frage, die mich schon seit einer Stunde quälte.
 

„Sir?“
 

„Hm?“
 

„Sie … Sie sagten … es gäbe noch einen … anderen W-Werwolf … in Hogwarts. - Wer … ist es?“ fragte ich zögernd.
 

Ich konnte sehen, wie Grey mit sich kämpfte. Wie er verschiedene Argumente abwog, ob er mir die Wahrheit sagen sollte oder nicht. Schließlich sagte er:
 

„Du kennst ihn. - Er war es, der dir diese Wunde zugefügt hat.“
 

Und damit hob er seine Hand und legte sie auf meine Schulter, wo ohne meine Kleidung drei längliche Narben zu erkennen gewesen wären.
 

~~~~~*~~~~~
 

Remus. Er war hier. Nachdem ich diesen Umstand endlich begriffen hatte, war ich so schnell ich konnte aus dem Turm geflohen, ohne um Erlaubnis gebeten zu haben, dass ich schon gehen dürfte. Grey hatte mir nicht hinterher gerufen.
 

Remus! Warum ausgerechnet er? Ich war wie benebelt durch die neue Erkenntnis und rannte ziellos in der Gegend umher, durchquerte Korridore, Räume, kleinere und größere Hallen und kam schließlich vor einem auffällig bestickten Wandteppich zum Stehen, der Ballett tanzende Trolle zeigte. Der Raum der Wünsche.
 

Ich wusste nicht genau warum, doch im nächsten Moment lief ich bereits dreimal vor dem Teppich hin und her und öffnete die erscheinende Tür. Vielleicht brauchte ich auch einfach nur einen Ort, um richtig nachdenken zu können.
 

Nachdenken, ohne gestört zu werden, egal von wem, Ron, Hermine, Grey und vor allem nicht von Malfoy.
 

Im Raum bestand fast alles aus dunklem Buchenholz. Der Boden, die Wände, die Decke. Nur der Kamin, der rechts hinten stand und indem bereits ein warmes Feuer prasselte, war steinern. Vor ihm sah ich einen rot überzogenen Ohrensessel, ganz nach Gryffindorfarben.
 

Erschöpft ließ ich mich in ihn fallen, sodass das überaus weiche Polster nachgab.

Mir war es egal, dass es sehr gefährlich werden würde, wenn nicht sogar beinahe unmöglich, nicht erwischt zu werden, wenn ich später zu meinem Schlafsaal zurückkehren würde. Und das musste ich, wenn ich nicht wollte, dass Ron und Hermine halb wahnsinnig vor Sorge wurden.
 

Doch jetzt war das alles unwichtig.
 

Ich war zutiefst verwirrt. Erst sagte mir Grey, dass es noch einen Werwolf in Hogwarts gab, dann küsste mich Malfoy schon zum zweiten Mal innerhalb eines Tages und zur Krönung sagte Grey mir dann auch noch, der zweite Werwolf wäre Remus, der, der mich gebissen hatte, mich angefallen hatte. Ach ja, und verprügelt hatte ich Malfoy ja auch noch.
 

Ich seufzte und vergrub den Kopf in meinen Händen. Das kann doch alles nicht wahr sein! Ich kam mir vor wie in einem schlechten Film, denn nur dort prasselten die Ereignisse derart aneinandergequetscht auf den Hauptdarsteller ein. Im Film aber überwand dieser all seine Probleme mit den wunderlichsten Mitteln, fand die große Liebe oder irgendwas anderes, was ihm hilft. Aber im wahren Leben ist es anders., wurde mir klar, Jetzt bist du auf dich allein gestellt und niemand wird dir helfen, auch kein Wunder.
 

Ich spürte, wie meine Augen langsam zu brennen begannen und wischte mir mit dem Ärmel meines Umhangs drüber. Der Zipfel war danach nass. Da es ohnehin dank des Feuers schon recht warm im Zimmer war, zog ich den Umhang aus und schmiss ihn achtlos neben mich auf den Boden.
 

Was ist es, dass das Leben lebenswert macht? Schon damals, als Sirius durch den Vorhang im Ministerium gefallen war, hatte ich mir diese Frage gestellt. Und nun tauchte sie wieder auf und mit ihr die Bilder. Die Bilder, wie alles um mich herum kämpfte, wie Sirius lachend Bellatrix gegenüberstand. Und wie er fiel, einfach so, mit einem entsetzten, doch beinahe friedlich wirkenden Gesicht, so, als hätte er bereits gelebt, richtig gelebt. Doch das hatte er nicht, wie auch, wenn er zwölf Jahre in Azkaban saß, unschuldig, wie er war?
 

Nein, ich wollte nicht schon wieder über ihn nachdenken. Das hatte ich schon zur Genüge getan.
 

Jetzt ging es um mich.

Wo steh' ich eigentlich?

Jaja ... wundert es euch, dass schon wieder ein neues Kapitel von Follower da ist? Ich hatte einfach zu viel Überschuss an Kapiteln u___u''
 

Kapitel XII : Wo steh‘ ich eigentlich?
 

Meine Lider flatterten und langsam nahmen die verschwommenen Farben um mich herum mehr und mehr Kontraste an, bis sie sich schließlich zu einem Ganzen zusammenfügten. Müde stützte ich mich mit meinen Arm ab und stemmte mich hoch, was nicht gerade einfach war, weil meine Unterlage so weich war und dementsprechend nachgab. Außerdem schmerzte mir jeder Knochen; ich musste wohl in einer sehr unbequemen Lage geschlafen haben.
 

Ich sah mich um. Ich lag in einem Sessel in einem Raum mit einem Kamin - das war definitiv nicht mein Schlafsaal. Innerhalb einer Schrecksekunde fiel mir wieder der gestrige Tag ein. Ich musste wohl im Raum der Wünsche eingeschlafen sein.

Hastig stand ich auf und verließ das Zimmer. Ich sollte dringend im Gryffindorturm vorbeischauen; ich war mir sicher, dass Hermine und Ron bereits nach mir suchten.
 

~~~~~*~~~~~
 

Als ich das Passwort gesagt hatte und das Gemälde der Fetten Dame zur Seite schwang, wurde ich wie bereits erwartet enthusiastisch begrüßt.
 

„Harry!“ rief eine weibliche Stimme und keine zwei Sekunden später wurde ich auch schon umgeworfen. Braunes lockiges Haar kitzelte meine Wangen und brachte mich zum Niesen.
 

„Hermine, Tag auch.“ sagte ich, als ich mich endlich aufrappeln konnte.
 

Ich hatte sie gerade hochgezogen, als Ron die Treppe hinuntergepoltert kam, so laut, dass trotz der frühen Stunde spätestens jetzt ganz Gryffindor wach sein musste.
 

„Wo warst du?“ fragte er mich. Aus seiner Stimme konnte ich sowohl Erleichterung als auch einen gewissen Anhauch von Misstrauen hören.
 

Diese Tatsache machte mich traurig. Mir war bereits klar geworden, dass meine Krankheit nicht spurlos an meinen Freunden vorbeigegangen war. Ich glaubte nicht, dass sie mich inzwischen nur noch als Harry James Potter, ihren Freund, sahen. Sie sahen auch es in mir, den Werwolf.
 

„Harry?“ Ich spürte den sanften Druck von Hermines Hand auf meinem Arm. „Alles in Ordnung?“ fragte sie mich.
 

Ob alles in Ordnung ist? Ich bin ein gottverdammter Werwolf und hab was weiß ich noch für verfluchte Probleme! Trotzdem nickte ich. Hermine wandte sich ab, sah aber nicht sonderlich überzeugt aus. Weibliche Intuition eben.
 

„Was haben wir jetzt?“ fragte ich, um mich vom Thema abzulenken.
 

„Zauberkunst.“ meinte Hermine, die den Stundenplan sowieso auswendig kannte.
 

„Ach ja. - Verteidigung gegen die dunklen Künste und Zauberkunst wurden ja zusammengelegt, oder?“ fragte Ron nach.
 

Da in Zauberkunst im siebten und letzten Jahr fast nur Sprüche gelehrt wurden, die den sprechenden Zauberer oder die Hexe beschützen sollten, war diese Maßnahme vor etwa zwanzig Jahren ergriffen worden. Dies hieß zu meinem Leidwesen aber nicht, dass wir weniger Unterrichtsstunden hatten. Statt den üblichen drei Schulstunden waren sechs davon in der Woche angesagt, zwei davon wurden üblicherweise in eine Doppelstunde gelegt.
 

Und die hatten wir jetzt.
 

~~~~~*~~~~~
 

Einer nach dem anderen gingen wir durch die Tür und ließen uns auf unsere Stühle fallen. Ich saß zusammen mit Hermine, Ron und Neville ganz vorne hinter einer großen Schulbank - Hermine hatte typischerweise darauf bestanden.
 

„Was will Flitwick wohl heute durchnehmen?“ fragte ich sie leise.

Hermine rollte die Augen.
 

„Passt du eigentlich nie auf? Er hat‘s doch letzte Stunde gesagt!“

Betrübt schaute ich sie an.
 

„Hermine.“ wisperte ich ihr zu. „Ich war doch letzte Stunde gar nicht da!“
 

Sie zuckte kaum merklich zusammen und lächelte schuldbewusst. Sie öffnete den Mund und wollte gerade etwas sagen, da klopfte es auf einmal auf das Pult. Wir sahen auf.
 

Flitwick hatte sich wie üblich auf einen Stapel Bücher hinter seinen Tisch gestellt und schaute in die Runde, abwartend, bis alles leise war.
 

Hermine schwieg bedrückt.
 

„Guten Morgen allerseits!“ grüßte er uns mit dem gewohnten Enthusiasmus und wir grüßten zurück.
 

„Wir haben ja bereits in der letzten Stunde am Mittwoch besprochen, dass wir uns heute diesen Film ansehen werden. - Wer kann mir noch mal sagen, welches Thema er behandelt?“ Sofort schoss Hermines Arm in die Höhe. „Ja, Mrs Granger?“
 

„Er handelt von-“ Sie stockte.
 

Flitwick zog fragend seine linke Augenbraue hoch.
 

„Ja, Mrs Granger?“
 

„Er … Er handelt v-von … schwarzmagischen Wesen …“ antwortete sie und sah auf einmal ganz und gar nicht mehr glücklich aus, dass sie die Frage beantworten durfte.
 

Ich starrte scheinbar teilnahmslos in die Gegend und versuchte, nicht weiter auf ihre Worte zu achten.
 

„Die da wären?“ hakte Flitwick nach.
 

Hermine schluckte.
 

„Vampire … ähm … Banshees, also Todesfeen … ähm … Ja … so was eben.“
 

Flitwick verschränkte die Arme.
 

„Was, ist das alles?“ fragte er sie überrascht.
 

Und sie nickte. Flitwick wandte sich von ihr ab.
 

„Wer kann mir noch ein schwarzmagisches Wesen nennen?“ fragte er in die Runde.
 

Wie in Trance nahm ich wahr, wie sich Malfoys Arm langsam hob und er seinen Zeigefinger in die Höhe streckte. Es kam, wie es kommen musste.
 

„Mr Malfoy?“ nahm er ihn dran.
 

„Werwölfe.“ Ich spürte, wie er sich das Wort langsam auf der Zunge zergehen ließ. Ich sah sein verteufeltes Grinsen, als er sich, scheinbar unauffällig, nachdem Flitwick sich wieder umgedreht hatte, um den Film zum Laufen zu bringen, zu mir herüberdrehte und mich ansah, so, als wüsste er ganz genau, was er mir damit antat.
 

Ich wandte den Blick ab, konnte den seinen aber noch zu genau auf meinem Rücken brennen spüren.
 

Warum musste er unbedingt Werwölfe sagen? Gut, es war offensichtlich. Besonders, nachdem wir im dritten Schuljahr einen als Lehrer gehabt hatten. Ich seufzte innerlich, als ich mir damit Remus ins Gedächtnis rief. Irgendwo hier im Schloss befand er sich. Wo er sich wohl immer verwandelt?, fragte ich mich, wusste jedoch keine Antwort darauf. Ob er beim letzten Vollmond auch schon hier war? Ich nahm mir vor, Grey deswegen zu fragen. Und ihn gleichzeitig dazu aufzufordern, mich zu Remus zu bringen. Ich wollte ihn sehen.
 

Gleichzeitig fragte ich mich warum. Warum will ich ihm gegenübertreten? Hab ich noch nicht genug?
 

Klar, ich hatte Angst vor ihm. Obwohl mir bewusst war, dass er es nicht mit Absicht getan hatte. Dass es ihm leid tat, genauso sehr wie es auch mir Leid tat. Wir litten beide darunter.
 

Doch ich war bereit dafür, den ersten Schritt zu tun und mit ihm zu reden. Immerhin hatten wir etwas wie eine Freundschaft gehabt. Und eine Freundschaft war für mich etwas sehr Wichtiges, etwas, was ich nicht so einfach hergeben wollte.
 

Vielleicht könnten wir uns in Zukunft ja auch zusammen verwandeln?, dachte ich hoffnungsvoll, glaubte aber irgendwie nicht daran. Es wäre einfach zu schön gewesen.
 

Merlin, jetzt träume ich schon von einer gemeinsamen Vollmondnacht! Nein, wie romantisch, wenn wir uns gemeinsam unter Schmerzen winden und anschließend den Mond anheulen …
 

„So!“ rief unser Professor in die Klasse und unterbrach damit meine dunklen Gedankengänge. „Ruhe bitte, und machen Sie sich Notizen! - Ich will nächsten Montag drei Rollen Pergament zu den dunklen Wesen sehen.“
 

Sofort kam Murren auf, das sich jedoch schnell legte, als der magisch verzauberte Videorekorder eine düstere Musik von sich gab, das Zeichen, dass der Film bereits begonnen hatte.
 

~~~~~*~~~~~

Wundert euch bitte nicht, warum sich Zauberer einen Film ansehen ^^° War so ein spontaner Einfall.

Der Film

Terve an alle da draußen ^^

Beor es mit dem Kapitel losgeht, habe ich noch eine kleine Ankündigung zu machen: Und zwar bin ich demnächst in Urlaub und komme erst am 21. Juli zrück, sodass ich erst tags darauf wieder hochladen kann (wenn ich mich nicht irre, also eine Woche später). Ich hoffe, ihr könnt euch so lange gedulden ^.~
 

Kapitel XIII : Der Film
 

Die Klasse starrte wie gebannt auf die Leinwand, auf der sich der Film abspielte. Kein Wunder!, dachte ich mir im Stillen. Brutal genug ist er ja.
 

Tatsächlich wurden für meinen Geschmack etwas zu viele solcher Ausschnitte gezeigt, sodass ich beinahe das Gefühl bekam, der Film würde sich an den Schmerzen der dargestellten Personen laben. Gleichzeitig fragte ich mich, ob die Situationen echt waren oder nur gestellt.
 

Doch niemand konnte so etwas so überzeugend schauspielern, dessen war ich mir schon einen Moment später sicher.
 

Vor allem aber handelte der Film von den verschiedensten Verteidigungsmethoden den ‚dunklen Wesen‘ gegenüber, wobei keine einzige wirklich milde war. Von Muggeln erfundene Mittel wurden als nichtig abgestempelt. Mit Schrecken musste ich zusehen, wie Vampire, Todesfeen und Dementoren en masse getötet oder ‚beseitigt‘ wurden, wie man es umschrieb.
 

Und dann kam die Rasse dran, von deren Erwähnung ich mich die ganze Zeit über gefürchtet hatte, dennoch des Gedankens bewusst, dass sie unweigerlich kommen würde.
 

Werwölfe.
 

Oh nein …, dachte ich nur noch, als schon die erste Szene eingeblendet wurde.
 

Man zeigte die Narbe eines Mannes, der vor kurzem von einem Werwolf gebissen worden war. Sie war noch blutunterlaufen und schimmerte bläulich, etwas, was meine Klasse vor Entsetzen aufkeuchen ließ, sodass ich fast schmunzeln musste. Wenn sie wüssten, dass meine Schulter auch so ausgesehen hat! Immerhin war bei mir nur noch ein schmaler weißer Streifen zu sehen, der sich über meine Schulter bis einige Zentimeter meinen Rücken hinunter zog.
 

Die nächste Szene zeigte den Vollmond. Dann wurde die Kamera runter gezogen, sodass man eine schwarze Silhouette im hellen Mondlicht erkennen konnte. Die Kamera zoomte an sie heran. Schmerzenslaute waren zu hören und ehe meine Klasse wusste, worum es sich handelte, war mir bereits klar, was es war.
 

Ruckartig stand ich auf. Ich bemerkte kaum, wie sich alle Blicke zu mir umwandten, als ich hinausrannte.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Harry?“ fragte eine leise Stimme von der Tür her.
 

Ich gab keine Antwort, hörte aber, wie sich Hermine meinem Bett, auf dem ich lag, näherte. Einen Augenblick später merkte ich, wie sich die Matratze unter ihrer Last senkte und spürte etwas Warmes auf meiner Schulter. Ich sah auf, mein Gesicht von Tränen nass und verschmiert. Ihre Hand lag auf meiner alten Wunde, leicht, so leicht, dass ich noch nicht einmal einen Druck ihrerseits fühlen konnte.
 

„Warum?“ flüsterte ich leise in die Stille zwischen uns.
 

Hermine blieb stumm und sah traurig zu Boden. Langsam strich sie mir über meine Schulter, tröstend, doch es half nicht. Der Schmerz war da und ich drückte meinen Kopf wieder in mein Kissen.
 

„Harry …“ hörte ich da auf einmal wieder ihre Stimme.
 

Wieder antwortete ich nicht, gab ihr jedoch mit einem unmissverständlichen Geräusch zu verstehen, dass sie weiter sprechen konnte.
 

„Harry … sag mir … was bedrückt dich?“ fragte sie leise, das sanfte Streicheln nicht unterlassend. „Ich weiß, du … hast es schwer … aber … aber ich glaube, da … ist noch etwas … etwas Anderes - oder?“ fragte sie mich zögernd, so, als hätte sie Angst vor einer Antwort.
 

Meine Finger krallten sich in das Kissen. Ich atmete heftig ein, dann noch einmal aus und wieder ein, ehe ich meinen Kopf soweit aus dem Kissen erhob, dass ich sie ansehen konnte.
 

„Malfoy.“ sagte ich bloß, dann ließ ich mich wieder fallen.
 

Ich sah nicht, wie Hermine die Stirn runzelte, war mir aber dennoch bewusst, dass sie meine Antwort nicht wirklich verstanden hatte. Wie soll sie es auch verstehen?
 

„Was ist mit Malfoy?“ Die Frage kam knapp, aber mit einem gewissen Unterton in der Stimme, der mir sagte, dass sie nicht locker lassen würde, ehe ich es ihr nicht erklärte.
 

Unverständlich nuschelte ich etwas in mein Kissen, dann sah ich auf und stützte mich auf meine Arme, den Blick gesenkt.
 

„Malfoy …“ Ich seufzte. „Er … Er hat es mitbekommen … das in der Toilette … er … er erpresst mich.“ gestand ich ihr.
 

Ich hörte, wie Hermines Atmen für einen kurzen Moment schneller ging, als sie das Ausmaß dieses Umstandes begriff. Ihre Hand war längst zur Ruhe gekommen. Auch bekam ich mit, wie sie sich zusammenriss und trotz des Schockes versuchte, einen Satz zu formulieren.
 

„Was“, fing sie an, „was tut er?“ fragte sie mich.
 

Ich biss mir auf die Lippe. Das wollte ich ihr nun wirklich nicht sagen.
 

Als ich weiterhin schwieg, schien sie dies auch zu begreifen und ließ mich in Ruhe, jedenfalls was diese Frage anging. Sie drückte mir noch einmal die Schulter und stand auf.
 

„Du solltest mit Grey sprechen.“ war ihr einziger Vorschlag, dann verließ sie, leise wie sie gekommen war, das Zimmer.
 

Jetzt war es also raus. Ron würde auch davon erfahren, keine Frage, doch irgendwie kam ich mir jetzt nicht ruhiger vor. Müsste ich mich nicht besser fühlen? Immerhin hatte ich mich schon fast bei Hermine ausgeheult, doch der Druck in meiner Brust blieb. Und was würde erst meine Klasse sagen? Würde sie Schlüsse aus meiner hektischen Flucht ziehen? Allerdings war die Verwandlung in einen Werwolf nun wirklich nicht leicht mit anzusehen.
 

Abgesehen davon, dass ich sie am eigenen Leibe zu spüren bekommen hatte, hatte ich bereits vor vier Jahren gesehen, wie Remus sich verwandelt hatte. Damals hatte ich noch wochenlang Alpträume gehabt.
 

Doch dies war schon so lange her und ich war mir sicher, dass sowohl Hermine als auch Ron diesen Anblick soweit verdrängt hatten, dass es ihnen nicht mehr als klares Bild vor Augen stand. Doch jetzt, wo wir diesen Film gesehen hatten, war es wieder in die Gegenwart gerückt, war es wieder präsent - und das für meine ganze Klasse!
 

Ich sollte wieder in den Unterricht …, dachte ich mir. Selbst Hermine schien einige Minuten ihrer Unterrichtszeit für mich geopfert zu haben. Vielleicht hatte Flitwick sie aber auch einfach nur hinter mir her geschickt. Ich wusste es nicht. Jetzt sollte ich mich aber beeilen, wenn ich noch meine Schultasche aus Zauberkunst abholen wollte, um rechtzeitig zu Verwandlung zu erscheinen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Als würde es zu meinem Schicksal gehören, kam ich dennoch zu spät. Das lag zu einem Teil daran, dass Flitwick noch mit mir hatte reden wollen und ich einige Augenblicke zuviel gebraucht hatte, um ihn abzuwimmeln, sodass sich mal wieder eine der Treppen, über die ich eigentlich zu meinem Klassenzimmer gelangen wollte, verschob. Und zum anderen lag es daran, dass Werwölfe einfach keine gute Kondition zu haben schienen.
 

McGonagall zog mir zu meinem Erstaunen und auch dem meiner Klasse keine Punkte ab, sondern registrierte meine Ankunft nur mit einem besorgten Blick und einem kurzen Nicken in meine Richtung, ehe sie mit dem Unterricht fortfuhr, als sei nichts geschehen.
 

~~~~~*~~~~~

Bis bald! -^.^-

Abweisung

So, da bin ich wieder, wunderbar verbrannt aus dem Urlaub -^.^-

Es kommt zwar nicht allzu viel in diesem Kapitel vor - ist also eher eine Art Übergangskapitel - aber natürlich auch wichtig =3

Viel Spaß! <3
 

Kapitel XIV : Abweisung
 

Ich war Hermines Ratschlag gefolgt und befand mich nun auf dem Weg zu Greys Turm. Mir war ein wenig mulmig zumute, das hatte ich Hermine und Ron, der inzwischen, wie ich befürchtet hatte, auch von der Angelegenheit wusste, bereits erklärt.
 

Doch sie dachten, dass ich mich meinem Lehrer anvertrauen würde. Das würde ich keineswegs tun. Vielmehr hatte ich vor, ein etwas engeres Verhältnis zwischen ihm und mir aufzubauen, in etwa so, wie ich damals mit Remus eines hatte. Ich bezweckte damit zweierlei Dinge: Erstens wollte ich einfach jemanden zum Reden haben, der mich auch verstand und nicht nur erfolglos versuchte mich zu trösten, so wie es Hermine getan hatte. Und zweitens wollte ich ihn dazu überreden, dass er mir verriet, wo sich Remus aufhielt, denn es war offensichtlich, dass er Kontakt zu ihm hatte.
 

Nachdem ich endlich mit Seitenstichen an der obersten Treppenstufe angelangt war, wollte ich bereits klopfen, hielt dann jedoch inne. Wie soll ich ihm mein Auftauchen erklären?, fragte ich mich plötzlich. Ich konnte schließlich schlecht sagen, ich sei nur für ein Plauderstündchen zu ihm gekommen. Er musste wissen, wie schwer es mir fiel, all die Stufen bis zu ihm zu erklimmen.
 

Oder die Wahrheit sagen? Nun ja, die Angelegenheit mit Remus konnte er sich ja denken, da konnte ich es auch gleich aussprechen.
 

Ich beschloss ihn zu fragen, wo Remus steckte und klopfte nun endlich an.
 

Es dauerte eine Weile, da wurde die Tür geöffnet und Grey blickte mich überrascht an.
 

„Harry, was machst du denn hier?“ fragte er mich und trat gleichzeitig einen Schritt zur Seite, um mich einzulassen.
 

Ich folgte seiner Geste.
 

In seinem Büro angekommen, schloss er mit einem leisen Klacken die Tür hinter sich, als befürchtete er, dass jemand lauschen könnte und sah mich mit seinen schwarzen Augen an. Seinem Blick konnte ich nicht lange standhalten, also zog ich es vor, den meinen auf seinem Schreibtisch weilen zu lassen. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie er die Arme vor seinem Körper verschränkte und sich an der Tür anlehnte.
 

„Was führt dich zu mir?“ hakte er nach.
 

Nervös scharrte ich mit den Füßen, hörte jedoch, als ich mir dessen bewusst wurde, sofort damit auf und sah meinem Lehrer wieder in die Augen.
 

„Es ist wegen Re- ich meine Professor Lupin.“ begann ich und wollte bereits fortfahren, als Grey mich beinahe rüde unterbrach.
 

„Ich weiß, worauf du hinaus willst.“ behauptete er und lächelte traurig. „Du willst wissen, wo er ist. - Tut mir Leid, aber das kann ich dir beim besten Willen nicht sagen.“ wies er mich ab.
 

Mein Blick festigte sich, als ich weiterbohrte.
 

„Wieso? Sie müssen doch wissen, wo-“
 

„Ja, ich weiß auch wo er ist, aber ich darf es dir nicht sagen, Harry, versteh das doch!“ Grey war gegen Ende etwas lauter geworden, etwas, was ich noch nie bei ihm erlebt hatte. Ich wusste, dass es besser war, nicht mehr zu fragen. Dennoch ignorierte ich mein Bauchgefühl.
 

„Bitte, Professor Grey, ich-“ startete ich einen neuen Versuch, wurde aber wieder einmal unterbrochen.
 

„Nein, Harry, und das ist mein letztes Wort.“ Seine Stimme hatte plötzlich sowohl einen strengen als auch müden Unterton angenommen. Er zog seinen Stuhl unter seinem Schreibtisch hervor und setzte sich darauf. Von unten her sah er mich an. „Harry, ich kann verstehen, wenn du ihn sehen und mit ihm reden willst … aber … weißt du, er ist wirklich noch nicht … so ganz auf der Höhe.“ umschrieb er es vorsichtig.
 

Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen.
 

„Nicht so ganz auf der Höhe? - Wie meinen Sie das, Sir?“
 

Grey seufzte und schien sich nicht sicher zu sein, wie er mir seine Gedanken mitteilen wollte. Seine langfingrigen Hände verschränkten sich ineinander, und schließlich sah er auf, als er mir antwortete. Seine Augen waren schwarz, so wie ich sie das erste Mal gesehen hatte.
 

„Er macht sich Vorwürfe.“ sagte er und ich schwieg, denn ich merkte, dass er noch nicht zu Ende gesprochen hatte. „Klar, er hat dich gebissen. - Aber du, Harry, hättest auch vorsichtiger sein müssen … Hast du den Vollmond denn nicht gesehen?“ Ich wollte etwas sagen, doch er redete bereits weiter. „Ich will dir nicht die Schuld geben. Ihm auch nicht, aber ihr habt beide zu …eurem Dilemma beigetragen.“ Er seufzte und fuhr sich durch die Haare. „Mit Sicherheit ist es jetzt noch zu früh, euch wieder zusammenzuführen.“ meinte er. Ich kam mir dabei wie ein Tier vor, dass man noch nicht zu seinen Artgenossen lassen durfte.
 

Resigniert ließ ich den Kopf hängen.
 

Eine Weile lang war nur das laute Ticken der Wanduhr zu hören. Sie raubte mir den letzten Nerv, den ich noch übrig hatte. Ich spürte mehr, als dass ich steuerte, dass sich meine Hände einen Moment lang zusammenballten und schließlich wieder locker wurden.
 

„Bitte, Sir.“ bat ich ihn noch einmal mit leiser Stimme. Dennoch war ich mir bewusst, dass ich nicht die geringste Chance hatte.
 

~~~~~*~~~~~
 

Wochen vergingen. Immer wieder ging ich zu Grey, merkte jedoch bald, dass es noch in den Sternen stand, wann und ob er mir überhaupt Remus‘ Aufenthaltsort preisgeben würde.
 

Stattdessen redeten wir über alles Mögliche und Unmögliche: Über meine Lykanthropie, über meine Noten, über meinen Alltag - kurzum: Wir redeten über mich. Nie verlor er ein einziges Wort über seine Welt, seine Probleme. Und ich war mir sicher, er hatte welche. Warum vertraut er sie mir nicht an?, fragte ich mich so oft in dieser Zeit. Vertraut er mir nicht? Doch ich glaubte nicht, dass dem so war.
 

Tatsächlich war ich der Überzeugung, dass ich der Mensch war, mit dem er sich die meiste Zeit abgab. Zwar fehlte er nie beim Essen, wie Snape es seinerzeit zu tun pflegte und nahm auch an allen Veranstaltungen und den Besuchen in Hogsmeade teil, doch tat er das alles immer allein. Er unterhielt sich nur mit seinen Kollegen, wenn es dringend notwendig war.
 

Woher ich das wusste?
 

Ich beobachtete ihn. Ich folgte ihm auf Schritt und Tritt; nur wenn er sich allzu abgelegenen Orte näherte, machte ich kehrt, denn ich wollte vermeiden, dass Malfoy mich irgendwo allein erwischte und dann wieder irgendetwas mit mir anstellte.
 

Auf diese Art und Weise kamen Malfoy und ich uns nie in die Quere, doch ich fürchtete mich vor dem Tag, an dem ich ihm doch einmal schutzlos ausgeliefert sein würde. Und ich wusste, dass es für ihn die perfekte Gelegenheit gab: Vollmond. Ich ging immer allein zu meinem Kerker und wenn Malfoy gerissen genug war, würde er diese Chance nutzen.

Verzeihen

Und schon ist das nächste Kapitel im Anmarsch. Ihr habt schon bemerkt, dass ich jetzt jede Woche hochlade? ^^

Danke übrigens für die lieben Kommis (diesmal waren es mehr als sonst OO)!
 

Kapitel XV : Verzeihen
 

Es war Donnerstag und ich begab mich zusammen mit Ron und Hermine zum Mittagessen. Ich hatte schlecht geschlafen und war auch ansonsten alles andere als fit. Seit meiner letzten Verwandlung war ein Monat vergangen. Ich fürchtete mich vor der Nacht, in der der Mond ein weiteres Mal in seiner vollen Größe am Firmament zu sehen sein würde.
 

Gemeinsam setzten wir uns an den Tisch; lustlos schaufelte ich mir ein wenig Kartoffelpüree auf den Teller und fing an, ihn mit meiner Gabel zu zermatschen, obwohl das keinen Sinn hatte, da Kartoffelpüree von Natur aus matschig war.
 

Ich seufzte leise, weil ich nicht wollte, dass meine Freunde etwas davon mitbekamen. Hermine bemerkte es trotzdem.
 

„Harry?“ Sie stupste mich leicht von der Seite her an.
 

Ich antwortete ihr nicht. Das war auch nicht nötig; sie wusste, dass heute Vollmond war und sah mich nur mit einem als Aufmunterung gedachten Blick an. Obwohl ich mich deswegen nicht besser fühlte, lächelte ich sie tapfer an und begann meinen Püree zu essen.
 

Währenddessen dachte ich darüber nach, auf welche Weise ich Grey noch dazu bringen könnte, mir zu sagen, wo sich Remus befand. Es muss doch eine Möglichkeit geben!
 

Klirrend klapperte meine Gabel auf den Teller, rutschte dort ab und fiel auf den Boden, unbeachtet von mir.
 

Ich Idiot! Wieso bin ich nicht schon früher darauf gekommen?
 

Mit einem Tempo, das ich mir in meinem Stadium selbst nicht zugetraut hatte, verließ ich die Große Halle und rannte keuchend zu meinem Schlafsaal. Dort angekommen wühlte ich meinem Koffer, bis ich schließlich fand, was ich suchte: Die Karte des Rumtreibers.
 

Mit zittriger Stimme sprach ich die Formel und entfaltete sie rasch. Schwarze Linien breiteten sich vom Zentrum bis zu den Rändern aus. Ich konnte Räume erkennen. Und das Wichtigste: Kleine, sich bewegende Punkte, jeder einzelne mit einem eleganten Namensschriftzug versehen.
 

Meine Augen flogen suchend über das alte Pergament.
 

Es dauerte eine Weile, dann hatte ich ihn gefunden.
 

Ich schlug mir mit der flachen Hand auf die Stirn. Ich bin wirklich ein Idiot …
 

Der Punkt namens Remus befand sich in Greys Turm.
 

~~~~~*~~~~~
 

Vollkommen erschöpft kam ich oben an.
 

Ohne anzuklopfen öffnete ich die Tür leise und trat in das Klassenzimmer ein. Laut der Karte, die ich immer noch offen in den Händen hielt, musste sich Remus in einem Raum schräg links von mir befinden. Ich schaute in die entsprechende Richtung und erblickte nur die Tür, hinter der, wie ich wusste, Greys Büro war. Was soll ich tun? Mir war klar, dass Grey sich in seinem Büro befinden könnte. Um zu Remus zu gelangen, musste ich hindurch, denn der Punkt auf der Karte befand sich im Zimmer dahinter.
 

Mit einem Blick auf die Karte vergewisserte ich mich, dass sich niemand in Greys Büro befand und öffnete die Tür.
 

Wie zu erwarten war das Büro leer.
 

Erleichtert atmete ich aus und ging bereits mutiger geworden zu der geschlossenen Tür, die in der gegenüberliegenden Wand eingelassen war. Ohne zu zögern drückte ich abermals die Klinke hinunter.
 

Die Tür war verschlossen.
 

Mein Ehrgeiz war jedoch schon längst geweckt worden, also zog ich meinen Zauberstab.
 

„Alohomora!“ flüsterte ich und tatsächlich: Die Tür glitt auf.
 

Nun doch etwas unsicher in meinem Vorhaben geworden, lugte ich erst um den Türrahmen. Das gibt es doch nicht! Auch dieses Zimmer war leer.
 

Verwirrt schaute ich auf die Karte, doch laut ihr musste sich Remus in unmittelbarer Nähe von mir aufhalten. Er versteckt sich …
 

„Remus?“ fragte ich halblaut in den Raum hinein. Als niemand antwortete, wiederholte ich seinen Namen. „Remus! Komm heraus, ich weiß, dass du hier bist!“
 

Ein Geräusch, rechts von mir, wo sich ein kleiner Holzschrank befand. Ich trat dorthin und öffnete die Schranktür.
 

Natürlich hatte ich gewusst, wer mich da erwartete. Trotzdem spürte ich, wie sich meine Brust schmerzhaft zusammenzog, als ich Remus nach so vielen Wochen endlich wieder sah.
 

Er machte einen mehr als nur mitgenommenen Eindruck auf mich. Seine Augen sahen mich sowohl müde als auch traurig an. Auch Angst war in ihnen zu erkennen.
 

„Remus …“ wiederholte ich leise.
 

Remus schluckte, als er mir endlich antwortete.
 

„Harry …“ Seine Stimme war rau, außerdem wehte mir ein schwacher Geruch von einer für mich schier unbegreiflichen Mischung aus alkoholischen Getränken entgegen.
 

Entgegen meiner Ängste, einfach nur, um die Kluft zwischen uns zu überbrücken, warf ich mich in seine Arme, sodass er hätte zurückstolpern müssen, wenn da nicht die Schrankwand im Weg gestanden hätte.
 

„Ich hab dich vermisst.“ Eine reine Aussage, die ich ihm offenbarte. Ich war mir nicht sicher, ob es stimmte, doch sagte ich es, weil ich nicht wollte, dass er sich Vorwürfe machte und weil ich mir Greys Worte zu Herzen genommen hatte.
 

‚Ihr habt beide zu eurem Dilemma beigetragen.‘ Er hatte Recht. Wir waren beide unvorsichtig gewesen; Remus, weil er sich nicht umgeschaut hatte, und ich, weil ich nicht beachtet hatte, dass Vollmond war.
 

Ich hörte, wie Remus zittrig nach Atem rang.
 

„Es … es tut mir Leid …“ vernahm ich seine Stimme. „Bitte ver-verzeih mir …“
 

Meine Hände krallten sich in sein Hemd. Ich wusste, dass es Einbildung war, doch ich meinte fast, die Wunde auf meiner Schulter heiß brennen zu spüren.
 

„Da gibt es nichts zu verzeihen.“ meinte ich bestimmt und wunderte mich gleichzeitig über die Entschlossenheit, mit der ich diese Worte aussprach.

In diesem Augenblick spiegelten sich so viele Ausdrücke in Remus‘ Gesicht; Unsicherheit, Freude, Trauer und sogar ein Hauch von Glück.
 

Er drückte mich an sich. Eine ganze Weile, ich wusste nicht wie lange, standen wir so da, noch halb im Schrank, und hielten uns fest.
 

Ich merkte erst nach einiger Zeit, dass ich weinte, doch seltsamerweise machte es mir nicht das Geringste aus.
 

Schließlich ließ er mich los. Sein Hemd war nass von meinen Tränen.
 

Er sah mich an.
 

„Danke.“
 

~~~~~*~~~~~

Hui, Kitsch xD

Keine Möglichkeit

Hiho! xD

Hier (mal wieder) eines meiner Lieblingskapitel, weil Draco wieder so wunderbar fies ist *lol*
 

Kapitel XVI : Keine Möglichkeit
 

Nach dem Gespräch mit Remus fühlte ich mich so gut wie schon lange nicht mehr. Ich nahm mir vor, ihn von nun an öfters zu besuchen. Zwar musste ich dafür immer durch Greys Büro, doch ich war mir sicher, dass er mir das erlauben würde, jetzt, wo ich Remus endlich gefunden hatte.
 

Ich hatte gerade den Turm hinter mir gelassen, da hörte ich, wie mein Name gerufen wurde.
 

„Potter!“ Oh nein, nicht der! Nicht jetzt!
 

Es war Malfoy, der sich von der Wand hinter mir abstieß und arrogant auf mich zuging, wie ich sehen konnte, als ich mich umdrehte.
 

„Was willst du, Malfoy?“ fragte ich ihn beinahe angriffslustig, gestärkt durch Remus‘ Umarmung.
 

„Hast du schon unsere Abmachung vergessen?“ Er grinste überlegen.
 

Ich biss mir auf die Lippe. Mir war klar, dass ich, wenn es hart auf hart kam, keine Chance gegen ihn hatte und mich wohl oder übel fügen musste.
 

„Ich hab jetzt keine Zeit.“ versuchte ich es dennoch und drehte mich um.
 

Ich war keine zwei Schritte gegangen, als Malfoy mich am Arm packte, herumriss und gegen die steinerne Wand schmetterte.
 

„Verdammt, Potter, hast du den Ernst deiner Lage noch nicht begriffen?“ schrie er mich an und ich wunderte mich darüber, da es doch helllichter Tag war und jederzeit jemand vorbeikommen konnte. Dies war auch der Grund, warum ich mich eines Kommentars enthielt. Mir fiel ohnehin kein sinnvoller ein. Geduldig wartete ich, bis er weiter sprach. „Du weißt, dass ich dich in der Hand habe! - Überhaupt, wie kommst du dazu, mich schlagen zu wollen?“ Sein Gesicht verfinsterte sich, dann zog er sein Hemd aus der Hose, hob es ein wenig an und zeigte mir seinen Bauch. Dieser war zu meiner Verwunderung mit zahlreichen blauen Flecken übersäht. Vor Genugtuung konnte ich es mir nicht verkneifen, ein ganz klein wenig zu lächeln. „Grins nicht so, Narbengesicht!“ An seiner zunehmend wütender klingenden Tonlage erkannte ich, dass es jetzt besser war, nichts mehr zu sagen.
 

Stumm sah ich ihn an, abwartend.
 

„Hör zu, Potter.“ sagte er und beugte sich soweit zu mir vor, dass ich seinen Atmen an meinem Ohr spüren konnte. „Es gibt da eine Sache, die du wissen solltest: Du gehörst nicht mehr dir.“ Er holte Luft. Fast schon konnte ich sein Grinsen spüren, als er mit Genuss die folgenden Worte aussprach. „Du bist mein.“
 

Dann drehte er sich um und ging mit flatternden Hemd davon.
 

~~~~~*~~~~~
 

Nur mit Mühe brachte ich die nächsten beiden Stunden rum. Immerzu musste ich an Malfoys Worte denken. Wieso tut er mir das an?, fragte ich mich zum zigsten Male. Ich hätte es verstanden, wenn er mich verraten hätte. Aber so? Dass er mich langsam zermürbte, mir weiter und weiter auch noch den letzten Teil meiner Würde nahm - und überhaupt, warum küsste er mich? Wenn ich ein Mädchen wäre, okay, aber er konnte doch nicht als Junge einen Jungen küssen!
 

War Malfoy schwul?
 

Vielleicht, doch der Gedanke passte irgendwie nicht.
 

Der Klang einer Schulglocke kündigte das Ende der Stunde und damit auch meines Schultages an. Ich schwang mir meine Tasche auf den Rücken und verließ ohne ein Wort zu sagen den Raum.
 

Während ich mich absichtlich langsam auf den Weg zu Greys Turm machte, hing ich weiterhin meinen Gedanken nach. Wie hat es nur so weit kommen können? Letztes Jahr war noch alles - okay, fast alles - in Ordnung gewesen. Und jetzt war so viel schief gelaufen.
 

Das Schlimmste war, ich war auch noch selbst schuld, jedenfalls zum Teil. Mit Mühe versuchte ich, mich an diese eine verhängnisvolle Nacht zu erinnern, doch es gelang mir nicht wirklich. Alles was ich sah, war dieser helle Vollmond. Dieser und der wilde Blick, den Remus‘ Augen hatten, als er sich vor meinen Augen verwandelte.
 

Mein Fuß trat gegen etwas Hartes und ich blickte endlich auf. Schleppend ging ich die Treppe hoch und kam schließlich erschöpft in Greys Klassenraum an, durchquerte ihn und klopfte an die Bürotür.
 

„Herein.“ hörte ich dessen Stimme und öffnete die Tür.
 

Grey schien an irgendwelchen Aufsätzen gearbeitet zu haben, jedenfalls saß er an seinem Schreibtisch und verschwand beinahe unter den zahlreichen Papierstapeln, Büchern und diversen Phiolen.
 

„Ah, Harry, ich hab dich bereits erwartet.“ meinte er und lächelte leicht. Er wühlte sich durch das Durcheinander auf seinem Tisch und holte schließlich ein kleines, mit einem Korken verschlossenes Glas hervor, in dem sich eine klare Flüssigkeit befand. „Hier, trink!“ forderte er mich auf und ich nahm das Glas entgegen und entkorkte es.
 

Augenblicklich schlug mir ein mehr als nur unangenehmer Geruch entgegen. Seit ich gesehen hatte, wie Remus damals im dritten Schuljahr den Trank eingenommen hatte, wusste ich, dass er wirklich ekelhaft sein musste.
 

Angewidert schaute ich auf die die dickflüssige Substanz, die leicht hin und her schwappte, als ich das Glas schließlich hochhob und zögernd begann zu trinken.
 

Sofort spuckte ich alles wieder aus.
 

So etwas hatte ich noch nie in meinem ganzen Leben getrunken. Es war eine unbeschreibliche Mischung aus faulen Eiern und irgendetwas Verwesendem, das mich aus seltsame Art und Weise an den toten Basilisken aus meinem zweiten Schuljahr erinnerte.
 

„Gut, dass ich einen ganzen Kessel davon habe.“ hörte ich seine trockene Stimme.
 

Ich blickte auf.
 

Grey saß ungerührt da, sah allerdings nicht wirklich so trocken aus wie seine Stimme sich anhörte.
 

Augenblicklich schlug ich mir die Hand vor den Mund und errötete.
 

„Oh - Ich - Das … Sorry!“ stotterte ich.
 

Grey lächelte verschmitzt.
 

„Halb so wild.“ meinte er und beschwor sich ein Handtuch herauf, mit dem er erst sich abtupfte, dann auch seinen Schreibtisch, der ebenfalls einen kleinen - wenn auch im Verhältnis zu meinem Lehrer geringen - Teil abbekommen hatte, um das Gröbste zu entfernen.
 

Ein Klacken ließ mich leicht zusammenfahren.
 

Doch es war nur Remus, der aus dem gegenüberliegenden Türrahmen herauslugte. Er schien meinem Lehrer bereits erzählt zu haben, dass ich wusste, dass er hier war, denn Grey schien nicht im Mindesten überrascht.
 

„Ist alles in Ordnung?“ fragte er. Ich grinste verlegen, als er Greys nasse Kleidung registrierte und anschließend die Situation erfasste. „Ach so …“ meinte er und lachte leise, dann trat er endlich aus der Tür heraus und gesellte sich zu uns. „Ich nehme an, es war der Wolfsbanntrank?“ fragte er überflüssigerweise und Grey nickte. Remus fuhr an mich gewandt fort. „Keine Sorge, man gewöhnt sich dran. - Ich habe nicht anders reagiert, als Snape mir den Trank das erste Mal verabreicht hat.“ meinte er schmunzelnd.
 

Es dauerte eine Weile, da hatte ich die Bedeutung seiner Worte begriffen und grinste befreit.
 

Grey kramte abermals in seinen verschiedenen Phiolen herum.
 

„So!“ sagte er und reichte sowohl mir, als auch Remus jeweils eine davon, in der sich die mir schon bekannte Flüssigkeit befand.
 

Ich seufzte, öffnete die Phiole, klemmte mir die Nase mit Daumen und Zeigefinger zu und trank alles auf einmal. Grey hielt mir bereits ein Glas mit klarem Wasser hin, dass ich dankbar annahm und dem ekelhaften Gebräu hinterher schüttete.
 

Auch Remus nahm seinen Trank; jedoch wesentlich gefasster.
 

Erst da wurde ich mir bewusst, dass auch er sich in dieser Nacht verwandeln würde.
 

„Remus?“ fragte ich vorsichtig.
 

„Hm?“ antwortete er.
 

Unsicher knetete ich meine Finger, die auf meinen Schoß lagen.
 

„Sag mal …“, fing ich an, „könnten … könnten wir uns nicht … zusammen … na ja - verwandeln?“ fragte ich zögernd. Der Gedanke war in Anbetracht meiner gegenwärtigen Lage einfach nur zu schön, um wirklich daran glauben zu können.
 

Remus seufzte, als hätte er diese Frage bereits erwartet, doch es war Grey, der mir schließlich antwortete.
 

„Hör mal, Harry … Es geht nicht. - Die einzigen Eingeweihten was Remus angeht sind Professor McGonagall, du und ich. Wenn Madam Pomfrey ihn bei dir sehen würde-“
 

„Wieso Pomfrey?“ unterbrach ich ihn wütend.
 

Grey zog seine Augenbraue hoch.
 

„Wer, glaubst du, hat dich wohl das letzte Mal in den Krankenflügel gebracht, hm?“ fragte er mich, dann redete er weiter, er hatte wohl keine Antwort erwartet und mir fiel auch keine ein. „Glaub mir, Harry, es geht nicht. - Tut mir wirklich Leid.“
 

Ich nickte schwach. Auch Remus schien betroffen zu sein, denn er beugte sich ein wenig vor und legte mir seine Hand auf den Arm.
 

„Glaub mir, Harry, wenn es irgendeine Möglichkeit gäbe, wir würden sie nützen. Aber so …“ Er verstummte.
 

Nach einer Weile des Schweigens stand ich auf und verließ den Turm.
 

~~~~~*~~~~~

Kommis! *bettel* xD

Bei vollem Bewusstsein

Hi!

In diesem Kapitel macht Harry eine 'interessante' Entdeckung ...
 

Kapitel XVII : Bei vollem Bewusstsein
 

Im Nu war der Abend angebrochen und ich machte mich mit einer gewissen Routine zu ‚meinem‘ Kerker auf, wo McGonagall bereits auf mich wartete.
 

„Guten Abend.“ murmelte ich verständlicherweise schlecht gelaunt.
 

McGonagall sagte nichts, aber ich hatte auch keine Antwort erwartet. Stattdessen hielt sie mir die Tür auf und ich ging durch diese, seltsamerweise allein davon von einer gewissen unterschwelligen Furcht erfüllt, die sich bis in meine Haarspitzen ausbreitete.
 

Natürlich war der Raum, in dem ich mich jetzt befand, immer noch derselbe wie das letzte Mal. Immer noch die gleiche Kälte, die er ausstrahlte, die gleiche Eintönigkeit, die gleiche Kargheit und Distanz. Von den wenigen Möbeln war nur noch ein Stuhl heil geblieben.
 

Ich setzte mich auf genau diesen, sah aber nicht auf, auch, als meine Lehrerin sich verabschiedete.
 

Ich merkte, wie sie kurz stockte, scheinbar noch auf irgendeine Reaktion meinerseits hoffte, doch als da nichts kam, zog sie die Tür langsam hinter sich zu.
 

Mit einem knirschenden Geräusch hörte ich, wie der Schlüssel umgedreht wurde und wartete ein weiteres Mal auf meine Verwandlung.
 

Ich saß ruhig da, die Hände auf meinen Schenkeln, den Blick starr auf das einzige Fenster gerichtet. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und stand so heftig auf, dass der Stuhl, auf dem ich gesessen hatte, dabei mit einem krachenden Geräusch umkippte. Ich beachtete ihn nicht, sondern trat näher an das Fenster, während ich bereits ein leichtes Kribbeln spürte, das sich durch meinen Körper zog.
 

Das Fenster war vergittert. Langsam hoben sich meine Arme und legten sich beinahe sanft um die eisernen Stäbe. Ich erinnerte mich an eine Nacht, die fast dieselbe Szene beinhaltet hatte. Damals, als ich zwölf war und meine Verwandten mein Fenster vergittert hatten, damit ich nicht auf dumme Gedanken kam - damals hatten mich Ron und seine Familie gerettet.
 

Hier gab es kein Entkommen.
 

Meine Hände verkrampften sich etwas bei dem Gedanken, lockerten sich aber sofort wieder, als es heller wurde. Gebannt verfolgte ich die einzelnen Lichtstrahlen, die sich heimlich zum Fenster geschlichen hatten und sich langsam weiter ausbreiteten.
 

Mit einem Aufkeuchen ließ ich die Gitterstäbe los, als hätte ich mich verbrannt.

Ich wich zurück, doch das Licht des Mondes kam näher. Gleichzeitig spürte ich ein prickelndes Gefühl, das stärker und stärker wurde, bis es schließlich zu Schmerz wurde.
 

Mein Blut fühlte sich an, als würde es kochen, als ich schließlich in die Knie sank, die Arme so fest an meinen Körper gepresst, als würde mein Leben davon abhängen. Ich biss mir auf die Lippe, wollte um jeden Preis einen Schrei verhindern. Tränen traten aus meinen Augen, fielen lautlos zu Boden.
 

Meine Kleidung spannte, riss und ich schrie auf, beinahe befreit, fiel zu Boden, blieb dort liegen, zuckend, während mein Körper seinen Fluch vorantrieb, sich in die Länge zog, so lange, bis auf dem feuchten Steinen nicht mehr ich, ein Mensch, lag, sondern ein großer, magerer Wolf.
 

Der Schmerz hörte auf und hinterließ ein unangenehmes Pochen, das sich besonders hinter meinen Schläfen ausprägte.
 

Ich regte mich nicht.
 

Hechelnd lag ich da, meine Augen von dem soeben noch erlittenen Qualen fest zusammengekniffen, und traute mich nicht, auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen.
 

Es war sicherlich alles nur ein Traum. Es konnte nicht sein, dass ich in einer anderen Gestalt auf dem Boden eines Kerkers lag. Es durfte nicht sein.
 

Ich bewegte meine Hände, rappelte mich umständlich auf. Es fiel mir seltsamerweise furchtbar schwer, mich gerade aufzurichten.
 

Ich betrachtete meine Umgebung. Ein Kerker.
 

Ich wollte einen Schritt tun, da verlor ich das Gleichgewicht und konnte mich gerade noch mit meinen Händen auffangen.
 

Meine Hände waren behaart und rundlich.
 

Fassungslos starrte ich auf meine Pfoten, setzte mich hin und schloss die Augen. Ich wagte es nicht, mir den Rest meines Körpers anzusehen, wusste ich doch, dass es kein Traum war, dass es real war. Dass ich ein Werwolf war.
 

~~~~~*~~~~~
 

Die Nacht war für mich quälend langsam vergangen.
 

Remus hatte mir immer erzählt, er würde sich unter dem Einfluss des Wolfsbanntrankes einfach in einer Ecke seines Büros zusammenrollen und schlafen. Doch ich konnte es nicht. Stattdessen ging ich stundenlang auf und ab, bis mir die Füße - pardon, die Pfoten - wehtaten und ich mich hinlegte. Einschlafen konnte ich trotzdem nicht.
 

Es kam mir vor, als hätte ich tagelang dort auf dem kahlen Boden gelegen, als plötzlich ein heißer Schmerz meine Wirbelsäule durchfuhr. Im selben Moment wusste ich, dass ich mich wieder zurückverwandelte.
 

Dieser Vorgang schien schneller zu gehen, als der andere. Schon kurze Zeit später war es vorbei, so schnell, wie es gekommen war.
 

Benommen lag ich auf dem Boden, als ich hörte, wie die Tür geöffnet wurde. Mit halbgeöffneten, verklebten Augen starrte ich auf Madam Pomfrey, die eine Trage heraufbeschworen hatte und mich ohne großartigen Kraftaufwand hochhob und auf dieser ablegte.
 

„Schlimme Sache … ganz schlimm …“ hörte ich sie immer wieder vor sich hin murmeln. An mich wendete sie kein einziges Wort; wahrscheinlich hatte sie nicht bemerkt, dass ich wach war und einfach angenommen, dass ich schlief, ohnmächtig und erschöpft von der vergangenen Nacht.
 

Im Krankenflügel angekommen, wurde ich in eines der Betten gelegt, zugedeckt und die Krankenschwester verschwand in ihrem Büro.
 

Ich vergrub den Kopf in das Kissen. Es war angenehm weich und duftete nach Waschmitteln. Soll das jetzt mein ganzes Leben so weiter gehen?, fragte ich mich. Der Gedanke, dass Remus schon viel früher zu einem Werwolf gebissen worden war, erfüllte mich mit Schrecken und ich drückte mein Gesicht noch ein wenig mehr in meine Unterlage. Kein Wunder, dass er so an seinen Freunden hängt. Er braucht sie einfach. Ich seufzte und schniefte leise. Ich brauche meine Freunde auch …
 

Ein leises Schlurfen kündete Madam Pomfrey Rückkehr an. Ich hob den Kopf und sah sie, beladen mit einigen Dosen und Phiolen bewaffnet, in denen ich Salben und verschiedene Heil- und Stärkungstränke vermutete.
 

„Ah, Mr Potter! Sie sind ja bereits aufgewacht!“ rief sie freudig aus und wuselte zu mir herüber, scheinbar ganz in ihrem Element. Ich verzichtete darauf, ihr zu erklären, dass ich schon die ganze Zeit über wach gewesen war.

Stattdessen richtete ich mich vorsichtig auf, damit sie die Salben besser auftragen konnte. Mein Blick fiel auf meine Arme. Dieses Mal war keine einzige Wunde zu sehen.
 

„Ähm … Madam Pomfrey …“ fing ich an, als sie irgendeine kalte Substanz auf meinen Rücken schmierte.
 

„Ja?“ fragte sie mich freundlich.
 

„Wozu … wozu benutzen Sie die ganzen Salben? Ich hab doch gar keine Kratzer.“

fragte ich.
 

Ich hörte, wie sie empört die Luft durch ihre Zähne ausstieß.
 

„Na hören Sie mal, Mr Potter, die Verwandlung an sich zieht schon einige leichte innere Verletzungen nach sich und die können sich nur zu leicht entzünden!“ meinte sie fachmännisch.
 

Daraufhin ließ ich die Prozedur kommentarlos über mich ergehen.

Erkenntnis

Hallihallo xD

Mal so vorneweg: Ich liebe dieses Kapitel. Ihr vielleicht auch - oder ihr werdet es hassen. Also versteck ich mich schon mal vorsorglich *weghusch*
 

Kapitel XVIII : Erkenntnis
 

Die Tage gingen ins Land, ohne, dass ich es bemerkte. In Wahrheit vegetierte ich nur noch so vor mich hin. Im Unterricht starrte ich immer geistesabwesend an keinen bestimmten Punkt an der Wand und war gerade noch so aufmerksam, dass ich, wenn mich ein Professor ansprach, mit ‚Ich weiß es nicht, Sir‘ oder ‚Madam‘ antworten konnte. Das tägliche Essen schlang ich lustlos hinunter. Morgens war ich der Erste, der aufstand und abends der Erste, der schlafen ging und blieb dennoch stundenlang wach.
 

Hermine und Ron quittierten meine zunehmende Abkapselung mit gegenseitigen Blicken, doch sie griffen nicht ein. Vielleicht wussten sie nicht, wie sie mir helfen konnten - ich wusste es ja selbst nicht - vielleicht, und diese Möglichkeit empfand ich in meinem Selbstmitleid als viel wahrscheinlicher, hatten sie auch einfach kein Interesse daran, so viel Mühe in mich zu investieren.
 

Nur meine Besuche bei Grey gaben mir noch einen gewissen Halt im Leben. Es war das Einzige, das mir noch geblieben war. Das wohlige Gefühl, wenn ich mit ihm redete, die Ruhe und Stärke, die er ausstrahlte, ließen mich oft stundenlang bei ihm sitzen und mich mit ihm unterhalten. Manchmal schaute ich ihm auch einfach nur zu, wie er den einen oder anderen Trank braute und er ließ mich.
 

Wenn ich doch nur wüsste, was er für ein Geheimnis hat!, so dachte ich inzwischen viel öfter als früher. Ohne diese ganzen Freizeitkram, Hogsmeade, meine Freunde, die sich ohnehin nicht um mich kümmerten, ließ es sich doch viel leichter leben; ich hatte einfach mehr Zeit um über Grey nachzudenken.
 

Er war kein glücklicher Mensch. Das konnte ich ihm ansehen. Diese tiefen schwarzen Augen, so leer, so traurig, die mich dazu verleiteten, ihre tiefsten Abgründe zu erforschen - von Hermine hatte ich zwar seine Berufslaufbahn erfahren, doch die half auch nicht wirklich weiter.
 

~~~~~*~~~~~
 

Es war einer dieser Tage kurz vor Halloween. Die Schule befand sich in heller Aufregung, überall hingen diese lächerlichen Kürbisse herum und durch die Gänge flatterten jetzt, wo es schon seit Stunden dunkel geworden war, Horden von schwarzen Fledermäusen, die mich dummerweise an Snape erinnerten und die kleinen Erstklässler erschreckten.
 

Ich war mal wieder zu Grey unterwegs. Dieses Mal hatte ich mich nicht angemeldet, doch Grey hatte mir gesagt, ich könne jederzeit kommen.
 

Nach einer kurzen Verschnaufpause vor der Tür trat ich ein und durchquerte das Klassenzimmer. Die Tür zu Greys Büro stand einen Spalt offen, also nahm ich an, dass er sich in diesem befand.
 

Was mich verwunderte, war, dass ich von drinnen ein warmes Licht sowie leises, unterdrücktes Schluchzen wahrnahm. Leise, um mich nicht bemerkbar zu machen, schlich ich näher und drückte die Tür weiter auf.
 

Das Bild, welches sich mir da bot, werde ich wohl nie vergessen können: Das Licht ging von einer einzelnen Kerze aus, welche vor einem kleinen, in schlichtes Holz eingerahmten Foto stand. Das Wachs tropfte bereits an den Seiten herunter. Grey kniete davor, das Gesicht in seinen verkrampften Händen haltend. Die Laute gingen von ihm aus.
 

Unsicher, einen Lehrer - und ausgerechnet diesen Lehrer - in so einer Situation zu sehen, trat ich einen Schritt vor, dann räusperte ich mich, um auf mich aufmerksam zu machen. Grey zuckte zusammen, seine Hände fuhren auf den Tisch nieder und brachten die Kerze darauf gefährlich zum Schwanken.
 

„H-Harry?“ fragte er ungläubig. Seine Augen waren stark gerötet, von seiner gewohnten starken Aura war kaum noch ein Hauch spürbar. „Was machst du hier?“

Ich schluckte, denn meine Kehle war mit einem Mal ekelhaft trocken geworden und meine Zunge schien nicht so recht zu wissen, wie sie sich um die einzelnen Silben schlingen sollte, um verständliche Wörter zusammen zu basteln.
 

„Ähm … ich … ich wollte Sie besuchen.“ nuschelte ich verlegen. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“
 

Daraufhin kehrte dieser traurige Blick in seine Augen zurück und er seufzte, mit einer Hand auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch zeigend. Stumm folgte ich seiner Geste, Grey blieb jedoch stehen. Diese Haltung zeigte mir deutlich, dass ich dieses Mal wohl unerwünscht war und deshalb rutschte ich unruhig auf meinen vier Buchstaben herum.
 

„Also - was ist los?“ fragte er mich und ich fühlte mich noch unwohler, denn ich war schließlich ohne einen bestimmten Grund hierher gekommen, sondern hatte einfach nur das Gespräch gesucht.
 

„Ähm … nichts … ich - Entschuldigung, ich wusste nicht, dass Sie nicht gestört werden wollten.“ Ich verbiss mich in meine Lippe; eine Frage brannte mir auf der Zunge. Warum sollte ich ihn nicht fragen? „Professor Grey, wer sind die Frau und das Kind auf dem Foto?“ fragte ich neugierig und versuchte, in irgendeiner Weise mitfühlend zu wirken, denn es hatte sich bereits eine gewisse Vorahnung in mein Bewusstsein geschlichen.
 

Seine Reaktion kam völlig unerwartet. Erst wurde er blass, während seine Augen kaum merklich zu dem Foto mit der fröhlich winkenden Frau und dem eisverschmierten lächelnden Kind huschten, dann sah er mich wieder an und formte zwei leise, warnende Worte:
 

„Raus hier.“
 

Obwohl die Aufforderung unmissverständlich war, schien sie in diesem Moment mein Gehirn nicht erreicht zu haben; jedenfalls blieb ich sitzen, nur meine Hände krampften sich ein wenig zusammen, als ich weiterredete.
 

„Sir, verzeihen Sie, es geht mich zwar nichts an, aber-“
 

„Ganz recht, es geht dich überhaupt nichts an, also verschwinde endlich!“ Greys Augen zeigten endlich eine Regung, sie blitzen wütend auf, während er mit einer hektischen Bewegung auf die immer noch offene Tür zeigte. „Sofort!“ schrie er mich beinahe an und ich merkte, dass es besser war, zu gehen, da ich die offensichtliche Zurückhaltung, mit der er sich abmühte, nur zu deutlich wahrnehmen konnte.
 

Ich stand, nein, sprang beinahe auf, rannte aus dem Raum, durch das Klassenzimmer und jagte die Treppen hinunter.
 

Erst einige Gänge weiter blieb ich stehen, keuchend und nach Atem ringend, während ich mich mit einer Hand an der Wand abstützte. Dann durchfuhr mich die Erkenntnis wie einen Blitz: Oh Merlin, er hat mich rausgeschmissen! Und noch eine weitere: Seine Familie ist tot.
 

Denn es gab keine andere Erklärung für die Kerze vor der alten Fotografie.
 

~~~~~*~~~~~
 

Es war Mittwoch. Und ich war schlechter Laune. Normalerweise liebte ich diesen Tag, doch aus dem selben Grund konnte ich heute einfach nicht anders, als ihn zu hassen: Dieser Grund war Zaubertränke. Noch waren wir im Gewächshaus und kämpften zu zweit oder zu dritt mit mordlustigen Schlingpflanzen, die mehr oder weniger erfolgreich bei ihren Versuchen waren, ihre giftige Flüssigkeit auf uns zu spritzen. Bei Neville mehr, bei mir weniger.
 

Nach dem Mittagessen würde ich mich wieder den Turm hinaufquälen müssen. Mit mehr Aufmerksamkeit, als ich sonst den absonderlichen Pflanzen zukommen ließ, widmete ich mich meiner Arbeit und scheiterte kläglich bei dem Versuch, meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.
 

„Verdammt!“ zischte ich leise, doch Hermine hörte mich trotzdem.
 

„Hey, Harry - alles okay? Du wirkst so angespannt.“ flüsterte sie mir zu.
 

Ha! Angespannt! Das ich nicht lache! Sie hat ja keine Ahnung, was sie mir mit ihrer ewigen Fragerei antut., dachte ich grimmig und würgte die Pflanze fester, als unbedingt nötig. Erst, als ich bemerkte, wie einige grüne Ärmchen langsam erschlafften, ließ ich los. Die bedankten sich sogleich mit einem peitschenden Hieb, dem ich allerdings ausweichen konnte, der dafür aber meine Freundin traf. Die warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
 

„Wirklich, Harry … du solltest vielleicht mal mit Professor Grey reden, mit dem verstehst du dich doch so gut.“ schlug sie mir vor, nicht wissend, dass das, was sie soeben gesagt hatte, die pure Ironie war. Doch damit sie mich endlich in Ruhe ließ, nickte ich zustimmend und lächelte sogar noch dazu.
 

Ich sollte Schauspieler werden.

Schwul oder was?

Ein Kapitel, wo Harry endlich mal etwas kapiert xD

Viel Spaß!
 

Kapitel XIX : Schwul oder was?
 

Ängstlich stieg ich die letzten Stufen zum Turmzimmer hinauf. Ich hatte mich inzwischen an den beschwerlichen Aufstieg gewöhnt, sodass meine Freunde aufgehört hatten, mir meine Sachen hoch zu schleppen. Eigentlich fühlte ich mich dadurch auch wohler; ich hatte immer so ein schlechtes Gewissen gehabt, wenn sie meine Tasche trugen und die Blicke, die mir und ihnen deswegen zugeworfen worden waren, waren auch nicht sehr angenehm gewesen. Es hätte sicherlich nicht lange gedauert, bis der Erste den Grund dafür nachgefragt hätte. Ich wäre wohl ziemlich in Erklärungsnot gekommen.
 

Wie immer war ich einer der letzten, die den gut beheizten Raum betraten. In einem Anflug von schlechten Erinnerungen glaubte ich einen Moment lang, Grey würde mich von nun an so behandeln, wie Snape es immer getan hatte.
 

Doch als ich mich vom vielen Treppensteigen erschöpft auf meinen Sitzplatz fallen ließ, war alles wie sonst. Grey fing seine Stunde an, indem er uns irgendwas über die Wirkungsweise von Mondwurzeln erzählte, doch ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Er würde mich sowieso nicht dran nehmen. Das war das Gute in seinem Unterricht und der Grund, warum er bei den Schülern so beliebt war: Das Einzige, was man bei ihm zu tun hatte, war zuhören oder wenigstens so zu tun.
 

In der zweiten Stunde brauten wir einen Trank, indem besagte Wurzel eine äußerst wichtige Verwendung fand. Halbherzig machte ich mich an die Sache, wohlwissend, dass ich selbst durch Hermines zugeflüsterte Unterstützungen ewig eine Niete in Zaubertränke bleiben würde. Der Trank war einfach nur wahnsinnig kompliziert, außerdem war ich sowieso so abgelenkt durch Grey, der wie immer lautlos durch die Reihen schritt, dass ich einfach nicht die erforderliche Konzentration aufbringen konnte.
 

Als ich schließlich mein Buch und meine sonstigen Utensilien zusammenpacken wollte, hielt Hermine mich plötzlich am Arm fest.
 

„Du solltest noch mal mit ihm sprechen.“ sagte sie ernst. Verblüfft starrte ich sie an.
 

„Woher-“
 

„Harry, ich bin nicht blöd.“ erwiderte sie mit spöttisch hochgezogener Augenbraue und drehte sich mit viel Schwung um, dass ihr Umhang sich aufbauschte, als sie hastig durch die Tür verschwand.
 

Mist!, dachte ich resigniert. Wie war das doch gleich mit der Schauspielerei? Das konnte ich wohl knicken.
 

Ebenso wie jetzt noch eine Flucht: Inzwischen war ich der Einzige im Zimmer, der einzige bis auf Grey, der übertrieben langsam seinen Schreibtisch aufräumte, indem er die Phiolen, die wir am Ende der Stunde abgegeben hatten vollkommen sinnlos hin und her schob, als wollte er sie sortieren.
 

Schließlich bemerkte er wohl, dass ich mich nicht abwimmeln ließ. Ließ ich mich auch nicht. So ein Abgang wäre mir jetzt wirklich zu peinlich gewesen.
 

„Mr Potter, haben Sie noch irgendwas Wichtiges zu sagen?“ fragte er im ausgesuchten Lehrerton. Mir fiel auf, dass diese Frage bei jedem anderem Lehrer völlig normal geklungen hätte, doch die Tatsache, dass uns weit mehr als ein normales Lehrer-Schüler-Verhältnis verband, nämlich eine angehende Freundschaft und dass er mich gesiezt hatte, ließ das Ganze beinahe lächerlich wirken. Auch er schien sich dessen bewusst.
 

„Professor Grey …“ Ich suchte nach Worten. „Also … Was ich sagen wollte … Gestern … Also …“ Ich holte tief Luft, dann fasste ich mich. „Es tut mir Leid.“
 

Grey schwieg, doch ich wartete geduldig.
 

Endlich sah er auf und seine dunklen Augen blickten mich unergründlich an.
 

„Du hast wohl Recht, Harry.“ Er biss sich auf die Lippe, als würden ihn die folgenden Worte nur schwer darüber kommen. „Ich hätte nicht so wütend werden dürfen, du kannst ja nichts dafür.“ entschuldigte er sich.
 

Ich winkte erleichtert ab.
 

„Danke … Ähm … Ich kann doch noch zu Ihnen kommen?“ fragte ich leicht verunsichert.
 

Grey schien kurz zu zögern und ein dunkler Schatten huschte über sein Gesicht, als er kaum merkbar lächelte und antwortete.
 

„Natürlich.“
 

Nachdem wir uns voneinander verabschiedet hatten, schwang ich mir meine Schultasche über die Schulter und ging langsam die Stufen hinab. Es bestand kein Grund zur Eile, immerhin hatte ich jetzt frei, mal abgesehen von den Hausaufgaben.
 

Doch die Rechnung hätte ich wohl besser nicht alleine gemacht: Am Fuß der Treppe stand mal wieder Malfoy. Ein Schauer durchfuhr mich, als ich an unsere letzte Begegnung dachte.
 

‚Du bist mein.‘ hatte er gesagt. Es hatte wie aus einem schlechtem Film geklungen.
 

Ich wollte an ihm vorbeigehen, wohlwissend, dass er mir das nicht durchgehen lassen würde.
 

„Potter …“ säuselte er und hielt mich am Ärmel fest, ehe er mich zurückzog. „Potter, du bist wohl vergesslich, hm?“ fragte er mit einem süffisanten Lächeln.
 

Ich kniff die Augen zusammen und schwieg. Sollte er sich seinen Hohn doch sonst wo hin stecken. Malfoy jedoch schien dies nicht zu stören. Stattdessen zog er mich noch ein Stück näher an sich ran, sodass sich unsere Körper leicht berührten.
 

Die Stimmung war auf einmal völlig umgeschlagen. Spürte ich eben noch diesen unbändigen Hass, spürte ich jetzt sein Herz, das hart gegen meine Brust klopfte. Malfoy schloss die Augen, legte seine Hand in meinen Nacken und drückte mich weiter an sich, bis er beinahe sanft seine Lippen auf meine legte.
 

Ich ließ es geschehen.
 

Trotzdem zuckte ich kurz zusammen, als ich bemerkte, wie seine freie Hand meinen Rücken hinunter strich, um sich in die hinteren Taschen meiner Hose zu schieben. Dann umfasste er mein Gesicht mit beiden Händen und sah mich stirnrunzelnd an.
 

„Potter?“ Hörte ich da Unsicherheit aus seiner Stimme? „Warum wehrst du dich nicht?“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er mich an, unsere Stirnen berührten sich immer noch, genauso wie er nicht aufgehört hatte, mich an seinen Körper zu pressen.
 

Ich starrte ihn an. Erstmal musste ich seine Worte verarbeiten. Wieso ich mich nicht wehre?
 

„Was … Wieso fragst du?“ Wie dumm das klingen musste, aber ich war momentan so verwirrt, dass mein Hirn total benebelt war.
 

Malfoy antwortete mir nicht. Was soll er schon sagen? Ich schluckte; meine Kehle war trocken.
 

„Malfoy?“ fragte ich dann. Egal, was nachher geschehen würde, mir brannte eine Frage auf der Zunge.
 

„Hm?“
 

„Bist du schwul?“
 

Er zuckte zusammen und krallte seine Hände in meine Hose - und leider auch das, was darunter war - und blickte mich entgeistert an.
 

„Was? Spinnst du?“ Seine Augen waren unnatürlich geweitet. „Wie kommst du darauf?“
 

Obwohl ich gerade eigentlich alles andere als gut gelaunt war, verziehe ich meine Mundwinkel ein klein wenig nach oben. Ich weiß, dass es gezwungen aussieht.
 

„Immerhin schlabberst du mich hier gerade ab.“ meinte ich trocken. Seit wann besaß ich eigentlich eine sarkastische Ader?
 

Auf Malfoys Gesicht erschien ein Ausdruck, der irgendwo ganz entfernt mit dem Ekel verwandt sein musste, dennoch sah ich noch etwas anderes, etwas, das mir kleine Schauer über den Rücken jagte, die sich über meinen Körper ausbreiteten und dafür sorgten, dass sich die kleinen Härchen auf meinen Armen so weit wie möglich von mir zu strecken versuchten.
 

Ich wäre auch gerne ganz weit weg.
 

Es musste wirklich dumm ausgesehen haben, wie die zwei bekanntesten Todfeinde unserer Schule sich mit einer Mischung aus Ekel und Verlangen - denn nichts anderes war das Gefühl, welches mich ereilt hatte - ansahen. Scheiße, ich will hier weg!
 

Das hatte ich schon erwähnt, nicht wahr?
 

Eigentlich war es mir auch egal, was andere hiervon denken mochten, denn ein anderes Problem machte sich gerade auf den Weg, mich zu überrollen: Malfoy schien die Sprache wiedererlangt zu haben.
 

„Na und? Ich könnte tausend andere haben!“ gab er eingebildet zurück. Langsam wurde ich wütend.
 

„Und warum gehst du dann nicht zu denen?“ Ich versuchte, mich von ihm loszureißen, ohne Erfolg, denn schnell zog er seine Hände aus meinen Hosentaschen, um sie um meine Handgelenke zu schließen, die er an meinen eigenen Seiten fest pinnte.
 

„Verdammt, was soll das?“ giftete ich ihn an, gab meine kläglichen Versuche jedoch auf. Ich hatte eh keine Chance und müde war ich auch, da in einer Woche wieder Vollmond sein würde.
 

„Weißt du, Potter“, sagte er, als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte und aufhörte, mich gegen ihn zu wehren, „du bist mir lieber als diese ganzen Zicken.“ sagte er sanft. Dann grinste er. „Ich kann dich besser quälen.“
 

Er zog mich noch einmal an sich und drückte mir einen kurzen, fordernden Kuss auf die Lippen, ehe er mich zurück und soweit in den Gang stieß, bis ich mit der gegenüberliegenden Wand in Berührung kam. Dann verschwand er lachend.
 

Was er gesagt hatte, hatte beinahe nach einem Liebesgeständnis geklungen, ehe er dann unbedingt diesen Satz loslassen musste. Ich kann dich besser quälen …
 

Erschöpft fuhr ich mir übers Gesicht und anschließend durch die Haare, eine Geste, die ich von meinem Vater geerbt hatte.
 

Also doch schwul.
 

~~~~~*~~~~~
 

Und ihm ging ein Lichtlein auf ...

Kleine große Geste

Und da bin ich wieder xD So, ich hoffe, ihr versteht, was ich mit diesem Kapitel zum Ausdruck bringen will *seufz* Meine 'Audio-Beta' hat es nicht verstanden <___<
 

Kapitel XX : Kleine große Geste
 

Es war noch der Abend des gleichen Tages. Ich lag quer auf meinem Bett, das Kinn in meiner Decke vergraben und die Arme schlaff an der Seite runterhängend.
 

Ich konnte nicht schlafen.
 

Meine Gedanken kreisten einzig und allein um Malfoy. Er war mir ein Rätsel.

Natürlich verstand ich, wieso er so mit mir spielte. Wir waren schon immer Feinde gewesen, würden es wohl auch immer sein, also konnte ich es ihm nicht verübeln, wenn er diese Chance, die sich ihm plötzlich darbot, nicht ergriff und mein Leben in die nächste Hölle schickte. Aber wieso auf diese Art und Weise? Selbst wenn ich auf Jungs stehen würde - was nicht der Fall ist - würde ich mich garantiert nicht Malfoy in die Arme werfen!
 

Und verliebt war er mit Sicherheit nicht in mich. Was für ein absurder Gedanke! Wahrscheinlich will ihn nur keiner und er ist einfach sexuell frustriert!

Ruckartig richtete ich mich auf. Sexuell frustriert? Das könnte durchaus noch auf andere Sachen als nur auf das Küssen gerichtet sein! Und außerdem … hatte er nicht auf einmal seine Hand in …[(i]
 

Ich dachte den Gedanken nicht zu Ende.
 

Verzweifelt krallte ich meine Hände in meine Bettdecke. Scheiße, scheiße, scheiße!
 

