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Miracle

von

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(Un)happy Birthday

(un)happy birthday
 

Sie sah nur die Umrisse, der zwei Personen, die im Dunkeln vor dem großen Fenster standen. Sie schienen sich tief greifend zu unterhalten, denn abwechselnd gestikulierten sie mit wilden Gebärden vor ihrem Gegenüber herum.

„Ich kann das nicht tun.“

Der kleinere Mann von beiden tobte vor seinem Gesprächspartner. Seine Gesten wirkten verzweifelt und er schien aufgewühlt zu sein, wie vor einer Aufgabe, die er nicht bewältigen konnte.

„Natürlich kannst du es tun - du musst. Ein paar Jahre hast du noch, doch ich mache dich jetzt schon mit diesem Auftrag vertraut und verlange, dass du ihn gewissenhaft ausführst. Auch wenn du noch etwas Zeit hast, bis es soweit ist, warte nicht zu lange! Scheiterst du, widerfährt dir das gleiche Schicksal, wie es ihr bestimmt ist und ich werde ebenso erbarmungslos sein. Du weißt, was auf dem Spiel steht, also versage nicht. Dein Leben wird dir ja wohl doch mehr wert sein, als das Ihre.“ Selbstgefällig sah der größere Mann, auf den Anderen herab.

„Bei allem Respekt und jeglicher Ergebenheit, mein Herr, aber ich kann das wirklich nicht tun. Es ist ihre Tochter.“

Er holte tief Luft.

„Ich habe schon viele Leben ausgelöscht, mein Herr, aber dieses Leben will nicht ich zu Ende bringen.“

Furcht trat in die Augen des kleinen Mannes. Seine Stimme war inzwischen voller Scheu.

Mit einem Flüstern sprach er weiter.

„Ich kenne die Geschichten um ihre Tochter. Man kann sie nicht besiegen, “ seine Stimme brach weg.

„Fürchtest du dich?“

Dunkle Augen funkelten ihn an.

„Du Dummkopf! Kann man dich so leicht verschrecken?“ Bedrohlich wirkten jetzt die Gestalten im Dunkeln

„Die Geschichten über das Kind besagen nur, was sein könnte – nicht was sein wird.“

Seine Stimme hatte einen Ton an sich, der die Diskussion beendete - doch sie war nicht so bestimmt, wie sie hätte sein sollen. Mit diesen letzten Worten drehte er sich um und ging in die Dunkelheit davon.

Verzweifelt fuhr der Mann, der zurückgeblieben war, sich durch sein Haar.

„Ich kann doch nicht seine Tochter vernichten. Eher werde ich zu Grunde gehen, als dass ich auch nur an sie herankomme.“

Resigniert ließ er die Schultern hängen und ging ebenfalls ins Düstere davon.

Sie sah aus dem Dunklen heraus, auf den leeren Schauplatz der jetzt vor ihr lag.

Das Bild löste sich in schwarzen, dicken Dunst auf und eine neue Kulisse tat sich auf. Diesmal kein dunkles Szenario mit unkenntlichen Männern, sonder ein heller, freundlicher Tag mit weißen Wattewolken am strahlendblauen Himmel. Eine vermummte Gestalt kam auf sie zu, sodass sie im ersten Augenblick zurückwich, dann aber neugierig zu ihm aufsah. Der Unbekannte trug einen schwarzen, zerlumpten Umhang, dessen Kapuze ihm weit ins Gesicht hing. Doch seine fast schwarzen Augen sahen aus der Tiefe der Kapuze zu ihr hinunter und zogen sie in ihren Bann.

„Verschwinde von hier!!!“

Die tiefe Stimme ließ sie erschrecken, denn die Vertrautheit seiner Augen passte überhaupt nicht zu der rauen Stimme, die sie aufforderte zu gehen.

„Wenn du dein Dorf und deinen Vater beschützen willst, solltest du verschwinden.“

Auf eine Reaktion und vielleicht sogar eine Antwort hoffend, sah er sie an.

„Es ist wirklich von größter Wichtigkeit - du kannst nicht hier bleiben … bis zum heutigen Abend musst du von hier verschwunden sein.“, sagte er unter drängendem Blick

Ihre Augen weiteten sich bei dieser Forderung. Nicht etwa vor Freude oder Erwartung, sondern auf Grund der Dreistigkeit, die der Fremde ihr gegenüber an den Tag legte.

Wieder verzerrte dichter Nebel das Bild und ein neuer Ort des Geschehens tat sich auf.

Diesmal war der blaue Himmel verschwunden und sie befand sich auch nicht in einem unheimlichen dunklen Gemäuer. Der Himmel war blutrot gefärbt. Um sich herum sah sie nur zerstörte Häuser und deren ängstliche Bewohner, die vorsichtig aus den Gassen kamen. Verwirrt drehte sie sich um ihre eigene Achse, um das Chaos zu betrachten, welches ihr Dorf heimgesucht hatte. Der dunkelrote Himmel ging mehr und mehr ins Schwarz über und die Nacht brach herein. Noch immer drehte sie sich um sich selbst, um jedes Detail dieser Zerstörung zu erfassen.

Ein paar Schritte von ihr entfernt, kniete dieselbe Person, die sie zuvor gesehen hatte und die sie gedrängt hatte, das Dorf zu verlassen. Dieser Jemand hielt sein Schwert fest umklammert und frischen Blut lief an der Klinge hinab. Eine kleine Pfütze der roten Flüssigkeit bildete sich am Boden.

Der Fremde schlug die Augen auf, die er bis eben geschlossen hielt und sah sie mit kaltem Blick an.

„Ich hab dich gewarnt! Sieh dir an, was du getan hast – es ist alles deine Schuld.“

Seine Stimme war voller Vorwürfe und sein Blick lag fest auf ihr.

Die Menschen kamen näher und betrachteten etwas, das weiter hinten lag, außerhalb ihres Sichtbereiches. Zögernd bewegte sie sich dorthin, um zu sehen was der Fremde meinte und was auch die Anderen erspäht hatten. Die Bewohner ließen sie durch die Menge, als sie sich näherte.

„Es tut mir so leid“, sagte ein älterer Mann und klopfte ihr tröstend auf die Schulter.

Sie sah ihn verwirrt an, trat noch einen Schritt näher und sah etwas auf dem Boden liegen. Zusammengekrümmt, als hätte er unsägliche Schmerzen lag ein Mann.

Das Gesicht zur Erde gewandt und den Körper in einer Lache dunkelroten Blutes.

Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie kannte das dunkle Haar, dass den Schopf des Mannes bedeckte. Sie kannte jeden einzelnen Flicken auf dem Umhang der nun Blutgetränkt war, denn sie kannte diesen Mann schon ihr Leben lang. Nur einer hatte dieses Haar, und diese Flicken. Es war ihr Vater.

Und er war tot.
 

„Neeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin“
 

Mira schreckte auf. Kalter Schweiß bedeckte ihre Stirn und ihr Atmen ging ungeheuer schnell. Sie sah noch immer die Bilder ihres toten Vaters vor sich.

„Was für ein abscheulicher Traum“

Wirr schüttelte sie ihren Kopf mit dem glatten, kastanienbraunen Haar und stieg aus dem Bett. Eine kurze Weile noch, blieb sie auf der Bettkante sitzen und starrte aus dem Fenster. Der helle Morgen fiel mit seinem warmen Sonnenlicht auf einige Stellen ihres Zimmers und erwärmte dort den Boden. Die Sonne stand schon recht hoch am Himmel und schien so direkt durch ihr Dachfenster.

Das Mädchen wusste nicht, was sie von ihrem Traum halten sollte. Er war so real und doch völlig unwirklich.

Wieso sollte Jemand ihren Vater töten wollen. Ebenso unerklärlich waren die zwei dunklen Männer, oder der Fremde.

Um ihren Kopf frei zu bekommen, und sich selbst nicht allzu verrückt zu machen, schloss sie das Thema ab und ging ins Bad um sich zu waschen. Das kalte Wasser ließ sie erst so richtig wach werden und jagte ihr zudem noch eine Gänsehaut über den Rücken. Erfrischt holte sie sich saubere Sachen und streifte sich ein weißes Hemd über ihren zierlich-anmutigen Körper. Sie war kleiner als andere Mädchen in ihrem alter, doch sie hatte eine bezaubernde, große Ausstrahlung und ein Lächeln, bei dem einem ganz warm wurde. Die Menschen im Dorf liebten sie für ihre Freundlichkeit und alle kamen gut mit ihr aus. Doch keiner kannte sie näher, denn alle bewahrten immer eine sichere Distanz zu ihr, die sie sich nie erklären konnte

Ihre Haare vielen ihr auf die Schultern, als sie ihr grünes Kleid über die Kopf gezogen hatte und sie lief runter in die Küche, um zu sehen, ob ihr Vater noch da war. Trotz ihres eigens erklärten Beschlusses, das alles nur ein dummer Traum war, wollte sie sicher gehen, dass ihr Vater wohl auf war.

Als sie die Küche betrat, konnte sie ihren Vater gesund und lebendig dabei beobachten, wie er grade seinen benutzten Becher auf den Tisch stellte und sich einen Apfel für die Arbeit einsteckte.

Erleichterung machte sich in Miras Brust breit und sie konnte nicht anders, als ihren Vater breit anzulächeln.

„Guten Morgen Paps“

Strahlend sah sie ihm in die Augen.

„Guten Morgen mein Engel. Alles Liebe zu deinem Geburtstag?!“ Stolz sah er sie an und nahm sie in den Arm.

„Du wirst von Tag zu Tag hübscher, wie deine Mutter es einst war.“, sagte er während er sie von seiner Brust weg hielt um sie anzusehen. In Erinnerungen schwelgend, legte er seinen Kopf schief, wie er es immer tat, wenn er mit seinen Gedanken wo anders war.

„Aber gut mein Engel. Ich muss zur Arbeit, sonst bauen sie das Floß noch ohne mich.“

Immer noch grinste er sie an, doch seine Augen blieben ernst, wie sie nur zu gut erkennen konnte.

„Ok Paps, denn los, ich werde auch los. Meenu wartet sicher schon auf mich. Pass auf dich auf.“

Sie lächelte ihn an und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Du auch Mira. Und heute besonders, schließlich müssen wir deinen Geburtstag ja anständig feiern. Also sei vorsichtig und aufmerksam.“

Wieder war dieser Ernst in seinen Augen, der sie stutzig machte.

„Sicher Paps. Nun aber los.“ Sie schubste ihn regelrecht zur Tür heraus und winkte ihm zum Abschied

Sie hatte ein mulmiges Gefühl, als sie ihn den Hügel hinab laufen sah.
 

Schnell trank dann auch Mira ihren Becher leer und lief los. Meenu würde sie töten, würde sie noch einmal zu spät kommen. Ihre Arbeit in dem Wirtshaus auf dem Marktplatz, hatte sie nur ihm zu verdanken. Er war ihr Onkel und neben ihrem Vater, der einzige Mensch den sie in ihrem Leben noch hatte.

In Gedanken versunken, wie der Abend verlaufen würde, prallte sie plötzlich gegen etwas. Dieses Etwas gab einen dumpfen Laut von sich und taumelte zurück.

Peinlich berührt, schaute Mira zu Boden, stammelte eine Entschuldigung und rannte weiter. Keinerlei Beachtung schenkte sie diesem Menschen, in seinem schwarzen, zerlumpten Umhang.

Keuchend betrat sie das Geschäft von ihrem Onkel und ging so unauffällig wie möglich in die Küche. Die Geschirrberge ragten schon wieder in die Höhe, sodass sie gleich mit ihrer Arbeit beginnen konnte. Sie beschwerte sich nicht über diese Tätigkeit, denn sie war zufrieden, so wie es war. Ein Lächeln huschte über ihre schmalen blassroten Lippen und sie band sich ihr weißes Kopftuch um, um zu verhindern das ihr lästige Strähnen ihrer Harre ins Gesicht fielen.

Nach einer langen Zeit und vielen, vielen Tellern und Bechern, standen ihr Schweißperlen auf der Stirn und ihr Oberteil und ihr Kleid waren am Rücken durchgeschwitzt. Sie öffnete das große Fenster neben sich, um die frische Sommerluft hinein zu lassen.

Doch anstatt angenehmer Luftmassen die sie abkühlen sollten, sprang eine schwarze Gestalt in die Waschküche. Ein Schrei entfloh ihr und sofort stand Meenu in der Küche. Panisch sah er sich um und suchte nach dem Grund für Miras Aufschrei, der so voller Schrecken war. Nach gründlichem Umsehen, fiel sein Blick auf seine Nichte.

„Was ist los?“ fragte er skeptisch und bedenklich zugleich.

Wie automatisch antwortete sie ihm, doch nicht mit der Wahrheit.

„Es tut mir leid. Ich dachte ich hätte ein Krabbeltier gesehen, doch es war nur ein Blatt, dass der Wind herein geweht hatte.“

Sofort liefen ihr die Ohren rot an, das konnte sie spüren, doch Meenu sah es nicht, dank ihrer Haare, die davor hingen.

Ihr Onkel zog die Stirn kraus, doch er sagte nichts. Langsam schloss er wieder die Tür, aber nicht ohne sich noch einmal gründlich umzusehen.

Wieso nur diese Lüge?

Sie verstand sich selbst nicht mehr.

Minuten vergingen, da stand die Gestalt erneut am Fenster. Als Mira sie sah, erschrak sie abermals, doch diesmal schrie sie nicht.

„Wer bist du??“ Verständnislos und auf alles gefasst, sah sie den Fremden auf der Fensterbank an.

„Du musst fort.“, sagte er mit tiefer Stimme aus dem Cape heraus.

Miras Gesichtsfarbe wechselte binnen Sekunden von rot auf weiß.

Sie kannte den Unbekannten, sie wusste auch was er wollte. Aber es konnte doch nich sein, dass das hier alles wirklich geschah. Das hieße ja auch das ihr Vater ….

„Nein, ganz sicher nicht, weder jetzt, noch sonst wann!“

Sie wollte nicht fort. Sie musste hier bleiben und ihren Vater beschützen.

Der Fremde nahm seine Kapuze vom Kopf und sah sie an. Seine Augen noch schöner, als sie sie vom Traum her kannte. Das dunkelste braun, das sie je gesehen hatte. Und seine Haare, sie waren ebenfalls braun, dich nicht so wie seine Augen sondern etwas heller und wenn die Sonne drauf fiel, glänzten sie, als wäre er mit Goldstaub berieselt worden.

„Wir sind uns schon einmal begegnet, ich weiß es ebenso gut wie du. Und du weißt auch was geschieht, wenn du nicht gehst. Du hast es gesehen.“

Mit diesen weiteren Worten, riss er sie aus ihrer Beobachtung

Ernst sah er sie an, doch sein Blick war gutmütig und geduldig.

„Nein, ich weiß gar nichts. Lass mich in Ruhe, ich will nichts mit dir zu tun haben.“

Angst durchströmte sie und sie war entschlossen alles abzustreiten, was mit diesem Traum zu tun hatte.

„Sei nicht dumm. Du musst hier weg und wenn es nur deiner Familie wegen ist. Du kannst nicht bleiben. Ich bringe dich weg von hier, wo sie dich nicht finden.“

Sie spürte die Dringlichkeit seiner Worte, doch sie ignorierte sie.

„Das ist mir egal, wer auch immer was von mir will, kann ja kommen, aber ich bleibe hier. Und jetzt geh, ich habe zu arbeiten.“

Mit diesen Worten packte sie das Fenster und schlug es zu. Ein dumpfer Aufprall folgte und ein Stöhnen und sie konnte nicht anders, als zu grinsen.

Die Vorstellung war zu komisch, wie er nun verdutzt im Gras lag.

Sie machte weiter mit ihrem Abwasch, doch ihre Gedanken kreisten um die Worte des Fremden.

„Versuchen wir einen Neuanfang??“

Mira schreckte auf und wandte sich um. Hinter ihr stand ihr Unbekannter lässig an die Wand gelehnt.

„Wie kommst du hier rein??“ Ärgerlich, aber beeindruckt sah sie ihn an

„Magie“, scherzte er, doch seine Augen verharrten in einem unveränderten, ernsten Ausdruck

Wieder an ihren Vorsatz erinnert, drehte sie sich zum Wasserkübel mit dem Seifwasser und fuhr mit ihrer Arbeit fort.

„Also mein Name ist Ejwyn. Mein Auftrag, den ich gewissenhaft erledigen muss, ist dich von hier fortzuholen und dich zu beschützen“

Das Plauderthema war als dieses sehr fragwürdig, nichtsdestotrotz reichte er ihr zur Begrüßung die Hand, als wären sie sich noch nie begegnet, doch sie missachtete ihn weiterhin.