Ich war am Arsch.
 

~~~~~*~~~~~
 

Es war der fünfte November und draußen hatte es schon angefangen zu schneien. Die Schüler saßen gerade in der Großen Halle und aßen zu Abend und ich wusste, dass sie danach noch den Rest des Tages nutzen würden, um sich auf den weiß bedeckten Wiesen Hogwarts‘ eine große Schneeballschlacht zu liefern.
 

Ich war unterwegs zu meinem Kerker.
 

Natürlich beneidete ich die anderen für ihr Glück, den ersten Schnee nach so vielen Monaten ausnutzen zu können, doch ein Werwolf würde ihnen sicher den Spaß verderben.
 

Die ganze Zeit fühlte ich mich irgendwie verfolgt, doch ich war mir sicher, dass ich mich irrte. Selbst die Slytherins, deren Gemeinschaftsraum sich in den düsteren Kellern befand, konnten jetzt einfach nicht hier in der Nähe sein.
 

Dennoch hatte ich das dumme Gefühl, dass es nicht nur das Geräusch meiner Schritte war, das von den Wänden widerhallte und nicht nur mein Atem, der die kalte Luft verbrauchte.
 

Ich war nur zwei Ecken von meinem Ziel entfernt, als sich meine Befürchtungen dennoch erfüllen sollten.
 

„Was willst du denn hier?“ fragte ich eisig.
 

„Ach, freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?“ Die Stimme wurde wie immer von einem hämischen Ton dominiert.
 

„Verdammt, Malfoy, ich hab jetzt keine Zeit!“ knurrte ich ihn an.
 

„Das hast du schon einmal gesagt.“ Mit diesen Worten packte er meine Handgelenke und schubste mich gegen die Wand.
 

Was darauf folgte, war für mich beinahe wie Routine: Wie immer drückte er sich an mich, als ginge es um sein Leben und raubte mir die Luft durch seine erstickenden Küsse.
 

Dieses Mal versuchte ich mich loszumachen, denn ich wusste, dass der Mond bei Einbruch der Dunkelheit nicht lange auf sich warten lassen würde. Ich hätte Malfoy in diesem Moment zwar liebend gern zerfetzt - auch wenn ich meinen Trank eingenommen hatte, aber es wäre doch trotzdem eine gute Ausrede gewesen - aber da ich dann immer noch nicht in meinen Kerker wäre und die Tür bestimmt nicht hätte schließen können, verzichtete ich doch darauf und stemmte mich gegen ihn.
 

Dies brachte mir nur leider exakt das Gegenteil von dem, was ich erreichen wollte. Unsere Körper schmiegten sich nun noch enger aneinander; Malfoy unterbrach seinen Kuss nicht.
 

Meine Handgelenke, die er immer noch fest an die Wand in meinem Rücken presste, fingen von der Reibung des harten Steins an zu schmerzen.
 

Mit Gewalt schaffte ich es, meinen Kopf zur Seite zu drehen.
 

„M-Malfoy … hör auf …“
 

Seine grauen Augen blitzten schelmisch auf, als er meine flehenden Worte hörte. Doch ich hatte keine andere Wahl.
 

In mir hatte sich noch ein weiteres Gefühl zum Hass und der Erniedrigung gemischt. Ich spürte die erste Schmerzwelle, die durch meinen Körper rollte.
 

„Weg!“ schrie ich.
 

Ein Blick genügte, und er verstand.
 

Als hätte er sich verbrannt, stieß er sich von mir und katapultierte sich damit selber von mir fort, da sich hinter mir immer noch die Wand befand. Mit weit aufgerissenen Augen sah er zu, wie ich keuchend dastand, nicht fähig, mich zu bewegen, weil ich Angst hatte, mir noch mehr Schmerzen zuzufügen, wenn ich mich rührte.
 

Dann trat er auf mich zu.
 

Ich wollte ihn daran hindern, ihn anschreien, dass er weggehen sollte, doch ich konnte nicht. Meine Zunge war wie betäubt von den Lauten, die meinen Mund verließen.
 

Er fasste mich brutal am Arm und zerrte daran. Es dauerte eine Weile, ehe ich begriff: Er wollte mich zu einem sicheren Ort bringen.
 

Ich folgte ihm mühsam, jeder Schritt war eine Qual.
 

Gleichzeitig fragte ich mich, wieso er das alles tat und nicht einfach wegrannte. Entweder wusste er von dem Trank, der mich ungefährlich machte, oder er kannte schlichtweg keine Angst. Ich tippte auf Ersteres.
 

Als wir nach kurzer Zeit ankamen, neigte sich die letzte Phase meiner Verwandlung dem Ende zu. Nach Atem ringend ließ ich mich auf den Boden fallen.
 

Malfoy schaute zu. Wieso geht er nicht endlich?
 

Langsam machte sich in mir eine gewisse Art des Schamgefühles aus. Hier hockte ich nun, auf den Knien vor Malfoy, meinem schlimmsten Feind auf Hogwarts. Die Gewissheit, dass ich jetzt die Möglichkeit hätte, ihn zu verletzen, ja sogar ihn zu töten, zerrte an meinen Nerven, denn ebenso gut wusste ich, dass die Konsequenzen für mich nicht tragbar sein würden.
 

Wie formell. Natürlich kann ich ihn nicht umbringen!
 

Und das reizte mich bis zum Äußersten.
 

Malfoy hatte währenddessen die Tür hinter sich geschlossen, sich auf den kalten Boden gesetzt und sah mich an.
 

„Verstehst du mich?“
 

Ich war erstaunt, wie normal seine Stimme klang. Kein Hauch von Spott war darin zu erkennen. Aber auch keine Angst oder wenigstens Nervosität. Es war, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen und als läge ich hier nicht in Form eines riesigen Wolfes, dessen wahres Wesen nur durch einen Trank gezähmt worden war.
 

„Harry, Harry, Harry …“ begann er. „Was ist bloß aus dir geworden?“ Ich sah ihn verwirrt an. Wieso ‘Harry‘? „Ich wüsste wirklich zu gerne, was in dir vorgeht.“ Er sah mich lächelnd an. Malfoy lächelte! „Was geht in dem Held der Zaubererwelt vor, hm?“
 

Er lachte freudlos, dann erhob er sich und klopfte sich den Staub von seinem Umhang. Ein kleiner, flackernder Lichtkegel erschien, als er die Türe wieder öffnete. Er verharrte kurz am Türrahmen, unschlüssig, dann kehrte er noch einmal zu mir zurück und strich mir leicht, ein, zwei Mal durch mein schwarzes Fell. Ich hatte nicht gewusst, dass es diese Farbe trug.
 

„Gute Nacht.“ flüsterte er, als wollte er die Stille nicht unterbrechen, dann ging er hinaus auf den menschenleeren Gang und schloss die Tür wieder hinter sich mit einem lauten klackenden Geräusch.

Werwolf in Hogwarts!

Hui, so viele Kommis zu einem Kapitel! Danke *tot ist*
 

Kapitel XXI : Werwolf in Hogwarts!
 

Als ich im Krankenflügel aufwachte, dachte ich sofort an Malfoy und schoss hoch, was ich jedoch sofort bereute. Auch nach all der vergangenen Zeit hatte ich mich immer noch nicht daran gewöhnt, dass ich mich so kurz nach meiner Rückverwandlung nicht so hastig bewegen durfte.
 

Die Bilder von dem vergangenen Abend schossen mir durch den Kopf. Malfoy hatte irgendwie so - ja, so sanft gewirkt. Was hat er sich nur dabei gedacht? Das war doch wirklich mal eine gute Frage, nicht wahr?
 

Was hatte Draco Lucius Malfoy, den Eisklotz von ganz Slytherin, wenn nicht sogar der gesamten Schule, dazu bewogen, diese wichtige Geste der Zuneigung und Zärtlichkeit mir zum Geschenk zu geben?
 

Ein leichtes Prickeln fuhr mir über das Rückrat, stellte die Härchen auf meinen Armen auf. Ich seufzte und rieb mir energisch über die Haut, damit das Gefühl verschwand. Die Haare schmiegten sich wieder meinen Armen an, doch das, was ich eigentlich hatte loswerden wollen, blieb.
 

Verdammt, was ist denn jetzt los?
 

Ich kam nicht mehr dazu, weiter über meine Frage nachzudenken, denn im selbigen Moment, als ich sie zu Ende gedacht hatte, ging die Tür des Krankenflügels auf und meine Freunde Hermine und Ron kamen herein, beide mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Hermine hatte einen dicken Packen Papier bei sich; den Tagespropheten.
 

„Leute?“ hakte ich sofort nach, denn ihre Miene verhieß nichts Gutes.
 

Außer Atem kamen die beiden vor mir zu stehen; Ron legte die Hände auf seine Knie und atmete erst einmal kräftig durch, doch Hermine hatte mich bereits mit einem finsterem Blick fixiert. Ihre braunen Augen schienen mich unangenehmerweise zu durchleuchten.
 

„Ähm … Hermine? Was ist los?“ fragte ich mit wachsendem Unbehagen. Hermine stützte die Hände in die Hüften und funkelte mich an.
 

„Warum hast du uns nichts davon gesagt?“
 

Sprachlos starrte ich zurück zu ihr.
 

„Ähm … Bitte was? Ich verstehe nicht, was du meinst!“ Unwillkürlich wurde ich lauter, schob es jedoch auf den gerade vergangenen Vollmond.
 

Hermine wollte anscheinend erst zu einem Schnauben ansetzen, dann jedoch brach sie mitten im Prozess ab, sodass ihr Gesicht für den Bruchteil einer Sekunde keinerlei Ausdruck, dann jedoch Angst zur Schau trug.
 

„Hermine?“
 

Sie senkte den Kopf.
 

„Harry, warum hast du uns nicht gesagt, dass Remus im Schloss ist?“ sagte sie leise flüsternd.
 

Ich wäre am liebsten zusammengezuckt, doch ich konnte es mir gerade noch so verkneifen, weil ich nicht riskieren wollte, dass ich mir durch meine steifen Glieder noch mehr Schmerzen holte.
 

„R-Remus?“ Meine Kehle fühlte sich auf einmal seltsam trocken an. „Wie kommst du darauf?“
 

Ich wusste nicht wirklich, warum ich ihnen von seiner Anwesenheit nicht erzählt hatte. Vielleicht lag es daran, dass ich glaubte - oder zumindest hoffte - dass, wenn weniger Leute von ihm wussten, die Gefahr auch geringer sei, dass er verraten und somit verhaftet würde.
 

Hermine biss sich zweifelnd auf die Unterlippe.
 

„Harry, du musst doch inzwischen wissen, dass du uns alles sagen kannst.“ Sie schluckte, und als sie aufblickte, mit ihren großen, braunen Augen, da schimmernden sie feucht, und ich wurde mir bewusst, wie schlecht unsere Situation - Remus‘ und meine - in Wahrheit war.
 

„Woher weißt du davon?“ fragte ich, denn auf einmal hatte sich ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend breitgemacht, das mir übel werden ließ.
 

Hermine zögerte kurz, dann kam sie langsam um mein Bett herum.
 

„Also … Ich … Wir waren ziemlich geschockt.“ Bei meinem Kopfende angekommen, übergab sie mir mit zittriger Hand den mitgebrachten Tagespropheten. Ihre eine Hand krallte sich an den Bettpfosten, die andere ihn Rons T-Shirt, welcher neben uns getreten war.
 

Die Schlagzeile sprang mir sofort ins Gesicht.
 

Werwolf in Hogwarts!
 

Aus vertrauenswürdigen Quellen hat unsere Redaktion erfahren, dass sich ein Werwolf in der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei befindet. Die wegen des überraschenden Todes Dumbledores im letzten Jahr eingesetzte Direktorin M. McGonagall (52) hat dies jedoch bisher nicht kommentiert.
 

Weitere Informationen auf Seite 2-3. Über das neue Werwolfschutzgesetz (§23, Art. 1-7) und wie man sich und Jüngere am Besten schützen kann auf Seite 4.
 

Fassungslos ließ ich die Zeitung sinken; las noch nicht einmal das Kürzel des Reporters.
 

„Ihr - Ihr glaubt, Remus ist hier?“ fragte ich mit gedämpfter Stimme, denn ich hatte gerade Madam Pomfrey im benachbarten Zimmer herumwerkeln gehört.

Hermine runzelte die Stirn, während Ron näher an mein Bett trat und sich hinunterbeugte.
 

„Harry …“ sagte er langsam. „Wer soll es sonst sein? Remus ist so ziemlich der einzige Werwolf, der nicht auf Du-Weißt-Schon-Wers Seite steht! Und die werden sich wohl kaum in Hogwarts verstecken!“
 

„Pst!“ Seine Stimme war gegen Ende lauter geworden, sodass ich für einen kurzen Moment Angst hatte, dass die Krankenschwester ihn gehört haben könnte. Nicht, dass sie Remus verraten würde, doch sie würde darauf bestehen, ihn wie mich auch nach den Vollmondnächte zu verarzten, und das würde nur unangenehme Risiken nach sich ziehen.
 

Erschöpft ließ ich die Schultern hängen. Die Matratze gab ein Stück nach, als Hermine sich neben mich setzte und ihre Hand auf meinen Arm legte.
 

„Harry … Wann wirst du endlich verstehen, dass du uns alles sagen kannst?“
 

Ich lächelte leicht, dann schweifte mein Blick zu Ron.
 

„Wirklich?“ fragte ich ihn.
 

Er nickte ernst.
 

„Wirklich.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Sobald Madam Pomfrey mich gehen ließ, eilte ich zu Greys Turm. Ich konnte nicht verhindern, dass Ron und Hermine mir folgten; wollte es auch eigentlich nicht unbedingt, denn jetzt, wo sie von Remus‘ Anwesenheit in Hogwarts wussten, war es eh egal, ob und wann sie ihn sahen.
 

Völlig erschöpft blieb ich schließlich am Fuße der gewundenen Treppe stehen. Mein Herz raste unaufhörlich und hämmerte mir schmerzhaft gegen die Brust und ich sah hinauf, auf die vielen Stufen, die ich noch bis oben hin zu erledigen hatte.
 

Hermine und Ron hielten neben mir an.
 

„Harry … Wohin willst du?“ fragte Ron mich gequält; er schien ebenso wie ich nicht sonderlich erpicht zu sein, die Treppe zu erklimmen.
 

Hermine sah ihn überlegen an.
 

„Remus ist dort.“ sagte sie schlicht. „Stimmt‘s, Harry?“
 

Aus ihrer Stimme war nicht die geringste Spur von Zweifel zu erkennen und so nickte und bestätigte ich ihr ihre Vermutung.
 

„Ja … Es hat eine Weile gedauert, bis ich ihn gefunden habe.“ sagte ich und lächelte melancholisch, als ich daran zurückdachte, wie wir uns umarmt hatten.

Langsam stieg ich nun die Treppe hinauf; meine beiden Freunde folgten mir.
 

Oben angekommen hielten wir kurz inne. Die beiden schienen darauf zu warten, dass ich etwas tat, immerhin war ich hier derjenige, der Grey des Öfteren Besuche abstattete, nicht sie, also musste ich ja wissen, was angebracht war.
 

Ich öffnete die Tür, denn ein Klopfen von hier aus würde sowieso unerhört bleiben. Das Klassenzimmer war wie immer leer, doch von Greys Büro aus konnte ich Stimmen hören. Moment mal … Mit einer stummen Geste zeigte ich den beiden an, kein Wort zu sagen, dann schlich ich mich näher und bis zu der Bürotür, an die ich mein Ohr legte.
 

Die Stimmen gehörten eindeutig Remus und Grey. Und sie stritten miteinander.
 

Hermine sah mich fragend an, Ron ebenso. Ich winkte sie zu mir, dann klopfte ich an. Sofort verstummten die Stimmen hinter der Tür, welche einen Moment später geöffnet wurde.
 

„Harry?“ Grey schien überrascht zu sein, als hätte er eigentlich jemand anderes erwartet. Dann erblickte er Hermine und Ron, welche immer noch hinter mir standen. „Ähm … Ist es was Wichtiges? Ich hab zu tun.“ sagte er und ich wusste sofort, dass er log.
 

„Ja!“ nickte ich. „Es geht um Remus.“
 

Ich sah sein kurzes Zusammenzucken, als ich ihn so direkt gegenüber den vermeintlich Unwissenden erwähnte, und wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, als er, bleich wie er war, fauchte:
 

„Bist du denn wahnsinnig?“
 

Beschwichtigend hob ich die Hände.
 

„Sie haben‘s herausgefunden, deswegen bin ich ja hier!“
 

„Oh.“ Greys Schultern sackten ab; sein Blick streifte meine Freunde kurz, dann ging er wieder in sein Büro und lud uns über die Schulter hinweg ein.
 

„Remus, du kannst wieder herein kommen!“ rief er, als wir die Tür hinter uns geschlossen hatten.
 

Nach einer kurzen Verzögerung öffnete sich die Tür langsam, von der ich wusste, dass Remus dahinter wohnte und ein blasses Gesicht lugte um die Ecke, welches noch blasser wurde, als er nicht nur Grey und mich, sondern auch Hermine und Ron erblickte.
 

„W-Was?“ stotterte er.
 

„Remus!“ Hermine hatte sich wohl vor Wiedersehensfreude nicht mehr halten können, denn sie durchquerte mit nur wenigen Schritten das unordentliche Zimmer und schmiss ihre Arme um Remus‘ Hals. „Wir hatten Angst um dich!“
 

Remus wehrte sich nicht. Er schien zu verblüfft dafür zu sein; doch nach einer Weile legte er zögerlich die Arme um Hermines Rücken und drückte sie kurz, ehe er sie wieder von sich schob.
 

„Habt - Habt ihr gewusst, dass ich hier bin?“ fragte er; seine Augen zuckten zu mir, dann zu Grey.
 

„Wir haben es durch den Tagespropheten erfahren. Haben eins und eins zusammengezählt.“ berichtete Ron stolz.
 

Remus schmunzelte, doch sein Lächeln war nur von kurzer Dauer.
 

„Ja, davon haben wir auch schon erfahren.“ sagte er traurig. „Ich fürchte, Hogwarts ist nicht mehr sicher genug für mich.“

Alle Wege führen nach ...

Kapitel XXII : Alle Wege führen nach …
 

Stille war in dem kleinen Büro eingekehrt. Passend wäre jetzt wohl das nervige Ticken einer Wanduhr gewesen, wenn Greys Büro so etwas besessen hätte. So mussten wir uns mit Starren begnügen. Starren und Anschweigen.
 

Schließlich war ich es, der zuerst sprach, mit leiser Stimme.
 

„Habt ihr euch deswegen gestritten?“
 

Greys Augenbrauen fuhren nach oben.
 

„Du hast es gehört?“ Es war wohl nur eine rhetorische Frage gewesen, denn er fuhr schon fort, ehe ich zu einer Antwort ansetzen konnte. „Ja, haben wir.“
 

„Er ist der Meinung, ich sollte hier bleiben.“ Anklagend sah Remus Grey an, der die Arme bereits verschränkt vor seinem Körper hielt.
 

„Ja, verdammt!“ knurrte er. „Außerhalb von Hogwarts ist es noch gefährlicher für dich!“ Remus schwieg und Grey sah das wohl als Zeichen seines Triumphes. „Ha, siehst du, du hast ja noch nicht mal ein vernünftiges Gegenargument!“
 

Remus funkelte ihn wütend an.
 

„Es kann dir doch total egal sein, was ich mache, verdammt! Wieso kümmerst du dich so um mich? Ich bin älter als du!“ fuhr er ihn an und schien sich immer mehr in seine Wut hineinzusteigern.
 

Hermine, Ron und ich standen ratlos daneben und wussten nicht, was wir tun sollten.
 

Grey hatte währenddessen eine abwehrende Haltung angenommen.
 

„Ich werde mich ja wohl noch um dich sorgen können, oder?“ Seine Stimme hallte laut durch den Raum.
 

„Ich brauche deine Fürsorge nicht!“ blaffte Remus zurück und aus Greys Gesicht wich jegliche Farbe.
 

„Ich …“ fing Grey an. „Ich …“ Weiter kam er nicht, denn er stolperte zwei, drei Schritte zurück und ließ sich dann entkräftet wie ein alter Mann auf seinem Stuhl nieder. „Verdammt …“ hörte ich ihn leise murmeln.
 

„Professor …?“ Unsicher näherte ich mich ihm. Auch Remus schien verstanden zu haben, dass er wohl einen Schritt zu weit gegangen war, und blieb ruhig an der Tür, aus der er eben noch herausgekommen war, stehen.
 

Grey schien in Gedanken versunken zu sein; jedenfalls starrte er weder auf einen exakten Punkt, noch antwortete er mir oder schien wenigstens meine Anwesenheit zu bemerken. Es war, als wäre er in weite Ferne gerückt - in seine Vergangenheit?, fragte ich mich, die Vergangenheit, in die ich einmal kurz hineingeschnuppert hatte und aus der ich prompt brutal herausgeschmissen wurde?
 

Er musste irgendetwas Schreckliches erlebt haben. Und dieses Erlebnis musste auch irgendwie mit seiner Familie zusammenhängen, soviel war mir seit dem abrupten Rausschmiss von damals klar.
 

Ein schrilles Klingeln ertönte.
 

„Oh nein!“ rief Hermine aus. „Ich muss doch noch mein Arithmantikbuch holen!“ Denn das Klingeln verhieß nichts anderes als das Ende der Mittagspause, wegen der sie überhaupt mitkommen konnten. „Bis später, Harry!“ rief sie aus und zerrte Ron hinter sich her aus dem Turm.
 

Grey sah mich an.
 

„Du solltest jetzt auch besser gehen.“ sagte er. „Ich habe jetzt Unterricht.“
 

Ich nickte nur, bevor ich mich ebenfalls auf den Weg nach unten machte.
 

~~~~~*~~~~~
 

Während der Unterrichtsstunden war natürlich absolut gar nichts los in den Gängen. Trotzdem - oder gerade deswegen - schlenderte ich ein wenig in Hogwarts herum, denn zum ersten Mal seit Beginn des Schuljahres fühlte ich mich sicher. Niemand war hier, der mich stören könnte.
 

Besonders Malfoy nicht, der musste ja in den Unterricht, also hatte ich nichts zu befürchten, dachte ich mir und bog um eine Ecke.
 

Und da war er.
 

Er kam mir direkt entgegen und gähnte gerade herzhaft, sodass er seine Augen geschlossen hielt und mich nicht sehen konnte.
 

Ich muss hier weg! Der Gedanke kam schneller, als ich ihn richtig verstehen konnte.
 

Schnell wandte ich mich um und wollte in die entgegen gesetzte Richtung laufen - dummerweise stellte sich die Mauer, an der ich eben noch vorbeigegangen war, in den Weg. Ich lief mit voller Wucht dagegen.
 

„Na, wen haben wir denn da?“ Die für mich am meisten verhasste Stimme hallte spöttisch von den menschenleeren Gängen wider. Malfoy trat neben mich und sah auf mich hinunter. „Hast du Bekanntschaft mit dem Boden gemacht, Narbengesicht? Und - ist er nett?“ Er lachte kurz auf, ehe er wieder ernst wurde. „Hm … Was mache ich jetzt nur mit dir?“ fragte er, als würde er zu sich selbst sprechen, und fuhr sich beinahe verspielt durch die Haare.
 

Ich schaute ängstlich zu ihm auf, denn ich wusste genau, was jetzt kommen würde. Malfoys zunehmend breiter werdendes Grinsen behagte mir nicht. Ganz und gar nicht.
 

Seine Hand griff nach meinem Kragen und zerrte mich unsanft hoch, schubste mich - Merlin, wie routiniert ich schon war! - gegen die Wand und drückte sich an mich.
 

„M-Malfoy … bitte!“ stieß ich hervor, doch natürlich ließ er nicht von mir ab.
 

Stattdessen lehnte er seine Stirn gegen meine Schulter und hauchte mir auf das kleine Stück nackte Haut, dass sich dort zeigte. Sein Atem war unverhältnismäßig warm.
 

Ich schluckte trocken und zitterte unter seinen Berührungen; noch mehr, als ich wahrnahm, wie seine linke Hand - die rechte hielt mich noch immer fest - über meinen Bauch strich und langsam nach unten glitt.
 

Ich kniff die Augen schon beinahe schmerzhaft zusammen, als wollte ich mir wenigstens den visuellen Effekt entziehen, doch das nützte natürlich rein gar nichts. Ich fühlte mich ihm nur noch ausgelieferter.
 

Seine Hand wanderte zu meiner Erleichterung wieder nach oben und krallte sich in meinem Haar fest, hielt meinen Kopf für mich unbeweglich, während er beinahe sanft seine Wange an meiner rieb.
 

Diese Sanftheit wurde jedoch bald wieder unterbrochen, denn er versenkte seine Zähne alles andere als sanft in meinen Hals. Ich gab ein unartikuliertes Geräusch von mir, und biss mir auf die Lippe, während ich spürte, wie meine Knie nachgaben, was er jedoch sofort unterband, indem er mir eines der seinen zwischen meine Beine schob.
 

Nein! Das Blut schoss mir in den Kopf und ich versuchte mich loszumachen, doch Malfoys Griff war eisern. Ich will das nicht! Immer wieder wiederholte ich diese Worte in meinem Kopf, wie einen sich ewig wiederholenden Psalm. Ich will das nicht! Ich will das nicht! Ich will das nicht!
 

„Ich will das nicht!“ schrie ich, dass halb Hogwarts es gehört haben musste, doch das war mir in dem Moment egal; mit aller Kraft, die ich in diesem Moment aufbieten konnte, stieß ich ihm mein Knie dorthin, wo es wehtat.
 

Aufkeuchend fuhr er zurück und presste seine Hände zwischen seine Beine, japste.

Zu gerne hätte ich ihm weiter dabei zugesehen, doch mein Verstand kannte in jenem Augenblick nur noch ein Wort, meine Verfassung nur noch eine Regel: Fliehen!
 

Ich lief, rannte davon. Die kalten Steinmauern rasten an mir vorbei, dass ich Angst hatte, gegen eine von ihnen zu prallen, doch es geschah nicht; und so rannte ich weiter, nicht auf meine schmerzenden Seitenstiche achtend, nicht auf den keuchenden Atem, nicht auf Hagrid, der plötzlich hinter einer Ecke hervorkam und mit einer Behändigkeit, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte, zur Seite sprang, auf gar nichts.
 

Irgendwann blieb ich stehen.
 

Das Herz schlug mir stechend gegen die Brust, Schweiß lief mir in Rinnsalen den Körper hinunter und mein Hals war wie zugeschnürt, während ich verzweifelt Luft holte.
 

Mit müden Augen blinzelte ich schließlich einige Minuten später in meine Umgebung, um festzustellen, wo ich mich überhaupt befand. Das Ergebnis war gar nicht mal so überraschend: Ich befand mich am oberen Ende der Treppe, die zu meinem Zaubertränkelehrer führte.
 

Etwas unsicher starrte ich auf die Tür; ich war mir nicht sicher, ob ich eintreten sollte. Gleichzeitig aber verspürte ich in mir das starke Bedürfnis, bei Grey zu sein und ihm alles zu erzählen, was mir widerfahren war und nicht an die Folgen zu denken.
 

Der Wunsch gewann die Oberhand.

Trost? Nein, nur noch mehr Probleme!

Sodele *Kreuzchenaugen hat*
 

Mensch, die letzte Woche war wirklich der pure Horror. Zwei Arbeiten (Mathe und Englisch) und ein Italienischtest. Wie soll man da noch zum Schreiben kommen? Zum Glück haben wir jetzt zwei Wochen Ferien, damit ich meinen Kapitelvorrat mal wieder ein wenig aufstocken kann, sonst komm ich nicht mehr nach (obwohl mir Follower sehr leicht von der Hand geht; eigentlich am leichtesten).
 

Nija, ich wünsche euch viel Spaß mit dem neuen Kapitel, nachdem ich mich genug bei euch ausgeheult habe! ^.~
 

Kapitel XXIII : Trost? Nein, nur noch mehr Probleme!
 

Ich ging nicht langsam wie sonst durch das leere Klassenzimmer, sondern raste förmlich hindurch. Auch anklopfen tat ich diesmal nicht, obwohl ich wusste, dass Grey dies nicht ausstehen konnte; rannte hinein in den Raum und geradewegs in Grey, der wohl irgendwie mitten im Zimmer gestanden haben musste.
 

„Harry?“ Verblüfft stand er da, ehe er mich mit beiden Händen von sich schob.

Mit gesenktem Kopf stand ich vor ihm und zitterte. Auf einmal wurde mir bewusst, was Malfoy gerade versucht hatte mit mir zu tun. Und dass er es auch wirklich getan hätte, hätte ich mich nicht losreißen können.
 

„Harry?“ fragte mein Lehrer noch einmal nach und ging vor mir in die Hocke; sah in mein tränenfeuchtes Gesicht. „Was ist passiert?“
 

Ich schluchzte trocken auf, doch ich wusste, dass ich ihm nichts davon erzählen konnte. Klar, er hätte es verstanden - immerhin war er einer der wenigen Eingeweihten - doch er würde nicht umhin kommen, auch mit Malfoy zu reden. Und der würde sich rächen.
 

Indem er mich verriet.
 

„Ich … Nichts.“ Ich schniefte. „Es ist nichts.“ Ich bin nichts.

Greys Augenbrauen zogen sich misstrauisch zusammen.
 

„Nichts?“ wiederholte er langsam. „Es sieht mir nicht nach ‚Nichts‘ aus.“
 

Ich versuchte mein Zittern zu unterdrücken und meinen Gesichtsausdruck nicht mehr ganz so weinerlich aussehen zu lassen, wie er im Moment mit Sicherheit wirkte, doch es schien alles nichts zu nützen.
 

„Setz dich.“ meinte er zu mir und verwies mich auf den einsamen Stuhl, der wie immer vor seinem beladenen Schreibtisch stand. Ich schüttelte den Kopf.
 

„N-Nein - ich sollte jetzt besser gehen-“
 

„Setz dich, hab ich gesagt!“ Greys Stimme war untypisch laut geworden, und so gab ich kleinlaut nach und tat, was er verlangte. „Hör zu.“ Seine Stimme war so ernst wie an dem Tag, an dem ich mich mit Malfoy geprügelt hatte. „Wenn du irgendein Problem hast-“
 

„Ich hab kein Problem, verdammt!“
 

„Nicht in diesem Ton, Freundchen.“ Er senkte seine Stimme auf ein leises Zischen, dann redete er weiter, als sei nichts geschehen. „Also, wie ich bereits sagte, wenn du irgendein Problem hast, kannst du jederzeit zu mir kommen - egal, was es ist.“ Er holte Luft. „Im Notfall - das heißt, wenn man entdeckt … dass du ein Werwolf bist - werde ich dich verstecken.“ Er zögerte und sah mir für einen Bruchteil einer Sekunde nicht in die Augen. „Okay?“
 

Ich nickte langsam.
 

„Also?“
 

Ich runzelte die Stirn. Will er das etwa jetzt …?
 

„Ähm …“ Und jetzt?
 

Grey seufzte.
 

„Harry … Ich rede nicht umsonst.“ sagte er und legte mir, immer noch hockend, seine warme Hand auf mein Bein. Das Zittern verstärkte sich leicht, diesmal jedoch aus anderen Gründen. Ein seltsam warmes Gefühl breitete sich von der Stelle aus, wo er mich berührte und kroch langsam höher.
 

„Ich kann es Ihnen nicht sagen …“ flüsterte ich erstickt.
 

„Du musst!“ Der Druck auf meinem Bein verstärkte sich leicht, als Grey näher rückte, um sein Gewicht zu verlagern. Ich bemerkte, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss.
 

„P-Professor …“ Nicht heulen … nicht heulen! Dumm war nur, dass ich dies bereits tat, fiel mir kurz darauf ein, und schon spürte ich wieder warme Tränen auf meinen Wangen.
 

„Harry …“
 

Ich hatte keine Ahnung, warum er es tat, doch Greys Arme legten sich mit einem Male um meinen Hals und zogen mich an sich, als sei ein Knopf in seinem Inneren gedrückt worden. Mein Gesicht musste inzwischen jeder Gentomate Konkurrenz machen können. Langsam kniete er sich vor mir hin; wahrscheinlich war seine Position nicht gerade die bequemste.
 

Doch Grey tat nichts, was er nicht tun dürfte: Er hielt mich einfach nur fest, als wüsste er, dass ich genau das seit Monaten gebraucht hatte, wiegte mich sogar etwas hin und her, als sei ich ein kleines Kind, dass des Trostes bedürfte.
 

Irgendwann überwand auch ich meine Befangenheit und lehnte meinen Kopf leicht an seine Schulter; mir war es egal, dass ich dabei den Stoff seines Hemdes durchnässte. Meine eigenen Schultern zuckten, sodass er mich noch fester an sich drückte.
 

Inzwischen saß ich schon gar nicht mehr auf dem Stuhl, den er mit angeboten hatte, sondern - ja, ich weiß, dass das peinlich ist! - zwischen seinen Beinen, die er leicht zu mir gewandt angewinkelt hatte, sodass sein einer Unterschenkel gegen mein Steißbein drückte.
 

Mein Zeitgefühl musste mir irgendwann abhanden gekommen sein, denn als er mich schließlich losließ, hatte ich den Eindruck, ich hätte Stunden so dagesessen und mich ausgeweint. Doch es war immer noch hell, obwohl die Tage aufgrund des nahenden Winters schon viel kürzer geworden waren.
 

„Danke.“ schniefte ich.
 

Wortlos reichte er mir ein Taschentuch, dass ich vorsichtig annahm und putzte mir dann geräuschvoll die Nase. Dass Grey immer noch schwieg, gab mir zu denken auf.
 

„Sir?“ fragte ich leise in die Stille hinein. Es dauerte eine Weile, ehe er mir mit einem kaum hörbaren „Hm?“ antwortete.
 

„Ich … hoffe, Sie denken jetzt nichts Falsches von mir.“ sprach ich das aus, was mir gerade durch den Kopf ging und errötete erneut. Merlin, ich mach es nur noch schlimmer!
 

Grey lachte leise und gleichzeitig traurig.
 

„Etwas Falsches? Nein, keine Angst.“ Er klopfte mir leicht auf die Schulter; seine Hand ließ er dort ruhen.
 

Ich senkte meinen Blick nach unten und sah unauffällig auf die Stelle, wo seine Beine die meinen berührten. Eine ungewohnte Hitze stieg in mir auf, dieses Mal jedoch nicht nach oben. Das Zittern wurde wieder stärker, mein Herz flatterte und hämmerte gegen meine Brust.
 

Langsam bewegte ich mich von ihm weg, konnte es mir aber nicht verkneifen, dabei meine Hand gegen seinen Oberkörper zu stemmen, um ihn wenigstens noch einmal berühren, ihm noch einmal nah sein zu können, denn ich wusste, so weit würde es sicher nie mehr kommen. Dann stand ich mit wackeligen Beinen auf.
 

Er saß noch immer auf dem kalten Boden und sah zu mir auf. Seine Augen verrieten wie immer nichts außer Traurigkeit, doch ich hütete mich, ihn danach zu fragen. Befangen starrte ich zurück.
 

Nach einigen Sekunden bewegten sich seine Lippen und ein leises „Auf Wiedersehen.“ kam über sie. Ich nickte, antwortete aber nicht, sondern ging zur Tür, gerade noch so langsam, dass mein Abgang nicht nach einer Flucht aussah.

Draußen, nachdem ich auch die Tür zum Klassenzimmer geschlossen hatte, lehnte ich mich dagegen und atmete tief durch.
 

Merlin, steh mir bei …, betete ich, Ich habe mich in meinen Lehrer verliebt!
 

~~~~~*~~~~~~
 

Mitternacht war sicher schon längst vorbei. Dennoch wälzte ich mich seit Stunden von einer Seite auf die andere, denn meine Gedanken an Grey hielten mich vom Schlaf fern. Wieso hat er mich umarmt? Wieso hat er mich getröstet?
 

Und wieso habe ich es zugelassen? Mein Kopf brummte vor Müdigkeit, doch das erleichterte mir das Einschlafen auch nicht gerade. Wieso ist mein Leben nur so furchtbar kompliziert?
 

Meine Augen brannten. Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie ich angefangen hatte zu weinen, doch jetzt erschien es mir so, als wäre es schon immer so gewesen. Still versuchte ich, meine Laute in meinem Kissen zu ersticken, doch es schien mir nicht so recht gelingen zu wollen, denn auf einmal hörte ich leises Rascheln.
 

Es war Ron, der sich den Geräuschen nach zu urteilen grummelnd aus den Schichten von Bettlaken schob.
 

„… Harry?“ nuschelte er verschlafen.
 

Ich versuchte mich schlafend zu stellen und lag still.
 

„Ich weiß, dass du wach bist.“ meinte Ron, nun wacher.
 

Ich seufzte und gab auf.
 

„Was ist, Ron?“
 

Ein leises Schnaufen war zu hören.
 

„Die Frage ist wohl eher, was mit dir los ist!“ bestimmte er, lauschte dann, um zu prüfen, ob wir die Einzigen waren, die nicht schliefen. „Ich meine, okay, ich kenn‘ ja dein Problem, aber irgendwie bist du heute Abend noch seltsamer drauf gewesen als sonst! Ist irgendwas passiert?“
 

Ich seufzte leise; jedoch wohl nicht leise genug, denn plötzlich hörte ich leises Rascheln und das Tappen nackter Füße, die sich mir näherten. Dann senkte sich die Matratze unter mir ein wenig ab, als Ron sich auf meine Bettkante setzte.
 

„Harry … Du weißt schon noch, was wir dir heute morgen gesagt haben? Dass du uns alles anvertrauen kannst?“ Ich antwortete nicht, also sprach er weiter. „Hey, komm schon! Haben wir dich jemals im Stich gelassen, Hermine und ich? - Ich meine, wir wissen, dass du ein Werwolf bist, wir wissen, dass Remus in Hogwarts ist!“ Eine kleine Pause entstand. „Was willst du noch?“
 

Ich nickte bestätigend, einfach nur, damit er beruhigt war, doch als er nicht antwortete, wurde mir bewusst, dass er die Geste gar nicht gesehen haben konnte, also flüsterte ich ihm noch ein „Ja“ entgegen, hoffend, dass die anderen im Schlafsaal nicht doch noch aufwachen würden.
 

Natürlich sah ich es nicht, doch ich konnte förmlich Rons stechenden Blick auf mir brennen spüren, als wisse er ganz genau, dass ich ihn anlog.
 

„Gute Nacht, Harry.“ sagte er, stand auf und tapste wieder zurück zu seinem Bett. Minuten später war nur noch sein gleichmäßiger Atem zu hören.
 

„Gute Nacht …“ wisperte ich in die Stille, die alles umgab.
 

~~~~~*~~~~~

Hm ... werdet ihr mich killen oder nicht? -^.^-

Ende

Kapitel XXIV : Ende
 

Am nächsten Morgen erwachte ich wie gerädert. Es war mir ein Rätsel, wie und vor allem wann ich eingeschlafen sein musste, denn alles, an das ich mich erinnern konnte, war dieses endlose Nachdenken über Grey und - natürlich - über mein kleines Gespräch mit Ron.
 

Hoffentlich wird er mich nicht gleich darauf ansprechen …, dachte ich, meine Augenbrauen wegen des Hammers, der von innen gegen meine Schläfen schlug zusammenkneifend. Der Lärm in der Großen Halle, der mir entgegenschlug, als ich dort ankam, wirkte auf mich wie auf einer Baustelle.
 

Schlecht gelaunt ließ ich mich auf meinen Stammplatz zwischen Hermine und Ron fallen und nahm mir lustlos ein Brötchen und biss hinein. Ich hatte nicht wirklich Hunger, doch ich wollte vermeiden, dass auch noch Hermine auf mich aufmerksam wurde.
 

Nach kurzer Zeit wurde ich mir auf einmal eines seltsamen Prickelns in meinem Nacken gewahr, doch aus irgendeinem diffusen Grund wollte ich mich nicht umdrehen, um zu sehen, von was es zeugte. Oder sollte ich besser von wem sagen?
 

„Harry …“ Hermine hatte sich zu mir gebeugt. „Professor Grey starrt dich an.“
 

Ich konnte nicht anders. Natürlich drehte ich mich um, natürlich suchte mein Blick den von meinem Lehrer - und natürlich scheute er sich nicht, mir geradewegs in die Augen zu schauen. Ich schluckte. Es war nicht so, als würde ich den Ausdruck seiner Augen nicht genauestens kennen, doch dieses Mal hatte sich etwas anderes zu der Traurigkeit und Einsamkeit in ihnen gemischt - etwas Wissendes.
 

Und zum ersten Mal seit gestern Abend kam mir in den Sinn, dass Grey vielleicht etwas gemerkt haben könnte.
 

Die Panik, die mir plötzlich in die Magengrube stieg, ließ mir schlecht werden und in der Kombination mit meinen hämmernden Kopfschmerzen hatte ich das Gefühl, als würde ich hier jeden Moment vor aller Augen krepieren.
 

„Scheiße, Mann …“ brummte ich und ließ meinen Kopf auf den Tisch sinken.
 

„Geh in den Krankenflügel!“ forderte Hermine mich auf, und stupste mich an, um ihre Worte noch zu unterstreichen.
 

Ich murrte und war im Grunde viel zu faul um mich zu bewegen, sah jedoch bald ein, dass meine Freundin Recht hatte. Wie immer.
 

Nach dem Frühstück ging ich also tatsächlich nicht wie all die anderen zu den Gemeinschaftsräumen - es war Wochenende - sondern steuerte den zweiten Stock und damit hoffentlich auch die Erlösung von meinen Kopfschmerzen an.
 

Die Tür ging auf, noch ehe ich überhaupt den Türknauf berühren konnte. Madam Pomfrey stand vor mir, in ihrer Hand ein kleiner Zettel, am Ellbogen des gleichen Armes ein großer Korb, der anscheinend auch noch magisch vergrößert worden war.
 

„Mr Potter!“ sagte sie überrascht. „Was führt Sie zu mir?“
 

„Ich hab Kopfschmerzen.“ Meine Stimme war gereizt.
 

Sie sah mich mitleidig an.
 

„Oh … Tut mir Leid, ich habe den Trank im Moment nicht vorrätig. Ich wollte gerade zu Professor Grey“, sie wies auf ihren Korb, „und mir welche besorgen.“ Leicht lächelnd musterte sie mich. „Andererseits … Sie könnten das doch für mich erledigen, nicht wahr? Kommen Sie, machen Sie sich nützlich!“ Und schon bekam ich Korb plus ‚Einkaufszettel‘ in die Hand gedrückt; und ehe ich auch nur ein Wort des Protestes hervorbringen konnte, war die Tür wieder zugeschlagen und ich allein gelassen worden. Scheiße.
 

~~~~~*~~~~~
 

War es Schicksal, dass ich mich schon wieder in diesem gottverdammten Turm befand? Wenn ja, dann hatte es entweder etwas gegen mich oder war einfach nur unfähig, was mein Leben anging.
 

Ich seufzte. Pomfrey erwartete mich, also sollte ich mich besser beeilen. Außerdem konnte ich diesen Umstand als Ausrede benutzen, falls er mit mir ein Gespräch führen wollen sollte.
 

Ich hatte bereits geklopft, doch bisher hatte Grey mir noch nicht geöffnet. Das war nicht unbedingt eine Seltenheit; oft war er gerade mit einem Trank beschäftigt und konnte deswegen nicht an die Tür gehen. Doch dieses Mal hatte er noch nicht einmal ‚Herein‘ gerufen.
 

Ich beschloss, einfach mal in seine Privatsphäre einzudringen und die Tür von mir aus zu öffnen, denn ich wollte diese Angelegenheit so schnell wie möglich beenden. Dabei hoffte ich, dass ich ihn nicht schon wieder in so einer beklemmenden Situation auffinden würde, wie dieses eine Mal, wo er mich hochkant rausgeschmissen hatte.
 

Leise öffnete ich die Tür und lugte hindurch; als ich niemanden sah, huschte ich hinein und schloss sie wieder hinter mir. Dann sah ich mich um. Das Zimmer war wie immer unaufgeräumt, nur brodelte dieses Mal kein Trank in der Ecke.
 

Es war so still, dass ich sogar meinen eigenen Atem hören konnte. Und nicht nur den.
 

Er lag so ruhig da, dass ich ihn beim Hereinkommen glatt übersehen hatte; den Kopf auf den Armen abgelegt, die Beine in verschiedene Richtungen zeigend schlief er leise durch die Nase Luft holend an seinem Schreibtisch, vor sich Türme von Büchern und Pergamentrollen.
 

Ich wusste nicht so recht, ob ich ihn wecken oder doch besser wieder gehen sollte. Einerseits war sicherlich das Letztere besser, denn er war sicher müde, wenn er jetzt schon schlief - dabei war er gerade eben noch in der Großen Halle gewesen und hatte wie wir gefrühstückt. Andererseits konnte ich es einfach nicht über mich bringen, jetzt schon zu gehen. Außerdem brauch ich die Tränke!, redete ich mir ein. Ob ich mich selbst bedienen sollte?
 

Aber wenn ich ehrlich war, hatte ich nicht den blassesten Schimmer, welche der vielen Glasflaschen, die sich in seinen Regalen und vermutlich auch in dem Schrank an der Wand befanden, das Richtige beinhalteten. Ausprobieren? Mit Sicherheit nicht; ich wollte niemanden vergiften. Außer Malfoy vielleicht.
 

Malfoy …
 

Er irritierte mich. Das Schlimmste an der ganzen Affäre, wenn man das denn so nennen konnte, war, dass das, was mich erschreckte und mich ängstigte, keineswegs die Küsse und sonstigen Annäherungen gewesen waren, noch nicht einmal, dass es Malfoy selbst gewesen war, sondern eher, dass er mir all dies aufzwang und mich gar nicht nach meinem eigenen Willen fragte. Was bei ihm natürlich auch nicht verwunderlich war.
 

Was versprach er sich von der ganzen Angelegenheit? Er konnte sicherlich Dutzende Mädchen haben, so schlecht sah er doch auch nicht aus.
 

Oder liegt es daran, dass er gar nicht an Mädchen interessiert ist?
 

Der Gedanke strömte auf einmal zu mir hin und webte sich in die anderen ein. Das musste des Rätsels Lösung sein. Das war es, was ihn so nah bei mir hielt, nicht das, was ich bisher angenommen hatte.
 

Malfoy steht auf mich …
 

Ein leises Murmeln und Rascheln lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich. Grey regte sich, blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und gähnte herzhaft, wobei er vergaß, sich die Hand vor den Mund zu halten. Dann vollführte sein Oberkörper eine halbe Umdrehung, seine Augen schweiften mit, bis sie schließlich auf mir zu ruhen kamen.
 

„Was … machst du hier?“ fragte er mich lahm; er schien noch etwas schläfrig zu sein. Ich bemerkte die aufkommende Röte auf meinen Wangen. Sicherlich musste meine Anwesenheit in seinem Büro - während er schlief! - ziemlich abstrakt wirken. Wenn nicht sogar aufdringlich. Hoffentlich denkt er nicht, ich will rumschnüffeln!
 

Doch das schien nicht der Fall zu sein. Tatsächlich setzte er ein warmes Lächeln auf, was mich jedes negativen Gedankens beraubte. Wie konnte man nur so verführerisch lächeln?
 

Ich lächelte zurück, ohne weiter darüber nachzudenken, was ich hier eigentlich tat.
 

„Harry …“ Sein Lächeln erstarb sofort und ein Schwindel erregendes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit.
 

„Ja?“ Ich versuchte, nicht allzu krampfhaft zu wirken, doch ich hatte dummerweise das Gefühl, dass es mir gar nicht gelingen wollte.
 

Grey seufzte, stützte seinen Kopf kurz in eine Hand, schien sich dann doch um zu entscheiden und legte beide Hände auf seinem Schoß ab. Unverwandt sah er mich an.

„Harry, ich breche unsere Treffen ab.“ sagte er mir rundheraus und ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken.
 

Meine Wimpern jedoch zeigten eine Regung; ich blinzelte, einmal, zweimal, dann schnappte ich nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.
 

„W-Was?“ fragte ich fassungslos. Grey sah mich immer noch so an - kalt?
 

„Ich denke, es ist besser für beide Parteien.“ Seine Augen bohrten sich in meine und ich hatte das ungute Gefühl, dass er damit etwas ganz Bestimmtes meinte. „Außerdem solltest du ein wenig mehr für die Schule tun.“ Er lächelte wieder, doch dieses Mal hinterließ mir dies weder ein warmes Gefühl im Bauch noch sonst irgendetwas, was mit Glückshormonen zu tun hatte, sondern nur eine eisige, kalte Leere in meinem Herzen. „Natürlich kommst du noch wegen des Trankes zu mir, okay?“
 

Es war eine rhetorische Frage, also nickte ich nur einmal kurz, als sei sein Beschluss eine geschäftliche Vereinbarung zwischen uns beiden gewesen und verließ sein Büro ohne ein Geste des Abschiedes.
 

Die Tränke für Madam Pomfrey hatte ich völlig aus meinem Geist verbannt.
 

~~~~~*~~~~~

So, bitte nicht denken, dass das hier das Ende wäre, nur weil das Kapitel so heißt xDD

Fall

Kapitel XXV : Fall
 

Es geht bergab mit mir.
 

Dieser Gedanke kam mir eines Nachts, als ich wie so oft in den letzten zwei Wochen noch lange wach lag und in die Karte des Rumtreibers sah. Es bewegte sich nichts in Hogwarts, so weit ich sehen konnte, denn natürlich konnte ich nicht alle Stockwerke auf einmal im Blick behalten.
 

Es waren wirklich keine guten Zeiten angebrochen. Die Zeit, die ich normalerweise bei Grey zugebracht hatte, füllte sich nun mit gähnender Leere, ließ nur noch Trostlosigkeit und Langeweile zu - und jede Menge Zeit zum Nachdenken.
 

Und nachdenken musste ich wirklich. Über Grey und warum er mir weitere Treffen mit ihm untersagt hatte. Über Malfoy - wieso er sich mir seit meiner Attacke nicht mehr genähert hatte. Über Hermine, die es irgendwann aufgegeben hatte, nach dem Grund meines Miesepetrigseins zu fragen.
 

Was die Sache mit Grey anging, so war ich mir inzwischen schon ziemlich sicher, dass er wusste, dass ich in ihm nicht länger nur einen Lehrer sah. Kein Wunder also, dass er lieber auf Distanz ging, damit meine Gefühle vielleicht irgendwann versiegen würden. Oder damit ich mir meiner Grenzen bewusst wurde. Und es schien geklappt zu haben. Denn obwohl ich mich in den ersten Tagen nach ihm verzehrt hatte, ihm im Unterricht hinterher schmachtete und mir deswegen ein Trank nach dem anderen misslang, hörte dies schon nach kurzer Zeit auf. Meine Noten wurden trotzdem nicht besser - und damit wären wir schon beim nächsten Thema.
 

Ich meldete mich eigentlich gar nicht mehr im Unterricht. Und wenn ich gar nicht meine, meine ich auch gar nicht. Es war wie anfangs, bevor mir Grey durch unsere Gespräche neuen Mut gemacht hatte, ich war zu nichts mehr nütze und döste den ganzen Tag lang, hörte gerade noch soviel zu, dass ich mich nicht in meinen Gedanken verlieren konnte.
 

Lustlos blätterte ich eine Seite der Karte um und starrte auf einen der Türme - ja, es war genau der Turm - und beobachtete den kleinen Schriftzug von Grey, an dem ich keine Fußspuren wahrnahm; nur wenige Meter entfernt, durch eine Wand getrennt, konnte ich Remus sehen.
 

Meine Augen waren kurz davor zuzufallen, und ich war froh, dass die lang ersehnte Müdigkeit anscheinend doch noch vorhatte, mich zu erreichen, als ich einen kleinen, mit einem Namen versehenen Fußstapfen vor Greys Büro sah. Auf einmal wacher als zuvor blinzelte ich mir den körnigen Schlaf aus den Augen und entzifferte die verschlungenen Buchstaben, deren Besitzer gerade das Büro betrat.
 

Draco Malfoy.
 

Ich merkte, dass meine Finger sich fester in das alte Pergament krallten und kleine Falten darauf hinterließen. Wieso ist er bei Grey? Mein Lehrer konnte ihn schlecht erwarten, denn laut der Karte befand er sich unbeweglich in seinem Schlafzimmer, und da würde er mit Sicherheit nicht auf Malfoy warten. Das Gleiche galt für Remus.
 

Ich überlegte nicht lange, was zu tun war. Ich schwang mich über das Bett und zog mir schnell ein Hemd über meinen nackten Oberkörper; eine Schlafanzughose hatte ich an.
 

So leise und gleichzeitig schnell wie ich konnte, verließ ich den Schlafsaal und schlich mich hinunter in den Gemeinschaftsraum, ignorierte das Gezeter der Fetten Dame, die mir irgendetwas über die Unreife der heutigen Jugend hinterher rief und eilte zum höchsten Turm Hogwarts‘.
 

Der Weg kam mir unendlich lange vor, was wohl daran liegen mochte, dass ich nicht mehr so schnell laufen konnte oder aber auch, weil die Angelegenheit so dringend war und mir mein Unterbewusstsein einen Streich spielte.
 

Als ich ohne eine Unterbrechung endlich ankam, war ich erschöpft und wäre am liebsten wieder zurückgegangen oder besser noch einfach hier eingeschlafen, doch ich riss mich zusammen. Die Tür zum Klassenzimmer war offen und so tapste ich leise hinein, nachdem ich durch den Türspalt gelugt und mich vergewissert hatte, dass die Luft rein war.
 

Die Tür zu Greys trautem Heim war geschlossen, stellte ich fest; Malfoy musste sie zur Sicherheit wieder hinter sich zugezogen haben.
 

Ich lauschte an der Tür.
 

Ich hörte Stimmen.
 

Dann ein lautes Poltern und Krachen.
 

Geschockt riss ich einen Moment später die Tür auf, den Zauberstab, den ich zur Sicherheit und mangels einer Taschenlampe mitgenommen, hatte erhoben und sah mich einer ungewöhnlichen Szene gegenüber.
 

Im Büro befanden sich genau zwei Personen - Grey und Malfoy, wobei Letzterer halb auf dem Schreibtisch lag; Grey über ihn gebeugt.
 

Mein Mund stand offen.
 

„Das …“ Meine Stimme war leise, doch als sich die beiden aus ihrer Starre lösten, ihre Köpfe zu mir drehten und mich mit grauen beziehungsweise schwarzen Augen ansahen, war es um mich geschehen. „Das ist nicht wahr!“
 

Grey schien ein Stück seiner Fassung wieder gefunden zu haben, denn auf einmal richtete er sich auf, warf dem zerzausten Malfoy noch einen kurzen Blick zu und richtete ihn dann wieder auf mich, die Arme beschwichtigend erhoben.
 

„Harry, ich kann alles erklär-“ wollte er anfangen, doch ich schnitt ihm das Wort ab.
 

„Erklären? Verdammt, trampeln Sie nicht so auf meinen Gefühlen herum!“ schrie ich ihn an, und ich sah mit Genugtuung, wie das Blut aus seinem Gesicht wich.
 

„G-Gefühle?“ stotterte er. „Was meinst du?“ Seine Stimme hatte einen gehetzten Ton angenommen.
 

Ich verschwendete keine Zeit in große Worte, sondern stürmte wutentbrannt auf ihn zu, drückte mit meiner rechten Hand seinen Nacken zu mir hinunter und küsste ihn mit aller Kraft. Ein Blitz durchfuhr mich von oben nach unten und ich spürte das Aufstellen meiner Nackenhaare, das seltsame Gefühl in der Gegend unter meinem Bauch.
 

Gerade wollte ich ihm meine zweite Hand um den Hals legen, als er mich mit Gewalt von sich stieß und ausholte.
 

Klatsch.
 

Verdattert stand ich da, konnte nicht begreifen, was er gerade getan hatte. Meine Wange brannte und war mit Sicherheit rot; der Schlag hatte mir die Tränen in die Augen getrieben.
 

„Pro-Profes…“ Meine Stimme zitterte.
 

„Was in Merlins Namen geht hier vor?“
 

Remus stand in der Tür zu seinem eigenen Zimmer, nur in Schlafsachen gekleidet und starrte mit großen Augen auf die Szene vor sich. Während weder ich noch Malfoy - der sich übrigens die ganze Zeit nicht um einen Millimeter bewegt hatte - zu einer Antwort fähig waren, drehte sich Grey langsam um, musterte Remus mit einem bedächtigen Blick und sagte schließlich mit rauer Stimme:
 

„Wir … hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.“ Ich sah, wie er seine Augen senkte und sich zugleich eine sanfte Röte über seine Wangen legte, als er sich wieder mir zuwandte. Einen Schritt trat er auf mich zu und legte mir die Hand auf die Schulter. Ich wich nicht zurück, vielleicht, weil ich doch noch die schwache Hoffnung hatte, dass er nur aus Reflex gehandelt hatte, und nicht, weil er es Ekel erregend gefunden hatte, was ich getan hatte.
 

„Tut mir Leid, Harry.“ sagte er ohne mich anzublicken und ich spürte, wie mein Herz schneller zu schlagen begann. „Ich … hätte dich nicht schlagen sollen.“ Mein Atem ging stoßweise.
 

Dann sah er auf. Seine Augen waren wie immer dunkel und leer und nicht ein bisschen der Wärme, die ich erwartet hatte, war in ihnen zu sehen. Gleichzeitig machte sich beißende Enttäuschung in mir breit.
 

„Du solltest besser wieder in deinen Schlafsaal. - Sie auch, Mr Malfoy.“ fügte er ohne den anderen auch nur anzusehen hinzu. „Sie haben ebenfalls nichts hier zu suchen. Wir sprechen uns morgen.“
 

Er ignoriert mich! Dies wurde mir in jenem Moment bewusst. Er ignorierte es einfach, dass ich ihn geküsst hatte - einen Lehrer, einen Mann, ihn selbst! - und redete weiter, als sei nichts geschehen. Die Frage, aus welchem Grund Malfoy hier war, die mich dazu bewogen hatte, überhaupt hierher zu kommen - was ein Fehler gewesen war, wie ich mir jetzt eingestehen musste - schien keinerlei Bedeutung mehr für mich zu haben.
 

In mir war nichts mehr.
 

Meine Wange brannte immer noch und ich spürte ein heißes Gefühl in meiner Kehle, das mir sagte, dass ich gleich anfangen würde zu weinen. Vor Grey. Vor Remus. Vor Malfoy. Das wollte ich ihnen nicht geben.
 

Ohne ein weiteres Wort stürmte ich hinaus aus dem kleinen, auf einmal viel zu engen Raum und rannte die Treppe hinunter. Meine Augen waren mittlerweile tränenvernebelt, ich zitterte unkontrolliert und mein Herz raste.
 

Dann knickte ich um und fiel in die Dunkelheit.
 

~~~~~*~~~~~

Hab ich euch wieder geschockt? *fg*

Feigheit

Kapitel XXVI : Feigheit
 

Es war nicht still, als ich aufwachte. Ich hörte Stimmen, Geklapper und ein leises Summen und Brummen. Die Stimmen gehörten den vielen Schülern und Schülerinnen Hogwarts‘, stellte ich kurze Zeit später fest, als ich wieder halbwegs klar denken konnte.
 

Ich öffnete die Augen. Das Klappern und das Summen stammte von der gleichen Quelle: Madam Pomfrey, die nur wenige Meter von mir entfernt einige Gläser und Flaschen mit dubiosen Inhalt sortierte und dabei leise ein Lied sang.
 

Ich wagte es nicht, mich zu bewegen, denn ich wollte nicht, dass sie schon bemerkte, dass ich wach war. Die Augen feste zusammenkneifend versuchte ich mich an den vorherigen Abend zu erinnern.
 

Vor mir tauchten Bilder auf. Bilder von Grey, wie er sich über Malfoy beugte, wie er mich ohrfeigte, wie ich hinausrannte. Dann nichts mehr.
 

Ich musste gefallen sein und mich irgendwo gestoßen haben. Wer hat mich hierher gebracht? Hoffentlich war es nicht Grey gewesen. Ich könnte ihm nie wieder in die Augen schauen. Kann ich auch so schon nicht!
 

Was hatte mich da bloß geritten, als ich ihn küsste? Ich schüttelte leicht den Kopf, bereute es aber sofort, weil mir ein scharfer Schmerz durch ebendiesen schoss. Ein leises Zischen verließ meine zusammengekniffenen Zähne.
 

Die Krankenschwester drehte sich sofort um und wuselte zu mir hinüber.
 

„Wie geht es ihnen, Mr Potter?“ fragte sie und ich fühlte mich augenblicklich an den Morgen nach meiner ersten Verwandlung erinnert, als sie mich genau das Gleiche gefragt hatte.
 

„Scheiße.“ antwortete ich wahrheitsgemäß und sie schmunzelte. „Wer hat mich-“

„Professor Grey, er schien mir ziemlich durch den Wind zu sein.“ sagte sie noch bevor ich meine Frage zu Ende bringen konnte.
 

„Grey?“ Das kann doch nicht wahr sein!
 

„Professor Grey!“ wies sie mich zurecht und fixierte die Flaschen, die sie gerade noch sortiert hatte, zog schließlich eine heraus und goss ein wenig des Inhaltes in ein Glas, das sie mir hinhielt.
 

„Was ist das?“ fragte ich misstrauisch und roch daran. Es war kein angenehmer Geruch.
 

„Damit ihre Prellungen schneller heilen.“ sagte sie. „Sie haben Glück, dass sie noch so glimpflich davongekommen sind. Was hatten Sie bitte sehr um diese Zeit da zu suchen?“ herrschte sie mich an.
 

Ich senkte den Blick, denn ich würde ihr die Antwort wohl schuldig bleiben. Nach einer Weile hörte ich ihr missbilligendes Schnauben und das Geräusch ihrer sich entfernenden Schritte.
 

Deprimiert wollte ich noch einmal die gestrige Nacht Revue passieren lassen, brach jedoch bald wieder ab, als ich das Gefühl hatte, dass sich meine Kehle zuschnüren würde. Ich hatte ganz großen Mist gebaut, das wusste ich, dennoch konnte ich nicht umhin, doch noch so etwas wie ein wohlig warmes Gefühl in meinem Bauch aufsteigen zu lassen.
 

Egal, was passiert war, ich bereute es nicht, denn es hatte mir etwas Wichtiges beigebracht: Tu was du willst, denn das ist das Leben, mit all seinen Fehlern.
 

Lächelnd schloss ich die Augen und schlief wieder ein.
 

~~~~~*~~~~~
 

Eine Woche war seitdem vergangen. Grey behandelte mich inzwischen nur noch wie einen normalen Schüler. Es war nicht so, dass er im Unterricht anders mit mir umging als sonst, denn da hatte er mir immer schon keine besondere Behandlung zukommen lassen. Doch er lud mich nicht wieder zu einem Tee oder sogar einem Gespräch ein, war immer schon verschwunden, wenn ich mir extra viel Zeit ließ, um ihn nach dem Unterricht noch einmal anzusprechen.
 

Er ließ mir keine Chance, meine Tat zu entschuldigen und mit der Zeit begann ich sie doch zu bereuen. Ob das seine Absicht ist? Doch diese Überlegung nahm nur einen kleinen Teil in mir ein, denn ich konnte nicht so recht daran glauben, nicht, nachdem er sich direkt nach seiner Ohrfeige bei mir entschuldigt hatte. Doch ist es das wirklich gewesen? War es nur eine Formalität gewesen? Weil Remus auf einmal aufgetaucht war?
 

Ich fragte mich, ob Remus noch einmal mit ihm gesprochen hatte. Ich hatte bisher noch nicht mit ihm reden können, weil ich mich noch nicht getraut hatte, durch Greys Büro zu ihm zu gehen.
 

Ich hatte aufgegeben. Die Beziehung zu Grey war zerstört, die zu Remus dadurch ebenfalls, und die zu Malfoy hatte nie existiert.
 

Malfoy. Sein Name war wie ein heißer Schmerz in meiner Seele, er brannte sich mir durch und durch meinen Körper und hörte nicht mehr auf. Ich hatte es zu weit kommen lassen, viel zu weit, und jetzt musste ich die Folgen dessen tragen, was ich mir selbst mit meiner Feigheit angetan hatte.
 

Verlust.
 

Schmerz.
 

Tod?
 

Ja, ich hatte darüber nachgedacht, doch auch dieser Weg erschien mir feige. Wäre es nicht erbärmlich, ihn zu gehen? Malfoy würde über mich lachen, an meinem Grab. Und ich musste mir eingestehen, dass ich nicht den Mut aufbrachte, mir selbst das Leben zu nehmen. Ich hatte Angst, Angst vor dem Schmerz und der Tatsache, dass danach nichts mehr war, dass es endgültig war und ich es nicht mehr rückgängig machen konnte.
 

~~~~~*~~~~~
 

Es regnete schon seit ich aufgestanden war. Es war Samstag und der dunkle Himmel war verhangen mit schwärzlichen Wolken, aus denen ab und zu ein greller Blitz gen Erde zuckte. Ich stand in einen dünnen Pullover und in meinen Schulumhang gekleidet auf einem der vielen Türme Hogwarts‘. Der Wind zerrte an dem schwarzen Stoff und schlang in mir um die Beine, doch es kümmerte mich nicht im Geringsten.
 

Ohne jeglichen Gesichtsausdruck starrte ich hinaus in die Dunkelheit, die die ganze, jetzt im Winter so schöne, weiße Landschaft verschluckte. Meine Augen tränten von dem beißenden Wind.
 

„Langeweile, Potter?“
 

Ich erschrak und stolperte über den Saum meines Umhangs, der sich just diesen Moment dazu ausgesucht hatte, sich gegen meine Beine zu pressen. Mit einem Aufkeuchen fiel ich auf den harten Boden. Meinen Blick gen ebendiesen gerichtet, atmete ich einige Male durch, ehe ich den Kopf hob und Malfoy direkt ins Gesicht sah.
 

„Halt die Klappe, Frettchen.“ presste ich hinter zusammengepressten Zähnen hervor und stütze meine Hand auf den Stein, um mich aufzurichten.
 

Doch Malfoy war schneller. Rasch kam er auf mich zu und trat mir mit seinem linken Fuß auf dieselbe Hand.
 

„Na, na, na, ich bin noch nicht fertig mit dir!“ Er grinste und zeigte dabei makellose, weiße Zähne. „Sag …“ Er schaute weg und starrte lächelnd in die Finsternis, als suchte er dort irgendetwas, was ihm vorsagte, was er mir Herzloses entgegenschleudern sollte. „Was willst du hier oben?“
 

Diese Frage brachte mich ein wenig aus dem Konzept. Wenn ich ehrlich war, hatte mein Unterbewusstsein erwartet, dass er mich wieder einmal niedermachen würde, mich verletzen würde, auch wenn ich mir selbst dessen nicht ganz so bewusst war.
 

„W-Was?“
 

Malfoy zog gespielt ärgerlich die Augenbrauen zusammen.
 

„Kannst du mir nicht mal eine einfache Frage beantworten, hm?“
 

Ich verzog den Mund. Der Druck auf meiner Hand schmerzte allmählich.
 

„Malfoy … Geh runter von meiner Hand!“ fauchte ich ihn an.
 

Doch er lächelte nur.
 

„Ah, willst du auch noch Forderungen stellen?“ Die Spitze seines Schuhs bohrte sich in meine Haut. „Hach …“ sagte er und schloss verträumt die Augen. „Ist es nicht ein schönes Wetter?“ Ein Blitz hellte sein Gesicht unnatürlich auf. „Es passt zu deiner Stimmung, nicht wahr? Dunkel … aufbrausend. Was für ein ungezügeltes“, die Spitze riss die oberste Schicht meiner Haut auf, „Temperament du doch hast.“
 

Er zog seinen Fuß zurück und grinste mich an. Heftig atmend zog ich meine verletzte Hand an mich ran und senkte den Blick. Ich konnte dieses Grinsen nicht ertragen; es war, als würde mir ein Dämon entgegenblicken.
 

„Potter …“ Der Ton in seiner Stimme hatte sich verändert, war vom Boshaften ins Raue hinüber geglitten. „Du weißt doch, wer dein Herr ist?“
 

Ich antwortete nicht, schluchzte trocken auf und flüsterte leise:
 

„Geh weg.“
 

Er schwieg und nur das Tosen des Sturmes draußen war zu hören. Nach einer Weile hörte ich ein Seufzen.
 

„Komm.“
 

Ich sah auf, mein Körper zitternd vor Kälte und Angst, meine Augen vernebelt. Er stand vor mir, eine Hand einladend zu mir hinuntergestreckt.
 

„Mal … foy?“ Ich spürte, wie mich meine Kraft verließ, noch während ich sie aus selbst mir verschleierten Gründen ergriff und mich von ihm hochziehen ließ. Sofort drückte er mich an sich.
 

Sein Körper war warm, ganz anders, als ich es ob der Eisigkeit seiner Stimme vermutet hatte. Ich konnte nicht anders; in diesem Augenblick war es mir egal, dass er der Auslöser meiner Probleme war - ich schmiegte mich dicht an ihn und presste meine Nase in den samtenen Stoff seines Umhangs. Atmete tief ein.
 

Dieses Mal versuchte er nicht, irgendetwas zu tun. Stattdessen hatte er seine Arme um mich geschlungen, und seinen Kopf an meinen gelegt. Es war seltsam, dass er sich so benahm, das wurde mir erst nach einiger Zeit bewusst, eine Zeit, an die ich mich kaum erinnere, denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, mich bei ihm, ausgerechnet ihm, auszuheulen und den Duft seines Umhangs zu inhalieren.
 

Als mein Zittern langsam nachließ, schob er mich von sich. Sein Gesicht trug einen ernsten Ausdruck, seine Augenbrauen waren zusammen gezogen.
 

„Sag …“ hob er an. „Wolltest du dich umbringen … Harry?“
 

~~~~~*~~~~~

Und das ist der Anfang einer Szene, die sich über sage und schreibe fünf Kapitel erstreckt ôO Viel Spaß .___.

Wolltest du

Kapitel XVII : Wolltest du
 

Das Lärmen des Sturmes hinterließ ein taubes Gefühl in meinen Ohren. Ich ließ meine Hände hinabsinken und ballte sie zu Fäusten, bis sich meine kurzen Fingernägel in meine Handballen krallten. Meine Kehle war wie zugeschnürt, meine Schultern fingen wieder zu zucken an und ich wusste, dass ich gerade im Begriff war, Malfoy mein Innerstes, mein Verletzlichstes zu zeigen.
 

„Du musst nicht antworten, ich weiß es auch so.“ sagte er nach einer Weile und drehte sich um.
 

„Das ist nicht wahr!“ rief ich aus und er hielt mitten in der Bewegung an.
 

„Nein?“ Seine Stimme war leise. Gern hätte ich den Ausdruck in seinem Gesicht gesehen, doch es lag halb im Schatten und halb war es von mir weggedreht.
 

„I-Ich wollte mich nicht … du weißt schon.“ Ich schluckte, in der Hoffnung, meine heisere Kehle etwas zu befeuchten. „Ich … wollte nur allein sein.“
 

Ein Schnauben war zu hören.
 

„Wie …“ Ich sprach nicht zu Ende, doch Malfoy wandte sich mir wieder zu.
 

„Wie was?“ hakte er nach. Meine Schultern sanken nach unten.
 

„Wieso bist du hierher gekommen? Wusstest du, dass ich hier bin?“
 

Er nickte, dann schüttelte er den Kopf.
 

„Nein.“ sagte er schlicht und sah zur Seite, seufzte und fuhr dann fort. „Ich hab dich gesucht.“
 

Das war ja so klar, dachte ich resigniert und seufzte innerlich, denn ich traute mich nicht, dieses Zeichen nach außen hin zu tragen.
 

„Und?“ fragte ich, die ‚Sache‘ vorantreiben wollend. „Was hast du jetzt vor … mit mir, meine ich.“
 

Malfoy antwortete mir nicht. Es schien mir, als sei sein Geist in weite Ferne abgerückt. Er stand da, die Hände in die Taschen seines Umhangs gesteckt und schaute durch mich hindurch. Hinter ihm prasselte der Regen einen lauten, unregelmäßigen Rhythmus.
 

„Okay …“ Ich wartete kurz, doch als er nicht antwortete, sprach ich weiter. „Dann werde ich mal gehen.“
 

„Nein!“ Urplötzlich war wieder Leben in ihn gekommen, er überbrückte den kurzen Abstand zwischen uns mit wenigen gerannten Schritten und fasste mich am Arm, hielt mich fest. „Du bleibst hier!“
 

Ich versuchte, mich von ihm loszueisen, doch er was zu stark.
 

„Lass mich los!“ schrie ich. „Verdammt, lass mich! Lass-“
 

Er verengte seine grauen Augen zu Schlitzen, als er mich zu sich riss und mich mit beiden Armen an sich presste, damit ich noch weniger die Chance hatte zu entkommen.
 

„Nein.“ flüsterte er und ich hörte auf, wie verrückt zu brüllen, um zu verstehen, was er sagte. „Hast du es schon vergessen?“
 

Das Heben und Senken meiner Brust schmerzte allmählich und ich wollte mit aller Kraft wieder ruhig werden, doch ihm so nahe zu sein, ließ dies nicht zu, sondern ließ mich nur noch mehr zittern.
 

„Was … habe … ich vergessen?“ presste ich hervor, denn ich konnte nicht mehr richtig atmen.
 

Malfoy schien mir erst nicht glauben zu wollen, doch dann wandelte sich sein ernstes Gesicht wieder in jenes um, dass ich von ihm kannte; seine Mundwinkel zogen sich nach oben und brachten so ein breites Grinsen zustande.
 

„Dass du mein bist.“ sagte er schlicht. „Weißt du, was das zu bedeuten hat?“ Er wartete gar nicht erst eine Antwort meinerseits ab. „Es bedeutet, dass ich dir auf Schritt und Tritt folgen werde. - Nein, du wirst das tun! Für jede einzelne deiner Handlungen wirst du in Zukunft meine Genehmigung brauchen, für jede, hast du mich verstanden?“ Die letzten Worte schrie er mir ins Ohr, während sich seine Hände auf meinem Rücken festkrallten.
 

Wenn ich ehrlich war, verstand ich jedoch gar nichts mehr. Nicht, warum er auf einmal so außer sich war, warum er nicht wie sonst immer diese eisige Ruhe bewahrte, die mich in den Wahnsinn getrieben hatte.
 

„Ich … verstehe nicht …“ wisperte ich leise.
 

Doch es kam keine Antwort zurück. Immer noch hielt er mich so fest, dass ich mich kaum bewegen konnte und gab kein Anzeichen von sich, dass er mich gehört hatte. Minuten verstrichen, und als ich immer noch keine Antwort erhalten hatte, wollte ich mich abermals von ihm lösen.
 

Sein Griff war so stark wie eh und je.
 

„Lass mich endlich gehen!“ schrie ich wütend.
 

„Hör zu.“
 

„Hä?“
 

Seine Stimme war leise, so dass ich sie fast nicht verstehen konnte, doch ihre Schwäche hatte nichts mit der Kraft seines Griffes zu tun.
 

„Potter, ich will nicht, dass du wieder so einen Quatsch machst.“ meinte er bestimmt. Ärgerlich zog ich die Augenbrauen zusammen.
 

„Hast du‘s immer noch nicht kapiert? Ich wollte-“
 

„Sei still, wenn ich mit dir rede!“ unterbrach er mich rüde.
 

„Du hast kein Recht dazu!“ Sein Körper bebte und ich versteifte mich, wusste nicht, was dies zu bedeuten hatte. „… Was?“
 

„Kein Recht?“ fragte er und brach in Gelächter aus. „Kein Recht? Hast du es noch nicht kapiert, dass du kein Recht hast?“ Seine Stimme war lauter geworden, und Angst einflößender. „Du wirst nie mehr auch nur ein einziges Recht haben, Potter.“ Er zog eine Grimasse.
 

Mein Atem ging schnell, während ich spürte, wie sich in mir etwas zusammenzog. Das …
 

„Das meinst du doch nicht ernst!“
 

Etwas in seinem Blick änderte sich. Seine Arme zogen sich fester um meinen Körper und er presste mich an sich, bis ich das Gefühl hatte, wir würden verschmelzen - was vielleicht auch nur von der Hitze kam, die er ausstrahlte.
 

„M-Malfoy, das-“
 

„Klappe.“ Und mit diesem Wort küsste er mich.
 

Während ich versuchte, meinen Kopf von ihm wegzudrehen, fuhr seine eine Hand - ich hatte keine Ahnung, welche es war - meinen Rücken hinauf und krallte sich brutal in meinen Haaren fest, sodass ich stillhalten musste, um mich nicht zu verletzen. Mein Knie zuckte, bereit, dasselbe mit seinen unteren Regionen zu tun wie das letzte Mal, doch da ließ er plötzlich von mir ab, jedenfalls soweit, dass er mir in die Augen blicken konnte.
 

„Wag es ja nicht.“ wisperte er, seine Augen verschleiert. „Diesmal werde ich mich nicht so schnell abwimmeln lassen …“
 

Damit näherte er sich wieder meinem Gesicht und schloss halb die Augen.
 

Doch egal, was er gesagt hatte, ich hatte nicht vor, ihm alles zu erlauben, was er mit mir vorhatte. So fest wie ich konnte stieß ich mein Knie wie schon einmal nach oben.
 

Er schien vorbereitet darauf gewesen zu sein, denn anstelle von - nun ja, dem, was ich halt erwartete, traf mein Bein auf seines. Der plötzliche Schmerz ließ mich aufschreien.
 

„Das war gegen die Spielregeln.“ hauchte Malfoy mir ins Ohr, während ich verbissen versuchte, in meinem Gesicht keinen allzu großen Ausdruck des Schmerzes widerspiegeln zu lassen.
 

Seine freie Hand schob sich unterdessen unter mein Hemd, wo sie wieder weiter rauf fuhr.
 

„Ah, lass das!“ fauchte ich, doch er kümmerte sich nicht um mich, sondern biss mir nicht gerade sanft ins Ohr.
 

„Warum sollte ich?“ fragte er unschuldig, als er von meinem Ohr abließ und seine Stirn bedächtig gegen meine lehnte. „Es macht doch gerade so viel Spaß.“ Er lachte leise, sodass sein warmer Atem über mein Gesicht streifte.
 

Spaß? Der Ansicht war ich nicht gerade; meine Gedanken flogen hin und her, auf der Suche nach einer Möglichkeit ihm zu entkommen. Plötzlich drängte sich mir eine Idee auf.
 

„Argh!“ Ich verzog das Gesicht und schlug die Arme vor den Bauch. Sofort ging er auf Abstand.
 

„Potter?“ Seine Augenbrauen fragend zusammengezogen starrte er mich halb entsetzt, halb misstrauisch an. „Was hast du? Es ist doch noch gar kein Vollmond!“
 

„I-Ich … ich glaub ich vertrage den Trank nicht!“
 

Malfoys Augen weiteten sich.
 

„Was? Aber … geht - nein, hör zu - sag mir, wo tut es weh?“
 

Das war nicht Teil meines Plans gewesen. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er mich dann in den Krankenflügel gehen lassen würde. Ich musste also noch ein wenig weiter schauspielern.
 

„Es … tut ziemlich weh, bitte, lass … mich in den Krankenflügel gehen!“
 

Eine Sekunde lang stockte er, dann wurde er wieder ruhig.
 

„Nein, so kann ich dich nicht gehen lassen. Nachher fällst du mir noch die Treppe runter oder so … Ich werde mich darum kümmern. Also? Der Magen, nicht wahr?“ Noch ehe ich realisierte, was er damit meinte, hatte er mich bereits zu Boden gedrückt und mir den Umhang mitsamt des Hemdes hochgezogen. „Eine kleine Massage hilft oft.“ sagte er aufgrund meines fragenden - und ängstlichen - Blicks.
 

„Ja … okay.“ Ich war zu überrascht, um meinem Plan noch weiter folgen, geschweige denn mich wehren zu können. Stattdessen lag ich da, während er sich neben mir ausstreckte und mir tatsächlich sanft eine Hand auf den Bauch legte.
 

„Entspann dich.“ Als ich zu ihm sah, bemerkte ich, dass er die Augen geschlossen hatte.
 

Seine Hand begann sich leicht zu bewegen und ich spürte, wie ich, obwohl ich nicht in geringster Weise Bauchschmerzen hatte, ruhiger und mein Atem gleichmäßiger wurde.
 

Nie hätte ich so etwas von ihm erwartet.

Er

Erst mal ein ganz großes Danke an euch! >3< 200 Kommentare! Ich bin geplättet! <3 Danke an MikaChan88 für diese schöne runde Zahl ^.~

Ich halte euch dann mal nicht zu lange auf |D
 

Kapitel XVIII : Er
 

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seitdem wir hier lagen, denn diese zog sich elend langsam hin. Malfoys Finger fuhren immer noch in gleichmäßigen Bewegungen über meinen Bauch.
 

„Ist es jetzt besser?“ fragte er nach einer Weile.
 

Scheiße! Was soll ich sagen? Denn wenn ich ‚ja‘ antwortete, würde er da wieder fortfahren, wo er aufgehört hatte, bei einem ‚nein‘ jedoch würde er hier weitermachen. Was sollte ich also tun? Hm …
 

„I-Ich … es - es tut immer noch höllisch weh, es wird immer schlimmer!“ log ich ihm vor. Obwohl ich ihn nicht ansah, konnte ich förmlich spüren, wie er seine Augenbraue hochzog
 

„Ist das so, ja?“ fragte er gedehnt. Seine Hand hatte in ihrer Aktivität aufgehört. „Hm … Weißt du, ich kenne noch eine andere Möglichkeit gegen Bauchschmerzen.“ Er lachte leise vor sich hin, dann geschah das für mich Unfassbare: Malfoy umfasste meine Taille mit der einen Hand und rollte sich tatsächlich auf mich.
 

„Ähm … M-Malfoy?“
 

„Ja …?“ Malfoy schien seine Position ziemlich zu genießen. „Und, wird es schon besser … oder … wärmer vielleicht?“
 

Mir was das alles allerdings alles andere als angenehm.
 

„Ich-“
 

„Ach, tu doch nicht so.“ meinte er und machte es sich bequem, streckte dann seine Arme aus und hielt mit ihnen meine eigenen über meinem Kopf fest. „Meinst du etwa, ich hätte dir auch nur eine Sekunde lang geglaubt?“
 

Das hatte gesessen.
 

„Wie? Du - du hast es die ganze Zeit gewusst?“
 

Ich dachte auch nicht einen Moment lang daran, weiterhin zu lügen; der selbstsichere Ausdruck in seinen Augen sprach Bände.
 

„Natürlich.“ meinte er gelassen.
 

„Was?“
 

Er lachte kurz und laut auf, dann verstummte er plötzlich. Stille, bis auf den Lärm des Regens.
 

Sein Kopf senkte sich hinab in die kleine Mulde zwischen meinem Hals und meiner Schulter, wo er mich mit seiner Nase berührte und dort an meiner Haut entlangfuhr.
 

„Hm … du hast wunderbare Haut …“ nuschelte er versonnen; sein Atem kitzelte mich, während ich anfing zu zittern.
 

Natürlich störte ihn das nicht im geringsten. Stattdessen ließ er seine Nase leicht über mein Schlüsselbein weiter nach unten gleiten, hielt kurz inne, um meine Arme mit sich zu ziehen und fuhr dann fort. Ich hatte die Augen fest zusammengekniffen, denn ich wollte wenigstens nicht so hilflos nach oben schauen, während er mit mir beschäftigt war.
 

Inzwischen hatte er die Stelle erreicht, wo eben noch seine Hand gewesen war, und hielt ein weiteres Mal an.
 

„Du bist so leicht zu kriegen.“
 

Dieser Satz ließ mein Herz für einen Moment still stehen. Leicht zu kriegen? Hatte ich nicht alles getan, um mich zu wehren? Ich hatte mit Hermine geredet, ich hatte ihn einmal verprügelt, ich hatte ihm sonst wo hingetreten - hatte das alles nichts genutzt? War es alles nur ein Spiel für ihn? ‚Das war gegen die Spielregeln.‘ Ich erinnerte mich, wie er es eben noch gesagt hatte, ruhig, als hätte er gerade nichts weiter als eine Tatsache erläutert, die ihn im Grunde nichts anging.
 

Zitternd atmete ich ein.
 

„Malfoy …“ Er ignorierte mich. „Malfoy … in der Nacht, wo … du mich in den Kerker gebracht hast …“
 

Bei diesen Worten stoppte er sofort in seiner Tätigkeit.
 

„Wie kommst du jetzt darauf?“ fragte er misstrauisch und hakte dann nach: „Welche Nacht?“
 

„Ich habe mich verwandelt … bei dir.“
 

Malfoys Augen weiteten sich unnatürlich, als er sich an jenen Abend zu erinnern schien, wo er mich auf dem Weg zu meinem Kerker aufgegriffen hatte, kurz bevor der Vollmond hinter den Wolken hervorgetreten war. Er hatte mich in Sicherheit gebracht, dort, wo mich niemand finden konnte.
 

„Wieso warst du so … anders?“
 

Auch jetzt war er anders, zeigte sich jedoch wiederum von noch einer anderen Seite. Jegliche Emotion war aus seinem Gesicht gewichen, alles, was mir irgendetwas hätte sagen können, war verschwunden und undeutbar. Seine klaren Augen starrten mich an, als hätte er mich noch nie gesehen, bis er schließlich den Kopf hängen ließ, sodass seine Haare wie ein Vorhang seine Miene versteckten.
 

„Du konntest mich verstehen?“
 

Die Frage wog schwer, das konnte ich spüren, doch ich beantwortete sie ohne zu zögern.
 

„Natürlich konnte ich. Ich hab doch den Trank bekommen.“
 

Scharf sog er die Luft zwischen seinen Zähnen ein, sodass es zischte.
 

„Und was denkst du jetzt von mir?“ fragte er.
 

Ich schwieg. Wenig später verstärkte sich der Druck auf meinen Handgelenken um ein Vielfaches, sodass es schmerzte.
 

„Malfoy, du tust mir weh!“ raunzte ich ihn an, doch natürlich ließ er diese Aussage einfach an sich vorbeifliegen.
 

„Ich habe dir eine Frage gestellt, Potter.“ sagte er ruhig - jedenfalls glaubte ich, dass es so klingen sollte, doch das tat es nicht, wenn man genau aufpasste: Ein winziger Hauch von Unsicherheit schwang unheilvoll in seiner Stimme mit.
 

„Du tust mir immer noch weh, verdammt!“ Und tatsächlich lockerte er seinen Griff etwas.
 

„Zufrieden?“ fragte er, immer noch mit gesenktem Kopf. „Also, was?“
 

Ich seufzte lautlos.
 

„Ich … Ich frage mich …“ Ich stockte, war mir nicht sicher, wie er darauf reagieren würde, was ich zu sagen hatte.
 

„Was fragst du dich?“ Er schien langsam ungeduldig zu werden, also beeilte ich mich mit der Antwort.
 

„Warum versteckst du dich immer so? Wieso kannst du nicht immer so sein wie damals?“ Die Worte sprudelten schneller aus mir heraus, als ich es erwartet hätte, und ich schluckte, denn ich hatte Angst, was er jetzt tun würde.
 

Er tat gar nichts. Er sagte auch gar nichts. Er hockte einfach nur da - wohlgemerkt immer noch auf mir - und zerrte an meinen Nerven.
 

„Was würdest du denn tun?“ fragte er schließlich leise.
 

„Was?“ Ich verstand ihn nicht.
 

„Was würdest du denn tun, wenn du keine verdammte andere Wahl hast!“ Seine Stimme war lauter geworden und als er mir endlich wieder in mein Gesicht blickte, war in dem seinen nichts als lodernder Hass zu sehen. Nichts außer - Verzweiflung? „Außerdem, tust du denn etwas anderes? Du versteckst dich doch auch vor dem Ministerium!“
 

„Weil die mich umbringen werden, wenn die herausfinden, was ich bin, scheiße noch mal!“ rief ich. „Dir würde es garantiert nicht schaden, wenn-“
 

„Du hast doch keine Ahnung! Ich …“ Er brach ab.
 

Seine Schultern zuckten.
 

Es dauerte einige Sekunden, die ich zum Realisieren brauchte. Der Druck auf meinen Armen minderte sich immer mehr, doch in diesem Augenblick dachte ich aus irgendeinem dubiosen Grund kein bisschen an Flucht.
 

Ich richtete meine Sinne wieder auf ihn, als er mich mit wispernder Stimme ansprach.
 

„Du weißt ja nicht, wie Er sein kann …“ Ich hörte, wie er mühsam schluckte. „Er erwartet immer so viel von mir. Ich bin wie Er. Und ich werde es immer sein, bis zu seinem Tod … oder dem meinen.“ Ohne weitere Worte stand er auf, drehte sofort seinen Kopf von mir weg, sodass ich ihm nicht ins Gesicht sehen konnte. „Du hast keine Ahnung.“ wiederholte er. „Du Held.“
 

Und dann tat er etwas, was ich in diesem Moment am wenigstens von ihm erwartet hätte.
 

Er lachte.
 

Es war kein fröhliches Lachen, nein, es war das Lachen von jemanden, der einfach am Ende seines Verstandes angelangt war. Jemand wie Malfoy?
 

Nein. Immer wenn ich ihn mir angesehen hatte, hatte ich das Gefühl gehabt, dass hinter seiner Fassade aus Eis und Gemeinheit mehr steckte, dass er zu mehr fähig war.
 

„Oh, Merlin … Das war lustig … Hast du mir das gerade abgekauft?“
 

Fassungslos starrte ich ihn an; meine Augen brannten verräterisch.
 

„Du …“ Meine Stimme bebte. „Du Idiot!“
 

Ich stieß mich vom Boden ab und rannte auf ihn zu, bereit dafür, mich auf ihn zu stürzen und all meine Wut an ihm auszulassen. Doch dazu sollte es nie kommen. Kurz bevor ich ihn erreichte, streckte er mir seinen eigenen Arm entgegen, gegen den ich mit all der Kraft, die ich in meinen Lauf gelegt hatte, prallte.
 

„Der einzige Idiot hier bist du, Potti.“ sagte er lächelnd und vergrub abermals seine Hand in meinen Haaren, bog meinen Nacken nach hinten. „Hm …“ Seine Stimme zeugte von Anerkennung. „So gefällst du mir schon viel besser.“
 

Sein Gesicht kam dem meinen immer näher; schließlich biss er mir in den Hals, so sehr, dass es wehtat. Ich japste auf, als ich plötzlich die Wärme meines eigenen Blutes spürte, das aus einer kleinen Nebenader troff.
 

„Spinnst du?“ hisste ich, bereute es jedoch sofort aus zwei Gründen: Erstens tat das Sprechen mit seinen Zähnen an meinen Hals unangenehm weh, zweitens verfestigte sich sein Griff in meinen Haaren und er sah mich mit einem eindeutigen Blick an.
 

Plötzlich spürte ich etwas anderes an der empfindlichen Haut an meinem Hals. Malfoys Zunge strich mir langsam über diesen, arbeitete sich immer weiter vor und dorthin, wo ich sie eigentlich gar nicht haben wollte - mal abgesehen davon, dass ich Malfoys Zunge an keiner Stelle meines Körpers haben wollte.
 

Besagtes Teil seiner Anatomie fuhr mir gerade über mein Kinn, verharrte dort kurz. Ich konnte förmlich spüren, wie er in sich hineingrinste, als er mich fordernd küsste.
 

Wie immer war ich ihm völlig ausgeliefert.
 