Er würde sie noch zur Vernunft bringen, das wusste er und mit diesem Ziel vor Augen, redete er weiter auf sie ein, den ganzen Nachmittag lang.

Mira spülte so, weiterhin den ganzen Tag das Geschirr der Besucher und Ejwyn war bemüht sie zu überzeugen, wo hingegen sie so tat, als wäre er nicht existent.

Was Mira allerdings erstaunte, war die Tatsache, dass Meenu Ejwyn nicht sah, wenn er neues Geschirr herein trug und das, obwohl Ejwyn die ganze Zeit bei ihr stand.

Durchs immer noch geöffnete Fenster konnte Mira den hereinberechenden Abend erkennen.

„Die Sonne geht unter, die Zeit drängt uns, Mira.“

Ejwyns Blick war ihrem gefolgt und in seinen Augen sah sie Zweifel, ob sie es überhaupt verhindern könnten, was geschehen sollte.

Mira hatte nicht wahrgenommen, dass sie Ejwyn die ganze Zeit angestarrt hatte, doch nun legte er den Kopf schief, als erwarte er eine Reaktion von Mira, sie so abwesend aussah.

Doch plötzlich durchzuckte ein kurzer Schrei die Stille und Mira rannte panisch nach vorn.

Es war ihr Onkel der da geschrieen hatte und er klang Schmerz erfüllt. Als sie den Raum betrat, sah sie Meenu vor dem Tresen hocken und die Blutstropfen die sich auf dem Boden sammelten.

Alle Besucher waren schon fort, bis auf zwei Männer, die Mira aufmerksam musterten.

Sofort blickte der eine den anderen an und flüsterte ihm etwas zu. Dann sah der eine auf und schüttelte mit dem Kopf. Irritiert sah sie von einem zum anderen und wandte sich sofort wieder an ihren Onkel.

Sie beugte sich zu ihm hinab und sah dann den Scherbenhaufen vor ihm. Ihm war ein Teller auf den Boden zersprungen und er hatte sich geschnitten und es waren tiefe Schnittwunden an Händen und Handgelenken.

Sie atmete auf. Er lebte.

Durch die Bedrängnis von Ejwyn, war sie schon ganz panisch und paranoid geworden. Was sollte heut schon groß passieren, der Tag war nich anders als die anderen vor ihm, außer das sie heute Geburtstag hatte …

Mira ließ ihren Blick an den zwei letzten Männern vorbei schweifen und erhaschte den ihren, welcher aber unheilvoll und ankündigend war. Ein Schauer lief ihr den Rücken hinab und sie fragte sich, was an diesen Männern sie so störte. Es war die Haltung und die Augen, die sie so zweifelnd machte. Es war unheimlich.

„Einen schönen Abend noch, den Herren und einen angenehmen Heimgang.“ Freundlich verabschiedete Meenu die beiden Männer.

Draußen fegte ein kalter Wind die warme Luft des Tages weg und füllte sie mit kalten Schauern.

Es begann zu regnen, die schweren Tropfen fielen auf die Strasse vor dem Wirtshaus und auf das Dach und kleine Pfützen bildeten sich, die immer größer wurden.

Mira bekam ein mulmiges Gefühl. Der Himmel färbte sich trüb-blau mit wenigen roten streifen und der Abend brach an.

„Nun aber los Mira, wir wollen ja fertig werden“

Ihr Onkel stand hinter ihr und drückte dem Mädchen den Besen in die Hand. Perplex aus ihren Gedanken gerissen, stand sie da, in den schaurigen Abend hinaus schauend.

Wieso nur hatte sie beide diesen Zwei Männern so ein seltsames Gefühl?

Sie wusste von den vielen verrückten Kautzen, die hier rum lungerten, doch diese Beiden hatte sie nie zuvor gesehen. Ejwyn hatte sie total vergessen, doch nun, wo sie so in Gedanken war, fiel er ihr wieder ein und sie beeilte sich mit ihrer Arbeit. Schnell fegte sie zu ende und verabschiedete sich von ihrem Onkel.

Erstaunt war sie nicht, Ejwyn nicht vor zu finden, als sie in die Waschküche trat um die Schenke durch den Hinterausgang zu verlassen, sie spürte das er in der Nähe war, sie konnte nur nicht sagen wo.

Sie zog sich das Tuch vom Kopf und steckte es sich in ihre Kleidtasche

Anstatt nach Hause, lief sie an den Rand der Stadt, wo der Wald begann. Hier war ihr Lieblingsplatz.

Sie wollte noch nicht nach Hause und glücklich ihren Geburtstag feiern. Lieber saß sie allein an diesem ruhigen ort und dachte nach. Auch wenn sie ein leicht-mulmiges Gefühl hatte, ihren Vater allein zu lassen. Doch wahrscheinlich würde er sowieso wieder länger am Hafen bleiben, als die anderen.

Sie setzte sich an eine große Wurzel die aus dem Boden ragte und schloss die Augen. Sanft spürte sie den Regen auf ihrem Gesicht. Die größten tropfen fing das Blätterdach des Baumes ab

„Wir haben nicht mehr viel Zeit“, wurde sie plötzlich von einer Stimme gedrängt.

Sofort waren ihre Augen wieder offen.

Vor ihr stand Ejwyn, mit tropfnasser Kleidung, durchnässten Haaren und mit den Händen in den Hosentaschen. Dadurch verrückte sich sein Umhang und sie sah ein großes Schwert an einem Gürtel hängen. Sie schreckte ein wenig zurück. Schwerter waren nichts für sie und sie hatte auch sonst nicht viel für Waffen und Krieg übrig.

Mira hatte schon viel über so etwas gelesen und über die Konsequenzen die aus solchen Handlungen folgten.

„Schleich dich nicht immer so an!“

Sie sah ihn finster an.

„Ich schleiche mich nicht an. Ich bin immer in deiner Nähe, du bist nur sehr unaufmerksam.“

Sie sah ihm in die Augen und wollte was sagen, doch sie sah, wie sich seine Augenbrauen abgesenkt hatte, als wäre er sehr sauer. Sie konnte ihm ansehen, dass ihn die Zeit drängte, sie von hier weg zu holen

„Wenn du hier bist um mich zu holen, vergiss es. Ich werde nicht weg von hier.“ Mira reagierte trotzig, so wie imnmer, wenn man sie zu etwas drängen wollte.

Sie lehnte sich zurück um die schweren Regentropfen nicht abzubekommen, die sich auf alles legten, was sie erreichen konnten.

Ejwyn hingegen stand mitten drin und inzwischen tropfte es nur so an seiner Kleidung herab.

Ein Schrei durchfuhr das gleichmäßige Tropfen des Regens. Miras Augen waren Schreckgeweitet und sie war sofort auf den Beinen. Auch Ejwyn war aufmerksam geworden und beobachtete Miras Reaktion.

Auch Mira sah Ejwyn an, um zu sehen was er nun tat. Und Plötzlich sah sie, wie Aussichtslosigkeit über sein feines Gesicht lief.

„Zu spät“, war das einzige was er zu sagen hatte.

Und jetzt wusste Mira was er meinte und eine Schwere legte sich über ihr Gemüt, wie sie es noch nie zu vor gespürt hatte. Sie hatte einen Kloß im Hals, der sich anfühlte, als hätte er die Größe eines Kürbisses.

In höchster Geschwindigkeit liefen ihr die Bilder ihres Traumes wieder durch den Kopf und wie ein Vorhang fiel die Betäubung von ihr ab und sie lief los.

Vorbei an Ejwyn, an den Häusern, den Pfützen, nur schnell genug in die Stadt, um zu verhindern, dass das geschah, was sie geträumt hatte.

Dort angekommen, blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie sah die zwei Männer aus der Schenke wieder, die sie so in Zweifel versetzt hatten.

Sie standen vor einer am Boden liegenden Gestalt und traktierten diese mit Tritten und hielten ihre Schwerter über sie gerichtet.

Mira wusste wer es war, der da am Boden lag, denn sie hatte das alles, was hier geschah, schon einmal gesehen.

Heiße Wut durchfuhr sie. Sie wollte nicht, dass es so endete wie in ihrem Traum, deshalb war sie doch geblieben. Um zu verhindern, dass es geschah.

Hinter sich hörte sie schnelle Schritte immer näher kommen.

„MIRA, NEIN“ es war Ejwyn der da brüllte, doch bevor seine Worte sie erreichten, lief sie los.

Los um ihren Vater zu retten. Los, um die Männer zu vernichten die alles beenden wollten.