Bis die Tür auf einmal klackte.
 

~~~~~*~~~~~

Omfg, dieses Kapitel kommt mir beim zweiten Durchlesen ziemlich ... sadistisch vor? ^^° Nicht, dass das deswegen noch unter Adult kommt xD

Spiel

Kapitel XXIX : Spiel
 

Malfoy schreckte hoch und stolperte sofort zwei Schritte von mir weg, jedoch zu spät, denn die erschrockene Person, die jetzt auf der Schwelle der Tür stand, hatte bereits die Hand auf den Mund geschlagen. Ich wollte bereits zu irgendetwas Sinnvollem ansetzen - auch wenn ich wirklich keine Ahnung hatte, was man in so einer Situation sagen konnte - da übernahm das schon Malfoy mit seiner wie üblich schnarrenden Stimme für mich.
 

„Schockiert … Granger?“
 

Mit einem furchtbaren Gefühl in der Magengegend sah ich auf, blickte ihr kurz in die Augen, erschrak und schaute weg. In ihnen war nur Entsetzen zu sehen. Ein Entsetzen, in welchem Ausmaß ich es noch nie gesehen hatte, weder bei ihr noch bei sonst wem, so klar und kalt wie nie zuvor.
 

„Wieso …“
 

Ihre Stimme zitterte; ich wusste, was sie mich fragen wollte.
 

„Ich wollte nicht, dass du dir zu viele Sorgen machst.“ wisperte ich leise mit gesenktem Kopf. Meine Wangen glühten.
 

„‘Ich wollte nicht, dass du dir zu viele Sorgen machst!‘“ äffte Malfoy mich nach. „Rührend.“
 

„Sei still! Was hast du mit ihm gemacht?“ schrie Hermine ihn an, doch jener lachte nur.
 

„Ist das nicht offensichtlich?“ fragte er, fasste sich dann leicht an den Hals, an die Stelle, welche bei mir schmerzhaft pochte.
 

Hermines Atem ging heftig und keuchend, obwohl ich wusste, dass sie nicht gerannt war, weil wir sie sonst gehört hätten. Die Treppen in den Türmen hallten stark nach.
 

„Du …“ Sie zögerte kurz, löste dann ihre rechte Hand aus ihrer Faust und zeigte wutentbrannt auf Malfoy. „McGonagall wird davon erfahren!“ schrie sie, dann stürmte sie auf mich zu und packte mich am Arm. „Los, lass uns gehen.“ Ihre Stimme war wieder sanfter geworden.
 

Sie zog an mir, doch ich stemmte die Füße in den Boden. Verwundert sah sie mich an.
 

„Was ist los? Du willst doch nicht etwa noch länger hier bleiben? - Bei ihm!“
 

Ich schluckte.
 

„Hermine, ich kann nicht.“ sagte ich.
 

„Warum? Verdammt, nur weil er dich erpresst? Wir werden ihm schon das Maul stopfen!“ Sie schien wirklich sauer zu sein, denn es war das erste Mal, dass ich sie solche Ausdrücke in den Mund nehmen hörte. Das Schlimme jedoch war, dass sie etwas ausgesprochen hatte, dessen Enthüllung ich unbedingt hatte vermeiden wollen. Die Erpressung.
 

„Du hast es ihr erzählt?“ Malfoy schien sprachlos zu sein. „Habe ich dir das nicht verboten, verdammt noch mal?“
 

„Verboten?“ Hermine ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen. „Harry, lass dich nicht so von ihm herumschubsen! Vor allem nicht … bei so was!“
 

Meine Augenlider wurden heiß; ich wollte hier nur noch weg. Doch ich konnte nicht, er würde mich nicht lassen.
 

„Du tätest gut daran, jetzt zu gehen, Granger. Oder möchtest du etwa zuschauen?“ Er schnalzte missbilligend mit der Zunge.
 

Hermine zögerte nicht eine Sekunde. Ich konnte ihr gar nicht so schnell folgen, wie sie ihren Zauberstab aus ihrer Jackentasche fischte und ihn auf Malfoy richtete.
 

„Und du tätest gut daran, Harry gehen zu lassen.“ meinte sie ruhig.
 

Er grinste.
 

„Tut mir Leid, aber das habe ich nicht vor.“ erwiderte er. „Stupor!“
 

Sie war darauf nicht vorbereitet gewesen. Ungehindert schnellte der Fluch auf sie zu, traf sie und warf sie zwei Meter von mir entfernt zu Boden, wo sie unbeweglich liegen blieb.
 

„Hermine!“ rief ich besorgt und wollte zu ihr eilen, doch Malfoy hielt mich auf, indem er sich mit ausgebreiteten Armen vor mich stellte.
 

„Na, wir zwei sind noch nicht fertig, meinst du nicht auch?“
 

Verzweifelt sah ich ihn an.
 

„Das meinst du jetzt nicht ernst.“ Ich schniefte leise und starrte ihn dabei an.
 

Anstatt mir zu antworten, griff er nach meinem Handgelenk, das immer noch von seiner Behandlung eben schmerzte.
 

„Ernst? Ach was. - Sieh es als Spiel. Das ganze Leben ist ein Spiel, Potter. Und du bist nur eine von meinen Figuren.“
 

Ich riss meine Augen bei diesen Worten weit auf, konnte nicht glauben, was er mir gerade sagte. Es wird immer schlimmer … Ich wünschte mir, das alles wäre nie passiert. Ich wünschte mir, Mrs Weasley wäre damals nicht hereingestürmt und Remus hätte mich erledigt. Ich wünschte mir, ich wäre tot.
 

„Was denkst du gerade?“ fragte er mich unvermittelt.
 

Erstaunt sah ich auf, doch beim Anblick seines überlegenden Ausdrucks gewann sofort wieder die Wut die Oberhand.
 

„Ich denke mir gerade den besten Weg aus, dich umzubringen!“ warf ich ihm entgegen, das Einzige, was mir auf die Schnelle einfiel. Und ich meinte es wirklich so. Wenn ich in diesem Moment die Mittel gehabt hätte, ihm sein Lebenslicht auszulöschen, ich hätte es getan, ohne mit der Wimper zu zucken.
 

Doch Malfoy war derjenige, der über mir stand. Er hatte alle Fäden in der Hand; und noch nicht mal Hermine hatte mir helfen können, stellte ich trübe fest, während ich meinen Blick auf ihren still daliegenden Körper schweifen ließ. Ihre braunen Augen huschten schnell hin und her, sie konnte alles mitverfolgen, was um sie herum geschah, nur eingreifen konnte sie nicht. Genau wie ich.
 

„Soll ich dir sagen, woran ich gerade denke?“ Er wartete weder ab, was ich zu sagen hatte, noch schien er vorzuhaben, mir seine Gedanken mitzuteilen. Das war auch gar nicht nötig, denn sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
 

Seine Augen waren schmal, sein Grinsen zeigte mir die weißen Zähne, die mir vorkamen wie die eines Raubtieres. Ich fürchtete mich vor ihm.
 

„Lass mich gehen. Dieses eine Mal … bitte.“ flüsterte ich, meine Augen auf Hermine gerichtet.
 

„Hn …“ Seine Schultern zuckten leicht und ich runzelte meine Stirn. Was hat er denn jetzt? Plötzlich riss er seinen Kopf nach oben und lachte lauthals, während ich vor Schock wie angewurzelt dastand. Nach einer Weile beruhigte er sich und ließ seinen Kopf wieder sinken. „Eine Bitte aus deinem Mund, Potter? Ich fühle mich geehrt.“ Völlig ernst sah er mir ins Gesicht. „Die Antwort lautet nein.“
 

Panisch japste ich auf, denn diesmal konnte ich nicht fliehen. Ich konnte Hermine nicht mit ihm allein lassen - wer wusste schon, was er mit ihr anstellte.
 

„Dann - Dann lass wenigstens sie gehen!“ rief ich und zeigte dabei auf meine Freundin.
 

Er schnaubte nur.
 

„Damit sie Hilfe rufen kann? Verzichte.“
 

Ich biss die Zähne aufeinander. Er genießt es! Gut, das war nicht wirklich eine Neuigkeit, doch immer wieder aufs Neue darauf aufmerksam gemacht zu werden zerrte an meinen ohnehin schon zum Zerreißen angespannten Nerven.
 

„Ich will nicht, dass sie zusieht!“ rief ich lauter als beabsichtigt.
 

„Hm …“ Malfoy hob den Kopf gen Himmel, einen Finger an seinem Kinn und tat so, als würde er überlegen. „Wir könnten ihre Augen ja mit was bedecken.“ schlug er vor.
 

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.
 

„Das ist nicht das, was ich will!“ fauchte ich ihn an.
 

„Und?“ fragte er, immer noch ernst dreinblickend. „Du tust doch auch nicht, was ich will.“
 

„Ich …“ Ich musste mir etwas einfallen lassen, wie ich Hermine hier rausbekommen konnte. Das war das Wichtigste, erst dann kam ich selbst an die Reihe. „Wenn du sie freilässt … werde ich mich nicht mehr wehren.“ Meine Stimme zitterte vor Angst, ebenso wie mein Körper verrückt spielte; ein Schweißtropfen lief mir langsam über die Wange und blieb kurz an meinem Kinn hängen, bevor er zu Boden fiel.
 

„Das ist nicht schlecht.“ gab Malfoy nach einer Weile zu und sah mich nun direkt an, musterte meinen Körper von oben nach unten. Ich ließ es kommentarlos geschehen. „Okay, aber ich werde ihr Gedächtnis löschen.“ Und damit schritt er auf die mit vor Furcht geweiteten Augen daliegende Hermine zu.
 

„Warte!“ rief ich dazwischen und sofort hielt er inne.
 

„Was ist denn jetzt noch?“ fragte er leicht genervt.
 

„D-Du kannst doch nicht einfach jemandes Gedächtnis löschen!“ appellierte ich an ihn. „Das ist gefährlich, was machst du, wenn‘s daneben geht?“
 

Er hatte sich nicht umgedreht, deswegen konnte ich nicht den Ausdruck auf seinem Gesicht sehen, doch nach dem auf Hermines konnte ich davon ausgehen, dass er seine neutrale Miene durch etwas anderes ersetzt hatte.
 

„Keine Angst. Ich kann so was.“
 

Er ging weiter auf sie zu. Vor Schock konnte ich mich nicht bewegen. Was soll ich tun? Ich musste ihn irgendwie aufhalten.
 

Mit zu schmalen Schlitzen zusammen gekniffenen Augen lief ich auf ihn zu, streckte meine Arme aus und hielt ihn von hinten fest. Er zuckte erst zusammen, entspannte sich dann aber und lehnte sich an mich, wandte mir seinen Kopf zu.
 

„So anschmiegsam heute?“ fragte er schelmisch und ich ließ ihn wie von der Tarantel gestochen los. Er stolperte leicht, fing sich aber wieder und sah mich überlegen an.
 

„Du … So hatte ich das nicht gemeint!“ zischte ich, doch er grinste nur mit hochgezogener Augenbraue, als wollte er meine verteidigende Aussage in Frage stellen.
 

„Nein?“ fragte er, nun sanfter lächelnd. „Was war das denn eben? Du hattest mich gefragt, warum ich nicht immer so sein könnte wie beim letzten Vollmond.“ Seine Augen wurden dunkler. „Heißt das, wenn ich ab jetzt so wäre, würdest du mich mögen?“

Vereinbarung

Hey, Jubiläum - 30 Kapitel! >3<

Danke für alle Kommentare! *anluv und Kekse verteil*

EDIT: Also ... ich schicke ja vielen ENS, wenn es weitergeht. Ich hätte da nur eine Bitte an diejenigen, die ihren Namen verändern, aber weiterhin eine ENS erhalten wollen - und zwar, dass sie mir dann Bescheid sagen, immerhin ist es ziemlich schwierig für mich, herauszufinden wie der neue Name lautet .___. Danke~
 

Kapitel XXX : Vereinbarung
 

Seine Augen zeigten mir, dass er diese Frage absolut ernst meinte. Wir beide standen still, beachteten Hermine im Hintergrund nicht, und starrten uns gegenseitig in die Augen - er ohne jegliche Emotion, ich feindselig.
 

„Was ist jetzt?“ Dieses Mal war seine Stimme frei von Zynismus, ja, sie zeigte sogar so etwas wie Neugier - oder ist es Hoffnung?
 

Dieser Gedanke kam mir plötzlich, als ich in seine Augen sah. Konnte es sein? Wollte er etwa, dass ich ihn mochte?
 

„Wieso willst du das wissen?“ fragte ich ihn also, auch um Zeit zu schinden. Vielleicht würde man uns bald suchen kommen, wenn man bemerkte, dass auch Hermine fehlte und nicht mehr zurückkam.
 

Malfoy sagte jedoch nichts. Er schien einfach nur auf meine Antwort zu warten. Still stand er da, ich konnte nichts aus seiner Miene lesen. Dieser Fakt nervte mich von Sekunde zu Sekunde mehr.
 

„Ich warte.“ Schließlich hatte er also doch gesprochen.
 

„Ich …“ wusste nicht, was ich sagen sollte. Hermine gab einen unartikulierten Laut von sich und zwang mich zur Eile. Malfoy fixierte mich stumm, die Arme gebieterisch vor seinem Körper verschränkt. „Vielleicht.“ antwortete ich vorsichtig.
 

Malfoy zog eine Augenbraue hoch, dann beide zusammen.
 

„Vielleicht?“ wiederholte er zähneknirschend. „Das ist mir nicht genug, drück dich klarer aus! - Ja oder nein!“
 

Ich atmete tief durch, denn das hatte ich schon kommen sehen, wie ich mir auch meine Antwort in diesem Fall überlegt hatte.
 

„Ich … also …“ Nur Mut, Harry! „Ja.“
 

Er sagte nichts, seine Augen geweitet, der Mund leicht offen stehend. Schließlich begannen seine Schultern leicht zu zucken, bis ich ein leises Lachen hören konnte.
 

„Gut.“ sagte er. „Sehr gut. Dann werde ich mich in Zukunft wohl etwas mehr bemühen, nicht wahr?“ Er zwinkerte mir zu, als wollte er mit mir flirten - was ja nicht wirklich unwahrscheinlich war.
 

Ich war mir nicht sicher, ob er das auch wirklich tun würde. Ich meine, schließlich war er sechs ganze Jahre mein Erzfeind Nummer eins gewesen, diese alte Rolle konnte man doch nicht einfach so ablegen.
 

„Und wie willst du das machen?“ fragte ich also skeptisch. Er schien für den Bruchteil einer Sekunde aus dem Konzept gebracht worden zu sein, dann fing er sich wieder.
 

„Na ja …“ sagte er. „Wir … könnten ja irgendwas miteinander machen.“ schlug er vor.
 

„Miteinander machen?“ fauchte ich ihn an. „Ich wusste es, du kannst auch an nichts anderes denken!“
 

Malfoy schlug sich die Hand an die Stirn.
 

„Doch nicht so was, du Volltrottel! Wer kann hier an nichts anderes denken, he?“ wies er mich zurecht, die Hände in seine Seiten gestützt.
 

Ich resignierte. Er schien seine Veränderung wohl etwas zu ernst zu nehmen, denn wenn ich ihn mir jetzt so ansah, erinnerte kaum etwas an seiner Haltung an den früheren Malfoy, das heißt, den, der er eben noch gewesen war.
 

„Bist das wirklich du?“ fragte ich nach einigen Minuten.
 

Er schien überrascht zu sein.
 

„Nein, ich bin der Weihnachtsmann, oder wie ihr Muggel diesen Opa da nennt.“
 

Es war so untypisch für ihn; ich musste lachen. Ich konnte nicht anders.
 

Der Gedanke an meine ganzen Sorgen - Grey, die am Boden liegende Hermine, Remus, Malfoy selbst - rückten in den Hintergrund meines Bewusstseins und ließen mich ausruhen.
 

Auch wenn er selbst mein Problem war, für diesen Moment dankte ich ihm von ganzen Herzen.
 

„Also!“ fing Malfoy an, als ich mich wieder beruhigt hatte. „Wann wollen wir uns treffen?“ Innerlich seufzte ich. Er war einfach taktlos, bemerkte noch nicht einmal den schönen Augenblick, den er mir beschert hatte.
 

„Ich …“ Müde ließ ich den Kopf hängen. „Ich weiß nicht … wann du willst.“
 

Noch als ich diese Worte aussprach, wurde mir bewusst, dass ich mich ihm damit in die offenen Hände gespielt hatte. Er hatte alle Möglichkeiten. Sich dessen vollkommen bewusst legte Malfoy seine Hand an sein Kinn, lächelte und summte leise, während er nachzudenken schien.
 

„Wie wäre es mit morgen?“ fragte er ganz politisch. Ich kniff die Augen zusammen. Ist ja klar, dass er mir keine Zeit zum Überlegen lässt.
 

„Okay.“ willigte ich ein, die Hände zu Fäusten geballt, während ich eine dieser nun löste und auf Hermine zeigte. „Jetzt lass sie gehen!“
 

Er zischte kaum hörbar, sodass es sich anhörte wie ein Lachen, ein schauriges.
 

„Natürlich werde ich sie gehen lassen … nachdem ich ihre Erinnerung an diesen Abend gelöscht habe.“ Wie hätte ich auch nur einen Moment lang an etwas anderes glauben können?
 

„Malfoy, das lass ich nicht zu!“ fuhr ich ihn an und trat einen Schritt auf ihn zu, bereit, Hermine zu verteidigen. Malfoy jedoch zog nur eine seiner hellblonden Augenbrauen hoch.
 

„Ach?“ fragte er. „Und wie willst du mich aufhalten?“
 

„Wenn damals Grey nicht gewesen wäre, hätte ich dich grün und blau geschlagen, glaub mir.“ Doch er nahm mich nicht ernst, wie immer, sondern lächelte nur überheblich und ging absichtlich provokant langsam auf Hermine zu, die unbeweglich auf dem Boden lag. „Hör auf!“ rief ich halb panisch, halb wütend, als er sich vor ihrem zitternden Körper hinhockte und die Spitze seines Zauberstabes genau in die Mitte zwischen ihren Augen legte.
 

Er ignorierte mich. Und öffnete seinen Mund. Um dieses Wort auszusprechen.
 

„Obli-“
 

„Halt!“ Binnen einer Sekunde war ich zu ihnen gesprungen, langte mit meinem Arm um seinen Hals und zog ihn mit einem Ruck zurück. Er gab ein würgendes Geräusch von sich, verlor das Gleichgewicht und fiel auf mich drauf. Der steinige Boden schürfte meinen Rücken auf.
 

Ein klapperndes Geräusch kündigte mir an, dass ihm der Zauberstab aus der Hand gefallen sein musste. Ich muss an ihn rankommen!
 

Doch dies schien mir im Moment unmöglich: Malfoys schweres Gewicht lastete auf mir, mein eigener Zauberstab war irgendwo unter uns vergraben und außerdem lag der seine einige Zentimeter zu weit entfernt von mir, um in meiner Reichweite zu sein. Doch bis jetzt hatte Malfoy noch keine Anstalten gemacht, sich von mir zu befreien.
 

Vorsichtig löste ich den Arm von seinem Hals. Röchelnd holte er Luft.
 

„Du bist wahnsinnig, Potter.“ waren die ersten Worte, die er nach einer Weile äußerte. „Wolltest du mich umbringen?“
 

„Wäre mir ein Vergnügen.“ giftete ich zurück.
 

Malfoy atmete einige Male tief durch, um sich zu beruhigen, dann setzte er sich auf. Gerade wollte ich die Chance nutzen, um nach seinem Zauberstab zu greifen, da drehte er sich auf mir um, die Arme links und rechts neben meinem Kopf gestützt.
 

„Aber eigentlich“, griff er seinen Satz von eben auf, „ist das hier auch nicht schlecht …“ säuselte er lächelnd. Wütend biss ich die Zähne zusammen.
 

„Wolltest du nicht netter sein?“ erinnerte ich ihn.
 

„Bin ich doch.“ meinte er und betrachtete grinsend die Position, in der er lag. „Oder findest du das hier nicht nett?“
 

„Nein!“ zischte ich und versuchte mich zu befreien, doch er pinnte meine Handgelenke an den Boden, sodass ich sie nicht mehr bewegen konnte. Einige Zeit wehrte ich mich noch, dann sah ich ein, dass das nutzlos war. „Was macht das für einen Sinn für dich, Malfoy?“ fragte ich ihn. „Wie lange willst du das noch mit mir machen?“
 

Wie lange wollte er noch mit mir spielen? Ich kam mir vor wie die Beute einer Katze, der nichts anderes übrig blieb, ängstlich abzuwarten, bis ihr Jäger genug von ihr hatte und sie verspeiste. Oder bis sich eine Möglichkeit zur Flucht bot.
 

Doch diese gab es hier nicht. Man hätte schon das Gesetz gegen die Werwölfe abschaffen müssen, um mich aus dieser verzwickten Lage zu befreien, und dass dies geschah, war mehr als unwahrscheinlich.
 

„Verdammt!“ Ich hielt diesem inneren Druck einfach nicht mehr stand und schrie all meine Wut hinaus. Einige Momente war es still, bis Malfoy auf einmal sprach.
 

„Ach, du hast Recht.“ gab er zu und ich sah überrascht zu ihm hoch. Er hatte die Augen von mir abgewandt, auf Hermine gerichtet. „So kommen wir zwei ja nie weiter, nicht?“ Zu meiner großen Überraschung stand er von mir auf und schnappte sich seinen Zauberstab. „Ich nehme an, du würdest es ihr sowieso immer wieder erzählen, egal wie oft ich ihr Gedächtnis lösche, oder?“ fragte er, doch es war nur eine rhetorische Frage, denn er redete sofort weiter. „Wie gesagt, treffen wir uns morgen.“
 

Er grinste mich noch einmal an, dann ging er gemächlich zu der im Boden eingelassenen Tür, die nach unten und schließlich aus dem Turm führte. Als nur noch sein Kopf zu sehen war, blickte er sich noch einmal kurz zu mir um, seine Mimik ganz anders als sonst, weder spottend noch wütend.
 

Ich wollte etwas sagen, doch mir fiel in dem Moment nichts ein, wie angewurzelt stand ich da, starrte ihn an, mit offenem Mund. Dann war er verschwunden.
 

Erst nach einigen Sekunden wurde ich mir wieder der Anwesenheit Hermines gewahr, ich lief mit raschen Schritten zu ihr und löste den Fluch von ihr. Sofort richtete sie sich auf, die Hände in den Rücken gestemmt. Er musste ihr schmerzen, wenn sie die ganze Zeit auf dem kalten Boden gelegen hatte.
 

Forschend sah sie mich an.
 

„Du kannst mir sagen was du willst, Harry.“ Verwirrt sah ich sie an, sagte jedoch nichts. Hermine starrte nach draußen, wo immer noch Regen fiel, als gäbe es kein Morgen. Die Stirn nachdenklich gerunzelt, flüsterte sie:
 

„Euch verbindet irgendwas.“

Weibliche Intuition

Ich muss sagen, dass das Kapitel leider nicht sehr spannend ist ... aber sowas muss auch sein ^^° (<- Ausrede! ôO)
 

Kapitel XXXI : Weibliche Intuition
 

„Hä?“ Ja, das war tatsächlich meine erste Reaktion. „Wie meinst du das? Hör doch auf in Rätseln zu reden, Hermine!“ Sie seufzte leise, doch ansonsten gab sie mir keine Antwort, sondern starrte weiterhin hinaus. „Hermine!“ Sie zuckte leicht zusammen und drehte sich zu mir um.
 

„Wir sollten wieder zurück gehen.“ sagte sie; es schien nicht so, als hätte sie irgendetwas von dem, was ich gesagt hatte, gehört.
 

„Erklär mir erst, was du meinst! Was verdammt noch mal soll Malfoy und mich ‚verbinden‘?“ Sie sah mich erstaunt an, dann senkte sie ihren Blick auf ihre Knie, mit dem Finger begann sie Kreise auf ihnen zu ziehen.
 

„Ach … ich weiß auch nicht, Harry.“ Ihre Stimme war auf einmal ganz leise, ganz anders als sonst, wo sie immer herrisch und selbstbewusst gewesen war. „Ich … hab da nur so ein Gefühl …“
 

„Ein Gefühl?“ Frauen sollte mal jemand verstehen, ich für meinen Teil tat es nicht. „Und was, wenn dich dieses Gefühl täu-“
 

„Das ist nicht mehr normal, Harry!“ unterbrach sie mich, den Kopf hatte sie ruckartig gehoben.
 

„Nicht … mehr normal?“ Ich verstand sie immer weniger.
 

„Ja!“ Ihre Augen waren auf einmal seltsam gerötet. „Malfoy, er … er würde das nicht machen, nicht mit jedem!“ Sie schluchzte kurz auf. „Er - Er muss irgendwas …“
 

Sie sprach nicht weiter, doch ich wartete, um ihr die Gelegenheit zu geben, es doch noch zu tun. Der Regen peitschte draußen in der Dunkelheit umher; die Bäume mussten sich im Wind biegen, ihre Äste sich dehnen, ihre letzten vom Herbst verschonten Blätter von ihnen fortgerissen werden.
 

„Hermine?“ Meine Stimme klang seltsam ruhig und leise im Tosen des Sturmes.
 

„Harry …“ Sie stand auf, sah mich nicht an und ging an mir vorbei, der Kopf gesenkt, die Arme schützend um den zitternden Körper geschlungen. Ob vor Kälte oder etwas anderem wusste ich nicht. „Bitte sei vorsichtig.“
 

Und damit stieg sie die Wendeltreppe hinunter.
 

~~~~~*~~~~~
 

Für mich herrschte Stille auf dem Turm; an das von der Kälte geschüttelte Geländer gelehnt, die eisigen Hände fest an den Stahl geklammert, der Blick auf die in der Dunkelheit kaum erkennbaren Schlossgründe gerichtet stand ich da.
 

Vorsichtig - wie, in Merlins Namen, sollte ich vorsichtig sein? Was hatte dieser Rat für einen Nutzen? Ich konnte ihm nicht entkommen, er verfolgte mich und ich hatte keine Chance gegen ihn, nicht mit dem, was er gegen mich in der Hand hatte.

Hilflosigkeit.
 

Ich hasste es. Ich hasste alles daran, die Ängste, die man dadurch ausstand, die Verzweiflung, das Brennen der Augen in den schlimmsten Momenten, ja, sogar das Wort selbst hasste ich aus tiefsten Herzen. Es war so alles umschließend, so beendend, so kurz, und doch machte es so viel in meinem Leben aus.
 

Meine Finger krallten sich mehr um das Geländer; sie waren bereits taub geworden und innerlich vermisste ich das warme Feuer, das in dem Kamin in unserem gemütlichen Gemeinschaftsraum prasselte. Ich sollte sie mir dort aufwärmen, doch jetzt dorthin zurückzukehren, mit Hermines, vielleicht sogar Rons Augen im Rücken - sie hatte es ihm sicher erzählt, zu einem Teil - konnte ich nicht ertragen.
 

Ich konnte es nicht ertragen.
 

„Verdammt …“ wisperte ich weiße Atemwolken in der Luft hinterlassend.
 

Natürlich wollten sie mir nur helfen. Doch das war genau das, was mich an dieser meiner ‚Hilflosigkeit‘ störte. Dass nicht nur ich selbst hilflos war, sondern auch meine Freunde und jeder, der mich unterstützen wollte. Aber er hatte mich in der Hand. Noch nicht einmal zu Grey, der ihm vielleicht Einhalt hätte gebieten können, war für mich erreichbar.
 

Ich hatte es vermasselt. Ich hätte meinen vermeintlichen Gefühlen nicht so nachgeben dürfen, ich hätte mich nicht blenden, mich nicht irre führen dürfen, in diesem Labyrinth, in dem ich mich schon so früh verlaufen hatte.
 

Doch dazu war es jetzt zu spät. Ich musste mich endlich zusammen reißen, sonst würde all das hier nie ein Ende nehmen, und wenn doch, dann ein schlechtes. Ich musste mich endlich beruhigen und meine Gedanken ordnen. Ich musste Malfoy in die Enge treiben.
 

Doch wie? Hatte er eine Schwachstelle, über die ich mich hermachen konnte, mit der ich ihm drohen oder ihn besiegen konnte?
 

Über diesen Gedanken nachsinnend stand ich noch lange allein auf dem höchsten Turm Hogwarts‘.
 

~~~~~*~~~~~
 

Ein schrilles Geräusch riss mich aus meinem ohnehin nur leichten Schlaf. Müde rieb ich mir die Hände über die Augen und blinzelte einige Male, sodass sich mein verschwommenes Sichtfeld langsam klärte. Im Schlafsaal herrschte das übliche Gemurre, die übliche Hektik, nachdem unser gemeinsamer magischer Wecker geklingelt hatte.
 

Ich richtete mich auf; die Bettdecke glitt mir von den Schultern, die Hände stützte ich auf die Bettkante, als ich aufstehen wollte. Sofort durchfuhr sie ein stechender Schmerz und ich zuckte zusammen, die Augen zusammengekniffen.
 

Ärgerlich starrte ich auf meine Handgelenke, die leicht geschwollen und deren Haut rot und blau gefärbt war. Malfoy.
 

„Hey, was ist das, Harry?“ Ron war lautlos neben mich getreten und musterte die Verletzungen neugierig. Rasch zog ich sie zurück und versteckte sie unter der Decke, die noch auf meinem Schoß lag.
 

„N-Nichts!“ log ich, doch Ron schien nicht sonderlich überrascht zu sein. Ich blickte mich kurz um und sah, dass sie anderen drei noch viel zu sehr mit der schwierigen Aufgabe des Aufstehens beschäftigt gewesen waren, um seine Frage gehört zu haben. Also beugte ich mich zu ihm vor. Er verstand und so konnte ich ihm etwas ins Ohr flüstern. „Also … du weißt schon … wegen meinen Verwandlungen.“ sagte ich, auch wenn dies nicht stimmte. Doch schließlich konnte ich ihm schlecht von Malfoys Ambitionen erzählen, erst recht nicht mitten im Schlafsaal. Da konnte ich mich auch direkt in die Große Halle stellen.
 

„Sicher?“ flüsterte Ron zurück und mich überfuhr ein kalter Schauer. Hat er es bemerkt? Ich wollte sein Vertrauen auf keinen Fall missbrauchen und noch weniger wollte ich, dass er davon Wind bekam. „Ich meine, solltest du nicht deswegen zu Pomfrey gehen?“ Innerlich atmete ich erleichtert aus. Auf Ron konnte man sich eben verlassen.
 

Ich setzte mich vollends auf und schnappte mir sofort einen der Pullover, die neben meinem Bett verstreut lagen und streifte ihn mir über. Die Ärmel waren so lang, dass sie über die erste Hälfte meines Handrückens gingen, sodass das verdeckt wurde, was Ron eben noch auf mich aufmerksam gemacht hatte.
 

„Auf geht‘s - Wochenende!“ freute dieser sich gerade und jagte die anderen aus dem Raum. Gemächlich ging ich ihm hinterher, denn auch wenn ich ihm gerade eine halbwegs heile Welt vorgegaukelt hatte, so hatte ich nicht die geringste Lust, mich unter Menschen zu begeben. Besonders nicht unter jemand bestimmtes.
 

Malfoy. Ich grübelte immer noch über seine Schwachstelle nach. Hatte er am Ende gar keine? Quatsch!, schalt ich mich sofort, jeder Mensch hat seine Schwächen! Auch wenn es mir schwer fiel, ihn als vollwertigen Menschen und nicht als Stück Abschaum zu sehen, das in die dreckigste Mülltonne auf Erden gehörte.
 

Malfoy war verdammt schwer einzuschätzen. Meistens war er so gemein wie immer, demütigte mich wo immer er konnte; doch es gab auch kurze, flüchtige Momente, wo er mir eine andere, bessere Seite von sich zeigte, sich mir zuwandte, schön, einfach so, wie ich ihn mir gewünscht hätte. Aber das würde wohl für immer ein Traum bleiben.
 

Moment - was denk ich da gerade? Schwer atmend blieb ich stehen, die Augen weit geöffnet. Ich hatte doch nicht gerade ‚Malfoy‘ und ‚schön‘ in einem Satz verwendet?
 

Doch, dachte ich nur einen Augenblick später, das ist nicht mehr normal.
 

Mit Schrecken stellte ich fest, dass Hermine genau die gleichen Worte benutzt hatte, um mir ihre Meinung nahe zu legen. Hatte sie etwa genau das, für dessen Erkenntnis ich Monate gebraucht hatte, binnen weniger Minuten erkannt? In noch nicht einmal einer Stunde?
 

Jetzt endlich verstand ich, was sie mir hatte sagen wollen, endlich verstand ich sie. Und dies schmerzte mich bis auf den Grund meiner Seele, nicht, weil ich ihr Unrecht getan hatte, nein, weil ich endgültig bemerkte, wie wenig ich über Malfoy wusste. Über seine Beweggründe, über seine Verhaltensmuster, über ihn selbst, ihn als ein eigenständiges Ich. Ich hatte ihn bisher einfach nur als Feind angesehen, als Widersacher, als ein Störenfried, den man entweder ignorieren oder zerquetschen sollte wie lästiges Ungeziefer.
 

Aber Malfoy war ein Mensch. Natürlich hatte ich das schon immer gewusst, doch es war mir nie wirklich bewusst gewesen.
 

Sachte lehnte ich meine Stirn an die kalte Mauer, meine Haare drückten sich an ihr platt und stachen mir leicht in die Augenlider, doch ich störte mich nicht daran. Ich musste nachdenken.
 

Über Malfoy. Über mich. Und über diese seltsame Beziehung, die da zwischen uns entstanden war.
 

Hermine hatte es sofort gewusst. Eben Weibliche Intuition.
 

~~~~~*~~~~~

Ich glaube, das nächste Kapitel wird euch gefallen. Es heißt nämlich '"Date"' (wirklich mit Anführungsstrichen ^.~)!

Date

Oh Mann, da darf man das Kapitel noch nicht mal "Date" mit Anführungszeichen nennen. Gehört zwar so, ist aber anscheinend egal *grummel* Nija, ihr seht ja, wie's heißt:
 

Kapitel XXXII : „Date“
 

Nach dem Frühstück, das ich gerade so in mich hineinwürgen konnte, verließ ich die Halle und meine Freunde ohne ein weiteres Wort. Ron war eh noch dabei zu essen, deswegen ließ er mich einfach so davonziehen.
 

Es war noch früh, die Gänge waren leer. Die anderen waren nur jetzt schon aufgestanden, weil sie nach Hogsmeade wollten, wenn noch nicht so viele Schüler da waren, um sich später um die Mittagszeit irgendwo in eine der Bars zu setzen.

Meine Schritte hallten an den kalten Steinwänden wider, von weitem hörte ich das Gelächter aus der Großen Halle. Ich fühlte mich, als müsste der Abstand inzwischen viel größer geworden sein.
 

„Pst!“ Erschrocken drehte ich mich um, doch ehe ich überhaupt realisieren konnte, was passierte, schoss ein Arm aus einer dunklen Ecke heraus, packte mich und zerrte mich zu sich. Rüde wurde ich an eine Wand gedrückt.
 

„Was-?“ Ich erstarrte, eigentlich hätte ich es wissen müssen. Graue Augen starrten in meine, ein Mund verzog sich zu einem gewinnenden Lächeln. „Malfoy …“ seufzte ich genervt. „Was willst du?“
 

Gespielt beleidigt verzog er seinen Mund.
 

„Hey, hast du‘s schon vergessen? Unser … kleines Date heute.“
 

Ich versuchte etwas Abstand zwischen uns zu bringen, was wie immer an seiner überraschenden Stärke scheiterte.
 

„Date?“ zischte ich und sah ihn abwertend an. „Du meinst wohl Treffen, von einem ‘Date‘ weiß ich nichts.“
 

Malfoy sah so aus, als wollte er etwas erwidern, dann schloss er jedoch wieder seinen Mund, schaute aus der Ecke in den Gang hinaus und zog mich schließlich dorthin.
 

„Komm, bevor uns jemand sieht.“
 

Ich hatte keine Ahnung, wo er vorhatte hinzugehen, oder besser: mich zu entführen - erinnerte mich dies nicht an etwas Bestimmtes? - doch ich ließ es geschehen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Von dem Ort, wo er mich hinführte, hatte ich bisher nichts gewusst. Es war eine einsame Stelle in der Nähe des Sees, versteckt hinter Sträuchern und Bäumen. Es war kalt und Frost lag auf dem Gras und säumte den Rand der großen Wasserfläche, die im Morgenlicht schimmerte.
 

Kaum merklich schüttelte ich den Kopf. Meine Gedanken klangen auf einmal so kitschig. So schön dieser Ort auch sein mochte, sein Bild wurde durch Malfoy, welcher majestätisch voranschritt, zerstört.
 

„Hier bleiben wir.“ befahl er und ließ sich auf das Gras fallen, welches bestimmt noch nass war. Ohne Kommentar tat ich es ihm gleich und merkte, dass die Kühle unter uns gar nicht mal so unangenehm war.
 

Uns? Dieser Tag ist wirklich merkwürdig! Erst hatte ich seltsame Gedanken, dann dachte ich statt ‚ich‘ doch glatt ‚uns‘ und außerdem war das Grinsen auf Malfoys Gesicht verschwunden.
 

Das war es tatsächlich, wie ich mit einem kurzen Seitenblick feststellte. Seine blonden Haare wehten leicht im kühlen Wind. Alles klar, Harry …
 

„Harry.“ Gerade noch so bekam ich mit, wie er mich ansprach und antwortete mehr aus Reflex als dem wirklichen Willen danach.
 

„Was ist?“
 

„Was meinst du“, er sah mich nicht an, „wie lange soll das noch so weitergehen?“
 

Damit erwachte ich endgültig aus meiner Blümchentrance und kniff wütend die Augen zusammen.
 

„Was soll die Frage?“ giftete ich ihn an. „Das hängt doch eh von dir ab!“
 

„So meinte ich das auch nicht.“ erwiderte er. „Ich werde nie aufhören, solche …“, er wandte sich zu mir um und beugte sich vor, „Dinge mit dir zu tun.“ Seine Hand hob sich wie von alleine zu meiner Wange, zog mein Gesicht zu dem seinen. Er küsste mich, und ich hätte es sanft nennen können, wenn da nicht dieser besitzergreifende Ausdruck in seinen Augen zu lesen gewesen wäre. „Die Frage, die ich dir stelle … wann wirst du mir endlich nachgeben?“
 

Er war mir so nah, dass ich seinen vergleichsweise warmen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte, ebenso wie die Wärme, die sein Körper ausstrahlte, als wollte er die beißende Kälte hier draußen vertreiben. Er schien es völlig ernst zu meinen, denn diesmal grinste er nicht, auch funkelten seine Augen dieses Mal kein bisschen von dem Schalk, die sie sonst an sich hatten, sondern nur von purer Entschlossenheit.
 

Dies war ein Malfoy, den ich bisher noch nicht kennen gelernt hatte. Seltsamerweise wollte ich es jedoch.
 

Ich wollte mich von ihm abwenden, meine Wangen brannten, doch Malfoy ließ das nicht zu; mit drei Fingern fasste er mein Kinn und zwang mich so ihn anzusehen.
 

„Lass den Quatsch.“ Ich wusste, dass ich ganz und gar nicht überzeugend klang - meine Stimme zitterte - doch nachgeben, wie er es von mir verlangte wollte ich nicht.
 

„Was wäre so schlimm daran?“ fragte er, seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen.
 

„Das …“ Ich stockte. Ja, was eigentlich? Ich hatte mir immer nur eingeredet, dass es schlimm wäre, unmöglich, abartig, doch was war der wirkliche Grund dafür? Dass er mein Feind war? Dass er ein Junge war?
 

„Komm schon, ich weiß, dass du mir nicht ganz abgeneigt bist.“ Sein Ton hatte etwas Schmollendes angenommen, beinhaltete aber auch etwas, was zeigte, dass er sich seiner Sache völlig sicher war.
 

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Normalerweise hätte ich ihn mit einem ‚halt die Klappe‘ abgespeist, ihn von mir gestoßen oder etwas in der Art. Dieses Mal konnte ich nicht.
 

Malfoy schien meinen inneren Kampf mitbekommen zu haben, denn plötzlich grinste er und schubste mich, sodass ich das Gleichgewicht verlor und rückwärts auf das taunasse Gras fiel. Er ließ mir keine Zeit darüber nachzudenken, was hier gerade passierte, denn sofort pinnte er meine Hände an beiden Seiten meines Kopfes auf den Boden und lehnte sich über mich, auf mir sitzend wie schon einmal.
 

Vor Wut bleckte ich die Zähne, was Malfoy mit einem leisen Lachen quittierte. Nichts war mehr von der Atmosphäre eben zu spüren.
 

„Schon wieder, Harrylein?“ fragte er. „Du scheinst dich mit ihm da drinnen ja wohl ziemlich zu identifizieren.“ spottete er; ich musste ihn gar nicht fragen, wen er mit ‚ihn‘ meinte, es war völlig klar.
 

„Verdammt.“ Ich schloss resignierend die Augen.
 

Ein Fehler, wir mir einen Moment später bewusst wurde. Es raschelte, als Malfoy sich so verlagerte, dass ich mich noch weniger bewegen konnte und sich zu mir herunter beugte. Ich spürte das Gewicht seines Körpers auf meinem Brustkorb, das mir den Atem nahm. Es war sowieso schon sehr unbequem, irgendetwas Hartes hatte sich in meinen Rücken gebohrt; ich tippte auf einen Stein, doch eigentlich war es mir egal.
 

Ich erzitterte, als er mir lachend ins Ohr pustete und er mich dort mit seinen Haaren streifte. Unsere Hände waren ineinander verschränkt, doch der unnachgiebige Druck von den seinen hatte nachgelassen.
 

Ich öffnete die Augen und sah die Baumkronen, die sich über uns erhoben, nach oben in den von gräulichen Wolken durchzogenen Himmel und spürte seltsamerweise eine Ruhe tief in mir. Es erschien mir alles so unwirklich, was gerade mit mir passierte.
 

Malfoy strich mir mit der Nase an der Haut unter meinem Ohr entlang und weiter hinab, zog langsam den Kragen meines Pullovers hinunter. Ich fröstelte, als die Kälte meine Haut erreichte, noch mehr, als ich seinen wärmenden Atem an der gleichen Stelle bemerkte.
 

Ich hätte mich wehren können, das war mir die ganze Zeit über bewusst. Obwohl ich seit diesem Unfall einiges meiner früheren Stärke einbüßen musste, war ich immer noch stark genug, um mich von Malfoy, so wie er jetzt dalag - und so beschäftigt wie er im Moment mit mir war - zu befreien.
 

Doch ich tat es nicht.
 

Ich lag da, mein Rücken schmerzte von dem eingefrorenen Boden, doch diese Gedanken drängten sich in den Hintergrund. Hat er Recht? Das war das Einzige, was ich da zu denken fähig war, das, was ich die ganze Zeit wie in einer Endlosschleife wiederholte und wiederholte.
 

Ich hatte mich seit Anfang des Schuljahres gegen alles Mögliche gesträubt, hatte mich verkrochen, war in meinem eigenen Selbstmitleid versunken. Mein Verhalten, meine Gedanken widerten mich an. Wenn ich schon nicht mehr körperlich stark sein konnte, könnte ich es nicht wenigstens geistig sein?
 

Doch was hieß geistige Stärke? Sollte ich mich gegen ihn wehren, hieß es das, oder sollte ich hier liegen bleiben und genießen, was er tat? Hieß es das?
 

„Na, magst du es doch?“ Ich hatte gar nicht bemerkt, wie Malfoy sich auf einmal aufgerichtet hatte und nun zu mir hinuntersah, nur noch mit einem leichten Lächeln, als wüsste er schon die Antwort. Ich schwieg, meine Augen wichen den seinen aus. Was sollte ich sagen, wenn ich mir selbst noch nicht sicher war? „Bist dir nicht sicher, was?“
 

Ich erschrak, es war, als hätte er meine Gedanken gelesen. Natürlich war es Quatsch, doch das Malfoy mich so leicht durchschauen konnte, hätte ich nicht gedacht. Ich wusste, dass Hermine mir jeden Gedanken von meinem Gesichtsausdruck ablesen konnte, doch sie war meine Freundin, Malfoy nicht, er war mein Feind.

Er war mein Feind gewesen.
 

War es immer noch so? Wieso hasste ich ihn eigentlich?
 

Malfoy schob sich etwas weiter runter und legte seinen Kopf auf meiner Brust ab, ließ meine Hände jedoch nicht los.
 

„Denk mal ein wenig darüber nach.“ sagte er, die Augen geschlossen, als wollte er schlafen. „Vielleicht erkennst du es ja bald.“

Brückenbau

So, da bin ich wieder. Mal wieder muss ich euch für Kitsch warnen xD Ich neige irgendwie dazu ôO
 

Edit: Sorry, ich weiß auch nicht was los ist, aber irgendwie verschicke ich in letzter Zeit alles zweimal. Also, an die Betroffenen ein großes Gomen nasai und eine Extrapackung Kekse ^^°
 

Kapitel XXXIII : Brückenbau
 

Ich dachte darüber nach. Etwa zwei Sekunden.
 

Dann wand ich meine Handgelenke aus seinem Griff und richtete mich unter einigen Mühen auf. Malfoy hinderte mich nicht daran, er glitt von mir hinunter und sah mich stumm an; seine Augen verrieten mir nichts.
 

Doch als ich aufstehen und gehen wollte, hielt er mich am Ärmel fest.
 

„Ich habe nicht gesagt, dass du gehen darfst.“ sagte er. Wer jetzt erwartet haben sollte, er spräche dies in irgendeinem rechthaberischen Ton, der zeigen würde, wie sehr er diese Situation genießen würde, der läge falsch. Tatsächlich war seine Stimme so neutral wie es nur gehen konnte. Ist das Absicht? Denn so konnte ich absolut nicht erkennen, in welcher Verfassung er sich gerade befand und was zu tun er bereit war.
 

Blieb nur noch ausprobieren.
 

Ich zog meinen Arm an mich heran.
 

Er hielt mich fest, natürlich, wie hätte ich auch etwas anderes erwarten können?
 

„Bleib hier.“ Wenn wir in irgendeiner kitschigen Schnulze gespielt hätten, wäre genau jetzt traurige Musik erklungen und unsere Haare hätten dramatisch im Wind geweht. Es war windstill.
 

„Verdammt, Malfoy, lass mich los.“ zischte ich. „Ich hab wirklich keine Lust mehr auf deine kranken Spielchen.“
 

Er verengte die Augen zu Schlitzen und schielte zu mir herauf, dann stand auch er auf und strich seine Kleidung glatt, die von dem Gras ein wenig feucht war. Wenn wir noch lange in der Kälte stehen bleiben würden, würden wir uns mit Sicherheit erkälten.
 

Nicht, dass mir das was bei ihm ausgemacht hätte.
 

„Empfindest du eigentlich gar nichts dabei?“ Sollten solche Worte nicht mein Part sein? Wieso sprach ausgerechnet Malfoy sie aus?
 

„Wobei?“ Meine Stimme war so eisig wie die Luft um uns herum.
 

„Wenn ich“, er trat auf mich zu und legte mir eine Hand auf die Schulter, „das mit dir tue.“ Langsam zog er mich an sich. Ich war zu geschockt, um mich dagegen zu wehren. Wollte er etwa, dass ich etwas dabei empfand?
 

„Malfoy …“ Ich verdrehte leicht die Augen, sprach jedoch nicht weiter. Seine Wärme war durchaus angenehm, wie ich vor einigen Minuten auch schon festgestellt hatte. Das lag sicherlich nur an der Kälte.
 

Scheiße! Nein, es lag nicht an der Kälte. Es hatte keinen Sinn, sich noch weiterhin etwas vorzumachen.
 

Malfoys Nähe war anders.
 

Ich sollte ihm nachgeben, hatte er mich nicht schon dazu aufgefordert? Wieso konnte ich nicht?
 

Weil ich damit selber mein Versagen zugegeben hätte. Er hätte gewonnen, doch ich konnte nicht verlieren. Es war Zeit für mich, auch das zu lernen.
 

„Malfoy …“ flüsterte ich erneut, diesmal jedoch in komplett anderer Tonlage. Auch er musste das bemerkt haben, denn er hob seinen Kopf von meiner Schulter und sah mich an. Weiße Atemwolken entstanden zwischen uns.
 

Dann küsste ich ihn.
 

Es war gänzlich anders, als ich es erwartet hätte. Ich hatte Gewissheit haben wollen, ob da mehr war, als ich mir die ganze Zeit eingestehen wollte. Und ich war mir beinahe sicher gewesen, dass ich ihn nach diesem Kuss von mir stoßen und in die Hölle schicken würde.
 

Die Hölle war in diesem Moment zu weit entfernt.
 

Es war, als wäre irgendein schwerer Gegenstand durch meinen Bauch gefallen, als wären meine Gelenke auf einmal weich wie Butter und ich unfähig, etwas dagegen zu tun geworden. Unfähig, zu denken. Unfähig, mich zu wehren.
 

Malfoy hielt mich fest. Die Feuchtigkeit auf seinem Hemd sprang auf das meine über, doch das störte mich im Moment ganz und gar nicht. Ich spürte es noch nicht mal besonders, es war, als wären alle meine Nerven gerade zu der Stelle gewandert, wo wir uns am nahesten waren.
 

Dennoch war er es, der den Kuss als Erster unterbrach.
 

Seine Augen glänzten unsicher - unsicher! Er wusste wohl genauso wenig wie ich, wie er auf diesen plötzlichen Wandel meinerseits und der ganzen Situation, der Beziehung überhaupt, reagieren sollte.
 

Dann lächelte er.
 

Und ich lächelte scheu zurück.
 

~~~~~*~~~~~
 

Unser Weg zum Schloss verlief schweigend. Jeder von uns war in unseren eigenen Gedanken versunken, auch traute sich keiner den anderen anzusprechen.
 

Ich war froh darüber, dass es soweit gekommen war, doch andererseits fragte ich mich nun auch, wie es weitergehen sollte. Waren wir jetzt ein Paar? Aus Malfoys Sicht sicherlich schon, dachte ich mir und schielte vorsichtig zu ihm. Er bemerkte es jedoch sofort und nahm meine Hand in die seine. Sie war eiskalt.
 

Ich biss mir leicht auf die Lippe. Eigentlich war es absurd, mit Malfoy so etwas wie Händchen halten zu tun. Aber Absurdität verfolgte mich eh schon seit den Sommerferien, da war das hier doch noch gar nichts gegen.
 

Ich nahm all meinen Mut zusammen und drückte seine Hand ein wenig.
 

Er wandte sich zu mir um.
 

„Malfoy-“ setzte ich an, doch er unterbrach mich.
 

„Nenn mich nicht so.“ Ich sah ihn fragend an und er sprach weiter. „Ich meine, jetzt … kannst du mich doch wirklich nicht mehr bei meinem Nachnamen nennen, oder?“ Er grinste.
 

„Hm … hast Recht.“ gab ich zu. Draco? Ein schauerlicher Name. Doch das war nicht der einzige Grund, wieso ich mir in diesem Moment vornahm, seinen Namen niemals mehr auszusprechen, wenn es nicht unbedingt nötig war.
 

„Ist was?“ fragte er mich stirnrunzelnd, sein Grinsen wurde breiter. „Oder hat dich“, er nahm meine andere Hand in seine freie, „das eben“, er umarmte mich, meine Hände waren mit seinen auf meinem Rücken verschränkt, „so aus der Bahn geworfen?“
 

Wenn es das eben noch nicht getan hätte, so wäre es spätestens jetzt geschehen. Er war mir verdammt nahe, und er wusste leider nur zu gut, was er anzustellen brauchte, um mein Gehirn vorübergehend auszuschalten.
 

Wieso kannte er mich nur so gut? Er musste wirklich ein Gespür für so was haben. Immerhin hatte er meine Gefühlsschwankungen noch eher als ich selbst bemerkt.
 

Ich hatte nicht mitbekommen, wie er seinen Kopf gesenkt hatte, doch plötzlich spürte ich seinen kühlen Atem auf meiner Haut. Zischend sog ich die Luft zwischen meinen Zähnen ein. Das war kalt.
 

Meine Beine gaben ein erneutes Mal nach, knickten nach vorne ab, doch Malfoy stoppte sie mit seinen eigenen. Würde er mich nicht festhalten, seine Hände in meinen Rücken gestützt, wäre ich sicherlich gefallen.
 

Etwas Nasses traf mich auf meinem Kopf. Ich sah nach oben, die Wolken waren dichter geworden, dunkler, und da, ein zweiter Tropfen fiel herunter und traf mich genau auf meiner Nasenspitze. Ich nieste.
 

„Es regnet.“ sagte Malfoy überflüssigerweise, nachdem er von meinem Hals abgelassen hatte. „Wir sollten reingehen.“
 

Ich wusste nicht, ob das so eine gute Idee war, denn ich wurde mir bewusst, dass uns jederzeit jemand sehen konnte. Natürlich würden die meisten in Hogsmeade sein, aber da gab es schließlich immer noch die Erst- und Zweitklässler, die noch nicht die Erlaubnis für diesen Ausflug hatten, und jene, die genau wie wir den Schutz des Schlosses suchten, um nicht nass zu werden.
 

„Du willst nicht, dass Granger und Weaselby es erfahren, richtig?“ Ich ignorierte zuerst einmal, dass er Ron immer noch so nannte, denn er hatte mal wieder Recht. Im Grunde genommen war es mir egal, was die anderen dachten, ich wollte nur nicht, dass meine Freundschaft zu Hermine und Ron darunter litt. Doch genauso wenig wollte ich sie anlügen, was ich sowieso nicht lange könnte. Hermine konnte wie Malfoy feststellen, ob mich etwas bedrückte oder ob ich ihnen etwas verheimlichte. Hoffnungslos.
 

„Na, mach dir keine Sorgen.“ Malfoy sah mich an, seine Augenbraue in vertrauter Geste hochgezogen. „Sie würden dir sicher nicht den Kopf abreißen. Echte Freunde tun das nicht.“
 

„Hm …“ brummte ich zustimmend.
 

Ich fragte mich zwar, wie jemand wie er, der sicher noch nie in seinem Leben ‚echte Freunde‘ gehabt hatte, sich da so sicher sein konnte, doch ich musste ihm Recht geben. Sie hatten akzeptiert, dass ich ein Werwolf war, da konnten sie diese Lappalie wohl auch noch schlucken.
 

„Hast du heute noch irgendetwas vor?“ Überrascht sah ich ihn an. Natürlich. Natürlich wollte er den ganzen Tag mit mir verbringen. Aber würden die anderen sich nicht Sorgen machen? Zumindest Hermine würde sofort dahinter blicken, was passierte, jetzt, wo sie von meinem kleinen Geheimnis wusste.
 

„Nein, aber … du weißt schon.“ sagte ich, stur auf den Weg vor uns starrend.
 

Malfoy schwieg; er wusste auch ohne nachzufragen, was ich meinte. Der Regen war inzwischen stärker geworden, es schüttete im wahrsten Sinne des Wortes wie aus Eimern, und als wir endlich nach mir endlos erscheinender Zeit am Tor von Hogwarts ankamen, waren wir bis auf die Haut durchnässt.
 

Ich schüttelte mich und schlang meine Arme um meinen Körper, um mich ein klein wenig zu wärmen, trat dann in die Halle ein; Malfoy folgte mir.
 

„Komm mit.“ sagte er zähneklappernd und ging voran. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wohin er wollte, doch ich beschloss, ihm einfach zu folgen.
 

Erst einige Minuten später fiel mir auf, dass er mir die Wahl gelassen hatte.
 

~~~~~*~~~~~

Ähm ... ja. Wie hat's euch gefallen? *sich nicht ganz sicher ist*

Melancholie

Kapitel XXXIV : Melancholie
 

Ich war völlig durchgefroren, als Malfoy in einer dunklen Ecke endlich vor der steinernen Statue eines Zauberers anhielt. Kurz sah er sich noch einmal in allen Richtungen um und holte dann seinen Zauberstab hervor.
 

„Was hast du vor?“ fragte ich leicht misstrauisch, doch er antwortete mir nicht, schenkte mir nur einen kurzen Seitenblick, während er mit dem Stab neben das linke Ohr der Statue tippte und dabei leise etwas vor sich hinmurmelte.
 

Ich verstand, denn ich kannte bereits einen ähnlichen Vorgang - nur einen Augenblick später wurde mir meine Vermutung von einem schabenden Geräusch bestätigt; der Zauberer glitt zur Seite und Malfoy huschte hinein.
 

Ratlos stand ich vor dem Eingang, nicht sicher, ob ich ihm folgen sollte oder nicht. Immerhin war es immer noch Malfoy, konnte ich ihm wirklich vertrauen? Wenn ich ihm jetzt hinterher gehen würde, gäbe es kein Zurück mehr für mich, er könnte tun und lassen was er wollte. Andererseits wäre dies auch ein Vertrauensbeweis.
 

Doch wie sollte ich ihm etwas beweisen, das nicht der Wahrheit entsprach?
 

Egal, was ich eben noch getan hatte, er hatte zu viel angerichtet, als dass ich ihm binnen dieser kurzen Zeit voll und ganz vertrauen könnte.
 

„Willst du da Wurzeln schlagen?“ Malfoy lugte aus der schmalen Öffnung heraus, hinter ihm nur Finsternis. „Los, bevor noch jemand kommt!“ forderte er mich auf und ich schlug in stummer Resignation kurz die Augen nieder und leistete ihm dann Folge.
 

Kaum war ich hinter die Statue getreten, schob diese sich wieder vor den Eingang und es war stockdunkel. Etwas Kaltes fasste nach meiner Hand; ich zuckte erschrocken zusammen und hätte geschrieen, wenn sich da nicht etwas auf meinen Mund gelegt hätte. Erst da begriff ich, dass es Malfoys Hände waren.
 

Ich konnte das Tropfen von Wasser auf Stein hören, in immer gleichen Abständen. Es erinnerte mich an den verhängnisvollen Tag in der Toilette, als Malfoy von meinem Geheimnis erfuhr und anfing mich zu erpressen. Es war seltsam geworden.
 

„Wieso machen wir kein Licht an?“ flüsterte ich und fragte mich gleichzeitig, wieso ich so leise sprach und wieso ich es nicht bereits selbst getan hatte. Doch Malfoy blieb stumm, zog mich nur immer weiter; und seltsamerweise traute ich mich nicht weiterzufragen. Möglicherweise, weil es irgendeinen Grund gab, dass er mir nicht antwortete?
 

Ich kam mir beobachtet vor. War es Malfoy, der mir dieses Gefühl bescherte, oder war es etwas anderes? Ich begann mich zunehmend zu gruseln und drängte mich ohne es selbst zu bemerken näher an ihn.
 

Ein kleiner Lichtspalt tat sich vor uns auf. In dem schwachen, flackernden Licht konnte ich Malfoys Gesicht sehen, halb im Schatten.
 

„Hier rein.“ Auch er sprach so leise wie möglich; dieser Umstand versetzte mich nur noch mehr in Alarmbereitschaft. Ich folgte ihm und trat in das Licht.
 

Erstaunt sah ich mich um. Ich hätte alles erwartet, doch nicht das.
 

Wir befanden uns in einem großen, verwinkelten Raum, die Mauern aus grobem Stein, ebenso wie der unebene Boden, auf dem sich Schatten in unregelmäßigen Abständen bildeten und wieder verschwanden, über die Wände krochen und wieder hinunterflossen wie schwarze Seide. Die Ursache für dieses Spiel von Licht und Dunkelheit war ein helles Feuer in der Mitte des Gewölbes.
 

„Wo sind wir hier?“ Meine Stimme hallte von den Wänden wider.
 

„Wenn ich das mal wüsste.“ antwortete Malfoy schmunzelnd. „Ich hab den Raum in den letzten Osterferien gefunden. Aber ich hab keine Ahnung, wozu er gut ist.“ Er atmete tief ein, als gäbe es hier unten eine andere Luft als draußen. Und tatsächlich, jetzt, wo ich mehr darauf achtete - die Luft hier schien sauerstoffreicher, klarer als oben zu sein. Es war ein wunderbares Gefühl sie einzuatmen. „Aber jetzt weiß ich, wozu er gut ist.“
 

Überrascht wandte ich mich wieder zu Malfoy um, den ich bis eben noch halbwegs ignoriert hatte, zu fasziniert von diesem unterirdischen Versteck.
 

„Wozu?“ fragte ich heiser, obwohl ich es besser wusste.
 

Er antwortete nicht, lächelte nur leicht. Das Feuer warf immer wieder Schatten auf sein Gesicht, erhellte es danach wieder. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Er starrte mich einfach nur so an. Ich hatte keinerlei nennenswerte Erfahrung mit solchen Situationen, also tat ich auch nichts.
 

Schließlich wandte er den Blick doch von mir ab.
 

Ich war ratlos. Natürlich war es offensichtlich, was er vorgehabt hatte zu tun - doch wieso tat er es denn dann nicht?
 

„Setz dich.“ Augenblicklich kehrte ich wieder in das Hier und Jetzt zurück. Malfoy hatte sich inzwischen in der Nähe des Feuers niedergelassen und fixierte mich mit seinen Augen. Ich kam seiner Aufforderung etwa einen Meter weiter nach und er zischte missbilligend durch die Zähne. „Soviel Abstand, hm?“ fragte er mit hochgezogener Augenbraue, rückte zu mir heran und ließ seine rechte Hand auf mein Bein sinken.
 

Wie erstarrt sah ich auf diese hinab, als müsste ich genau aufpassen was er da tat.
 

„Malfoy …“
 

„Na!“ wies er mich zurecht. „Wie heiße ich?“
 

Unwillkürlich musste ich schmunzeln.
 

„Sag bloß, du hast deinen Namen vergessen?“ neckte ich ihn, auf einmal unbefangener als vorher. Seine Hand fuhr mein Bein in langsamen Bewegungen hinauf und hinunter.
 

„Willst du frech werden?“ Nur wenige Tage früher hätte er dies mit seinem üblichen Zynismus gesprochen, doch jetzt zitterte seine Stimme nur vor unterdrücktem Lachen. Kann es nicht immer so sein? So friedlich?
 

Er ließ seine Hand wieder hinauf gleiten, diesmal bis sie meine Brust erreichte, dann drückte er sie gegen mich, sodass ich das Gleichgewicht verlor und auf den Boden gefallen wäre, wenn er meinen Sturz nicht abgefangen und mich langsam auf die steinernen Platten ablegte, als wäre ich ein Kissen. Dieser Eindruck verstärkte sich nur noch, als er mich weiterhin wie eines behandelte: Er pinnte mich in meiner liegenden Position fest und legte seine Beine um meinen Körper. Ich konnte mich nicht mehr bewegen.
 

Er hatte wohl vor, da weiterzumachen, wo wir eben aufgehört hatten.
 

Es war seltsam. Bis vor kurzem hatte ich mich noch aufs heftigste gegen solche Dinge gewehrt, doch jetzt lag ich einfach nur da und ließ alles mit mir geschehen, was er tat, begann sogar, es zu genießen.
 

Er hatte es geschafft.
 

„Harry?“ Malfoy hatte sich mit einer Hand aufgestützt, die andere ruhte auf meiner Schulter, ein Finger strich langsam über den Stoff, kaum spürbar durch die dicke Wolle des Pullovers, den Rons Mutter mir gestrickt hatte. „Gefällt dir das hier?“
 

Wieso musste er immer so peinliche Fragen stellen? Ich wusste nicht, was ich ihm antworten sollte. Natürlich gefiel es mir, merkte er das nicht? Ich zitterte, meine Nackenhaare machten Konkurrenz mit einem Igel und mein Herz schlug so schnell und hart gegen meine Brust, dass er es doch spüren musste.
 

Ich schluckte und nickte leicht. Auf Malfoys Gesicht erschien ein breites Grinsen.
 

„Ich zeig dir etwas, was dir noch viel mehr gefallen wird.“ kündigte er an, das Selbstbewusstsein in Person, und rutschte etwas hinunter. Ängstlich hielt ich den Atem an, erschauerte, als seine kühlen Finger von meiner Schulter wichen, mit ihm nach unten glitten und dann unter meinem Pullover verschwanden. Ich japste nach Luft, als er mich berührte, es fühlte sich an wie Eis.
 

Ungeschickt fasste ich nach seinem Arm und hielt ihn fest.
 

„I-Ich-“ Meine Gedanken wirbelten durcheinander. Es war absurd, was er mit mir machte, was er mir mit diesen wenigen Berührungen antat, was er damit in mir auslöste. Wieso war es nicht schon vorher so gewesen? Hätte es mir vielleicht schon von Anfang an gefallen, wenn ich mich nicht immer so dagegen gesträubt hätte?
 

Natürlich hatte er es mir nicht leicht gemacht, dies zu tun. Er hatte sich selten wie jemand gezeigt, der mich auf seine Seite ziehen wollte, hatte mich wo er nur konnte gequält und gedemütigt, hatte mich beinahe in den Wahnsinn getrieben.
 

„Wozu?“ fragte ich zum zweiten Mal an diesem Tag.
 

„Hm?“ Natürlich hatte er meinen Gedankengängen nicht folgen können und wusste nicht wovon ich sprach.
 

„Wieso … hast du das alles getan?“ Meine Finger krallten sich fester in seinen Arm, doch er rührte sich nicht. „Warum konntest du nicht-“
 

„Weil ich es musste.“
 

„Was?“
 

„Weißt du …“ Er lächelte leicht, sah kurz zur Seite, dann blickte er mich jedoch direkt an, als wollte er mir sagen, dass er das Folgende absolut ernst meinte: „Ich bin kein guter Mensch. Was du von mir verlangt hattest … dass ich …“, er schien nach passenden Worten zu suchen, doch er unterbrach den Blickkontakt zu mir nicht, „freundlicher zu dir bin … das kann ich nicht. Ich werde nie so sein.“ Langsam entfernte er meine Hände von seinem Arm, legte sie ohne Widerstand meinerseits zu spüren neben mir ab und ließ sich dann auf mich sinken, die Augen geschlossen. „Wirst du damit zurecht kommen?“
 

Mein Atem beruhigte sich langsam und wurde gleichmäßiger, während ich über seine Frage nachdachte. Ebenso bedächtig schloss ich die Augen, bis nur noch ein kleiner Spalt geöffnet war; ich nahm nur noch die Flammen des Feuers neben uns wahr.
 

Würde ich damit zurecht kommen?
 