Ohne Waffe und ohne irgendeinen Plan, rannte sie auf die Beiden Menschen zu, die sich zu freuen schienen, das Mira so bereitwillig angelaufen kam.

„NEIN, Mira, bleib stehen. Halt aaaaaan.“

Ejwyns Stimme klang verzweifelt, doch Mira war taub in ihrer Entschlossenheit, diesem Drama ein anderes Ende zu geben, als dass, was sie gesehen hatte.

Die Männer grinsten hämisch, und kamen einen Schritt auf Mira zu. Sie waren erfreut, Mira so einfach zu bekommen, das sah man ihren, von Hass geprägten Augen an. Doch wie sie auf Mira zukamen, gaben sie die Sicht auf etwas frei, was Miras Herz zerspringen ließ.

Auf dem Boden lag Meenu, zusammengesunken und in seinem eigenen Blut, mit seinem eigenen Schwert in der Brust.

Mira stockte der Atem; Sie war taub und blind vor Schmerz und Wut und Verzweiflung, doch sie lief weiter und weiter, immer tiefer ins Verderben, welches sie erwartete, was sie auch wusste

Mit einer einzigen, gewaltigen Druckwelle wurde sie plötzlich zurückgeschleudert und prallte gegen eine Hauswand.

Sie spürte warmes Blut an ihrem Hinterkopf und wie die Bewusstlosigkeit sie zu übermannen drohte. Doch sie wollte nich bewusstlos werden, sie wollte ihren Vater rächen und sie wollte dem Hass freien Lauf lassen, der sie jetzt einholte.

Mit einem siegessicheren Grinsen kamen die schwarzen Männer immer näher und Mira ahnte, dass das ihr Ende sein würde, wenn nicht einwunder geschah. Diese Druckwelle, die die Männer ausgelöst hatten, waren nicht menschlich, und wie sollte sie einen Kampf gegen nicht-menschliche Wesen gewinnen?
 

Sie schloss die Augen und wartete auf ihren Niedergang.

Wie konnte sie auch nur so dumm sein…

Sie hatte alle in Gefahr gebracht, wegen ihr starben Menschen. Wäre sie nur gegangen, als man es ihr gesagt hatte. Sogar im Traum hatte man sie drauf hingewiesen, und jetzt war es zu spät..

Ein klirren von Metall auf Metall, ließ sie die Augen ein letztes Mal öffnen. Vor ihr stand Ejwyn. Die Beine gespreizt und das Schwert gegen das des Gegners gestemmt. Beide Hände hatten den Griff fest umschlossen und seine Gesicht zeigten sture Entschlossenheit.

Mit einem letzten Danke auf den Lippen, sank sie in die Bewusstlosigkeit, die nun triumphierte.

In ihrem Delirium phantasierte sie von Energie- und Feuerkugeln, die durch die anbrechende Nacht schossen, sie träumte von Blut und von dem Sieg eines Einzelnen Kriegers.

Der Sieg eines Einzelnen. Wer war diese Einzelne. Ejwyn? Ejwyn!

Mit einem Ruck öffnete sie ihre Augen.

Sie sah sich um, verstand nicht sofort was geschehen war, doch sie sah die Folgen.

Zerstörte Häuser, brennende Dächer und verängstigte Bewohner.

Mira rappelte sich auf, sah sich um und konnte es nicht fassen. Ihr Kleid war an zwei Stellen gerissen und das Blut an ihrem Hinterkopf begann zu gerinnen.

Das Denken in ihren Traum, es war kein Hirngespinst - es war Realität.

Etwas weiter vor ihr lagen zwei Gestalten auf dem Boden - und sie waren tot.

Ein Einzelner hatte gesiegt und es war Ejwyn.

Wo war er?

Wankend stakste sie vorwärts, in ihrem Kopf hämmerte es wie wild und die Welt drehte sich um sie herum.

Sie konnte es alles einfach nich fassen … wieso passierte ihr so etwas?

Sie wankte weiter über den Platz.

Inzwischen war der Himmel blutrot gefärbt. Nichts war von ihrer alten, vertrauten Umgebung geblieben. Um sich herum sah sie nur noch die zerstörten Häuser und Strassen. Verwirrt drehte sie sich um ihre eigene Achse und das Chaos zu betrachten, welches ihr Dorf heimgesucht hatte. Der dunkelrote Himmel ging mehr und mehr ins Schwarze über und die Nacht begann herein zu brechen. Noch immer drehte sie sich um sich selbst, um jedes Detail dieser Zerstörung zu erfassen

Ein paar Schritte von ihr entfernt kniete Ejwyn. Er, der sie gewarnt hatte, und ihr gesagt hatte, sie solle gehen, niemanden in Gefahr bringen.

Sie war ja so blind.

Er hielt sein Schwert fest umklammert, an der Klinge lief noch frisches Blut hinab und bildete am Boden eine kleine Pfütze.

Plötzlich schlug er die Augen auf, die er bis eben geschlossen hatte und sah sie mit festem Blick an.

„Ich habe dich gewarnt“

Seine Stimme war kalt.

„Sieh dir an, was du getan hast – es ist deine Schuld“

Mira begann zu zittern, ihr Inneres schien sich gegen diese Vorwürfe erheben zu wollen, doch ihr Verstand wusste, dass er Recht hatte, es war ja ihre Schuld.

Tränen sammelten sich in ihren Augenwinkeln und sie sah Ejwyn an, als wollte sie ihm sagen, wie sehr ihr alles Leid tat. Sie sah nun in die Richtung, in die Ejwyn zeigte.

Auch die Menschen die sich versteckt hatten, kamen dichter heran, um etwas zu sehen, was außerhalb Miras Sichtbereiches lag.

Alle machten eine großen Bogen um die zwei toten Männer, die gekommen waren um den Frieden, der hier herrschte, zunichte zu machen.

Langsam näherte Mira sich dem Schauplatz Die Masse machte Platz für sie, damit sie durch kam.

Einer der Bewohner klopfte ihr auf die Schulter und sah sie mitleidig an.

„ Es tut mir so leid Mira“ Verwirrt sah sie in seine traurigen, alten Augen und ging weiter.

Doch nicht jeder war ihr gegenüber so gesonnen. Die Meisten traten weiter zurück, mieden ihren Blick und wandten sich ab.

Im Zentrum der Menschenmasse angekommen, sah sie auf den Boden.

Hier lag ein Mann, zusammengekrümmt auf der Erde, als hätte er unsägliche Schmerzen. Das Gesicht nach unten gewandt und den Körper in einer Lache dunkelroten Blutes.

Ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie kannte das dunkle Haar, das den Schopf des Mannes bedeckte. Sie kannte jeden einzelnen Flicken auf dem Umhang. Sie kannte diesen Mann besser als jeden Anderen. Denn nur einer hatte dieses Haar und diese Flicken.

Es war ihr Vater - Und er war tot.

„Neeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin“

Ein Schmerz durchfuhr sie, der härter war als alle Qualen dieser Welt.

Heiße Tränen rannen ihr aus den Augen. Zitternd wandte sie sich von dem Anblick ab und sah zu Ejwyn, als hoffte sie, er könne es ändern oder sie aus dem Traum erwachen lassen. Doch er tat nichts dergleichen.

Stattdessen neigte er den Kopf etwas nach links, und deutete auf einen weiteren leblosen Körper um den sich weitere Bewohner bemühten.

Meenu.

Sie wusste schon das er tot war, eh man das Schwert in seiner Brust sehen konnte. Ihre Bewusstlosigkeit hatte es sie vergessen lassen, doch sie wusste es.

Mira sackte zusammen. Heillos begann sie zu schluchzen und dicke Tränen quollen aus ihren großen Augen.

Sie konnte nicht einmal ihren toten Vater in die Arme schließen oder Meenu, der ihr so sehr am Herzen gelegen hatte.

Sie war zu fassungslos, um überhaupt irgendetwas zu tun

Mit tränennassem Gesicht sah sie zu Ejwyn, der grade dabei war, sich hoch zu hieven.

Sie wollte nicht mehr.

Sie wollte nur noch aufwachen und Meenu und ihren Vater in den Arm nehmen, doch sie konnte nicht.

Es war ihr nicht gegönnt, von vorne anzufangen, es besser zu machen.

„Wieso?“ fragte sie verzweifelt in die Nacht.

Man sah nur noch Schatten über die Strassen laufen und da wo Ejwyn eben noch stand, war nichts mehr.

Da legte sich eine große, schmale Hand auf ihre Schulter und sie sah auf. Die Tränen liefen an ihrem Hals hinab und vermischten sich mit ihrem Blut.

Über ihr stand Ejwyn. Er hatte ein blutverschmiertes Gesicht und Wunden an Händen und Armen.

„Es ist zu spät“. Er sah auf sie hinab, nahm ihre Hand und zog sie auf die Beine.

„Wir müssen jetzt gehen, wir hätten schon vor langer Zeit gehen sollen.“

Seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu und er zog sie mit sich.

Noch einmal wandte Mira ihren Kopf zurück und sah grade noch so, im Licht des Mondes, wie die Bewohner ihre zwei letzten geliebten Menschen davon trugen, bedeckt mit weißen Laken, die sich langsam Dunkel färbten.

so gut wie die ganze wahrheit ...

so gut wie die ganze Wahrheit ...
 

Langsam begann Mira zu realisieren und zu verstehen, was passiert war.

Nach dem verhängnisvollen Kampf auf dem Markt, war sie wie traumatisiert.

Ejwyn zog sie an der Hand bis zu ihrem Haus. Miras Blick war leer und so schien sie auch nicht bewusst zu registrieren, wo sie sich befanden, denn das hätte sie wohl in Millionen Teile zerrissen, jetzt hier zu sein.

Im Haus herrschte Totenstille.

Ejwyn führte das Mädchen ins Bad, welches im Haus nicht schwer zu finden war, und gab ihr in einem sanften, leisen Ton, die Anweisung sich zu waschen.

Abwesend, tat sie wie ihr geheißen und begann sich aus ihren verschwitzten und mit Blut verschmierten Kleidern zu zwängen.

In der Zeit lief Ejwyn in ihr Zimmer und brachte ihr saubere Sachen. Danach stellte er sich in die Küche und wusch sich ebenfalls die Kampfspuren aus dem Gesicht. In der Fensterscheibe ihm gegenüber konnte er das Spiegelbild seiner selbst sehen. Das schmale Gesicht, die dunklen Augen und das zerstrubbelte Haar. Er sah selbst, wie erschöpft er aussah. Er wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schöpfte sich dann kaltes, klares Wasser ins Gesicht. Einzelne Wassertropfen perlten an ihm ab und fielen auf sein schwarzes Hemd, andere blieben an seinen Wimpern und Haaren hängen. Langsam aber sicher verschwand das Blut und der Schmutz aus seinem Gesicht und man konnte wieder seine leicht gebräunte, makellose Haut sehen.

Als er schleifende Schritte im Flur hörte, sah er auf.

Mira stand vor ihm, frisch gekleidet, in einem braunen knöchellangen Rock und einem engen schwarzen Shirt. Sie hatte Tränen in den Augen.

„Er kommt nicht zurück, oder?“

Ihre Stimme war nur ein Hauchen und beim letzten Wort brach sie ganz weg.

Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

Mitleid füllte seine Brust, auch wenn er es sich nicht eingestand. Er sollte schließlich nur seine Aufgabe erfüllen und nich für sie sorgen und sie trösten.

„Nein“, flüsterte er sachte, „Er kommt nicht zurück“

Mitfühlend sah er sie an. Wie sie dastand - alles verloren, was sie besaß.

Das kleine Mädchen, an ihrem Geburtstag, mit großen tränennassen Augen und verstrubbelten Haaren.

Ohne weiteres zu sagen ging Ejwyns zu ihr. Legte seine Hand auf ihre Schulter und schob sich an ihr vorbei in den Korridor. Dort nahm er seinen Umhang und legte in sich wieder über. Dann griff er nach einem dunkelroten, der auf der Truhe im Flur lag und gab ihn Mira.

Sie stand lautlos schluchzend hinter ihm, doch er wusste trotz allem nicht was er tun sollte. Er wollte nicht dass ihre Bindung zu eng wurde und so bemühte er sich um Distanz auch wenn es wehtat.
 

Dann waren sie aus dem Haus und Ejwyn hatte nichts mehr gesagt, ebenso wenig wie Mira. Sie gingen die ganze Nacht hindurch, folgten immer dem einen Weg nach Nisenthal, ihrer nächste Etappe zu dem zum Ziel, welches Mira immer noch nicht kannte.

Ihre Tränen waren inzwischen versiegt und der Kummer etwas verklungen. Was konnte sie schon gegen das Geschehene tun …

Auch dieser Tag verging und sie gingen immer weiter.

Dann hatte Ejwyn das Schweigen zu erst gebrochen und erzählte ihr, wieso sie keine Pause machten und wohin sie wollten. Die Gründe blieben ihr jedoch verborgen.

Wenn Mira fragen wollte, brachte er das Gespräch sofort auf ein anderes Thema.

Erneut brach der Abend an und endlich verkündete Ejwyn, dass sie eine Pause machen wollten.

Mira war erschöpft vom vielen Laufen, denn sie hatte es zuvor nicht wahrgenommen wie erschöpft sie eigentlich war.

Der Schmerz über den Verlust der Familie hatte sie so betäubt, dass sie kaum etwas spürte.

Weder Schmerz, noch Müdigkeit, noch Hunger. Doch jetzt, da dieses Gefühl der Taubheit verebbt war, stürmten die Bedürfnisse auf sie ein.

„Lass uns hier am Wegrand rasten!“

Mira sah ihn groß an.

„Was?“

Ihre Miene war ungläubig.

„Wieso denn mitten auf der Strasse?“

Doch Ejwyn hatte schon einen Baumstamm herangezogen, auf den sie sich setzten konnte.

„Weil hier das Angreifen erschwert wird. Hier haben die Dunkelmagier keine Gelegenheit sich zu verstecken und aus dem Hinterhalt anzugreifen, da wir auf offenem Weg sitzen.

„Oh man“ nuschelte Mira in sich hinein und setzte sich neben Ejwyn auf den Stamm.

Ejwyn funkelte sie vergnügt an und war froh, dass sie sich wieder einigermaßen normalisiert hatte und wieder zu reden begann.

Natürlich hätte er das vor keine Menschenseele zugegeben, dass es ihn traurig stimmte, Mira so leiden zu sehen.

Er hatte das Mädchen in den wenigen Stunden, die er es kannte, sehr lieb gewonnen. Das gehörte zwar nicht zu seiner Aufgabe, der er nachkommen musste, doch war es sicherlich auch nicht schädlich.

Er hatte es aufgegeben Distanz zu wahren, denn er wusste, dass er mit seinem Auftrag scheitern würde, wenn sie sich nicht aufeinander einließen.

Ein Knurren durchzog die Abendruhe und erschrocken sah Ejwyn auf.

„Warst du das??“

Er machte große Augen

Zerknirscht sah sie ihn an. „Jaaa, ich hab schrecklichen Hunger“

Der Schalk lachte in Ejwyns Augen und ein Schmunzeln ging über sein Gesicht.

Mira war fasziniert, wie unglaublich tief seine Augen wirkten und wie sehr sein Gesicht sie verzauberten, wenn er lachte. Es fesselte sie einfach, dass Ejwyn so etwas Magisches an sich hatte.

Wenn sie ihn ansah, konnte sie alles vergessen, teilweise schien sie sogar zu vergessen wer sie selber war.

„Ja stimmt, was zu Essen wäre jetzt super. Hier ist noch etwas Obst und einen halben Laib Brot hab ich auch noch.“

Umständlich zog er die Sachen aus einer seiner Manteltaschen.

Dankbar nahm Mira einen Apfel und biss herzhaft hinein.

In der Zwischenzeit hatte Ejwyn das Holz vor sich gestapelt um ihr Lager für die Nacht vorzuwärmen.

Sorgsam legte er die Holzstücken an- und übereinander um ein Lagerfeuer entstehen zu lassen.

Mira beobachtete ihn dabei, während sie an ihrem Apfel kaute und ihren Gedanken nachhing.

Doch Tränen füllten abermals ihre Augen.

Sie wollte sich nicht erinnern, sie wollte nicht mehr daran denken, dass sie selber Schuld an dem Tod ihres Vaters und Meenu war.

Sofort wischte sie dir Tränen fort, al sie die Wange hinunter liefen – Ejwyn sollte nicht schon wieder sehen, wie sie weinte.

Also versuchte Mira sich abzulenken, das einzige was gegen die ständige Trauer half.

Sie stand auf und lief immer hin und her, während sie auf den Boden sah.

„Was machst denn du da??“

Verwundert sah er sie an. Er konnte sich wirklich nicht erklären, was dass nun sollte.