Und wenn nicht, dachte ich schweigend, was werde ich dann tun?
 

~~~~~*~~~~~

Harrys letzter Gedanke ist abgeändert worden. Ursprünglich hieß es: "Und wenn nicht, dachte ich schweigend, würde ich damit zurechtkommen?" Das war ein Wortspiel, und zwar, ob Harry damit zurechtkommen würde, falls er nicht mit Malfoys Charakter zurechtkommen würde. Eine Freundin von mir hatte es zuerst nicht verstanden und fand es ihm Nachhinein doof, da dachte ich mir, änder ich das besser, bevor meine halbe Leserschaft den Satz nicht versteht xD

Lügen

Kapitel XXXV : Lügen
 

Hogwarts war von dichtem Regen umhüllt, als ich mich endlich von Malfoy getrennt hatte und die Stufen zum Gryffindorturm hochstieg. Meine Schritte hallten laut von dem alten Gemäuer wider, störend nach den langen Stunden der Stille, die ich dort unten verbracht hatte. Meine Haare waren durcheinander, meine Kleidung zerknittert und meinen Umhang hatte ich irgendwann ausgezogen; ob wegen des Feuers oder ob Malfoy es gewesen war wusste ich nicht mehr.
 

Mit müden Augen blickte ich auf das Gemälde der Fetten Dame, die bereits eingeschlafen war und schlaff gegen den Rahmen ihres Bildes lehnte. Kein Wunder, dachte ich mir, immerhin ist schon Sperrstunde. Malfoy und ich hatten die Zeit vergessen und waren völlig darüber erschrocken, als ich einmal kurz auf die Uhr geschaut und festgestellt hatte, dass wir viel zu spät dran waren.
 

Rüde weckte ich die Fette Dame, die nur mürrisch vor sich hin murmelte und zur Seite schwang, als ich ihr das Passwort nannte.
 

„Harry! Wo bist du gewesen?“
 

Tolle Begrüßung, echt. Ron, der bis dahin wohl in einem der Sessel vor dem Kamin gedöst haben musste, kam auf mich zu. Irgendetwas an seinem Blick irritierte mich ungemein. Er sah sehr ernst aus, mehr als es sonst der Fall war.
 

„Ähm … in der Bibliothek!“ haspelte ich schnell als Antwort zusammen; Ron zog die Augenbrauen hoch und verschränkte die Arme, sah mich skeptisch an.
 

„Sicher?“ fragte er lauernd.
 

„Ähm … ja.“ Ich fühlte mich zunehmend unwohler in meiner Haut. Worauf will er hinaus? Ron ächzte, sah kurz zur Seite in das Feuer, das an den Kaminwänden leckte, seufzte schließlich und suchte dann meine Augen.
 

„Wieso lügst du mich an?“ fragte er geradeheraus.
 

Wamm! Das musste in etwa das Geräusch sein, das der Felsbrocken gemacht hatte, als er in meinen Bauch raste.
 

„A-Anlügen?“ stotterte ich. „Wie kommst du da drauf?“
 

Ron atmete schwer ein und aus.
 

„Wir haben dich gesehen, Hermine und ich. Mit Malfoy.“ Der Felsbrocken verwandelte sich in glühende Lava, die mir in die Wangen schoss.
 

„M-M-Malfoy?“
 

Meine Stimme war viel höher als sonst; ich wusste, dass es zu leugnen keinen Sinn mehr machte, dennoch war ich nicht mutig genug dazu, aufzugeben und die Wahrheit, die auch er kannte, zuzugeben.
 

Es war, als hätte man im Fernseher von einem Kanal zu einem anderen geschaltet, so abrupt fiel mir etwas auf: Selbst wenn Ron mich mit Malfoy gesehen haben sollte, so war doch die Chance gering, dass er mehr als das gesehen hatte, dass er uns bei etwas Intimeren gesehen haben könnte. Diese Chance musste ich ausnutzen.
 

„Okay …“ sagte ich leise mit gesenktem Kopf. „Du hast Recht - Malfoy und ich, wir …“, rasch suchte ich nach passenden Worten, „… führen im Moment so etwas wie eine Freundschaft.“ Ron schwieg, ich sprach weiter. „Wir haben uns … vertragen. Er kann ganz nett sein.“
 

Ich wusste selbst nicht, woher ich diese Worte nahm, und vor allem nicht, wieso ich sie mit solch einer Sicherheit aussprach, als wäre ich überzeugt davon, was ich von mir gab.
 

Etwas in Rons Blick verdüsterte sich.
 

„Ich hätte das echt nicht gedacht.“ sagte er schließlich, hielt immer noch Blickkontakt mit mir, seine Augen bohrten sich in meine. „Hermine hat‘s mir erzählt.“
 

Gab es eine Steigerung von Lava?
 

„Was hat sie dir erzählt.“ Kein fragender Ton, ich wusste die Antwort bereits. Und sie gefiel mir ganz und gar nicht.
 

„Was Malfoy mit dir macht. Wieso lügst du mich an?“ Ich schwieg. „Verdammt, Harry!“
 

Ich war mir nicht sicher, ob ich seine Stimme besser der Kategorie ‚verletzt‘ oder gar keiner zuordnen konnte. Er klang eher ruhig, so, als hätte er dieses Gespräch schon lange im Voraus geplant. Ich schwieg immer noch.
 

Innerlich wusste ich, dass ich es nicht mehr leugnen konnte, dass ich verloren hatte. Ich hatte schon verloren gehabt, als ich diesen Raum betreten hatte.
 

„Es hat wohl wirklich keinen Sinn mehr …“ gestand ich leise mit gesenktem Kopf. Es war still, dennoch konnte ich mein Blut in den Ohren rauschen hören.
 

„Wieso hast du es uns nie gesagt?“ Ron hörte sich zunehmend verzweifelter an. „Wieso …“ Ich sah, wie er verkrampft schluckte, wie seine Augen feucht wurden und seine Hände vor unterdrückter Wut zitterten. Jedenfalls hoffte ich, dass es Wut war. „Wieso hast du es bloß soweit kommen lassen?“ Er ballte die Fäuste, bis die Knöchel weiß hervortraten.
 

Mein erster Impuls war es, auf ihn zuzugehen. Doch schon im nächsten Moment stockte ich; ich konnte nicht. Wieso ich es so weit kommen gelassen habe? Ich wusste es. Weil ich ihm schon immer nachgeben wollte. Und er hatte es schließlich geschafft; er hatte es geschafft, dass ich mich tatsächlich zu ihm hingezogen fühlte, auf eine seltsame Art und Weise.
 

Gerade in diesem Augenblick wäre ich am liebsten bei ihm gewesen - das konnte jedoch auch nur an dieser unangenehmen Situation liegen.
 

„Harry?“ Ron schien schon eine ganze Weile auf mich einzureden, doch ich achtete nicht auf ihn.
 

Ein neues Problem war in den Vordergrund meiner Gedanken getreten: Auch wenn sowohl Hermine als auch Ron inzwischen von Malfoys Erpressung wussten, so kannten sie jedoch noch nicht die jüngste Entwicklung. Denn zu gewissen Dingen erpresst zu werden und gewisse Dinge freiwillig mitzumachen war ein gewaltiger Unterschied.
 

Ich wagte zu bezweifeln, dass Ron Freudensprünge machen würde.
 

„Ron - ich … ich muss weg!“ stotterte ich ohne weiter auf ihn zu achten und stürmte hinaus.
 

Hinter mir hörte ich Ron meinen Namen rufen, doch ich rannte weiter, stolperte beim Eingang und rappelte mich hastig wieder auf, ehe ich blind weiterlief.
 

Erst viele Minuten und Gänge später hielt ich keuchend an, die Hände auf die Knie gestützt; meine Haare hingen mir in die Stirn. Ich bin geflohen!, schoss es mir durch den Kopf; ich wollte lieber nicht wissen, was Ron nun von mir denken musste. Er hatte Recht, es war wirklich weit gekommen, wenn auch in anderem Zusammenhang als er es meinte.
 

Es war nicht so, dass ich nicht bemerkte, wie die Freundschaft insbesondere zwischen Ron und mir immer mehr zerbrach. Er war schockiert gewesen, als er erfahren hatte, dass ich nicht länger ein vollwertiger Mensch war; und genauso entsetzt war er wohl in dem Moment gewesen, als er herausfand, dass Malfoy und ich so etwas wie eine Affäre hatten.
 

Affäre. Ich war mir nicht sicher, ob man diese seltsame Beziehung, die wir führten, so nennen konnte, doch ich wusste auch keine andere Bezeichnung dafür.
 

Den Kopf langsam hebend bemerkte ich, dass ich wohl während meiner Flucht in die Kerker gelaufen sein musste: Mich umgaben kahle Mauern aus Stein und nur die Fackeln an den Wänden brachten ein wenig Licht, dass sich weiter hinten verlor. Ein Bewegungszauber, dachte ich, die Fackeln brennen nur bei Bewegung.
 

Umso mehr erschrak ich, als ich plötzlich Licht vernahm, das hinter einer Biegung des Ganges hervorkam. Wie gebannt starrte ich auf den immer größer werdenden Durchmesser des Lichtkegels.
 

Ich versuchte erst gar nicht, mich zu verstecken oder gar wegzulaufen, es hätte eh keinen Sinn gehabt, denn schon im nächsten Moment kam jemand in den Gang hineingeschlurft, in dem ich stand.
 

Es war nicht Malfoy.
 

Es war auch nicht Grey.
 

Die Hände tief in den Hosentaschen vergraben, die Schultern vorgezogen und den Kopf gesenkt, kam Remus Lupin auf mich zu. Zögernd blieb ich stehen. Wir hatten uns schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen, geschweige denn miteinander gesprochen, genauer gesagt seitdem ich Grey und Malfoy in flagranti erwischt hatte.
 

Ich zuckte zusammen, als es mir wieder einfiel - in flagranti? Im gleichen Moment bemerkte Remus mich erst, obwohl er nur noch wenige Schritte von mir entfernt war.
 

„Harry?“ fragte er ungläubig, die Augen weit aufgerissen. „Was machst du denn hier?“ Das Gleiche hätte ich ihn eigentlich auch fragen können.
 

„Nichts.“ Natürlich war das eine Antwort, die ihn nur misstrauisch machen würde, doch mir war gerade nicht danach zumute, mir irgendwelche Ausreden einfallen zu lassen. „Und du?“
 

Remus lächelte ertappt.
 

„Sag‘s nicht Professor Grey, ich bitte dich. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen, die ganze Zeit da oben zu sein.“ Er schob seine Hände noch weiter in seine Taschen.
 

„Okay …“ versprach ich ihm; und als wäre dies eine Art Zeichen gewesen, löste er sich wieder aus seiner Starre und überbrückte den letzten Abstand zu mir, ging an mir vorbei und zeigte mir mit einer Geste, dass ich ihm folgen sollte.
 

Eine Weile lang gingen wir schweigend nebeneinander her; er hatte immer noch die Hände in den Taschen, ich hatte meine Arme um den Körper geschlungen. Es war schon so gut wie Nacht und dementsprechend dunkel und kalt. Trotzdem führte er mich nach draußen auf die Ländereien von Hogwarts. Kein Wunder, dachte ich mir bei dem Gedanken, dass er - abgesehen von den Vollmondnächten - seit Anfang des Schuljahres in einem Turm gelebt hatte. Es sei denn, dies war nicht das erste Mal, dass er sich hinaus schlich.
 

Ich musste zugeben, dass ich mich ein wenig davor fürchtete, mich um diese Uhrzeit in der Nähe des Verbotenen Waldes herumzutreiben. Doch es blieb mir keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken, denn Remus hielt plötzlich mit einem Ruck vor mir an, sodass ich ihm in den Rücken lief.

Verrat

Moin -^.^-

Da hab ich doch fast vergessen, das Kapitel hochzuladen. Irgendwie dachte ich die ganze Zeit, es wäre Samstag *drop* Das kommt von den Ferien. Da verliere ich immer mein Zeitgefühl.

Übrigens sagten mir nun auf verschiedenen Seiten verschiedene, dass sie verwirrt wären. Das ist beabsichtigt, weil auch Harry schließlich total beschäftigt und verwirrt ist - aber keine Sorge, es wird sich noch alles aufklären.
 

Kapitel XXXVI : Verrat
 

Beinahe wäre ich umgefallen, als Remus so abrupt stoppte, doch mit ein wenig seitlichem Herumgefuchtel meiner Arme konnte ich das Gleichgewicht noch halten.
 

„Was ist? Wieso bist du stehen geblieben?“ fragte ich, teils besorgt, teils misstrauisch. Natürlich hätte ich nie im Leben angenommen, dass Remus mir gegenüber etwas Böses im Sinn haben könnte, dennoch gefiel mir die ganze Situation und Stimmung hier nicht.
 

Remus hatte sich nicht umgewandt, also ging ich um ihn herum und neigte leicht meinen Kopf, um ihm besser in die Augen sehen zu können, denn er hielt ihn gesenkt.
 

„Was ist?“ wiederholte ich. Remus seufzte und hob seinen Kopf wieder, sah jedoch anders als ich angenommen hatte über die dunkle Fläche des Sees, in der sich an manchen Stellen der Mond spiegelte. Bald war wieder Vollmond.
 

„Ich würde gerne wissen, was da vor ein paar Tagen passiert ist.“ sagte er leise. „Zwischen dir und Professor Grey.“
 

Ich errötete, als ich die Zweideutigkeit dieses Satzes erkannte, auch wenn Remus diese sicher nicht beabsichtigt hatte. Doch ich schwieg. Gerade weil so viel in der Zwischenzeit passiert war, hatte ich völlig vergessen, womit Grey und Malfoy mich geschockt hatten. Ich wusste, oder hatte zumindest die Ahnung, dass es einfach nicht sein konnte, dass Grey auf Männer oder sogar auf Jungs wie Malfoy stand. Er war einfach nicht der Typ dafür.
 

Oder?
 

Ich zog die Arme zitternd um meinen Oberkörper. Ich sollte diese Angelegenheit so schnell wie möglich beenden, um mich nicht zu erkälten.
 

„Ich … also …“ Obwohl der Willen dazu vorhanden war, konnte ich mich einfach nicht dazu aufraffen, ihm die Wahrheit zu sagen.
 

„Sag‘s schon, ich werde dir sicher nicht den Kopf abreißen.“ Remus lächelte leicht. „Außerdem ist es kalt.“ Ich ignorierte die Tatsache, dass er derjenige gewesen war, der uns beide nach draußen dirigiert hatte; er hatte Recht. Er war ein Werwolf - okay, ich auch, ganz vergessen - also war er sicher alles andere als intolerant. Doch dies war ein ganz anderes Feld.
 

„Grey und Malfoy … ich … ich hab da was gesehen.“ Ich atmete noch einmal tief ein und aus, ehe ich Remus ins kalte Wasser schmiss. „Ich hab gesehen, wie sie miteinander … du weißt schon.“ Die Hitze schoss mir in die Wangen, rötete sie noch mehr, als sie ohnehin schon von der Kälte waren.
 

Remus brachte erst einmal kein Wort heraus. Ich sah, wie es hinter seiner Stirn arbeitete, wie er die Stirn ungläubig und nachdenklich runzelte. Trotzdem wunderte ich mich darüber, dass er nicht im geringsten geschockt zu sein schien. Hatte er etwa davon gewusst?
 

„Nein.“ sagte er schließlich. „Nein. Das würde er niemals machen. - Professor Grey, meine ich. Besonders nicht mit einem Schüler, abgesehen davon, dass du mir glauben kannst, dass er mit Sicherheit nur an Frauen interessiert ist.“
 

In mir nagten immer noch Zweifel, dennoch beruhigten mich seine Worte ein wenig. Ich vertraute Remus. Dennoch schmerzte es mich, dass meine ganzen Hoffnungen, die ich mir gemacht hatte, tatsächlich absolut aussichtslos gewesen waren.
 

Doch wenn Grey wirklich nichts in der Richtung vorgehabt hatte, was war dann zwischen den beiden vorgefallen, dass es so ausgesehen hatte? Man lag als Lehrer schließlich nicht alle Tage auf seinem Schüler.
 

Ich biss mir auf die Lippe, als sich eine meiner Hände tiefer in den weichen Stoff meines Pullovers krallten. Die feuchte Kälte und der Schnee, der bald fallen würde, ließ meine Finger pochen. Ich sah auf den Boden und bemerkte einen heftigen Schmerz zwischen meinen Augen.
 

„Aber wieso hat er dich geohrfeigt?“ Remus‘ leise Stimme riss mich wieder aus meinen Gedanken.
 

„I-Ich …“ Das konnte ich ihm nicht wirklich sagen, oder? Wie würde Remus reagieren, wenn ich ihm offenbaren würde, dass ich Grey, meinen Lehrer, geküsst hatte? Einfach so, und das nicht gerade unschuldig. Als ich mich an die Szene erinnerte, fingen meine Lippen zu brennen an.
 

„Harry?“ Verkniffen erwiderte ich seinen Blick. „Du weißt, das du keine Geheimnisse vor mir zu haben brauchst, ja?“
 

Ich nickte, dennoch stand mein Entschluss fest: Remus würde nie davon erfahren. Genauso wenig wie irgendwer anderes.
 

„Ich geh wieder rein.“ Ich drehte mich von ihm weg und bewegte mich in Richtung Schloss. „Lass dich nicht erwischen.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Kurz gesagt fühlte ich mich wahnsinnig schlecht.
 

Einerseits bot man mir an allen Ecken und Kanten Hilfe an, doch ich schlug sie aus. Wer sollte mir auch helfen können? Was nützte es, wenn ich es jemandem erzählte? Zurecht kommen musste ich damit letzten Endes allein.
 

Dennoch entfernte ich mich dadurch von meinen Freunden. Erst Ron, welcher so verletzt gewirkt hatte, jetzt Remus. Sicher hatte er mein schroffes Verhalten richtig interpretiert.
 

Ich fragte mich, wie Hermine wohl in diesem Moment dachte. Sie hatte mich zwar nicht direkt abgewiesen, dennoch hätte sie ihre Gedanken vor mir verbergen können. ‚Euch verbindet irgendwas‘ - sagte man das, wenn man damit nicht einverstanden war?
 

Doch Hermine war mir immer schon ein Rätsel gewesen. Eine schlaue Hexe, die man nicht belügen konnte. Sie war es damals vor vier Jahren gewesen, die als Erste herausfand, dass Remus ein Werwolf war und sie war wohl auch diejenige gewesen, die es bei mir erkannte. In so kurzer Zeit.
 

Vielleicht lag es daran, dass sie ein Mädchen war. Mädchen sagte man schließlich so einiges nach.
 

Ich schüttelte den Kopf. Ich dachte mal wieder zu viel nach.
 

Aber das Gefühl, dringend etwas tun zu müssen, etwas an meiner Situation ändern zu müssen, blieb und nagte sich an mir fest, bis es sich fest verwurzelt hatte.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Harry! Harry!“ Ich nuschelte etwas im Schlaf, ließ die Augen jedoch geschlossen. „Oh Merlin, Harry!“ Es war inzwischen eine ganze Woche vergangen, in der sich die Ereignisse nicht wirklich weiterentwickelt hatten. Malfoy und ich hatten uns noch einmal getroffen, doch wir hatten nur geredet, auch wenn er sichtbar unruhig deswegen gewesen war und offensichtlich lieber anders ‚geredet‘ hätte. „Harry, wach endlich auf! Bitte!“
 

Endlich schlug ich die Augen auf und sah mich einer gehetzt wirkenden Hermine gegenüber, die kurz erleichtert lächelte, als ich mich gähnend auf meinem Bett aufrichtete. Doch nur eine Sekunde später verschwand es und hinterließ keinerlei Spuren.
 

„Was ist los?“ Verwirrt hob ich die Augenbrauen und griff nach meiner Brille, die auf der Nachtskommode lag. Hermine biss sich auf die Lippe und sah zur Seite, als fiele es ihr schwer, ihr Anliegen in Worte zu fassen. „Hermine …“, grummelte ich gespielt böse, „erst weckst du mich so gemein und jetzt willst du mir nicht sagen, was los ist? Oder wie?“
 

Hermine seufzte leise. Ich sah, wie ihre Augen feucht schimmerten und bekam sofort ein schlechtes Gewissen. Es schien ernst zu sein.
 

„Hermine?“ flüsterte ich.
 

„Harry, es ist schrecklich …“ flüsterte sie. „Ro- ich meine, Malfoy … er …“, stotterte sie, und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel, „er liegt im Krankenflügel. E-Er wurde vergiftet …“
 

Ich konnte nichts mehr hören. Um mich herum war nur noch Stille; selbst Hermines Schluchzer, selbst ihren hektischen Atem, der mir sagte, dass sie zu mir gerannt sein musste, nahm ich nicht mehr wahr. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen, ehe ich sie schloss und dann fest zusammenkniff.
 

Der Knoten in meiner Brust, der sich auch während der vergangenen Woche nicht gelöst hatte, vertäute sich noch mehr und machte damit wieder auf sich aufmerksam.
 

Auch wenn ich wusste, dass ich daran keine Schuld hatte, fühlte ich mich so. Natürlich hatte Malfoy mindestens so viele Feinde wie Verehrer, genau wie ich dank meines Namens. Doch nie hatte ich erwartet, dass ihm so etwas passieren könnte.
 

Mir, ja. Ich war in Gryffindor, mein Gegenpart war Slytherin und ich hatte nie angenommen, dass sie es nicht fertig bringen würden, mich zu vergiften, genauso wie sie mich und unzählige andere oft genug verhext hatten.
 

Doch andersrum?
 

Ein Slytherin konnte nicht einfach so jemandem aus seinem eigenen Haus etwas antun, selbst bei den größten persönlichen Diskrepanzen. Doch wer aus Ravenclaw, Hufflepuff oder sogar Gryffindor war dazu fähig, Malfoy zu vergiften?
 

Langsam öffnete ich meine Augen und mich selbst damit wieder meiner Umwelt.
 

Hermine starrte mich an, die Wangen leicht gerötet.
 

„Was wirst du tun?“ fragte sie mich nach einer Weile, die sie mir netterweise noch gegeben hatte.
 

„Ihn besuchen, was sonst?“ antwortete ich sarkastisch. „Natürlich den Bastard herausfinden, der das getan hat!“ Ich schluckte. „Und ihm dann alle Flüche auf den Hals hetzen, die ich kenne.“
 

Hermine schwieg und hatte gleichzeitig wieder ihre undurchdringliche Miene aufgesetzt.
 

„Wie willst du das anstellen?“ fragte sie leise. Ich stutzte.
 

„Keine Ahnung …“ gab ich zu, war mit den Gedanken jedoch völlig woanders. Ich wusste nicht genau, was es war, dass mich aufmerksam gemacht hatte, doch irgendetwas an ihrer Sprache, ihrer Haltung, ihrer ganzen Art, wie sie sich gerade mir gegenüber verhielt, schrie danach, dass etwas nicht stimmte. Hat sie eine Vermutung?
 

„Hermine … weißt du etwas darüber?“ fragte ich sie nervös. Sie sah nicht auf, doch ich sah ein kurzes Zusammenzucken. „Hermine?“
 

Sie sprang auf.
 

„Ich hab noch gar nicht mit den Hausaufgaben für Binns angefangen!“ entschuldigte sie sich und rannte hals über kopf aus dem Raum.
 

Ich hatte sie noch gestern über den Geschichtsaufgaben gebeugt gesehen.
 

„Scheiße …“ flüsterte ich, zu angespannt um schreien zu können.

Menschlichkeit

Kapitel XXXVII : Menschlichkeit
 

Ich hielt mein Versprechen nicht. Ich konnte gar nicht anders, als mich sofort, nachdem ich den Gemeinschaftsraum verlassen hatte, auf den Weg zum Krankenflügel zu begeben, wo Malfoy liegen musste.
 

Ich gab es zu: Ich hatte Angst um ihn. Grausame Angst. Obwohl er wirklich nicht der netteste Charakter war, war er mir in der letzten Zeit doch irgendwie so etwas wie ans Herz gewachsen. Natürlich hatte ich das bis eben noch nicht gewusst, doch als Hermine mir davon erzählte hatte, merkte ich erst, wie viel er mir bedeutete.
 

Nun gut, das mag übertrieben ausgedrückt sein. Dennoch - ich konnte mir ein Leben ohne ihn gar nicht mehr vorstellen, und sei es auch nur der Streitereien wegen.
 

Schwer atmend kam ich vor den Türen des Krankenflügels an. Unsicherheit stieg in mir auf, denn mir wurde mit einem Mal bewusst, dass es ziemlich seltsam wirken musste, wenn Harry Potter Draco Malfoy besuchen würde.
 

Trotzdem! Ich ballte die Hände, als ob ich mir selbst beweisen wollte, dass ich mich von solchen Nichtigkeiten nicht abhalten lassen würde und trat nach kurzem Klopfen ein.
 

Das Krankenzimmer war leer.
 

Also, nicht direkt leer, das nicht, immerhin waren Stühle, Betten und solche Dinge da. Aber in dem Raum war keine Menschenseele zu sehen.
 

„Malfoy?“ wisperte ich in die herrschende Stille hinein.
 

Sofort wurde von einem der Betten der Vorhang zur Seite gezogen und ein bleichgesichtiger Junge starrte mich an. Die blonden Haare fielen ihm leicht verschwitzt in die Stirn, doch er sah nicht so schlimm aus, wie ich erwartet hatte.
 

„Harry?“ fragte er ungläubig und richtete sich ein wenig mehr auf, strauchelte jedoch und fiel plumpsend in sein Kissen. Er grinste. „Das ging schnell.“
 

Schade - für einen kurzen Moment hatte er wieder einmal eine andere Seite von sich gezeigt, eine Seite, die ich akzeptieren konnte. Wieso konnte er sich nicht einfach fallen lassen und immer so sein?
 

‚Fallen lassen‘, das hatte er auch zu mir gesagt. War es das, was er mir damit andeuten wollte? Nach dem Prinzip „Wie du mir, so ich dir …“ Ich merkte nicht, wie ich das Sprichwort vor mich hinmurmelte.
 

„Wie?“ hakte Malfoy sofort nach. Verwirrt blickte ich auf.
 

„Was?“
 

„Was meinst du damit?“
 

„Womit?“
 

„‘Wie du mir, so ich dir‘ - was meinst du damit?“ Malfoy hatte fragend die Augenbrauen erhoben, doch als ich ihm in die Augen sah, erkannte ich statt des erwarteten Misstrauens nichts anderes als Spott.
 

Ich stockte.
 

„Ach … so meinst du das. Sorry, ich war in Gedanken.“ Verlegen fuhr ich mir durch die Haare, eine Geste, die ich von meinem Vater geerbt hatte, und stand nun mitten im Zimmer, nicht wissend, was ich nun tun sollte.
 

Wieso war ich überhaupt hierher gekommen? Nützen täte es doch eh nichts, egal, ob Malfoy nun im Sterben läge oder, wie es der Fall war, beinahe putzmunter war.
 

„Komm mal her.“ Malfoys Stimme hatte etwas Bestimmendes, doch diesmal sprach er nicht mit dem üblichen Befehlston, auch wenn dieser noch nicht ganz gewichen war. Das würde er wohl nie.
 

Ich kam seiner Bitte nach, ging herüber zu seinem Bett, setzte mich auf die Kante und kam mir dabei unglaublich dämlich vor. Was mach ich hier eigentlich?
 

„Hast du dir Sorgen gemacht?“ Malfoys überlegenes Grinsen machte mich wütend. Ja, hatte ich! Was war falsch daran? Immerhin war er es doch, der eine Beziehung mit mir führen wollte, wieso war er dann so?
 

„Hör endlich auf!“ Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt, diese Worte so giftig auszusprechen, doch so verfehlten sie wenigstens ihre Wirkung nicht: Malfoy verstummte sofort, obwohl ich an seinem geöffneten Mund, den er gerade wieder schloss, sehen konnte, dass er zum Sprechen angesetzt hatte.
 

Seine Hände fingen seltsamerweise an, nervöse Kreise über sein weißes Bettlaken zu ziehen.
 

„Harry …“ sagte er leise und seine Stimme war ganz anders, als ich sie gewohnt war. Was ist jetzt los? Hat das Gift seine Sinne verwirrt oder was? Doch Malfoy grinste wieder diebisch, packte mich grob am Handgelenk und zog mich mit einer Kraft, die ich ihm in diesem Zustand gar nicht zugetraut hatte, zu sich hinunter.
 

„Was-“ setzte ich an, doch er hob seinen Kopf aus dem Kissen und küsste mich. Seine Hände, die eben noch wie schüchtern über das Laken gestrichen waren, fuhren mir durch die Haare und wirbelten sie noch mehr durcheinander, als sie ohnehin immer waren.
 

Ich wehrte mich nicht.
 

Obwohl ich wusste, dass er geschwächt war, glaubte ich nicht, dass ich großartig gegen ihn ankommen könnte. Selbst wenn doch, würde er sich spätestens an mir rächen, wenn er wieder Herr all seiner Kräfte war. Darauf konnte ich ganz gut verzichten.
 

Ich konnte nur hoffen, dass in der Zwischenzeit niemand auf die Idee kam, uns hier zu erwischen.
 

Ich erschrak, als Malfoys Hand unter mein Hemd fuhr und dort dieselben kreisförmigen Muster auf meinen Bauch, meine Seite und meinen Rücken zeichnete, mit denen er eben unsichtbar das Bettlaken verziert hatte. Seine Lippen fuhren zärtlich über meine Wangen und weiter, bis sie schließlich mein Ohr erreichten.
 

Als wüsste er nur zu genau, was er mit mir anstellen musste, hauchte er mir seinen warmen Atem hinein. Ohne es verhindern zu können, erschauderte ich von Kopf bis Fuß, was ihn leise auflachen ließ.
 

„Das gefällt dir, wie?“ fragte er, erwartete jedoch keine Antwort, sondern ließ auch seine zweite Hand in mein Hemd gleiten und fing an, dieses hochzuschieben.
 

Panisch zischte ich auf und versuchte, seine Hände zu fassen. Dennoch war er schneller und zog es mir halb hoch, betrachtete meinen Bauch, dem man meine hektische Atmung nur zu gut ansehen konnte. Langsam näherte sich einer seiner Finger an die soeben freigelegte Stelle, doch ich zog rasch meinen Bauch ein, als glaubte ich, dass ich mich dadurch von seiner Berührung schützen könnte.
 

„Angst, Harry?“ Ich blickte auf und sah in das wohl breiteste Grinsen, das ich je bei ihm erlebt hatte.
 

„Träum weiter, Malfoy!“ zischte ich, doch anscheinend war es genau das, was er erwartet hatte.
 

„Das ist gut.“ sagte er nur; im nächsten Augenblick fasste er mich an meiner Schulter, wirbelte mich herum und ich fand mich plötzlich unter ihm liegend vor.
 

„Malfoy, hör-“
 

„Klappe!“ Er war wohl wirklich nicht zu Gesprächen aufgelegt, wenn er so sehr zur Sache ging. Doch ich hatte nicht die geringste Absicht, mich hier flachlegen zu lassen.
 

Flachlegen? Nicht nur meine Ausdrucksweise, nein, auch meine Art zu denken hatte sich in den letzten Monaten gründlich gewandelt.
 

Während ich noch über solch unwichtige Dinge nachdachte, hatte Malfoy sich schon längst an dem Reißverschluss meiner Hose zu schaffen gemacht.
 

„Was denkst du, was du da tust?“ Als ich seine Beschäftigung bemerkte, wäre es beinahe schon zu spät gewesen; doch ich schaffte es, seine Hände zu packen und festzuhalten.
 

„Na, was wohl?“ fragte er mit einem dreckigen Grinsen. „Dich ausziehen.“ Meine Hände verstärkten ihren Druck um ein Vielfaches, doch es schien ihn nicht zu stören. Inzwischen bereute ich es, zum Krankenflügel gekommen zu sein, mir überhaupt Sorgen um ihn gemacht zu haben. Kakerlaken starben schließlich auch nicht so leicht.
 

Okay, es mochte gemein und nicht angebracht sein, Malfoy mit einer Schabe zu vergleichen, doch im Moment war ich nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen. Muss er immer nur an das Eine denken? Schließlich hatte er sich die ganze letzte Woche doch auch ganz gut gemacht - oder lag es daran? War die Frist etwa abgelaufen?
 

„Du solltest besser aufpassen, was ich tue.“ Malfoys Stimme war ganz nahe an meinem Ohr; und mit Erschrecken musste ich feststellen, dass er es während meiner geistigen Abwesenheit geschafft hatte, seine Handgelenke aus meinen Händen zu winden und sie auf das Bett zu pinnen. Sein Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von dem meinen entfernt. „Sonst kommst du noch … in unangenehme Situationen.“ Er grinste und setzte dann einen kleinen Kuss auf meine linke Wange, der mich das dazugehörige Auge zukneifen ließ. „Nur gut“, redete er unbekümmert weiter, „dass das hier wohl kaum zu den unangenehmen Dingen gehört.“ Er küsste mich ein zweites Mal, dieses Mal auf die andere Wange. „Stimmst du mir zu?“ Er ließ meine Arme los und sah lächelnd auf mich hinab, seinen Kopf auf seine Hände gestützt.
 

Ich schwieg. Es war nicht so, dass die Dinge, die er mit mir anstellte, mir nicht immer nicht gefielen, doch er hatte in mir den Eindruck erweckt, dass er mit mir nichts anderes anfangen konnte.
 

Und dieser Gedanke ließ mich zögern.
 

„Harry?“ Malfoys Grinsen hatte nachgelassen, als ich nicht antwortete. „Was ist? Gefällt es dir nicht?“
 

Überrascht blickte ich auf. Ich war mir nicht sicher, doch war es nicht das erste Mal, dass er mich danach fragte, ob es mir gefiel?
 

„Ich …“ Ich zog meine Hände, die immer noch auf der Decke über meinem Kopf gelegen hatten, zu mir, stockte kurz, unsicher, ob ich das, was ich vorhatte, auch wirklich tun sollte. „Ich hab … das Gefühl …“ Es fiel mir unglaublich schwer, meine Gedanken in Worte zu fassen.
 

Langsam erhob ich meine Hand und ließ sie sich seinem Arm nähern, der auf dem Bett aufgestützt war. Kurz bevor sie ihn erreichte, zuckte ich leicht zurück, halb überrascht von der Wärme, die er ausstrahlte, und halb überrascht von dem, was ich wirklich tat. Zwei meiner Finger berührten federnd leicht seine blasse Haut. Ich hatte nie gedacht, dass sie sich so menschlich anfühlte.

Ein Malfoy kennt keine Liebe

Wollte nur noch anmerken, dass Malfoy sich gerade in einem seltsamen Zustand befindet - ob es nun am Gift liegt oder an einem pubertären Hormonschub (oder an mir *fg*) sei mal dahingestellt ^^
 

Kapitel XXXVIII : Ein Malfoy kennt keine Liebe
 

Malfoy ließ mich gewähren. Mein Atem zitterte vor Aufregung, doch gleichzeitig musste ich zugeben, dass ich mich noch nicht einmal getraut hätte, meine Hand jetzt noch von seinem Arm wegzuziehen. Langsam ließ ich sie ein, zweimal über seine warme Haut streichen, dann hielt ich dennoch inne und sah Malfoy in die Augen.
 

Er starrte zurück, stumm. Ob er sprachlos war, dass ich die Initiative ergriffen hatte oder ob es einen anderen Grund hatte, dass er schwieg, wusste ich nicht.
 

„Malfoy, ich-“
 

„Du sollst mich doch Draco nennen.“ unterbrach er mich leise, aber bestimmt. „Komm, sag‘s schon.“
 

Ich zögerte. Gut, es war nur ein Name, doch ich fand ihn wirklich abscheulich. Und ein Spitzname passte nicht zu Malfoy - Draco. Okay, dachte ich mir, innerlich mit zusammengebissenen Zähnen, gedacht hast du‘s schon, sprich‘s nur einfach aus!
 

„Ich - also - ähm … Dra-Draco …“ sagte ich leise und drehte dann meinen Kopf weg. „Bist du jetzt zufrieden?“ Ich hörte ihn kaum merklich auflachen, doch ich beachtete ihn nicht.
 

Mein Leben schien voller verhängnisvoller Fehler zu sein.
 

D. Malfoy entging meine zeitweilige Unachtsamkeit nämlich keineswegs, er nutzte sie lieber mit großem Vergnügen aus: Meine Hand zur Seite ziehend, so rasch, dass ich keine Gelegenheit hatte zu reagieren, pinnte er ebendiese zusammen mit meiner anderen über meinem Kopf auf dem Bett fest. Ich wehrte mich zwar, doch waren diese Versuche weniger als halbherzig; das Gewicht seines Körpers hielt den meinen unter sich gefangen.
 

„H-hey, was hast du vor?“ Natürlich wusste ich das. Das, was er immer mit mir vorhatte. Und deswegen schien er es auch nicht für nötig zu halten, mir zu antworten.
 

Er fing an, seine Arbeit von eben wieder aufzunehmen und schob mein Hemd noch weiter hoch; seine Finger glitten wärmer als zuvor über meine Haut. Ich hatte inzwischen jegliche Art von Gegenwehr aufgegeben und lag nun bewegungslos unter ihm - immerhin, so sagte ich mir, hatte ich keine Chance gegen ihn und außerdem wusste ich, dass ich es in Wahrheit genoss, auf diese Weise mit ihm zusammen zu sein. Ich musste ihn einfach nur einmal lassen, mir zu zeigen, was er wirklich vorhatte.
 

Vielleicht war es gar nicht mal so schlimm, wie ich anfangs gedacht hatte.
 

„Ist es so nicht viel besser?“ Malfoy, der seine Bemühungen kurz unterbrochen hatte, um mir diese Frage zu stellen, sah keck zu mir hoch. Ich schluckte.
 

„Ich - äh … ja.“ stotterte ich, nicht wissend, was ich in so einer Situation sagen sollte oder was er von mir erwarten könnte. Malfoy grinste jedoch nur, als hätte er genau diese Reaktion von mir erwartet und schob mein Hemd noch ein Stückchen weiter hoch.
 

Ohne jegliche Vorwarnung stützte er sich dann ab, zog mich an einem Arm hoch und mein Hemd mit der freien Hand über meinen Kopf.
 

„Malfoy!“ Die Sache mit dem Namen hatte ich völlig verdrängt. „Was tust du da?“
 

„Du wiederholst dich.“ meinte er jedoch nur, schmiss das Hemd neben sein Bett und beugte sich über mich, so nah, dass die Spitzen seiner Haare meine Nase berührten und etwas hochflogen, als ich heftig ausatmete. „Wann kapierst du endlich, dass ich mich mit weniger nicht zufrieden gebe?“ Erschrocken riss ich die Augen auf.
 

„Was meinst du?“ Anstatt mir eine Antwort zu geben, überbrückte er den letzten Abstand zwischen uns und legte seine Lippen auf die meinen. Wie erstarrt ließ ich es geschehen. Als er sich wieder von mir löste, war in seinem Gesicht nicht das von mir erwartete Grinsen zu sehen, das ansonsten zeigte, wie zufrieden er wieder mir sich selbst war, sondern ein völlig ernster Ausdruck.
 

„Weil ich dich will.“ antwortete er endlich. „Und das mit Haut und Haaren.“
 

Stille breitete sich aus. Ich wagte es nicht, mich zu bewegen. Einerseits, weil er in diesem Falle vielleicht mit dem weitergemacht hätte, was er noch nicht beendet hatte, andererseits, weil ich wusste, dass er mich nicht gehen lassen würde. Noch nicht.
 

„Das“, sagte ich schließlich leise, „hört sich an, als ob du mich fressen wolltest.“
 

Kurz schaute er mich verblüfft an, dann lachte er laut auf, senkte seine Stimme jedoch sofort; wahrscheinlich, weil er sich wieder daran erinnerte, dass wir uns im Krankenflügel befanden.
 

„Vielleicht hast du da ja gar nicht mal so Unrecht …“ gab er flüsternd zu und beugte sich wieder zu mir hinunter. „Ich hab dich nämlich zum Fressen gern!“
 

Malfoy war wirklich ein Mensch der Taten.
 

Er ließ mir nicht einmal die Zeit, mich an diese Offenbarung zu gewöhnen, sondern ließ seine Hand, die bis eben noch über meinem Kopf auf dem Kissen geruht hatte, auf einmal nach unten gleiten, nur so leicht, dass ich sie gerade so auf meiner Haut spüren konnte. Erst hakte sich ein, dann auch ein zweiter Finger in meinen Hosenbund.
 

Zitternd hielt ich den Atem an. Will er wirklich …?
 

Wollte er. Beinahe Zentimeter für Zentimeter zog er seine Finger samt meiner Hose nach unten. Wie gebannt beobachtete ich sein Tun.
 

„Malfoy!“ Ich hielt es nicht mehr aus. „Malfoy, hör auf!“ Und tatsächlich tat er es und hob den Kopf.
 

„Was bringt dich auf die Idee, dass ich auf dich höre?“ fragte er ernst.
 

Das brachte mich für eine Weile aus dem Konzept. Bis eben hatte ich noch angenommen, dass wir uns irgendwie stumm darauf geeinigt hatten, dass er nichts mehr gegen meinen Willen unternehmen würde, dass er aufhören würde, wenn ich etwas eindeutig nicht wollte. Anscheinend hatte ich mich geirrt.
 

„Ich … Ich dachte …“ stotterte ich, wagte es aber seltsamerweise nicht, meine Gedanken auszusprechen.
 

„Dass ich auf einmal ein netter Kerl wäre?“ fragte Malfoy mit ironischem Unterton. „Habe ich dir nicht schon einmal erklärt, dass ich das nicht bin? Und auch nie sein werde?“
 

Ich schwieg. Natürlich hatte er das. Doch er hatte mich auch gefragt, ob ich damit zurecht kommen würde. Bisher hatte ich noch keine Antwort darauf gefunden.
 

„Und was ist“, fragte ich leise, „wenn ich das nicht will … wenn ich das … nicht akzeptieren kann?“ Ich stockte; ich hatte Angst vor dem, was ich vorhatte zu fragen. Es war ein großer Schritt, der mich viel kosten konnte. „Was ist, wenn ich dich nicht liebe?“
 

Für einen kurzen Moment konnte man ihm ansehen, dass er auf diese Frage nicht vorbereitet gewesen war. Dann jedoch verschloss er seine Emotionen wieder hinter einer Mauer der Gleichgültigkeit.
 

„Liebe.“ sprach er das Wort aus, als sei es nichts Besonderes. „Wer hat denn von Liebe gesprochen? Ein Malfoy kennt keine Liebe.“ Wie konnte er so etwas nur aussprechen, ohne eine einzige Regung, eine einzige Spur eines Gefühls in seinem Gesicht zu zeigen? Es musste ihm entweder wirklich egal sein, er musste es ernst meinen, oder er war sich nicht bewusst, was er da sagte. Vielleicht war er aber auch nur ein ausgezeichneter Schauspieler. „Aber weißt du was?“ fuhr er plötzlich fort. Ich sah ihn nur an und wartete auf das, was er noch zu sagen hatte. „Genau deshalb bin ich hier.“
 

Verwirrt runzelte ich die Stirn und zog eine Augenbraue hoch. Doch da er nicht den Anschein machte, als wollte er mir seine Worte erklären, dachte ich selbst darüber nach. Kam jedoch zu keinem Ergebnis.
 

„Red nicht in Rätseln.“ sagte ich.
 

„Tu ich doch gar nicht. Du solltest lieber mal ein wenig deinen Grips anstrengen.“ erwiderte er. „Da ich aber weiß, dass dir das ein wenig schwer fällt, tu ich dir den Gefallen und sag dir, was ich gemeint habe, okay?“
 

„Warum denn nicht gleich so?“ murrte ich daraufhin nur und stieß entnervt meinen Atem aus.
 

„Na, sei mal nicht so rebellisch!“ grinste er wieder. „Oder willst du es doch nicht wissen?“ Wütend packte ich ihn am Kragen und zog ihn zu mir heran.
 

„Natürlich will ich‘s wissen!“ Malfoys Grinsen verbreitete sich jedoch nur.
 

„Soso, du willst es also wissen?“ sagte er mit eindeutig zweideutigem Ton. „Da kann ich dir weiterhelfen. - Aber erst mal zu deiner Frage.“ Und schon war er wieder so ernst wie kurz zuvor. „Weißt du“, begann er, „mein Vater hat mir immer beigebracht: ‚Ein Malfoy zeigt keine Gefühle‘. Mein Vater hat mich eine Menge gelehrt. Und deswegen tat ich es auch, so, wie er es wollte. Es hat eine Weile gedauert, bis ich die Falschheit hinter diesen Worten erkannt habe.“ Er machte eine Pause und sah mich anschließend an, in seinem Blick ein seltsames Glitzern. „Ausgerechnet du warst es, der mir die Augen geöffnet hat.“
 

Wie gebannt war ich seiner kleinen Rede gefolgt und hatte über dies völlig vergessen, dass wir uns in einem öffentlichen Raum befanden. Abrupt wurde ich wieder in die Realität katapultiert, als sich hastige Schritte dem Krankenflügel näherten. Weder ich noch Malfoy hatten die Chance, diese Erkenntnis zu verarbeiten und auseinander zu gehen, bis die großen Flügeltüren mit Schwung auseinander gerissen wurden und jemand hineinstürmte.
 

Außer Atem blieb derjenige stehen und erstarrte, als er uns in eindeutiger Position auf dem Bett liegen sah.
 

Ich kannte den Jungen nicht - er musste etwa in meinem Alter sein - doch etwas in seinem Blick verriet mir, dass er nicht irgendwer sein konnte.
 

„Blaise …?“ Malfoys Stimme ließ mich zu ihm sehen. Bewegungslos hockte er auf mir. Auch der Junge schien die Sprache endlich wieder gefunden zu haben.
 

„Das hast du mir nicht erzählt!“

Blaise

Kapitel XXXIX : Blaise
 

Die Stimmung im Krankenflügel konnte man bestenfalls als bodennah bezeichnen.

Der Junge namens Blaise stand wie erstarrt da, immer noch in der Nähe des Eingangsbereiches und ließ seine Augen nicht von Malfoy, der genauso still auf dem Bett über mir kniete, die Hände immer noch neben mir aufgestützt. Langsam ließ ich seinen Kragen los, doch er entfernte sich nicht von mir.
 

Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
 

Ich kannte den Jungen flüchtig aus dem Unterricht. Bisher hatte ich noch nicht einmal gewusst, wie sich seine Stimme anhörte, da er sich noch nie gemeldet hatte, geschweige denn, dass er drangekommen wäre. Denn die Lehrer ließen ihn in Ruhe, daher hatte ich vor einiger Zeit geschlossen, dass seine Noten akzeptabel zu sein schienen. Auch bei praktischem Unterricht hatte er meines Wissens noch nie versagt.
 

„Du hättest mir das ruhig sagen können.“ Blaise‘ Stimme hörte sich auf einmal völlig ruhig an. „Wieso hast du es nicht getan?“
 

Es dauerte eine Weile, bis Malfoy antwortete.
 

„Wieso sollte ich?“ fragte er, und die gewohnte Hochnäsigkeit war zurückgekehrt. Blaise schien schockiert, wütend kniff er die Augen zusammen.
 

„Wieso?“ Sofort war seine kurzweilige Ruhe verschwunden. „Weil ich dein bester Freund bin, zum Beispiel? - Ich hab dir doch bisher auch alles erzählt!“ Etwas übereilt hastete er zu dem Bett hinüber, auf dem wir beide immer noch wie zusammengeschmolzen lagen und beugte sich zu Malfoy hinunter, nicht ohne mir kurz einen unsicheren Blick zuzuwerfen. Doch ehe er zu einem weiteren Satz, einer weiteren Anschuldigung kommen konnte, fiel Malfoy ihm ins Wort.
 

„Du musst schließlich auch nicht alles wissen!“ giftete er ihn an. „Oder soll ich dir auch noch die Einzelheiten über das Wo und Wie aufzählen?“
 

Ehrlich gesagt war ich entsetzt darüber, wie er mit seinem besten Freund sprach, wenn es denn stimmte, was dieser Blaise erzählte. Doch ich mischte mich nicht ein.
 

Man konnte es ihm kaum ansehen, doch da ich Malfoys Gesicht inzwischen schon gewohnt war, diese Grimasse aus reinem Nichts, die zu keiner Regung fähig zu sein schien, bis sie sich schließlich veränderte - auch Blaise besaß sie. Trotzdem sah ich, wie er von ihm verletzt wurde.
 

„Dann mach wenigstens nicht solche halben Sachen!“ Früher hatte ich Blaise immer als ruhigen Schüler eingestuft, dem nichts so einfach in Rage bringen konnte.
 

Jetzt wurde dieses kleine Weltbild von mir mit solcher Wucht zerstört, dass ich ins Schwanken gekommen wäre, wenn zwei Tatsachen dies nicht verhindert hätten. Vielleicht auch drei. Erstens war mir Blaise nie so wichtig gewesen, war mir überhaupt nicht wichtig gewesen, dass es mich auf irgendeine Weise berühren konnte. Er hatte einfach keinen Platz in meinem Alltag, ich hatte keine wirkliche Meinung von ihm.
 

Und zweitens lag ich immer noch im Bett, Schwanken brachte also nichts und außerdem, drittens, hätte Malfoy mich sicherlich aufgefangen, falls es doch so gewesen wäre. Doch nur vielleicht.
 

Die beiden Jungs schwiegen sich währenddessen immer noch an. Doch während sich in Malfoys regungslosem Gesicht allerhöchstens Wut widerspiegelte, waren bei Blaise mehr Gefühle zu sehen.
 

Schließlich ließ er den Kopf hängen, doch als er sprach, hörte ich ein Lächeln heraus.
 

„Bei Salazar, du hast doch nicht allen Ernstes geglaubt, ich hätte was dagegen?“ fragte er, seine Stimme zitterte vor unterdrücktem Lachen. „Gerade ich!“
 

Gerade noch rechtzeitig sah ich zur Seite, um mitzubekommen, wie Malfoys Mundwinkel zuckten, bevor er in Lachen ausbrach. Er nahm die Hände von dem schneeweißen Laken, um sie sich vor den Bauch zu halten und schließlich, als er sich beruhigt hatte, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen.
 

„Oh Mann, du hast ja Recht, Blaise.“ Er sah auf und sein Gesicht wurde wieder eine Spur ernster. „Aber ich hatte eben keine Lust darauf, dass du mich ausfragst. - Das ist doch genau das, was du jetzt vorhast, oder?“ Blaise grinste.
 

„Du hast mich durchschaut.“ gab er zu. „Also, ich höre?“
 

Doch Malfoy verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf, wofür ich ihm innerlich sehr dankbar war. Ich fühlte mich ein wenig fehl am Platze, obwohl ich das eigentliche Objekt ihrer kleinen Auseinandersetzung war.
 

„Ich … Ich werde dann mal gehen …“ sagte ich leise.
 

Doch Malfoy hielt mich fest.
 

„Nanana, du wirst schön hier bleiben!“ befahl er und ließ die Finger der Hand, die mich festhielt, über meinen Arm streichen.
 

„Was - Malfoy, hör auf! Nicht vor-“ Ich stockte und sah unsicher zu Blaise, der mit jetzt nunmehr süffisanten Grinsen auf uns hinabblickte.
 

„Keine Sorge … Potter.“ Es schien, als kostete ihm die Aussprache meines Namens noch etwas an Überwindung. Wahrscheinlich steckte auch er es nicht einfach so weg, wenn sein Freund mit jemanden aus Gryffindor etwas am Laufen hatte. „Ich lass euch jetzt allein, dann seid ihr ungestört.“ Unverschämt zwinkerte er uns zu und wandte sich dann zur Tür. „Nott sucht mich eh schon. Das ist auch einer der Gründe, warum ich hierher gekommen bin. Hier würde er mich als Letztes suchen.“
 

Fragend sah ich Malfoy an, während Blaise langsam zur Tür ging.
 

„Blaise hasst den Geruch vom Krankenflügel.“ klärte er mich auf. „Er wollte mir nie sagen warum, aber ich schätze, er hat wohl irgendwelche schlechten Erfahrungen gemacht.“
 

„Ach ja“, meinte Blaise über die Schulter blickend, „du könntest dich mal wieder bei Professor Grey blicken lassen, Potter. Ich glaube, dass wäre besser für euch beide.“
 

Ich stockte und starrte ihn mit weit auf gerissenen Augen an.
 

„W-Wie meinst du das?“ Blaise lächelte.
 

„Du glaubst wohl, du bist der einzige, der in ihm nicht nur einen Lehrer, sondern einen guten Freund sieht, was?“ fragte er, doch es klang mehr nach einer Feststellung. „Wir reden manchmal über dich.“ Er wandte sich noch einmal zu mir um. „Weißt du, ich interessiere mich sehr für Zaubertränke … und ich habe ihn Anfang des Schuljahres mal gefragt, ob ich nicht ein Praktikum oder so was bei ihm machen könnte.“ Er machte eine Pause, als überlegte er, wie er sich seine Worte am besten zurechtlegte. „Mein Traum ist es, einen … Impfstoff, wenn du so willst, gegen Werwolfsbisse zu erfinden. Um Leuten wie dir zu helfen.“
 

Irgendetwas Schweres raste durch meinen Körper. Malfoys Hand krallte sich in meine Haut und sein anderer Arm legte sich fest um meinen Bauch.
 

„Was?“ Ich glaubte fast, ihn nicht richtig verstanden, mich verhört zu haben, doch die Worte schwebten klar und deutlich vor meinem geisteigen Auge zwischen uns in der Luft. „Woher weißt du-“
 

„Dass du ein Werwolf bist?“ Er nickte zu Malfoy hinüber. „Von ihm natürlich, von wem sonst?“ Blaise tat so, als wäre dies die normalste Sache der Welt.
 

Erschrocken sah ich zu Malfoy, den das ebenfalls nicht sonderlich zu schockieren schien. Was ja auch klar ist, immerhin ist er ja Schuld!
 

„Hast du - Hast du noch anderen davon erzählt?“ Meine Kehle war wie zugeschnürt, als ich ihn fragte. Er sah mich überrascht an.
 

„Quatsch, natürlich nicht! Für wie dumm hältst du mich eigentlich?“ Als er weiter sprach, senkte er ein wenig die Stimme. „Schließlich weiß ich ja, was das Ministerium dann mit dir machen würde - Held der Zaubererwelt hin oder her.“
 

Auch wenn ich glaubte, es nach außen hin nicht zu zeigen, innerlich lächelte ich. Er macht sich Sorgen um mich! Okay, wer wäre nicht besorgt, wenn er wüsste, dass jemand, der einem dann auch noch so nahe steht, getötet werden könnte?
 

Nahe stehen. Ich wusste im Grunde genommen immer noch nicht, was genau Malfoy für mich empfand. Gerade eben hatte er mir noch gesagt, dass Malfoys nicht fähig wären, Liebe zu empfinden. Doch danach hatte er sich irgendwie verändert. Ich war mir nicht sicher, ob er seine Aussage nun ernst gemeint hatte oder nicht.
 

Und nachzufragen traute ich mich nicht. Erst Recht nicht im Beisein von Blaise.
 

„Also … ich geh dann mal …“ Blaise schien bemerkt zu haben, dass er störte - zumindest was mich betraf - und drehte uns wieder den Rücken zu. „Viel Spaß noch euch beiden.“ Er winkte kurz, dann war er durch die Tür verschwunden.
 

Malfoy beugte sich wieder zu mir hinunter.
 

„Was hast du jetzt schon wieder vor?“ fragte ich misstrauisch. Er wollte gerade antworten, hatte den Mund schon geöffnet - da ertönte ein erschrockener Ausruf, vielmehr ein Schrei von draußen.
 

„B-Blaise?“ Malfoy hatte die Stimme natürlich erkannt und stemmte sich von mir hoch. Er schwankte etwas, als er aus dem Bett krabbelte und zur Tür lief, mehr in Kurven als geradeaus.
 

„Warte!“ Schnell hatte ich zu ihm aufgeholt und stützte ihn, indem ich einen Arm um seine Hüfte und einen um seine Schultern legte. Von außerhalb polterte und krachte es und gezischte Ausrufe waren zu hören, dann plötzlich Stille.
 

Leicht panisch beeilten wir uns, die Tür zu erreichen, doch als wir nach einigem Stolpern endlich ankamen, bot sich uns ein seltsames Bild: Blaise lag, Arme und Beine unbeweglich an den Körper gepresst, auf den Boden und blickte starr geradeaus.
 

„Finite Incantatem!“ erlöste ich ihn, denn Malfoys Zauberstab lag natürlich noch auf dem kleinen Tisch neben seinem Bett.
 

„Scheiße!“ war das Erste, was Blaise zustande brachte, noch bevor er sich aufrichtete. „Nott hat uns belauscht.“

Wie Splitter aus Eis

Kapitel XL : Wie Splitter aus Eis
 

Zuerst konnte ich diese Worte gar nicht richtig in mich aufnehmen. Nott hatte alles mitbekommen, er hatte gehört, dass ich ein Werwolf war, er war nicht mehr da, er war geflohen.
 

„Oh, Scheiße!“ schrie ich und schlug meine Faust mit voller Wucht auf den Boden. Ich bin geliefert! Es konnte schließlich nicht jeder so tolerant sein wie Malfoy und Blaise.
 

„Was machen wir jetzt?“ Malfoys Stimme hörte sich überraschend ruhig an, doch an dem Zittern seiner Hände bemerkte ich, dass auch er Angst hatte. Ohne darüber nachzudenken, was ich tat, fasste ich nach einer von ihnen und umschloss sie mit den meinen.
 

Malfoy blickte zwar kurz auf, doch er erwiderte nichts, sondern wandte sich sofort wieder Blaise zu.
 

„Wir dürfen nicht zulassen, dass das Ministerium davon erfährt!“ richtete er einen Appell an ihn, doch Blaise schüttelte nur den Kopf.
 

„Keine Chance.“ sagte er gepresst. „Die Eulerei ist hier ganz in der Nähe - wenn er überhaupt dorthin gelaufen ist … Es könnte genauso gut sein, dass er zu unserem Gemeinschaftsraum gelaufen ist. Er wird es wohl jedem erzählen.“
 

Ich schluckte.
 

„Glaubst du wirklich?“ fragte ich, obwohl ich ebenfalls seiner Meinung war. „Könnte er nicht-“
 

„Nein, Potter.“ wehrte er vehement ab. „Nott hasst Werwölfe, und er hasst dich. Tut mir Leid, dir das so zu sagen, aber …“, er blickte zur Seite, den Kopf leicht gesenkt, sodass seine Augen von seinen dunklen Haaren verborgen waren, „hier bist du nicht sicher. Flieh aus Hogwarts, so lange du noch kannst.“ Wie dramatisch!
 

Trotzdem schien die Zeit eingefroren zu sein. Ich konnte die langen Eiszapfen spüren, die sich langsam, aber unaufhaltsam durch mich hindurch bohrten.
 

„Aus Hogwarts … fliehen?“ wiederholte ich heiser. „Weg von Hogwarts …“ Das Schloss war mein zu Hause gewesen, hier hatte ich einen Großteil meines Lebens verbracht, hier hatte ich Freunde gefunden und auch das, nach dem ich mich in meiner Kindheit ohne es wirklich wissen zu können immer gesehnt hatte. Die Zauberei, die mir zur Macht verhalf.
 

Es klang seltsam, das wusste ich selbst, doch die ersten elf Jahre meines damals erbärmlichen Lebens hatte ich mich immer schwach und ohnmächtig gegenüber meinen Verwandten gefühlt. War ich wirklich so wenig, verglichen mit ihnen? Wieso gab es mich dann, wenn niemand etwas mit mir zu tun haben wollte, wieso gab es keinen Sinn für meine Existenz? Ich hatte keine sonderlichen Talente gehabt; war weder ein Ass im Sport, noch war ich auffallend begabt in irgendeinem anderen Fach gewesen. In Kunst hatte ich nur Strichmännchen zustande gebracht. Ich war eine Niete in jeder Hinsicht gewesen.
 

Doch dann hatte Hagrid mich aufgesucht, mir erzählt, was ich in Wirklichkeit war und mir damit neue Hoffnung gegeben. Zuerst war mir alles wie ein einziger Traum vorgekommen, ein Traum, aus dem ich nie wieder erwachen wollte.
 

Und irgendwann hatte auch mein Geist begriffen, dass es Realität war. Ich war ein Zauberer und ich hatte Talent. Ich hatte Eltern gehabt, auf die ich stolz sein konnte. Mein Leben war nicht mehr erbärmlich. Es war es nie gewesen, nur in den Momenten, in denen ich mich aufgeben wollte.
 

Und jetzt sollte ich die Stätte meiner Träume, meiner Hoffnungen und meiner erfüllten Wünsche von einem Tag auf den anderen verlassen. Dabei war ich mir noch nicht einmal sicher, ob dies so plötzlich kam.
 

Eigentlich hätte ich es schon früher wissen, zumindest ahnen können. Ich war ein Werwolf und als solcher hatte ich laut dem Ministerium kein Recht mehr zu leben. Obwohl ich mich nicht mehr als sinnlos empfunden hatte, sahen sie mich - oder vielmehr meine Art - als wertlos, als gefährlich an.
 

„Ich will hier nicht weg.“ Meine Stimme war viel zu hell, getränkt von Angst. „Ho-Hogwarts ist doch-“
 

„Ja.“ Malfoy unterbrach mich, doch er legte mir einen Arm um die Schulter. „Ich weiß. Mir geht‘s oft genauso.“ Er sah mir ernst in die Augen. „Aber manchmal hat man einfach keine andere Wahl. Auch du nicht.“
 

Ich wusste, dass er Recht hatte, trotzdem fiel es mir wahnsinnig schwer, als lasteten unzählige Gewichte auf mir, als ich mich schließlich aufrichtete und aufstand und als ich, Malfoy an meiner einen Seite, Blaise an der anderen, losging, hatte ich das Gefühl, als bestände mein Körper aus Blei.
 

„Wo willst du hin?“ fragte Malfoy, als ich mich in eine andere Richtung bewegte, als er wohl ursprünglich vorgehabt hatte.
 

„Meinen Besen holen.“ antwortete ich automatisch. Rasch holte Malfoy auf und stellte sich vor mich.
 

„Bist du wahnsinnig? Was, wenn die Gryffindors schon Bescheid wissen und-“
 

„Das werden sie nicht.“ sagte ich schärfer, als ich normalerweise sprach. „Dieser Nott wird doch erst zu den Slytherins laufen!“ Malfoys Augen verengten sich kurz, doch dann ließ er meinen Arm, den er in der Eile gepackt hatte, los und nahm stattdessen meine Hand.
 

„Okay, aber wir sollten uns beeilen.“ Er zerrte mich voran.
 

„A-Aber - du willst doch nicht etwa mitkommen? In den Gemeinschaftsraum?“
 

„Natürlich will ich das.“ erwiderte er jedoch, während wir durch die Gänge hasteten. Blaise folgte uns schweigend. „Wir fliegen von deinem Zimmerfenster aus, klar?“
 

Und damit war dann wohl alles geklärt. Ich fragte gar nicht erst nach, wieso er sich seiner Sache so sicher war und auch nicht, wieso er den Weg zum Gryffindorturm kannte. Immer schneller werdend liefen wir unserem Ziel entgegen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Keine fünf Minuten später waren wir bei dem Gemälde der Fetten Dame angelangt. Mit einem unsicheren Seitenblick auf Malfoy und Blaise, der genauso nervös hinter ihm stand, sprach ich das Passwort. Die Fette Dame schnalzte missbilligend, als sie die Slytherins erkannte, schwang jedoch ansonsten kommentarlos beiseite.
 

Wie es natürlich für einen Samstagmorgen im Winter war, war der Gemeinschaftsraum gefüllt mit Schülern, die sich alle schnatternd unterhielten. Jedenfalls taten sie das bis zu dem Zeitpunkt, wo Malfoy hinter mir durch das Portraitloch kletterte.
 

Stille breitete sich aus.
 

Dann trat, unübersehbar durch seine roten Haare, Ron aus der starrenden Menge heraus.
 

„I-Ist das Malfoy?“ fragte er überflüssigerweise. „Aber ich dachte, er-“
 

„Wäre vergiftet?“ Malfoy zog eine Augenbraue hoch.
 

Stumm hatte ich dem kurzen Schlagabtausch der beiden gelauscht, dann packte ich, die anderen Gryffindors ignorierend, Malfoy am Ärmel und zog ihn zu der Treppe, die zum Jungenschlafsaal führte. Die Schüler teilten sich vor uns wie einst das Meer vor Moses.
 

Malfoy besaß zwar den Anstand, vor der Zimmertür kurz zu zögern, trat dann aber ohne Weiteres ein und sah sich in dem Chaos um. Ich war nicht unschuldig an dem Durcheinander, bestehend aus herumliegenden Kleidungsstücken, darunter ungewöhnlich vielen Socken, Büchern, angefangenen oder weggeworfenen Aufsätzen, Trankzutaten und Nevilles Kröte, die auf dessen Bett saß und genüsslich auf einer Fliege herumkaute. Wenigstens einen Zweck hatte das Tier, doch ich wandte mich angeekelt ab.
 

„Dein Zimmer?“ fragte Malfoy mit hochgezogener Augenbraue. „Den Begriff ‚Ordnung‘ hast du wohl noch nie gehört.“ Abschätzig sah er sich weiter um.
 

„Ist nicht alles meine Schuld.“ antwortete ich kurz, jedoch abwesend. Im Gegensatz zu ihm hatte ich nicht verdrängt, wieso wir hier waren. Nach meiner Einschätzung konnte es eh nicht lange dauern, bis die ersten Schüler oder zumindest Ron hier auftauchte. Oder Hermine, die sicher anwesend, aber hinter einem meterhohen Bücherstapel versteckt gewesen war.
 

Mich zur Ruhe zwingend packte ich ein, zwei Dinge, die mir wichtig erschienen, in die Taschen meines Umhanges und griff den Stab meines Feuerblitzes, der an der Wand neben meinem Bett lehnte.
 

„Wir sollten uns-“
 

Kaum hatte ich angefangen, wurde ich auch schon unterbrochen; meine Befürchtung wurde wahr, denn nicht nur Ron, sondern auch Hermine und Neville kamen keuchend in den Schlafsaal hineingerannt. Ich hatte es schon immer als unfair empfunden, dass Mädchen im Gegensatz zu uns Jungs so etwas erlaubt war.
 

„Harry, was geht hier vor?“ verlangte Ron sofort von mir zu wissen, doch er ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen. „Was macht Malfoy hier? Und wieso stehst du da mit dem Besen? Du willst doch nicht etwa bei diesem Wetter fliegen? Der Himmel ist schon ganz grau, es wird sicher bald anfangen zu regnen-“
 

„Jetzt lass ihn doch auch mal was sagen!“ fuhr Hermine dazwischen.
 

Rons Atem ging noch schneller als der der Anderen, sein Gesicht war - wahrscheinlich vor Wut - gerötet und bildete einen unschönen Kontrast zu seinen Haaren, die ein wenig wüst abstanden, als wollten sie den meinen Konkurrenz bieten.
 

Dankend nickte ich Hermine zu, doch als ich gerade ansetzen wollte, fuhr mir wieder jemand dazwischen.
 

„Wir haben jetzt wirklich keine Zeit dafür! Mach hinne, Harry!“ zischte Malfoy. Er sendete Ron einen giftigen Blick.
 

„Misch dich da nicht ein, Frettchen!“ knurrte dieser zurück.
 

„Ron, bitte …“ versuchte Hermine zu schlichten.
 

„Aber er …“ ging Ron darauf ein, unterbrach sich jedoch selbst. „Was will der überhaupt bei uns?“
 

„Vielleicht-“ sagte Hermine.
 

„Vielleicht such ich ja nur nach gewissen Beweisen!“ Malfoy grinste halb, als er die Arme vor sich verschränkte.
 

„Was für - verdammt, steh hier nicht so rum“, Ron redete sich in Rage, „als ob dir hier alles gehören würde!“
 

„Ron, du solltest jetzt-“ Hermine packte ihn am Arm.
 

„Nein, er soll-“
 

„Ruhe!“ schrie ich.
 

Sofort kehrte Stille ein und alle starrten mich aus großen Augen an.

Reise

Kapitel XLI : Reise
 

Ich hatte das Streitgespräch zwischen den Zweien mit zunehmender Wut verfolgt, doch genug war genug. Ich hatte nicht mehr viel Zeit und wollte nicht, dass die vorerst letzten Minuten mit meinen besten Freunden so verliefen.
 

„Danke.“ sagte ich genervt, als sie endlich schwiegen.
 

„Harry … was hast du vor?“ Neville, der sich bisher schüchtern im Hintergrund herumgedrückt hatte, trat nun hervor, die Arme nervös hinter seinem Rücken verborgen, der Blick auf den Boden geheftet.
 

Wie sollte ich Neville auf die Schnelle erklären, was sich hier abspielte? Er wusste weder, dass ich bereits seit Anfang des Schuljahres ein Werwolf war, noch, dass Malfoy mich eine zeitlang auf delikate Weise erpresst hatte, noch, dass sich daraus etwas ganz Bestimmtes entwickelt hatte.
 

„Ich … äh … also-“
 

„Ich erklär es dir später.“ sprang Hermine für mich in die Presche. „Aber Harry … wer?“
 

Zuerst sah ich sie verwundert an und wusste nicht, was sie meinte. Dann jedoch fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Sie hatte wohl eins und eins zusammengezählt - dass ich zusammen mit Malfoy in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors gerannt kam und dass ich einen Besen in der Hand hatte. Sie musste zu dem richtigen Schluss gekommen sein.
 

„Nott.“ murmelte ich. „Aus Slytherin, glaube ich - oder?“ Fragend wandte ich mich an Malfoy, der zustimmend nickte.
 

„Inzwischen müsste unser ganzes Haus darüber informiert sein. Wir sollten verschwinden.“ sagte er mit außergewöhnlich leiser Stimme und trat zum Fenster. „Komm.“ Die Vorhänge mit einer Hand zur Seite ziehend und das Fenster daraufhin öffnend, streckte er mit seine andere Hand entgegen.
 

Ich schluckte. Aus irgendeinem sentimentalen Grund konnte ich in diesem Moment nichts anderes denken, als dass er ein wunderschönes Gemälde abgegeben hätte, wenn ihn jemand so, wie er jetzt dastand, gemalt hätte. Ich beschloss, es mir ins Gedächtnis zu brennen.
 

„Harry!“ Es war Hermine, die mich aus den Gedanken riss und mich noch im darauf folgenden Moment zu ihm schubste. „Mach schon, ich kümmere mich um den Rest!“
 

„Ich schick dir eine Eule!“ erwiderte ich, obwohl ich mir in diesem Augenblick noch nicht einmal sicher war, ob es an dem Ort, wo wir hinfliegen würden, überhaupt eine Möglichkeit dazu geben würde. Doch Hermine nickte nur, als gäbe es daran gar keinen Zweifel.
 

„Harry!“ Aus Malfoys Stimme war zwar keine Ungeduld herauszuhören, jedoch aufkommende Panik. Früher hätte ich diesen Ton bei ihm voller Genugtuung genossen, jetzt ließ er mir beinahe das Blut gefrieren.
 

Hogwarts verlassen.
 

Ohne eine Außerkraftsetzung des Antiwerwolf-Gesetzes würde ich nie mehr hierher zurückkehren können. Ich würde nie Auror werden können. Ich würde nie mehr einfach so durch die Winkelgasse herumlaufen und mir die Nase an den Besenläden platt drücken können.
 

Blaise. Er wollte ein Mittel gegen die Lykanthropie herstellen. Ich hoffte aus tiefsten Herzen, dass es ihm eines Tages gelingen würde.
 

Mit schweren Schritten näherte ich mich Malfoy, meinen Besen in der Hand.
 

Dann wurde die Tür erneut aufgerissen und schlug knallend gegen die Wand.
 

Ich schnellte herum, ebenso wie die Anderen. Doch es war kein Gryffindor. Natürlich war es auch kein Slytherin.
 

Es war Grey.
 

„Du kannst … wirklich von Glück … reden“, sagte er abgehackt, denn er war völlig außer Atem, „dass ich zufällig in der Nähe war … und mitbekommen habe, was los ist!“
 

Ich hatte ihn noch nie in so einem Zustand gesehen: Aus seinem knappen Zopf hingen einige schwarze Strähnen hinaus und fielen ihm über Wangen und Stirn und seine Augen zeigten zum ersten Mal den Hauch einer Regung, auch wenn ich diese nicht deuten konnte.
 

„W-Wo kommen Sie denn her?“ fragte ich, auch wenn ich wusste, dass dies alles andere als höflich war.
 

„Ich war auf der Suche nach einer bestimmten Person.“ erwiderte er und sah mich bedeutungsvoll an.
 

Meint er Remus?
 

Grey trat einen weiteren Schritt in das Zimmer ein und besah sich die Situation. Ich schluckte, als ich sah, wie knittrig sein Umhang war. Der oberste Knopf seines Hemdes war geöffnet.
 

Seine Augen glitten kurz über das alltägliche Chaos, dann über die Anwesenden, darunter Malfoy, der immer noch wie einbetoniert am Fenster stand, die Hand zu mir gerichtet. Dann sah er mich an und ich bemühte mich, seinem Blick standzuhalten. Er musste bemerkt haben, wie ich ihn angestarrt hatte. Eine leichte Röte legte sich über mein Gesicht.
 

„Harry, komm endlich!“ Malfoys Stimme hörte sich gereizt an. Lag es daran, dass unsere - meine - Zeit immer knapper wurde, oder daran, dass er möglicherweise gesehen hatte, wie ich auf Grey reagierte?
 

Mit vor Scham gesenktem Kopf ging ich weiter auf ihn zu, nahm aber nicht seine Hand, die er mir anbot. In meinem Rücken spürte ich die Blicke der anderen.
 

„Also … ich geh dann mal.“ Mir fiel nichts Besseres ein, was ich hätte sagen können.
 

Gerade hatte ich mich wieder umgedreht und wollte auf den Besen steigen, als Grey schnell den Abstand zwischen uns überbrückte und mir eine Hand auf die Schulter legte. Ein Blitz durchfuhr meinen Körper.
 

„Harry …“ Er beugte sich vor und strich meine Haare beiseite. Dort, wo seine Finger meine Haut berührten, prickelte es und ich bekam eine Gänsehaut. Mit aller Gewalt versuchend mein Zittern zu unterdrücken, stand ich still.
 

Er flüsterte mir etwas ins Ohr.
 

Zwar verstand ich die Worte und prägte sie mir auch ins Gedächtnis, doch ich konzentrierte - wenn man es konzentrieren nennen konnte, denn meine Gedanken schienen auf einmal ziemlich neblig zu sein - mich eher auf seinen warmen Atem, der meine Nackenhaare erzittern ließ.
 

„A-a-alles … klar …“ Ich war froh, dass ich wenigstens halbwegs verständlich reden konnte.
 

Malfoy, der bis dahin bewegungslos neben uns gestanden hatte, packte mich etwas grob am Arm, doch ich war noch nicht vollständig genug da, um dies wirklich zu bemerken. Den Blick auf Grey gerichtet, ließ ich mich von ihm auf den Besen zerren, Malfoy setzte sich vor mich auf den Besenstiel.
 

Der Feuerblitz stieg in die Luft und ich klammerte mich an ihm fest, um nicht zu fallen.
 

Unten aus dem Gemeinschaftsraum drang Lärm, der immer lauter wurde.
 

Hermine, Ron und Neville, der immer noch nicht wusste, was geschehen war, sahen mich an.
 

„Pass auf dich auf.“ Hermines Stimme war so leise, dass ich ihre Worte beinahe von ihren Lippen lesen musste.
 

Ich nickte, dann flogen wir durch das offene Fenster.
 

~~~~~*~~~~~
 

Unsere Flucht war überstürzt gewesen, stellte ich kurze Zeit später fest, denn wir hätten uns besser einen Umhang mitgenommen. Die grauen Wolken über uns, die uns einen baldigen Regen verhießen und die mir schier unendlich erscheinende Schwärze, die unter uns hinweg sauste, ließen mich auch nicht wohler fühlen. Meine Hände waren innerhalb von Sekunden kalt und nach einigen wenigen Minuten so taub, dass ich sie kaum noch spürte. Meine Finger krallten sich in den Stoff von Malfoys Hemd, um dies zu verhindern.
 

Das T-Shirt, das er trug, war viel zu dünn und völlig ungeeignet für diese Jahreszeit.
 

„Frierst du?“ fragte ich, obwohl ich es trotz etwas wärmerer Kleidung selber tat.
 

„Nein.“ log er, denn ich konnte das Zittern seines Körpers nur allzu gut spüren. Doch ich widersprach ihm nicht; ich hatte andere Gedanken, die mich davon abhielten.
 

Ich wollte nicht daran denken, was mit mir geschehen würde.
 

„Wo willst du eigentlich hin?“ fragte ich, nur um das Gespräch aufrechtzuerhalten, weniger aus Neugier, denn eigentlich war es mir nicht wichtig. Fest stand: Weg von Hogwarts. Weg von meinem zu Hause. Alles andere war egal.
 

„Zu mir.“ Er sah nach vorne.
 

„Wie?“
 

„Na, zu mir nach Hause!“ drückte er sich klarer aus. „Mein Vater wird nicht da sein, keine Sorge.“ sagte er, als er schließlich doch einmal kurz über seine Schulter blickte und den entsetzten Ausdruck in meinem Gesicht sah. „Niemand wird dir da den Kopf abreißen.“
 

„U-Und was ist mit deiner Mum?“ fragte ich vorsichtig. Seine Selbstsicherheit verschwand.
 

„Ah …“, begann er und richtete den Blick wieder nach vorne, sodass ich ihm nicht mehr in die Augen sehen konnte, „die ist mit sich selbst beschäftigt.“
 

Verwirrt zog ich mich mehr zu ihm heran und versuchte ihm über die Schulter zu schauen, ließ es aber schnell wieder bleiben, weil Malfoy plötzlich einen Schlenker tat, der mich beinahe vom Besen gerissen hätte.
 

„Was meinst du denn?“ hakte ich neugierig nach, als ich mich von dem kleinen Schock erholt hatte. Für einen Moment hatte ich geglaubt zu fallen.

Doch er antwortete mir nicht und nach einem weiteren erfolglosen Versuch gab ich auf - vorerst! - und verlor mich wieder in meinen Gedanken.
 

Greys Worte gingen mir immer noch durch den Kopf. Wenn du da bist, wo auch immer du dich verstecken willst, schreib mir. Ich denke, wir haben noch so einiges zu bereden. Natürlich wusste ich, was er meinte, doch mir schlotterten die Knie bei dem Gedanken daran, mit ihm darüber reden zu müssen.
 

Und ich musste. Ich kannte Grey inzwischen schon so gut, dass ich wusste, dass er bei einer Sache, die ihn so sehr anging wie diese, nicht locker lassen würde. Ich dankte Merlin dafür, dass ich ihm dabei nicht in die Augen blicken musste.
 

Wahrscheinlich sehe ich ihn eh nicht wieder.
 

Doch was mich hätte erleichtern müssen, bohrte sich nur schmerzend in mein Herz.

In Sicherheit?

Kapitel XLII : In Sicherheit?
 

„Wir sind gleich da.“ Malfoys Stimme war monoton und klang alles andere als begeistert.
 

Ich hob meinen Kopf von seiner Schulter. Beinahe war ich eingeschlafen, die letzten Stunden, von denen ich mir noch nicht einmal sicher war, ob es Stunden waren, hatte ich in einem Zustand verbracht, der dem des Schlafes sehr nahe kam.

Vor uns erstreckte sich eine Landschaft; einige wenige Bäume waren über das kahle Gras verstreut, an dem noch der Tau vom Morgen glänzte. Das Gelände war leicht hügelig und im Winter, wenn es schneien würde, würden Kinder hier mit Sicherheit eine schöne Spielwiese zum Schlittenfahren finden.
 

Doch es war menschenleer.
 

Als ich die Augen zusammenkniff, die von der Kälte und dem Fahrtwind, der sie tränen ließ, bereits schmerzten, erkannte ich hinter einer etwas steileren Anhöhe einen dunklen Flecken, der sich bald darauf als Haus erwies.
 

Als ein verdammt großes Haus.
 

„Ist das … Wohnst du hier?“ fragte ich unsicher. Natürlich war ich mir bewusst gewesen, dass Malfoys Familie nicht gerade am Hungertuch nagte, doch dass sie so reich war, wie die Ausmaße des Anwesens vermuten ließen, hatte selbst ich nicht geglaubt.
 

„Natürlich tu ich das.“ sagte Malfoy mit einem Hauch von Hochnäsigkeit in der Stimme und steuerte den Boden an.
 

„Aha.“ sagte ich nur, weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Als wir gelandet waren, stiegen wir von meinem Besen.
 

Ich blieb im Gegensatz zu Malfoy, der schnurstracks auf das Haus - will sagen: Villa - zuging, stehen und starrte das riesige Gebäude an.
 

„Sag mal“, begann ich, mein Mund leicht geöffnet, „du hast wohl 'ne ganz schön große Familie, oder?“ Malfoy drehte sich um, auf seinem Gesicht zeichnete sich Überraschung ab.
 

„Was? Wie kommst du denn darauf? - Ich bin ein Einzelkind!“ meinte er und murmelte dann: „Zum Glück …“
 

„Na ja …“ begann ich unsicher. Natürlich wusste ich, dass Malfoy keine Geschwister hatte. „Das Haus ist so groß.“
 

Malfoy schlug sich die Hand an die Stirn.
 

„‘Das Haus ist so groß!‘“ äffte er mich nach, dann fing er an zu lachen, jedoch leiser als in Hogwarts. „Bei Salazar, Harry!“ Er kam auf mich zu und nahm mir den Besen ab. Etwas widerwillig ließ ich ihn. „Wir sind reich, natürlich ist das Haus groß!“
 

„Das sollte auch nur ein Scherz sein …“ nuschelte ich.
 

„Oh, du wirst ja sogar rot!“ grinste Malfoy weiter und klopfte mir fröhlich auf den Rücken. Beinahe zu fröhlich, fiel mir auf. Selbst in Hogwarts hatte er sich nie so benommen und wenn ich genauer darauf achtete, kam es mir, wenn ich mich nicht irrte, gekünstelt vor.
 

Warum?
 

„Lass uns reingehen.“ schlug ich vor. „Ich fühl mich nicht so gut hier draußen.“ In Wahrheit jedoch konnte ich es nicht ertragen, dass er sich so gab wie gerade jetzt.
 

Er musterte mich zwar kurz, als hätte er es bemerkt, wandte sich dann jedoch abrupt um und schritt geradewegs auf den Eingang zu.
 

„Ähm … Malfoy?“ Er ignorierte mich. Ich wollte gerade wütend darüber werden, als mir auffiel, wieso er mich nicht beachtete. „Draco?“ Daraufhin drehte er sich zu mir um und hob fragend eine Augenbraue. „Hältst du es für eine gute Idee, einfach so reinzugehen?“
 

„Nun, du warst es, der das vorgeschlagen hat.“ sagte er, doch ich merkte, dass er mit mir spielte.
 

„Idiot …“murmelte ich. „Ich meine ja auch nicht das Reingehen an sich, sondern das ‚einfach so‘ - hast du keine Angst, erwischt zu werden?“ Er brauchte nicht zu antworten, sein resignierter Blick sagte mir schon alles.
 

„Harry …“ Er verdrehte die Augen. „Hab ich dir‘s nicht schon tausendmal gesagt? Mein Vater ist nie da, und wenn, dann nur für ein paar Minuten - er wird nie in mein Zimmer kommen, das versichere ich dir!“
 

Ich bemerkte zwar, dass er seine Mutter nicht erwähnte, doch ich hütete mich davor, ihn darauf anzusprechen, denn ich hatte seine Reaktion von eben noch gut in Erinnerung. Nicht, dass sie mir in irgendeiner Weise heftig vorgekommen wäre - doch sie war so, nun ja, unmalfoyhaft.
 

Als er das dunkle, leicht vom Alter verwitterte Holz der großen Tür berührte, kurz über dem Schlüsselloch, öffnete sie sich knirschend wie das Tor eines Vampirschlosses. Dahinter war es dunkel.
 

Ganz schön düster hier. Ich konnte mir die Worte gerade noch so verkneifen, doch das war mein erster Eindruck. Ich wagte zu bezweifeln, dass man sich hier richtig wohl fühlen konnte.
 

Als Malfoy mit einem Schnipsen das Licht angehen ließ, verwurzelte sich meine Meinung noch mehr.
 

Wir standen in einer Halle, deren Höhe mit Sicherheit an die vier Meter maß. Sie wurde an jeder Ecke mit einer elfenbeinfarbenen Säule gestützt, die wirkte, als wäre sie soeben aus dem antiken Griechenland importiert worden - trotzdem glänzte sie matt in dem grellen Schein des übertrieben wirkenden Kronleuchters, der von der Decke baumelte und den Eindruck erweckte, als würde er ungebetene Besucher vertreiben, indem er sich jeden Moment von seiner verzierten Verankerung lösen und auf uns hinabfallen könnte.
 

An einer Seite der Wände waren fein säuberlich einige Gemälde aufgehängt worden, Portraits, wie ich auf den zweiten Blick feststellte.
 

„Meine Ahnen.“ sagte Malfoy, als er meinen neugierigen Blick bemerkte. „Allerdings nur die wichtigsten.“
 

Ich verzichtete darauf nachzufragen, was einen wichtigen Vorfahren ausmachte und ging ihm weiter hinterher. Wahrscheinlich konnte man sich nur einen Platz an dieser Wand sichern, wenn man besonders fies war. Malfoy würde einen Ehrenplatz erhalten.
 

Am Fuße der breiten Treppe, an der wir nun standen, blieb er plötzlich stehen und drehte sich zu mir um. Fragend sah ich ihn an.
 

„Sei jetzt leise.“ sagte er in gedämpftem Ton. „Das Haus ist in erster Linie ziemlich hellhörig, also könnte meine Mum uns hören. Aber ich werde mein Zimmer mit ein paar Zaubern belegen.“
 

Das Haus war meiner Meinung nach in erster Linie ziemlich protzig. Ich fühlte mich zunehmend unwohler.
 

Die Treppe führte in den ersten Stock, danach in den zweiten und den dritten. Bei der vierten Etage streckte ich meinen Arm nach Malfoy aus und bekam ihn an der Schulter zu fassen.
 

„Sag, ist das hier ein Hochhaus oder was? Gibt‘s hier keinen Aufzug?“
 

Natürlich wusste er nicht, was ein Hochhaus oder ein Aufzug war, als Sohn eines Muggelhassers, der er war, doch ich konnte ihm ansehen, dass er trotzdem verstand was ich meinte, denn er grinste mich spöttisch an.
 

„Keine Angst. Ich wohne im fünften.“ sagte er, als sei das gar kein Weg mehr und stieg die nächsten Stufen hoch.
 

Als wir endlich vor der geschlossenen Tür seines Zimmers ankamen, war ich erleichtert. Er öffnete sie mit einem Fingertippen und verbeugte sich kurz mit schauspielerischer Miene vor mir.
 

„Bitte tretet ein.“ Er versuchte, seiner Stimme einen nasalen Ton zu verleihen, was bei seiner ohnehin beinahe immer gelangweilten Stimme nicht sonderlich schwierig war. Ich verdrehte die Augen, konnte mir ein kleines Lächeln jedoch nicht mehr verkneifen, als ich an ihm vorbeigegangen war und sich die Tür hinter ihm schloss.
 

„Wow!“ war das Erste, was ich zustande brachte. Nicht, weil sein Zimmer genauso pompös war wie anscheinend der Rest des Anwesens, sondern weil es absolut schlicht war.
 

Natürlich war die gesamte Einrichtung das feinste vom Feinsten, keine Frage, jedoch hatte Malfoy auf jede noch so kleine Verzierung verzichtet - wenn er es denn war, der darüber bestimmt hatte, was ich doch scharf annahm, wenn der übrige Teil des Hauses sich so sehr hiervon unterschied. Alles, was in dem Zimmer stand, war ein großer Schrank, ein Schreibtisch, auf dem ein paar Blätter, Bücher und Federkiele ordentlich sortiert lagen, ein Regal und - ich schluckte - ein Bett.
 

Ich drehte mich zu ihm um. Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen und einem schiefen Grinsen an, als wollte er sagen ‚Na? Wie gefällt es dir?‘.
 

„Wow …“ wiederholte ich.
 

„Hm?“ fragte er nach. Verlegen rieb ich mir den Nacken.
 

„Oh, äh, ich meinte das Zimmer - wow.“ Ich lachte nervös und schlug mir dann die Hand vor den Mund. „Sorry. Deine Mum.“
 

Er winkte ab.
 

„Keine Sorge, die Schutzzauber hab ich schon längst erledigt.“ beruhigte er mich und fing dann an, dieselben aufzuzählen: „Stillezauber, damit keine Geräusche herausdringen, Bewegungszauber, damit wir wissen, ob sich jemand nähert, Passwortzauber, damit nur wir zwei hier rein kö-“
 

„Jaja, danke!“ Ich wollte nicht allzu gereizt wirken, deswegen lachte ich wieder und verstummte dann. Nicht zum ersten Mal wusste ich nicht, was ich tun sollte und starrte verlegen auf den Boden. Es war ein Holzboden. Mit angenehm heller Farbe. Interessant.
 

„Harry?“ Malfoys Stimme schreckte mich auf.
 

„Ja!“ Er grinste.
 

„Du benimmst dich ja wie ein aufgescheuchtes Huhn!“ spottete er, doch diesmal war es nur scherzhaft gemeint. Ich stellte fest, dass ich rot wurde.
 

„Ich … ja, sorry … noch mal“ entschuldigte ich mich. Malfoys Grinsen wurde breiter.
 

„Ach“, sagte er lang gezogen, seine Stimme wurde theatralisch, „du glaubst doch nicht, dass es mit dieser simplen Entschuldigung getan ist, oder?“ Er fasste sich an die Stirn, als wäre er zutiefst verletzt. Dann hob er den Kopf; ein anzügliches Glitzern in seinen Augen. „Ich hätte eine viel bessere Idee, wie du das wiedergutmachen kannst.“

Warum Harry noch Jungfrau ist

Kapitel XLIII : Warum Harry noch Jungfrau ist
 

Man sah ihm an, dass Draco gerade ziemlich warme Gedanken hatte. Für mich wäre es besser gewesen, wenn ich mich nicht im Zimmer befunden hätte, als er, ein dreckiges Grinsen im Gesicht, auf mich zukam. Ich befand mich genau in der Lücke zwischen Bett und Schreibtisch, doch ich bezweifelte stark, dass er, wenn ich zu Letzterem ausweichen würde, aufgeben würde. Ein Bett war wenigstens gemütlicher, dachte ich mir.
 

Er stand nun so nah bei mir, dass ich die Wärme – die Hitze, könnte man besser sagen – spüren konnte, die von seinem Körper aufstieg. Im Grunde genommen war es mir nicht unangenehm; es war nur ungewohnt. Zudem hatte ich keine Ahnung, wie so etwas funktionierte. Und ich glaubte nicht daran, dass Malfoy ein besonders rücksichtsvoller Mensch war.
 

Gerade in dem Moment, wo ich diesen Gedanken dachte, legte er mir zwei Finger auf die Wange und fuhr mit ihnen runter und meinen Hals entlang. Ich erschauerte unwillkürlich und senkte den Blick, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen.
 

Vielleicht doch. Vielleicht war er doch ein besserer Mensch, als ich bisher angenommen hatte. Irgendwo in dem nebulösen Irrgarten meines Verstandes wusste ich, dass diese plötzliche Umkehr meiner Einstellung mit den Dingen zu tun hatte, die er soeben mit seinen Fingern an meiner Haut veranstaltete, doch genauso gut wusste ich – und dieses Wissen verbarg sich mehr im Vordergrund – dass es auch noch einen anderen Grund dazu gab.
 

Auch wenn er es wohl kaum zugeben würde, hatte er sich im Laufe dieses Halbjahres ein wenig geändert. Ich konnte mich noch gut an das Ereignis in der Mädchentoilette erinnern, als er angefangen hatte, mich zu erpressen. Genauso gut wusste ich noch, wie abstoßend ich ihn damals gefunden hatte. Wie sehr mich der Gedanke an ihn und das, was er ganz offensichtlich mit mir vorhatte, geekelt hatte. Und trotzdem, der Moment, wo er mich das erste Mal berührte – wirklich berührte – war auch der, in dem dieser Hass anfing zu schmelzen.
 

Möglicherweise war es genauso bei ihm gewesen. Trotzdem fragte ich mich, wann ihm die Idee gekommen war, diese Aktion zu starten und mich so zu überfallen. Ob es wohl Zufall gewesen war, dass ausgerechnet er mich gefunden hatte? Oder war es schon länger von ihm geplant gewesen?
 

Trotzdem, ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie er sich zum Beispiel in dem Zimmer, in dem wir uns gerade befanden, hingesetzt hatte und darüber nachgedacht hatte, wie er am bestem seinen Erzfeind verführen konnte. Mittlerweile glaubte ich wirklich daran, dass es nur der Zufall war, der mich ihm in die Hände gespielt hatte.
 

Ob ich es bereute? Ich wusste es nicht.
 

„Ich habe das Gefühl, du bist nicht ganz bei der Sache …“ Malfoys warmer Atem hauchte mir ins Ohr.
 

„Sorry.“ wisperte ich, obwohl ich nicht wusste wofür. Er lachte leise.
 

„Wenn das so ist“, sagte er, „dann bist du mir ja jetzt schon zwei Gefallen schuldig.“
 

Ich beschloss sofort, mich nie wieder bei ihm zu entschuldigen. Dennoch würde dies mir heute nicht mehr helfen.
 

Abrupt, als sei ihm seine ursprüngliche Absicht wieder eingefallen, zog Malfoy mich an sich und verkreuzte kurz seine Finger hinter meinem Rücken, ehe er sich es anders überlegte und beide Hände abwärts gleiten ließ. Als er sich unter mein Hemd wühlte, bemerkte ich die taube Kälte seiner Handinnenflächen, die im Vergleich zu meinem Rücken wirklich eisig waren. Kein Wunder, wenn sie die ganze Zeit den Besenstiel umklammert hatten.
 

Doch er würde sie sich wohl kaum nur wärmen wollen.
 

Zu dieser Schlussfolgerung hätte ich spätestens kommen müssen, als er das letzte bisschen Luft, das noch zwischen uns existiert hatte, auslöschte und seine Nase in meiner Halsbeuge vergrub.
 

Natürlich war ich nervös. Doch ich war mindestens genauso neugierig – ich schob es auf meine Pubertät, auf Malfoys Talent in gewissen Dingen, auf was auch immer; aber: Ich ließ es zu. Wahrscheinlich war das der Augenblick, auf den Malfoy die ganze Zeit über gewartet hatte. Ich versuchte, meinen angespannten Körper ein wenig zu entspannen, lehnte meinen Kopf zurück und schloss die Augen.
 

Knapp eine Sekunde später verlor ich das Gleichgewicht und fiel nach hinten und Malfoy, den ich instinktiv gepackt hatte, um mich festzuhalten, fiel mit. Meine Nerven zuckten vor Schock alle gleichzeitig, doch schon im nächsten Moment realisierte ich, das ich weich gefallen war.
 

Natürlich auf das Bett, wie es nicht anders zu erwarten war. Malfoys schweren Körper auf mir.
 

Es entstand ein Moment der Stille zwischen uns, der mir mit höchster Wahrscheinlichkeit peinlicher war als ihm, denn sein Grinsen, das beim Fallen kurz seine Konsistenz verloren hatte, war wieder da.
 

„Hast du es eilig?“ fragte er süffisant, als ich ihn ansah. Rasch blickte ich zur Seite, auf die dicke Wolldecke, die sich um uns aufgebauscht hatte, als könnte ich damit meine aufkommende Röte vor ihm verbergen. Obwohl ihm eben noch sichtlich unwohl in seiner Haut gewesen war, war es jetzt wieder so, als sei er ganz der Alte.
 

„Idiot …“ nuschelte ich unverständlich und leise, doch er hörte es trotzdem.
 

Er schnalzte mit der Zunge, was halb missbilligend, halb gespielt wirken sollte und auch so klang. Er sollte wirklich schauspielern, dachte ich mir.
 

„Weißt du“, begann er, sich immer noch nicht von mir runter bewegend, „wenn du so daliegst wie jetzt“, er machte eine Pause, in der er mich betrachtete – die Haare von der langen Reise noch verstrubbelter als sonst, die Brille schief auf der Nase, leicht rot im Gesicht und ihn wie hypnotisiert anstarrend – und fuhr dann fort, „kann ich mich kaum noch zurückhalten dich hier und jetzt zu vernaschen.“
 

Das Grinsen zog sich noch mehr in die Breite, während ich leicht erbleichte. Er hatte es wohl bemerkt, denn er machte keine Anstalten seine Worte in die Tat umzusetzen. Stattdessen legte er seine Hände flach auf meinen Brustkorb, legte seinen Kopf darauf und sah mich von unten an. Ich wich seinem Blick aus und starrte an die Decke.
 

„Wovor hast du eigentlich Angst?“
 

Meine Augen weiteten sich kurz vor Überraschung, denn damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ein Malfoy, der einfühlsame Fragen stellte?
 

Und doch hatte er Recht. Ich wusste zwar nicht, ob und wenn ja, was er für mich empfand – so kitschig ‚empfinden‘ auch klingen mochte – doch ich war mir sicher, dass unsere Feindschaft endgültig der Vergangenheit angehörte. Ohne Frage war ich absolut abhängig von ihm, nicht nur in Hinsicht seiner Erpressung, die schon längst keinen wirklichen Wert mehr hatte. Ich bezweifelte, dass er mich in dieser Situation dem Zaubereiministerium ausliefern würde. Dafür sprach auch sein auffallender Abgang mit mir – sein Ruf als Slytherin würde damit wohl zerstört sein.
 

All das hatte ich für meinen Teil nicht bedacht, als wir zusammen weggeflogen; viel zu sehr war ich mit meinen eigenen Sorgen beschäftigt gewesen. Wieso tut er sowas?
 

„Mal- Draco?“ fragte ich, seinen Vornamen in der letzten Sekunde aussprechend. Er sah mich fragend an, während ich damit anfing, meine Hände in die unschuldige Bettdecke zu krallen. „Also – ich … sag, wieso hast du … wieso bist du, also, was ich eigentlich fragen wollte ist“, ich holte tief Luft, „wieso du mich nicht schon längst verraten hast.“
 

Ich war wirklich gespannt darauf, wie er antworten würde.
 

Doch zuerst tat er es gar nicht und zog nur zynisch eine Augenbraue hoch.
 

„Das ist unfair, findest du nicht?“ meinte er schließlich und verlagerte sein Gewicht, ganz so, als wollte er es sich gemütlich machen. „Immerhin hab ich dir zuerst eine Frage gestellt, die du mir noch nicht beantwortet hast.“ Er sah mich auffordernd an, ich schluckte. Meine Kehle fühlte sich trocken an.
 

„Also wovor ich … Angst habe?“ fragte ich langsam. Er nickte und ich seufzte resigniert. „Ich – ich weiß auch nicht so genau. Irgendwie … ist das komisch. Ich hab keine Ahnung, was ich machen soll!“ klagte ich ihm schließlich mein Leid. Die andere Augenbraue wanderte ebenfalls nach oben.
 

„Also, was diesen letzten Punkt angeht, kann ich dich beruhigen – überlass das nur mir!“ Er zwinkerte mir kurz zu. „Aber drück dich mal genauer aus, mit ‚komisch‘ kann ich doch nichts anfangen!“
 

Es war mir peinlich, über solche Themen zu sprechen und genervt stellte ich fest, dass ich dummerweise wieder errötete.
 

Ich seufzte abgrundtief und nahm anschließend den ganzen Mut, den ich aufbringen konnte, zusammen. „Ich will es nicht mit jemandem tun, den – den ich nicht liebe …“ brachte ich dennoch vorsichtig hervor. Malfoys Grinsen verschwand sofort.

Und augenblicklich bereute ich es, es ihm gesagt zu sagen. Oder zumindest, es ihm mit diesen Worten gesagt zu haben. Liebte ich Malfoy oder nicht? Ich wusste es selber noch nicht und solange ich es nicht mit Sicherheit sagen konnte, verneinte ich es lieber.
 

Doch seine Reaktion gefiel mir ganz und gar nicht.
 

Zum ersten Mal seit unserer Ankunft hielt er den Kopf wirklich gesenkt, auf eine Art und Weise, die mir deutlicher nicht hätte zeigen können, dass er diesmal nicht nur schauspielerte.
 

„D-Draco?“ fragte ich zaghaft.
 

Als hätte ich damit irgendeinen Schalter bei ihm umgelegt, richtete er sich auf, sorgsam darauf bedacht, mir nicht sein Gesicht zuzuwenden. Dann stand er auf, strich sich die Kleidung glatt und verschwand mit den Worten „Ich hole was zu essen“ aus dem Zimmer.
 

Die Tür knallte etwas zu laut hinter ihm zu.

Versuchung

Kapitel XLIV : Versuchung
 

Okay, ich musste irgendetwas falsch gemacht haben. Es passte nicht zu Malfoy, einfach so wegzurennen – und das war es gewesen, was er getan hatte, das wusste selbst ich. Dafür wusste ich jedoch nicht, wieso. Ich hatte schon bemerkt, dass er sich manchmal seltsam benahm, besonders wenn es um das Wörtchen ‚Liebe‘ ging. Ist es das? Auch wenn es oberflächlich gesehen plausibel erschien, konnte ich mir kaum vorstellen, dass Malfoy gekränkt sein könnte, weil ich angedeutet hatte, dass ich ihn nicht liebte.
 

Vielleicht hätte ich aber doch schweigen sollen.
 

Malfoy war beunruhigenderweise immer noch nicht zurückgekehrt. Er ist doch nicht etwa beleidigt? Es tat mir ja Leid – zumindest insoweit, dass ich nun allein in seinem Zimmer rumsaß und mich langweilte – dass ich seinen Stolz gekränkt hatte. Doch ich fand dieses Verhalten ziemlich unverantwortlich für ihn. Damit trug ich zwar ziemlich dick auf, aber so war ich nun einmal, wenn ich ungeduldig wurde.
 

„Verdammt!“ stieß ich so leise hervor, als hätte ich Angst, dass selbst die Wände Ohren hatten. Ich schaute mich noch einmal in seinem Zimmer um, konnte aber nichts Neues entdecken und verlor relativ schnell wieder das Interesse. Auf einmal wünschte ich mir, Malfoy hätte einen etwas ausgefalleren Geschmack, damit ich mich wenigstens mit Gaffen beschäftigen könnte.
 

Ich streckte mich auf dem Bett aus, als würde ich mein Schicksal herausfordern – normalerweise müsste Malfoy genau in dieser Situation durch die Tür herein geplatzt kommen, mich so sehen und dann – doch er kam nicht.
 

Dann eben der Joker!
 

„Wenn Malfoy jetzt wiederkommt, werde ich mit ihm schlafen!“ sagte ich laut in den Raum. Stille. „Okay, dann eben nicht.“ Ich wollte gerade die Schultern zucken, als ich ein Klacken von der Tür her hörte.
 

„Bei Merlins Bällen, schließt du immer solche Wetten ab – und dann auch noch mit der Luft?“ Ich seufzte, denn ich wusste auch ohne hinzusehen und ohne die Stimme erkannt haben zu müssen, dass nur einer nur zwei Meter entfernt neben mir stehen konnte.
 

„Das war nicht ernst gemeint, Malfoy.“ sagte ich, hoffnungslos hoffend, dass er es akzeptieren würde.
 

„Alles klar.“ sagte er ohne jegliche Ironie. Stellte das Tablett mit Essen, das er trug, auf dem Bett ab. Und setzte sich an seinen Schreibtisch. Griff nach Feder und Tinte und fing an etwas zu schreiben.
 

Ich hatte mich inzwischen aufgesetzt und starrte ihn nun wie ein Fisch an, die Augen weit aufgerissen. Die Feder kratzte über das Papier.
 

„Ähm … Malfoy?“ Er reagierte nicht; und als mir einfiel wieso, verdrehte ich die Augen. „Na gut, Draco?“ fragte ich besonders betont. Er sah kurz zu mir hinüber und legte dann den Federkiel aus der Hand.
 

„Sag mal“, fing ich an, „hattest du nicht noch bis eben vorgehabt, mich flachzulegen? So … irgendwie?“
 

Er hob synchron beide Augenbrauen, als wollte er an meiner Aussprache herummäkeln.
 

„Ich dachte, du willst nicht?“ sagte er schließlich.
 

„Und ich dachte, das würde dich nicht interessieren?“ entgegnete ich in demselben fragenden Ton.
 

„Tut es auch nicht.“ erwiderte er und wandte sich wieder seinem Brief, Kritzelei oder was auch immer da auf dem Schreibtisch liegen mochte, zu.
 

„Ich glaub dir nicht.“ sagte ich nach einer Weile.
 

„Das interessiert mich auch nicht.“
 

Malfoy konnte wirklich zickig sein, wie ich gerade feststellte. Für einen kurzen Moment war auch ich eingeschnappt, dann raffte ich mich auf, hüpfte vom Bett und trat an ihn heran, um einen kurzen Blick auf das Pergament zu erhaschen, das vor ihm lag. Sofort schoss mir wieder das Blut ins Gesicht. Das konnte nicht gesund sein.
 

Es war wirklich nur eine Kritzelei, ähnlich der, die er mir einmal im Unterricht geschickt hatte. Obwohl jene von damals irgendwie anderen Inhalts war. Diese hier zeigte unverkennbar mich – mit Narbe und gestrichelten, nach allen Seiten abstehenden Haaren. Und zwar auf einem eckigen Kasten, der wohl ein Bett darstellen sollte. Meine Stricharme waren seltsam eng an meinen Körper gezeichnet und um diesen herum befand sich eine spiralförmige Linie. Malfoy war gerade dabei, sich selbst zu zeichnen – jedenfalls glaubte ich, dass er sich damit darstellen wollte – und verpasste dem Strichmännchen ein breites Grinsen, das über den kreisförmigen Kopf hinaus ging.
 

„Vielleicht solltest du Künstler werden.“ meinte ich scherzhaft, um die Atmosphäre etwas aufzulockern. Dass er so ein zweideutiges Bild malte, war eine Sache, doch er verbarg seine Fantasien noch nicht einmal vor mir.
 

Seufzend legte er den Federkiel beiseite und drehte sich halb zu mir um.
 

„Sag mir, was empfindest du eigentlich dabei … wenn ich dich berühre?“ fragte er leise und ohne mich anzusehen. Es klang ein wenig wehmütig, doch keinesfalls traurig. Ich ignorierte zuerst einmal, dass er gegen seine eigene Spielregel verstieß, indem er meine Frage außer Acht ließ.
 

Die Antwort auf diese Frage zu formulieren fiel mir schwer. Dass ich etwas empfand, war klar; doch war es positiv oder negativ, wenn ich bei jeder seiner Berührungen das Gefühl hatte, den Boden unter den Füßen zu verlieren, dass sich jedes Mal ein dichter Nebel in meinem Verstand bildete, der klares Denken unmöglich machte? Dass ich mich so hilflos mit ihm fühlte?
 

„Ich … weiß nicht.“ antwortete ich schließlich.
 

Ich konnte hören, wie Malfoy zischend einatmete.
 

„Kannst du mir nicht wenigstens einmal eine klare Antwort geben?“ fragte er hörbar gereizt.
 

„Ich weiß es einfach nicht, verdammt!“ entfuhr es mir daraufhin, schärfer, als ich es eigentlich beabsichtigt hatte. „Ich – ich hab keine Ahnung, wie ich diese Gefühle beschreiben soll!“ Ich sah, wie sich Malfoys Augen bei dem Wort ‚Gefühle‘ kurz verengten.
 

„Gut.“ sagte er kurz. „Gut. Dann werde ich dir auf die Sprünge helfen.“
 

Ehe ich mir noch darüber Gedanken machen konnte, was er damit meinte, war er urplötzlich aufgestanden, ohne dass ich die dafür nötige Bewegung überhaupt mitbekommen hatte und hatte mich an beiden Armen gepackt. Ich protestierte zwar schwach, als er sich gegen mich drückte und mich dadurch nach hinten drängte, doch im Großen und Ganzen ließ ich ihm seinen Willen.
 

Seine Frage hatte auch mich dazu gebracht, sie mir selbst zu stellen. Es war endlich Zeit dafür, sie mir zu beantworten.
 

Wir fielen etwas sanfter als vorher gemeinsam auf das Bett; er sah mir fest in die Augen. Meine Kehle war wie zugeschnürt, als ich die Entschlossenheit in ihnen sah.
 

„H-hey“, stotterte ich, nun doch nervös geworden, „bitte nicht so heftig, ja?“
 

„Keine Sorge.“ Ich verdrehte, für ihn gut sichtbar, die Augen.
 

„Wenn du meinst.“
 

Ich war dankbar dafür, dass sich durch diesen kurzen Dialog zumindest ein Teil meiner Aufregung gelegt hatte. Dennoch, die bloße Vorstellung daran, was gleich passieren könnte, ließ mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper fahren, bestehend aus meiner noch vorhandenen Angst und noch etwas Anderem, das ich lieber nicht allzu näher erläutern wollte. Mir war so schon heiß genug.
 

Malfoy, dem anscheinend ebenso wenig wie mir noch nach Reden zumute war, nahm seine Avancen von eben wieder auf und senkte seinen Kopf zu mir hinunter, ohne jedoch meine Arme, die er immer noch gerade so fest auf das Laken drückte, dass ich mich seinem Griff nicht entwinden konnte, loszulassen.
 

Die Augen schließend küsste er mich; ich spürte eine erneute Hitzewelle über mich kommen. Kurz zog ich mein Handgelenk an und gab ihm damit zu verstehen, dass er seine Hand öffnen sollte. Überraschenderweise tat er es und ließ auch das andere los. Etwas verwirrt von der plötzlichen Freiheit meiner Arme tat ich das, was ich ohnehin vorgehabt hatte und legte sie ihm um den Rücken, der ebenso warm war, wie ich mich fühlte.
 

Vielleicht lag es daran, dass wir woanders waren, an einem Ort, wo uns niemand finden konnte; vielleicht auch daran, dass ich endlich nachgegeben hatte – oder auch, dass er sanfter als vorher mit mir umging. Tatsache war, dass ich es vollends zu genießen begann.
 

Durch den leichten Druck meiner Arme hatte er sich wohl aufgefordert gefühlt, diesem nachzulassen, denn er streckte seine Beine aus und ließ so auch den letzten Abstand, das letzte bisschen Luft, das zwischen uns bestanden hatte, verschwinden, ohne jedoch den Kuss zu unterbrechen.
 

Seine Hände, die jetzt schließlich frei waren, schoben sich an meinen Seiten hinunter und in meine Hose. Ich hielt den Atem an, doch er unternahm keinen Ausflug in meine Körpermitte, wie ich erleichtert feststellte.
 

Trotzdem schob er die Jeans ein kleines Stückchen hinunter und hielt mich an der Hüfte fest, während er mit seinem Mund an meinem Hals hinunter fuhr und mir seinen schneller werdenden Atem auf die ohnehin schon empfindlich gewordene Haut hauchte. Seine Finger krallten sich etwas unsanft in mein Fleisch, doch ich spürte kaum das Unangenehme daran.
 

Mein Körper fühlte sich an, als stände er unter Strom, doch keine Stromleitung konnte damit mithalten, was er mit mir anstellte – zusehends wurden meine Gedanken unklarer und verschwommener; meine Sinne, und zwar alle, richteten sich nur auf das, was er tat.
 

Vielleicht würde ich es später bereuen, vielleicht auch nicht. Der Gedanke daran zerstreute sich zunehmend im Nebel meines Verstandes und verschwand schließlich ganz, damit ich mich wichtigeren Dingen zuwenden konnte.
 

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Uwaah~ ich hab's getan - ich meine, sie haben's getan xD

Mehr oder minder wichtige Gespräche

Kapitel XLV : Mehr oder minder wichtige Gespräche
 

Ich wachte von einem Kratzen auf, dessen Ursache ich nicht erraten konnte, ohne die Augen zu öffnen. Mein Körper fühlte sich seltsam träge an, doch es war eine angenehme Müdigkeit, die jetzt, wo ich mich endgültig dafür entschied, wach zu sein, schnell verflog. Meine Arme und Beine hatten sich so fest um eine Bettdecke geschlungen, als wollten sie sie nicht mehr loslassen.
 

Ich streckte mich, grummelte leise und drückte dann wieder meinen Kopf ins Kissen.
 

Das mysteriöse Kratzen hörte abrupt auf. Ich öffnete die Augen.
 

„Du bist wohl ein Langschläfer, was?“ fragte Malfoy und lachte. Das Licht war mir viel zu hell, ich kniff die Augen wieder zu. „Hey!“ Es schien ihm wohl nicht zu passen, dass ich ihn ignorierte; er stand von dem Stuhl, auf dem er gesessen hatte, auf und kam auf mich zu. „Wir haben schon beinahe Mittag, Harry …“ flötete er und setzte sich zu mir auf die Bettkante. „Oder bist du etwa so erschöpft wegen gestern?“ fragte er schmutzig grinsend. Ich versuchte, seine Stimme wegzuschalten. „Hey, komm schon, Harrylein! Steh auf!“ Er tippte mich an.
 

„Will nicht …“ nuschelte ich.
 

Die Matratze gab unter dem plötzlichen Gewicht nach, als Malfoy seine Beine hinaufschwang und zu mir robbte. Einige Sekunden lang geschah gar nichts. Dann stützte er sich auf einmal mit den Händen ab, sofern ich dies mit geschlossenen Augen spüren konnte, und setzte sich rittlings auf meinen Rücken. Erschrocken riss ich die Augen auf und drehte meinen Kopf so, dass ich ihn ansehen konnte. Er grinste mich an und beugte sich zu mir hinunter.
 

„Wenn ich du wäre, würde ich aufstehen.“ sagte er, in seinem Blick das gewisse Etwas, das mir sagte, dass er hoffte, dass ich liegen blieb. Andererseits hatte ich gar andere keine Wahl, als genau das zu tun, denn praktischerweise konnte ich mich dank ihm nicht von der Stelle rühren.
 

Ich seufzte und sah zu ihm hoch, sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von dem meinen entfernt. Es war klar, was ihm gerade durch den Kopf ging.
 

„Du bist wirklich sexsüchtig, weißt du das?“ fragte ich nicht unfreundlich. Als hätte ich damit eine Einverständniserklärung unterschrieben, küsste er mich kurz und fordernd, beließ es aber dabei, als ich ihm eine kleine Kopfnuss gab, die ihm zeigen sollte, dass ich immer noch nicht ganz wach war und er sich seine Spielchen für später aufheben sollte.
 

„Wo wir gerade bei Sex sind“, begann er ungeniert; seine Augen leuchteten so schelmisch, sodass ich beinahe Angst vor ihm bekam, „wie war ich?“
 

Empört wollte ich ihm etwas an den Kopf werfen, doch die Tatsache, dass sich außer einem Kissen nichts dafür in der Nähe befand und dass ich noch im nächsten Augenblick bemerkte, dass er seine Frage nicht ernst gemeint hatte, hielt mich zurück.
 

„Idiot …“ murmelte ich schließlich leise. Er lachte.
 

„Als ob ich das ernst gemeint hätte!“ meinte er und stupste mich spielerisch in die Seite. Ich fuhr erneut zusammen, denn ich war alles andere als nicht kitzelig. Besonders an dieser Stelle. Nun gut, eigentlich überall.
 

„M-Malfoy – hör auf-“ keuchte ich abgehackt. Doch ich wunderte mich, als er es tatsächlich tat. Nach Atem ringend sah ich unter halb geschlossenen Lidern zu ihm auf. „Was ist?“ fragte ich, denn sein Gesicht hatte einen nachdenklichen Ausdruck angenommen. Er schnaubte, als er meine Frage hörte.
 

„Ach, nichts.“ sagte er langsam. „Nur, dass du mich immer noch beim Nachnamen nennst – und das, wo wir’s doch miteinander getan haben.“ fügte er sarkastisch zu.
 

Ich errötete leicht, doch da ich durch das Kitzeln sowieso noch ein wenig rot im Gesicht war, sah man es mir nicht deutlich an.
 

Natürlich konnte ich ihn nicht mit Draco ansprechen. Ich hatte mit ihm geschlafen, ja, ich hatte es genossen, gottverdammt ja, doch es war – einmal mehr – so ungewöhnlich. Ich hatte ihn jahrelang nur mit ‚Malfoy‘ angesprochen, als sei dies sein Rufname und ihn jetzt anders anreden zu müssen, das konnte ich mir nicht vorstellen.
 

Es war eine Ausrede. Es lag nicht daran, zumindest nicht nur. Ihn ‚Draco‘ zu nennen war, als würde ich eine Art Vertrag unterschreiben. Ich würde mir endlich eingestehen, dass ich ein Verhältnis mit ihm hatte. Dass er ein Junge war, war schon längst kein Thema mehr für mich.
 

Ich unterbrach den Blickkontakt mit Malfoy und starrte augenscheinlich auf das Kissen unter meinen Armen, das schon ganz zerknautscht war, in Wahrheit jedoch war ich wieder einmal in Gedanken abgeschweift.
 

„Sag mal, bist du schwanger oder wieso hast du so komische Stimmungswechsel?“ fragte Malfoy mich leise an meinem Ohr.
 

„Quatsch!“ grummelte ich. „Kannst du nicht mal ernst sein?“
 

Ausgesprochen war, was mir besonders seit unserer gemeinsamen Flucht auf dem Herzen lag – das er den Ernst dieser Situation erkannte, beziehungsweise, dass er sich auch so benahm, denn ich nahm zu Recht an, dass er sich dessen bewusst war.
 

„Wieso sollte ich?“ fragte er jedoch zu meiner Verblüffung. „Was bringt es denn, wenn wir jetzt Trübsal blasen?“ Und dann, ziemlich taktlos: „Außerdem weiß ich ja nicht, wie lange es dauert, bis das Ministerium doch noch auf die Idee kommt, dass du dich hier verstecken könntest – also sollten wir diese Zeit hier genießen!“
 

Mit Gewalt schubste ich ihn von mir herunter, sprang auf und von dem Bett hinunter. Ich steuerte auf die geschlossene Tür zu, wollte sie öffnen und hinauslaufen, damit ich ihn nicht mehr sehen musste; doch im letzten Moment, meine Hand hing mitten in der Luft vor dem Türknauf, fiel mir auf, dass ich dieses Zimmer nicht verlassen konnte. Verdammt …
 

Ich wusste natürlich, dass er Recht hatte. Früher oder später würde das Ministerium auch dem Anwesen der Malfoys einen Besuch abstatten – und sei es auch nur wegen anderer Dinge, schließlich war diese Familie alles andere als unpolitisch – und man würde mich finden. So dumm konnten sie nicht sein, dass ihnen nicht auffiel, dass es mit dem gleichzeitigen Verschwinden Malfoys und meiner Flucht einen Zusammenhang gab.
 

Zudem wagte ich zu bezweifeln, dass die Gryffindors allesamt hinter mir stehen und verschweigen würden, dass Malfoy auf einmal in unserem Gemeinschaftsraum gewesen war, direkt nach mir. Unser Zusammenhalt hielt weit, sehr weit, doch dass ich mich mit einem Slytherin zusammengetan hatte, wie sie bemerkt haben mussten, würde den meisten von ihnen gegen den Strich gegangen sein.
 

Ich ließ den Kopf sinken. Hinter mir konnte ich Malfoy an der Bettdecke rascheln hören. Wahrscheinlich hatte er sich hingelegt, selbstgefälliges kleines Arschloch, das er war.
 

Ich konnte ihn nicht hassen. Er hatte zwar auf der einen Seite eine für mich beinahe unausstehlich gemeine Art, die mich oft glauben ließ, dass es so sei. Doch auf der anderen Seite wusste ich, dass das noch nicht alles war.
 

Ich drehte mich zu ihm und sah, dass ich tatsächlich richtig gehört hatte; Malfoy lag entspannt auf seinem Bett, hatte die Arme lässig hinter seinem Kopf verschränkt und beobachtete mich stillschweigend. Ich konnte ihm ansehen, dass er sich seine spitzzüngigen Kommentare nur mit Mühe verkneifen konnte.
 

„Starr mich nicht so an.“ nuschelte ich. Er zog beide Augenbrauen hoch. „Was?“ fragte ich genervt, diesmal lauter. Er seufzte und kratzte sich an der Nase.
 

„Ich hatte mich nur gerade gefragt, was ich noch alles tun muss.“ sagte er.
 

„Wie, was du tun musst?“ hakte ich nach.
 

„Damit du nicht immer so viel nachdenkst.“ antwortete er, als sei dies selbstverständlich.
 

„Nachdenken.“ wiederholte ich mechanisch und tonlos.
 

„So ähnlich wie sprechen, nur dass ich es leider nicht hören kann.“ erklärte Malfoy und fing unwillkürlich an zu grinsen. Ich funkelte ihn an. „Ach, Harrylein …“ seufzte er daraufhin. „Ich frag mich echt, wie du damit zurechtkommst – immer nur nachdenken, nachdenken, nachdenken!“ Er sah mich an, und nur ein kleines bisschen seines hämischen Grinsens schien noch durch seinen Ausdruck hindurch. „Ich meine, wie hältst du das aus? Was machst du denn, wenn du nichts zu tun hast? Etwa nachdenken? Willst du wissen, was ich mache, wenn ich nichts zu tun habe?“
 

„Lieber nicht.“ Daran und an seine nicht jugendfreien Fantasien wollte ich lieber nicht denken. Erinnerungen an die letzte Nacht kamen in mir hoch. Augenblicklich errötete ich.
 

Malfoy bemerkte es sofort und hüpfte von dem Bett, kam auf mich zu.

„Siehst du?“ sagte er. „So gefällst du mir schon viel besser.“ Er blieb Zentimeter von mir stehen und sah mir in die Augen. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass er es höchst amüsant gefunden hätte, wenn ich ihm sagen würde, dass ich bei dieser Nähe ziemlich, nun ja, unruhig wurde, hätte ich es natürlich gesagt.
 

„Ich weiß genau, was du jetzt vorhast.“ sagte ich grummelig. Malfoy lächelte, was wohl charmant wirken sollte. Das tat es auch.
 

„Ach ja?“ In seinem Blick lag das typisch Anzügliche.
 

„Mich flachlegen.“ half ich ihm auf die Sprünge. Er verschränkte die Arme und legte den Kopf schief.
 

„Hm … daran hatte ich zwar nicht gedacht, aber das ist auch eine gute Idee.“ meinte er völlig ernst und wenn ich mir nicht absolut sicher gewesen wäre, dass er log, hätte ich dieses perfekte Schauspiel nicht durchschauen können.
 

Ehe ich jedoch zu einem weiteren Satz ansetzen konnte – der ihn vielleicht, vielleicht von seinem Vorhaben abgebracht hätte – hatte er mich jedoch an den Hüften gepackt und mit überraschender Leichtigkeit über seine Schulter geschmissen.
 

„Ich werde dich schon noch auf andere Gedanken bringen.“ erklärte er meiner Kehrseite, an der meine Beine wie wild strampelten.
 

„Malfoy!“

Überredung zum Frieden

Kapitel XLVI : Überredung zum Frieden
 

Später lagen wir, etwas außer Atem, auf dem Bett. Ich bewegte meine Beine, um mich von dem Laken, das sich um sie gewickelt hatte, zu befreien. Malfoy hatte sich neben mir ausgestreckt, die Augen geschlossen, jedoch mit einem ziemlich breiten Grinsen im Gesicht.
 

Und ich? Ich war mal wieder in Gedanken versunken.
 

Wir konnten nicht für immer bei ihm zu Hause bleiben.
 

Auch wenn sein Vater noch so viel Zeit im Ministerium verbrachte, noch so lange wegblieb und sich sonst wo rumtrieb; auch wenn Malfoys Mutter so ‚mit sich selbst beschäftigt‘ war – was auch immer das bedeuten sollte – irgendwann würden sie uns auf die Schliche kommen. So viel Verstand traute ich jedem Menschen zu, dass er bemerkte, dass etwas ganz und gar nicht stimmte.
 

„Denkst du schon wieder nach?“ murmelte Malfoys Stimme in mein Ohr.
 

„Hm …“ gab ich die wenig aufschlussreiche Antwort. Er seufzte.
 

„Oh Mann“, meinte er genervt, „was muss ich denn noch tun, damit du damit aufhörst? Dir das Gehirn rausvögeln oder wie? Obwohl, eigentlich habe ich das ja schon letzte Nacht!“ fügte er penetrant grinsend hinzu. Ich lachte leise, doch er stieß mich nur unwirsch in die Seite. „Ich mein das ernst!“ sagte er und stützte sich auf einen Ellbogen auf. „Wir werden noch genug zum Nachdenken haben. Also tu mir den Gefallen, genieß die nächsten paar Tage. Den Kopf darüber zerbrechen, wie es weitergehen soll, können wir uns immer noch später!“
 

Ich war erstaunt, zeigte es aber nicht. Obwohl er das wahrscheinlich nicht beabsichtigt hatte, hatte Malfoy mich nur noch mehr zum Nachdenken angeregt. Ich senkte den Blick. Die ganze Situation war mir immer noch etwas peinlich.
 

„Du?“ fragte ich.
 

„Was?“ seufzte er.
 

„Ich … also, ich frage mich“, setzte ich an, jedes einzelne Wort vorsichtig vor mich ablegend, „wieso du das alles tust – ich meine“, fügte ich hinzu, als er eine Augenbraue hochhob, „dein Vater wird schließlich Wind davon bekommen, dass du von der Schule weg bist und das mit mir und dann wird er sicher auf die Idee kommen, dass wir-“
 

„Buh!“
 

„Ah!“ Ich schreckte zurück. „Was sollte das denn?“ Malfoy kniff die Augen zusammen.
 

„Damit du endlich aufhörst.“
 

„Aufhören? Was-“
 

„Merkst du denn nicht, dass du total in Panik gerätst?“ Stille. „Mach den Mund zu.“
 

Ich senkte den Kopf und legte mir Arme um den Körper, als sei mir kalt. Er hatte ja Recht. Auch wenn er dies vielleicht nicht genau gemeint hatte, so wurde mir auf einmal bewusst, dass ich mich seit Anfang des Schuljahres im Kreis drehte. Immer und immer hatte ich mir Fragen gestellt – wie konnte ich mit der Krankheit, dem Fluch leben? Wo würde ich mich verstecken können, wenn es soweit war?
 

Und Malfoy. Was führte ich bloß für eine skurrile Beziehung mit ihm?
 

„Du tust es ja schon wieder.“ sagte Malfoy anklagend.
 

„Sorry.“
 

„Du musst dich dafür nicht entschuldigen; es wäre besser, wenn du es einfach nicht tätest.“ verbesserte er mich. Und dann, als sei gar nichts geschehen: „Und jetzt warte, ich hole was zu essen.“
 

Er stand auf und zupfte sich sein Hemd zurecht, das im Laufe der von ihm ausgehenden Eskapaden etwas zerknittert worden war. Ich sah ihm nach, wie er die Tür öffnete, nach draußen ging und sie leise hinter sich schloss.
 

Ich war allein. Allein mit meinen Gedanken.
 

Ich versuchte zwar mit aller Kraft, die zu unterdrücken – doch es gelang mir nicht. je mehr ich mich anstrengte, desto mehr sträubte sich mein Verstand dagegen. Dabei ist es gar nicht mein Verstand, fiel mir daraufhin ein, aber was ist es dann?
 

Es war seltsam, ohne Malfoy zu sein. Und das lag nicht nur daran, dass wir uns in seinem Haus befanden, das wusste ich, auch wenn ich es mir am liebsten ausgeredet hätte. Er war in den letzten Monaten ein so unerlässlicher Teil meines Lebens geworden, dass ich ihn schon nach so kurzer Zeit vermisste.
 

Ich fuhr zusammen, als ich erkannte, dass sich Gänsehaut auf meinen Armen gebildet hatte. Nur weil ich gerade an ihn denke? Irgendwo in der Gegend meines Bauches regte sich ein mir unbekanntes Gefühl, weder angenehm noch unangenehm.
 

„Das sind wohl die berühmten Schmetterlinge im Bauch ...“ lachte ich leise vor mich hin.
 

„Bitte?“
 

Ich schrie auf, als ich die Stimme direkt hinter mir hörte.
 

„Malfoy, verdammt-“
 

„Führst du eigentlich immer Selbstgespräche?“ fragte er dazwischen.
 

„Ich – ähm, also, eigentlich nicht – ach, verdammt, was machst du hier?“ stammelte ich zusammen und drehte mich endlich zu ihm um. Er hielt ein Tablett in den Händen, auf dem ein paar Brötchen und zwei Tassen mit dampfendem Inhalt gelegt worden waren.
 

„Ich wohne hier zufällig.“ meinte er nur und stellte das Tablett vorsichtig auf dem Bett ab.
 

„Du hast also Insekten in deinem Bauch?“ fragte er dann völlig ernst.
 

„Malfoy!“ Ich verdrehte die Augen und ließ mich rückwärts auf das Bett fallen.
 

„Pass auf, der Tee!“ rief er und hielt das Tablett fest; anschließend setzte er sich neben mich. Ich schwieg. „Was ist los?“
 

„Das interessiert dich doch gar nicht.“ sprach ich, mehr zu mir selbst.
 

„Doch, tut es.“
 

„Ach ja?“ Ich setzte mich auf, diesmal darauf bedacht, den Tee nicht umzukippen und sah ihm in die Augen. Dass ich dabei nur wenige Zentimeter von ihm entfernt war, beachtete ich nicht einmal. „Du solltest vielleicht mal nachschlagen, was ‚Interesse‘ bedeutet, denn bisher habe ich das Gefühl, dass du dich nur für deinen eigenen Arsch interessierst!“ Ich schluckte. „Wenn du weißt, was das bedeutet.“
 

Malfoy hatte bei meinem Worten leicht erstaunt ausgesehen, doch jetzt verfiel er wieder in seine übliche Masche.
 

„Du bist also sauer.“, stellte er fest. „Wieso?“ Wütend blickte ich ihn an.
 

„Wieso?“ wiederholte ich, meine Augen fest zusammengekniffen. „Weil du immer sagst, ich soll dieses oder jenes nicht tun, weil du – weil du einfach alles auf die leichte Schulter nimmst und denkst, du kommst mit allem durch! Ich bin ein Werwolf, verdammt und das Ministerium ist in diesem Augenblick schon längst auf der Suche nach mir!“ Keuchend hielt ich inne; an meiner Stirn konnte ich eine Ader pochen spüren. Malfoy sah mich an. Jeder Ausdruck war von seinem Gesicht gewichen. „Jetzt weißt du nicht mehr, was du sagen sollst, wie?“ setzte ich noch eins drauf.
 

Ich war in diesem Moment so außer mir vor Wut; ich hätte am liebsten auf irgendetwas eingeschlagen. Beinahe wie damals, als ich mitten in Greys Büro auf ihn losgegangen war.
 

Malfoy, der dies wohl bemerkt haben musste, schnappte sich ohne Vorwarnung meine Handgelenke und hielt sie fest, als ich mich im Augenblick danach losreißen wollte.
 

„Du hast da etwas übersehen.“ sagte er leise, während er mich niederdrückte. Ich funkelte ihn an. „Du magst zwar mit all dem Recht haben – alles ist scheiße, du wirst sterben, wenn nicht wegen dem Ministerium, dann sicher wegen dem Dunklen Lord, meinem Vater oder sogar mir, denn ich werde dich sicher früher oder später verraten, wenn ich genug von dir habe.“ zischte er. „Oder du kratzt ab, weil dich die ständigen Verwandlungen fertig machen. – Ach, die nächste ist ja schon in zwei Tagen, wenn ich mich nicht irre!“ Mit einem Ruck lag ich wieder auf dem Bett, er über mir. Sein Gesicht war gerötet. Ich war mir nicht sicher, ob ich hoffen sollte, dass seine Wut oder etwas anderes dafür verantwortlich war. „Das ist es doch, was du denkst, oder?“
 

Ich sah ihn an und schloss schließlich die Augen, weil ich den stechenden Ausdruck in den seinen nicht mehr ertragen wollte. Malfoy atmete schwer; sein Griff um meine Handgelenke schmerzte zunehmend.
 

„Harry, jetzt sieh mich gefälligst an!“ fauchte er schließlich, lauter, als er wahrscheinlich beabsichtigt hatte. Als könnte ich mich diesem Befehl nicht widersetzen, gehorchte ich ihm. „Hör zu – es bringt nichts, wenn du hier rumjammerst! Und für die nächsten paar Tage kann ich dir garantieren, dass niemand deine Anwesenheit hier bemerkt.“ Er schluckte. „Und bis dahin haben wir genug Zeit, uns einen Plan auszudenken.“
 

Wir starrten uns gegenseitig nieder, bis ich schließlich aufgab und zur Seite sah.
 

„Okay, du hast gewonnen.“ gab ich leise zu.
 

Daraufhin ließ Malfoy endlich meine Handgelenke los und setzte sich auf, sodass er auf meinen Hüften saß. Er drehte sich nach hinten um, nahm eines der belegten Brötchen und reichte es mir. Zwar wollte ich danach greifen, doch er zog sofort seine Hand zurück.
 

„Na, mach den Mund auf.“ flötete er, auf einmal wieder gut gelaunt.
 

„Du bist echt nicht mehr normal …“ murmelte ich, tat jedoch wie geheißen.
 

Die nächsten Minuten verbrachten wir frühstückend auf dem Bett, wobei wir das Genannte reichlich vollkrümelten. Malfoy saß übrigens immer noch auf mir; er hatte mich zwischendurch als eine Art Tisch missbraucht und deswegen sah mein Oberkörper auch danach aus, als hätte eine Großfamilie darauf gegessen.
 

„Hm …“ machte Malfoy.
 

„Wie ‚hm‘?“ hakte ich nach.
 

„Ich überlege gerade, ob es wohl gesund ist, schon so früh am Morgen einen Nachtisch zu verspeisen …“ antwortete er unschuldig.
 

„Bei Merlin!“ rollte ich mit den Augen.
 

„Du kannst mich ruhig Draco nennen.“
 

„Der ist alt, Malfoy.“

Der erste Schritt

Kapitel XLVII : Der erste Schritt
 

Die Tage vergingen wir im Flug und ehe ich mich versah, war Vollmond. Malfoy und ich hatten die letzten zwei Tage mit diversen kleinen Dingen ausgefüllt, die ich hier nicht näher beschreiben will. Wir hatten allerdings auch Zaubererschach gespielt. Einmal.
 

Es war schon seltsam, dass niemand jemals in dieses Zimmer zu kommen schien; wenn auch praktisch, da wir durch diesen Umstand auch nie aufgedeckt werden konnten. Täglich verschwand Malfoy für wenige Minuten, um Essen zu holen. Die Hauselfen mussten wirklich großen Respekt vor ihm haben, wurde ich mir bewusst, wenn sie ihn nicht verrieten.
 

Gerade in diesem Moment lag ich bäuchlings auf seinem Bett und hatte mich in einem Buch vertieft. Nach Hogwarts würde ich so schnell nicht mehr zurückkommen könne, also sollte ich wenigstens so etwas lernen – hatte Malfoy gesagt. Ich war selbst überrascht gewesen, als er das sagte und das noch mehr, als ich es tatsächlich tat.
 

Malfoy tat das Gleiche wie ich, nur hatte er sich an seinen Schreibtisch gesetzt und schien diverse Aufgaben aus seinem Buch oder sich Notizen zu machen. Ehrlich gesagt las ich die erste Zeile der Seite schon zum dritten Mal. Ich starrte auf seinen Rücken.
 

Mir fiel ein, dass ich versprochen hatte, meinen Freunden zu schreiben. Es war schon einige Zeit vergangen; sie würden sich mit Sicherheit bereits Sorgen machen. Ein schlechtes Gewissen breitete sich in mir aus.
 

„Malfoy?“ Es kam keine Antwort. „Malfoy!“ wiederholte ich dieses Mal lauter und mit mehr Nachdruck. Er zuckte etwas zusammen und drehte sich zu mir um, die Schreibfeder an den Lippen. Er schien wohl sehr vertieft gewesen zu sein.
 

„Hm?“ Nervös strich ich über das Laken.
 

„Du … kann ich einen Brief schreiben?“
 

Ich hätte gerne gewusst, woher auf einmal diese plötzliche Schüchternheit kam – die musste doch bei allem, was wir in letzter Zeit getan hatten, verflogen sein.
 

„Klar.“ antwortete er sofort, fragte dann aber: „An wen?“
 

„Grey.“ Woher kam diese Antwort? Ich hatte gerade noch vorgehabt, an Hermine und Ron zu schreiben, doch irgendwie hatte sich mein Lehrer in den Vordergrund gestellt. Nun, vielleicht war das auch die bessere Entscheidung. So konnte ich endlich alles zwischen uns klären und er würde die beiden sicherlich nicht im Dunkeln lassen und sie vorläufig darüber in Kenntnis setzen, dass es mir verhältnismäßig gut ging.
 

‚Alles zwischen uns‘? Wurde ich eingebildet?
 

Es hatte nie wirklich etwas zwischen Grey und mir gegeben. Ich wusste das. Ich wusste auch, dass es mehr als wahrscheinlich war, dass ich bloß für ihn geschwärmt hatte. Ich war definitiv schwul, egal wen ich nun liebte – das hatten mir die letzten Tage genügend gezeigt. Und er war kein schlecht aussehender Mann, wenn auch ein wenig alt für meine Generation. Mir fiel ein, dass ich sein wahres Alter gar nicht kannte; doch fragen würde ich ihn nur über meine Leiche.
 

Als mir Malfoy etwas zum Schreiben in die Hand drückte und sich sofort wieder an sein Buch ranmachte – nicht falsch verstehen – kam mir jedoch plötzlich ein Gedanke.
 

Malfoys Annäherungsversuche hatten mir anfangs noch nicht einmal wirklich gefallen. Er hatte mich angewidert, mit dem was er tat. Doch bei Grey hatte es noch nicht mal solche Nähe gebraucht, ich war schon so kribbelig geworden, mein Körper wurde auch so zittrig, wenn ich ihn nur sah.
 

Hatte dieser Umstand etwas zu bedeuten?
 

Vorsichtig sah ich zu Malfoy, der mir inzwischen wieder seinen Rücken zugedreht hatte und eifrig Notizen kritzelte. Fleißiger Schüler. Ich spürte nichts weiter.
 

Verdammt, das kann ich nicht machen! Malfoy würde mich vierteilen, wenn er von meinen Gedanken wüsste. War es nur das Neue, was mich glauben ließ, dass ich ihn liebte? Und war es tatsächlich Grey, den ich wirklich liebte? Vielleicht empfand ich auch für keinen von beiden wirklich dieses Gefühl.
 

Langsam, als wollte ich es aufschieben, schraubte ich den Verschluss des Tintenfässchens auf und tauchte die Feder hinein. Setzte sie auf das blütenweiße Pergament. Die Stelle saugte sich sofort mit der schwarzen Tinte voll und sorgfältig begann ich zu schreiben.
 

Sehr geehrter Professor Grey schrieb ich. Dann stockte ich. Was nun? Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Immer ein guter Anfang, ja. Ich schluckte. Vielleicht war es wirklich besser, wenn ich mir einfach alles von der Seele schrieb. Ob ich den Brief danach abschicken würde, konnte ich dann immer noch entscheiden.
 

Ich weiß, ich habe mich in letzter Zeit ziemlich dumm benommen. Ich hoffe, Sie können mir das verzeihen. Ich bin jedenfalls sicher angekommen; ich werde Ihnen den Ort nicht verraten, falls diese Eule abgefangen wird.
 

Wie laufen Blaise‘ Nachforschungen? Ich hoffe wirklich sehr, dass er damit Erfolg haben wird, auch wenn ich es kaum glauben mag.
 

Ich merkte, dass ich abschweifte, also wandte ich mich wieder dem eigentlichen Thema zu.
 

Es tut mir Leid, was ich damals in Ihrem Büro getan habe. Sie wissen schon was ich meine. Aber ich bin zurzeit ziemlich verwirrt. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich glauben soll. Ich fühle mich wie ein verliebter Teenager, das ist schrecklich.
 

Ich brach den Brief abrupt ab, indem ich meinen Namen darunter setzte. Ich fand ihn noch nicht einmal besonders gut, doch ich war mir gleichzeitig bewusst, dass ich nicht noch einmal den Mut aufbringen würde, Grey überhaupt einen zu schreiben.
 

„Fertig mit Schreiben?“ Malfoys laute Stimme riss mich unangenehm aus meiner Gedankenwelt.
 

Ich fühlte mich nicht gut. Vielleicht lag es daran, dass mir bewusst geworden war, dass ich Grey keinen Brief schreiben konnte, dass ich einfach nicht wusste, wie zu beginnen und erst recht nicht, wie ich das in Worte fassen sollte, was mir auf der Seele lag.
 

Malfoy setzte sich neben mich aufs Bett und lugte mir über die Schulter. Seine Augen flogen über die ersten Zeilen; hastig knüllte ich das Papier zusammen, stand auf und warf es in den Mülleimer.
 

„Ich verschieb das auf später.“ meinte ich, ohne ihn anzusehen.
 

„Du schreibst wohl nicht oft Briefe.“ Ich ignorierte Malfoys Frage. Dummerweise – wie mir gerade auffiel – stand ich nun mitten im Zimmer und wusste nicht, was ich tun sollte. Malfoy saß auf dem Bett und sich wieder dorthin zurückzusetzen, würde er als Anmache verstehen. Rumstehen war auch keine Option. Blieb nur noch der Stuhl vor dem Schreibtisch, auf den ich mich setzte.
 

Malfoy beobachtete aufmerksam jede meiner Bewegungen.
 

Die Stille war unangenehm. Und ich kannte Malfoy inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er der Typ Mensch war, der aus reiner Langeweile den größten Mist baute.
 

„Wo kann ich mich heute Nacht eigentlich verwandeln?“ fragte ich deshalb und lenkte uns damit auf ein Thema, das ich am liebsten vermieden hätte. Malfoy zog die Schultern hoch, als wäre dies schon längst geklärt und keiner Frage wert.
 

„In unserem Keller“, sagte er, „ist genug Platz. Hören tut dich da auch keiner.“ Er machte eine Pause und grinste dann fies. „Da du den Trank nicht mehr genommen hast, könnte es etwas schmerzhaft werden.“
 

Ich zuckte zusammen, als er sich mal wieder von einer Sekunde zur anderen so stark veränderte. Für die wenigen Tage, die wir nun schon hier waren, hatte er sich mit solchen Kommentaren eher zurückgehalten und beinahe hatte ich angenommen, dass er wirklich auch eine nette Seite an sich hatte. Ich hatte mich wohl geirrt.
 

Wütend ballte ich die Fäuste zusammen.
 

„Was?“ fragte Malfoy gelangweilt, als er diese Geste bemerkte. „Ist dir der Keller nicht-“
 

„Kannst du nicht mal die Klappe halten?“ fuhr ich ihm dazwischen. Und tatsächlich verstummte er, auch wenn sich auf seinem Gesicht keinerlei Erstaunen zeigte. Es schien vielmehr so, als habe er diesen Ausbruch meinerseits bereits erwartet. Und das stachelte meinen Zorn nur noch mehr an. „Andauernd hast du – hast du diese komischen Ich-weiß-nicht-was!“ ‚Stimmungsschwankungen‘ wollte ich nicht sagen, ich wusste, was er darauf antworten würde. Ich wollte ihm nicht noch mehr Gelegenheiten geben, mich bloßzustellen.
 

Er sah mich ungerührt an. Mein Atem ging heftig; meine Brust hob und senkte sich schmerzhaft schnell.
 

„Jetzt sag gefälligst was.“ forderte ich ihn heiser auf. Er blinzelte.
 

„Du kannst dich ja auch nicht entscheiden.“ meinte er gelangweilt und streckte sich genüsslich auf dem Bett aus.
 

„Was meinst du damit?“
 

„Na, du sagst immer, du willst nichts von mir und dass ich die Finger von dir lassen soll …“, sagte er langsam, „aber dann wirst du doch wieder anhänglich. Und ausgerechnet du beschwerst dich?“
 

Ich verstummte kurz, wollte dies aber nicht auf mir sitzen lassen.
 

„Als hättest du Grund dich zu beschweren …“ nuschelte ich, die Augen auf den Boden gerichtet.
 

„Mehr als du!“ fuhr mir Malfoy dazwischen. „Meinst du nicht, dass du mich mit diesem ewigen ‚Will ich oder will ich nicht‘ ziemlich aus der Bahn wirfst?“
 

Verblüfft sah ich auf. Ich werfe ihn aus der Bahn? Und noch dazu, wie mir einfiel, hatte er noch nie so etwas gesagt.
 

Malfoys Blick war völlig ernst; diesmal war kein bisschen, kein Hauch von dem gewohnten Spott in seinen Augen zu sehen.
 

„Sag“, fing ich langsam an, nicht sicher, wie ich meine Worte wählen sollte, „was bezweckst du eigentlich mit alldem?“

Wahrheit

Sorry, dass ich euch einfach so ohne Weiteres habe warten lassen (komischer Satz <___<). War auf der LBM und danach erstmal tot, bin ein wenig durch Nasenbluten verblutet und hatte danach ein wenig Schreibflaute, was ihr sicher versteht, nachdem ihr dieses Kapitel gelesen habt.
 

Ich hoffe es ist nicht zu kitschig geworden. Aber mir persönlich gefällt's. Nächstes Kapitel folgt hoffentlich pünktlich am Sonntag. Ich muss mich ranhalten .___.
 

Kapitel XLVIII : Wahrheit
 

„Wie oft willst du mich das eigentlich noch fragen?“ Malfoy hob gelangweilt eine Augenbraue und sah mich hochnäsig an. Ich schnaufte.
 

„So oft, bis du mir endlich eine Antwort geliefert hast.“ sagte ich und versuchte dabei meine Stimme so ernst wie möglich zu halten und gleichzeitig das leichte Zittern in ihr zu verbergen. Die Arme verschränkt versuchte ich einen möglichst autoritären Eindruck auf ihn zu machen.
 

„Hmpf.“ Malfoy schien zu erkennen, dass ich diesmal nicht in Betracht zog, locker zu lassen, und verzog unwillig sein Gesicht. „Das scheint dir ja wirklich wichtig zu sein, was?“
 

„Natürlich ist es das!“ fauchte ich zurück. „Ich hab keine Lust mehr auf dieses … dieses kranke Zeug! Sag mir endlich, was du von mir willst!“
 

Malfoy verstummte. Für einige Sekunden sah es so aus, als zöge er es vor, nicht zu antworten. Dann jedoch sprach er doch:
 

„Es hatte eigentlich auch einen Grund, warum ich dir das nicht gesagt habe.“ meinte er gepresst.
 

„Und der wäre?“ fragte ich sofort. Malfoys Hände verkrampften sich auf der Bettdecke.
 

„Kannst du dir das nicht denken?“ fragte er resigniert.
 

„Nein, verdammt! Deshalb frage ich ja!“
 

Er sah sehr genervt aus, als er seinen Kopf in seine Hände stützte und aus halb geschlossenen Augen zu mir sah. Minuten vergingen, ohne dass einer von uns auch nur ein Wort sagte. Ich wartete.
 

„Für mich ist das kein Spiel.“ Ich wusste nicht genau, was mich so sicher machte, dass er damit nicht log; doch etwas, irgendetwas – war es in seinem Ton, seiner Mimik oder etwas anderem – ließ mich dies nicht bezweifeln. Seit Langem sprach er wieder reine Wahrheit. Vielleicht war es auch das erste Mal überhaupt.
 

„Nicht?“ Ich wollte nicht mehr sagen. Er sollte weiterreden.
 

„Nein“, fuhr er fort, als hätte er begriffen, dass dieses Spiel, welches doch keines war, ein jähes Ende gefunden hatte und er die Karten letztendlich auf den Tisch legen musste, „das war es nie.“
 

Ich schluckte. Auch wenn er mich ansah, hatte ich nicht das Gefühl, als wollte er mich sehen und noch weniger wollte er das, was er sagte, mir wirklich anvertrauen.
 

„Was war es dann?“ fragte ich leise. „Ich … verstehe dich nicht.“ Eine Lüge, denn langsam aber sicher machte sich ein langgehegter Verdacht meinerseits wieder bemerkbar. Malfoy schien kurz zu überlegen.
 

„Ein Kampf … vielleicht?“ meinte er schließlich. „Oder eine Suche? – Ich bin nicht gut in so poetischen Dingen.“
 

Fragend zog ich eine Augenbraue hoch, doch er ignorierte sie.
 

„Ein Kampf?“ wiederholte ich. „Mit wem? – Oder eine Suche … nach was?“
 

Malfoy schlug grinsend die Augen nieder.
 

„Beide Male lautet die Antwort: ‚mir‘. Ein Kampf mit mir und eine Suche nach mir.“
 

Auch die andere Augenbraue fand ihren Weg nach oben.
 

„Das ist wirklich sehr poetisch. Könntest du mich vielleicht mal aufklären?“ Sein Grinsen verbreitete sich.
 

„Ach? Ich dachte eigentlich, du wüsstest schon, wie das mit den Bienchen und-“
 

„Halt endlich die Klappe!“ herrschte ich ihn an. „Das ist ein ernstes Gespräch!“
 

„Ist es das, ja?“ Er sah auf. „Ist mir noch gar nicht aufgefallen.“ Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. Dann schwand sein Grinsen wieder so schnell, wie es gekommen war. „Ich wollte es nur etwas auflockern.“
 

Ich biss mir auf die Zunge, um nicht durch irgendwelche bissigen Bemerkungen mit ihm in einen Streit zu geraten, den ich eh nur wieder verlieren würde.
 

„Okay, genug aufgelockert … jetzt rede endlich Klartext!“
 

Malfoy biss sich auf die Lippe. Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, konnte ich ihm ansehen, dass es ihm nicht leichtfiel.
 

„Sagen wir so …“, begann er langsam, „ich steh auf dich. Aber halt nicht nur auf deinen Körper … sondern, wie soll ich sagen – auf dich selbst … halt …irgendwie.“
 

Ich blinzelte ihn vollkommen verwirrt an.
 

„Du bist in mich verliebt?“ hakte ich nach.
 

„Wenn du es so kitschig ausdrücken willst …“
 

Ich war froh, dass ich in diesem Moment saß, denn im Stehen hätten mich meine wackeligen Knie wohl kaum getragen. Er … Ich konnte nicht mehr klar denken; ich brauchte einige Sekunden, um mich von dem Schock wieder zu erholen.
 

„Wieso hast du das nicht früher gesagt? Und wieso warst du immer so … fies?“ Die gleiche Frage, die ich ihm immer stellte, doch dieses Mal war es anders. Malfoys Mundwinkel zuckten nach oben.
 

„Weil du mir nicht geglaubt hättest, zum Beispiel?“ antwortete er. „Und weil ich es nicht sagen wollte – du solltest es selber herausfinden. Aber anscheinend warst du ja zu dumm dafür.“
 

Ich ignorierte die Tatsache, dass er mich zum wiederholten Male beleidigt hatte. Der Schock saß mir immer noch tief in den Gliedern.
 

„Was“, meinte ich leise, „erhoffst du dir nun?“ Ich traute mich nicht, ihm in die Augen zu sehen. „Du – ich versteh dich einfach nicht. Erst bist du so unerträglich, dann willst du dich mir zuliebe bessern, dann … tust du es doch nicht und ich – ich bin einfach nur noch verwirrt!“ Ich sah auf. „Sag mir doch endlich, was ich tun soll!“
 

„Wenn du mir sagst, was ich tun soll.“ Die Antwort kam abrupt und mit so wenig Betonung, dass sie auch auswendig gelernt gewesen sein könnte. „Ich hab es wirklich versucht … netter zu sein, mein ich.“ Er setzte sich auf.
 

Es war seltsam, auf die Weise mit ihm zu reden. Nicht, weil es unangenehm war – das war es nicht, bei Merlins gestreiften Socken! – sondern, weil ich ihm nie diese Ernsthaftigkeit zugetraut hätte. Ich hatte ihm so einiges nicht zugetraut. Mein gesamtes Bild von ihm zerbrach in wenigen Augenblicken in all seine Einzelteile.
 

„Versucht?“ wiederholte ich. „Und wieso hat es nicht geklappt?“
 

„Es kotzte mich an. Das war nicht ich. Was würde es für einen Sinn machen, mit dir zusammen zu sein, wenn ich nicht ich sein kann?“ Ich schwieg, doch er sprach weiter. „Manchmal habe ich mich gefragt, ob wir wirklich zusammenpassen. Ich weiß ja selber nicht, warum ich ausgerechnet auf einen Gryffindor steh … aber du bist einer der wenigen, mit dem ich ordentlich streiten kann!“
 

Zugegeben, das ist nicht das romantischste Liebesgeständnis, das ich mir vorstellen kann – und ich bin romantisch veranlagt – aber immerhin. So etwas von einem Malfoy zu hören, war schon ein ganzes Stück.
 

„Harry …“ Er stand von dem Bett auf. Nervös, aber nicht dazu fähig, mich zu bewegen, beobachtete ich, wie er auf mich zukam und sich breitbeinig auf meinen Schoß setzte. Ich schluckte. Meine Kehle war trocken. „Ich weiß, dass dich das alles nicht kalt gelassen hat.“ Er sah runter zu der Stelle, wo wir uns berührten; das Blut schoss mir ins Gesicht. „Spätestens nach …“
 

Er grinste; doch dieses Mal war es nicht sein typisch versautes Malfoy-Grinsen, wie er es immer an den Tag zu legen pflegte. Er seufzte und fuhr sich durch die Haare. Dann beugte er sich vor, seine Hände mit festem Griff auf meinen Schultern ruhend, bis sich beinahe unsere Nasenspitzen berührten. Ich starrte mit großen Augen in die seinen.
 

„Ich weiß, dass das jetzt gottverdammt nochmal kitschig klingt, aber … ich möchte mit dir zusammen sein.“
 

Ja. Das war mir irgendwie schon klar.
 

Natürlich sagte ich ihm das nicht, es wäre auch reichlich taktlos in diesem Moment rüber gekommen.
 

Seine Aussage war eine nicht sonderlich gut versteckte Frage – wollte ich es auch? Mit ihm zusammen sein? Ein Paar? Mit allem drum und dran? Im Grunde genommen würde sich nicht viel ändern. Alles, was ein Paar machte, hatten wir schon hinter uns. Es fehlte nur noch diese eine Bestätigung – dass ich es genauso wie er selbst wollte, dass es nicht immer ein Akt der Überredung sein musste, um solche Dinge mit ihm zu tun. Dass die Initiative auch mal von mir ausging. Was ja bereits auch einige wenige Male geschehen war. Ich hatte jedes Mal all meinen Mut zusammen nehmen müssen.
 

Es würde eben doch vieles ändern. Was soll ich antworten?
 

„Unter einer Bedingung.“ Ich war selbst überrascht, wie schnell mir die Entscheidung über die Lippen kam, wie leicht zugleich.
 

„Die da wäre?“ Noch immer war er mir so nah. Ich spürte, wie sich die feinen Härchen in meinem Nacken aufstellten, als er mir beim Sprechen darüber blies.
 

„Dass du mich zu nichts mehr zwingst.“ forderte ich. „Wenn ich ‚nein‘ sage, meine ich das auch. Versprichst du mir das?“
 

Er verharrte einen Moment regungslos.
 

„Aber ich darf ‚fies‘ sein, so viel ich will?“ hakte er mit hochgezogenen Augenbrauen nach.
 

„Wenn du es nicht übertreibst. – Ach ja, ich stehe übrigens nicht auf Fesselspielchen.“ fügte ich hinzu.
 

„Schade.“ grinste er, doch ich wusste, dass er nur Spaß machte. Er kam mir noch einen halben Zentimeter näher. „Dann … bist du also einverstanden?“ fragte er hoffnungsvoll und irgendetwas an seinem Ton, an seiner ganzen Ausstrahlung in diesem Moment ließ mich sicher sein, dass meine Entscheidung nicht falsch gewesen war.
 

Ich wagte es nicht, zu sprechen, aus Angst, ihn bei der kleinsten Bewegung noch näher zu kommen, und nickte. Ein Lächeln, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte, breitete sich auf seinem Gesicht aus.
 

„Dann hast du ja sicher nichts hiergegen …“ raunte er noch leise, ehe er langsam seine Lippen auf die meinen legte und die Arme um mich schlang.

Die Uhr tickt

Die guten alten Zeiten (sprich: der Winter), in denen meine FF die einzige auf der Freischaltliste war, sind wohl vorbei ... 308! OO''
 

Kapitel XLIX : Die Uhr tickt
 

Mir war schrecklich kalt. Allein saß ich in einem Kerker von Malfoy Manson auf dem eisigen Boden, die Beine an den Körper angezogen und die Arme um dieselben geschlungen. Mir ging es gut, halbwegs. Der Vollmond, diese grässliche Scheibe, stand mal wieder auf dem Plan und ich hatte nicht die Gelegenheit bekommen können, den Wolfsbanntrank zu trinken. Der Kerker hatte kein Fenster, ebenso wie die Türe keines hatte. Nicht der kleinste Lichtspalt fiel unter ihr hindurch. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass es zwischen Tür und Boden keine Lücke gab, oder daran, dass es außerhalb meines freiwilligen Gefängnisses einfach nur ebenfalls kein Licht gab.
 

Ich war in vollkommene Dunkelheit gehüllt. Das mulmige Gefühl beschlich mich, nicht allein in ihr zu sein, Atem in meinen Nacken zu spüren und um mich herum zu hören, aus allen Ecken und Winkeln. Doch ich war allein. Malfoy war vor nicht mal fünf Minuten gegangen. Fünf Minuten der Einsamkeit und Angst.
 

Ein kühler Lufthauch wehte mir um die Beine. Ich war nackt. Wieso sollte ich mir für die Verwandlung auch etwas anlassen? Ich besaß schon so nicht viel; hatte damals nur das an Kleidung mitgenommen, was ich gerade am Leib trug.
 

Wieso bewegte sich die Luft? War es die Magie, die der aufsteigende Vollmond mit sich brachte, in der Erwartung, mich nur noch nervöser zu machen? Magie, überall an diesem Ort.
 

Meine Knochen schmerzten allein vom steifen Sitzen; ich ruckelte mich zurecht, rutschte ein wenig hin und der, scheuerte mir dabei die Haut auf – da begann es.
 

Obwohl das Licht des Mondes mich nicht erreichen konnte, spürte ich die langsame Veränderung in meinem Körper; die Verwandlung, die meine Knochen größer und spitzer werden ließ und gleichzeitig meinen Verstand immer weiter eingrenzte. Ich kauerte mich auf dem Boden zusammen. Ich war es gewohnt, mich zu verwandeln, doch ich war es seit einiger Zeit nicht mehr gewohnt, die Schmerzen zu ertragen, in dem Wissen, dass ich in den nächsten Stunden nichts weiter als eine blutrünstige Bestie sein würde, die jeden, egal ob Freund oder Feind, ohne zu zögern in Stücke reißen würde.
 

Ich bewunderte Remus dafür, dass er noch nicht wahnsinnig geworden war. Dann verfiel ich meinem eigenen Wahnsinn dieser Nacht.
 

~~~~~*~~~~~
 

Ich fror immer noch, als ich davon aufwachte, dass sich etwas Warmes über mich legte. Erschöpft murmelte ich zusammenhangslose Worte und wollte mich umdrehen, doch der plötzliche Schmerz, der dabei anfing, in meiner Schulter zu stechen, hinderte mich daran.
 

„Autsch, verdammt!“ fluchte ich.
 

„Sei ruhig. Wir müssen leise sein.“ wisperte jemand neben mir.
 

„Malfoy …?“ Langsam öffnete ich meine Augen, was sich als ein schwieriges Unterfangen erwies, da meine Lider von irgendeiner Flüssigkeit wie zusammengeklebt zu sein schienen.
 

„Klappe.“ Mir fiel auf, dass er sehr kurz angebunden sprach. Als mir ein Gedanke kam, brachte ich meine restliche Kraft auf, um ihn schwach anzugrinsen.
 

„Haste dir Sorgen gemacht?“ witzelte ich mit ironischem Unterton. Malfoy ignorierte mich; er brachte mir vorsichtig, aber schnell in eine sitzende Stellung und befestigte behände die Decke mit einem Zauberspruch um meinen Körper. „Wäre echt nicht nötig gewesen, mir geht’s prima.“ Ich versuchte aufzustehen – doch wie es das Wort ‚versuchte‘ bereits andeutet, gelang es mir nicht. Ich knickte ein und schlug mir beinahe das Knie am Boden auf, wenn Malfoy mich nicht aufgefangen hätte. „Wie ritterlich …“ flüsterte ich, meine Kehle war heiser.
 

Malfoy sandte mir einen genervten Blick.
 

„In ordentlichem Zustand bist du mir lieber.“ sagte er. „Dann sind deine Witze besser.“
 

„Wirklich?“ fragte ich.
 

„Wirklich.“ antwortete er.
 

„Oh.“ Ich schwieg.
 

Malfoy hievte mich hoch.
 

„Wir sollten uns beeilen, in mein Zimmer zu kommen!“ Malfoy schien es wirklich eilig zu haben, denn er legte meinen Arm über seine Schultern und dirigierte mich zum Ausgang.
 

Nachdem er so leise wie möglich die rostige Tür des Kerkers hinter uns geschlossen hatte, schluckte er kurz, sah die Treppe hinauf nach oben und begann schließlich, mit mir hinaufzusteigen.
 

Im Haus war es vollkommen still; einer der Hauptgründe, wieso mir die wenigen Geräusche, dir wir verursachten, verraten – unser mühsam unterdrückter Atem, das Streichen unserer Füße über den Boden; ich hatte das Gefühl, als seien selbst die Gedanken, die ich dachte, zu laut. Wir lebten nicht allein in diesem viel zu großen Haus.
 

Mit einem beinahe ängstlichen Blick in alle vier Richtungen gab Malfoy mir zu verstehen, dass wir nach links abbiegen mussten und schleifte mich mehr oder minder mit in einen der vielen dunklen Gänge, an den ich mich noch dunkel vom Hinweg her erinnern konnte. Die Lampen, welche an den Wänden hingen, waren nicht an und so erstreckte sich der Gang vor uns in eine Weite, die ich kein bisschen abschätzen konnte.
 

Vor uns flammte Licht auf und noch im gleichen Moment hörte ich ein dunkles Lachen.
 

„Scheiße!“ Malfoy fluchte nur leise. Sofort drehte er sich um und zerrte mich dabei mit, sodass ich stolperte. „Verdammt – steh auf!“ Er tat mir weh, als er wieder nach meinem Arm griff, den er ausversehen losgelassen hatte. Doch ich wagte es nicht zu sprechen, der Mann – ich vermutete, dass es Lucius Malfoy war – kam näher.
 

Anders als ich zuerst gedacht hatte, hatte er nicht gelacht, weil er uns entdeckt hätte und sich ganz so, wie sich die Bösewichte ins Filmen immer verhielten, gefreut, dass er wieder etwas zum quälen hatte, sondern weil er nicht allein war und anscheinend in eine Konversation mit einem, wie ich ihn einschätzte, anderem Todesser war. Ich scherte mich nicht darum, was auch immer so lustig war, dass er lachte.
 

Wir waren wieder an der Kreuzung angekommen und bogen nach rechts ab.
 

„Kommen wir so auch zu deinem Zimmer?“ fragte ich gehetzt, doch Malfoy antwortete mir nicht. Er zog mich immer weiter, Gang folgte auf Gang, Kreuzung, Abbiegung, alles hintereinander, in loser, unkontrollierter Folge; unsere Schritte waren hastig, seine jedoch im Gegensatz zu den meinen immer noch von einer gewissen Ruhe umgeben, die auch mich ein wenig daran glauben ließ, dass wir es noch heil bis zu unserem Ziel schaffen würden.
 

Bis er so abrupt stoppte, dass ich in ihn hineinlief und fiel.
 

„Pst!“ Er hielt sich den Finger an die Lippen und sah in den Gang, in den er gerade noch hatte abbiegen wollen.
 

Nach zwei Sekunden der Stille erkannte ich anhand eines Gemäldes, dass wir wieder dort waren, wo wir angefangen hatten, vor Malfoys Vater und dem anderen unbekannten Mann wegzulaufen. Und sie waren immer noch da. Sie standen mitten in diesem vermaledeiten Gang, durch den wir anscheinend wirklich hindurch mussten, um zu Malfoys Zimmer zu gelangen, und sprachen leise miteinander. Warum auch immer, schließlich war ja offiziell niemand anderes im Haus.
 

Außer Narcissa Malfoy. Geht es etwa um irgendwas, was sie nicht wissen darf? Anscheinend hatte Malfoy denselben Gedanken wie ich, denn ich bemerkte, wie sich seine Fäuste ballten und er noch bleicher als gewöhnlich im Gesicht wurde, und ich beschloss, mich auch auf das Gespräch vorne zu konzentrieren.
 

„… könnte schwierig werden, immerhin ist er unauffindbar!“ meinte der Todesser gerade.
 

„Egal, wir werden ihn finden, koste es was es wolle!“ Lucius – nennen wir ihn mal so, um der Verwirrung wegen der ganzen Malfoys vorzubeugen – war hörbar gereizt. „Ich frage mich sowieso, was ihn dazu gebracht hat, ausgerechnet mit dem Potterbalg aus Hogwarts zu verschwinden …“
 

Nun war es wohl klar, über wen die beiden sprachen. Und dieser Jemand stand in dieser Sekunde neben mir, das Gesicht weiß wie eine Wand - wieso? Dass er gesucht wurde, musste ihm klar sein, und ich glaubte kaum, dass es nur deswegen war, weil es ihm gerade so offen dargelegt wurde.
 

„Der dunkle Lord wird nicht gerade erfreut sein, wenn wir ihn … am Ende dieses Monats … immer noch nicht gefasst haben.“ Die Worte kamen etwas zögerlich von dem anderen Todesser; zu Recht, denn Lucius sah ihn genervt an.
 

„Ich weiß!“ fauchte er. Er fasste sich an die Stirn, als hätte er Fieber. „Dabei habe ich sein ganzes Leben lang versucht, ihn darauf vorzubereiten! – Und jetzt? Wie dankt er’s mir? Mit nichts! Verflucht!“
 

Ich verstand nicht wirklich, was da vorne vor sich ging. Es ging um Malfoy, klar, und darum, dass er mit mir verschwunden war. Mit mir, das musste Lucius aufregen, verständlich, schließlich war ich nicht nur sein erklärter Feind, sondern auch der seines Lords. Und ursprünglich auch Malfoys. Unwillkürlich musste ich grinsen.
 

„Das kann nicht so weitergehen …“ Lucius lehnte sich an die Wand. „Wir müssen unbedingt noch einmal eine Suchaktion starten. Und wir werden Blaise Zabini nochmal befragen. Diesmal wird er reden, das schwöre ich!“
 

Der Andere sah ihn zweifelnd an.
 

„Ich wäre mir da nicht so sicher.“ meinte er. „Zabini ist zäh, er hat das letzte Mal nicht geredet, warum sollte er es das nächste Mal tun? Was du tust, ist reine Zeitverschwendung. Dein Sohn wird früh genug wieder zur Besinnung kommen und vielleicht sogar-“
 

„Zeit!“ unterbrach Lucius ihn grob. „Wir haben aber keine Zeit mehr! Der dunkle Lord will ihm jetzt das Todessermal einbrennen, nicht später!“
 

~~~~~*~~~~~

So, ich hab endlich ein Storyboard. Das heißt, ich werde nicht mehr - wie sicher einige aufmerksame Leser bemerkt haben - auf der Stelle treten. Es wird endlich voran gehen, vielleicht schneller, als es manchen recht ist. Aber das hat alles seinen Sinn ^-^

Kein Zuhause

Kapitel L : Kein Zuhause
 

Als Lucius und der unbekannte Mann endlich verschwunden waren, schaute ich Malfoy an. Er war immer noch bleich – möglicherweise sogar mehr als ich, obwohl ich der Werwolf von uns beiden war – und zitterte ein wenig. Es war seltsam, ihn in so einer Situation zu sehen.
 

„Sie sind weg.“ sagte ich überflüssigerweise. „Lass uns schnell zu deinem Zimmer-“ Er ließ mich gar nicht erst ausreden, sondern nickte nur, nahm mich bei der Hand und huschte in den leeren Gang.
 

Wenige Minuten später befanden wir uns am Ziel und ich ließ mich erschöpft auf sein Bett fallen.
 

„Oh Mann, was für ‘ne Tour!“ ächzte ich, als er sich neben mir hinsetzte. Als ich sah, dass er mich zu ignorieren schien, versuchte ich es anders: „Mal- Du? – Was … machen wir jetzt?“
 

Es war schon seltsam genug, ‚wir‘ zu sagen. Immerhin könnte man es auch als sein Problem, und zwar nur sein Problem bezeichnen. Doch dass ich ein Werwolf war, war auch nur mein Problem gewesen. Er hatte es erst zu seinem gemacht, als er mit mir aus Hogwarts geflohen war.
 

„Wir sollten weg.“ Malfoy klang absolut sicher; trotzdem konnte ich die Resignation in seiner Stimme hören. Dieser Ort war nicht sicher. Genauso wie Hogwarts es auf Dauer nicht für mich gewesen war – gab es überhaupt einen Ort, wo ich nicht mehr vom Ministerium und er nicht mehr von den Todessern verfolgt wurde? Wenn nicht, hätten wir wohl unser erstes wirklich gemeinsames Problem.
 

„Und wohin willst du?“ fragte ich vorsichtig.
 

„Weiß nicht.“ kam sofort die Antwort.
 

„Toll …“ seufzte ich sarkastisch und verschränkte die Arme unter meinem Kopf.
 

„Hast du ‘nen besseren Plan als einfach abzuhauen?“ fauchte Malfoy mich an und drehte sich ruckartig zu mir um. Ich wich seinem Blick aus. „Also beschwer dich nicht!“ maulte er anschließend. Er stand auf. „Wir werden ein paar Sachen mitnehmen. Ich will mir nicht nochmal so den Arsch abfrieren.“
 

Gesagt, getan: Als ob wir in den Urlaub fahren würden, zerrte er einen betagten grauen Koffer aus seinem Schrank hervor und fing an, Kleidungsstücke wahllos hineinzuwerfen. Nachdem ich ihn eine Weile skeptisch beobachtet hatte, stand ich auf, um ihm zu helfen.
 

„So bekommst du nicht wirklich viel rein.“ meinte ich, stockte jedoch, als ich in den Koffer sah. Moody, war mein Gedanke – der Koffer schien auf den ersten Blick keinen Boden zu haben, auf den zweiten Blick sah ich jedoch, dass es einen gab. Nur eben viel, viel weiter unten, als man bei einem Koffer normalerweise annehmen würde.
 

Zu meiner Verblüffung packte Malfoy auch ein paar Bücher, Pergament, Tinte und Federkiele mit ein. Als er meinen erstaunten Blick bemerkte, sagte er nur schulterzuckend: „Wenn ich schon packe, dann richtig. Außerdem ist Schreibzeug immer nützlich.“
 

Ich seufzte und fläzte mich wieder auf das Bett. Letztens Endes hatte ich ihm doch keine Hilfe sein können.
 

Malfoy streckte sich kurz, klappte dann den Deckel des Koffers zu und setzte sich darauf. Schweigend beobachtete er mich. Ich wartete ab, was er zu sagen hatte und starrte währenddessen an die Decke.
 

„Ich mach mir Sorgen um Blaise.“ brachte er schließlich hervor.
 

„Ich auch.“ sagte ich – nicht nur, weil ich mir tatsächlich Sorgen um ihn machte, sondern weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte erwidern können. Malfoy sah mich mit einem undefinierbaren Blick an.
 

Dann kam er zu mir herüber.
 

Die Matratze gab unter seinem Gewicht nach, als er auf allen Vieren über das Bett zu mir kroch. Schnell hatte er ein Bein über mich geschwungen und stützte seine Unterarme an beiden Seiten meines Kopfes ab. Er wollte sich gerade mit eindeutigen Absichten zu mir hinab beugen, da drückte ich ihn mit beiden Händen auf seiner Brust von mir weg.
 

„Sollten wir damit nicht lieber warten, bis wir woanders sind?“
 

Für einen Augenblick sah er enttäuscht aus, dann lehnte er sich jedoch gegen meine Hände und brach so den zugegebenermaßen geringen Widerstand meinerseits. Er küsste mich kurz, dann sah er mir in die Augen, nur wenige Zentimeter von seinen entfernt.
 

„Wer weiß, wann wir dafür wieder so ein weiches Bett haben werden …“ murmelte er. „Lass es uns tun. Ich mach’s auch ganz kurz, wenn’s sein muss.“

„Idiot, dafür haben wir keine Zeit! Dein Vater kann jeden Moment reinkommen!“ fuhr ich ihn an, doch er lächelte nur.
 

„Wenn du weiterredest, dauert es nur noch länger …“ flüsterte er mir zu und beugte sich noch in derselben Sekunde ganz zu mir hinunter.
 

„Ich warne-“
 

Zu spät: Er hatte mir meine Worte wirkungsvoll abgewürgt, indem er nicht mehr sanft, sondern fordernd seine Lippen auf meine legte und sich leicht mit seinem schweren Körper gegen mich bewegte. Seine Hände begaben sich auf Wanderschaft und erforschten das ihnen schon viel zu gut bekannte Gebiet.
 

Schnell hatte ich beschlossen, mich nicht mehr zu wehren.
 

Malfoy, dem mein Entschluss nicht entgangen war, grinste halb verdeckt und rutschte dann weiter hinunter; seine Hände fuhren an meinen Seiten hinauf, meine Arme entlang, griffen schließlich in meine und hielten sie auf dem Bett fest. Er pustete mich leicht an, genau in die Mulde über meinem Schlüsselbein und setzte dort anfangend feuchte Küsse auf die Haut.
 

„Verdammt, mach hinne!“ forderte ich. „Ich will endlich weg!“
 

„Du hast es heute aber eilig …“ meinte Malfoy daraufhin nur; sein Ton ließ es nur allzu offen, dass er mich absichtlich falsch verstanden hatte.
 

„Idiot – ah, was-?“ Ich stockte und sammelte zischend Luft in meinen schmerzenden Lungen.
 

Er hatte mich gebissen.
 

„Das ist wohl dein Hobby, wie?“ fragte ich zynisch in Erinnerung an jenen Tag, wo er dies schon einmal getan hatte.
 

„Bei dir schon …“ flirtete er und tat es noch einmal, diesmal jedoch fester, was mich mir auf die Lippe beißen ließ. „Ach, sei doch nicht so kalt zu mir …“ setzte er dann noch hinzu und – wie, um mir dabei nachzuhelfen – tauchte seine Zunge in meinen Bauchnabel.
 

Ich keuchte auf und krallte mich in Ermangelung etwas Besserem an seiner Hand fest. Diese zog meine Arme gerade hinunter, denn er selbst rückte immer weiter nach unten.
 

Ich hatte eine ungute Vorahnung.
 

„Malfoy?“
 

Er seufzte.
 

„Ja? Potter?“ fragte er mit besonderer Betonung. Ihm missfiel es immer noch, dass ich ihn mit dem Nachnamen anredete.
 

„Du willst doch nicht …“ Ich ließ die Worte unausgesprochen. Er grinste breit.
 

„Doch.“ sagte er klar. Ich schluckte und sammelte den Rest meines dahin gefleuchten Mutes.
 

„Aber ich nicht.“
 

Er sah mich an, als wäre ich ein Gespenst.
 

„Nicht?“ fragte er beinahe enttäuscht.
 

„Nein. Du musst das nicht tun und … ich weiß nicht. Ich will’s einfach nicht.“ erklärte ich, die Augen nieder geschlagen. Ich musste rot wie eine Tomate sein. „Ich finde die Vorstellung … na ja …“ Ich unterbrach mich selber überrascht, als er zu lachen anfing. Leise natürlich, doch sein Lachen erfasste seinen ganzen Körper und ließ mich das leichte Zittern nur zu gut auf meiner eigenen Haut spüren. „Was ist denn jetzt schon wieder so lustig?“ fragte ich leicht genervt nach.
 

„Dass du so prüde bist, hätte ich nicht gedacht!“ lachte er mit Tränen in den Augen. „Oh Mann, jetzt ist die Stimmung kaputt!“ witzelte er weiter, wobei ich mich jedoch fragte, welche Stimmung er meinte.
 

Dann fiel sein Lächeln auf einmal in sich zusammen. Schock stand in seinen Augen.
 

„Was ist?“ fragte ich sofort alarmiert nach.
 

„M-Mein Vater – er ist hierhin unterwegs!“ haspelte er und sprang noch im selben Moment in einem Satz von mir hinunter.
 

Alarmiert setzte ich mich auf und hüpfte dann ebenfalls auf den Boden. Ein kühler Lufthauch berührte meine Beine, da Malfoy das Fenster geöffnet hatte. Die kalte Morgenluft wehte ins Zimmer und ließ mich frösteln.
 

„Verdammt … ich-“
 

Ich war immer noch unbekleidet. Malfoy hatte mich nackt wie ich war aus dem Kerker mitgenommen, nur mit der Decke bekleidet, die er mitgebracht hatte. Und diese lag inzwischen neben dem Bett. Schnell fasste ich nach einer Hose, die noch in seinem Kleiderschrank hing, schlüpfte hinein und zog den Reißverschluss nach oben.
 

„Zum Anziehen ist jetzt keine Zeit mehr!“ Malfoy fasste mich grob am Arm und zog mich zum Fenster.
 

„Aber-“
 

„Kein ‚aber‘! Komm!“ Mit einem dahin gehaspelten Zauberspruch verkleinerte er den Koffer und steckte ihn in seine Hosentasche, dann griff er nach seinem Besen, der in der Ecke stand und mit der anderen Hand wieder nach meinem Handgelenk und stützte sich auf dem Fensterbrett ab.
 

Mit Schwung saß es auf einmal auf ebendiesem, sodass seine Beine in erschreckender Höhe in die Tiefe baumelten. Mit einer weiteren Bewegung saß er auf seinem Besen.
 

Die Tür wurde mit einem Klacken geöffnet, ich sprang; mit einem letzten Blick in das Zimmer, in das wir durch das Fenster sehen konnten, erblickte ich Lucius Malfoy, dessen Augen keineswegs zornig, sondern vielmehr überrascht das Zimmer absuchten und schließlich an uns beiden hängen blieben.
 

Ich hatte ihn noch nie mit offenem Mund gesehen.
 

„Gib Gas!“ forderte ich Malfoy hektisch auf, der sich anscheinend nicht vom Anblick seines Vaters losreißen wollte. Als ich ihn jedoch ansprach, blinzelte er und begab sich im Sturzflug zuerst in die Tiefe, dann schoss er rasend schnell in den Himmel hinaus.
 

Unsere Flucht war wohl noch lange nicht zu Ende.

Malfoys Spontanität

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Kapitel LI : Malfoys Spontanität
 

„Und was jetzt?“
 

Wir waren stundenlang geflogen, ohne ein Pause einzulegen und ohne zu wissen wohin unsere Reise noch führen sollte. Wir hatten zwar Glück, dass es für einen Wintertag noch relativ warm war, doch es war immer noch kühl genug, um sämtliche Glieder einzufrieren. Beinahe hätte ich nicht vom Besen absteigen können.
 

„Keine Ahnung.“
 

„Sehr hilfreich.“
 

Malfoy und ich saßen inmitten von London und beobachteten die vielen Menschen, die an uns vorbeigingen, ohne uns wirklich zu beachten. Der eine oder andere hatte höchstens mal einen genervten oder mitleidigen Blick für uns übrig und einer warf uns tatsächlich eine Münze vor die Füße.
 

„Ab heute sind Ferien.“ merkte ich an.
 

„Hm …“ grummelte Malfoy. Er rieb sich die Hände; sein Atem hinterließ wie meiner weiße Wölkchen in der Luft.
 

„Sag doch nicht einfach nur ‚hm‘!“ meckerte ich.
 

„Was denn sonst?“ fuhr er mich genauso gereizt an. Wir waren beide angespannt – ich vielleicht mehr, denn ich hatte mich während des Fluges anziehen müssen – und die Kälte hatte uns schon bis auf die Knochen durchdrungen. „Soll ich mich vielleicht freuen, dass ich Weihnachten hier draußen verbringen darf?“
 

Ich senkte den Kopf.
 

„Heute morgen hast du noch ‚wir‘ gesagt …“
 

Malfoy antwortete nicht. Sein Blick war starr geworden und für einen schrecklichen Augenblick dachte ich schon, er wäre erfroren.
 

„Mir kommt da gerade so ein Gedanke.“ sagte er. „Auch wenn es mir gegen den Strich geht, mir fällt nichts Besseres ein.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Es sah schwierig aus, mit halb erfrorenen Fingern die Feder zu halten.
 

„Und du bist dir sicher, dass er darauf eingehen wird?“ fragte ich zweifelnd.
 

Die Feder kratzte mit ungewohnt krakeliger Schrift über das Pergament.
 

„Fragen kostet nichts.“ erwiderte er verbissen.
 

Er schraubte das kleine Tintenfässchen wieder zu und rollte das Pergament ordentlich zusammen.
 

„Und wie willst du ihn abschicken?“ fragte ich, immer noch zweifelnd.
 

„Lass das mal meine Sorge sein.“ Er stand auf und streckte sich. „Bleib hier, ich bin in spätestens zwei Stunden wieder da!“
 

Ich sah ihm nach, wie er trotz des langen und anstrengenden Fluges anscheinend ohne weitere Mühe aufbrach. In meinem Magen machte sich ein ungutes Gefühl breit, wie immer. Das hatte es auch schon heute Morgen, kurz bevor wir vor seinem Vater fliehen mussten. Ich hatte es zwar nicht gewusst, doch ich hatte geahnt, dass wir uns hätten beeilen sollen. Malfoy und seine verdammte Unvorsichtigkeit.
 

Ich hätte ihn nicht gehen lassen sollen.
 

Doch jetzt war es zu spät. Er war gegangen, ohne, dass ich eine Chance gehabt hätte, ihn fragen zu können, wohin er wollte. Wenn ihm etwas passierte, würde ich es weder ihm noch mir verzeihen.
 

Den Besen hatte er hier gelassen; in der Muggelwelt hätte er zu viel Aufsehen erregt. Zitternd beugte ich mich vor, griff nach dem Stiel und zog ihn an mich. Ich war allein. Und ich wurde mir bewusst, dass ich Angst hatte. Angst, allein zu sein, auf sich selbst gestellt, ohne Hilfsmittel, ohne ihn. Mir wurde bewusst, dass ich abhängig von ihm war.
 

Dass er ohne mich losgegangen war und mich vorläufig hier zurückgelassen hatte, war ein Beweis dafür, dass er es mitnichten von mir war. Ein trauriger Gedanke.
 

Es war Dummheit gewesen, die uns hier rein geritten hatte. Erst meine eigene, als ich damals in den Sommerferien den Vollmond vergaß, auch Remus‘ Dummheit, weil er sich keinen genügend gesicherten Ort gesucht und sich nur auf die nächtliche Ruhe und Ungestörtheit verlassen hatte. Malfoys Dummheit, seine Besessenheit von mir, dass er Blaise mein Geheimnis verraten hatte, Blaise‘ Dummheit, so offen im Krankenflügel darüber zu reden.
 

Die Dummheit von ganz Hogwarts, von dem Ministerium und der ganzen Zaubererwelt. Ich war ein Werwolf, doch abgesehen von dieser einen Nacht bei Vollmond war ich vollkommen ungefährlich. Ein Fakt, den die Meisten durch ihre von ihrer Angst hervor gerufenen Blindheit nicht sehen wollten. Ich war ein Werwolf und damit kein Mensch mehr.
 

Frierend sah ich auf die Straße. Die Menschen gingen immer noch unbekümmert an mir vorüber. Die Blicke, die uns eben noch zugeworfen wurden, wurden weniger.
 

Ich verbrachte die versprochenen zwei Stunden mit Starren, Nachdenken, Starren und Nachdenken. Sie strichen langsam an mir vorbei. Haltlos.
 

Malfoy war noch nicht gekommen. Auch nicht, als weitere zehn Minuten vorbei waren. Und noch einige; nach einiger Zeit gab ich das Zählen auf. Allmählich begann ich mir Sorgen zu machen. Wo bleibt er bloß? Es sah ihm nicht ähnlich, seine Versprechen nicht zu halten oder sich gar so sehr in der Zeit zu verschätzen. Hoffentlich ist ihm nichts zugestoßen.
 

Ehe ich mich versah, hatte ich schon das gedacht, wovon ich mich unbedingt abhalten wollte. Der Gedanken daran, dass ich umsonst auf ihn wartete, war schier unerträglich.
 

Schwer und langsam ging mein Atem und ich versuchte mehr oder weniger erfolgreich, meine aufkommende Panik unter Kontrolle zu halten.
 

„Hey!“
 

„Ah!“
 

Eine kalte Hand hatte mich urplötzlich an der Schulter gepackt; erschrocken und bereits auf das Schlimmste gefasst riss ich meinen Kopf so hastig hoch, dass mir ein heißer Schmerz durch die Nackenmuskeln fuhr.
 

Malfoy stand vor mir, genauso wie er mich verlassen hatte. Er sah ein wenig zerzaust aus.
 

„A-alles okay?“ fragte ich zögerlich, schon halb erwartend, dass er mir jeden Moment eine blutige Wunde zeigen und dann tot zusammenklappen würde. Wahnvorstellungen …
 

„Natürlich.“ Er schien wirklich in Ordnung zu sein. Erleichtert atmete ich aus, dann zog ich verärgert meine Augenbrauen zusammen.
 

„Wo warst du, verdammt?“ Ich rappelte mich auf und klopfte mir so gut es ging den Dreck von der Hose. „Ich hab mir Sorgen gemacht – also, ein bisschen …“ verstummte ich schließlich errötend. Ich wusste gar nicht, wie mir diese Worte über die Lippen gekommen waren.
 

Malfoy jedoch beschloss ein Gentleman zu sein und genießend zu schweigen; einzig ein kleines, unübersehbares Lächeln deutete mir an, dass er meine Verlegenheit sehr wohl bemerkt hatte.
 

„Wollen wir?“
 

Irritiert sah ich ihn an.
 

„Wohin?“ fragte ich.
 

„Wirst du schon sehen …“ meinte er geheimnisvoll und genoss es sichtlich, mehr zu wissen als ich.
 

„Arsch …“ murmelte ich, gab mich jedoch geschlagen. Im Moment war ich einfach nur froh, dass er wieder da war.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Wir fahren mit der Bahn?“
 

Fassungslos sah ich Malfoy an. Wir standen tatsächlich in einer der U-Bahn-Haltestellen Londons – Merlin allein wusste, woher er das Muggelgeld dafür aufgetrieben hatte, ich für meinen Teil wollte gar nicht wissen, welchen Muggel er dafür über den Haufen gerannt oder welche Bank er ausgeraubt hatte. Wir warteten auf die Bahn.
 

Vielmehr tat ich das ziemlich gelangweilt, während Malfoy sich neugierig umsah.
 

„Ganz schön viele Leute hier unten.“ merkte er an, nachdem er von einem der Passanten angerempelt wurde und ihm mit giftigen Blick hinterher gesehen hatte.
 

„Ist immer so.“ merkte ich an.
 

„Aha … du scheinst dich hier wohl auszukennen.“ meinte er genervt.
 

„Nein. Es ist bloß normal. – Für die Muggelwelt.“
 

„Aha.“
 

Wir schwiegen, bis mir ein helles Licht, das aus dem Tunnel kam, die Einfahrt der Bahn ankündigte. Rasch stiegen wir ein und ergatterten uns zwei Sitzplätze.
 

Die Bahn fuhr an.
 

„Wo müssen wir eigentlich aussteigen?“ fragte ich ihn nach einer Weile. Er antwortete nicht, sondern beobachtete abwechselnd die Leute in der Bahn und den Tunnel, durch den wir rasten. „Malfoy?“ Er zuckte leicht zusammen. Anscheinend war er ganz vertieft gewesen.
 

„Was?“
 

„Wo müssen wir aussteigen?“ wiederholte ich meine Frage.
 

„Wirst du schon sehen.“ wiederholte er sich; ich verzog genervt das Gesicht.
 

„Du bist echt ein Idiot!“ fuhr ich ihn an. Die Muggel neben uns sahen mich erschrocken an. „Das hier ist eine ernste Situation, also raus mit der Sprache!“
 

Doch Malfoy zog es wohl vor, mich zu ignorieren; längst hatte er sich schon wieder dem Beobachten des Tunnels gewidmet. Es hat keinen Sinn, gab ich schnell auf. Ich würde es schon sehen. Ein weiteres Mal vertrieb ich mir die Zeit mit Starren und Nachdenken. Es würde wohl meine neue Angewohnheit werden.
 

Nach über einer halben Stunde stiegen wir schließlich aus, immer hoch schweigend; Malfoy ging zügig voran, sich immer wieder umblickend. Ich hatte keine andere Wahl, als ihm zu folgen. Ich war abhängig von ihm. Und es missfiel mir.
 

„Hier muss es irgendwo sein.“ sagte er bestimmt und zog mich in eine schmale Seitenstraße. Nach oben sehend bemerkte ich, dass es sich um Dutzende von Wohnungen handelte, die neben uns emporragten. Es war weder besonders sauber, noch besonders schmutzig; möglicherweise handelte es sich sogar um Eigentumswohnungen. Trotzdem hatte die Enge der Straße, die schon beinahe eine Gasse war, etwas Bedrückendes an sich. Es war so eng, dass es noch nicht einmal ordentliche Bürgersteige gab; die Autos waren halb auf der Straße geparkt.
 

„Wo sind wir hier?“ fragte ich, auch wenn ich keine Antwort erwartete. Malfoy grinste und klingelte an einer der Haustüren.
 

Ich las den Namen, der auf der Klingel stand und konnte es nicht fassen. Bevor ich den Schock jedoch verarbeiten konnte, wurde die Tür schon aufgezogen und wir standen ihm gegenüber.

Verlegenheit und schlechtes Gewissen

Kapitel LII : Verlegenheit und schlechtes Gewissen
 

„Ah, da seid ihr ja.“ Ich starrte ihn an, als sei ich plötzlich aus dem Boden gewachsen und würde mich fragen, wo ich nun hineingeraten war. „Was steht ihr da noch rum? Kommt rein!“
 

Ich räusperte mich.
 

„Ähm … hallo …“ Die Röte schoss mir ins Gesicht, als ich daran dachte, wie nah er mir bei unserer letzten Begegnung gekommen war – und wie unfähig ich gewesen war, einen Brief an ihn zu schreiben. Ich schluckte.
 

„Guten Tag, Professor Grey.“ salutierte Malfoy dagegen in einwandfreier Sprache und zog mich ohne Weiteres in das kleine, schäbige Treppenhaus. Er sah sich um. „Wieso steht die Treppe mitten in ihrer Wohnung?“ fragte er schließlich, nachdem er seine Inspektion abgeschlossen hatte.
 

Grey sah ihn belustigt an.
 

„Das ist nicht meine Wohnung; die befindet sich oben. Das, was du siehst, ist das Treppenhaus.“ erklärte er.
 

„Oh.“ Malfoy schien verlegen zu sein. Rasch fasste er sich jedoch wieder und rauschte schnell die erste Treppe hoch. Auf halben Weg hielt er jedoch an und rief hinunter: „In welchem Stockwerk wohnen Sie?“ blaffte er. Er schien völlig vergessen zu haben, dass er mit einem Lehrer sprach.
 

„Viertes.“
 

Ich verdrehte die Augen.
 

„Schon wieder so hoch?“ stöhnte ich und ließ mich gegen die Wand fallen. Grey sah mich an und steckte die Hände in die Hosentaschen.
 

„Na, so schlimm ist es auch wieder nicht; komm, ihr zwei müsst ja ganz durchgefroren sein.“
 

Irre ich mich, oder ist er noch netter als zuvor?
 

~~~~~*~~~~~
 

Nach einer Weile war es mir endlich warm geworden. Nein, es lag nicht an Grey. Auch nicht an seiner Anwesenheit. Es lag schlichtweg daran, dass ich zusammen mit Malfoy auf einer Couch saß und heißen Tee in mich hinein schlürfte.
 

An der ersten hatte ich mir übrigens die Finger verbrannt und daraufhin fallen gelassen; zum Glück war der gesamte Boden mit Teppich ausgelegt, sodass sie beim Aufprall nicht zerbrach. Nur hatte der Teppich jetzt einen Fleck.
 

„Tut mir wirklich Leid wegen dem Tee. Dem Fleck meine ich.“ sagte ich sicher zum vierten Male. Aus diesem Grund wehrte Grey jedoch auch händefuchtelnd ab.
 

„Ach was, halb so schlimm. Dieser Teppich hat sicher noch mehrere Dutzend andere Flecken durch die ganze Wohnung verteilt.“ Er vergrub sich noch mehr in die Tiefen seines Sessels. „Nun, was führt euch zu mir?“ fragte er. „Mr Malfoy sah eben ziemlich gehetzt aus.“
 

„Ähm …“ Verwirrt sah ich zur Seite. „Kann mir einer mal sagen, wie … na ja, wir wollten doch einen Brief an McGonagall senden – wieso sind wir jetzt bei Ihnen?“ fragte ich an Grey gewandt.
 

Grey hob die Hände, als wisse er es ebenso wenig wie ich.
 

„Na ja, ab heute sind Ferien und daher bin ich in die Winkelgasse appariert. Um einzukaufen, schließlich sind meine Vorratsschränke während der Schulzeit immer leer; außerdem brauchte ich noch die eine oder andere Zutat für meine, ich meine unsere Forschungen.“ Er ließ die Hände sinken und nickte zu Malfoy, der ihm gelangweilt zuhörte. „Und da traf ich zufällig Mr Malfoy, der vor der Eulenpost hockte und wohl auf eine günstige Gelegenheit wartete, sich unbemerkt reinzuschleichen, um den Brief abzuschicken.“
 

Ich grinste bei der Vorstellung eines ‚hockenden‘ Malfoys, war jedoch auch gleichzeitig besorgt. Hatte er sich etwa ohne jedwede Tarnung in der Winkelgasse herumgetrieben? Ich hoffte sehr, dass ihn niemand erkannt hatte.
 

„Nun, was ist mit meiner Frage?“ hakte Grey nach einer Weile des Schweigens. „Wieso taucht ihr so plötzlich in London auf? Wo ward ihr vorher?“
 

Ich seufzte.
 

„In Malfoy Manor.“ antwortete ich langsam. Greys schwarze Augen weiteten sich. „Aber das war auf Dauer keine Lösung; wir wurden beinahe erwischt.“ Ich errötete bei dem Gedanken, wobei mir beinahe auch erwischt geworden wären.
 

„Ein Wunder“, meinte Grey, seine Arme verschränkten sich und er legte eine Strenge Miene auf, „dass ihr noch am Leben seid. Malfoy Manor, die Höhle des Löwen – wer ist auf diese dämliche Idee gekommen?“
 

„Die Idee ist nicht dämlich!“ fuhr Malfoy ihn an.
 

„Aha, du also?“ Grey hob eine Augenbraue.
 

„Ja, verdammt! Das war der einzige Ort, wo man uns nicht suchen würde!“
 

“Und trotzdem wäre es beinahe schief gegangen, nicht wahr?“ Grey seufzte und ließ den Kopf sinken, eine Haarsträhne löste sich aus seinem kurzen Zopf und fiel ihm in die Stirn. Plötzlich sah er sehr erschöpft aus. „Na ja, immerhin seid ihr jetzt in Sicherheit.“
 

Ich nickte zustimmend und trank einen weiteren Schluck Tee. Malfoy blickte angespannt zwischen Grey und mir hin und her, eine Ader pochte an seiner Schläfe. Irgendetwas schien ihm gewaltig gegen den Strich zu gehen. Ich beschloss jedoch, ihn nicht in Greys Anwesenheit danach zu fragen; vermutlich wäre es ihm unangenehm.
 

„Ach ja, übrigens“, fiel mir ein, „wo werden wir eigentlich schlafen?“
 

Grey zeigte auf das Sofa, auf dem Malfoy und ich saßen.
 

„Wenn ihr wollt, dort – ach nein, das ist ja viel zu eng für euch zwei. Besser wäre es, wenn ich hier schlafe und ihr in meinem Bett. Da ist mehr Platz.“ überlegte er.
 

Mir schoss das Blut ins Gesicht. Ich, in Greys Bett? Okay, er würde wohlgemerkt auf der Couch schlafen aber – nein. Ein wirklich peinlicher Gedanke.
 

„Ich ziehe es vor, hier zu schlafen!“ grollte Malfoy jedoch beinahe sofort und unterbrach dadurch meine ohnehin verwirrten Gedankengänge. Verwundert sah ich ihn an. Wegen irgendeiner Sache schien er wirklich wütend zu sein.
 

„Öhm … und ich?“ fragte ich harmlos.
 

„Kannst ja auf dem Boden schlafen!“ meinte Malfoy hochnäsig. Ich kniff die Augen zusammen.
 

„Sag mal, was ist denn auf einmal mit dir los?“ fragte ich nun entgegen meines Vorhabens, doch er wandte sich beleidigt von mir ab.
 

Grey sah zwischen uns hin und her.
 

„Nun, ich werde mal das Geschirr abspülen.“ Sprach’s und erhob sich.
 

„Ich helfe!“ erklärte ich mich sofort bereit und folgte ihm in die Küche.
 

In welcher sich zentimeterweise Staub befand.
 

„Tut mir Leid, ich hatte leider noch keine Zeit, sauber zu machen. Hier fehlt einfach die Frau im Haus.“ entschuldigte sich Grey lächelnd und begann mit dem Abwasch. Ich schnappte mir ein Handtuch und trocknete ab.
 

Eine Weile lang arbeiteten wir still nebeneinander her, bis ich schließlich seufzte und sagte:
 

„Ich – Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass Malfoy gerade so grob zu Ihnen war. Er meinte es sicher nicht so; ich weiß auch nicht, was in ihn gefahren ist.“
 

Grey legte einen nassen Teller auf das Abtrockbrett. Er sah mich nachdenklich an.
 

„Ach, halb so schlimm.“ murmelte er. „Ich kann ihn schon verstehen.“
 

„Hä? Was meinen Sie?“
 

Doch er schwieg sich darüber aus.
 