Mira blickte auf.

„Ich suche Steine um das Feuer anzumachen, oder was hattest du vor?“

Ejwyn legte den kopf schief, dann begann er zu grinsen.

„Ich hab da eine andere Methode, aber ich schätze mal, du wirst danach ein wenig verwirrt sein!“

Seine Augen glänzten und Mira schaute verwundert zu ihm runter.

„Na dann zeig mir mal, wie du dass anstellen willst.“

Provokant setzte sie sich ihm genau gegenüber um auch ja nichts zu verpassen.

„Bist du sicher, dass du es auch sehen willst? Es könnte dich wirklich schocken.“

Jetzt mit Zweifeln in seinen dunklen Augen, sah er sie an.

Eifrig nickte sie. Er schürte ihre Neugier und das machte sie ganz hibbelig.

Ejwyn sah wie aufgeregt sie war, und lächelte. Doch er lächelte nicht, weil sie sich auf seinen Trick freute, sondern weil sie wieder etwas Lebensfreude zeigte und nicht nur an Schuld und Tod dachte.

„Pass auf …“

Er legte eine hand über den Stapel Holz, seine Hand schien von Innen zu glühen und kurz darauf stand das Holz in Flammen.

„Woooooooow“, war alles was Mira heraus bekam.

Ejwyn sah sie begeistert an, und er schien froh zu sein.

„Wie hast du … Wie kannst du … Kann ich auch …. Wow!“

Mira kam aus dem Stammeln gar nicht mehr heraus und war einfach nur noch überwältigt, dass es so was tatsächlich gab.

„Naja, ich bin ein Magier. Und ich beherrsche das Feuer. Aber nicht, dass du jetzt Angst vor mir hast.“

Er zog die Stirn in Falten, doch Mira hob sofort abwehrend die Hände.

„Nein, nein, ich habe keine Angst. Ich bin beeindruckt. Ich habe davon immer nur gelesen, dass es solche Menschen geben soll. Doch einmal einen zu treffen …“

Ejwyn atmete erleichtert aus.

Er sah sie noch einmal durchdringend an, um sicher zu gehen, dass sie auch ernst meinte, was sie da sagte.

Mira spürte seinen Blick nicht, starrte das Feuer an und schien fasziniert, dass es noch immer brannte.

„Kann ich auch so etwas lernen??“

Ejwyn sah sie kritisch an, als wüsste er nicht was oder wie er es sagen sollte.

„Ja … kannst du. Vielleicht kannst du es auch schon. Ich weiß nicht.“

Miras Augen wurden immer größer.

Endlich hatte sie etwas gefunden, mit dem sie sich ablenken konnte und eine Macht die es ihr möglich machte, ihre Familie zu rächen.

Jetzt schwiegen beide, und sahen das Feuer an, welches munter vor sich hin brannte.

Die Nacht war angebrochen, doch der Himmel war bewölkt, sodass man die Sterne nicht sehen konnte.

„Erzähl mir was über die Leute, die meinen Vater … die in unserem Dorf waren.“

Mira sah Ejwyn ernst an, ihre Stimme war fest, doch in ihren Augen konnte er den Schmerz erkennen, den das Thema mit sich brachte.

„Sie waren auch Magier … Dunkelmagier. Naja, und sie wollte dich … töten. Irgendwie …Willst du die Geschichte wirklich hören??“

Mira sah ihn ungebeugt an, was eine Antwort überflüssig machte.

Sie hörte ihm zu und beobachtete ihn ganz genau, um jedes Detail, jedes Augenzucken an ihm mitzubekommen.

„Ja ich möchte diese Geschichte hören. Wieso wollten die mich töten?? Und wieso lebe ich dann noch und meine Familie ist tot?“

Sie war bewegt, doch ihre Stimme war ruhig und sachlich.

„Noch vor deinem 17. Geburtstag sollte man dich umgebracht haben, so lautete die Anweisung, sagt die Überlieferung. Alle haben es gewussten und haben versucht dich zu beschützen. Allen voran deine Familie. Deshalb starben sie. Ich sollte kommen um dich da wegzuholen, damit dein Dorf erst gar nicht angegriffen wird, aber ich kam zu spät. Sie waren schon da.“

Er holte tief Luft und atmete geräuschvoll wieder aus.

„Meenu und dein Vater wollten dich beschützen, deshalb starben sie. Du hättest auch nichts mehr ändern können, wenn du am selben Tag noch weggegangen wärst. Sie waren schon im Dorf, eh ich eintraf.“

Mira sah immer noch ernst zu ihm, doch Unerwartetherweise hatte sie keine Tränen in den Augen, sondern nur einen Blick, der abgestumpft wirkte.

„Danke Ejwyn“, sagte sie plötzlich und ihr Blick wurde wieder weich, mit der bekannten Spur an Traurigkeit in ihm.

Ejwyn wirkte verwirrt.

„Wofür denn?“

„Dass du mich gerettet hast und so ehrlich zu mir bist. Danke schön“

Sie lächelte ihn an, doch das Lächeln erreichte ihre Augen nicht und sie stand auf, um sich zu streckten.

Ejwyn blieb der Mund offen stehen und er schüttelte den Kopf.

„Willst du gar nicht wissen, wieso sie dich gesucht haben?“

Sie drehte sich zu ihm um und sah ihm lange in sein schönes Gesicht.

„Nein, nicht Heute. Außerdem denke ich mal, wirst du es mir auch nicht sagen, zumindest nicht jetzt.“

Sie nahm sich ihren Umhang von den Schultern und legte ihn sorgsam auf den Boden. Dann legte sie sich selber drauf und drehte sich mit dem Rücken zum Feuer.

Vom langen Marsch tat ihr alles weh und sie war erleichtert endlich liegen zu können.

Mit den Gedanken bei ihrem Dorf und die unbekannten Männern schlief sie schließlich ein.

Ejwyn war noch lange wach und sah auf Mira hinab. Er war erstaunt, wie gut sie das eben erzählte aufnahm und er kam zu dem Schluss, dass es gut war, dass sie das Dorf gleich nach dem Vorfall verlassen hatten.

Es wäre für sie einfach nicht einträglich gewesen, hätte sie sich immer und immer wieder an alles erinnert, wenn sie einen bestimmten Ort oder einen vertrautes Geräusch gehört hätte.

So hatte sie nur die Erinnerungen, die sie in sich trug und die würden irgendwann in Vergessenheit geraten, zumindest die, die unerträglich waren.

Ejwyn stand auf, legte seinen Umhang auf den zitternden Körper des Mädchens und lehnte sich dann im Schneidersitz gegen den Baumstamm.

Er schloss die Augen und schlief sofort ein.
 

Als der nächste Tag anbrach, war der Himmel Wolkenverhangen.

Mira öffnete ihre Augen und staunte nicht schlecht, als sie sich nicht in ihrem Bett, sondern in der freien Natur wieder fand.

Die ganzen Erinnerungen kehrten jäh zurück und machten sie traurig, doch alle Tränen waren versiegt.

Die Erinnerung an Ejwyn kam jedoch erst, als sie seinen Mantel auf ihrem Schoß spürte.

Ihr war nicht bewusst, dass ihr kalt war, doch sie schlang den Mantel eng um ihren Körper. Die frühen Septembertage waren kälter als gedacht.

Dann sah sie sich um, doch von Ejwyn keine Spur.

Das Feuer neben ihr brannte noch immer und zu dem kam ihr wieder in den Sinn, was Ejwyn war und was er ihr gestern erzählt hatte.

Plötzlich vernahm sie einen Schrei, der völlig unmenschlich klang, ihr Gedanken durchschnitt und sie zuckte zusammen.

Ängstlich sah sie zu allen Seiten und schließlich in den Himmel, wo sie ganz in der nähe, einen Vogel fliegen sah. Er war wunderschön, mit seinem goldenen Gefieder und Mira war sich fast sicher, dass es ein Falke war.

Der Vogel setzte zum Landen an und Mira machte sich bereit davon zu laufen, sobald der Vogel zu Nahe kam.

Und der Vogel kam, doch setzte er nicht zur Attacke auf Mira an, sonder er flog sanft immer tiefer, bis er sich auf dem Baumstamm niederließ.

Der Falke pickte etwas auf dem Stamm umher und sah dann Mira aus seinen braunen Augen heraus, an.