~~~~~*~~~~~
 

Als wir die Küche nach einer halben Stunde wieder verließen – ich hatte Grey dazu überredet, sie erstmal wieder auf Vordermann zu bringen, ich Saubermann – schlief Malfoy schon auf dem Sofa. Er hatte sich noch nicht einmal eine Decke oder so etwas geholt; vielmehr schien es, als sei er einfach plötzlich weggenickt. Der Flug und der ganz andere Stress musste ihn wirklich geschafft haben.
 

Auch ich spürte inzwischen die bleierne Müdigkeit in meinen Beinen. Verhalten gähnte ich und zog damit Greys Aufmerksamkeit auf mich, der zu einem Schrank an der anderen Seite des Raumes gegangen war, in dem er offensichtlich seien Bettwäsche aufbewahrte. Er zog eine Decke heraus und legte sie über Malfoys Schultern. Dieser rümpfte zwar seine Nase, wachte jedoch auch nicht auf.
 

„Wir sollten ihn wohl schlafen lassen.“ meinte er und steckte die Hände in die Hosentaschen. Es musste eine Gewohnheit von ihm sein.
 

„Ähm … und ich?“ fragte ich nun. „Ich will ihn nicht wecken, aber-“
 

„Keine Sorge, das musst du nicht.“ unterbrach mich Grey und nickte zu einer geschlossenen Tür hinüber. „Du kannst da schlafen, ich mach’s mir dann auf dem Boden gemütlich.“
 

„Auf keinen Fall!“ fuhr ich ihn an. „Äh – ich meinte, also – ich möchte nicht, dass Sie sich meinetwegen, ich meine unseretwegen irgendwelche Umstände machen!“
 

Grey blinzelte.
 

„Ich dachte mir, dass es dir vielleicht etwas ausmacht, neben mir in einem Bett zu schlafen.“
 

„Ich – nein, wirklich nicht. Machen Sie sich keine Umstände!“ wiederholte ich.
 

„Na gut, wie du willst.“ Grey öffnete das Zimmer und verschwand darin.
 

Jetzt wurde es mir doch mulmig zumute, doch einen Rückzieher wollte ich auch nicht machen. Bei Merlin, Harry, du tust ja gerade so, als würdest du sonst was mit ihm machen! Grey ist ein anständiger Mann!
 

Wenige Minuten später half mir dieser Vorsatz jedoch auch nichts mehr; Grey hatte mir Schlafsachen von sich geliehen, die mir im Übrigen viel zu groß waren, und hatte sich bereits mit dem Rücken zu mir ins Bett gelegt. Ich stand wie versteinert an Ort und Stelle und wagte es nicht mich zu rühren. Es war schwieriger, als ich gedacht hatte.
 

„Willst du da Wurzeln schlagen?“ Greys Stimme hörte sich schläfrig an, was es mir nicht gerade einfacher machte. Verdammt, ich bin mit Malfoy zusammen! Ich sollte nicht so denken! Wieso übte er bloß so eine Anziehungskraft auf mich aus? „Harry?“
 

„J-Ja, ich komme schon!“
 

Mit klopfendem Herzen schlug ich endlich die Bettdecke zurück und legte mich so weit wie möglich an die Kante rutschend neben ihn.
 

~~~~~*~~~~~

Bitte, killt mich nicht xD Ich weiß, dass das so ziemlich 80 Prozent der Leserschaft nicht gefallen wird - aber eins verspreche ich euch: Das Pairing ist und bleibt Harry und Malfoy! ;3
 

Ach ja: Sorry wegen mancher doppelten Mails. Ich mach das natürlich nicht absichtlich, irgendwie spinnt Animexx bei mir <___<''

Mitternacht

Für die Grey-Liebhaber unter euch ;3
 

Kapitel LIII : Mitternacht
 

Ich hatte es bereits geahnt: Ich konnte nicht einschlafen. Egal, wie sehr ich mich hin und her wälzte – dabei natürlich darauf bedacht, mich nicht allzu stark zu bewegen, um Grey nicht aufzuwecken – ich konnte einfach kein Auge zumachen. Stumm starrte ich an die Zimmerdecke, dann wieder auf den Fußboden oder das Laken des Bettes. Oder auf ihn selbst.
 

Lautlos seufzte ich. Vielleicht wäre auf dem Boden schlafen doch keine so schlechte Alternative gewesen, doch jetzt war es zu spät, noch etwas an der Situation zu ändern – was würde Grey wohl denken, wenn er mich am nächsten Morgen woanders auffinden würde? Ich wollte nicht, dass er wusste, dass es mir unangenehm war, ihm so nahe zu sein.
 

Unangenehm war zudem das falsche Wort. Das wirklich unangenehme an der ganzen Angelegenheit war, dass es mir ganz und gar nicht unangenehm war, neben ihm zu liegen. Noch nicht einmal Malfoy ließ mich so nervös werden.
 

Meine Hand ballte sich unter der Bettdecke zu einer Faust; ich zitterte und wollte nichts mehr, als mich irgendwie zu bewegen. Ich traute mich jedoch nicht.
 

Grey schnaubte leise im Schlaf und ich zuckte zusammen. Vorsichtig lugte ich zu ihm hinüber und lauschte. War er wach? Sein Atem ging immer noch genauso langsam und gleichmäßig wie vorher. Also nicht.
 

Genervt starrte ich seinen Rücken an. Er atmete ein, er atmete aus, er atmete ein. Und so weiter. Ich wusste nicht, wie viel Zeit verstrich, bis ich bemerkte, dass meine Augen von zu wenigem Blinzeln zu tränen begonnen hatten. Nachdrücklich kniff ich sie zusammen. Die plötzliche Dunkelheit half mir auch nicht weiter. Es fühlte sich seltsam an, mit geschlossenen Augen neben meinem Lehrer – besser gesagt, meinem ehemaligen Lehrer – zu liegen, also öffnete ich sie wieder.
 

Und starrte immer noch an die Decke.
 

Es half nichts. Ich musste aufstehen und mir zumindest etwas zu Trinken holen.
 

Vorsichtig schob ich die Bettdecke zurück und stand auf, tapste auf leisen Sohlen zur Tür, öffnete sie und schlüpfte hindurch. Mein Blick fiel auf Malfoy, der erschöpft auf dem Sofa eingeschlafen war. Einige blonde Haarsträhnen waren ihm markant über sein Gesicht gefallen und für einen Moment war ich versucht, sie ihm zurückzustreichen. Bis mir auffiel, was ich im Begriff war zu tun. Ich stockte mitten in der Bewegung; so schnell wie möglich schlich ich an ihm vorbei in die Küche und suchte nach etwas Trinkbarem.
 

Die Kühle des Wassers sorgte augenblicklich für Erleichterung und Klarheit in meinem Kopf. Es ist nur Grey, dachte ich mir, als ich das Glas auf der Spüle abstellte, es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen.
 

Den hatte ich erst, als ich die Schlafzimmertüre wieder hinter mir geschlossen hatte und mich neben ihn legen wollte.
 

„Alles okay bei dir?“
 

Ich zuckte heftig zusammen und sah zu Grey: Scheinbar hellwach sah er mich aus dem Halbdunkel heraus an, den Kopf auf eine Hand gestützt. Ich starrte ihn nur an.
 

Grey seufzte, rutschte wieder zurück an die Wand und machte mir somit Platz.
 

„Komm mal her, Harry. Wir müssen reden.“
 

Ich wollte erwidern, dass es mitten in der Nacht war. Oder vielleicht auch, dass mir nicht nach Reden zumute war und ich lieber andere Dinge tun wollte. Stattdessen schwieg ich und kroch langsam wieder zu ihm. Er hielt mir die Decke hoch und ließ sie wieder über mich fallen, als ich mich zurecht gerückt hatte. Ich mied seinen Blick.
 

„Harry.“ Jeder hätte die absichtlich gewählte Sanftheit in Greys Stimme erkannt, doch obwohl ich mir dessen bewusst war, errötete ich, als er diesen Ton anschlug. „Ich habe da einen Verdacht.“ Grey ließ eine kurze Pause folgen. Mein Herz schlug wie wild. „Du weißt sicher, was ich meine.“ fügte er nach einer Weile hinzu. Anscheinend wusste er ebenso wenig wie ich so recht, wie er dieses Gespräch führen sollte.
 

Ich lag inzwischen reichlich verkrampft unter der Bettdecke und starrte Löcher in die Luft.
 

„Du denkst, du seist in mich verliebt, nicht wahr?“
 

Der Satz schlug wie eine Bombe in mich ein. Ich blieb regungslos lieg, rührte mich kein Stück, ich blinzelte noch nicht einmal. Doch mir war, als hätte sich soeben eine Eisscholle in meine Brust gebohrt.
 

„I-Ich …“ Er hatte Recht, natürlich, und mir war auch bewusst gewesen, dass er es schon längst wusste. Doch ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.
 

„Du brauchst dich nicht zu verteidigen.“ räumte Grey einen Teil meiner Sorgen aus dem Weg. „Es ist nichts falsch daran … doch dir ist sicher klar, dass ich nicht dasselbe für dich empfinde.“
 

Die scharfe Spitze des Eises schien ein zweites Mal in mir zu stechen; mein Gesicht fühlte sich auf einmal heiß und geschwollen an, so, als hätte ich stundenlang geweint. Doch ich lag nur da, starrte an die Decke und versuchte zwanghaft, an nichts zu denken. Ein Ding der Unmöglichkeit, das ich aufgab, als Grey näher rutschte und ich die Wärme ausmachen konnte, die von seinem Körper ausging.
 

„Ich …“ Ich stockte. „Ja, das ist mir klar.“ Ich versuchte mutig zu klingen, doch nichts an meiner Stimme besaß auch nur den Hauch von Stärke. Ich war zittrig; Grey war mir viel zu nahe, auch bei dem, was er mir gerade gesagt hatte – meine Gefühle, wie tiefgehend sie auch sein mochten, schwächte das nicht ab.
 

Grey sah mich aufmerksam an.
 

„Professor?“ Mir lag eine Frage auf der Zunge, dessen Ursprung ich bis gerade eben völlig verdrängt hatte.
 

„Hm?“ Er ließ mich nicht aus den Augen, wie ich spürte, denn ich hatte mal wieder das kleine Fleckchen Laken zwischen uns fixiert.
 

„Also … damals, wo, nun ja, wo das passiert ist … sie wissen schon …“ stotterte ich und meinte damit diesen verfluchten Abend, an dem ich Malfoy und Grey in für mich eindeutiger Position gesehen hatte. Der Abend, an dem ich meinen Lehrer geküsst hatte. Der, an dem er mich voller Wut geohrfeigt hatte. Mit blankem Entsetzen.
 

Dieser Tag hatte in mir eine große Lücke gerissen; ich war damals völlig durcheinander gewesen, jede noch so unsinnige Hoffnung – von der ich auch wusste, dass sie es war – war zerstört worden. Seit ich meine Gefühle für ihn kannte, hatte ich mich in zunehmender Verzweiflung verloren, auch wenn ich irgendwie noch versucht hatte, diese in den Hintergrund zu stellen und optimistisch zu sein. Ich hatte ihn beobachtet, ich hatte jedes Mal ein leichtes Kribbeln in meinem Bauch gespürt, wenn ich ihm nahe war. Die gemeinsamen Nachmittage mit ihm und manchmal auch mit Remus – ich hatte mich noch mehr auf diese gefreut; ich war wie ein verliebtes Schulmädchen gewesen.
 

Doch ich hatte es gewusst: Es war nur Tagträumerei. Ein Hirngespinst, nichts weiter.
 

„Ich weiß, was du meinst.“ Hatte er etwa auch immer dieses Ereignis in seinen Gedanken gehabt, hatte es ihn auch so beschäftigt wie mich? Grey seufzte. „Ich weiß, wie das ausgesehen haben muss – aber … ich bitte dich, ich würde nie etwas mit einem Schüler anfangen. Schon gar nicht mit einem Jungen.“
 

Überrascht sah ich auf; sein Ton hatte sich bei seinen letzten Worten in etwas verwandelt, was man vielleicht angewidert hätte nennen können. Ich biss mir auf die Lippe und sah zu ihm auf. Er musste meinen enttäuschten Blick bemerkt haben.
 

„Keine Angst“, beschwichtigte er mich dann nämlich, „es ist nicht so, dass ich was gegen solche Beziehungen hätte; aber für mich ist das einfach nichts.“ Er lächelte entschuldigend und errötete leicht.
 

„Wieso?“ fragte ich und wollte schon im nächsten Moment die Frage zurücknehmen.
 

Grey sah mich kurz verblüfft an.
 

„Nun … das gleiche könnte ich dich fragen.“ sagte er und klang dabei viel zu vernünftig. „Wieso“, meinte er mit besonderer Betonung, „glaubst du, in mich verliebt zu sein? Wieso nicht irgendein anderer Junge oder wieso nicht gleich ein Mädchen?“ Er hob eine Augenbraue und sah mich mit versteckter Überlegenheit an.
 

„Sehr philosophisch …“ grummelte ich und gab mich in dieser Hinsicht geschlagen.
 

„Also?“ hakte Grey nach. „Es ist besser, wenn du mir einfach alles sagst. Ich werde auch nicht weiter darüber diskutieren. Glaub mir, du bist sicher nicht der einzige Schüler, der für einen Lehrer schwärmt.“
 

Ich schluckte. Meine Kehle fühlte sich ganz trocken an.
 

Schweigen entstand.
 

Nach einer Weile, es mochten vielleicht zwei Minuten vergangen sein, raschelte es neben mir, das Bett knirschte – Grey hatte sich aufgesetzt und sah mich intensiv an, die Hände im Schoß gefaltet. „Gut, wenn du nicht möchtest“, sagte er, „ich habe dir meinen Standpunkt klargemacht.“ Er klang viel zu distanziert. „Ich muss dir jedoch auch noch etwas sagen.“
 

Verwirrt sah ich zu ihm auf; eigentlich hatte ich erwartet, dass er noch länger auf seiner Frage beharren würde.
 

Grey schien um Worte verlegen zu sein, und abermals blitzte in mir diese dumme Hoffnung auf. Energisch schob ich sie beiseite. Ich wollte mich nicht von so etwas verleiten lassen.
 

Dann sprach Grey die Worte, die mich wirklich aus der Bahn warfen:
 

„Du bist für mich auch mehr als ein Schüler.“

Ungewollte Wahrheit

Kapitel LIV : Ungewollte Wahrheit
 

Ich starrte Grey verwirrt an; was er sagte, widersprach sich soweit, wie es nur möglich sein konnte: Erst hatte er in mir alle Hoffnungen zerstört, hatte mir so deutlich gezeigt, dass ich eben nur ein Schüler war – und auf einmal doch mehr. Fassungslos blickte ich ihm in die dunklen, beinahe emotionslosen Augen. Ein Hauch von Wärme und Kälte, miteinander vermischt, war darin zu sehen.
 

Meine Lippen bebten verräterisch.
 

„Bitte versteh das jetzt nicht falsch, Harry …“ Grey senkte den Kopf und strich sich verlegen eine schwarze Haarsträhne hinters Ohr. Mit einem Mal erkannte ich sein wirkliches Alter – verbunden mit so vielen Erinnerungen, die in ihm diese Müdigkeit und Erschöpfung hervorriefen, wie ich annahm.
 

Schwach umklammerte ich meine Bettdecke. Grey sprach weiter; ich wollte ihm nicht mehr zuhören, doch seine Stimme klang in meinen Ohren nach, als spräche er direkt hinein.
 

„In … einer bestimmten Art und Weise … liebe ich dich schon.“ Er stockte. „Aber nicht so wie du.“ Ich sah auf.
 

„Wie meinen Sie das?“ fragte ich. Grey schwieg. Auf einmal schien ihn der Mut verlassen zu haben. „Jetzt sagen Sie schon!“ fuhr ich ihn an und zu meiner Verärgerung brach meine Stimme viel zu hell aus mir heraus. Ich war heiser vor unterdrückten Tränen.
 

„Ich … du erinnerst mich an jemanden.“ fuhr Grey fort, krampfhaft nach Worten suchend. „An jemanden, der mir sehr nahe stand. Immer noch.“
 

„Ich verstehe nicht.“ Mich nur mühsam unter Kontrolle halten könnend, betrachtete ich die Bettdecke. Ich konnte sein Gesicht in diesem Moment einfach nicht ertragen.
 

Vielleicht fühlte er dasselbe, konnte es ebenfalls nicht ertragen, mir zu erzählen, was er mit seinen wirren Sätzen meinte. Vielleicht war ich schon viel zu weit in sein privates Leben vorgedrungen, vielleicht wollte er einfach nicht mehr von sich preisgeben. Er war Lehrer und ich war sein Schüler. Gewesen.
 

„Bitte. Professor Grey.“ Ich war bereit, ihn sogar anzuflehen. Ich wollte die Karten auf dem Tisch haben, alles wissen, auch wenn es mich noch mehr verstören sollte als zuvor. Auch, wenn ich damit unsere Beziehung, auf welcher Basis sie auch immer existieren mochte, unmöglich machen sollte.
 

Rascheln. Als ich aufsah, bemerkte ich, dass Grey sich wieder hingelegt und mir den Rücken zugedreht hatte.
 

„Können wir das Gespräch nicht auf wann anders verlegen?“ sagte er leise.
 

„Sie haben es doch vorgeschlagen! Jetzt beenden Sie es auch richtig!“
 

Allmählich wurde ich wütend. Ich hatte mich zugegebenermaßen ziemlich erschrocken, als er endlich reden wollte; doch jetzt, wo ich mich endlich auch dazu überwunden hatte, zog er den Schwanz ein. Im übertragenen Sinne natürlich. Ich errötete heftig bei dem Gedanken – nur gut, dass Grey mich zu diesem Zeitpunkt nicht sehen konnte.
 

Grey lag immer noch unbeweglich da; die Decke über die Schulter geschlungen. Sein Atem ging langsam und gleichmäßig. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich ihn für schlafend gehalten.
 

Unbeweglich starrte ich auf seinen Rücken und ein Schauer durchlief mich von Kopf bis Fuß. Zitternd hob ich einen Finger, dann den zweiten und legte sie ihm auf den Rücken, die Fingerkuppen voran, meine Handfläche folgte.
 

Grey zuckte augenblicklich zusammen, als hätte er sich an meiner Hand verbrannt, und rutschte in einem Zug von mir weg und wirbelte gleichzeitig herum, sodass er sich in der Decke verwickelte.
 

„Wag es ja nicht!“ Er hörte sich keine Spur aggressiv an, eher entsetzt. Genauso wie damals, als ich die unsichtbare Grenze zwischen uns überschritten und ihn geküsst hatte.
 

Eine steile Falte hatte sich zwischen meinen Augenbrauen gebildet, vor Wut, vor Schmerz, Enttäuschung war auch nicht fern: Ich hatte seine Sturheit nur zu einem gewissen Grad verstanden; damals, als er noch ein Lehrer für mich war. Jetzt hatte sich dieses Verhältnis aufgelöst.
 

„Wieso?“ Ich schluckte, obwohl meine Kehle trockener als zuvor war. „Wieso müssen Sie die ganze Zeit auf ihren verdammten Prinzipien hocken, wieso können Sie es nicht einfach akzeptieren – so … so wie ich …“ Die letzten Worte flüsterte ich nur noch. Als Grey nicht antwortete, meinte ich, dass er mich nicht verstanden hatte. „Was ich damit sagen will“, fuhr ich also fort, „ich war natürlich auch … ziemlich … na ja, ich war ziemlich geschockt und wusste gar nicht, was ich tun sollte; aber ich hab versucht, optimistisch zu sein und-“
 

„Könntest du mal aufhören zu reden?“ unterbrach mich Grey. „Ich möchte nicht unhöflich sein, aber was hast du dir denn dabei gedacht, als du mit Mr Malfoy zusammengekommen bist?“
 

Meine Augen weiteten sich auf die Größe von chinesischen Untertassen.
 

„W-Was?“ keuchte ich. „Woher-“ Ich stoppte mich selbst, indem ich mir mit der Hand den Mund zuhielt, doch zu spät: Auf Greys Gesicht hatte sich ein kleines, wenn auch trauriges Lächeln eingeschlichen.
 

„Du glaubst wohl, ich merke gar nichts, wie?“ fragte er skeptisch. „Jeder Blinde – gut, jeder, der Augen im Kopf hat, würde das merken. Besonders an Mr Malfoy, er schaut dich die ganze Zeit mit Blicken an, die …“ Er sprach nicht weiter, doch sein Ton sprach Bände. Die Beobachtung, die er gemacht hatte, war mir nicht aufgefallen.
 

„Lenken Sie nicht vom Thema ab.“
 

Grey seufzte.
 

„Versuch ich doch gar nicht.“ verteidigte er sich. „Es ist nur …“ Er brach ab.
 

„Sagen Sie’s endlich! An wen erinnere ich Sie?“
 

Er biss sich auf die Lippe.
 

„Es … ist mir ziemlich peinlich“, fing er langsam an. „aber als ich dich das erste Mal sah, musste ich sofort an meinen Sohn denken.“
 

Verblüfft sah ich Grey an. Sohn? Grey hat einen Sohn?
 

Eine seltsame Traurigkeit ergriff mich. Also war es ihm nie um mich gegangen, sondern um seinen Sohn. Nur um seinen Sohn. Ich blickte auf.
 

„Wo ist er jetzt? Ihr Sohn?“ fragte ich vorsichtig. Die Wohnung war leer gewesen, ohne ein Anzeichen eines weiteren Bewohners.
 

„Er ist tot.“
 

Grey sagte es beinahe gleichgültig, seine Augen waren leer wie immer, als spräche er nicht von seinem eigenen Sohn. Aus der Fassung gebracht starrte ich ihn an.
 

„T-Tot? Aber -“
 

„Es ist schon eine Weile her; ich bin drüber weg.“ unterbrach er mich. „Mach dir keine Gedanken drum.“ Zwei Sekunden verstrichen, ich unbeweglich, dann packte ich das Kissen und schlug es ihm ins Gesicht.
 

„Wie können Sie so etwas sagen? Er ist Ihr Sohn!“
 

Grey zuckte leicht zusammen, kaum merkbar rann ihm ein Bluttropfen von der zerbissenen Lippe.
 

„Es war ihm wohl zu viel.“ murmelte er.
 

„Wie? Was wollen Sie jetzt schon wieder damit sagen?“ fuhr ich gereizt auf. Grey seufzte ein weiteres Mal.
 

„Ich … nun ja, wenn ich heute darüber nachdenke – und das tue ich oft – glaube ich, dass ich einfach zu … fürsorglich war.“ Er sprach das Wort mit einer ordentlichen Portion Abscheu aus.
 

Zitternd biss ich die Zähne zusammen. Grey war mir nie sonderlich emotional vorgekommen, doch dass er so gefühllos über seinen Sohn sprach, verletzte mich über alle Maßen.
 

„Wir haben uns mal wieder gestritten.“ Überrascht hob ich den Kopf ein kleines Stück an, als er so unerwartet zu sprechen begann. „Ich … es war nur eine Kleinigkeit. Er wollte noch ein wenig aufbleiben, doch ich verbot es ihm.“ Grey schluckte und starrte an mir vorbei. „Er hat … er hat mich angeschrien – ‚ich brauche deine Fürsorge nicht‘, hat er gesagt … und dann ist er aus unserer Wohnung gerannt.“
 

Gebannt sah ich ihn an, als ob ich ihn damit davon abhalten wollte, nicht weiterzuerzählen. Doch in irgendeiner Ecke meines Verstandes klang der Wunsch, dass er aufhören möge. Ich wollte es nicht hören. Ein schlechtes Gefühl sagte mir, dass ich mit der Wahrheit nicht umgehen können würde.
 

Grey sprach weiter, äußerlich ungerührt.
 

„Wir lebten in … nun ja, nicht gerade einem Dorf; es war schon etwas größer, aber … da war ein Wald – er war so ähnlich wie der Wald um Hogwarts, voller Magie. Die Kinder durften dort nicht spielen. Und wenn es doch mal eines tat, kam es manchmal nicht mehr zurück.“ Er machte eine Pause. Sammelte Mut für seine Erzählung. „Und mein Sohn lief direkt dort hinein.“
 

„Und er … kam nicht mehr zurück?“ fragte ich vorsichtig.
 

„Doch!“ Grey war laut geworden, seine Augen huschten kurz und unsicher zu mir. „Doch er war nicht mehr derselbe.“ Seine Finger krallten sich in die Bettdecke, bis die Knochen weiß unter seiner Haut hindurch schimmerten. „Er … hatte eine riesige Wunde in der Schulter. Es war ein Wunder, dass er überhaupt überlebt hat, bis ich ihn gefunden hatte.“
 

„Sie sind ihm hinterher-“
 

„Natürlich! Er war mein Sohn!“
 

„Aber dann …“ Ich verstand nicht. War er vielleicht noch später an seinen Verletzungen gestorben?
 

Das erste Mal konnte ich eine Regung in Greys Augen erkennen. Ich blickte schnell weg, als ich den Ausdruck in ihnen erkannte. So hatte Remus mich angesehen, als er damals in den letzten Sommerferien an meinem Bett gestanden hatte. Schuld. Er fühlte sich schuldig.
 

„Er – er hat das gleiche Schicksal wie du erlitten.“ Grey hatte es aufgegeben, nach den richtigen Worten zu suchen. „Es war ein Werwolf, der ihn so zugerichtet hatte. Verdammt, er war noch so klein!“
 

Ich schluckte. Er brauchte es nicht auszusprechen; nun verstand ich auch so, was mit seinem Sohn kurz darauf geschehen sein musste. Doch Grey sprach die grausamen Worte trotzdem aus.
 

„Er überlebte die erste Verwandlung nicht.“

Versprechen

Kapitel LV : Versprechen
 

Ich wachte früh auf. Etwas kitzelte mich an der Nasenspitze; müde öffnete ich meine Augen und schreckte augenblicklich hoch und errötete, als ich erkannte, dass es eine Haarsträhne von Grey war, die mich gestört hatte. Er schlief immer noch, anscheinend tief und fest.
 

So leise ich konnte schlug ich die Bettdecke zurück und stand auf. Als ich vorsichtig durch die Tür lugte, um zu sehen, ob Malfoy noch schlief, war das Sofa bereits verlassen. Im Zimmer war es beinahe vollkommen dunkel. Geklapper war aus der Küche zu hören.
 

Langsam ging ich zu der Küchentür, die einen Spalt breit offen stand und sah hinein. Es war tatsächlich Malfoy, dessen Kopf von der offenen Kühlschranktüre verdeckt wurde, und der wohl nach etwas Essbarem suchte.
 

„Morgen, Malfoy.“ sagte ich zaghaft, um ihn nicht zu erschrecken.
 

Nur langsam hob er den Kopf und sah mich mit einem undefinierbaren Ausdruck an. Vielleicht, als hätte er mich noch nie gesehen. Vielleicht, als wäre er wegen irgendetwas wütend auf mich. Vielleicht auch keines von beidem.
 

„Soll ich dir helfen?“ fragte ich ihn, mehr aus dem Eigennutz heraus, dass er mich nicht mehr so anstarrte, als aus echter Hilfsbereitschaft. Er nickte wie hypnotisiert.
 

Routiniert begann ich, einige Scheiben Brot abzuschneiden und dann Butter und sonstige Frühstücksutensilien auf den Tisch zu stellen. Statt mir zu helfen, stand Malfoy nur neben mir und beobachtete mich. Er sagte kein Wort.
 

„Weißt du, wo Grey Tee oder Kaffee aufbewahrt?“ fragte ich ihn beiläufig.
 

„Woher soll ich das wissen? Ich wohne ja nicht hier!“ antwortete er gereizt. Ich sah auf. Malfoy musterte mich nun unverhohlen voller Wut.
 

„Was hast du?“ Ich wusste es, doch ich wollte diesen Streit noch so lange wir möglich vermeiden.
 

„Das weißt du ganz genau – seit wir hier sind, hast du dich gar nicht mehr um mich gekümmert!“ Er verschränkte die Arme; ich ahnte, dass es nicht leicht werden würde, ihn in nächster Zeit beruhigen zu können. „Anscheinend fühlst du dich ja bereits richtig wohl hier! Grey hier, Grey dort; das reicht langsam ... und außerdem ...“ Unheilvoll hielt er inne und bedachte mich mit einem dunklen Blick. „Wo in Salazars Namen hast du diese Nacht geschlafen?“
 

Ich schluckte. Zu lügen würde nichts bringen; abgesehen davon, dass er es eh bereits wissen musste. Die Wohnung war klein und ich hatte offensichtlich in einem anderen Raum als er geschlafen. Küche und Bad waren ein wenig schlecht für eine Übernachtung geeignet.
 

„Ich ... äh – also ...“ stotterte ich und hielt dann inne. Ich wollte mich nicht wieder unterkriegen lassen. Außerdem hatten wir, Malfoy und ich, uns etwas versprochen. Wir waren ein Paar und damit waren wir gleichberechtigt. „Ich hab bei Grey geschlafen.“
 

Sofort bereute ich es, das Wort 'geschlafen' benutzt zu haben; Malfoys Gesicht verdüsterte sich merklich dabei.
 

„Wieso?“ fragte er kalt. Ich versuchte seinem Blick stand zu halten, konnte es aber nicht.
 

„Darum.“ meine Stimme zitterte ein wenig. „Du ... hast dich auf dem Sofa breit gemacht.“
 

Er zog eine Augenbraue hoch. Darüber pochte verräterisch eine Ader.
 

„Ahja? Und ... wer hat den Vorschlag dazu gemacht?“ hakte er misstrauisch nach.
 

„Ich!“ antwortete ich mit fester Stimme. „Er ... er wollte erst, dass ich in seinem Bett schlafe“, Malfoy zuckte kurz, „und er auf dem Boden neben dir.“ beendete ich den Satz. Seine Schultern sanken nach unten, als die Spannung von ihm abfiel.
 

„Und ... wie ist es so, neben ihm zu schlafen?“ Er konnte die Gehässigkeit nicht aus seiner Stimme verbergen.
 

„Malfoy!“ brauste ich auf. „Du tust ja gerade so, als ob-“
 

„Es ist doch wahr!“ unterbrach er mich. „Glaubst du etwa, ich wüsste nicht, dass du immer noch ... so etwas für ihn empfindest?“ Er ballte die Fäuste. „Verdammt, Harry, er ist über dreißig und dein Lehrer! Vergiss es doch endlich!“
 

Ich starrte ihn an, mittlerweile genauso wütend wie er. Einerseits konnte ich mir gut vorstellen, dass er mich für sich haben wollte, andererseits musste ihm doch auch klar sein, dass zwischen mir und Grey eh nichts geschehen würde. Das hatte selbst ich mittlerweile begriffen.
 

Außerdem erinnerte ich mich in diesem Moment an ein Ereignis, das mir geradezu wie eine Triumphkarte vorkam.
 

„Malfoy ...“ säuselte ich zuckersüß und so ganz und gar nicht meiner Art gemäß, dass auch noch der letzte Holzkopf begreifen musste, dass gleich ein Donnerwetter herab regnen würde. Malfoy sah mich nur an, immer noch mit hochgezogener Augenbraue; er schien sich in Sicherheit zu wiegen. „Weißt du noch ... damals, diese Nacht in Greys Turm?“
 

„Ich weiß nicht wovon du sprichst.“ entgegnete Malfoy mir kaltblütig.
 

„Das weißt du genau.“ Ich holte tief Luft. Ich hatte Angst davor, was er mir sagen könnte. „Aber um dein Gedächtnis noch einmal aufzufrischen: Ich spreche von der Nacht, wo ich dich netterweise in Greys Büro entdeckt habe – an einen Schreibtisch gelehnt und er über dir!“ Ich war gegen Ende immer lauter geworden, bis ich beinahe schrie – was ich auf Rücksicht auf Grey nicht ganz tat – und merkte dabei zuerst nicht, dass sich auf Malfoys Gesicht ein breites Grinsen eingeschlichen hatte.
 

„Ach ... ist da etwa jemand eifersüchtig?“
 

Ich errötete schlagartig.
 

„Nein, verdammt! Was bildest du dir ein!“ Sein Grinsen verschwand nicht, im Gegenteil. „An deiner Stelle würde ich mir ganz schnell was einfallen lassen, Malfoy ...“ zischte ich.
 

Doch er lächelte nur und hob die Hände, um sie lässig hinter dem Kopf zu verschränken.
 

„Aber wozu denn?“ fragte er die Situation genießend. Dass ich bei Grey geschlafen hatte, schien er völlig verdrängt zu haben. „Ich“, er grinste mich an, „habe nichts zu verbergen.“
 

Ich versuchte ihn noch einige Sekunden mit meinen Blicken zu töten, gab jedoch bald auf, da er noch nicht einmal mehr mit der Wimper zuckte.
 

„Ach, was soll's?“ Ich seufzte und wandte mich von ihm ab, um die Messer aus der Schublade zu holen.
 

„Harry.“ Malfoys Stimme hatte sich urplötzlich geändert. „Ich habe nichts mit Grey, falls du das gedacht haben solltest.“ Ich konnte ihn hinter mir tief Luft holen hören. „Und du weißt auch warum, Harry. Ich habe es dir gesagt.“
 

Ich hielt inne. Meint er etwa ...?
 

„Meinst du etwa dieses ... Liebesgeständnis?“ fragte ich langsam. Ich drehte mich immer noch nicht zu ihm herum und hantierte länger an der Schublade, als es nötig gewesen wäre. Die Schmiermesser hatte ich schon längst entdeckt.
 

Ich konnte Malfoy förmlich die Augen verdrehen spüren.
 

„Ja, genau das meine ich.“
 

Eine Weile lang stand ich einfach nur da. Mein Herzschlag beruhigte sich allmählich.
 

„Tut mir Leid.“ sagte ich dann leise. „Es ist Unsinn, was ich gesagt habe.“ Ich stockte.. „Aber du musst zugeben, dass das in jenem Moment ziemlich schockierend für mich gewesen ist.“
 

Auf einmal legten sich von hinten zwei kräftige Arme um mich, ein warmer Körper schmiegte sich an meinen Rücken.
 

„Ich bin zwar sicher kein Unschuldsengel“, flüsterte er mir ins Ohr, „aber wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch. Und wenn ich sage, dass ich dich liebe, treibe ich es sicherlich nicht hinter deinem Rücken mit einem Anderen.“
 

Ich errötete zwar bei seinen Worten, doch innerlich war ich mehr als froh darüber.
 

„Malfoy?“ sagte ich schließlich.
 

„Du sollst mich doch Draco nennen.“ brummte er in mein Haar.
 

„Jaja, sorry. - Ich ... ich wollte dir nur sagen ... ich werde ab jetzt versuchen, Grey zu vergessen. Du hast Recht, und das wusste ich selber, es hat keinen Sinn.“
 

„Nur versuchen?“ hakte Malfoy nach. Ich lächelte.
 

„Nein. Ich werde es definitiv schaffen.“
 

„Das ist gut.“ Malfoy vergrub seine Nase in meinem Nacken. „Und jetzt ... du hast doch 'jaja' gesagt ... weißt du, was das bedeutet?“
 

„Ähm ... 'du kannst mich mal'? Aber – hey, willst du das jetzt wörtlich nehmen oder was?“
 

Anscheinend wollte er das wirklich; seine Hände, die eben noch locker um meinen Körper geschlungen gewesen waren, setzten sich auf einmal in Bewegung und strichen weiter nach unten.
 

„Hey, Grey ist sicher schon wach und-“
 

„Ist doch egal!“ unterbrach Malfoy mich. „Er weiß doch sowieso, was wir miteinander tun.“
 

Ich errötete abermals; Grey hatte mich zwar davon in Kenntnis gesetzt, dass er von der Beziehung zwischen mir und Malfoy wusste, mir war jedoch nicht wirklich bewusst gewesen, dass er wohl auch über alles andere Bescheid wusste.
 

„Mach dir keine Gedanken darum. Der hat sicher nichts dagegen.“ meinte Malfoy und strich mir über die Haut unter Greys T-Shirt, das ich trug. „Wow, hätte nicht gedacht, dass dir solche Sachen so gut stehen ...“ wisperte er gegen meinen Hals und hauchte mir einige Küsse darauf. „Solltest du öfter tragen, wenn wir alleine sind.“
 

Ich antwortete nicht; ich war viel zu sehr damit beschäftigt, auf die Geräusche zu hören, die aus dem Nachbarzimmer drangen.
 

„Hör auf ... Grey ist wach, er kommt gleich!“ murmelte ich und kniff im selben Moment die Augen zu, als er über meinen Hals leckte.
 

„Na dann, hoffentlich tut er das auch in seinem Zimmer.“ entgegnete Malfoy zweideutig.
 

„Malfoy!“
 

„Ist ja schon gut ...“ Malfoy ließ von mir ab; ich stand etwas verwundert da und rieb mir die Stelle am Hals, die sich ganz heiß anfühlte. „Was ist?“ Malfoy grinste. „Ich hab's dir doch versprochen.“
 

Ich wollte gerade etwas wie ein Danke erwidern, als Grey in die Küche spaziert kam. Im Gegensatz zu mir hatte er sich bereits angezogen.
 

„Guten Morgen!“ grüßte er uns gut gelaunt.
 

Obwohl Malfoy mir noch einige Blicke zuwarf, die ich möglichst zu ignorieren versuchte, frühstückten wir in aller Ruhe.

Schlaflosigkeit

Kapitel LVI : Schlaflosigkeit
 

Im Grunde genommen gab es nicht viel zu erzählen, was in den nächsten Tagen geschah: Wir lebten so dahin, mehr nebeneinander her als miteinander; Grey arbeitete an irgendwelchen Unterlagen für Hogwarts, Malfoy hatte ein Regal mit Büchern über Zaubertränke gefunden – bei denen er sich wohl vorgenommen hatte, alle durchzulesen – und ich, ich langweilte mich. Meistens sah ich einem von beiden bei ihrer Beschäftigung zu, versuchte mich sogar selbst einmal an den hoch komplizierten Sachbüchern, gab dies jedoch schon bald auf und beschloss recht schnell, mich wenigstens im Haushalt nützlich zu machen. Ich suchte beinahe zwanghaft nach einer Beschäftigung, bei der ich nicht meinen Gedanken nachhängen musste. Doch weder Kochen noch Putzen war anspruchsvoll genug, um mich von ihnen abzuhalten.
 

Es war einer dieser Tage kurz vor Weihnachten, als Grey mich zu sich rief. Etwa gehetzt kam ich zu ihm.
 

„Harry, ich muss dir was sagen.“ meinte er, ohne auch nur von dem bekritzelten Papierhaufen, an dem er arbeitete, aufzusehen. „Ihnen auch, Mr Malfoy.“
 

Es war einer der wenigen Male, wo Malfoy Notiz von uns nahm.
 

Man hätte meinen können, dass 'alles gut war', doch das war es mitnichten. Zwischen ihm und mir hatte sich eine unsichtbare Mauer gebildet, von der ich nicht genau wusste, woraus sie bestand. Ich hegte die Vermutung, dass ihm bloß Greys Gegenwart und noch weniger meine Vertrautheit, so sehr ich sie auch nicht als diese empfand, nicht passte.
 

Wir hatten so gut wie gar nicht miteinander gesprochen. Vor allem nicht nach dem, was vor zwei Tagen passiert war.
 

Ich hatte ein Problem. Natürlich hatte ich Malfoy nach unserer ersten Übernachtung in Greys Haus versprochen, dass ich von nun an bei ihm schlafen würde. Das tat sich auch. Wir wechselten uns darin ab, auf dem Sofa oder auf daneben auf dem Boden zu schlafen. Doch ich spürte schon bald, dass ich dies nicht ohne Weiteres beibehalten konnte; Malfoy startete mehr als nur einen Versuch, mir näher zu kommen. Doch irgendetwas hielt mich davon ab, ihn auch nur ein wenig mehr zu berühren, als es bloße Freunde taten.
 

Malfoy akzeptierte es, wie er es versprochen hatte; wenn auch eher widerwillig. Es war kein Wunder, dass er mehr und mehr schlechte Laune hatte.
 

„Was gibt es denn?“ Verwundert sah ich Grey an; Malfoys Blick dagegen war unlesbar.
 

„Nichts Schlimmes.“ Grey lächelte, als er einen Hauch von Angst in meinen Gesicht entdeckte. „Wir werden morgen Besuch bekommen; ich habe ganz vergessen, es euch zu sagen. Und dann wusste ich nicht wie. Ich werdet sicher überrascht sein.“
 

Es war ganz klar, Grey redete mal wieder in Rätseln.
 

„Besuch?“ fragte Malfoy misstrauisch und sah wieder auf sein Buch. „Wer?“
 

Auch ich sah ihn nunmehr neugierig an. Wer konnte es schon sein? Jemand, dem meine Existenz in diesem Haus nichts ausmachen würde, das war klar. Doch wer war das schon? Jeder Zauberer und jede Hexe in diesem Land musste mich doch suchen.
 

„Ist es denn ein Zauberer?“ hakte ich nach. Grey und Malfoy hoben synchron eine Augenbraue.
 

„Ja, natürlich. Ich habe, ehrlich gesagt, kaum Kontakte zu Muggeln.“ sagte Grey. „Es ist Blaise. Blaise Zabini.“
 

Ruckartig hob Malfoy den Kopf und starrte Grey an.
 

„W-was?“
 

Grey lachte etwas unbeholfen.
 

„Ja, ich weiß, das ist etwas ungewöhnlich – erst Recht, weil er mein Schüler und ich sein Lehrer bin ... aber ...“ Grey biss sich auf die Lippe, als schiene er nicht zu wissen, wie er seine Gedanken in Worte fassen sollte. „Nun, wie er euch bereits erzählt hat, ist er sowas wie mein Lehrling. Das ist eigentlich alles, was ihr wissen müsst.“
 

Ich hätte gerne noch viel mehr erfahren, doch aus Grey war einfach nicht mehr herauszubekommen. Ich würde es schon erfahren, sagte er.
 

~~~~~*~~~~~
 

Wir waren schon vor einer ganzen Weile ins Bett gegangen, doch ich lag noch immer wach und starrte an die Decke. Der Gedanke an Blaise verwirrte mich. Ich kannte ihn kaum, dennoch war er einer der wenigen, die über mein Geheimnis Bescheid wussten. Dank Malfoy, fiel mir ein. Malfoy hatte ihm so Einiges über mich erzählt.
 

Ich wusste nicht, wie ich mit ihm umgehen sollte, wenn er erst einmal hier war. Wieso eigentlich? Ich nahm an, dass er mit Grey wieder an diversen Tränken rumbasteln werden würde.
 

'Mein Traum ist es, einen Impfstoff gegen Werwolfsbisse zu erfinden.“, hatte er damals gesagt. Eine Art Anti-Werwolf-Trank.
 

Vielleicht gab es irgendetwas, das ihn an Werwölfen faszinierte. Vielleicht hatte er auch einfach nur Mitleid mit ihnen – mit mir. Ich wusste nicht, was ihn dazu bewegte, einen solchen Trank herstellen zu wollen. Vielleicht hasste er Werwölfe auch einfach nur und wollte verhindern, dass sie sich noch mehr ausbreiteten.
 

Nein, Quatsch!, fiel mir jedoch kurz darauf ein. Ich hatte in Blaise' Augen keine Spur von Hass bemerken können, als er mich an diesem Tag im Krankenflügel angesehen hatte. Jedoch auch kein Mitleid. Nur Wut darüber, dass Malfoy ihm nicht alles über ihn und mich erzählt hatte.
 

„Du bist noch wach?“
 

Ich erschrak, als ich Malfoys Stimme so plötzlich über mir hörte. Ich lag auf dem Boden, in Decken gehüllt, er war dieses Mal mit auf dem Sofa schlafen dran.
 

„Hm ...“ antwortete ich wortkarg. „Du auch.“
 

„Ja. Weil du dich die ganze Zeit umdrehst.“ sagte er leise.
 

„Sorry.“
 

Ich hörte, wie sich Malfoy raschelnd auf die Seite drehte.
 

„Eigentlich ... finde ich es gar nicht so schlecht, dass Blaise hierher kommt ...“ sagte er zögerlich. „Immerhin ... ist er mein Freund.“
 

„Hm.“
 

„Was denkst du darüber?“ fragte Malfoy mich sehr zu meiner Überraschung. Ich sah zu ihm auf, konnte sein Gesicht jedoch nicht erkennen. Von unten konnte ich nur ein wenig seines Körpers sehen.
 

„Keine Ahnung, ich kenne ihn ja nicht wirklich.“
 

Malfoy schwieg. Es gab Vieles zu besprechen, doch wie auch ich selbst wusste er nicht, wie er mit mir reden sollte. Wir hatten selten wirklich miteinander gesprochen; und da wir uns in den letzten Tagen eh gegenseitig gemieden hatten, schienen wir diese Fähigkeit völlig verlernt zu haben.
 

„Ich ...“ Ich stockte kurz, als ich ein neues Thema anschneiden wollte.
 

„Was?“ hakte Malfoy jedoch nach.
 

„Ich ... frage mich, ob Grey und Blaise es schaffen werden ... den Trank.“
 

„Wir werden's schon sehen.“
 

Abrupt richtete ich mich auf und sah ihn an. Sein Gesicht war blank von jeglicher Emotion, obwohl er sich doch zumindest erschrocken haben musste, als ich mich so plötzlich halb über ihn gebeugt hatte.
 

„Wie kannst du so etwas sagen?“ fuhr ich ihn wütend, wenn auch leise an. „Dieser Trank ist mir verdammt wichtig!“
 

Malfoy seufzte übertrieben laut.
 

„Du wirst nichts ändern können, wenn du dir Sorgen machst. Also schlaf.“ sagte er nur.
 

„Du machst dir doch auch Sorgen!“ widersprach ich jedoch und stützte mich mit den Ellbogen auf das Sofa, um ihn besser anschauen zu können.
 

„Tu ich nicht.“
 

„Tust du wohl.“
 

„Ach, wie du willst.“ meinte Malfoy nur und drehte sich auf die Seite, den Rücken zu mir.
 

„Hey! Sieh mich an!“
 

„Verdammt, Harry, schlaf einfach!“ Er hatte sich wieder ruckartig zu mir gedreht, sich halb aufgesetzt und sah nun auf mich herab. „Blaise kommt morgen, da kannst du noch genug mit ihm quatschen, wenn du das so sehr willst!“
 

Ich blinzelte ihn voller Verblüffung an.
 

„Ähm ... was? Was meinst du?“ Er starre mich aus zusammengekniffenen Augen an.
 

„Ach, nichts.“ Und wieder drehte er sich von mir weg.
 

„Bleib doch endlich mal liegen, verdammt noch mal! Ich rede mit dir und nicht mit deinem Rücken!“ Malfoy jedoch antwortete nicht, sondern hatte sich anscheinend dazu entschlossen, mich zu ignorieren. „Okay, wie du willst!“ Ich befreite mich von meiner Decke und stand auf. Malfoy sah mich aus dem Augenwinkel an. „Wenn du jetzt nicht sofort mit mir sprichst, schreie ich und wecke Grey.“
 

Er hob eine Augenbraue.
 

„Aha, und was soll das bringen? Du bringst dich damit nur selbst in Teufels Küche.“
 

„Ähm ... dann wirst du erst recht nicht schlafen können!“
 

„Toll. Kann ich eh nicht mehr wirklich.“ meinte er und grinste halb.
 

„Wie meinst du das denn schon wieder?“ fragte ich mit einem unguten Gefühl. Er drehte sich auf den Rücken und streckte eine Hand aus. Ich sah kurz darauf, dann blickte ich ihn wieder an. „Du weißt genau, dass ich jetzt nicht will.“
 

„Warum?“ fragte er schlicht. Er lächelte charmant, wohl in der Absicht mich so herumkriegen.
 

„Darum. Es ist ... nicht der richtige Zeitpunkt.“
 

„Du meinst wohl eher, nicht der richtige Ort, oder?“ Plötzlich streckte er seine Hand aus und zog mich zu sich hinunter; ich verlor das Gleichgewicht und fiel auf ihn.
 

„Hey-“
 

„Es liegt an Grey, nicht wahr? Er weiß es doch eh, das mit uns, also tu vor ihm nicht so, als wären wir nur ... was weiß ich, Freunde!“ Er fasste mich mit beiden Armen und presste mich an sich. „Kannst du nicht verstehen, dass ...“
 

Ich verstand ihn sehr gut, so glaubte ich. Doch manchmal konnte ich ihm nicht das geben, was er verlangte.
 

„Malfoy, ich ...“ Ich verstummte wieder.
 

„Hör zu ...“ Er strich mir durch die Haare. „Lass uns einfach so bleiben, okay? Ich mach auch nichts, aber ... halte dich nicht von mir fern.“
 

„Aber ... das hast du doch selbst getan!“ protestierte ich. „Du hast dich immer in diesen Büchern vergraben!“ Malfoy seufzte.
 

„Das war nur aus diesem einen Grund – damit ich nicht die Kontrolle verliere.“

Ein Stück mehr von ihm

Kapitel LVII : Ein Stück mehr von ihm
 

Ich blickte Malfoy verblüfft an. Ich hatte bisher angenommen, dass er mir wegen irgendeiner Kleinigkeit sauer gewesen war – möglicherweise auch wegen Greys Gegenwart. Dass er absichtlich auf Abstand gegangen war, und diesmal nicht aus egoistischen Gründen, hatte ich nicht erwartet.
 

„Die Kontrolle?“ fragte ich überflüssigerweise. „Ist ... es denn so schlimm?“
 

Malfoy lachte leise und drückte mich noch ein wenig mehr an sich. Sein Atem blies mir über den Schopf und wirbelte meine Haare durcheinander. Ich konnte seinen Herzschlag unter mir spüren.
 

„Was hast du denn gedacht? Weißt du nicht, was es heißt ... verliebt zu sein?“
 

Mein Atem stockte. In dieser Deutlichkeit hatte er mir das noch nie gesagt.
 

„Ausgerechnet du willst mir das sagen?“ scherzte ich. „Du hast mir mal gesagt, dass du keine Liebe kennen würdest.“
 

Sein Herz machte einen deutlichen Sprung, als ich ihn darauf ansprach und seine Hand, die vorher sanft auf meinem Rücken geruht hatte, drückte leicht zu.
 

„Es tut mir Leid, dass ich dir das damals gesagt habe. Es war eine Lüge.“
 

„Bist du dir da sicher?“ Ich hob meinen Kopf an, um ihn besser sehen zu können. „Es hat sich verdammt ernst angehört.“
 

Malfoy wich meinem Blick aus, für ihn ein so untypisches Zeichen von Schwäche, dass ich mir begann Sorgen zu machen.
 

„Ich ...“ Er biss sich auf die Lippe. „Mag sein, dass es mir damals ... ernst war.“
 

Ich zuckte zusammen und versuchte mich aus seinen Armen zu befreien.
 

„Was? Du-“
 

„Warte!“ Malfoy hielt mich fest. „Ich – ich glaube, ich habe damals trotzdem gelogen, ich ... ich wusste es nicht.“
 

Sofort hörte ich auf mich zu wehren, blieb auf ihm sitzen, legte mich aber noch nicht zurück.
 

„Erklär mir das.“ Es war schwierig, so ruhig zu bleiben.
 

Malfoy seufzte und blickte an die Decke.
 

„Weißt du ... seit Anfang des Schuljahres ... war irgendeine Veränderung in mir vorgegangen.“ Seine Hände ruhten in der Höhe meines Steißbeins, doch er hielt sie so ruhig, als befürchtete er, dass auch nur eine Regung mich zur Flucht animieren würden. „Ich weiß auch nicht, wieso ich diese ganzen Sachen mit dir gemacht habe. Jedenfalls kann ich mir nicht alles davon erklären.“
 

Ich biss die Zähne zusammen, als er mich wieder daran erinnerte. Diese Wochen waren nicht spurlos an mir vorüber gegangen.
 

„Anfangs habe ich oft mit dem Gedanken gespielt, einfach aufzuhören. Oder“, er schluckte, bevor er weitersprach, „dich zu verraten.“
 

Ich wollte aufspringen.
 

Ich wollte weg von ihm, und raus aus dieser Wohnung. Das waren nicht die Worte, die ich von ihm hören wollte. Solche sprach er nur selten aus.
 

„Lass mich los!“
 

Ich starrte ihn wütend an und wand mich in seinem Griff. Doch er war wie zu erwarten stärker. Wie immer. Seit diesem Biss war ich viel zu schwach. Es war schwer geworden, mich bei solchen Dingen wie meiner früheren Stärke ernst zu nehmen. Ich tat es selbst nicht.
 

„Lass mich-“
 

„Harry, jetzt hör mir doch wenigstens bis zum Ende zu!“ Etwas in Malfoys Stimme ließ mich kurz innehalten. Er hörte sich verzweifelt an. Dann riss ich mich los und stolperte von ihm herunter.
 

„Harry!“ Malfoy flüsterte meinen Namen nur, wohl aus Angst Grey zu wecken und ihn damit in diese Auseinandersetzung mit einzubinden.
 

„Verdammt!“ Ich schlug mir die Hand auf den Mund. „Verdammt ...“ wiederholte ich, diesmal leiser. „Was soll das?“ fragte ich ihn dann, schwer atmend vor Wut. „Du – du kannst mir sowas doch nicht einfach eins Gesicht sagen und denken, es würde mir nichts ausmachen!“
 

„Das denke ich auch nicht.“ Malfoy versuchte ganz offensichtlich, vernünftig zu klingen. Ich jedoch wollte ihm keine Chance dazu geben. Etwa Schmerzhaftes hatte sich in meine Brust gekrallt und schnürte mir jetzt die Luft ab. „Es war nur anfangs ... bedenke, wir waren mal Feinde. Ich hoffe, wir sind es jetzt nicht mehr ...“
 

Es war mir einfach alles zu viel. Ich wollte jetzt auch nicht einfach wieder zu ihm kriechen.
 

„Ich gehe zu Grey. Nacht.“
 

Ich wandte mich ab und ging die ersten Schritte langsam zur Tür. Nur wenige Meter entfernt schlief Grey. Möglicherweise war er auch schon längst wach, kein Wunder bei dem Lärm, den wir veranstaltet hatten.
 

Eine Hand packte mich grob am Handgelenk.
 

„Bleib.“ Ich sah mich nicht um.
 

„Idiot ...“ Meine Stimme krächzte nur noch. Ich wollte schreien. „Was denkst du dir eigentlich dabei? Spielst du immer noch mit mir? Was erhoffst du dir davon?“
 

Malfoys Griff um meinen Arm wurde fester, ehe er sachte daran zog. Ich ließ mich ohne Widerstand wieder zu dem Sofa führen und ließ mich beinahe kraftlos darauf fallen.
 

„Ich will die Wahrheit. Alles.“
 

Malfoy schwieg, setzte sich jedoch neben mich. Auf einmal fühlte ich mich wie ein zickiges Mädchen, das ihren Freund ohne Gründe einer Affäre bezichtigte. War es richtig, was ich tat? Oder was wir taten?
 

„Wenn du mir nicht endlich alles sagst ... dann ...“
 

Dann mach ich Schluss. Ich wagte es nicht, die Worte auszusprechen. Angst vor Streit. Angst vor Malfoys erschrockenen Augen, die so anders gewesen waren, als er mir dieses Versprechen gab. Angst davor, dass er mich auslachen würde. 'Schluss machen?' Wir führten eine unmögliche Beziehung. Ich wusste selbst nicht, woher die Steine kamen, die uns immer im Weg lagen. Ich musste der größte von ihnen sein.
 

„Bitte tu das nicht.“ Malfoy sprach leiser als zuvor. Seine Hände waren, wie ich nach einem Seitenblick feststellte, in seinem Schoß vergraben, ineinander verschlungen. Seine Knie pressten sich aneinander. „Verdammt, ich ... weißt du, eigentlich will ich nicht ... du weißt schon, sch-schwul sein. Irgendwie klingt das eklig.“
 

Ich holte tief Luft. In seiner Position so etwas zu sagen fand ich etwas unpassend.
 

„Weißt du noch, wo du mir das an den Kopf geworfen hast? Mir ist nie aufgefallen, was das mit dir eigentlich bedeutet. Dass ich auf Jungs stehe. Dass ich auf dich stehe. Irgendwie .. seltsam.“ Er neigte den Kopf ein wenig zu mir. „Es war nicht leicht für mich, das zu akzeptieren.“
 

„Das heißt, du hast es irgendwann akzeptiert?“
 

Er nickte.
 

„Ja, sonst wäre ich wohl jetzt nicht hier. Ich habe eine Menge akzeptieren müssen. Dass ich ... na ja, auf Jungs stehe, dass es ausgerechnet du bist, dass du – sorry – ein Werwolf bist und ich habe sogar deine etwas engere Beziehung zu ... Grey akzeptiert.“
 

Bei jedem einzelnen meiner Worte weiteten sich meine Augen ein kleines Stück mehr, denn mit jedem bisschen verstand ich, was er mir eigentlich sagen wollte.
 

„Harry ...“
 

„Ja.“
 

„Es fällt mir wirklich nicht leicht ... aber ich möchte mit dir zusammen sein. Ich möchte mit dir schlafen, dich küssen, oder auch einfach nur mit dir zusammen sein. Und ich möchte, dass du dasselbe für mich empfindest.“ Er seufzte und sah zu der Tür, hinter der Grey schlief. „Aber egal was ich tat, irgendetwas stimmte nicht. Du weißt, wovon ich spreche.“
 

„Ich habe dir doch schon versprochen, dass ich ihn vergessen werde.“ wandte ich ein.
 

„Ja, aber schaffst du das denn? Bald kommt Blaise, der wird sicher auch irgendwo im Wohnzimmer übernachten und wir ... wir haben dann gar keine Privatsphäre mehr.“
 

Ich hob eine Augenbraue, seltsamerweise war ich etwas belustigt.
 

„Ach, heißt das, du willst auf einmal deine letzte Chance ergreifen und es mit mir tun, bevor Blaise morgen kommt? Hatte sich eben aber noch anders angehört, als du unbedingt schlafen wolltest.“
 

Malfoy rieb sich seine Schläfen.
 

„Du hast aber auch immer etwas einzuwenden, was? Ich wollte nicht darüber reden. Ich bin ein Feigling, ich weiß.“
 

Ich sah ihn an, wie er halb zusammengesunken neben mir saß, und wie aus dem Nichts überrollte mich eine warme Welle des Mitleids. Es mochte sein, dass wir einmal Feinde gewesen waren. Wir waren es mit Sicherheit nicht mehr.
 

Es war eine Menge passiert. Eingeleitet war es von Remus' und meiner Unvorsichtigkeit gewesen. Doch wirklich begonnen hatte es erst, wo Malfoy Hermine, Ron und mich belauscht hatte. Ein Ende würde es nicht geben.
 

War ich nicht der Feigling?
 

„Nein, das bist du nicht.“ sagte ich leise.
 

„Was?“ Malfoy schien den Faden verloren zu haben.
 

„Du bist kein Feigling.“ Er lächelte schwach.
 

„Was bin ich dann?“
 

Ich sah ihn ernst an.
 

„Ein Schaf. Und ich bin das größte Schaf von allen.“
 

„Mäh.“ sagte Malfoy.
 

Ich musste lachen, als ich diesen Laut aus seinem Mund vernahm. Die angespannte Atmosphäre war auf einmal wie weggeblasen.
 

„Ich glaube, wir sind echt doof. Wir schaffen es noch nicht einmal, eine normale Beziehung zu führen.“ sagte ich dann, diesmal trauriger.
 

Plötzlich spürte ich etwas Warmes auf meinem Rücken. Malfoy Fingerspitzen krochen langsam über meinen Rücken und hinterließen ein angenehmes Gefühl. Sanft drehte er mich zu sich herum und zog mich an sich. Ich ließ es geschehen und lehnte meine Stirn an seine Schulter.
 

„Wir sollten nicht aufgeben ... wir wär's, hast du Lust auf einen neuen Versuch?“
 

Als Antwort legte ich ebenfalls meine Hände auf seinen Rücken.
 

„Ich fasse das mal als 'ja' auf ...“ grinste Malfoy und ließ sich nach hinten fallen, mich mitreißend.
 

Seine Finger wanderten nach oben zu meinen Schulter und fuhren in einer fließenden Bewegung an meinem Arm wieder hinunter, bis seine Hand die meine fand und er seine Finger mit meinen verschränkte. Er blieb ganz ruhig liegen.
 

Auch wenn noch einige Fragen offen standen - irgendwie war ich glücklich.

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Sorry, dass letzte Woche kein Kapitel kam. Ich hatte eine kleine Blockade und war zudem mit 'ner Menge Hausaufgaben überhäuft.
 

Kapitel LVIII : Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung
 

Ich blinzelte verschlafen und öffnete meine Augen vorsichtig. Mir war warm. Irgendetwas lag unter mir; ich brauchte eine Weile um zu realisieren, was genau es war – und als ich es heraus fand, schreckte ich hoch und fiel hinunter auf den harten kühlen Boden.
 

Malfoy schlief unbeirrt weiter. Er hatte sich nicht davon stören lassen, dass ich soeben von ihm herunter gefallen war. Schwach erinnerte ich mich an die vergangene Nacht. Er hatte sein Versprechen tatsächlich gehalten. Er hatte keine weiteren Versuche gemacht, mit mir zu schlafen; er hatte mich einfach nur umarmt und war wenige Minuten später, nachdem auch ich mich endlich beruhigt hatte, eingeschlafen.
 

Ich hatte ihn selten schlafen sehen.
 

Womöglich sah jeder dabei süß aus, und friedlich, doch im Moment konnte ich meinen Blick nicht von ihm abwenden. Ich lächelte leicht, als er etwas im Schlaf vor sich hin nuschelte. Leider hatte ich die Worte nicht verstanden.
 

Es war vollkommen ruhig. Scheinbar war ich der Erste, der aufgewacht war. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, Frühstück zu machen, verwarf ihn jedoch auch recht bald wieder, als mir einfiel, dass ich mich eh noch nicht wirklich in Greys Küche auskannte. Außerdem wollte ich – und bei dem Gedanken musste ich leise lachen – nicht auf Malfoy den Eindruck machen, als wollte ich mich bei Grey einschleimen. So würde er es wohl sehen, eifersüchtig wie er war.
 

Zudem war der Morgen viel zu angenehm, als schon aufzustehen. So leise ich konnte zupfte ich die Bettdecke vom Boden, die wohl irgendwann in der Nacht herunter gefallen sein musste. Hatten wir uns überhaupt zugedeckt? Ich wusste es nicht mehr.
 

„Hm ... musst du mich aufwecken ...?“
 

Ich erschrak. Malfoy hatte seine Augen halb geöffnet und sah mich unverwandt an.
 

„Sorry ...“ murmelte ich. Malfoy lächelte.
 

„Spinner, komm her.“
 

Etwas zögerlich kam ich auf ihn zu, doch Malfoy beschleunigte diese Aktion, indem er einfach nach meinem Handgelenk griff und mich zu sich herunter zog; ächzend landete ich auf ihm. Mal wieder.
 

„Wow, du bist ganz schön schwer.“ meinte Malfoy. Im selben Moment wirbelte er mich herum und drückte mich auf das Sofa. „So ist es schon viel besser ...“ Grinsend senkte er seinen Kopf und lehnte seine Stirn an meine. Er seufzte, schloss kurz die Augen und machte dabei ein Gesicht, als hätte er Kopfschmerzen. „Leider weiß ich ja, dass du hier ein wenig unwillig bist ... ich würde dich nämlich jetzt am liebsten vernaschen.“
 

Er öffnete seine Augen wieder und sah mich mit so einem intensiven Blick an, dass ich sofort ein schlechtes Gewissen bekam. Beinahe war ich versucht, meine Meinung doch noch zu ändern, als es laut im Sturm zu klingeln begann.
 

Malfoy ließ sich auf mich fallen.
 

„Verdammt, wer ist das denn?“ fragte er genervt.
 

Die Schlafzimmertür wurde aufgerissen und Grey lief eiligen Schrittes hinaus. Er trug nur den Schlafanzug, den ich bereits bei unserer ersten Nacht in seiner Wohnung an ihm gesehen hatte Ich machte Anstalten, mich von Malfoy zu befreien, doch er ließ mich nicht und verdeckte stattdessen meine Augen. Er nahm wohl an, dass ich Grey sonst mit meinen Blicken ausziehen würde. So ein Quatsch!
 

„Jaja, ich komme ja schon ...“ murmelte Grey verschlafen und da musste ich dennoch zugeben, dass mir dabei ein warmer Schauer über den Rücken lief.
 

„Harry!“ Malfoy zischte mich leise an.
 

„Ich geb ja schon mein Bestes!“ flüsterte ich zurück.
 

Malfoy starrte mich einen kurzen Augenblick lang an. Dann setzte er sich auf und hüpfte auf den Boden.
 

„Lass uns nachsehen, wer gekommen ist. Und zieh dir was an.“ Seine Stimme klang frostig. Eine Weile lang sah ich ihm beim Ankleiden zu.
 

„Ähm ... Malfoy?“
 

Malfoy hatte gerade seine Jeans angezogen und knöpfte nun sein Hemd zu.
 

„Komm.“ Er sah mich nicht dabei an.
 

„Malfoy!“
 

„Was?“ fauchte er.
 

„Was ist los, verdammt?“ Ich stand auf. Malfoy sah mich wütend an.
 

„Du-“
 

„Draco!“ Ich sah mich um, als ich die fremde Stimme hinter mir rufen hörte. „Hey, altes Haus, lange nicht mehr gesehen!“
 

„Blaise!“ Malfoys Stimmung schien sich schlagartig gebessert zu haben; doch was mich daran störte, war, dass es nicht mein Verdienst gewesen war und dass er mich gerade in diesem Augenblick links liegen ließ.
 

Die beiden klopften sich freundschaftlich auf die Schultern.
 

„Na, wie läuft's so?“ fragte Blaise frech und nickte mit dem Kopf in meine Richtung. Malfoys Lächeln verminderte sich kurz, dann grinste er jedoch, als dachte er gerade an etwas Versautes. „Gut!“ Er wackelte mit den Augenbrauen, als hätten er und ich nur Versautes im Sinn.
 

Blaise sah ihn nachdenklich an, erwiderte das Lächeln jedoch. Grey ging an uns vorbei, wünschte uns allen einen guten Morgen, und schlurfte in die Küche. Irgendwie war die Stimmung auf Null gesunken.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Und? Was hast du in den letzten Tagen so gemacht?“ fragte Grey an Blaise gewandt. Er schien sich sichtlich zu bemühen, die eisige Stille am Tisch etwas aufzuwärmen.
 

Und so fing Blaise an zu erzählen. Es war eine willkommene Abwechslung von dem nicht tristen Alltag von Malfoy und mir. Blaise schien weitestgehend normal zu sein. Intelligenter als die meisten Schüler, musste ich zugeben, doch er schien sich für dieselben Sachen zu interessieren, wie es andere Jungen seines Alters auch taten.
 

Schließlich verabschiedete Grey sich von uns, um einige Tränkezutaten zurecht zu legen. Blaise aß seinen vierten Toast.
 

„Wie schaut's denn aus mit euch beiden?“ fragte er beinahe beiläufig. Malfoy sandte ihm einen stechenden Blick.
 

„Gut“, sagte ich hastig, „hat Mal- er doch schon gesagt.“
 

„Du nennst ihn immer noch 'Malfoy'?“ Blaise lächelte leicht. „Was ist das, ein Spiel? Macht dich das an, so von ihm genannt zu werden?“ fragte er dann an Malfoy gewandt.
 

„Blaise ...“ Malfoys Stimme hatte einen dunklen Ton angenommen. Blaise ignorierte es.
 

„Und, nennt er dich auch Potter?“ Malfoy stand abrupt auf.
 

„Blaise! Misch dich nicht immer in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen!“
 

Blaise erwiderte seinen Blick mit der gleichen Intensität wie seiner, doch sein Ausdruck blieb kühl. Dann stand er auf, ruhig, aber dennoch zu schnell.
 

„Ich gehe Professor Grey helfen. Dafür bin ich ja schließlich da.“
 

Er ließ mich mit Malfoy allein in der Küche.
 

„Er ist zu neugierig.“ meinte Malfoy nach einer Weile. „Lass dich bloß nicht von ihm ausfragen.“
 

„Malfoy!“ fauchte ich und er zuckte zusammen. Doch er sagte nichts weiter. „Malfoy, wir müssen reden.“
 

„Das haben wir doch schon gestern Abend getan.“ erwiderte er.
 

„Aber wir waren noch nicht fertig.“
 

Ich hatte es mir zwar schon viele Male vorgenommen, doch diesmal, so redete ich mir ein, würde es wirklich gelingen. Malfoy und ich, wir mussten dringend miteinander sprechen. Wir hörten immer im falschen Moment damit auf.
 

Malfoy resignierte.
 

„Also gut, worüber willst du mit mir reden?“
 

„Zum Beispiel über deine Eifersucht. Oder darüber, was du damals auf Greys Schreibtisch gemacht hast, weißt du noch?“
 

Malfoy kniff die Augen zusammen.
 

„Spricht da nicht auch eine gewisse Eifersucht aus dir?“ stellte er eine Gegenfrage.
 

„Da wäre ja wohl jeder eifersüchtig!“ fuhr ich auf, lauter als beabsichtigt. Etwas peinlich berührt und hoffend, dass weder Blaise noch Grey – besonders nicht Grey! – mich gehört hatten, ließ ich mich wieder zurück auf den Stuhl sinken.

Malfoy sah mich nachdenklich an.
 

„Du willst bestimmt wissen, wieso Grey und ich in dieser Position waren, oder?“ stellte er fest.
 

„Ja.“ sagte ich nur, als ich bemerkte, dass er auf eine Antwort wartete. Malfoy faltete die Hände ineinander, lehnte sich zurück und setzte einen seriösen Blick auf.
 

„Also ...“, sagte er gedehnt, „ich wollte mal ein wenig Abwechslung haben, da dachte ich mir, ich könnte mal eben in den Turm hoch kraxeln, Grey aus seinem Bett scheuchen und ein bisschen mit ihm rummachen.“
 

Er beugte sich vor, stützte sich mit den Unterarmen auf der Tischplatte ab und sah mich mit unverändertem Gesichtsausdruck an. Dann begann einer seiner Mundwinkel zu zucken.
 

„Bei Slytherin, ich glaube, ich könnte dir echt alles verkaufen!“ lachte er. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Grey und ich irgendwie“, er stockte und grinste kurz, als ihm das Wort in den Sinn kam, „intim waren!“
 

Ich starrte ihn böse an.
 

„Idiot. Ich find' das nicht witzig.“
 

Darüber musste er jedoch nur ein zweites Mal lachen. Immer noch vor sich hin prustend stand er auf, kam den Tisch umrundend zu mir herüber und umarmte mich von hinten.
 

Unbeweglich ließ ich es über mich ergehen.
 

„Eben warst du noch schlecht gelaunt.“ sagte ich schließlich.
 

„Weißt du auch warum?“ brummte Malfoy gegen meinen Hals.
 

„Nein.“
 

„Dummkopf!“ Malfoy verpasste mir eine kleine Kopfnuss. „Du schaust immer noch Grey nach, das ist es!“
 

„Aber ich geb doch schon mein Bestes!“
 

„Harry“, Malfoy atmete tief durch, „das weiß ich. Und ich freue mich darüber. Aber du musst mir nicht auch noch auf die Nase binden, dass du dich immer noch nicht ganz von ihm gelöst hast.“
 

Eine lange Pause entstand.
 

„Okay.“ seufzte ich schließlich und ließ mich gegen ihn sinken. „Aber du hast mich immer noch nicht über diese Sache mit Grey aufgeklärt.“ Ich legte den Kopf in den Nacken und sah zu ihm hoch. „Raus mit der Sprache.“

Malfoys Taktlosigkeit

Kapitel LIX : Malfoys Taktlosigkeit
 

Malfoy zögerte.
 

„Nun, wahrscheinlich wirst du die Wahrheit gar nicht so spannend finden. Die 'Ich hab Grey verführt'-Variante finde ich viel origineller.“
 

„Rück schon raus damit!“
 

Er seufzte und lehnte sich an mich.
 

„Also ...“, sagte er lang gezogen, „ich habe ... etwas gesucht. Zutaten für einen Trank. Dann hat Grey mich wohl gehört, wie ich in seinem Vorratsschrank rumgekramt habe und hielt mich erst für einen Einbrecher. Als du rein kamst, hatte sich die Situation gerade geklärt.“
 

Zögerlich sah ich mich zu ihm um. Er hatte das Gesicht von mir abgewandt und starrte an die Tür, als ob er kontrollieren wollte, ob jemand dort war und lauschen könnte.
 

„Sagst du mir auch die Wahrheit?“ hakte ich nach. „Oder lässt du irgendwas aus?“
 

Malfoy stockte kurz – ich spürte es an seinen Armen, die um meinen Körper geschlungen waren. Dann drehte er sich zu mir um, sah mich an und lächelte.
 

„Scheint so, als würdest du mich doch besser kennen, als ich dachte.“ Er ließ von mir ab und zog sich den Stuhl, auf dem er eben noch gesessen hatte, heran. Als er sich darauf gesetzt hatte, fuhr er fort. „Es war zum größten Teil die Wahrheit, was ich gesagt habe. Nur ... die Umstände, wieso Grey so ... auf mir lag, waren anders.“
 

Bei diesen Worten zog sich etwas in mir zusammen. War da etwa doch mehr?
 

„Es ist nicht das, was du gedacht hast!“ meinte Malfoy hastig, als er meinen Blick sah. „Wirklich nicht.“ Er sah kurz fort und wieder zu mir, wandte dann wieder den Blick von mir ab. „Er ... war einfach sauer, und es kam zu einem ... nun ja, heftigen Streit. Er hatte mich schon erkannt, nach einer Weile, als er etwas im Dunkeln sehen konnte. Ich hab mich ja selbst erschrocken, als er da auf einmal hinter mir aufgetaucht ist.“
 

Malfoy seufzte tief und schien zu überlegen, wie er weitererzählen konnte.
 

„Und weiter? Bis jetzt ist es immer noch die 'Einbrechergeschichte'.“
 

„Hm ...“ Malfoy seufzte. „Okay, ich erzähl es dir. Anscheinend willst du ja nicht locker lassen.“
 

„Natürlich nicht!“
 

„Ich habe mich mit ihm über dich gestritten.“
 

Die Worte wogen schwer. Die beiden, Grey und Malfoy – sie haben sich über mich gestritten?
 

„Ü-Über was genau?“ hakte ich vorsichtig nach.
 

„Grey weiß von deinen Gefühlen. Das ist dir ja wohl bewusst.“ sagte Malfoy freiheraus. „Und ich kannte sie auch. Es hat mir nicht gepasst und ihm natürlich auch nicht. Grey ... weiß auch noch einiges mehr ... das zwischen uns zum Beispiel.“
 

„Aber das ist ja auch klar.“ erwiderte ich. „Bei deinem Verhalten.“
 

„Er wusste es auch schon vorher, als wir es noch im Geheimen taten.“
 

Ich errötete augenblicklich. Nicht nur, weil er es so beschrieb, 'im Geheimen', als wären wir bereits damals ein Liebespärchen in Besenkammern gewesen, sondern auch, als mir klar wurde, dass Grey alles über mein intimes Leben wusste.
 

„A-Aber woher ...?“
 

„Nun, es ist nicht so, als ob er dir hinterher geschnüffelt hätte“, murmelte Malfoy und grinste; anscheinend konnte er diese Eigenschaft doch nicht ablegen, „aber man merkt dir einiges an. Dein Gesicht ist wie ein Buch – nicht nur für mich, oder für Grey, sondern auch für jeden anderen, der nicht das Hirn eines Regenwurms hat.“
 

„Und ... über was genau habt ihr euch dann gestritten?“
 

Malfoy grinste überlegen.
 

„Nun, es hat damit angefangen, dass ihm etwas Bestimmtes herausgerutscht ist.“ begann er und kicherte untypisch für ihn. „Und zwar sagte er ...“, Malfoy erinnerte sich zurück, „'erst Harry und jetzt du?' - Da wusste ich, dass etwas Wichtiges vorgefallen sein musste. Du bist damals auch mal in seinem Büro gewesen, nicht wahr?“
 

Ich nickte nur kurz.
 

„Ah, wusste ich's doch. Grey wollte es nämlich partout nicht zugeben und hat versucht, sich mit allem möglichen rauszureden. Dann haben wir uns darüber gestritten und ... na ja, ich habe ihn als notgeilen alten Sack, der sich an dir vergreifen will, beschimpft.“
 

„Du hast was?“ Ich sah ihn an, vollkommen schockiert. „Wie kommst du denn auf die Idee? Bist du wahnsinnig geworden?“
 

„Nana, nicht so viele Fragen auf einmal.“ sagte Malfoy, lässig wie immer. „Ich war halt wütend“, meinte er dann ernster, „und mir hat das zwischen Grey und dir nicht gefallen.“
 

„A-Aber ihn so ... so zu beleidigen ...“ Ich ließ mich auf dem Stuhl zusammensacken. Ich konnte es immer noch nicht fassen. „Ist er deswegen auf dich losgegangen?“ hakte ich nach.
 

Malfoy nickte.
 

„Ja; und im nächsten Moment kamst du rein. Wirklich gutes Timing, muss ich im Nachhinein sagen.“ Er lächelte mich charmant an. „Wer weiß, was er mir sonst angetan hätte?“ seufzte er theatralisch.
 

Ich reagierte nicht darauf. Einerseits war ich glücklich darüber, dass wirklich nichts weiter in diese eine Richtung geschehen war, andererseits konnte ich es einfach nicht fassen, dass Malfoy mit einem Lehrer so umgegangen war. Und dazu noch mit einem Lehrer, der für mich einiges mehr war. Ob es jetzt Liebe, Schwärmerei oder auch nur schlichte Freundschaft war, die Grey und mich verband, oder die mich zu ihm hinzog, es machte mich wütend, mit welcher Gleichgültigkeit und welcher Belustigung Malfoy über dieses Ereignis sprach.
 

„Was für ein Trank eigentlich?“ fragte ich schließlich.
 

„Veritaserum.“ antwortete er ohne Umschweife. „Und, was wollen wir machen?“ fragte Malfoy völlig aus dem Zusammenhang heraus.
 

„Was?“
 

„Na, willst du hier die ganze Zeit herum sitzen und weiter grübeln?“ Malfoy lächelte mich an, als hätten wir eben über das Wetter gesprochen.
 

Ich stand abrupt auf.
 

„Ich werd mal sehen, was Grey und Blaise machen.“
 

Malfoy schien endlich zu verstehen, dass mir seine Erzählung schwerer im Magen lag als er es wahrscheinlich beabsichtigt hatte; jedenfalls stand er auf und hielt mich am Arm fest.
 

„Jetzt lauf doch nicht auch noch weg!“
 

„Ich lauf nicht weg!“
 

„Doch tust du, genau wie Blaise.“ behauptete Malfoy.
 

Ich starrte ihn an, noch wütender als zuvor. Als er sich nicht bewegte, keine Anstalten machte, mich wieder zu sich zu ziehen, holte ich tief Luft.
 

„Merkst du eigentlich, dass du dir mit deinem Verhalten keine Freunde machst?“
 

Er erwiderte meinen Blick mit kühler Sicherheit.
 

„Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich mich nicht ändern kann.“
 

„Weil es dann keinen Sinn machen würde, mit mir zusammen zu sein?“ sprach ich weiter. „Du könntest wenigstens ein bisschen Rücksicht nehmen. Ich kenne Blaise kaum, aber selbst ich habe bemerkt, dass er uns nicht nur aus reiner Neugier ausgefragt hat.“
 

Malfoy zog eine Augenbraue hoch.
 

„Ach?“
 

„Ja, ach!“ Ich entriss ihm meinen Arm und drehte mich von ihm weg. „Er macht sich Sorgen um dich, und seltsamerweise auch um mich, warum auch immer. Er will uns nur helfen.“ Ich begann zur Tür zu gehen. „Du hast einen wahren Freund. Aber ich glaube nicht, dass du ihm bisher ein guter Freund warst.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Ich hatte Malfoy keine Gelegenheit geben wollen, mir zu antworten; daher war ich schnurstracks aus der Küche gegangen, mit dem Vorhaben, ihm eine runter zu hauen, falls er es wagen sollte, mich immer noch festhalten zu wollen.
 

Anstatt jedoch zu den beiden anderen zu gehen, wie ich es angekündigt hatte, ließ ich mich einfach nur im Wohnzimmer auf die Couch fallen. Ehrlich gesagt wusste ich noch nicht einmal, wo Grey seine Tränke braute. Seine Wohnung bestand nur aus vier Zimmern – jenes, in welchem ich mich befand, die Küche, das Schlafzimmer und das Badezimmer. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er in irgendeinem dieser Räume Zaubertränke braute.
 

Ich wusste, dass Malfoy absichtlich nicht aus der Küche herauskam.
 

Ich wusste jedoch nicht, wieso ich mich immer mit ihm stritt. Wie ein altes Ehepaar! Ich schlug mir bei dem Gedanken an den Kopf. Wenn ich sein Verhalten am Anfang des Schuljahres mit dem jetzigen verglich, so stellte ich fest, dass er sich schon um einiges geändert hatte. Auch wenn er immer behauptete, dass er es nicht konnte.
 

Vor wenigen Monaten war er noch ein unausstehlicher Sadist gewesen, jetzt konnte er teilweise sogar zärtlich sein und hörte auf, wenn ich ihm nicht nah sein wollte.
 

Doch ich war wohl der Einzige, mit dem er sich solche Mühe gab.
 

Grey hatte er zutiefst beleidigt, von Blaise, der doch sein Freund sein sollte, redete er schlecht. Wenn ich an Hermine und Ron dachte, die jetzt bei ihren Familien waren, wurde mir übel vor Heimweh. Malfoy machte nicht den Eindruck auf mich, als würde er seine Familie vermissen. Er war kalt und rational wie immer, und ansonsten trieb er seine Späße mit mir und schien nicht zu wissen, wann diese angebracht waren und wann nicht.
 

Ob ich es ihm verübeln konnte? Ich war nicht so taub gewesen, dass ich nicht bemerkt hätte, dass er ohne Begeisterung von seinen Eltern sprach, ebenso von dem Haus, in dem er aufgewachsen war.
 

Ich schloss die Augen. Möglicherweise war ich zu hart zu ihm und er hatte schon einiges getan. Möglicherweise. Manchmal wusste ich gar nicht, was mich an ihm störte. Vielleicht wollte ich immer noch nicht den letzten Widerstand gegen ihn aufgeben.

Was man nicht sagen darf

Yay! Kapitel 60 <3
 

Sorry, dass es in letzter Zeit so oft vorkommt, dass sich die Kapitel verspäten oder auch mal gar nicht erscheinen. Ich war bis vor kurzem noch im Schulstress (letzte Klausurphase) und war letztes Wochenende auf dem Japantag, der mich voll beansprucht hat ^.~
 

Bei der Gelegenheit wollte ich mal fragen: Wie findet ihr Follower im Moment? Ist es zu langweilig? Passiert zu wenig? Habt ihr irgendwelche Fragen oder Wünsche? Schreibt mir! :3
 

Kapitel LX : Was man nicht sagen darf
 

Ich saß wahrscheinlich länger als eine halbe Stunde auf dem Sofa ohne mich auch nur einen Millimeter zu rühren. Stumm starrte ich Löcher in die Luft. Am Rande nahm ich Malfoy wahr, der wenige Minuten nach meinen Abgang das Wohnzimmer durchquerte und ohne mich zu beachten in einem anderen Raum verschwand.
 

Ich war sauer. Auf Malfoy, natürlich, aber auch auf mich, weil ich ihn einfach nicht verstand und das zu einem großen Teil vielleicht auch nur, weil ich ihn nicht verstehen wollte. Hermine hatte einmal zu mir gesagt, dass ich der größte Sturkopf sei, dem sie je begegnet sei. Ich nahm an, dass sie Recht hatte.
 

Ich atmete tief durch. Seit Tagen hatte ich mir vorgenommen, noch einmal gründlich nachzudenken – ganz von Anfang an. Von der Nacht an, als Remus und ich den gemeinsamen Fehler begingen und so unvorsichtig gewesen waren.
 

Ich hatte im letzten halben Jahr einen Haufen Fehler begangen. Dass ich damit leben musste, wusste ich und eigentlich war ich der Meinung, dass meine gegenwärtige Position gar nicht mal so schlecht war, wie sie hätte sein können. Wenn Malfoy nicht wäre, hätte ich alleine aus Hogwarts fliehen müssen. Ich hätte keinen Ort gehabt, wo ich zuerst hätte übernachten können, und ebenso niemanden, mit dem ich reden konnte, sei es auch über belanglose Dinge.
 

Was spielte Grey für eine Rolle?
 

Mit einer gewissen Nostalgie erinnerte ich mich daran, wie er mir von seinem Sohn erzählt hatte. Ich fragte mich, ob dieser mir wohl sehr ähnlich gewesen war – ob er auch so stur gewesen war? Ein Mann wie Grey konnte sich doch unmöglich so sehr wegen seiner Erinnerungen verleiten lassen, oder?
 

„Ich hab echt ein Problem ...“ murmelte ich vor mich hin.
 

„Wir haben alle ein Problem.“ hörte ich eine Stimme von der Tür her. Hastig sah ich hoch und erkannte Blaise, der in der Tür stand und mich aufmerksam beobachtete.
 

„Wie lange stehst du schon da?“
 

„Lange genug.“ Er grinste. „Okay, etwa zwei Minuten.“ Er kam auf mich zu und blieb stehen, als er bei mir angekommen war. „Darf ich?“ Er zeigte auf das Sofa, auf dem ich saß.
 