Sie fühlte sich unwohl, von dem Vogel so angesehen zu werden, doch dann erwiderte sie den Blick des Falken und sah ihm ebenfalls ihn die Augen und diese erinnerten sie an jemanden, der genauso eine Tiefe in den Augen hatte, wie das Tier.

So stand sie da und lieferte sich mit dem Vogel ein Blickduell.

Mira ließ sich wieder auf dem Boden nieder und sah sich den Falken genauer an, bestaunte die Färbung seines Gefieders, die Schwingen, die er an sich gepresst hielt und den edlen Kopf den er mal nach rechts und mal nach links neigte.

So verharrte sie eine Weile, bis sie sich von dem Vogel löste und sich aufrichtete.

Sie zog Ejwyns Mantel aus und hob ihren eigenen vom Boden auf.

Mühevoll schüttelte sie das große Stück Stoff aus und legte ihn sich um.

Den Umhang von Ejwyn legte sie sorgfältig auf den Baumstamm und sofort hüpfte der unbekannte Falke den Stamm entlang, bis hin zum Cape und setzte sich darauf.

Ihr Mund blieb offen stehen, als sie das sah.

„Böser Vogel“, sagte sie und kam sich dabei selber sehr albern vor, mit einem Tier zu sprechen.

Sie hob einen Zweig vom Boden auf und begann damit den Vogel zu pieksen.

„Geh weg da. Du darfst da nicht drauf sitzen“

In sicherer Distanz, kniete sie auf dem Boden und traktierte das Tier.

Dieses schrie wütend auf, als Mira ihn versuchte von dem Umhang wegzuschubsen. Er hüpfte auf und ab und zu allen Seiten, ließ aber nicht von dem Mantel ab

Dann hörte Mira Schritte, doch auch diese waren nicht von einem Menschen.

Den Weg entlang kam Ejwyn mit zwei Pferden am Zügel.

Mira blieb die Sprache weg und sie vergaß sogar den Falken, der daraufhin seine Schwingen ausbreitete und zu Ejwyn flog.

Dort setzte er sich auf Ejwyns Schulter und der Rappe neben ihm, begann sofort unruhig mit dem Kopf zu schlagen.

Ejwyn kam zu Mira und band die Pferde an den am nächsten stehenden Baum.

„Pferde? Wo hast du die denn her?“

Mira war entgeistert.

„Von einem kleinen Gestüt, hier ganz in der Nähe. Es liegt nicht auf unserem Weg, also bin ich heut morgen dahingegangen um uns welche zu holen, damit wir schneller vorankommen.“

Ejwyn behielt einen ernsten Ausdruck im Gesicht und sah Mira eindringlich an.

Sie erwiderte seinen Blick, konnte sich aber nicht erklären, wieso er so böse drein schaute.

Vielleicht war es ja wegen seinem Umhang, den sie ja nun hatte.

Ejwyn trug nur seine schwarze Hose, die an den Enden in seine ebenfalls schwarzen Stiefel gesteckt waren. Sein schwarzes Hemd, was gar nicht mehr richtig schwarz war, wie ihr auffiel, war lässig in den Hosenbund gesteckt um den ein breiter brauner Gürtel lag, mit einer Schwertscheide und zwei kleinen Dolchen an der Seite.

„Was hast du mit Fane gemacht?“ er sah sie weiterhin mit leicht ärgerlichem Blick an.

„Was? Wer ist Fane?“

Sie sah immer noch verdutzt aus.

„Der Falke auf meine Schulter ist Fane. Und es sah von weitem so aus, als hättest du ihn mit einem Stock gepiekt“

Seine Augen funkelten Mira böse an, als er den Zweig in ihren Händen sah.

Mira schaute an sich herunter und sah ebenfalls den Zweig, welcher ein belastendes Beweisstück war.

„Naja, er hatte sich auf deinen Umhang gesetzt und ich wollte ihn darunter scheuchen, aber er ist partout nicht weggegangen.“

Ejwyn sah sie überrascht an, dann verfiel er in ein helles schönes Lachen.

„Ach so war das. Mira, das ist Fane, mein Falke. Er kam wohl, um mich zu suchen und hatte nur meinen Umhang gerochen und gesehen, den er dann beschützen wollte.“ Ejwyn lächelte vor sich hin und strich über das Gefieder des Falken.

Mira konnte nicht ganz so sehr über die Sache lachen, war aber auch nicht böse.

Sie ging zu einem der Pferde hinüber und streichelt dessen Nase und es begann leise und beruhigen die Nüstern zu blähen.

„Das ist Denati. Sie ist schön, nicht wahr? Ich schenke sie dir.“

Ejwyn sah sie strahlend an, als hätte er ihr grade ein wunderschönes Geschenk gemacht, doch Mira schaute drein, als wäre ihr übel.

„Was ist? Ist dir nicht gut? Gefällt sie dir nich?“ Ejwyn zog verwundert die Stirn kraus.

„Naja, ich bin kein besonders guter Reiter und ich glaub ein eigenes Pferd wäre nicht so gut.“

Er brach wieder in schallendem Gelächter aus und Mira sah ihn böse an.

„Was ist denn nun los? Ist es so lustig, wenn man nicht gut reiten kann?“

Ihre Stirn war mit Falten überzogen, die zeigten wie sauer sie so etwas machte.

„Nein, ist schon okay. Wir kriegen das schon hin.“

Er beruhigte sich etwas und ging dann zum Baumstamm um sich seinen Umhang zu holen.

„Ach übrigens, danke für deinen Umhang heute Nacht. Hast du selber nicht gefroren?“

Sie sah ihn schuldbewusst und zweifelnd an.

„Nein, wenn man die Magie des Feuers hat, friert man nicht so schnell!“

Er sagte das auf eine so natürliche Art und Weise, dass man gar nich glauben konnte, dass Zauberei etwas Außergewöhnliches war.

Dann beugte Ejwyn sich nach vorne, ließ die Hand übers Feuer schweben und sogleich war es aus.

Wieder voller Erstaunen, sah sie ihm dabei zu und dann in seine Augen.

„Also ich würde das wirklich auch gerne könne.“

Sie brannte darauf, ebenso Magie beherrschen zu können, wie er es tat, egal was es kostete.

„Ich glaube nicht, dass du das kannst. Es kommt immer auf den Menschen drauf an, was er an Magie beherrscht. Daher kann ich mit dem Feuer umgehen, dafür aber nicht mit dem Wasser. Außerdem wäre es sowieso besser wenn du erst mal deine physische Verteidigung stärkst.“

Er sagte es ganz sachlich, um nicht den Eindruck zu erwecken, als hätte er kein Interesse daran, es ihr zu zeigen.

Mira schaute nachdenklich ins Nichts, nickte dann aber heftig.

„Ja, ich denke das ist in Ordnung. Aber so bald wie möglich, möchte auch ich ein Magier werden.“

Ejwyn nickte ebenfalls, sah aber aus, als würden ihm ihre Zukunftspläne gar nicht gefallen.

Kurze Zeit später saßen beide auf den Pferden und waren auf dem weg nach Nisenthal.

Mira hielt sich mehr schlecht als recht auf dem rutschigen Sattel und Ejwyn war bemüht nicht zu lachen und nebenbei auch noch darauf zu achten, dass Mira nicht vom Pferd rutschte.
 

Der Tag war schon weit fortgeschritten und die Sonne stand schon dicht über dem Horizont, als Ejwyn plötzlich langsamer wurde.

Mira hatte sich inzwischen einigermaßen an den Pferderücken gewöhnt und wurde ebenfalls langsamer.

„Was ist los?“

Mira sah Ejwyn an, der sich wachsam umschaute.

„Ich habe kein gutes Gefühl. Wir sollte weiter übers Feld reiten“

Neben ihnen lag ein riesengroßes Feld, auf dem zurzeit aber nur Gras stand.

Mira sah ihn verwundert an, tat aber das, was er ihr gesagt hatte.

Beide fielen in den Galopp und ritten über das Feld Richtung Stadt.

Mira hatte sich zwar daran gewöhnt auf dem Pferd sitzen zu bleiben, doch Galopp ging ihr etwas zu schnell und sie verfiel wieder in einen langsamen Schritt.

Und plötzlich erstarrte sie mitten in der Bewegung.

Hinter ihr war jemand, das konnte sie spüren, doch sie war zu geängstigt um sich herum zu drehen.

Langsam und vorsichtig trieb sie das Pferd an, das nervös umhertrippelte.

Dann ohne Vorwarnung, trieb sie Denati mit aller Kraft vorwärts und raste über das Feld um Ejwyn einzuholen, der es nicht mitbekommen hatte, dass Mira nicht mehr hinter ihm war.