„K-Klar.“ Ich rutschte ein Stück auf Seite und er setzte sich neben mich.
 

Eine Weile lang saßen wir schweigend nebeneinander; Blaise starrte ebenso wie ich eben in die Luft und schien völlig in Gedanken versunken zu sein. Ich wusste nicht, woran er dachte und ehrlich gesagt interessierte es mich auch nicht sonderlich; ich kannte ihn kaum.
 

„Harry?“
 

„Hm.“
 

„Ich möchte dir was sagen.“ Ich zögerte eine Sekunde überrascht.
 

„Schieß los.“ sagte ich dann.
 

„Es geht um Draco. Weißt du ... dass er sich in den letzten Monaten ziemlich verändert hat?“
 

„Weiß ich.“
 

„Und weißt du auch warum?“
 

Ich schwieg.
 

„Du weißt es.“ sagte er schließlich.
 

„Hm.“
 

Blaise wandte den Kopf.
 

„Kann es sein, dass ich dir gerade ziemlich auf die Nerven gehe?“ fragte er ruhig. Ich seufzte.
 

„Nein, das ist es nicht. Ich – ich möchte nur einfach nicht darüber reden.“
 

„Und es weiter in dich hinein fressen?“ widersprach Blaise mir sofort.
 

Ich sagte nichts, in der Hoffnung, dass er es bald aufgeben würde, mit mir reden zu wollen, und wieder zu Grey ging, wo auch immer er sich gerade befand, oder zu Malfoy. Umso überraschter war ich, als er dennoch weitersprach.
 

„Er sagt und zeigt es vielleicht nicht, aber Draco ist zur Zeit ziemlich verzweifelt.“ Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen, sagte aber nichts. „Als ich noch nicht wusste, dass ihr zusammen seid, hatte ich mich immer gefragt ... was ihn wohl so beschäftigt. Manchmal hat er nicht gefrühstückt oder war sogar im Unterricht völlig weggetreten.“ Blaise machte eine Pause, als ob er mich das Gesagte erst einmal verdauen lassen wollte. „Er hat dich auch oft angestarrt. Ist dir das nie aufgefallen?“
 

Er sah mich an, eine Antwort erwartend.
 

„Ich ... also, nein.“ Ich schämte mich ein bisschen, dass es mir tatsächlich nicht aufgefallen war.
 

Blaise lächelte nachsichtig.
 

„Vielleicht solltest du in Zukunft ein bisschen mehr auf so etwas achten. Dann wäre dir nämlich eine Sache nicht entgangen.“
 

„Was meinst du?“
 

„Na, dass er dich liebt.“
 

„Das weiß ich doch schon!“
 

Blaise lehnte sich zurück.
 

„Allein deine Antwort zeigt, dass du es eben noch nicht weißt – ich hab keine Ahnung, was für dich Liebe ist, aber ich weiß, dass sowas für Draco eine verdammt große Rolle spielt!“ Er atmete tief durch. „Sorry, ich wollte nicht laut werden, aber ...“, er sah mich völlig ernst an, „Draco ist mein bester Freund und ich möchte nicht, dass er verletzt wird.“
 

Ich sah ihn an, teils ungläubig, da er sich so für Malfoy einsetzte, teils weil 'Liebe' für Malfoy so viel bedeuten sollte. Da kam mir ein Gedanke, und bevor ich richtig darüber nachgedacht hatte, sprach ich ihn aus.
 

„Blaise, du bist doch nicht etwa in Malfoy ... verliebt?“
 

Blaise' Augen weiteten sich, ehe er sich ruckartig zu mir umdrehte und mir so schnell so nahe kam, dass ich zurück schreckte.
 

„Verdammt, Harry! Ich versuche hier wirklich, ein ernsthaftes Gespräch zu führen! Kannst du nicht zwischen Liebe und Freundschaft unterscheiden?“
 

Ich schluckte und starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
 

„W-Was?“ fragte ich schwach.
 

Blaise ließ sich wieder zurückfallen.
 

„Oh Mann, ich glaube du kannst es echt nicht.“ Er schwieg eine Weile und blickte an mir vorbei.
 

Freundschaft, Liebe. Möglicherweise konnte man mein Problem so bezeichnen. Liebte ich Malfoy, liebte ich Grey; empfand ich nur Freundschaft oder Sympathie für sie? Ich wünschte mir, ich könnte mit wenigstens einem von ihnen darüber reden, doch das schien mir unmöglich. Wenn ich Malfoy gegenüber Zweifel zeigen würde, ob ich ihn liebte, würde das nur wieder einen Streit auslösen. Ich hatte Angst davor, dass er wieder, wenn auch nur ein Stück, zu demjenigen wurde, der er noch am Anfang des Schuljahres gewesen war.
 

„Was fühlst du, wenn du Draco siehst?“
 

Blaise' Frage kam ganz plötzlich.
 

„Ähm ... ich weiß nicht ...“ Ich errötete und rutschte etwas von ihm weg.
 

„Nervös? Herzklopfen? Vermisst du ihn, wenn er nicht da ist?“ Blaise kam bei jeder Frage wieder näher.
 

„I-Ich ... ein bisschen ...“ gab ich zu.
 

„Ha!“ Blaise schlug sich auf den Oberschenkel. „Das ist doch schon was!“ Er lächelte mich so optimistisch an, dass ich mir selbst ein Grinsen nicht verkneifen konnte. „Und bei Grey?“
 

„Was? Woher weißt du-“ Ich schlug mir die Hand vor den Mund.
 

„Hab ich's doch gewusst.“ grinste Blaise fies. „Hey, keine Angst, ich hab kein Problem mit sowas.“ Er beugte sich vor. „Also, bist du auch in Greys Nähe nervös?“
 

„Ja.“
 

„Möchtest du auch mit ihm schlafen?“
 

„Blaise!“
 

Blaise hob beschwichtigend die Hände.
 

„Hey, hey, ich frage das nicht nur aus Neugier ... es geht mir nur darum: Du hast mit Draco geschlafen, und soweit ich weiß, fandest du das nicht schlecht; also will ich wissen, ob du mit Grey dasselbe tun würdest. Nur zum Vergleich.“
 

„Du weißt definitiv zu viel ...“ grummelte ich mit hochrotem Kopf. „Ach, ich weiß auch nicht ... einerseits ... ich werde irgendwie ganz ... kribbelig, wenn ich in seiner Nähe bin, aber ...“ Ich stockte.
 

„Aber?“ hakte Blaise nach.
 

„Ich glaube, ich möchte ... nicht mit Grey schlafen.“
 

„Was möchtest du dann?“ fragte Blaise, den Kopf in die Hand gestützt. Ich senkte den meinen.
 

„Na ja ... Zeit mit ihm verbringen ... vielleicht mal nach Hogsmeade gehen und ... Weihnachten feiern ... und ich möchte ihn ...“
 

„Ja?“
 

„Verdammt, was geht dich das eigentlich an?“ Ich war nicht wütend.
 

„Ich vermittle nur.“ erwiderte Blaise ruhig.
 

„Zwischen wem?“
 

„Dir und Draco. Versteh mich nicht falsch, er hat mich nicht gebeten mit dir zu reden.“
 

Ich seufzte und ließ mich gegen die Lehne des Sofas fallen.
 

„Du bringst mich gerade ziemlich durcheinander, weißt du das?“
 

„Mag sein.“ erwiderte Blaise einsilbig.
 

„Und du willst mir also erzählen, ich wäre nicht in Grey ... du weißt schon was ... weil ich nicht mit ihm schlafen will?“
 

„Nicht nur. Ich will dir eigentlich sagen, dass-“
 

Die Tür fiel hinter uns ins Schloss. Ich wirbelte herum.
 

„Stör ich?“ fragte Grey verwundert an Blaise gewandt. Und dann zu mir: „du hast eine ungesunde Hautfarbe, Harry. Alles in Ordnung?“
 

„J-Ja, sicher!“ Ich sprang auf. „Ich bin nur schnell im Bad!“ Und verschwand, in die Küche rennend.
 

Von dort aus konnte ich immer noch die Stimmen der beiden hören.
 

„Du hast ihn doch nicht etwa ausgefragt, oder, Blaise?“ Greys Stimme hatte einen strengen Ton angenommen, der selbst durch die geschlossene Tür hörbar war.
 

„Irgendwann muss doch jemand mal was machen.“ hörte ich Blaise sich verteidigen.
 

„Er soll das selbst erledigen. Oder mit mir oder Mr Malfoy sprechen. Das geht dich nichts an.“
 

„Blocken Sie doch nicht immer ab, Professor!“
 

Ich war erstaunt darüber, wie viel Blaise sich heraus nahm und legte mein Ohr an das kühle Holz der Tür.
 

„Ich möchte nicht, dass du einfach so über 'mit Grey schlafen' redest!“ Grey hörte sich wackelig an.
 

„Es geht aber darum, also rede ich mit Harry darüber! Ich kann das nicht mehr mit ansehen, wie die zwei sich immer streiten und Sie nur so daneben stehen und meinen, Sie könnten Harry das alleine machen lassen!“ Ein dumpfes Geräusch ertönte. „Sie haben nur Angst davor, Harry zur verlieren! Deswegen reden Sie nicht mit ihm darüber!“

Klarheit

Kapitel LXI : Klarheit
 

Blaise' Satz hatte mich beinahe körperlich weggeworfen. Langsam entfernte ich mich von der Tür, an der ich dem Streit gelauscht hatte, und ließ mich kraftloser als zuvor in einen der Küchenstühle fallen.
 

Ich wunderte mich darüber, dass Blaise anscheinend so gut über Grey und mich Bescheid wusste – nicht nur, dass er von meinen Gefühlen, seien sie nun echt oder nicht, wusste, er war wohl auch nicht unwissend, was Grey anbelangte. Der Wunsch, ihn einfach mal danach zu fragen, stieg in mir auf, doch ich bezweifelte, dass Blaise mir meine Fragen einfach so beantworten könnte.
 

Die Tür ging auf.
 

„Na?“ fragte Blaise und setzte sich neben mich auf den Tisch. „Ich schätze, du hast alles mitbekommen. Dazu braucht man ja noch nicht mal seine Lauscher an die Tür legen.“
 

Ich hoffte, dass er dies nur als Scherz meinte und nicht wirklich wusste, dass ich gelauscht hatte.
 

„Ähm ... Blaise ... ich ...“ Ich seufzte. „Ich hab da mal ... eine Frage-“
 

„Erst wenn du richtig mit mir geredet hast.“ erwiderte Blaise kühl, ohne mich auch nur aussprechen zu lassen.
 

„Aber es geht ja darum!“
 

Blaise musterte mich eine Weile lang.
 

„Okay ...“ gab er schließlich nach.
 

„Also ... du ... hast da eben was gesagt, ähm ...“ Ich verstummte.
 

„Mensch Harry, sag's einfach!“ Blaise verdrehte die Augen.
 

„Ich ... ich bin mir immer noch unsicher, was Grey über mich denkt.“
 

Blaise zog die Augenbrauen zusammen.
 

„Ich denke, das hat er dir gesagt.“
 

„Woher weißt du das schon wieder?“ grummelte ich und erwiderte dann: „Aber was, wenn er mir nicht die Wahrheit gesagt hat?“
 

„Wieso sollte er das tun?“
 

„Weiß nicht.“
 

Blaise starrte mich nachdenklich an.
 

„Ach, Harry ...“ Er klopfte mir auf die Schulter, als würden wir uns seit Ewigkeiten kennen. „Glaub mir, Grey sieht genau das in dir, was er dir gesagt hat. Ich glaube, du hast nur nicht kapiert, was das bedeutet. Wie andere Sachen auch ...“ setzte er leiser nach.
 

„Andere Sachen? Meinst du Malfoy?“
 

„Erkannt.“
 

Anstatt das Gespräch fortzuführen, blickte ich auf das matte Holz des Tisches. Mein Kopf war wie leer, und das war gut so, denn ich wollte nicht mehr über all das nachdenken.
 

„Du solltest dich endlich entscheiden, Harry.“ Blaise' Stimme störte mich und riss mich wieder zurück in die Realität. „Du hast gesagt, dass du nicht mit Grey schlafen willst, hast es aber mit Draco getan.“ erinnerte er mich noch einmal.
 

„Du bestehst echt auf dieses Sexargument, oder?“ fragte ich ihn und wunderte mich gleichzeitig darüber, wie locker ich auf einmal über dieses Thema sprechen konnte.
 

„Ja, aber nicht nur darauf.“ Blaise wandte sich mir zu. „Jetzt mal ehrlich, bei wem fühlst du dich wohler? Darauf kommt es an; nicht auf Sex oder Küsse oder Schmetterlinge im Bauch.“
 

Ich senkte den Kopf. Ich konnte seinen fragenden doch gleichzeitig auch wissenden Blick nicht ertragen.
 

„Harry ... antworte. Denk nicht drüber nach, sag's einfach.“
 

Ich ballte meine Hände zu Fäusten.
 

„M-Malfoy.“
 

Blaise starrte mich eine Weile beinahe verwundert an, dann lächelte er.
 

„Na, geht doch. Und dafür hast du jetzt so lange gebraucht?“ witzelte er, dann hüpfte er vom Tisch. „Los, komm!“ Er zog mich hoch.
 

„Was, wohin denn?“
 

„Zu Draco natürlich!“
 

„Was?“
 

Blaise zerrte mich weiter.
 

„Komm schon, das ist doch eine tolle Neuigkeit!“ meinte er quirlig und klang wie ausgewechselt.
 

„Blaise, warte!“ Er blieb tatsächlich stehen und drehte sich zu mir um. „I-Ich halte das für keine gute Idee ...“ murmelte ich.
 

„Was? Wieso denn?“
 

„Na ja, ich ...“
 

„Schämst du dich?“
 

Ich errötete.
 

„Ja.“
 

Blaise lächelte.
 

„Harry, was glaubst du, wird Draco machen, wenn du ihm sagst, was du mir gerade gesagt hast? Er wird dich auffressen!“ lachte er.
 

„Er wird sicher denken, dass ich das nur wegen dir gesagt habe!“
 

Blaise' Hand lockerte sich etwas.
 

„Hast du?“
 

Ich sah weg.
 

„Nein ...“
 

„Dann ist's doch okay!“
 

„Er wird mir nicht glauben ... wir – wir haben uns doch eben erst gestritten!“
 

Blaise schlug sich mit der flachen Hand an den Kopf.
 

„Du wärst besser als Mädchen geboren worden, ehrlich, Harry. Musst du es denn immer so kompliziert machen? Klar, Liebe und der ganze Kram drumherum ist kompliziert, aber wenn du obendrauf immer so übervorsichtig bist, tust du weder dir noch Draco einen Gefallen.“ Blaise holte tief Luft. „Und jetzt komm endlich und sag Draco, dass du ihn liebst, verdammt! Ich weiß, dass es so ist und du auch!“
 

~~~~~*~~~~~
 

Blaise wusste, wie man andere Leute von etwas überzeugte. Ich stand zwar etwas nervös, doch ansonsten völlig ruhig an seiner Seite vor der Tür des Badezimmers, wo Malfoy vor einer Stunde aus welchen Gründen auch immer verschwunden war. Ich klopfte an, bevor ich eintrat.
 

Malfoy saß auf dem Rand der Badewanne und hatte auf den Boden geschaut, als die Tür aufging, hatte er ruckartig den Kopf angehoben und starrte mich an. Sein Blick war eine Mischung aus Wut und etwas anderem, was mich völlig verwirrte.
 

„Malfoy?“ Ich spürte, wie sich Blaise hinter mir entfernte. Wahrscheinlich ging er wieder zu Grey, um sich zu entschuldigen und am Trank weiterzuarbeiten.
 

Malfoy blickte mich stur ohne etwas zu sagen an.
 

„Malfoy ... es ... tut mir Leid.“ Er antwortete nicht. „Ich glaube, ich ... habe einige Fehler begangen.“ Ich versuchte, meinen Blick nicht von ihm abzuwenden. „Ich ... ich ...“
 

Wieso fiel es mir so schwer, diese Worte auszusprechen, die ich Blaise schon anvertraut hatte? War ich ein Feigling? War ich mir doch nicht so sicher, wie ich eben noch geglaubt hatte zu sein?
 

Ich senkte den Kopf und fixierte den Boden mit leerem Blick. Malfoy rührte sich kaum; aus dem Augenwinkel konnte ich nur einen seiner Finger sehen, der in unregelmäßigen Abständen nach oben zuckte. Es war so still im Raum, dass ich seinen Atem hören konnte, schneller als sonst.
 

Malfoys Hand ballte sich zur Faust.
 

„Ich liebe dich.“ sagte er plötzlich. Ich erschrak. „Weißt du, was das bedeutet?“
 

Als ich ihn ansah, bemerkte ich, dass sein Gesicht blasser als gewöhnlich wirkte.
 

„Ja, weiß ich.“ krächzte ich, in Ermangelung anderer Worte.
 

„Wieso tust du das alles dann?“
 

„Ich weiß es nicht.“
 

Stille.
 

„Du denkst immer nur an ihn. An Grey.“
 

„Ich ... ich mag ihn.“ Malfoy zuckte kaum merklich zusammen. „Aber auch nicht mehr als das. Das ist mir heute bewusst geworden.“
 

„Blaise?“ fragte Malfoy ohne zu zögern.
 

„Ja.“ Ich holte tief Luft. „Er – er hat gesagt, dass es darauf ankommt, wie wohl man sich beieinander fühlt.“ brachte ich errötend hervor. „Und er hat mich gefragt, bei wem ich mich wohler fühle.“
 

„Bei Grey oder bei ... mir.“ schloss Malfoy.
 

„Ja.“
 

„Und was war deine Antwort?“ Obwohl seine Worte eins nach dem anderen ausgesprochen wurden, spürte ich das Zögern in seiner Stimme, ein sanftes Zittern, das sie begleitete.
 

„Ich weiß nicht, warum es so ist ... aber es bist du.“
 

Es herrschte beinahe vollkommene Stille in dem Badezimmer; nur ein Wasserhahn tropfte von irgend woher. Malfoy biss sich auf die Lippe. Zum ersten Mal unterbrach er den Augenkontakt mit mir und sah nach unten; seine zweite Hand ballte sich ebenfalls zur Faust.
 

Ich hatte furchtbare Angst. Es war anders als die Angst, die man normalerweise verspürt, die Angst, die man um sich selbst hat. Ich hatte Angst um ihn.
 

Vorsichtig ging ich auf ihn zu, überbrückte den kurzen Abstand zwischen uns mit zwei langen Schritten. Langsam hob ich meine Hand und legte sie ihm auf die Schulter. Die plötzliche Wärme ließ sowohl ihn als auch mich selbst zusammenzucken.
 

Er hob seinen Kopf, jedoch ohne mich anzusehen.
 

Eine Sekunde später, vielleicht auch weniger, hielten wir uns gegenseitig im Arm. Malfoy hielt mich umklammert und krallte seine Hände in den weichen Stoff meines Pullovers. Er war währenddessen vom Rand der Badewanne herunter gerutscht und kniete mit mir auf dem Boden. Nur am Rande nahm ich das Klacken einer Tür war, doch es kümmerte mich nicht. Ob es nun Blaise oder Grey oder sogar irgendwelche Auroren vom Ministerium waren, es war mir egal.
 

Ich hatte begriffen, was wichtig war. Zumindest für diesen einen Moment.
 

Der Stoff meines Pullovers war nass. Ebenso wie meine Wange an Malfoys.
 

Ich hob meinen Kopf, legte zwei Finger unter sein Kinn und dachte nicht nach.
 

Anders. Es war so anders als sonst. Er hatte mich so viele Male geküsst, sowie ich dasselbe bei ihm schon einige wenige Male getan hatte. Und obwohl er den Kuss nicht erwiderte, spürte ich die Veränderung.
 

War es das Wissen darum?
 

Blaise hatte Recht. Es ging nicht um das Körperliche. Es ging um das Wissen darum, dass man geliebt wurde. Und für diese Person ebenso empfand.
 

Möglich, dass mein Leben im Moment nicht unter dem besten Stern stand. Aber es gab noch einige Dinge, die es trotzdem lebenswert machten; und solange diese existierten, tat ich es auch. Solange Malfoy sein Versprechen hielt. Solange ich mich bei ihm wohler fühlte als bei jedem anderen. Solange es noch etwas gab, was ich zu erledigen hatte.
 

Ich spürte, dass Malfoy lächelte. Ein wenig.
 

~~~~~*~~~~~

Uargh, Kitsch xD
 

Also, alle, die auf meine Frage bezüglich des Handlungsgehaltes dieser FF geantwortet haben, schienen der Meinung zu sein, dass es wenig Handlung gibt ^.~ Der eine oder andere fand das Emotionale aber auch wichtig.
 

Ein bisschen mehr Handlung ist in diesem Kapitel drin. Harry hat sich endlich entschieden xD Aber die FF ist noch lange nicht zu Ende, wir wollen ja das Ministerium nicht vergessen *muahaha* Öhm ... ja.
 

Bis demnächst ^___^

Ein riskanter Plan

Kapitel LXII : Ein riskanter Plan
 

Als wir gemeinsam aus dem Bad stolperten, erhitzt, aber glücklich, trafen wir auf Blaise und Grey, die es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht hatten. Beide hielten eine Tasse dampfenden Tees in ihren Händen und schienen sich wieder vertragen zu haben; jedenfalls spürte ich nichts, was auf das Gegenteil hingewiesen hätte.
 

„Wollt ihr auch einen?“ Grey deutete auf die Teekanne und zwei Tassen, die zusätzlich auf dem Tisch standen. Wir nickten und setzten uns auf das Sofa, Malfoy zwischen mir und Blaise.
 

Grey beobachtete uns forschend.
 

„Ist was?“ fragte Malfoy, kühl wie immer. Ich errötete.
 

Grey schüttelte nur den Kopf und verbarg sein Lächeln in den Tiefen seiner Tasse. Blaise stupste Malfoy mit dem Ellbogen in die Seite, zwinkerte ihm zu und gab ein kurzes schnalzendes Geräusch von sich, was Malfoy bewusst ignorierte.
 

„Und, wie kommt ihr mit dem Trank voran?“ fragte ich, halb aus Ablenkung, halb aus echter Neugier.
 

Grey zuckte mit den Schultern.
 

„Nun ja, es ist ein kleines Problem aufgetreten ... wie soll ich es am Besten erklären ...“ überlegte er laut. „Also, wir sind bisher zu dem Schluss gekommen, dass der Trank, um einen Werwolf zu heilen, im Grunde genommen die gleichen Zutaten braucht wie der Wolfsbanntrank, den ihr ja alle kennt. Nur in weitaus höherer Konzentration. Das Problem ist nur, dass einige dieser Zutaten in größeren Mengen giftig sind. Viele wirken betäubend oder lähmend. Ihr könnt euch wohl vorstellen, was passiert, wenn wir ein lähmendes Mittel in höherer Dosis verabreichen würden ... Herzstillstand könnte eine Folge davon sein.“ Er machte eine Pause und sah in die Runde. Blaise lauschte ihm gebannt, als hörte er dies zum ersten Mal. „Nun, Blaise und ich, wir suchen momentan nach einer weiteren Zutat, welche zwei Vorraussetzungen erfüllt: Erstens, dass sie die giftige Wirkung so eindämmt, dass wir sie lenken können, damit sie nicht die lebenswichtigen Organe angreift. Und zweitens darf sie andere Zutaten nicht wirkungslos machen.“
 

Grey seufzte und fuhr sich durch die Haare.
 

„Das ist schwerer, als es sich anhört.“ fuhr Blaise an seiner Stelle fort. „Es gibt abertausende solcher Zutaten, aber nur wenige vertragen sich mit den restlichen des Trankes. Unsere Suche ist also nicht gerade spannend.“ Er gähnte. „Aber es ist verdammt anstrengend, die ganze Zeit in alten Büchern zu blättern. Dabei ist es noch nicht mal Mittag.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Als wir abends schlafen gingen, wollte ich mich wie gehabt neben das Sofa im Wohnzimmer legen und Malfoy den bequemeren Schlafplatz überlassen. Dieser zog mich jedoch zu sich hoch, sodass wir zu zweit auf dem Sofa lagen; es war zwar eng, aber relativ gemütlich. Blaise grinste uns an und verschwand dann hinter Grey im Schlafzimmer.
 

Ich bewegte mich ein wenig und ruckelte mich zurecht, ehe ich die Augen schloss. Ich spürte Malfoys Körper nah an meinem; mein Herz begann vor Aufregung zu rasen.
 

„Nervös?“ hörte ich seine leise Stimme flüstern. Sein Atem fuhr mir über mein Ohr und hinterließ Gänsehaut.
 

„Malfoy ... du hast nicht zufällig vor ...“
 

Malfoy schnalzte mit der Zunge und drückte sich noch mehr an mich.
 

„Du nennst mich ja immer noch 'Malfoy'!“ schmollte er.
 

„Ich ... äh ...“ Mittlerweile war es mir schon zur Gewohnheit geworden, ihn so zu nennen. Es war nicht so, dass ich damit noch immer großartig Distanz schaffen wollte; sein Name war für mich Malfoy und nicht Draco. Dies sagte ich ihm.
 

„Ach, ist das so?“ Er kam mir so nahe, dass sich unsere Nasenspitzen berührten. „Mir wäre es aber lieber, wenn du mich 'Draco' nennen würdest.“ Er küsste mich kurz und legte sich dann halb auf mich, seinen Kopf auf meiner Brust. „Schlaf mal 'ne Nacht drüber, ich bin irgendwie total müde ...“ gähnte er und war noch im selben Moment eingeschlafen.
 

Malfoy. Draco. Der Name hörte sich wirklich fürchterlich an, und für mich hatte er nichts, wirklich nicht das geringste mit ihm zu tun. Und dennoch wünschte er sich, dass ich ihn so nannte. Warum? Ob irgendwelche sentimentalen Gründe damit verbunden waren? Oder – ein Schauer überlief meinen Rücken – mochte er den Namen etwa?
 

~~~~~*~~~~~
 

Am nächsten Morgen wachte ich erst spät auf. Aus der Küche hörte ich die typischen Geräusche. Auf mir lag ein schweres Gewicht. Als ich hinunter blickte, sah ich Malfoy, der immer noch auf mir lag und mich so fest umarmt hatte, dass er weder von mir herunter rollen, noch ich mich von ihm befreien konnte. Er schlief tief und fest.
 

Wenigstens schnarchte er nicht.
 

„Ah, endlich wach?“ Blaise erschien im Türrahmen, frisch und munter, als wäre er schon seit Stunden wach. Verschlafen blinzelte ich ihn an. Mein Rücken schmerzte ein wenig.
 

Vom Fenster her war ein Flattern zu hören, dann ein dumpfes Geräusch, als etwas gegen die Scheibe prallte und dann daran runter fiel. Blaise öffnete das Fenster und hob die Eule an einem Flügel hoch.
 

„Armes Vieh.“ bemitleidete er es, setzte es auf die Fensterbank, ging in die Küche und kehrte mit einer Schale Wasser und ein paar Eulenkeksen zurück.
 

„Das ist Rons Eule!“ Es hatte eine Weile gedauert, ehe mein schläfriger Verstand schalten konnte. Blaise zog eine Augenbraue hoch.
 

„Rons Eule?“ wiederholte er. Er machte den Brief von der Fessel der Eule ab und warf die kleine Rolle zu mir herüber. „Hier, dann ist das wohl für dich.“
 

Neugierig las ich, was darin stand:
 

Lieber Harry,
 

Ich weiß nicht, ob du da, wo auch immer du gerade sein magst, den Tagespropheten erhältst. Heute morgen stand etwas Schreckliches auf der Titelseite – Professor Lupin wurde gefasst! Ein Haufen Auroren hat ihn vor ein paar Tagen in einem kleinen Kaff gefangen genommen.
 

Irgendeiner der Dorfbewohner muss ihn wohl gesehen und angezeigt haben; das Ministerium will ihn mit einem Orden ehren ... Was sollen wir jetzt machen? Du weißt, welche Strafe ihn als Werwolf erwartet. Das Datum ist in zwei Wochen. Wir haben nicht mehr viel Zeit.
 

Ron
 

Hinter mir hörte ich ein Schnalzen.
 

„Ich hab's ihm doch gesagt!“ Grey stand hinter mir und hatte offensichtlich mitgelesen. „Ich hab ihm gesagt, er solle in Hogwarts bleiben! Der einzige sichere Ort! In meinem Büro hätte man ihn nie gefunden ...“ Murmelnd und schimpfend wandte er sich ab und fuhr sich durch die ohnehin unordentlichen Haare.
 

„Was sollen wir nur machen?“ Auch ich stellte mir diese Frage. Remus war in Schwierigkeiten.
 

Remus, ein Freund meines Vaters, Sirius' Freund; Remus, der mir immer mit Rat und Tat beiseite gestanden hatte; Remus.
 

Remus, dem ich meine eigene Verfolgung zu verdanken hatte?
 

Malfoy neben mir regte sich und hebte schließlich den Kopf.
 

„Was ist los ...?“ lallte er müde mit halb geöffneten Augen.
 

„Wach auf!“ Ich schüttelte ihn ein wenig und schubste ihn von mir herunter. „Lies das.“
 

Verschlafen nahm er den Brief an und las ihn, seine Augen huschten dabei hin und her, weiteten sich plötzlich.
 

„Bei Merlins Klodeckel ...“ flüsterte er heiser. „Das ist nicht gut.“
 

Grey hatte indes auch Blaise berichtet, was Sache war, woraufhin dieser leicht blass wurde. Grey ließ sich neben uns auf das Sofa nieder, Blaise ließ sich in den Sessel fallen.
 

„Es gibt keinen Ausweg.“ sagte er schließlich. „Gesetz ist Gesetz.“
 

„Wie können Sie so etwas nur sagen!“ Ich fuhr hoch und funkelte ihn an.
 

„Wie willst du sie davon abhalten? Willst du nach Azkaban stürmen und ihn befreien? Die Dementoren werden dich kriegen, besonders dich, und wenn nicht sie, dann die Auroren, die du damit dutzendweise auf den Plan rufst. Und dann seid ihr beide dran.“ Er sah mich an, sein Blick war der eines Lehrers. Mutlos ließ ich den Kopf sinken.
 

„Aber wir können ihn doch nicht einfach so hängen lassen!“
 

„Werden wir auch nicht.“ Blaise hatte das Wort ergriffen. „Ich habe eine Idee.“
 

Er hatte sofort ungeteilte Aufmerksamkeit. Sogar Malfoy hörte ihm zu, obwohl er zu Remus nie ein sonderlich gutes Verhältnis gepflegt hatte. Blaise rieb sich verlegen den Nacken.
 

„Also, es ist nichts Spektakuläres ... aber überlegt mal“, er hatte seine Stimme gesenkt, als würden wir belauscht werden, „ wieso machen die das? Das Ministerium hat Angst vor Werwölfen. Weil sie angeblich alle der Dunklen Seite angehören. Tun ja auch viele.“
 

„Also willst du, dass wir uns auf ihre Seite stellen.“ unterbrach Grey ihn.
 

„Ja. Du“, er zeigte auf mich, „wirst einen Brief an das Ministerium senden. Stell dir vor, Harry Potter, Retter der Zaubererwelt, Werwolf, stellt sich auf die Weiße Seite. Das macht Mut, und das wissen die auch. Schreib ihnen, dass sie allen Werwölfen eine Chance auf diesen Wechsel geben sollen.“
 

„Wage.“ meinte Malfoy.
 

„Aber besser als nichts.“
 

„Und gefährlich. Was, wenn sie die Eule zurückverfolgen und Harry gefangen nehmen?“
 

Blaise schwieg. Die Wanduhr tickte.
 

„Ich will nicht, dass Harrys Leben aufs Spiel gesetzt wird.“ Malfoys Stimme war laut in der Stille. Laut und ernst.
 

„Und ich will nicht, dass Remus stirbt.“ Ich hatte es ausgesprochen. Grey schluckte.
 

Malfoy sah mich ohne zu Blinzeln an.
 

„Willst du etwa dein Leben für ihn geben?“
 

„Nein, das nicht.“ erwiderte ich. „Aber ich kann nicht mit ansehen, wie der letzte Freund meines Vaters drauf geht. Nicht, wenn ich noch irgendetwas tun kann.“

Vorfreude

Irgendwie ein sarkastischer Titel ... <___<
 

Kapitel LXIII : Vorfreude
 

Malfoy sah mich schweigend an.
 

„Du Held.“ sagte er schließlich. „Musst dich immer für andere opfern.“
 

Er stand auf und wollte den Raum verlassen. Ich hielt ihn am Handgelenk fest.
 

„Hau nicht schon wieder ab!“
 

Malfoy ließ sich wieder auf das Sofa fallen, doch man konnte ihm ansehen, dass er mit Blaise' Idee alles andere als einverstanden war.
 

„Und was machst du, wenn es schief geht?“
 

„Das Risiko geh ich ein.“ Ich hielt seinem stechenden Blick stand. Malfoy war der erste, der wegschaute.
 

„Mach was du willst. Aber ich komme mit, wenn du gehst.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Es gestaltete sich schwieriger, als ich dachte, den Brief zu schreiben. Grey, Blaise und Malfoy halfen mir alle dabei, mich möglichst förmlich, aber dennoch überzeugend auszudrücken. Mir fiel auf, dass der Brief dem Ministerium Honig ums Maul schmierte, wo er nur konnte, doch es machte mir nichts aus. Stolz war fehl am Platze und so war der Brief in meinen Augen zwar ein reines Flehen um Gnade, aber dennoch wirkungsvoll.
 

So hoffte ich jedenfalls. Denn ob das Ministerium auf meine Bitte eingehen würde, stand noch in den Sternen.
 

„Harry?“ Grey und Blaise waren wieder zu ihrem Trank und ihren Büchern zurückgekehrt, wo sie weiter arbeiteten. Malfoy hatte mir eine Hand auf die Schulter gelegt. „Willst du das wirklich tun?“
 

Ich grinste ihn an.
 

„Was ist, hast du Angst um mich?“ Malfoy biss die Zähne zusammen.
 

„Und wenn es so wäre?“ fragte er, und mein Grinsen verschwand augenblicklich. Ich senkte den Kopf.
 

„Du weißt, dass ich Remus sehr mag. Ich kann ihn nicht einfach im Stich lassen.“
 

Malfoy umarmte mich fest und vergrub seine Nase in meiner Halsbeuge.
 

„Ich habe wirklich Angst um dich.“ Seine Hände fuhren durch meine Haare. Er schwieg eine Weile. „Weißt du, was mir aufgefallen ist?“ Er wartete keine Antwort ab. „In zwei Wochen ist Vollmond. Das Ministerium hat die Hinrichtung sicher nicht zufällig auf diesen Tag gelegt.“
 

„Diese-“
 

„Ja, ich weiß.“ Er zog mich enger an sich. „Wir werden trotzdem alles tun, um ihn zu retten.“
 

Ich versuchte nicht an die Zukunft zu denken. Stattdessen konzentrierten sich meine Sinne auf Malfoy, der mich immer noch nicht aus seiner Umarmung freigeben wollte. Er fühlte sich selbst durch den Pullover durch warm an.
 

„Harry?“
 

„Ja?“
 

Malfoy strich mir mit den Händen über den Rücken und schließlich unter den Pullover. Seine Fingerspitzen glühten förmlich.
 

„Würde es dir etwas ausmachen, wenn ...“
 

Ich schmiegte mich an ihn, was Antwort genug war und ließ mich von ihm zum Sofa führen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Die Eule kehrte schon am nächsten Tag mit einer Antwort zurück.
 

Wir hatten alle ungeduldig am Küchentisch gesessen und, obwohl der Tisch gut gedeckt war, nicht einen Bissen zu uns genommen. Keiner hatte mit so einer schnellen Antwort gerechnet, dennoch schien auch niemand aus unserem Kreis sonderlich viel geschlafen zu haben. Dunkle Ränder zierten unsere Augen. Ich war nicht nur aus diesem Grund kaum zum Schlafen gekommen.
 

Malfoy schien wirklich Angst um mich zu haben, wenn er die möglicherweise letzten gemeinsamen Stunden mit mir so auskostete.
 

Die Eule war eine andere als die, die wir losgeschickt hatten. Hoffentlich war Errol nicht unterwegs gestorben.
 

Ich schob die skurrilen Gedanken beiseite und öffnete das Band, das die schmale Pergamentrolle an dem Bein der Eule hielt und entrollte den Brief. Die anderen drei sahen mir angespannt über die Schulter und lasen mit.
 

Schließlich ließ ich mich gegen Malfoy sinken, der hinter mir stand und mir sofort die Arme um den Bauch schlang. Langsam ließ ich den Atem wieder aus meinen Lungen, den ich während des Lesens angehalten hatte.
 

Sowohl Blaise und Grey mussten sich setzen.
 

„Eigentlich würde ich so etwas für eine Frechheit halten.“ Grey krallte die Hände in den Stoff seiner Hose. „Im Grunde genommen sagen sie, dass es feige wäre, nicht selbst im Ministerium zu erscheinen.“
 

„Und dass Harry dort auftauchen soll.“ fügte Blaise hinzu.
 

„Sehr clever von ihnen.“ Malfoys Hände zitterten. „Ob sie uns zustimmen oder nicht, ist immer noch nicht gesagt.“
 

Ich wollte es den Anderen gegenüber nicht zugeben: Ich hatte Angst. Ich wollte sie nicht noch mehr beunruhigen. Dennoch war es nötig, dem Antwortschreiben Folge zu leisten, sonst wäre unser Brief völlig umsonst geblieben.
 

„Harry.“ Grey sah mich von seinem Stuhl aus Ernst an. „Wenn du immer noch gehen möchtest ... dann komme ich mit.“
 

Geschockt sah ich ihn an.
 

„Sie wollen mitkommen? A-Aber, wenn man mich dort gefangen nimmt-“
 

„Dann werde ich dich wieder befreien.“ unterbrach er mich ruhig.
 

„Aber dann sind Sie-“
 

„Egal. Remus ist auch ein guter Freund von mir, und du bist mein Schüler. Ich kann euch nicht im Stich lassen.“
 

„Aber-“
 

„Kein Aber.“ Grey lächelte. „Du kannst mich nicht davon abbringen.“ Ich wandte meinen Blick von ihm ab. „Es ist das einzig Vernünftige.“ versuchte er mich weiter zu überreden. „Wenn das Ministerium dich wirklich nur zu sich locken und dich dann gefangen nehmen will, hast du eine größere Chance zu entkommen, wenn ich dabei bin.“
 

„Und eine noch größere Chance, wenn wir alle dabei sind!“ Blaise verschränkte die Arme und grinste, als wüsste er nicht, worauf er sich da einließ – wobei ich das jedoch bezweifelte.
 

„Wir?“ hakte Malfoy nach. „Du kannst doch nicht einfach für mich mit entscheiden!“
 

„Als ob du 'deinen' Harry einfach so ins Ministerium spazieren lässt ...“ Blaise hob eine Augenbraue. Malfoy bedachte ihn mit einem ärgerlichen Blick.
 

„Hast Recht.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Der Brief hatte dem Tag eine neue Bedeutung gegeben. Wir waren alle mit Vorbereitungen beschäftigt – was bei mir nicht viel bedeutete. Grey lieh mir nur einen seiner besten Umhänge, der mir zwar etwas zu lang war, sodass er beinahe über den Boden schleifte, aber mich wenigstens ein bisschen seriöser erscheinen ließ. Malfoy lief im Wohnzimmer auf und ab.
 

Ich saß frisch geduscht auf dem Sofa, wartete darauf, dass meine Haare trockneten und beobachtete ihn genervt.
 

„Kannst du nicht mal damit aufhören? Du machst mich noch wahnsinnig!“
 

Er warf mir einen kurzen Blick zu und ließ sich dann neben mich auf das Sofa fallen.
 

„Du machst dir echt keine Sorgen, was?“ fragte er in einem Ton, der eindeutig zeigte, dass er genau das Gegenteil vermutete.
 

„Rumlaufen bringt auch nichts ...“ murmelte ich.
 

Malfoy sah mich von der Seite her an, dann hob er seinen Arm.
 

„Komm her.“ Er zog mich in eine Umarmung und wuschelte mir durch die Haare, bis sie noch mehr als sonst in alle Richtungen abstanden. Eine Weile lang ließ ich es mir gefallen, dann nahm ich seine Hand und zog sie zu mir herunter.
 

„Glaubst du, dass Grey wirklich nur zu meinem eigenen Schutz mitkommt? Und für Remus?“
 

„Wieso sollte es anders sein? Er hat doch sonst keinen Grund.“
 

„Doch, hat er.“ erinnerte ich mich. „Hermine hat mir am Anfang des Schuljahres etwas über ihn erzählt ... was er getan hat, bevor er Lehrer in Hogwarts wurde.“
 

Malfoys Körper spannte sich an, ein Zeichen für seine Neugier.
 

„Was er getan hat ...? Das hört sich an wie ein Verbrechen.“
 

„Nein, nein, nichts in der Art.“ widersprach ich. „Er war früher Auror, hat sie gesagt.“
 

„Auror? Er? Ich hatte immer das Gefühl, dass er mit dem Ministerium nicht viel anzufangen weiß.“ Malfoy runzelte die Stirn.
 

„Das ist richtig. Hermine hat erzählt, dass er sich gegen Fudge aufgelehnt hat. Um was genau es da ging, weiß ich nicht. Aber danach wurde er in eine andere Abteilung abgeschoben.“
 

„Typisch für's Ministerium ...“ brummte Malfoy.
 

„Du scheinst es nicht zu mögen.“
 

„Ich hasse es! Alle sagen, die Schwarze Seite ist die schlechte, was ich auch nicht bezweifle, aber die Weiße ist nicht viel besser.“
 

„Trotzdem brauchen wir sie jetzt.“
 

„Ohne sie wäre das Problem mit Remus gar nicht aufgekommen.“
 

Ich seufzte. Ich musste zugeben, dass ich auch nicht gut auf das Ministerium zu sprechen war, dennoch versuchte ich – wie immer – das Beste aus der Situation herauszuholen.
 

„Es wird schon schief gehen.“ versuchte ich Malfoy aufzumuntern, der eindeutig besorgter als ich selbst war. Oder es zumindest mehr zeigte.
 

„Und im Falle des Falles stehen wir alle an deiner Seite.“ Malfoy starrte in die Küche, wo Blaise und Grey bereits ein kleins Mittagessen zubereiteten, bevor wir uns ins Ministerium aufmachen wollten.
 

„Es tut mir Leid.“ Malfoy sah mich verwundert an.
 

„Was tut dir Leid?“
 

„Dass ich euch alle da mir rein gezogen habe.“
 

Malfoy gab mir eine Kopfnuss.
 

„Red keinen Unsinn! Es war allein unsere Entscheidung – na gut, Blaise'.“ Er lächelte, doch seine Aufmunterung gelang nicht.
 

„Wenn euch was passiert-“
 

„Mach dir keine Sorgen. Wir schaffen das!“ Malfoy bedachte mich mit einem ernsten Blick. „Ehrlich gesagt, ich bin nicht so einer, der leichtsinnig sein Leben aufs Spiel setzt. Ich glaube wirklich daran, dass das Ministerium auf dich eingehen wird.“
 

Möglicherweise war er nicht so besorgt, weil er nicht so gefährdet wie ich selbst war.
 

Doch nein, das stimmte nicht. Seit er mit mir zusammen aus Hogwarts geflohen war, hatte er sich der selben Gefahr ausgesetzt wie ich selbst. Man würde ihn als meinen Komplizen bezeichnen. Wieso hatte er es trotzdem getan? Damals stand unsere Beziehung noch nicht unter so einem guten Stern wie jetzt; sie war wackelig gewesen, und ich war noch unwillig, mich darauf einzulassen.
 

Trotzdem hatte er nicht gezögert und war, als wäre es selbstverständlich, auf den Besen gestiegen und hatte mich mitgenommen. Woher nahm er dieses Vertrauen?

Konversation

Kapitel LXIV : Konversation
 

Nach dem Essen hatte sich eine bleierne Stille über uns gelegt. Keiner schien in der Stimmung zu sein, miteinander zu sprechen oder auch nur ein kleines Lächeln zu zeigen. Wir bereiteten uns seit zwei Minuten mental darauf vor, in das Ministerium zu apparieren.
 

Schließlich ergriff Grey das Wort.
 

„Lasst uns gehen.“
 

Als wäre es ein Befehl gewesen, nickten wir stumm. Malfoy packte mich am Arm und eine Sekunde später befanden wir uns direkt im Ministerium wieder.
 

Sofort richteten sich alle Blicke auf uns. Teils ängstlich, teils neugierig ruhten sie vor allem auf mir. Sie griffen nicht an, sie starrten nur. Hatte man ihnen Bescheid gesagt oder hatten sie bloß Angst? Die meisten von ihnen waren normale Zauberer und Hexen. Keine Auroren. Ein gutes Zeichen?
 

„Ah, Mr Potter! Wir haben Sie schon erwartet!“ Überrascht von der freundlichen Stimme drehte ich mich um und sah direkt in das Gesicht von Scrimgeour, dem Zaubereiminister. Sein Lächeln klebte ihm förmlich auf dem Gesicht.
 

„H-Hallo.“ sagte ich etwas überfordert.
 

Scrimgeour musterte mich, immer noch lächelnd, dann schaute er in die Runde, bis sein Blick an Grey hängen blieb.
 

„Mr ... Grey. Oder sollte ich besser 'Professor' sagen? Ich hab gehört, Sie arbeiten jetzt in Hogwarts.“
 

„Da haben Sie richtig gehört.“ Greys Stimme hörte sich gepresst an; eine Augenbraue Scrimgeours zuckte. Dann klatschte er auf einmal in die Hände.
 

„Also, Mr Potter, wenn Sie mich einfach in mein Büro begleiten könnten-“
 

„Nur er?“ fragte Grey dazwischen. Scrimgeour sah ihn verwundert an.
 

„Nun, ich habe nur ihn eingeladen.“
 

Ich sah, wie Grey mit sich haderte. Auch mir passte es ganz und gar nicht, allein in die Höhle des Löwen zu gehen. Doch wir waren alles andere als in der Position Forderungen zu stellen. Wir mussten uns fügen. Grey wusste das genauso gut wie ich; trotzdem konnte ich ihm ansehen, wie sehr er versucht war, mit dem Minister zu diskutieren.
 

„Ich komme mit.“ Malfoy trat einen Schritt vor. „Bitte.“ Er sah Scrimgeour fest in die Augen. Wie, fragte ich mich, wollte Malfoy ihn so überreden?
 

„Draco Malfoy, nicht wahr?“ fragte dieser. „Der Sohn von Lucius Malfoy ... Ihr Vater hat eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Schön, dass es Ihnen gut geht.“ Er warf einen misstrauischen Blick auf Grey.
 

Blaise hielt sich im Hintergrund. Er war niemand, der dem Minister möglicherweise bekannt gewesen wäre, und hatte somit auch keinen Einfluss. Er rutschte unruhig von einem Fuß auf den anderen und sah abwechselnd zwischen Grey und Scrimgeour hin und her. Ich hatte keine Ahnung, ob er von Greys Vergangenheit im Ministerium wusste, doch er schien ebenso wie ich die Anspannung zwischen den beiden zu spüren.
 

„Kommen Sie, Mr Potter.“ ergriff Scrimgeour wieder das Wort und wandte sich zum Gehen. Die einfachste Lösung – Grey blieb an Ort und Stelle stehen.
 

Malfoy jedoch folgte mir, als ich Scrimgeour hinterher ging.
 

„Pass auf, was du da drin sagst.“ flüsterte er mir zu. Ich nickte.
 

Scrimgeours Büro war, ehrlich gesagt, eine Katastrophe: Überall lagen Papier- und Pergamentstapel herum, der Schreibtisch war übersäht von Tintenklecksen und die Wände waren mit Bildern von Gesuchten und Vermissten tapeziert. Ich schluckte, als ich mich selbst darauf erkannte.
 

„Setzen Sie sich doch.“ Scrimgeour machte einen Stuhl für mich frei und funkelte Malfoy aus dem Augenwinkel heraus an, doch er sagte nichts dazu. Malfoy stellte sich hinter mich, die Hände auf die Stuhllehne gelegt. Ich sah, wie seine Finger kaum merklich zitterten. „Sie haben uns ... einen interessanten Brief geschrieben. Ich freue mich, dass sie so ... kooperativ sind, im Gegensatz zu vielen anderen Zauberern, wie ich leider sagen muss.“
 

Scrimgeour machte eine Pause, als hätte er gerade eine fabelhafte Rede gehalten, die Applaus verdiente. Ich wusste nichts, was ich sagen sollte, also schwieg ich und versuchte dabei, wenigstens neutral auszusehen. Doch in Wahrheit kochte Wut in mir; der Minister war so nasal wie immer. Er sollte nicht um den heißen Brei reden, er sollte endlich auf den Punkt kommen!
 

„Sie hatten ... in Ihrem Brief geschrieben, dass wir allen Werwölfen die Chance geben sollten, sich auf die Weiße Seite zu stellen. Wie stellen Sie sich das vor?“ Ich schluckte. Jetzt ging es also los. Doch ehe ich überhaupt dazu kam zu antworten, sprach Scrimgeour schon weiter. „Nehmen Sie doch mal Greyback als Beispiel. Gewalttätig, wie er ist, würde er sich sicher nicht auf die Weiße Seite-“
 

„Mr Scrimgeour!“ Malfoy unterbrach ihn. „Greyback ist brutal, keine Frage; aber denken Sie doch mal an die ganzen anderen Werwölfe! Harry zum Beispiel – er war nie 'gewalttätig'! Er war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort! Das heißt nicht, dass er auf einmal ein anderer Mensch ist – und so wie ihm geht es sicher vielen anderen!“
 

Für eine Weile herrschte Stille in dem Büro. Die Wanduhr tickte gleichmäßig vor sich hin.
 

„Ich habe nie behauptet, dass Mr Potter ein anderer Mensch sei. Genau genommen ist er nicht mal mehr einer.“ erwiderte er leise.
 

Ich spürte Malfoy hinter mir zusammen zucken; seltsamerweise griff mich diese Aussage wohl nicht halb so viel an wie ihn. Ich saß ruhig auf meinem Stuhl und sah Scrimgeour an.
 

„Greyback ist nicht so, weil er ein Werwolf ist. Er nutzt es nur aus, einer zu sein – die meisten aber leiden darunter. Keiner von ihnen hat es sich ausgesucht.“ Ich atmete tief ein. „Sie glauben nur, dass die Weiße Seite sie tötet, wenn sie normal leben. Deswegen sind so viele zu Voldemort übergelaufen; auch wenn es eine Lüge ist, gibt er ihnen wieder Hoffnung.“
 

Ich wartete ab; Scrimgeour blinzelte verblüfft und es schien, als würde er sich meine Worte tatsächlich durch den Kopf gehen lassen. Schließlich sagte er jedoch:

„Und wie wollen Sie die Werwölfe wieder auf die richtige Seite ziehen? Die würden wahrscheinlich glauben, dass das eine Falle wäre.“
 

Ich schloss die Augen.
 

„Da haben Sie Recht. Aber ich bin auch in diesem Wissen hierher gekommen.“ Ich hoffte, dass das, was ich nun sagen würde, nicht alles Vorherige wieder kippen würde. Ich spürte es, langsam kam Scrimgeour auf mich zu. Es war Angst, Angst vor Menschen wie Greyback, die das Leben der Werwölfe erschwerte. „Bitte ziehen Sie das Anti-Werwolf-Gesetz zurück.“
 

Malfoy versteifte sich noch mehr, als er merkte, wie weit ich mich vorwagte.
 

„Das kann ich nicht.“ Scrimgeour sah ihn mit ernstem Blick an. „Das hieße, Greyback frei herumlaufen zu lassen.“
 

„Dann lassen Sie ihn suchen, weil er ein Mörder ist!“
 

„Und was soll ich der Zaubereigemeinschaft sagen? Es ist absolut nicht seriös, ein Gesetz erst zu erlassen und es kein halbes Jahr wieder zurück zu ziehen!“
 

Ich seufzte.
 

„Mr Scrimgeour“, ich konnte mich kaum davon abhalten, belehrend zu klingen, „Sie wollen den Krieg doch gewinnen, oder?“ Scrimgeour nickte. „Dann versuchen Sie, so viele Leute wie möglich auf Ihre Seite zu ziehen.“ Der Minister zögerte. „Ich werde Ihnen helfen.“
 

Da sah er plötzlich auf; es funkelte in seinen Augen.
 

„Werden Sie sich für das eine oder andere Interview zur Verfügung stellen?“
 

„Ja.“
 

„Und selbstverständlich werden Sie uns im Kampf gegen Voldemort zur Seite stehen.“
 

„Ja. Ich werde tun, was ich kann.“
 

Scrimgeour nickte.
 

„Gut. Unterschreiben Sie das.“ Er kramte in seinen Schubladen herum und holte einen fertigen Vertrag hervor. Ich hob meine Augenbrauen hoch, zögerte jedoch nicht, meinen Namen darunter zu setzen.
 

Scrimgeour sah sehr zufrieden aus, als wir das Büro verließen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Auf dem Weg zu Grey und Blaise legte Malfoy einen Arm um meine Schultern.
 

„Dieser Drecksack!“ spuckte er aus.
 

„Was ist los?“
 

„Sag bloß, du hast es nicht bemerkt.“ Malfoy sah mich entnervt an.
 

„Was soll ich nicht bemerkt haben?“
 

„Dass er dich mal wieder ausnutzt – er hat sich solange bitten lassen, bis du ihm deine Hilfe angeboten hast. Dieser Mistkerl holt wirklich immer das Beste für sich raus!“
 

Ich ließ ihn eine Weile lang schimpfen, doch als wir in den leeren Aufzug stiegen und er verstummte, umarmte ich ihn fest.
 

„Wenigstens ist Remus jetzt in Sicherheit.“
 

„Hmpf.“
 

„Wieso hast du so miese Laune?“ Die Aufzugstür öffnete sich und er stieg wortlos aus. Erst, als wir beinahe die Empfangshalle erreicht hatten, drehte er sich wieder zu mir um.
 

„Ach, ich weiß auch nicht ... hab wohl meine Tage.“ scherzte er. Dann wurde er wieder ernst. „Ich frage mich nur, ob Scrimgeour sein Versprechen halten kann – ich meine, hast du schonmal darüber nachgedacht, was das bedeutet? Wir würden nach Hogwarts zurückkehren, du und ich.“
 

Der Gedanke war mir noch nicht gekommen.
 

„Machst du dir etwa Sorgen um die Anderen?“
 

„Nein!“ Malfoy kam auf mich zu und schloss mich in seine Arme. Er flüsterte mir ins Ohr: „Ich habe Angst, dass das was zwischen uns ändert ... wenn du wieder bei Granger und Weasley bist.“
 

„Ach was, wieso sollte sich was ändern?“
 

„Weil du dann nicht mehr allein bist.“
 

Ich drückte ihn ein wenig von mir weg.
 

„Was soll das heißen?“
 

„Vielleicht weißt du es selbst nicht so genau ... aber es könnte doch sein, dass du das alles hier nur zugelassen hast, weil dir deine Freunde so fehlten. Weil du sonst niemanden hattest.“

Zu viel verlangt

Kapitel LXV : Zu viel verlangt
 

Ich starrte ihn fassungslos an. Malfoy hatte mich inzwischen wieder losgelassen; lässig stand er da, die Hände in den Hosentaschen, als wäre das, was er gerade gesagt hatte, von keinerlei Bedeutung. Ich wollte ihm alles Mögliche an den Kopf werfen. Dinge wie 'Du spinnst' oder 'Wie kannst du nur so etwas sagen?'. Doch ich konnte es nicht.
 

Denn ich war mir selbst nicht sicher. Hatte er etwa Recht? Richtig zusammen gekommen waren wir erst auf unserer Flucht, in der Zeit, wo ich dringend jemanden gebraucht hatte. Jemanden, den ich direkt vor unserer Nase hatte – Malfoy. Und als wir bei Grey unter kamen, und später, als Blaise noch dazu kam, war dieses Bedürfnis immer mehr abgeflacht. Zwar hatte ich seine Berührungen immer noch gemocht. Doch ich hatte es nicht mehr gebraucht.
 

Ich wich seinem Blick aus und wusste, dass ich ihn mit meinem Schweigen verletzte. Er wartete darauf, dass ich etwas sagte, das seine Vermutung, nein, sein Wissen widerlegte, doch ich bestätigte ihn darin nur. Es tat mir weh.
 

„Lass uns zu den Anderen gehen.“ Malfoys Stimme war ungewohnt kalt.
 

Wie in Trance bewegte ich mich in Richtung Empfangshalle und sah ihn nicht an, während er vor mir schritt. Den Kopf hatte er wie immer erhoben.
 

Als ich Grey und Blaise erkannte, wie sie auf zwei der vielen Stühle Platz genommen hatten und uns aufgeregt ansahen, versuchte ich, so normal wie möglich zu wirken. Ich begrüßte sie, sie fragten mich aus, ich antwortete. Ich bekam kaum etwas von meinem eigenen Gespräch mit. Hatte Malfoy Recht? Selbst wenn ich angestrengt darüber nachdachte, wusste ich wirklich nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich Hermine und Ron wiedersah.
 

„Wir sollten gehen.“ unterbrach Malfoy schließlich Blaise' Fragen und sah an mir vorbei. „Die Leute starren uns alle an.“
 

„Wir mussten eben schon ein paar Reporter abwimmeln.“ sagte Blaise geistesabwesend, doch er musterte mich mit einem seltsamen Blick. Ich nahm an, dass er die Spannung zwischen uns bemerkt hatte.
 

Irgendwie waren wir alle nicht in der Stimmung, in der wir eigentlich hätten sein sollen, als wir das Zaubereiministerium wieder verließen.
 

~~~~~*~~~~~
 

Gegen Abend hatte sich dies immer noch nicht geändert. Grey und Blaise waren verschwunden, gleich nachdem wir wieder zurück waren, höchstwahrscheinlich, um wieder an ihrem Projekt weiter zu arbeiten. Ausnahmsweise interessierte mich das Fortschreiten des neuen Tranks nicht; Malfoy schienen seine eigenen Worte schwer im Magen zu liegen: Er hatte kaum ein Wort gesprochen und war zur Abwechslung mal derjenige, der viel nachdachte. Er saß auf dem Sofa, einen heißen Tee in den Händen, der langsam erkaltete, und starrte Löcher in die Luft. Ich war mir sicher, das ich nie so abwesend wie er gewesen war.
 

„Malfoy?“ Ich setzte mich neben ihn, doch er beachtete mich nicht. Dass die Lage ernst war, erkannte ich daran, dass er seine Finger von mir ließ; normalerweise hätte er jede Gelegenheit genutzt, die wir beide allein waren. Er seufzte. „Es wird sich nichts zwischen uns ändern.“ sagte ich, doch es klang mehr nach einer Frage.
 

Malfoy wandte abrupt den Kopf.
 

„Wie kannst du dir da so sicher sein?“ fuhr er mich an. „Denk doch mal nach! - Wir waren jahrelang Feinde und – das ist einfach nicht möglich, du und ich, dass wir einfach so zusammen sein könnten! Überhaupt ...“, er trank zum ersten Mal einen Schluck Tee und wirkte dabei auf einmal viel zu ruhig, „was ist, wenn deine Freunde was dagegen haben?“
 

„Quatsch!“ Auch ich wurde allmählich wütend. „Hermine weiß doch schon längst Bescheid-“
 

„Sie denkt aber immer noch, ich würde dich dazu zwingen!“
 

„Ich glaube eher, sie weiß mehr, als sie zugegeben hat.“
 

Das brachte Malfoy für's Erste zum Schweigen. Doch es war etwas, dessen ich mir schon länger bewusst war: Hermine wusste ganz genau, was zwischen mir und Malfoy lief. 'Euch verbindet irgendwas', hatte sie mal zu mir gesagt, an diesem einen Abend hoch oben im Turm. Damals war ich hin und her gerissen gewesen – zwischen dem Hass, den ich jahrelang für Malfoy empfunden hatte, und diesem neuartigen Gefühl, das ich bis vor kurzem nicht zulassen wollte.
 

Es konnte nicht so sein, wie Malfoy es gesagt hatte. Möglicherweise würde sich irgendetwas zwischen uns ändern; vielleicht mussten wir unsere Beziehung geheim halten, oder sie öffentlich machen, vielleicht konnten wir nicht mehr so oft beisammen sein. Vielleicht würde es leichter, vielleicht würde es schwerer werden. Doch es würde nicht zu Ende sein.
 

Doch das sagte ich Malfoy nicht.
 

„Hast du Angst?“ fragte ich stattdessen.
 

„Unsinn.“
 

„Dann ... lass uns einfach abwarten.“
 

Seine Hände verkrampften sich abrupt um seine Tasse und er sog zischend den Atem ein.
 

„Abwarten, ja?“
 

„Abwarten und Tee trinken.“ versuchte ich mich an einem Witz – ein Fehler. Die Stimmung war ohnehin schon im Eimer gewesen, doch jetzt stand Malfoy so plötzlich auf, dass der Tee gefährlich hoch schwappte. Er knallte die Tasse auf den Tisch, sodass er ein paar Spritzer auf dem Holz verteilte, und baute sich vor mir auf.
 

„Abwarten?“ schrie er mich an, sodass Grey und Blaise uns unmöglich überhören konnten. „Glaubst du, ich habe mir völlig umsonst diese Mühe gemacht? Ich habe keine Lust, nur irgendein billiger Ersatz für deine Freunde zu sein!“
 

Auch ich sprang auf, doch er schubste mich nur zurück auf das Sofa.
 

„Verdammt nochmal, wie kommst du auf sowas?“ schrie ich zurück. „Du bist kein Ersatz! Schlaf ich etwa mit meinen Freunden?“
 

„Du kapierst mal wieder gar nichts.“ Malfoy fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht. „Dumm wie eh und je.“
 

„Nenn mich nicht dumm!“ zischte ich.
 

„Wie soll ich dich dann nennen? Du brauchst für alles immer so ewig, das geht mir auf die Nerven!“
 

„Dann such dir doch 'nen Anderen!“
 

Stille. Ich wusste, dass ich zu weit gegangen war. Es war genau das, was Malfoy befürchtet hatte: Dass er mir nicht wichtig war.
 

„Ganz toll ...“ Malfoys Stimme war leise; einige Haare waren ihm über die Stirn gefallen und er wandte sich ab, sodass ich nicht den Ausdruck in seinem Gesicht lesen konnte. „Wirklich großartig.“ Er drehte sich ganz um und wollte das Zimmer verlassen.
 

Doch ich sprang auf und packte ihn am Arm.
 

„Wo willst du hin?“ Er antwortete nicht. „Mensch, Malfoy, jetzt stell dich nicht so an! Du weißt, dass das nicht so gemeint war.“
 

Malfoy entriss mir seinen Arm, dann sah er mich an. In seinem Blick lag Wut, blanke Wut.
 

Und eine Sekunde später fand ich mich an die nächstbeste Wand gedrückt wieder, mit seinen Lippen auf den meinen. Er achtete nicht auf meinen Widerstand, den ich seit langer Zeit zum ersten Mal ausübte, sondern drängte sein Knie zwischen meine Beine und ließ mir keinen Raum zum Atmen.
 

Ich war mir bewusst, was er vorhatte. Wie immer ablenken. Er hatte mit mir reden und sich versichern wollen, dass wir wirklich eine Beziehung führten, doch ich hatte ihn in seinem Zweifel nur verstärkt. Er hatte weiterhin darauf beharrt, hatte dringend nach einer Antwort verlangt, doch ich gab ihm keine. 'Abwarten' hatte ich gesagt. Als würde es mich nicht interessieren – ja, so musste es ihm vorgekommen sein. Und nun suchte er sich seinen eigenen Ausweg, indem er sowohl mich als auch sich selbst abzulenken versuchte.
 

Ich stieß ihn von mir, was mir durch den Überraschungseffekt auch tatsächlich gelang. Er sah mich an, wartend.
 

„Hör zu, Malfoy.“ Ich holte tief Luft. „Kann natürlich sein, dass du Recht hast.“ Die Worte hingen einen Moment verheißungsvoll in der Luft. „Aber ich glaube nicht daran. Weißt du auch warum?“ Malfoy starrte mich nur weiterhin böse an. „Weil ich auch schon vorher, bevor wir Hogwarts verlassen haben, so ... ein Gefühl hatte.“ umschrieb ich es. Ich traute mich nicht, das Wort 'Liebe' auszusprechen.
 

„Aha.“ entgegnete Malfoy bloß. Dann schlug er plötzlich mit der Faust gegen die Wand, nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Ich zuckte zusammen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das einmal sagen würde. Aber ich halte es einfach nicht mehr aus!“ Er sah mir fest in die Augen.
 

„W-Was?“
 

„Diese ewige Unsicherheit! Ich möchte einmal, nur einmal, einen Tag erleben, an dem ich mir nicht um irgendetwas Sorgen machen muss!“
 

„So was gibt’s nicht.“ hörten wir plötzlich neben uns. Erschrocken fuhren wir auseinander. „Merlin, ihr solltet euch mal hören!“ wies Blaise uns zurecht. „Andauernd streitet ihr euch – wie ein altes Ehepaar! Im Übrigen hat Harry Recht.“ meinte er an Malfoy gewandt. „Was anderes als abwarten könnt ihr wirklich nicht. Egal, was Harry dir sagt, du wirst eh nie etwas glauben, was du nicht mit eigenen Augen gesehen hast.“
 

Malfoy sah ihn nur abweisend an.
 

„Halt dich da raus.“
 

Meine Wut, die für einen kurzen Moment ein wenig eingedämmt gewesen war, kam wieder.
 

„Malfoy!“
 

„Verdammt, nenn mich gefälligst nicht so! Ich heiße Draco!“ fuhr er mich an.
 

„Ich nenn dich erst so, wenn du nicht mehr dieses selbstgefällige Arschloch bist!“ Damit stieß ich ihn endgültig beiseite und verließ das Zimmer und anschließend Greys Wohnung so rasch wie möglich.
 

Soll er doch sehen, was er davon hat!, dachte ich wütend und wischte mir über die Augen. Ich werde ihn ganz bestimmt nicht verlassen!

Hoffnungsschimmer, mit Angst vermischt

Kapitel LXVI : Hoffnungsschimmer, mit Angst vermischt
 

Kurz nachdem ich aus der Wohnung gerannt war, musste ich mich mit einem Problem befassen: Wo, bei Merlin, sollte ich schlafen? Nach diesem Streit neben Malfoy zu übernachten schien mir schier unmöglich, außerdem hatte ich keine Lust darauf, dass er mich deswegen ansprechen könnte. Grey war wohl auch keine Möglichkeit, das würde Malfoy nur noch eifersüchtiger machen. Und Blaise schlief immer bei ihm.
 

Ich hockte inzwischen auf der Treppe im Erdgeschoss und fror in der kalten Luft. Möglicherweise war es eine dumme Idee von mir gewesen, die Wohnung ganz zu verlassen, doch ich hätte es wohl genauso wenig ertragen, Malfoy in jenem Moment in meiner Nähe zu haben. Von oben hörte ich, wie jemand eine Tür öffnete und sie wieder verschloss; fröstelnd wartete ich darauf, dass Blaise das Treppenhaus herunterkam und mit mir reden wollen würde. Vielleicht würde er wieder Worte sagen, die mich alles klarer sehen lassen würden.
 

Es war tatsächlich Blaise; er setzte sich wortlos neben mich. Ich traute mich nicht, als Erster zu sprechen; meine Worte wären ohnehin ohne jeden Sinn gewesen. Als er endlich sprach, tat er es sehr leise und völlig anders, als ich es von ihm gewohnt war.
 

„Ich habe selten ein Paar wie euch beide erlebt.“ sagte er schlicht und schwieg wieder.
 

Er hatte wohl Recht; so ein Paar, wie er uns bezeichnete, gab es wohl kaum. Wir stritten uns immer, über jede Kleinigkeit, und eigentlich war bei uns nicht das geringste Zeichen von Liebe zu erkennen. Kaum hatte ich mich auf Malfoy eingelassen, zweifelte er wieder an mir.
 

„Glaubst du, dass Malfoy Recht hat?“ fragte ich genauso leise. Ich war mir ehrlich gesagt nicht sicher, obwohl ich es Malfoy mit all meiner Überzeugungskraft gesagt hatte.
 

„Nein.“
 

Überrascht sah ich auf. Meinte er es ernst oder wollte er mich nur aufmuntern? Sein Gesicht verriet nichts dergleichen. Doch dann lächelte er plötzlich.
 

„Ich habe selten so ein Paar gesehen“, begann er vom Neuen, „das sich so sehr liebt wie ihr euch beide.“
 

Ich schreckte zurück, wusste nicht was er meinte, doch er lächelte nur weiter und etwas sagte mir, dass er mich nicht anlog.
 

„I-Ich weiß nicht was du meinst!“ Nervös fuhr ich mir durch die Haare. „Wir streiten uns doch ständig und früher ... da waren wir Feinde, ich meine ...“ Ich verstummte.
 

„Du greifst wohl schon das auf, was Draco sagt.“ murmelte Blaise. „Aber es ist vollkommener Unsinn. Hast du es denn nicht bemerkt? Er hat solche Angst davor, dass du ihn abweisen könntest – nur deswegen macht er so dumme Sachen.“ Gebannt hörte ich ihm zu und konnte nicht glauben, was er da sagte. „Glaub mir, auch wenn es nicht so aussieht, er liebt dich.“
 

„Das ist ganz schön schmalziges Zeugs, was du da von dir gibst.“ antwortete ich. Blaise funkelte mich böse an. „Sorry. Ich ... weiß nur nicht, was ich jetzt machen soll.“ Blaise verschränkte die Arme und seufzte.
 

„Du hast Angst davor, dass ihr euch wieder streiten werdet, wenn du jetzt hochgehst, nicht wahr?“ fragte er, richtig liegend wie immer. Ich nickte. „Hm ... wahrscheinlich hast du sogar Recht.“
 

Entsetzt sah ich ihn an.
 

„Was? Aber-“
 

„Im Moment, Harry! Er ist total wütend, das verstehst du doch, oder? Du bist doch selbst gerade nicht in der Lage, vernünftig mit ihm zu reden!“ Geknickt ließ ich den Kopf sinken. „Siehste!“ Blaise klopfte mir auf den Rücken. „Weißt du was? Komm einfach mir runter in den Keller, zu Grey und mir!“
 

Überrascht hob ich den Kopf.
 

„Aber ... ich bin euch doch sicher nur im Weg-“
 

„Quatsch! Außerdem haben wir Neuigkeiten für dich!“
 

„Neuigkeiten?“
 

„Gute Neuigkeiten.“ Er grinste.
 

~~~~~*~~~~~
 

Im Keller war es noch kälter als im Treppenhaus. Blaise führte mich in einen Raum, der sich, als ich eintrat, als das reinste Labor erwies: Regale, über und über mit Büchern gefüllt – ich hatte ja schon gewusst, dass Grey eine Leseratte war, aber das hatte ich nun auch nicht erwartet – auf dem Boden standen Gläser und Kartons mit Kräutern und anderen Dingen, die ich nicht identifizieren konnte und in der Mitte, leise vor sich hin brodelnd, ein Kessel mit einem Trank, der alles andere als appetitlich aussah.
 

Grey stand an diesem und rührte darin, ganz in seiner Rolle als Zaubertränkemeister aufgehend. Er schaute auf, als Blaise die Tür hinter uns zuzog und lächelte.
 

„Hast die Flucht ergriffen, was?“ fragte er und traf mal wieder ins Schwarze. Ich grinste peinlich berührt zurück und stand irgendwie hilflos im Raum; ich wusste nicht, was ich machen sollte.
 

„Setz dich doch.“ Blaise schien sich wirklich schon heimisch zu fühlen, als er einen Stuhl von einem Stapel Kartons befreite.
 

Die Luft war von den Dämpfen des Trankes angefüllt und nahm so den Hauptplatz in meinen Gedankengängen ein. Ich fragte mich, ob es der Trank war, den ich vermutete.
 

„Es ist der Anti-Werwolf-Trank.“ klärte Blaise mich auf. „Kein schöner Name, nicht? Wenn du willst, kannst du ja einen eleganteren finden.“ zwinkerte er mir zu und machte sich dann daran, einige Wurzeln zu zerschneiden.
 

„Der ... Anti-Werwolf-Trank?“ fragte ich schwach nach.
 

„Natürlich noch nicht ganz ausgereift.“ gab er zu, während Grey emsig weiter rührte. „Aber wir haben ein Mittel gefunden, dass den Trank entgiftet und sich mit jeder Zutat verträgt. Rein theoretisch müsste alles klappen, aber wie immer ... gibt es einen, der das Versuchskaninchen spielen muss.“
 

Ich schluckte und kauerte mich auf dem Stuhl zusammen.
 

„Harry.“ Grey sah mich nicht an, sondern schüttete die von Blaise zerschnittenen Wurzeln in den Kessel. „Du musst es nicht ausprobieren, wenn du nicht willst. Wir zwingen dich nicht dazu – aber es würde bedeuten, dass unsere Arbeit umsonst gewesen ist.“
 

„Nein ... ich – ich habe nur überlegt, was Malfoy wohl sagen würde, wenn's schief geht.“
 

Grey hielt kurz inne, nur eine Sekunde, dann rührte er weiter. Ich wünschte mir, dass ich sein Gesicht in diesem Moment gesehen hätte, doch seit unserem Besuch im Ministerium war er sehr schweigsam geworden und hatte noch mehr Zeit hier unten verbracht.
 

„Ich werde den Trank auf jeden Fall trinken. Ich möchte kein Werwolf mehr sein! Wenn – wenn es wirklich funktioniert und ich ... oh mein Gott ...“ Ich vergrub das Gesicht in den Händen.
 

„Das ist schön, Harry.“ sagte Grey mit seltsam heiserer Stimme, und ich glaubte heraushören zu können, dass er damit nicht meine Entscheidung bezüglich des Trankes meinte.
 

Blaise legte mir eine Hand auf die Schulter.
 

„Er wird funktionieren. Da bin ich mir sicher.“ Doch er klang unsicher, und so antwortete ich nicht, sondern starrte nur geradewegs auf Greys Rücken, hinter dem sich der Kessel verbarg.
 

„Wann ... soll ich das Zeug trinken?“ fragte ich schließlich vorsichtig nach.
 

„Wenn er fertig ist.“ meinte Grey. „Das wird nicht so bald sein, wir werden wohl noch einen Tag brauchen ... und noch ein paar Stunden, bis er abgekühlt ist und wir das Mondgras dazu mischen können.“ Was auch immer Mondgras war, ich nickte und fragte erstaunt nach:
 

„Das heißt, ich muss nicht warten, bis wieder Vollmond ist oder so?“
 

„Ne, nach unseren Berechnungen nicht.“ sagte Blaise genauso knapp und wechselte Grey beim Rühren ab.
 

Dieser setzte sich, anscheinend völlig erschöpft, neben mich auf den staubigen Boden und rieb sich das Handgelenk.
 

„Diese Rührerei ist wirklich anstrengend.“ sagte er, doch mir war klar, dass er nur ein Gespräch einleiten wollte. Doch ich wusste ebenso wenig, wie ich darauf antworten sollte. Nach einer Weile, in der wir uns angeschwiegen hatten und auch Blaise zu beschäftigt mit dem Trank war, um uns eine Starthilfe zu geben, begann ich von Neuem:
 

„Professor Grey ... wie sicher sind Sie sich, dass es funktioniert?“
 

Er blies schnaubend die Luft aus.
 

„Wenn ich dir die Wahrheit sage, wirst du nicht mehr sonderlich motiviert sein.“ gab er zu. Ich blickte ihn nur böse an. „Okay ... vielleicht fünfzig Prozent.“
 

Er hatte Recht. Danach war ich wirklich unmotiviert.
 

„Das hört sich schlimmer an, als es ist, Harry.“ meinte Blaise jedoch darauf. „Wenn's nicht klappt, heißt das nicht, dass du vergiftet wirst oder so – dass das nicht passiert, dafür haben wir schon gesorgt. Es kann nur sein, dass die Konzentration des Trankes immer noch nicht ausreicht, um deine, sagen wir mal, Werwolfgene weg zu radieren, aber die Wirkung wäre in etwa wie die eines Wolfbanntrankes. Nur viel stärker ... du wärst wahrscheinlich ziemlich betäubt.“
 

„Du redest ziemlich unfachmännisch, Blaise.“ wies Grey ihn zurecht.
 

„Sorry, Meister!“ Es war seltsam, Grey und Blaise wie Meister und Lehrling miteinander sprechen zu hören, beinahe so, wie es in der Schule war, was ich gar nicht mehr gewohnt war.
 

Blaise' Worte hatten mich ein wenig beruhigt, wie immer, doch ein wenig Sorge blieb. Und dennoch war dieser Trank die letzte Möglichkeit, die mir blieb.

Versöhnung

Ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht schonmal ein Kapitel mit diesem Titel gemacht habe ...
 

Na ja, etwas Werbung: Habe einen Naruto-OneShot mit einem etwas ungewöhnlichen Pairing hochgeladen und der hat noch keine Kommis! xDD
 

Kapitel LXVII : Versöhnung
 

Am nächsten Morgen kam ein Brief vom Ministerium an. Im Gegensatz zum letzten Mal, als wir Post bekommen hatten, saß keiner von uns am Frühstückstisch. Das lag daran, dass Grey und Blaise wieder unten im Keller waren und an dem Trank arbeiteten und mir vor Aufregung schlecht war. Malfoy indes hatte sich in das Wohnzimmer zurückgezogen und las wie zur Ankunft in Greys Wohnung in einem dicken Zaubertränkebuch. Er ignorierte mich nicht; er sah mich nur mit seltsamen Blicken an, die ich nicht so recht deuten konnte. Es war kein Hass, natürlich nicht, es war aber auch keine Eifersucht oder Sorge.
 

Ich hatte auch nicht versucht ihn anzusprechen, hatte Blaise' Rat befolgt und ihn erstmal in Ruhe gelassen, bis seine und meine Wut verraucht war. Stattdessen hatte ich den Rest des vorigen Tages und diesen Morgen in der Küche zu gebracht. Nur die Nacht hatte ich bei ihm auf dem Sofa verbracht, doch er hatte mir den Rücken zugedreht.
 

Jetzt öffnete ich die Pergamentrolle und las gelangweilt, was das Ministerium zu sagen hatte. Den Inhalt kannte ich schon, bevor ich den ersten Satz gelesen hatte: Durch die erfolgreiche Reform des Anti-Werwolf-Gesetzes wurde mir wieder erlaubt, nach Hogwarts zu gehen. Beigefügt war noch die dringende Bitte an Malfoy, dass er sich seinem Vater zeigen sollte, damit dieser sich vergewissern konnte, dass es seinem Sohn gut ging. Ich fragte mich, wie Malfoy darauf wohl reagieren würde.
 

Gleichzeitig sorgte ich mich darum, wie das erste Treffen nach Wochen mit Hermine und Ron verlaufen würde. Sicher würden sie glücklich sein, mich zu sehen, wir würden uns umarmen, Hermine würde ein paar Tränen vergießen und wie, das Goldene Trio, wären wieder komplett. Und Malfoy würde still an der Seite stehen und uns dabei zusehen müssen, wie wir so ganz ohne ihn auskamen.
 

Inzwischen konnte ich nachvollziehen, wie Malfoy sich gefühlt haben musste, als er mir unterstellte, dass ich nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen würde, wenn wir erst wieder in Hogwarts waren. Ich nahm mir vor, mein Bestes zu geben, dass dies nicht der Fall sein würde.
 

Mit klopfendem Herzen schob ich meinen Stuhl zurück und ging von der Küche aus ins Wohnzimmer. Malfoy lag auf dem Sofa, hatte mich sehr wohl bemerkt, sah aber nur kurz auf und vertiefte sich wieder in seine Lektüre.
 

„Mal- ähm, Draco.“ sprach ich ihn an, wohlwissend, dass er auf seinen Nachnamen nicht hören würde.
 

„Hm.“
 

„Ein Brief vom Ministerium ist angekommen.“
 

„Was steht drin.“ sagte er, nicht fragend.
 

„Dass wir wieder nach Hogwarts können, natürlich.“ Malfoy nickte kurz und las weiter. Ich nahm all meinen Mut zusammen. „Und ... und noch was.“
 

Jetzt sah er auf, fragend die Augenbrauen hochgezogen, doch nicht wirklich interessiert. Er sah mich nur wieder mit diesem undefinierbaren Blick an, sodass ich schnell den Kopf senkte, um ihn nicht in die Augen sehen zu müssen.
 

„Ähm ... also, ich finde das auch ziemlich ... na ja, nicht gut, aber-“
 

„Aber was?“ fragte Malfoy schneidend.
 

„Sie verlangen, dass du deinen Vater triffst.“
 

Zuerst sagte er nichts. Dann warf er mit einem Mal das Buch auf den Boden, sodass einige Seiten umknickten, sprang auf und kam auf mich zu. Ich wich erschrocken zurück, doch er riss mir nur den Brief aus der Hand; schnell huschten seine Augen von links nach rechts, als er die kurze, förmliche Mitteilung selbst durchlas. Dann warf er auch diese zu Boden.
 

„Verdammt!“ Er ließ sich wieder auf das Sofa fallen und raufte sich die Haare.
 

Ich stand hilflos da, wollte und wollte ihm nicht helfen und trösten. Ich hatte Angst davor, dass er mich abweisen könnte. Und ich war zu stolz, um als Erster auf den Anderen zu zugehen.
 

„Harry.“ Mein Nacken prickelte, als er mich so plötzlich ansprach. „Komm her.“ Es war nichts Befehlshaberisches an seinem Ton, wie man vielleicht hätte annehmen können, vielmehr klang es nach einer Bitte; und seine Stimme klang in diesem Moment so wenig nach einem Malfoy, dass ich einfach tat, was er sagte, und mich neben ihn auf das Sofa setzte, wo er mich sofort an sich zog.
 

„Ähm ... Malfoy?“ reagierte ich verwirrt und vergaß dabei ganz, ihn beim Vornamen zu nennen. Doch ausnahmsweise schien ihn das nicht im geringsten zu stören; stattdessen fing er an, sanfte Küsse auf meinen Nacken zu setzen und fummelte mir zwischendurch unter dem T-Shirt herum. „Was machst-“ setzte ich an, doch plötzlich drückte er mich nach unten, sodass ich flach auf dem Sofa lag, er über mir, und meine Einwände ignorierend. „Malfoy, hör auf mit dem Scheiß!“
 

Er hielt inne, eine Hand in meinem Haar vergraben. Ein leichtes Zittern überlief ihn, dann ließ er sich plötzlich auf mich sinken.
 

„Ich will nicht zu meinem Vater.“ hauchte er und umarmte mich fest. Dann hielt er still.
 

Ich erinnerte mich an das Gespräch bei ihm zu Hause, das er und ich mitbekommen hatten, und erschauerte. Natürlich wollte er seinen Vater nicht sehen, nicht nach dem, was er ihn hatte sagen hören. Malfoy sollte das Todessermal erhalten. Mir fiel ein, dass wir Blaise gar nicht darauf angesprochen hatten; doch er war unverletzt hier angekommen und hatte auch sonst auf mich nicht den Eindruck gemacht, als hätte man härtere Methoden angewandt, um Malfoys und meinen Aufenthaltsort aus ihm heraus zu kitzeln.
 

Zögerlich, immer noch in der Erinnerung an den gestrigen Streit, legte ich meine Arme um ihn und genoss die Wärme, die sein Körper ausstrahlte. In Momenten wie diesen hatte ich an unserer Beziehung nichts auszusetzen, doch den restlichen Teil unserer Zeit verbrachten wir mit Misstrauen und Angst.
 

„Harry, denk jetzt bloß nicht, dass ich eine Heulsuse oder sowas wäre.“
 

„Idiot.“ Ich strich ihm durch die Haare. „An deiner Stelle würde ich wohl das Gleiche tun.“
 

Nicht, dass ich wollte, dass es Malfoy nicht gut ging, doch wenigstens zeigte er dann eine bessere Seite von sich. Er war dann nicht mehr so distanziert, über alles – Handlungen und Gefühle – erhaben und war einfach ein Mensch. Möglicherweise konnte ich mich nur so mit ihm auf einer Stufe fühlen. Nicht, dass ich Minderwertigkeitskomplexe ihm gegenüber gehabt hätte.
 

„Tust du mir einen Gefallen?“ fragte Malfoy plötzlich.
 

„Kommt drauf an.“ Wer wusste schon, was er vorhatte.
 

„Sag erst ja oder nein.“ Ich seufzte. War ja klar, dass Malfoy sich nicht einfach so abspeisen lassen wollte.
 

„Ist es denn was Schlimmes?“
 

„Ja.“ Nun, wenigstens würde er dann nicht mit mir schlafen wollen. Schließlich empfand er das als etwas Gutes. Und ich irgendwie auch.
 

„Okay, schieß los.“
 

„Würdest du mitkommen? Zu meinem Vater.“ Ich starrte ihn mit großen Augen an, doch er konnte es nicht sehen, weil er seine geschlossen hatte.
 

„Würde er es nicht seltsam finden, wenn wir zwei da zusammen auftauchen?“
 

„Er weiß eh schon halb Bescheid“, murmelte Malfoy, „seitdem ich mit dir aus Hogwarts geflohen bin.“
 

„Selber Schuld.“ rutschte es mir heraus.
 

Malfoy setzte sich auf.
 

„Du bist echt ein Idiot, Harry!“ sagte er, doch anscheinend war er zu besorgt, um wirklich wütend auf mich zu sein.
 

„Sorry.“ war das Einzige, was ich sagte.
 

„Schon okay.“
 

Ich blickte ihn erstaunt an, während er es sich wieder auf mir gemütlich machte. War das alles? Es war das erste Mal, dass ich mich so bei ihm entschuldigte, doch es schien ihm zu reichen und ich wusste nicht, ob ich das nur auf seinen gegenwärtigen Zustand zurückführen konnte.
 

„Malfoy?“ Ich schluckte und sah zur Decke. „Tut mir Leid, dass ich ... gestern so sauer geworden bin.“ Es tat mir zwar Leid, doch eigentlich passte es nicht zu meinem Charakter, mich bei ihm zu entschuldigen. Schließlich, so fand ich, war es seine Schuld gewesen, dass wir uns gestritten hatten.
 

„Ich hab auch nicht richtig gehandelt.“ sagte Malfoy plötzlich. Seine Stimme hörte sich etwas unsicher an, was wohl daran lag, dass er sich selten entschuldigte. „Du und Blaise ... ihr habt Recht, ich sollte wirklich abwarten.“
 

Ich war so überrascht, dass es mir die Worte verschlug, doch gerade als ich schließlich antworten sollte, öffnete sich die Tür.
 

„Macht nur weiter! Ich hol nur was zu futtern.“ flötete Blaise und verschwand in der Küche.
 

„Der macht das absichtlich.“ grummelte Malfoy geknickt, machte aber tatsächlich keine Anstalten, sich von mir runter zu bewegen. Als Blaise wieder weg war, suchte er nach meinen Handgelenken und hielt sie fest. „Nun, das mit meinem Vater werde ich wohl nicht ändern können – sag, was ist jetzt, kommst du mit?“ Ich nickte; er würde eh nicht locker lassen. „Okay, dann können wir ja zu was Angenehmeren übergehen!“

Wiedersehen

Kapitel LXVIII : Wiedersehen
 

Die Weihnachtsferien waren gerade vorbei, als Blaise, Malfoy und ich uns auf den Weg nach London machten. Grey war zwei Tage zuvor abgereist, mit den Worten, er habe noch etwas zu erledigen und hatte uns vertrauensvoll allein in seiner Wohnung gelassen, die, dank Blaise' und Malfoys Sinn für Ordentlichkeit, der mir leider völlig fehlte, sogar sauberer und aufgeräumter als vorher war. Es war seltsam, wieder in der Öffentlichkeit zu sein, und hie und da, wenn wir einen Zauberer oder eine Hexe trafen, wurden wir, genauer gesagt ich, mit seltsamen, jedoch zumeist nicht feindseligen Blicken begutachtet. Nichtsdestotrotz war mir die Aufmerksamkeit unangenehm und so ließ ich den gesamten Weg meinen Kopf gesenkt und hielt mich zwischen Malfoy und Blaise auf.
 

Als wir den Bahnhof erreichten, war die Spannung in mir auf ihrem Höhepunkt; nicht mehr lange, und ich würde wieder alle Schüler von Hogwarts sehen – und meine Freunde, Hermine und Ron. Auch Malfoy war die Nervosität anzumerken: Seit einigen Minuten hielt er meine Hand fest in der seinen, und obwohl ich wusste, dass man uns nun erst recht mit gaffenden Blicken bedachte, machte ich keinen Versuch, mich von ihm loszueisen.
 

Denn ich mochte es und wenn der Bahnhof leer gewesen wäre, hätte ich noch ganz andere Dinge getan.
 

Schließlich standen wir vor der uns wohl bekannten Mauer. Blaise war der Erste, der scheinbar ohne zu zögern darauf zu ging, eintauchte und verschwand. Malfoy und ich blieben allein zurück und starrten auf die Stelle, durch die wir hindurch gehen mussten.
 

„Also“, sagte Malfoy und schluckte unweigerlich, „wollen wir?“
 

Ich umklammerte seine Hand. Es kostete eine Menge Mut und aus irgendwelchen Gründen war mir derselbe in den letzten Monaten abhanden gekommen – möglicherweise lag es daran, dass die Gefahr, die uns drohte, von ganz anderer Natur war. Dieses Mal musste ich keine Angst davor haben, getötet zu werden. Doch ich hatte Angst, verletzt zu werden. Durch Blicke, wie ich sie schon eben erlebt hatte, oder durch Worte, die man mir entgegen schleudern konnte. Ich war ein Werwolf und ganz Hogwarts wusste es.
 

Malfoy ging einen Schritt auf die Wand zu und zog mich sanft mit. Meine Freunde wussten es schon die ganze Zeit und hatten zu mir gehalten. Und Hermine ahnte höchstwahrscheinlich noch mehr; mit einem gewissen wohligen Schauer erinnerte ich mich abermals an die Nacht im Turm. 'Euch verbindet irgendwas“. Das tat es tatsächlich.
 

Ich setzte einen ernsten Blick auf und trat gemeinsam mit Malfoy durch die Wand. Einen Augenblick später standen wir auf dem vollen Gleis 9 ¾.
 

Zuerst wurden wir gar nicht beachtet. Die vielen Schüler, die sich noch in den letzten Minuten von ihren Familien verabschiedeten und ihre Freunde begrüßten, waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Dann aber heftete sich der erste Blick an uns, darauf ein zweiter und schließlich sahen uns alle Leute in unserem Umkreis an, als wären wir irgendeine Attraktion. Ich versuchte nicht besonders erfolgreich meine ernste Miene aufzubehalten – Malfoy schien es jedoch leicht zu fallen.
 

Wie auch zuvor, ging ich mit gesenkten Kopf durch die Menge, wie ein Verbrecher zu seiner Hinrichtung. Malfoys und ich hielten uns immer noch gegenseitig an den Händen; ihm war es zuzuschreiben, dass ich niemanden aus Versehen anrempelte, so nervös war ich. Doch auch seine Hand war schwitzig und so war ich froh, als wir die nächste Tür des Hogwarts-Expresses erreicht hatten und einsteigen konnten. Im Gang war es beinahe noch schlimmer: Ich musste mich nah an den Leuten vorbei quetschen, um weiter gehen zu können, und mir war, als würde jeden Moment jemand kommen und mich packen. Die Schüler tuschelten leise, doch laut genug, dass ich jedes Wort verstehen konnte. Ich versuchte nicht hinzuhören.
 

Ich hörte, wie Malfoy ein Zugabteil aufschob. Er schob mich hinein, schloss die Tür wieder und ließ sich dann neben mich auf den Sitz fallen.
 

„Ach du Scheiße!“ seufzte er. „Es war fast schlimmer, als ich es mir ausgemalt habe.“ Als ich nicht antwortete, sah er auf. „Harry, alles in Ordnung? Merlin, du bist blass.“ Er fasste mich an der Schulter und ließ zum ersten Mal meine Hand los.
 

„Ja ja, alles klar ...“ murmelte ich, was wohl nicht besonders überzeugend gewesen sein konnte: Plötzlich umarmte er mich und wuschelte mir durch die Haare, was wohl sein neues Hobby geworden war.
 

„Mach dir keine Sorgen, solange die uns nur ansehen, ist nichts dabei. Okay, ich muss zugeben ... es ist ein wenig unangenehm, aber das ist auch alles. Du musst sowas doch gewohnt sein.“
 

„Ja ... aber normalerweise sind diese Blicke ... so bewundernd. Jetzt sehen sie auf mich herab, als wäre ich ein ... ein Werwolf. Verdammt!“ Ich schlug mit der Faust auf das weiche Polster, was mir leider nicht die erhoffte Genugtuung verschaffte. Ich kauerte mich auf dem Sitz zusammen. „Du sagst ja gar nichts mehr.“ Malfoy seufzte.
 

„Ich weiß nicht, was ich da sagen soll. Du hast ja Recht.“
 

Wütend sah ich auf.
 

„Toll, ist das alles?“ Ich drückte ihn von mir weg, wollte es jedenfalls, doch Malfoy hielt mich fest. „Lass mich los!“
 

„Nein!“ herrschte er mich an. „Verdammt, Harry, krieg jetzt keine Panik! Es sind nur Blicke, du wirst damit leben-“
 

„Harry!“
 

Die Tür war mit einem Ruck aufgeschoben worden. Erschrocken sahen wir beide auf.
 

„Harry ...“ Hermine trat einen Schritt in das Abteil. Ihre Augen schimmerten feucht, dann überwand sie schließlich den kurzen Abstand zwischen uns und warf sich in meine Arme. „Endlich bist du wieder da, Harry!“ Auch ich umarmte sie fest; ich hatte sie nicht minder vermisst.
 

Malfoy indes hatte mich losgelassen – wohl auch, um nicht mit von Hermine erdrückt zu werden – und sah zur Tür. Ich folgte seinem Blick.
 

„Was macht Malfoy hier?“ Die feindselige Stimme gehörte Ron, der stocksteif in der Tür stand und sich nicht entscheiden konnte, ob er auf mich zukommen oder sich von Malfoy fern halten sollte.
 

„Ron, du Idiot!“ Hermine löste sich von mir. „Jetzt hör mal auf und komm her!“
 

Rons Augenbrauen zuckten kurz, doch er bewegte sich nicht.
 

„Hey, Weasley.“ Malfoy hatte die Arme verschränkt. „Ob's dir passt oder nicht, ich bleib hier.“
 

Rons Augen verengten sich.
 

„Mensch, Ron! Setz dich endlich!“ Ich zeigte auf den Platz neben Hermine, direkt gegenüber Malfoy. Es war der einzige noch freie Platz. Widerwillig ließ sich Ron darauf nieder und traktierte Malfoy weiterhin mit seinen Blicken.
 

„Was hat er hier zu suchen?“ fragte er, sah aber keinen von uns an. Hermine bedachte mich mit einem aufmerksamen Blick.
 

„Du weißt genau, was er hier zu suchen hat.“ sprang Hermine für mich in die Bresche. „Akzeptiere es endlich!“
 

Ron grummelte und verschränkte missmutig die Arme, doch er sagte nichts mehr, murmelte nur unverständlich vor sich hin.
 

„Also, erzähl mal, Harry“, begann Hermine wieder, „was habt ihr gemacht? Du hast ja gar nichts mehr von dir hören lassen!“
 

„Na ja, nicht viel ...“ fing ich an, doch Malfoy war schneller:
 

„Immerhin haben wir's geschafft, dass Lupin wieder auf freiem Fuß ist!“ meinte er stolz.
 

„Ja, davon haben wir auch gehört.“ Hermine lächelte. "Er hat den Weasleys einen Brief geschrieben, dass er sich jetzt erst mal ins Ausland absetzt, bis Gras über alles gewachsen ist.“
 

„Hey, Weasley, du könntest mir ja auch dankbar sein: Ohne mich wäre dein Werwolffreund wohl nicht mehr am Leben!“
 

„Halt die Klappe, Frettchen! Du hast ja wohl nichts dazu beigetragen!“
 

„Doch, hat er, Ron.“ sagte ich leise. Er sah mich überrascht an. „Klar, war ich es, der mit Scrimgeour geredet hat, aber ...“
 

„Aber Malfoy hat dich dabei unterstützt.“ schloss Hermine. Malfoy sah sehr zufrieden aus, während Ron immer missmutiger wurde.
 

„Ich versteh's einfach nicht!“ fuhr er auf. „Was – was findest du bitte sehr so toll an ihm?“
 

Ich schwieg; mir war eingefallen, wie wir, Ron und ich, auseinander gegangen waren: Wir hatten uns über genau dasselbe Thema gestritten, Ron hatte nicht verstehen können, was ich tat, und ich war so enttäuscht von ihm gewesen. Ich war damals weggelaufen und wir hatten uns nicht wirklich ausgesprochen. Dann war Malfoys Vergiftung dazwischen gekommen und direkt darauf war mein Geheimnis geplatzt und ich hatte fliehen müssen. Ron nahm es mir noch immer übel, dass ich, wie es aus seiner Sicht aussehen musste, 'mit dem Feind kooperierte'.
 

Und nun saßen wir ihm gegenüber, als sei es das Normalste der Welt und nichts wäre zwischen uns geschehen. Er musste mich in diesem Moment wirklich hassen.
 

„Tut mir Leid, Ron.“ Ich versuchte ihm entschlossen in die Augen zu sehen. „Aber es ist nun mal so wie es ist.“
 

„Und Malfoy und du ... ihr seid-“
 

„Zusammen.“ Malfoys Stimme schnitt scharf durch die trübe Stimmung. Rons Mund öffnete und schloss sich wieder, doch er fand keine Worte, schnappte jedoch nach Luft, als Malfoy plötzlich nach meiner Hand fasste und sie mit seiner umschloss. „Kannst du das nicht akzeptieren, Weaselby?“ zischte Malfoy. „Geht es dir nur darum, dass alles in dein kleines Weltbild passt?“

Mehr und mehr - Verständnis

Kapitel LXIX : Mehr und mehr - Verständnis
 

Ron war für's Erste außer Gefecht gesetzt. Er sah aus wie ein Fisch auf dem Trockenen, so wie sein Mund immer wieder auf und zu klappte und er verzweifelt nach Luft und Worten rang. Ich hatte Mitleid mit ihm, und zugleich war mir ziemlich unwohl zumute; spätestens, wenn ich mich von Malfoy trennen musste – also in Hogwarts in der Großen Halle – würde er seine Sprache wiederfinden und mich löchern und vielleicht auch davon überzeugen wollen, wie schlecht Malfoy für mich sei.
 

Ich seufzte, ließ aber nicht seine Hand los. Malfoy beachtete Ron seit einigen Minuten nicht mehr und sah gelangweilt aus dem Fenster. Ich dafür wusste nicht, wohin ich blicken sollte; zu Ron, der ein wirklich skurriles Bild abgab, oder zu Hermine, die sich nun in ein Buch vertieft hatte und somit auch nicht interessant war. Ich erwischte mich bei dem Gedanken, mit Malfoy allein sein zu wollen. Nein, das hatte ich nicht gedacht. Sie sollten verschwinden. Das war es. Und es schockierte mich.
 

Es war genau das Gegenteil von dem eingetreten, was Malfoy gefürchtet und ich sogar vermutet hatte: Ich vernachlässigte nicht ihn, ich vernachlässigte meine Freunde. Ich hatte sie die ganzen Wochen über vermisst, oder es zumindest geglaubt, jetzt wollte ich sie nicht mehr sehen.
 

„H-Harry ...“ Ich blinzelte, als Ron mich so plötzlich ansprach. Ich sagte nichts, sah ihn nur an. Seltsamerweise hatte ich keine Angst vor dem, was er sagen könnte. „Ich ... wenn du dir sicher bist“, begann er und warf einen misstrauischen Blick auf Malfoy, der immer noch geistesabwesend zu sein schien, „dann ist es okay. Ist ja dein Ding. Aber ... ähm ...“
 

„Spuck's aus, Weaselby.“ meldete sich Malfoy zu Wort. Ron sah ihn beinahe angeekelt an.
 

„Aber knutsch bitte nicht vor unseren Augen mit ihm rum!“
 

~~~~~*~~~~~
 

Auf Rons harmlose Bitte hin war schallendes Gelächter im Abteil ausgebrochen. Hermine hatte daraufhin ihr Buch zur Seite gelegt und, nachdem wir uns wieder beruhigt hatten, angefangen von ihren Ferien in Frankreich zu berichten, Ron hatte sich ebenfalls eingeschaltet und von einigen Pannen von Bill in Rumänien erzählt.
 

Alles in allem war die Stimmung locker, auch wenn noch eine gewisse unterdrückte Spannung zu spüren war, die jeder von uns jedoch gekonnt zu überspielen wusste. Malfoy am allermeisten. Er hielt sich eher zurück, sah weiterhin aus dem Fenster und auf die vorbeiziehende Landschaft, auch dann noch, als es langsam zu dämmern begann und schließlich so dunkel draußen war, dass man nichts mehr sehen konnte.
 

Gegen Abend hielt der Zug dann endlich mit quietschenden Rädern an. Malfoy fasste wieder nach meiner Hand und zog mich hoch und zu viert verließen wir den Hogwartsexpress.
 

Als ich den ersten Schritt nach draußen tat, erblickte ich das Schloss. Es erhob sich hell erleuchtet vor dem nachtschwarzen Himmel; ehrfürchtig sog ich die kalte Luft ein und drückte Malfoys Hand kurz. Ich hatte Hogwarts vermisst.
 

Die anderen Schüler drängten uns zum Weitergehen und schließlich stiegen wir in die vermeintlich pferdelosen Kutschen. Die Thestrale sahen mich aus leeren Augenhöhlen an. Wir sprachen die ganze Fahrt kein Wort mehr miteinander – ich, weil ich zu ergriffen von dem Anblick Hogwarts und zu nervös wegen der Ankunft war, Hermine und Ron, weil sie dies wohl bemerkten. Malfoy schwieg ebenfalls und konzentrierte sich ganz darauf, meine Hand nicht loszulassen.
 

Möglich, dass man behaupten konnte, ich sei verweichlicht, doch ich war dankbar darüber. Die Blicke, mit denen uns die anderen Schüler bedachten, als wir aus der Kutsche stiegen, bemerkte ich sehr wohl, ebenso wie das Getuschel, das uns schon am Bahnhof verfolgt hatte. Im Gegensatz zu mir blieb Malfoy völlig unberührt davon; kalt wie immer bahnte er sich seinen Weg durch die Menge, schneller als der Rest, schließlich auch schneller als Hermine und Ron, sodass diese zurück blieben, und kam schließlich als einer der Ersten an dem großen Tor an, das sich schon geöffnet hatte.
 

„Alles klar?“ fragte er mich. Ich nickte, auch wenn es nicht die Wahrheit war. Er drückte meine Hand noch einmal kurz. „Es ist besser, wenn wir von hier allein gehen. Warte auf Granger und Weasley.“ Ich nickte noch einmal und sah mich ungeduldig um. „Sehen wir uns noch nachher?“
 

Ich drehte mich wieder zu ihm um; erstaunt. Er ließ mich noch nicht los.
 

„Nachher?“
 

„Nach dem Essen. Weißt du noch, in diesem versteckten Raum, diesem Keller, den ich dir mal gezeigt hatte.“
 

Ich erinnerte mich. Damals hatte ich das erste Mal akzeptieren wollen, mit ihm zusammen zu sein – er hatte mich einfach so in diesen Raum entführt, mit mir geredet und war einfach so anders gewesen. Es war einer der ersten schönen Momente mit ihm gewesen.
 

„Klar.“ sagte ich leise. „Ich – ich werde um zehn da sein.“
 

Malfoy lächelte und ließ meine Hand los. Sekunden später war er in der an uns vorbei rauschenden Schülermenge verschwunden.
 

„Um zehn ist Sperrstunde.“ meinte eine Stimme hinter mir.
 

Ich schnellte herum, erschrocken, doch es war nur Hermine, die uns zusammen mit Ron eingeholt hatte.
 

„Ich pass schon auf, dass ich nicht erwischt werde.“
 

„Harry ... kannst du das nicht auf morgen verschieben?“
 

Natürlich wäre es vernünftiger gewesen.
 

„Ich ...“ Doch ich bemerkte schon jetzt, dass etwas, besser gesagt jemand, an meiner Seite fehlte.
 

„Oh schon klar – du bist verliebt, was?“ Hermine grinste, während Ron Würgegeräusche von sich gab. „Ron wird dir deinen Tarnumhang holen.“ Ron sah sie entsetzt an.
 

„Was?“
 

„Du hast schon verstanden, Ronald Weasley!“
 

~~~~~*~~~~~
 

Die Große Halle war bis zum Bersten mit alten und neuen Schülern gefüllt. Meine Augen glitten suchend über die Menge, konnten Malfoy jedoch nirgends ausfindig machen; und so setzte ich mich rasch neben meine Freunde, um nicht allzu viel Aufsehen zu erregen. Die meisten hatten sich ebenfalls schon auf ihren Plätzen niedergelassen.
 

„Harry!“
 

„Hey, Harry!“
 

„Wow, lange nicht mehr gesehen!“
 

Und schon wurde ich schon von allen Seiten bestürmt; Leute, die ich noch nie gesehen, geschweige denn mit ihnen gesprochen hatte, saßen nun ganz in meiner Nähe, sahen mich mit großen Augen an oder redeten auf mich ein.
 

„Hey, ist es wahr, was der Tagesprophet über dich geschrieben hat?“
 

Ich versuchte sie zu ignorieren, Hermine und Ron taten auch ihr Möglichstes, doch der Lärm hörte erst langsam auf, als McGongall sich räusperte und ihre magisch verstärkte Stimme durch den Saal hallte.
 

„Ich begrüße Sie herzlich zu einem neuen Halbjahr in Hogwarts! Ich hoffe, dass Sie angenehme Ferien hatten und sich nun erholt wieder auf Ihr Schuljahr konzentrieren können ...“ Die Rede ging weiter und weiter, und ich hatte das Gefühl, als würde sie nie enden, war aber gleichzeitig froh, dass sie kein Wort von mir oder auch nur dem neuen Gesetz fallen ließ. Jedoch war es offensichtlich, dass sie dieses Thema absichtlich vermied, was Unmut bei den Schülern hervorrief und ihre Aufmerksamkeit nur noch mehr auf mich lenkte.
 

Nach der Rede widmeten sich die meisten zum Glück ihrem Essen, das wie immer nicht zu knapp ausfiel. Ich aß nichts. Meine Laune war auf einen Tiefpunkt gesunken, den ich selbst noch nicht auf dem Bahnhof erlebt hatte. Vorsichtig hob ich meinen Kopf und lugte über die Köpfe der Schüler hinweg zum Slytherintisch. Ich meinte, einen blonden Haarschopf erkennen zu können, war mir jedoch nicht sicher, ob es Malfoy war und hörte so relativ schnell auf, ihn anzustarren.
 

„Du isst ja gar nichts, Harry.“ Hermine beugte sich besorgt zu mir herüber. „Ist es wegen Malfoy?“ flüsterte sie mir zu.
 

Ich sah sie erstaunt an. Natürlich war es wegen Malfoy.
 

„Wir haben nach halb zehn. Keine Sorge, du musst nicht mehr lange durchhalten.“
 

Sie zwinkerte sie mir zu, was mich kurz zum Lächeln brachte. Wenigstens eine, die es so gut aufnahm.
 

„Ist schon seltsam“, fuhr sie dann aber fort, „wenn ich bedenke, wie ich ihn damals erlebt habe, vor ein paar Monaten.“ Ich sah sie stumm an und verstand nicht. „Auf dem Turm, weißt du?“
 

„Das ... hatte ich ganz vergessen.“ Dass sie damals mit Malfoy und mir auf dem Turm gewesen war und Letzterer kein Geheimnis aus dem, was er mit mir vorhatte, gemacht hatte. Ich war geschockt gewesen, sie war geschockt gewesen, doch schon damals hatte sie gespürt, dass uns, wie sie es ausgedrückt hatte, irgendetwas verband. Jetzt war es da.
 

„Bevor ... bevor du damals gekommen bist“, fing ich an, „soll ich dir was sagen? Er war damals schon so ... anders. Er hat gedacht, ich wollte mich umbringen. Ich – ich weiß nicht, ob ich es wirklich wollte. Aber er – er hat mich hochgezogen und getröstet und war auf einmal so – er war auf einmal gar nicht so, wie ich ihn kannte!“
 

Der halbe Tisch hörte mir zu, doch es war mir egal.
 

„Ich ... vielleicht hätte ich einfach ... mehr darauf eingehen können. Und ich hätte es euch nicht verheimlichen dürfen; dann wäre Vieles nicht geschehen.“
 

„Ach was, Harry.“ Hermine legte mir sanft eine Hand auf die Schulter. „Du hast genau richtig gehandelt. Er weiß, was du ihm wert bist.“
 

„Genau!“ Ron stieß mir in die Seite. „Auch wenn es mir nicht passt“, seufzte er, „beweg deinen Arsch und geh zu ihm!“

Zögern

Tut mir echt Leid, dass ich letzte Woche kein neues Kapitel hochgeladen habe. Dafür gab's mehrere Gründe. Zum einen wurde ich rausgeschmissen, damit mein Bruder sturmfreie Bude hatte *hust* Hatte also keinen PC. Zum anderen hatte ich, was weniger lustig ist, ziemlichen Stress in der Schule. Die Klausurphase ist noch mein kleinstes Problem. Ich geb mir wirklich Mühe, aber meine Schreibzeit wird leider in letzter Zeit etwas eingeschränkt.
 

Und irgendwie ist das Kapitel nicht so geworden, wie ich es ursprünglich geplant hatte *drop* Na ja, viel Spaß:
 

Kapitel LXX : Zögern
 

Nachdem selbst Ron mich aufgefordert hatte zu gehen, hielt mich nichts mehr am Tisch und so war ich bereits viel zu früh an dem vereinbarten Treffpunkt. Malfoy war noch nirgendwo in Sicht, also ließ ich mich auf dem Boden neben der Statue nieder – keine zehn Thestrale hätten mich dort allein hinein treiben können; mit Schaudern erinnerte ich mich an das mulmige Gefühl, das mich beim letzten Mal begleitet hatte. Ich war in gewissem Maße aufgeregt; wir würden dort unten allein und ungestört sein und waren auch weiter als beim letzten Mal; ich fragte mich, was er wohl vorhatte.
 

Plötzlich schlangen sich von hinten zwei Arme um meinen Körper und ich zuckte erschrocken zusammen. Warmer Atme strich mir über's Ohr, als Malfoy mich ansprach.
 

„Na, konntest es wohl nicht erwarten, mich wieder zu sehen, was? Wir haben erst viertel vor zehn.“
 

„Aber selber“, setzte ich ihm errötend entgegen, „bist ja auch so früh.“
 

„Ich bin dir nur gefolgt.“
 

Malfoy ließ mich los, tippte mit dem Zauberstab an die Statue, welche daraufhin zur Seite rutschte und hielt mir die Hand hin.
 

Im Inneren war es mal wieder stockduster, und wie schon damals hielt ich mich dicht bei Malfoy auf, versuchte meinen Atem möglichst stark zu unterdrücken und lauschte angespannt auf die schwachen Geräusche, die an mein Ohr drangen. Malfoy sprach wie auch das letzte Mal kein Wort mit mir und so schwieg auch ich, bis wir in dem mir wohl bekannten Raum ankamen.
 

Malfoy setzte sich auf den Boden und zog mich gleich mit sich hinunter und auf seinen Schoß, was ich, nun vollends rot im Gesicht, über mich ergehen ließ.
 

„Weißt du noch?“ fragte er und hielt mich fest. „Als wir das letzte Mal hier waren, warst du ganz ruhig ...“
 

„Hm ...“
 

„Und wahnsinnig verführerisch.“
 

„Malfoy!“
 

„Ich heiße Draco.“
 

„Ach, das schon wieder.“
 

„Ja, das schon wieder – und ich werde dich immer und immer wieder daran erinnern, bist du mich nicht mehr so nennst.“ Er seufzte. „Ich hasse“, sagte er mit Nachdruck, „den Namen Malfoy. Nenn mich von mir aus Schatz oder Bärchen aber bitte, bitte nicht Malfoy!“ Zu meiner Überraschung erschien ein leichter Rotschimmer auf seinen Wangen.
 

„So schlimm?“
 

Er stockte kurz, dann grinste er diabolisch und drückte mich vornüber auf den Boden, bis ich auf dem Bauch lag.
 

„Verdammt schlimm.“
 

Ich wollte mich umdrehen, konnte aber nicht, er hielt mich fest.
 

„Ähm ... Mal- ich meine, ach, du weißt schon – was bei Merlin machst du?“
 

Malfoy hatte mich so unter sich fest gepinnt, dass ich mich kaum bewegen konnte; nun beugte er sich langsam zu mir hinunter und fuhr mir mit der Zunge vom Nacken bis zu den Schultern, die er nebenbei gekonnt freilegte. Selbst, wenn er mich nicht festgehalten hätte, wäre ich wahrscheinlich bewegungsunfähig gewesen; meine Beine, die als einzige noch etwas Spielraum hatten, zitterten unentwegt; meine Kehle war trocken und die Luft, die ich als klar und frisch in Erinnerung hatte, bot mir auf einmal viel zu wenig Sauerstoff.
 

Ich war nicht wirklich bei der Sache; ließ es mehr über mich ergehen als es zu genießen und zermarterte mir nebenbei das Hirn darüber, was bloß mit mir los war. Erst, als ich ein unartikuliertes Geräusch von mir gab, blickte Malfoy auf.
 

„Was ist los, Harry?“ Er rollte sich von mir herunter und stützte seinen Kopf auf seine Handflächen. „Irgendetwas ist heute anders an dir.“
 

Natürlich war es das.
 

Ich war in Hogwarts.
 

„Ist es wegen Hogwarts?“ fragte Malfoy, der Gedankenleser.
 

„Hm ...“ Es tat mir Leid.
 

Malfoy sah mich nachdenklich an und kratzte sich am Kinn, das einige hellblonde Stoppeln zeigte, dann legte er seinen Arm um mich und drückte mich an sich.
 

„Okay“, sagte er und seufzte theatralisch, „eigentlich hatte ich für diese Nacht geplant, dich die nächsten Stunden besinnungslos zu-“
 

„Malfoy!“ Ich vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge.
 

„Ja ja ... na ja, verschieben wir das eben auf später.“
 

Einerseits war ich überrascht, andererseits erleichtert. Daher blieb ich auch so liegen, wie ich war. Die Atmosphäre war bedrückend, doch ich war froh, ihn und mich so zu erleben – ich, aus Gründen, die ich selbst noch nicht genau kannte, wollte ihn einfach nur festhalten, um mir selbst Halt zu geben. Ich wusste nicht, was mich störte und ich ärgerte mich darüber, dass mir überhaupt etwas fehlte.
 

Und er, der sich in den letzten Monaten so sehr verändert hatte, obwohl er selbst am wenigsten daran geglaubt hatte.
 

Es war einer der wenigen Momente, in denen ich Malfoy wirklich genoss.
 

„Harry.“ Malfoy hatte sich in den letzten Minuten nicht bewegt, jetzt zog er mich noch näher an sich. „Ich muss dir was sagen.“
 

Ich horchte auf. Seine Stimme klang besorgniserregend.
 

„Was ist?“
 

„Ich ... als du aufgestanden bist, bin ich dir sofort hinterher, doch McGonagall hat mich abgehalten.“ Er holte tief Luft und küsste meine Wange, eine so harmlose Geste, dass ich mir nun wirklich Sorgen zu machen begann. „Sie hat gesagt, dass mein Vater morgen nach Hogwarts kommen wird.“
 

„Was? Wann?“ rief ich erschrocken aus und drückte ihn ein wenig von mir weg, um ihn besser ansehen zu können. Er sah blass aus.
 

„Weiß ich nicht, sie wollte mir Bescheid sagen, wenn er da ist! Scheiße, Harry ...“ Er lehnte seine Stirn an meine.
 

„Hast du Angst?“ Ich war unsicher.
 

„Frag nicht, Harry.“ Er seufzte. „Natürlich hab ich Angst.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Wir machten uns mitten in der Nacht auf den Weg zu unseren Gemeinschaftsräumen. Malfoy hatte mich nach unserem Gespräch nicht einmal mehr berührt.
 

Unter dem Tarnumhang, den Ron mir tatsächlich geholt hatte, huschten wir rasch durch die menschenleeren Gänge und hielten erst an, als wir vor dem Porträt der Fetten Dame angelangt waren
 

„Soll ich dir den Umhang leihen?“ fragte ich. Er schüttelte den Kopf.
 

„Keine Sorge. Ich pass schon auf.“
 

Ich war mir da nicht so sicher, widersprach aber nicht, sondern küsste ihn kurz, was eigentlich nur eine Aufmunterung sein sollte – kaum löste ich mich jedoch wieder von ihm, zog er mich am Kragen wieder zu sich heran und küsste mich ein weiteres Mal, diesmal so heftig, dass wir uns schon nach kurzer Zeit wegen Atemproblemen trennen mussten.
 

„Das“, keuchte er, „ist ein Kuss. Gute Nacht, Harry.“
 

Er nahm den Tarnumhang von seinen Schultern und verschwand schnell im Dunkel des Ganges.
 

Ich hatte ein schlechtes Gewissen, ihn allein gehen zu lassen, hatte auch ein schlechtes Gewissen, ihn nicht von selbst aus berührt zu haben. Sein Vater machte ihm Angst. Und das machte mir Angst.
 

Als das Porträt zur Seite klappte, war der Gemeinschaftsraum schon so gut wie leer. Ein Blick auf die große Wanduhr verriet mir, dass es schon nach Mitternacht war, kein Wunder also.
 

„Hey, Harry.“ Ron und Hermine saßen in den großen gemütlichen Sesseln vor dem Kamin und hatten anscheinend auf mich gewartet.
 

„Hi.“ sagte ich leicht überrascht. „Sagt bloß, ihr wartet die ganze Zeit hier?“
 

„Natürlich!“ rief Ron sofort. „Du hast so lange gebraucht!“ Hermine zog daraufhin nur eine Augenbraue hoch, als wüsste sie ganz genau, wieso es so lange gedauert hatte. Wahrscheinlich war es auch so.
 

„Ähm ... na ja, aber jetzt können wir ja schlafen gehen.“
 

Hermine stand sofort auf, als wollte sie mich dadurch unterstützen, doch Ron blieb sitzen. Seine Hände hatten sich auf die Sessellehne gelegt, er sah mich nicht an.
 

„Ron!“ befahl Hermine warnend.
 

Ron begab sich geknickt in Richtung Treppe, während Hermine mir noch einen mitleidigen Blick zuwarf und dann selbst in ihrem Schlafraum verschwand.
 

Es war ein seltsames Gefühl, diese Treppen wieder hoch zu steigen. Das hatte ich seit mehreren Monaten nicht mehr getan. Ron und Hermine waren die ganze Zeit alleine gewesen. Ich fühlte mich schuldig, dass ich sie so überstürzt verlassen und ihnen später noch nicht einmal einen Brief geschrieben hatte. Nach Rons Nachricht, dass Remus hingerichtet werden sollte, war sowieso alles durcheinander geraten.
 

Die anderen drei schliefen wohl schon lange; jedenfalls wachten sie nicht auf, als wir uns umzogen und uns, immer noch anschweigend, in unsere Betten legten. Ich starrte an die Decke, spürte Rons Blick auf mir.
 

„Sag's.“ Ich hatte die Stille nicht mehr aushalten können. Ron hatte etwas dagegen.
 

„Harry, ich ...“ Rons Stimme hörte sich heiser an. „Ich ... ich versteh's einfach nicht. Malfoy ist doch so ein Arsch!“
 

„Da hast du Recht.“
 

„Häh?“
 

„Na ja, er ist schon ein ... Arsch. Aber er kann auch ganz anders sein, auch wenn er das nicht zugeben will.“ Ich grinste in mich hinein, als ich an einige besonders schöne Momente mit ihm zurückdenken musste. „Außerdem ändert er sich langsam. Wirklich. Er war früher ganz anders.“
 

Ron schwieg einige Minuten. Dann fragte er:
 

„Aber wieso ein – ein Junge? Wieso nicht irgendein Mädchen?“ Ich wandte meinen Kopf zu ihm. Er hatte sich auf seinem Kissen abgestützt. „Du bist doch nicht schwul – du warst doch in Cho verliebt!“
 

„Ist wirklich das dein Problem?“
 

Ron senkte nur den Kopf.

Ahnung

So, leider etwas kürzer als sonst - aber es hat einfach nichts mehr reingepasst.
 

Kapitel LXXI : Ahnung
 

Ich war früher als die anderen aus dem Schlafsaal aufgestanden. Möglicherweise war es die Nervosität, die mich nicht lange schlafen gelassen hatte: Malfoys Vater würde heute nach Hogwarts kommen. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was das für Malfoy Junior bedeuten mochte.
 

Die Große Halle war beinahe leer, auch Malfoy war noch nicht da. Ich frühstückte nicht, mir lag noch so einiges schwer im Magen – dass Ron meine Beziehung doch noch nicht so ganz verkraftet hatte, machte mich traurig.
 

Lustlos starrte ich auf mein Müsli, das ich mir nur aus Gewohnheit geholt hatte. Ich war zwar wieder in Hogwarts; doch dadurch waren, anders als ich es angenommen hatte, noch lange nicht alle Probleme gelöst.
 

Meine Hände klammerten sich an die Tischkante. Alle Probleme würden nie gelöst sein, eins blieb immer bestehen. In einer Woche war es wieder soweit; ich konnte nichts dagegen tun.
 

„Harry.“ Hermine stand vor mir. Ich hatte sie nicht bemerkt. „Dein Frühstück sieht ganz schön pampig aus. Willst du nichts essen?“ Sie setzte sich neben mich, ein dickes Buch unterm Arm.
 

„Hermine, wir haben Sonntag. Willst du etwa jetzt schon lernen?“ fragte ich tonlos und ohne ihre ohnehin nur rhetorische Frage zu beantworten.
 

„Das solltest du auch! Immerhin warst du schon seit Ewigkeiten nicht mehr da!“
 

„Als ob ich was dafür könnte ...“ grummelte ich, fing dann jedoch an, das eklig aussehende Müsli zu essen.
 

Hermine sah mir eine Weile lang schweigend zu, dann nahm sie sich ein Brot. Während sie Butter darauf schmierte, meinte sie beiläufig:
 

„Malfoy ist auch schon da.“
 

Erschrocken hob ich den Kopf. Malfoy hatte sich tatsächlich bereits an den Slytherintisch gesetzt, ohne dass ich es bemerkt hatte. Obwohl jedoch kaum jemand in der Großen Halle war, blickte er kein einziges Mal zu mir herüber. Er sah nicht sehr gut aus.
 

„Sieht aus, als hätte er gar nicht geschlafen.“ meinte Hermine skeptisch. „Ist was zwischen euch vorgefallen?“
 

„Nein, das ist es nicht. Sein Vater kommt heute.“
 

Malfoy und ich waren in ähnlicher Stimmung; auch er wollte nichts essen und starrte nur stumm vor sich hin.
 

Als sich die Halle langsam füllte, beobachtete ich, wie sich Blaise neben ihn setzte. Sie beredeten irgendetwas miteinander, hatten die Köpfe zusammen gesteckt und ich hätte zu gerne gewusst, was es war. Wahrscheinlich über Malfoys Vater, oder aber über mich.
 

Abrupt stand ich auf, hoffte, dass Malfoy mich bemerken würde und verließ die Halle.
 

~~~~~*~~~~~
 

In den Gängen Hogwarts' war es kalt geworden. Ich lief ziellos umher, wollte weder in den Gemeinschaftsraum, noch zurück in die Halle. Malfoy sollte mich nicht ignorieren – war es meine Schuld? Er hatte letzte Nacht auf den ersten Blick nicht sonderlich enttäuscht gewirkt, als ich ihn abgewiesen hatte; vielmehr war er besorgt gewesen.
 

Ich hatte Grey bisher noch nicht gesehen, wusste also nicht, ob er schon für den morgigen Unterricht da war, steuerte aber trotzdem seinen Turm an. Ich musste einfach mit jemanden reden; wenn er nicht da war, würde ich alles in die Wege setzen und versuchen, mit Malfoy zu reden. Egal wie.
 

Als ich anklopfte, hörte ich zunächst nichts. Dann hörte ich jedoch das Schaben eines Stuhls und Sekunden später wurde die Tür einen Spalt geöffnet.
 

„Harry!“ Greys Gesicht erschien in der Tür, er öffnete sie ganz und ließ mich ein. „Hätte dich nicht so früh hier erwartet!“ Er war ungewöhnlich guter Laune.
 

„Hallo, Professor.“ Ich setzte mich auf einen Stuhl, den er freigeräumt hatte. „Wann sind Sie angekommen? Ich hab sie gestern beim Essen nicht gesehen.“
 

„Kein Wunder, ich bin erst seit ein paar Stunden hier.“ Grey räumte ein paar Bücher ins Regal.
 

„Soll ich helfen?“
 

„Nein, mach dir keine Umstände.“ erwiderte Grey. „Sag mir lieber: Wie steht es mit dir und Mr Malfoy?“
 

Ich stockte kurz, als er dieses Thema so plötzlich aufgriff.
 

„Ich – äh ... wir ...“ Ich errötete heftig.
 

„Aber doch nicht das!“ lächelte Grey. „Ich meine“, er hockte sich vor mich, „die Sache mit seinem Vater.“
 

„Sie haben davon gehört?“ fragte ich erstaunt.
 

„Klar. 'Ne Menge Leute im Ministerium wissen schon darüber Bescheid. Wenn ich ehrlich bin, mache ich mir Sorgen um deinen Freund.“
 

Ich blickte zur Seite.
 

„Ich auch.“ Ich ließ den Kopf hängen. „Ich – ich weiß einfach nicht, was ich machen soll! Was, wenn er ihn von der Schule nimmt? O-Oder ihm das Mal einbrennen will? Ich, das heißt wir, wir haben ihn gehört, ihn und noch einen anderen Todesser, wie sie davon gesprochen haben! Ich hab Angst um ihn!“
 

Grey hatte meinem Ausbruch ausdruckslos zugehört, doch seine Hand hatte sich auf meine Schulter gelegt. Ich schämte mich, als ich spürte, dass mir Tränen in den Augen brannten.
 

„Er wird ihn sicher nicht von Hogwarts nehmen. Nicht, bevor er nicht hier mit seiner Ausbildung fertig ist.“ Grey lächelte aufmunternd. „Er mag zwar sonst ein schlechter Vater sein, aber Bildung ist ihm wichtig.“
 

Ich wusste nicht, was ich daraufhin sagen oder fühlen sollte. Dass ich erleichtert wäre? Sicher war ich das, in einem gewissen Maße, doch allein der Gedanken an den seltsamen Malfoy von heute morgen ließ mich wieder verzweifeln. Hatte ich ihn zu weich gemacht?
 

„Hey, lass den Kopf nicht hängen.“ Grey stand wieder auf. „Ich denke, ich könnte doch noch etwas Hilfe beim Einräumen gebrauchen.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Als ich Greys Büro wieder verließ, war ich sowohl erleichtert, als auch von einer fremden Stimmung umfangen. Etwas drückte mir die Kehle zu; ich wusste nicht, was es war – Sorge? Nein, Grey hatte mir beim Aufräumen immerzu gut zugeredet, hatte mich beruhigt, solange, bis ich mir für meine Sorge am Morgen lächerlich vorkam; Lucius Malfoy würde sicher nicht das Risiko eingehen und seinen Ruf gefährden, indem er seinen Sohn von der Schule nahm; außerdem war Malfoy selbst nicht schwach, er war stark, das wusste ich, doch weich im Kern.
 

Ich musste ihn sehen.
 

Die Gänge kamen mir kahl und leer vor, obwohl viele Schüler bereits an mir vorbei liefen; doch ich beachtete sie nicht, ich dachte an ihn und an mich. Vor allem an mich. Etwas stimmte nicht, konnte und durfte nicht stimmen – was war es? Ich kam mir plötzlich so falsch vor und machte mir tatsächlich nicht Sorgen um ihn, ich machte mir Sorgen um etwas anderes.
 

Zukunft? Malfoy und ich versuchten es seit geraumer Zeit, doch immer wieder brannte die Eifersucht in ihm – und ich konnte ihn durchaus verstehen. Die Angelegenheit mit Grey war vorbei, das spürte ich in mir, doch es war nicht ohne Folgen geblieben. Malfoy würde sich noch lange daran erinnern.
 

Ich kam mir schuldig vor, war mir auch eben, die ganze, verdammte Zeit, schuldig vorgekommen, nur weil ich mit Grey geredet hatte, in seiner Nähe gewesen war. Wenn Malfoy davon wüsste – wäre er eifersüchtig? Wäre dies ein Grund zum Streiten?
 

Ich fühlte mich kontrolliert, obwohl keiner von uns, weder Malfoy noch ich selbst, das wollte und ich wusste, das dem auch nicht so war.
 

Ich kaufte es Malfoy ab, dass er mich liebte. Und ich war mir relativ sicher, dass ich es auch tat. Trotzdem – da war immer noch dieses nagende Gefühl in mir, was einfach nicht aufhören wollte.
 

Ich befand mich in einer Geschichte. Meiner eigenen, und ich war zu faul um weiter zu lesen, um zu erahnen, was mit mir geschah. Ich wollte, dass es sich besserte, doch ich hatte einfach nicht mehr die Kraft dazu, es selbst zu tun.
 

Müde lehnte ich mich an die Wand. Was dachte ich mir da eigentlich aus? So schwer konnte es doch nicht sein; irgendwann würde es sich, ja, musste es sich sogar wieder einrenken. Malfoy würde den Besuch seines Vaters irgendwie überstehen, danach würden wir uns in irgendeine stille Ecke zurückziehen und ich würde mein Bestes geben und ihn nicht mehr zurückweisen.
 

Genervt fuhr ich mir durch die Haare. Wieso konnte sich die Wand neben mir nicht einfach öffnen, damit ich darin verschwinden konnte? Die Schülermenge war um mich, aber ich fühlte mich allein. Ich fühlte mich allein, egal wo ich war, ich langweilte mich, egal was ich tat, mein Leben war schlichtweg durcheinander. Wieso konnte ich nicht wie all die anderen auch einfach mein Leben leben und mir nicht so viele Gedanken machen?
 

Ich musste Malfoy sehen.
 

Mit diesem Gedanken stieß ich mich endlich von der Wand ab und machte mich auf die Suche nach ihm.

Flut

Jetzt kommen wieder die Ein-Wort-Kapiteltitel xD
 

Oh Mann, ein Wunder, dass ich Follower hochladen kann. Gestern Abend und heute Morgen war nämlich das Internet kaputt. Bis mein Bruder den W-Lan-Sender einmal raus und wieder rein gesteckt hat. Bravo. Danach wollten er und meine Mutter die Siedler von Catan spielen; ich hab mich breitschlagen lassen mitzuspielen. Ich hasse dieses Spiel. Hab trotzdem gewonnen, hehe ^___^
 

Kapitel LXXII : Flut
 

Malfoy saß in der Biblitothek. Ein Haufen Bücher war vor ihm ausgebreitet, als wollte er es Hermine gleichtun und jetzt schon für den morgigen Tag lernen, doch als ich näher trat, sah ich, dass er nur stumm vor sich hin starrte und kein einziges der Bücher geöffnet hatte.
 

„Malfoy?“ fragte ich leise.
 

Er sah auf, nicht überrascht, als hätte er mich erwartet.
 

„Wir könnten gesehen werden.“ sagte er tonlos.
 

„Egal.“ Ich sah, wie ein flüchtiges Lächeln über sein Gesicht huschte.
 

Ich lehnte mich an die Kante des Tisches, an dem er saß, und beobachtete leicht besorgt, wie er sich eine etwas unsaubere Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Er bemerkte es, schlug eines der Bücher auf, und sagte, ohne mich anzusehen:
 

„Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit zu duschen.“ Er stockte, dann sah er zu mir herüber, beinahe schüchtern, ängstlich. „Sie haben mich ziemlich ausgefragt. Die Anderen aus meinem Haus. - Wollten wissen, wieso ich ausgerechnet mit dir geflohen bin.“
 

„Und was hast du gesagt?“ Dass die Slytherins nicht sonderlich begeistert über seinen Abgang gewesen sein konnten, hätte ich mir auch denken können.
 

„Dass es sie nichts angeht.“ Ich blickte ihn gespannt an. „Das hat ihnen natürlich nicht gereicht.“
 

Er zog seinen Ärmel hoch und zeigte mir eine bläuliche Stelle am Handgelenk. Ich sog zischend die Luft ein; wollte seine Hand in die meine nehmen, doch er entzog sich mir.
 

„Ist halb so schlimm – außerdem war Blaise da, er hat mich sozusagen gerettet.“ Malfoy grinste, doch es verblasste schnell. „Na gut, ich will dir nichts vormachen. In meinem Haus ist im Moment die Hölle los – aber ich schaff das schon; du kennst mich doch.“
 

Das tat ich, gerade deswegen. Malfoys harte Schale hatte schon zu tiefe Risse bekommen, um noch so einen harten Schlag verkraften zu können.
 

Unwillkürlich legte ich meine Hand auf seine Schulter, beugte mich vor und küsste ihn kurz. Ich bemerkte, dass ihn ein Schauer überlief, und wenn wir nicht in der Bibliothek gewesen wären, hätte ich wohl auch versucht, diesen auszuweiten – auch wenn es vielleicht nur wegen Malfoy gewesen wäre.
 

Malfoy nahm meine Hand in seine und legte sie auf seinem Schoß ab.
 

„McGonagall war eben bei mir.“ sagte er knapp und ich wusste sofort, was es zu bedeuten hatte.
 

„Wann?“
 

„Um halb sieben heute Abend ...“ Seine Finger strichen über meinen Handrücken; er sah auf seine Bewegungen hinunter, als würden sie ihn ablenken.
 

„Also noch eine Weile.“
 

„Ich wünschte, es wäre schon soweit. Oder ... es sollte niemals soweit sein. Ich hasse diese Warterei.“ Malfoy klang nicht wie jemand, der verzweifelt war. Er kam mir viel zu ruhig vor.
 

Wir verließen die Bibliothek – angespannt, nicht miteinander redend. Als wir auseinander gingen, umarmten wir uns noch einmal kurz, dann ging jeder in eine andere Richtung. Mir war nicht wohl dabei. Ich hatte mich nicht getraut ihn zu fragen, ob er mich dabei haben wollte.
 

~~~~~*~~~~~
 

Kurz vor halb sieben stand ich vor McGonagalls Büro. Ich hatte Malfoy schon seit Stunden nicht mehr gesehen.
 

Nach wenigen Minuten lehnte ich mich an die Wand neben der Tür, wartete. Lucius Malfoy wiederzusehen, nach dem, was ich, was wir gehört hatten – eine schreckliche Vorstellung. Ich konnte nicht leugnen, dass ich nicht zumindest nervös war. Oder war es Angst? Ich weigerte mich, etwas Geringeres als dieses Gefühl kurz vor Vollmond als Angst zu bezeichnen.
 

„Ah ... wen haben wir denn da?“ Ich blickte auf. „Wenn das nicht der junge Potter ist.“
 

Die Stimme triefte vor Verachtung: Er stand vor mir. Blond, groß, mit Augen, die deutlich besagten, was er von mir hielt; ein klägliches Insekt, das es zu zertreten galt. Hier konnte er es nicht.
 

„Malfoy.“ Es war schwer den Namen, den er sich mit seinem Sohn teilte, mit dieser Wut auszusprechen, doch sein Anblick genügte mir. Ich erinnerte mich noch zu gut an die Szene in seinem Anwesen; doch ich hielt mich zurück. Er durfte es nicht wissen.
 

Nun ging er an mir vorbei, trat in den anliegenden Raum, ohne zu klopfen, und schloss die Tür lautlos hinter sich. Kein weiteres Wort der Verachtung. Er machte mich damit nur noch rasender.
 

„Harry?“
 

Malfoy war wir aus dem Nichts neben mir erschienen, sein Gesicht zeigte einen Ausdruck des Erstaunens.
 

„Was machst du denn hier?“
 

„Dich unterstützen?“ schlug ich vor.
 

„Schlag dir das mal aus dem Kopf.“ Malfoy versuchte seinen eigenen früheren Ton anzuschlagen, doch es gelang ihm nicht ganz.
 

„Willst du deinem Vater etwa ganz allein gegenübertreten?“
 

„McGonagall ist schließlich auch noch da. Du tust ja gerade so, als ob da drinnen ein Monster auf mich wartete.“
 

„Na ja, irgendwie ist es ja auch so.“
 

„Vater wir nur noch wütender werden, wenn er dich und mich zusammen sieht.“
 

„Na und? Hast du etwa Angst?“
 

„Träum weiter!“ fauchte Malfoy.
 

„Dann lass mich mit rein!“
 

In diesem Moment ging die Türe auf und McGonagall, die sich anscheinend schon die ganze Zeit in dem Raum befunden hatte, steckte den Kopf heraus.
 

„Ah, da sind Sie ja schon, Mr Malfoy. - Mr Potter, was machen Sie hier?“
 

Ich antwortete ohne zu zögern.
 

„Malfoy hat mich gebeten, dabei zu sein.“ Malfoy sah mich entgeistert an.
 

„Oh ... wenn das so ist, kommen Sie.“
 

So betrat ich als Erster das Büro. Malfoy folgte mir murrend.
 

Lucius Malfoy hatte sich inzwischen auf einen Stuhl direkt vor dem ausladenden Schreibtisch McGongalls gesetzt, welche sich nun auf der gegenüberliegenden Seite niederließ, zwei weitere Stühle beschwor und uns darauf hinwies uns zu setzen. Ich rückte meinen Stuhl nahe an den von Malfoy heran. Sein Vater beobachtete mich mit verengten Augen.
 

„Nun, wie Sie sehen, ist Ihr Sohn wohlbehalten zurück gekehrt.“ begann McGonagall und verstummte daraufhin.
 

„Ja ...“ Lucius faltete in aller Ruhe seine Hände in seinem Schoß zusammen. „Das sehe ich.“ Er durchbohrte mich mit seinem Blick. „Mr Potter scheint an seinem Verschwinden ja nicht ganz unbeteiligt gewesen zu sein, wie ich im Ministerium feststellen musste. - Sohn, was hatte das zu bedeuten?“
 

Malfoy biss sich auf die Lippe. Zu gern hätte ich ihm jetzt irgendwie beigestanden – doch selbst eine Berührung hätte ihn nur noch mehr in die Bredouille gebracht.
 

„Es tut mir Leid, Vater.“ sagte er knapp. Der unterwürfige Ton passte gar nicht zu ihm. Ich sah, wie Lucius zu einer weiteren Frage ansetzte, dann jedoch stockte; das Beisein McGongalls schien ihn davon abzuhalten.
 

„Nun, Sohn, es ist schade, dass du Weihnachten nicht mit deiner Mutter und mir verbringen konntest“, sagte er so eisig, dass der Gedanke an Weihnachten gar nicht aufkommen konnte, „aber du wirst doch sicher die nächsten Ferien bei uns verbringen wollen, oder?“
 

Malfoy und mich überlief ein Schauer.
 

Er wagte es tatsächlich ihm zu drohen!
 

„Ich ... werde darüber nachdenken, Vater.“ Malfoy hielt eisern dem Blick seines Vaters stand.
 

„Das hoffe ich.“ Er stand auf und verließ, nicht ohne mir noch einen bedeutungsvollen Blick zuzuwerfen, den Raum.
 

McGonagall räsuperte sich.
 

„Nun ... äh ... ich denke, es ist Zeit, dass Sie beide zum Abendessen gehen.“ Wir nickten, wie paralysiert standen wir auf. Malfoy ging voraus. McGonagall legte mir die Hand auf die Schulter. „Passen Sie gut auf ihn auf, Mr Potter.“
 

~~~~~*~~~~~
 

„Verdammte Scheiße!“
 

Malfoy schlug mit der Faust auf eine Wand ein.
 

Wir befanden uns in unserem neu auserkorenen Versteck; dem geheimen Raum hinter der Statue, den er mir gezeigt hatte.
 

„Verflucht!“
 

„Malfoy, beruhig dich doch, bitte!“
 

„Nein! Das kann doch alles nicht wahr sein!“
 

Malfoy war wütend. Und furchtbar verzweifelt.
 

Ich sah ihm hilflos zu; Versuche, ihn davon abzuhalten auf die Wand einzuschlagen, stießen bei ihm nur auf noch größere Wut. Seine Hand musste ziemlich weh tun.
 

„Dieser – er wird mich dazu zwingen, zu ihm zu kommen!“ Ein Schlag. „Er wird mir das Mal einbrennen lassen!“ Malfoy hielt inne und ließ sich zu Boden sinken. Ich ergriff die Gelegenheit und rannte zu ihm.
 

„Malfoy ... ich – wenn du nicht willst, wird McGonagall sicher dafür sorgen, dass du nicht fort musst!“
 

„Du weißt gar nichts!“ schrie er mich an und stieß mich weg. „McGonagall hat gar keine Macht darüber!“
 

„Aber sie ist doch-“
 

„Die Direktorin? Na und? Das ist meinem Vater und Voldemort herzlich egal!“ Er schlug ein weiteres Mal gegen die Wand.
 

„Malfoy, bitte ...“
 

„Lass mich, du kannst mir nicht helfen! Niemand kann mir helfen ...“
 

Ich sah ihm zu, wie er aufstand und weiterhin auf die Wand eindrosch.
 

Ich musste ihm doch irgendwie helfen können! Wir hatten soviel durchgemacht, hatten zusammengehalten; er war mit mir damals aus Hogwarts geflohen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, was mit ihm passieren würde, wenn sein Vater davon erfuhr. Ich wollte ihn nicht so sehen. Er war bisher mein einziger wirklicher Halt gewesen.
 

„Malfoy ...“ Ich wollte nicht weinen. „Malfoy, hör auf mit dem Scheiß!“
 

Ich hielt seine Hand fest, bevor sie auf die Härte der Wand traf und sah ihm fest in die Augen. In seinen war pure Angst zu lesen.
 

„Malfoy, ich will dir helfen! Du hast mir auch geholfen.“
 

„Du spinnst.“ Er senkte den Kopf. „Ich kann dir ebenso wenig helfen wie du mir. Was kann ich schon daran ändern, dass du ein Werwolf bist?“
 

„Du kapierst es nicht! - Ich kann dich auch nicht vor Voldemort bewahren! Ich weiß, dass er viel stärker ist als ich! - Aber – aber wir können uns gegenseitig helfen! Malfoy, ohne dich hätte ich mich damals auf dem Turm vielleicht ... wirklich ...“
 

Malfoy sagte nichts mehr, schrie auch nicht mehr. Ich spürte, dass er zitterte.
 

„Malfoy ... ich liebe dich.“
 

Ich hob seinen Kopf an und küsste ihn. Er schlang nur stumm seine Arme um mich und ließ uns beide zu Boden sinken.

Malfoys Entscheidung

Kapitel LXXIII : malfoys Entscheidung
 

Das Wiedersehen mit seinem Vater hatte Malfoy tief herunter gerissen. Obwohl ich immer wieder versuchte ihm gut zuzureden, öfter als gewöhnlich mit ihm schlief und einfach alles, was mir in den Sinn kam, tat, um ihn irgendwie aufzumuntern, konnte ich ihm nicht helfen. Ich war froh, dass Hermine Verständnis dafür hatte, dass ich weder ihr noch Ron besonders viel Aufmerksamkeit schenkte.
 

Ron war da anders. Ich spürte es an seinen Blicken, wenn ich mich verabschiedete, um mich mit Malfoy zu treffen. Ich spürte es in der abfälligen Art und Weise, mit der er von Malfoy sprach. Er ließ seine Wut an dem Falschen aus.
 

„Hältst du das aus, Harry?“
 

Malfoy und ich saßen in dem geheimen Raum, in dem wir uns seit Wochen fast täglich trafen. Er hatte sich mit geschlossenen Augen an mich gelehnt und bis zu jenem Moment, in dem er mich angesprochen hatte, hatte ich gedacht, dass er schlafen würde.
 

„Die Frage sollte ich wohl eher dir stellen.“
 

Zwischen uns gab es keine Geheimnisse mehr. Nicht seit dem Besuch von Lucius Malfoy, der beinahe einen Monat her war.
 

„Malfoy ... leg dich mal anders hin, mein Arm schläft ein ...“ Malfoy brummte und setzte sich auf. „Hab nicht gesagt, dass du dich hinsetzen sollst.“
 

„Ich weiß.“ antwortete er und rieb sich verschlafen die Augen. „Aber bald ist Sperrstunde, wir sollten uns beeilen.“
 

Wir redeten völlig normal über dieses und jenes. Über unseren Alltag genauso wie über das, wovor wir uns fürchteten. War dies das Ziel? Ich glaubte es nicht; es fühlte sich falsch an. Falsch, in jedem Moment, in dem ich mit ihm so redete, in dem ich mich von meinen Freunden entfernte.
 

Die Zeit, die ich nicht bei Malfoy verbrachte, verbrachte ich bei Grey. Es war beinahe wie in alten Zeiten: Wir tranken Tee und konnten über alles reden. Ich versuchte, ihm mein Problem mit Malfoy zu erklären – doch es gelang nicht.
 

Denn ich verstand es selbst nicht.
 

„Also dann ... bis morgen.“ Wir standen vor einem Treppenhaus. Er musste hinunter in die Kerker, ich hinauf zum Gryffindorturm.
 

„Ja ... selbe Zeit?“
 

„Klar.“ Er wandte sich um und ging die Treppe hinunter. Ich starrte auf seinen Rücken und hatte das Gefühl, dass etwas ganz gewaltig nicht stimmte.
 

„Malfoy!“
 

„Ja?“ Er hatte sich nur halb umgedreht, sein Körper war leicht angespannt; wir würden erwischt werden, wenn wir zu laut redeten.
 

„Ich- nichts.“ Ich biss mir auf die Lippe, als er trotzdem abwartend am Treppenabsatz stand. „Ich liebe dich.“
 

Er lächelte langsam, doch sein Lächeln erreichte nicht seine Augen. Das hatte es schon seit Wochen nicht mehr getan.
 

~~~~~*~~~~~
 

Ich schlich mich so leise wie möglich in den Schlafsaal. Ohnehin konnte ich die Blicke, die Ron mir zuwarf, wenn ich besonders spät wiederkam, nicht ertragen. Er sah mich immer an, als wüsste er genau, was ich getan hatte und als verachtete er es zutiefst. Ich hatte zu viel Angst, um dies als die Wahrheit zu erkennen.
 

„Harry?“
 

Mist!
 

Ron war offensichtlich noch wach. Langsam wandte ich meinen Kopf zu ihm und starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen im Halbdunkel an. Seine Augen waren nicht im geringsten geschmälert; er musste hier gewartet haben, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
 

„Hi Ron.“ flüsterte ich zurück. „Hatte nicht gedacht, dass du noch wach bist.“
 

„Schon klar ...“ Er hielt seinen Blick auf mich geheftet.
 

„Du-“
 

Im letzten Moment stockte ich – um ein Haar hätte ich ihn gefragt. Was sein Problem sei. Ob er Malfoy verachtete und ihn hasste. Oder mich.
 

Er musste diese Frage in meinen Augen gelesen haben, denn plötzlich senkte er seine und sein Gesicht verzog sich, als schämte er sich.
 

„Lass uns morgen darüber reden, okay?“
 

Er drehte sich um und vergrub sich unter seiner Decke.
 

„Klar. Morgen.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Der Unterricht ging an mir vorbei. Nicht, dass ich nichts verstand – dank Hermines aufopfernder Hilfe konnte ich mit den anderen Schülern mithalten, dennoch war ein Teil meiner Gedanken immer woanders.
 

Mir war bewusst, dass er inzwischen nicht mehr viel mit der Schwarzen Seite anfangen konnte – und garantiert kein Todesser werden wollte. Dazu brauchte ich nun wirklich keine Wahrsagerei. Doch spätestens, wenn Malfoy seinen Schulabschluss haben würde, oder noch eher, in den nächsten Ferien, würde nichts seinen Vater und Voldemort davon abhalten, ihn zu einem zu machen. Ich hatte keine Idee, wie ich ihm wirklich helfen konnte. Ich wollte mehr, als ihm nur Trost zu spenden.
 

Ich konnte mir seine Verzweiflung nicht annähernd vorstellen.
 

Ich hatte nicht viel Zeit zwischen Unterrichtsende und meiner Verabredung mit Malfoy; daher folgte ich Ron schnell, als er mir zuwinkte und dann im Schlafsaal verschwand. Draußen war schönes Wetter, weswegen sich niemand drinnen befand.
 

Als ich die Tür hinter mir schloss, hatte sich Ron bereits auf sein Bett gesetzt. Er wollte mich ansehen, wich meinem Blick jedoch immer wieder aus.
 

Ich blieb vor ihm stehen.
 

„Tut mir Leid.“ Seine Stimme zitterte.
 

„W-Was? Wofür entschuldigst du dich?“ Das hatte ich am wenigsten erwartet.
 

„Ist das nicht offensichtlich?“ Er hob den Kopf. „Ich – ich hab eigentlich nichts gegen ... gegen du weißt schon ...“ flüsterte er. „Aber irgendwie kann ich das – ich kann das nicht akzeptieren, Harry!“ Er stand auf, wohl deshalb, weil er das stille Sitzen nicht mehr ertragen konnte. „Jedes Mal, wenn ich dich sehe, muss ich daran denken wie du – wie du mit Malfoy ...“ Er schluckte. Ich sah ihn nur fassungslos an. „Es tut mir so Leid, Harry. Aber ich halte das nicht mehr aus. Entweder wirst du wieder normal ... oder das war's.“
 

~~~~~*~~~~~
 

Klack, klack, klack.
 

Ron war schon längst wieder gegangen, als das Gesagte in mein Gehirn sickerte. Mit der feinen Präzision einer Nadel, die solange stach, bis aus ihren kleinen Schnitten eine große Wunde geworden war. Und das Schlimmste war: Ich konnte Ron verstehen.
 

Ich hatte meine Hand in die Bettdecke gekrallt.
 

„Malfoy ...“
 

~~~~~*~~~~~
 

„Du bist zu spät.“ Malfoys Empfang war eher kühl.
 

„Sorry!“ keuchte ich ihm entgegen, als ich vor ihm stehen blieb. „Ich musste noch was Wichtiges erledigen.“ Ich blickte ihm in die Augen. „Ich werd's dir erzählen, komm mit.“
 

Wir gingen an unseren Stammplatz. Ich atmtete die seltsam frische Luft ein, als versuchte ich Kraft zu sammeln.
 

„Du siehst ziemlich fertig aus.“ Malfoy zog mich in seine Arme, doch es schien mir nicht, als versuchte er mich zu unterstützen. Sein Körper fühlte sich kalt an. Gemeinsam ließen wir uns zu Boden sinken.
 

„Ron.“ sagte ich nur. Er sah mich einen Augenblick lang an.
 

„Hm. Versteh schon. Das Gleiche wie in meinem Haus, ja?“
 

„Nein!“ widersprach ich ihm entsetzt. „Ron – er würde sowas nie machen – er ... er hasst mich nicht ... glaub ich zumindest.“
 

„Aber?“
 

„Er hat mich vor eine Wahl gestellt. Entweder du oder ich.“
 

„Sicher, dass er dich nicht hasst?“
 

„Das ist nicht witzig, Malfoy!“
 

„Ich weiß, ich-“
 

„Du wolltest auch etwas sagen, oder?“ Malfoy grinste kurz.
 

„Du kennst mich inzwischen wohl zu gut, was?“
 

„Was ist es?“
 

Das Grinsen verschwand und wich einem besorgten Ausdruck. Malfoy löste sich ein wenig von mir und starrte an einen unbestimmten Punkt im Raum.
 

„Ich weiß nicht, was du dazu sagen wirst.“ meinte er schließlich.
 

„Du wirst es nicht wissen, bevor du es mir nicht erzählt hast.“
 

Malfoy wandte sich um. Sein Blick machte mir Angst.
 

Im nächsten Moment hatte er mich so heftig umarmt, dass ich glaubte erdrückt zu werden. Er hielt mich fest, minutenlang, ehe er mein Gesicht in seine Hände nahm; kalt, so kalt fühlten sie sich an, wie der Rest seines Körpers.
 

„M-Malfoy ...?“
 

„Harry, ich – ich habe einen Ausweg gefunden.“ Meine Augen weiteten sich.
 

„Einen Ausweg? Heißt das, dass du kein Todesser werden musst?“ Die ersten Anzeichen eines Lächelns umzuckten meinen Mund, doch Malfoys ernster Blick und die Tatsache, dass er sich aus irgendeinem Grund überhaupt nicht zu freuen schien, ließ auch das wieder verblassen. „Heißt es nicht?“
 

„Nein.“ gestand er mir. „Harry, ich – ich werde ein Spion des Ordens.“
 

Für einen Moment setzte mein Herzschlag aus.
 

„Du – du wirst was?“
 

„Ein Spion“, wiederholte er, „des Ordens. Ich kann mich meinem Vater nicht widersetzen; egal was ich mache, er wird mich früher oder später dazu zwingen. So kann ich wenigstens noch was Gutes tun.“
 

Normalerweise hätte ich gelacht, wenn Malfoy von 'etwas Gutes tun' geredet hätte, doch dieses Mal war die Situation ganz und gar nicht zum Lachen.
 

„Aber was ist, wenn du auffliegst? Sie werden dich-“
 

„Ich weiß, Harry! Aber ich will kein Todesser werden und wenn ich mich weigere, bin ich eh tot!“
 

„Ich weiß ...“ Ich lehnte meine Stirn an seinen Brustkorb. „Aber ich hab Angst.“

Malfoy legte einen Arm um mich und zog mich zu sich.
 

„Glaubst du ich nicht? Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen ... aber irgendwas muss ich ja tun.“
 

„Entscheidung ...? Das hört sich so an, als wärst du von jemanden vor die Wahl gestellt worden.“
 

„Du bist nicht der Einzige, der Grey ab und zu einen Besuch abstattet.“

Der erste Schnee

Ich weiß, ich weiß, ich bin 'ne faule Sau xD Ich kann mich nur wieder damit entschuldigen, dass ich keine Zeit hatte ...
 

Außerdem muss ich euch jetzt eine Hiobsbotschaft überbringen: Es folgt nur noch ein Kapitel, dann ist Follower vorbei. Und, wie viele sind erleichtert? ^.~
 

Jedenfalls weiß ich noch nicht, wie lang der Epilog wird, mal sehen ...
 

Kapitel LXXIV : Der erste Schnee
 

Grey hatte mehr Geheimnisse, als ich geahnt hatte. Nein, keine Geheimnisse, verbesserte ich mich schnell. Er hatte mir nur nichts davon erzählt.
 

„Wie lange gehst du schon ... zu Grey?“ fragte ich leise.
 

„Seit wir wieder in Hogwarts sind.“ Malfoy sah an mir vorbei. „Er ist eigentlich gar kein so schlechter Kerl.“
 

„Nicht mehr eifersüchtig?“
 

„Doch.“ Malfoys Daumen streichelte über meinen Rücken.
 

Minutenlang schwiegen wir.
 

Es war nicht so, dass mich Malfoys Besuche bei Grey störten. Doch allein die Tatsache, dass er mir dies vorenthalten hatte, ärgerte mich – hatte er etwa geglaubt, ich würde anders reagieren, eifersüchtig wie er?
 

„Malfoy?“ Er brummte. Ich stellte eine andere Frage, als ich eigentlich wollte. „Willst du ... das wirklich tun? Du könntest- ich meine, was wäre wenn wir-“
 

„Nein.“ unterbrach Malfoy mich, jedoch ohne sich von mir zu lösen. „Glaub mir, ich bin schon alle möglichen Theorien durchgegangen. Es hilft alles nichts. Voldemort würde mich überall finden.“
 

„Bist du denn so wichtig für ihn?“ Ich sah zu ihm auf. Malfoy grinste schwach.
 

„Mein Vater hat mich schon in eine Menge Geheimnisse eingeweiht. Er müsste verrückt sein, mich gehen zu lassen.“
 

Wenn ich nur rein rational gedacht hätte, wäre ich wohl auch wie er zu dem Schluss gekommen; ich versuchte es auch – ich lehnte mich in die Umarmung und versuchte mich zu überreden, es zu glauben, es einfach zu glauben. Voldemort findet dich, sie werden dich zwingen, diese Dinge zu tun, du hast keine Chance, versuche wenigstens einen Nutzen daraus zu ziehen. - So wie Malfoy sich überredet hatte.
 

„Tut mir Leid, Harry.“
 

„Schon okay.“
 

Malfoys Finger stoppten abrupt.
 

„Sag das nicht. Sag nicht, dass es okay ist.“
 

„Ich – okay, ich meine ja, ich ...“ Ich holte tief Luft und seufzte. „Was ist mit Hogwarts?“
 

„Mal sehen ... was mein Vater vorhat.“
 

Malfoys Kinn ruhte auf meiner Schulter. Seine Stimme war so gleichgültig wie nie zuvor. Selbst am Anfang dieses Schuljahres hatte er mehr von sich preisgegeben.
 

~~~~~*~~~~~
 

„Wach auf, Harry!“
 

Ich murrte und zog die Bettdecke etwas höher.
 

„Harry!“
 

Grelles Licht schien durch meine geschlossenen Augenlider und so war ich gezwungen, zu blinzeln und geradewegs in Hermines Gesicht zu starren.
 

„Was willst du denn hier?“
 

„Dich wecken, was sonst?“ Ich richtete mich auf und gähnte.
 

„Ist heute nicht Samstag?“ Sie nickte. „Dann lass mich schlafen.“
 

Hermine entriss mir dir Bettdecke.
 

„Ach komm schon, lass uns ein wenig rausgehen – du brauchst dringend frische Luft, Harry!“
 

„Lass das mal mein Problem sein.“ Hermine stemmte die Arme in die Hüften.
 

„Wenn du nicht aufstehst, such ich Malfoy und schick ihn zu dir, damit er dich aus den Federn holt!“ Ich stockte kurz, vergrub dann jedoch wieder den Kopf in mein Kissen.
 

„Die Gryffindors würden ihn lynchen.“
 

„Eben. Also mach hinne.“
 

- Hermine besaß wirklich keine Gnade. Binnen weniger Minuten stand ich unten im Gemeinschaftsraum, immer noch ein wenig müde. Hermine hatte sitzend in einem der Sessel auf mich gewartet; jetzt war sie aufgestanden, hatte mich gemustert und mich dann hinter sich hergezogen.
 

„Willst du mich nicht erst mal was essen lassen?“ fragte ich sie, als sie mich an der Großen Halle vorbei dirigierte.
 

„Kein Problem, ich hab etwas für dich mitgenommen. - Schau mal!“
 

Plötzlich hatte sich ein Lächeln auf ihr Gesicht geschlichen. Wir waren in der Eingangshalle angekommen, dessen Tore weit geöffnet waren. Ich folgte ihrem Blick.
 

Draußen lagen weiße Massen von frisch gefallenem Schnee. Es schneite immer noch, ein ganz klein wenig, und die Wipfel der Bäume wurden bedeckt. Der Wind wehte nur schwach, doch ich zog mir fröstelnd die Arme um den Körper.
 

„Der Schnee kommt spät dieses Jahr.“ sagte Hermine.
 

Ich antwortete nicht. Es war noch früh, die Ersten würden wohl gerade beim Frühstück sein, und keine Menschenseele befand sich draußen. Die Schneedecke war noch unberührt.
 

„Ich habe Malfoy eine Nachricht geschickt.“ sagte Hermine plötzlich und drehte sich lächelnd zu mir um. „Er ist auch schon wach und kommt gleich.“
 

„Wir wollten uns doch eh treffen ...“
 

Hermine sandte mir einen enttäuschten Blick.
 

„Aber doch immer nur im Geheimen, Harry. Wovor habt ihr Angst? Ganz Hogwarts weiß doch eh schon Bescheid.“
 

„Ich kann auch direkt ein Schild hochhalten - 'ich bin schwul und mit 'nem Slytherin zusammen'! - Hermine, das geht nicht!“
 

„Verdammt, Harry! Du und Malfoy, ihr seid ein ganz normales Paar, ist das klar? Und wenn irgendwer was dagegen haben sollte – ist doch scheißegal! Ihr habt andere Probleme; also macht euch nicht noch mehr!“
 

Hermines Ausbruch ließ mich abrupt verstummen.
 

„Ausnahmweise muss ich ihr Recht geben.“ Ich erstarrte, als ich die bekannte Stimme hörte.
 

Malfoy war lautlos neben uns aufgetaucht, blass wie der Schnee draußen, doch er lächelte ein wenig, als er mein verblüfftes Gesicht sah.
 

„Hab ich dich erschreckt?“ fragte er selbstgefällig und ich sah, wie seine Augenbrauen kurz nach oben zuckten.
 

„Wenn ihr mich sucht, ich bin in der Bibliothek!“ Hermine winkte und verschwand so schnell, wie Malfoy gekommen war. Verdattert stand ich allein mit ihm in der Eingangshalle.
 

Malfoy blickte an mir vorbei. Vermutlich besah er sich den Schnee, der sich draußen immer höher türmte. Dann sah er wieder zu mir.
 

„Sie ist eine gute Kupplerin.“ Er grinste.
 

„Malfoy, ich ...“ Ich sah ihn nicht an, blickte zu Boden. Hinter meinen Augen brannte es heiß. Leise Schritte verrieten mir, dass Malfoy sich mir näherte.
 

„Mach nicht immer so ein Gesicht.“ Er legte seine Hände auf meine Schultern. Ich seufzte und ließ mich gegen ihn sinken. Einen Moment lang verharrten wir so regungslos, bis er mich an sich zog und mir dabei etwas ins Ohr flüsterte: „'Wenn du seufzt, zieht das Glück an dir vorbei'.“
 

Ich blinzelte, überrascht.
 

„Wo hast du das denn her?“ Ich löste mich nicht von ihm.
 

„Von meiner Mutter. War das einzig Intelligente, was sie jemals gesagt hat.“ Auch er setzte zu einem Seufzer an, unterbrach diesen jedoch mitten im Atemzug und lachte leise. Er drückte mich von sich und nahm meine Hand, wies dann auf die vom Schnee eingefrorene Wiese. „Komm, wir gehen ein Stück, okay?“
 

Ich nickte, ein wenig benommen, und ließ mich wie eben von Hermine hinter ihm herziehen. Der Schnee knirschte laut unter unseren Schritten und ich fühlte mich ein wenig unwohl, das reine Weiß durch die von unseren Fußabdrücken entstandenen Schatten zu unterbrechen.
 

Hogwarts war wunderschön. Der Himmel war eisblau und grau, dort wo die Wolken über ihn zogen. Vor uns erstreckte sich nur weiße Landschaft und die Luft war so kristallklar wie in unserem geheimen Raum, wo dieser seltsame Windhauch wehte, und so kalt, dass ich mich wunderte, dass mein Atem nicht gefror.
 

Malfoys Hand war warm. Noch wärmer empfand ich sie, weil meine eigene wohl eiskalt sein musste.
 

Nach einigen stillen Minuten hielt er plötzlich an. Wir standen am Ufer des Sees, das von Sträuchern gesäumt war. Als wir das letzte Mal hier gewesen waren, war es Herbst gewesen. Hier hatte ich Malfoy das erste Mal von mir aus geküsst. Hier hatte ich angefangen es zu akzeptieren.
 

„Du hast mich absichtlich hierhin geführt.“ sagte ich. Malfoy lächelte.
 

„Ist doch romantisch, oder?“
 

„Wäre es gewesen, wenn du's jetzt nicht gesagt hättest.“ Er lachte.
 

Und das war seltsam. War es echt, dieses Lachen? Hatte ihn diese Lösung, die ich so schrecklich fand, wirklich so geholfen, dass er wieder lachen konnte?
 

Malfoy sah mich an, als hätte er meine Gedanken gehört.
 

„Du machst dir immer noch Sorgen, oder?“ Ich nickte. „Ich auch.“
 

Nun verstand ich die Welt nicht mehr. Wie?
 

„Wie kannst du so ... fröhlich sein, wenn du dir doch Sorgen machst?“ Ich klang schärfer, als ich es beabsichtigt hatte.
 

„Weil ich nicht so ein Jammerlappen bin wie du.“ Malfoy grinste und nahm mich in den Arm. Ich konnte nichts Lustiges an der Situation finden. „Mal ehrlich, was bleibt mir Anderes übrig? Wenn ich auch noch jammern würde, bleibt mir nichts mehr vom Leben übrig.“ Seine Stimme war leiser und ernster geworden, während er sprach, doch jetzt lächelte er wieder.
 

Ich blickte zur Seite, wollte ihn nicht ansehen.
 

Er hatte Recht. Oh Merlin, er hatte ja Recht! 'Jammern', wie er es ausdrückte, war einfach, und ich war diesem Pfad ohne Weiteres gefolgt – er war mir um Vieles voraus. Hatte sich wirklich Gedanken darum gemacht, und nicht nur wie ich darüber nachgedacht, wie schrecklich unsere Situation war und wie verloren wir waren. Und war zu einem Schluss gekommen, der gefährlich war und auf den ersten Blick dumm und nicht annehmbar klang – doch der die einzig wahre Lösung darstellte.
 

„Es tut mir Leid.“ Meine Stimme war so gut wie weg.
 

Ich lehnte mich an ihn, plötzlich von einer unnatürlichen Kälte erfüllt und hoffte, dass er mich wärmen konnte. Er legte seine Arme um mich und ich dachte an nichts mehr. Dachte nicht mehr daran, was und wo wir waren, was zu tun war und was uns noch bevorstand. Es war alles egal. Wir mussten das Beste aus unserer Situation machen.

Epilog

Es ist kurz geraten, aber was soll's. Mehr hat Harry einfach nicht zu sagen.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte meinen Weblog oder mich selber per ENS ^.~
 

Epilog
 

Wir mussten das Beste aus unserer Situation machen. Das war es, was erst ihm und dann auch mir klar geworden war.
 

An ihn gelehnt, die Augen geschlossen, blickte ich zurück in diese eine verhängnisvolle Nacht in den Sommerferien, in der ich so dumm gewesen war und nicht auf den Vollmond geachtet hatte. In der sich mein Leben auf einen Schlag geändert hatte.
 

Damals hatte ich es als zerstört betrachtet. Ich hatte Remus gehasst. Ich hatte ihn gehasst, als er mir die Wahrheit sagte. Für einen Augenblick aber nur, dann sah ich, wie auch er litt. Hatte ihm noch nicht verziehen, doch hatte damit begonnen. Weil ich ihm verzeihen wollte und das war schon lange eingetreten.
 

Und Malfoy? Auch ihn hatte ich gehasst, als er meine Situation einfach ausnutzte, mit der ihm eigenen Hochnäsigkeit, die er an den Tag zu legen pflegte. Doch auch ihn konnte ich einfach nicht lange hassen. Er hatte wohl selbst nicht gewusst, auf was er sich da einließ, als er sich mit mir zu treffen begann. Was er in mir auslösen würde. Und was ich in ihm auslöste.
 

Damit hatte ich nicht gerechnet.
 

- Diese andere Seite hatte mich schockiert. Ich hatte Angst davor. Ich hatte nicht gewusst, was wahr war, was Lüge war, und ich hatte mich niemandem anvertrauen können. Dass ich Hermine wenigstens einen Teil erzählen konnte, half nur ein bisschen.
 

Jetzt hatten wir uns selbst geholfen.
 

Malfoy zitterte, doch ich wusste, dass nur die Kälte daran Schuld war – er trug nur einen Pullover und eine dünne Jacke – und deswegen zog ich ihn näher an mich heran. Kurz musste ich an Grey denken, der womöglich allein in seinem Büro saß und an seinen toten Sohn dachte, und ich erinnerte mich an die eine Nacht, die ich tatsächlich bei ihm im Bett verbracht und mit ihm geredet hatte. Der Harry von damals war verliebt und dumm gewesen.
 

Und ich war verliebt. Mehr als nur Schwärmerei.
 

Ich hatte es für unmöglich gehalten. Dass wir uns selbst helfen konnten, uns gegenseitig helfen konnten.
 

Es war nur die Kälte des Winters.
 

Der Wind wehte zunehmend beißend um unsere Körper, wirbelte die Schneeflocken auf und verklebte unsere Haare; es war kalt, doch nicht so kalt, als dass wir es nicht aushalten könnten.
 

„Sollen wir reingehen? Ich hab noch nichts gefrühstückt.“ fragte Malfoy laut gegen den Wind.
 

Ich nickte und er nahm meine Hand. Seine war immer noch kein bisschen kalt geworden.
 

„Wenn du seufzt, zieht das Glück an dir vorbei ...“ murmelte ich ganz leise.
 

„Was hast du gesagt?“ Malfoy sah mich fragend an.
 

„Nichts.“ Ich lächelte und zog ihn hinter mir her.
 

Seine Mutter hatte Recht gehabt.



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Von:  The-Witch
2011-05-16T21:02:01+00:00 16.05.2011 23:02
eine sehr sehr schöne ff. zwar seeeehr lang aber richtig schön geschrieben
weiter so

LG,
dat Illu
Von:  Baby_Gold
2010-02-24T23:21:01+00:00 25.02.2010 00:21
Merlin, jetzt träume ich schon von einer gemeinsamen Vollmondnacht! Nein, wie romantisch, wenn wir uns gemeinsam unter Schmerzen winden und anschließend den Mond anheulen …

oh mein gott ich kann nicht mehr.. muss immer noch lachen!... ^^... danke für das tolle kapi.. malfoy war klasse... bin schon gespannt wies weitergeht und wie lang ich's heute packe weiterzulesen ohne einzuschlafen... xD

lg..
Von:  kaya17
2009-12-30T22:36:40+00:00 30.12.2009 23:36
Eine wirklich tolle Fanfic. Super Mitreisend geschreiben. Hat mir sehr gut gefallen. Man kann gar nicht aufhören sie zu lesen(:
Von: abgemeldet
2009-01-01T19:11:30+00:00 01.01.2009 20:11
*heeeeeul*
habe dir ja wenige Kommi´s geschriben...dafür n paar lange xD
habe mich schon gefreut das ich nicht mehr heulen muss aber war wohl doch nichts *schnief* also eig. hast du deine geschichte ja offen gelassen und man weiß nicht was noch passieren wird und so aber ich finde es besser so :-D bestimmt würde eine fortsetzung auch genial werden aber ich finde das ende ist super gesteckt :-D Respekt (<<ööp falschgeschrieben?) das war bestimmt eine riesenarbeit und ist echt klasse geworden!
Gaaaanz Lg Mizu-chan
Von:  -Black-Pearl-
2008-11-17T18:27:02+00:00 17.11.2008 19:27
oh man,jetzt ist es vorbei.... ;__;
schade..aber der schluss ist wirklich schön...ich liebe schnee! x3 *chu*
planst du eine fortsetzung? das ende ist so offen xD
aber das finde ich gut,würde mich sehr freuen xP
verzeih mir bitte,dass ich solange auf meinen kommi hab warten lassen,aber ich bin so busy momentan,das ist nicht mehr zum aushalten o.o
ich versuche das zu ändern ;-)
also,freu mich schon auf nachricht von dir,die gesamte FF ist wirklich top!!!
*plüsch*
glG
-Pearl-
Von: abgemeldet
2008-11-05T21:39:08+00:00 05.11.2008 22:39
^^ Schöner Schluss!
Obwohl ich jetzt noch nicht damit gerechnet hatte, das es zu Ende ist!
Hat mich jedenfalls gefreut sie zu lesen! ^^

Bis dann,
Little King Leon!
Von:  black_kaito
2008-11-04T07:58:43+00:00 04.11.2008 08:58
*heul*
Ich kan ja kaum glauben, dass es schon zu Ende ist!!!
Ist aber wirklich gut geworden, ich kann es mir bildhaft vorstellen...die Beiden im Schnee, Hand in Hand!! Man wie romantisch!
*_*
Nachgedacht hat Harry ja auch viel, aber er hat ja wirklich viel erlebt...Draco hat bestimmt auch seine Geschichte zu erzählen!! *g*
Das wäre doch ne alternative für eine Fortsetzung^^
Ich finde, die ganze Story großartig, und im Epilog hat sich der Kreis der gesamten Geschichte geschlossen!!
Richtig Super!!!
Freu mich schon auf weitere Geschichten von dir!!
gglg Blacky
Von:  LindenRathan
2008-11-03T03:52:54+00:00 03.11.2008 04:52
Das war eine gute Geschichte ,mit einem guten Abschluss.
Von:  LindenRathan
2008-11-03T03:51:12+00:00 03.11.2008 04:51
Ein schönes Kapitel
Von:  MikaChan88
2008-11-02T17:56:39+00:00 02.11.2008 18:56
*heul* jetzt is es vorbei
total super
ich werde die ff total vermissen.
mach weiter so ^-^

cu,
MikaChan


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