Doch auch ihre Verfolger wurden schneller und panisch galoppierte sie Richtung Westen und sie kam immer näher an ihn heran, doch sie war einfach nicht schnell genug und dann passierte, was passieren musste.
 

Mira verlor den Halt und rutschte seitlich am Pferdebauch hinab.

Denati verfiel automatisch in eine leichtere Gangart, doch es war zu spät.

Mira ließ die Zügel aus ihren Händen gleiten und fiel auf den Boden, so rollte seitlich noch etwas weiter und bleib dann, starr vor Angst, liegen.

Ejwyn sah nichts von all dem und wusste dem zur Folge nicht einmal, das sie jetzt in Gefahr war.

Sie hatte es fast geschafft ihn einzuholen und dann so etwas.

Sie hörte das Hufgetrappel von Pferden und setzte sich aufrecht hin, mit dem kleinen Hoffnungsschimmer, dass es Ejwyn war.

Doch es war nicht Ejwyn.

Vor ihr standen drei schwarze, riesengroße Pferde auf denen drei in schwarz gekleidete Leute saßen.

Sie stiegen ab, den Blick immer auf Mira gerichtet und lachten ein böses, hämischen Lachen.

„Niemand der dich beschützen kann, kleine Prinzessin.“, sagte ein etwas dicklicher und kam ein Stück auf sie zu.

„Ist doch irgendwie schade um sie“, meinte der Größte von ihnen, der scheinbar ihr Anführer war und zog ein Schwert mit schwarzer Klinge.

Der dritte lachte einfach nur und zog seine Handschuhe aus und entblößte riesige Hände, an dessen linkem Ringfinger ein goldener Ring steckte, auf dem ein schwarzer Stein saß.

Plötzlich durchzuckte ein Schrei den Himmel und Mira sah Fane über sich in der Luft, der grade abdrehte und Richtung Westen davon flog. Innerlich betete Mira, er möge Ejwyn bescheid sagen.

Mira saß noch immer im Gras, blass vor Angst und ohne eine Möglichkeit sich zu verteidigen.

„Tut uns leid Kleine, aber Auftrag ist Auftrag“, sagte der Anführer und hob sein Schwert.

Mira sah es schon kommen, da ertönte eine ihr so vertraute Stimme.

„Da hast du wohl Recht, Auftrag ist Auftrag.“

Jäh trat Ejwyn hinter den Männern hervor und stellte sich ihnen gegenüber, schützend vor Mira.

Ihr fiel ein Stein vom Herzen und sie atmete erleichtert aus.

Schnell stand sie auf und trat ein Schritt seitlich an Ejwyn vorbei, um sich die drei Gestalten anzusehen.

Sie hatte keinen Zweifel daran, dass Ejwyn sie besiegen würde.

„Hier nimm“, sagte er schnell zu Mira und eh sie begriff, was er von ihr wollte, hatte er ihr auch schon sein Schwert in die Hand gedrückt und sich mit seinen zwei Dolchen auf die Fremden gestürzt, die just in diesem Moment angriffen.

Mira war perplex.

Sie hasste Schwerter und eines in der Hand zu halten, machte sie unsicher und wütend.

Sie war gegen so etwas, und jetzt hing ihr Leben von so einer verhassten Waffe ab.

Da kam einer der Männer auf sie zugerannt, mit erhobenem Schwert und wie aus Reflex riss sie Ejwyns Schwert in die Höhe und blockte den Angriff des Magiers.

Die Angst stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben und ihre Hände zitterten.

Es war ein Wunder, dass sie das Schwert überhaupt aufrecht halten konnte, da es nicht grade leicht war.

Der Mann war verblüfft, dass sie seinen Angriff blocken konnte, doch nicht lange hielt dieses Erstaunen.

Sofort ging er in einen neuen Angriff über, doch eh Mira etwas tun konnte, sprang Ejwyn zwischen sie und den Feind. Hinter Ejwyn sah sie den toten Körper, des Anführers und sie schauderte.

Ejwyn sprang vor, ganz dicht an den Mann heran und stach dann ohne Vorwarnung mehrere Male mit dem Dolch in seinen Oberkörper.

Der Unbekannte konnte nicht einmal schnell genug reagieren, um die Arme zur Verteidigung zu heben und viel einfach vornüber und blieb reglos liegen.

Schon als Ejwyn den Ersten, der Männer getötet hatte, schwang der Dickliche sich auf sein Pferd und galoppierte davon; er wollte dieses Schicksal nich mit seinen Kameraden teilen.

Nun erfüllte ein kaltes Schweigen die Luft und der Wind trug den Geruch von Blut in die anbrechende Nacht davon.

Mira fiel auf die Knie, sie hatte noch immer das Schwert in der Hand, doch es lag schon zur Hälft am Boden, da es doch zu schwer wurde für ein ungeübtes Mädchen.

Sie sah zu Ejwyn hoch, der dem letzten Mann hinter her sah, er war jedoch längst nich mehr zu sehen.

Die Stimmung die in der Luft lag, war angespannt, keiner sagte etwas.

Bis Ejwyn das Wort ergriff, seine Stimme war so neutral wie möglich und er verzog seinen Blick zu einer ernsten Miene.

„Du solltest deinen Reitstil ein wenig verbessern“, sagte er trocken

Mira fiel der Kiefer hinunter.

„Mehr hast du nicht zu sagen? Oh mein Gott. Wir wären eben fast gestorben und du meckerst an meinem Reitstil.“

Jetzt sah er sie an und sah Wuttränen in ihren Augenwinkeln.

Ein Unbehagen machte sich in ihm breit und er sah schnell wieder weg. Es war Vielleicht doch ein wenig forsch gewesen, so etwas zu sagen.

„Wir wären nicht gestorben und du schon gar nicht. Auftrag ist Auftrag, und meiner ist es, dich zu beschützen.“

Er versuchte sie mit seinen Worten zu beruhigen und schon wieder tat er, was er doch eigentlich verhindern wollte. Er kam Mira immer näher und machte aus seinem Auftrag, sie zu beschützen, eine Gefühlssache.

Sie sah ihn groß an und wusste, dass er es todernst meinte.

Mira hatte keine Ahnung was sie denken sollte.

Soeben hatte sie dabei zugesehen, wie Ejwyn zwei Männer ermordet hatte. Sie wusste zwar das Ejwyn ein guter Kämpfer war, der kein Problem damit hatte zu töten. Doch es zu wissen und es zu sehen, waren zwei grundverschiedene Dinge, wie Mira jetzt erkennen musste.

„Wir sollten dir auch ein Schwert zulegen, du hältst dich gar nicht schlecht damit und wahrscheinlich ist es dir nützlicher als Pfeil und Bogen“, sagte er etwas freundlicher, aber immer noch mit einem abweisenden Blick.

„Ich will kein Schwert. Ich hasse Waffen.“

Trotzig schaute sie zu Boden.

„Um dich zu verteidigen brauchst du aber ein Schwert.“

Verständnislos sah er zu ihr hinunter.

„Deshalb will ich doch die Magie erlernen. Damit kann ich mich auch verteidigen.“

Ihr Blick sagte alles, nämlich dass sie es sehr ernst nahm mit der Magie.

„Magie allein reicht aber nicht aus. Wenn du physisch nicht stark genug bist, wirst du auch keine Magie ausüben können.“

Das Thema war für ihn beendet und er ging zu Denati und Lapid, so war der Name seines schwarzen Pferdes, und zog ihre Mäuler aus dem saftigen Gras.

Mira kam hinter ihm hergetrottet.

„Ist okay. Ich werde den Kampf mit Waffen lernen, wenn es von Nöten ist.“

Ejwyn drehte sich um und sah in ihre entschlossenen Augen.

„Gut, dann werden wir in Nisenthal ein Schwert für dich besorgen.“

Ejwyn sprang in den Sattel und wartete bis auch Mira auf ihrem Pferd saß.

„Wieso nehmen wir nicht eines von diesen Schwertern hier“, und sie zeigte auf die leblosen Hüllen der Angreifer.

„Es würde einer Grabschändung gleich kommen und ein wenig Ehre hat jeder Krieger verdient, ob er nun gut oder böse ist“, sagte er in einem gelassen Ton, während sich Mira die Arm- und Nackenhaare aufstellten.

Sie nickte, als Zeichen, dass sie verstanden hatte und trieb ihr Pferd voran.

Es war nicht mehr weit, bis man die ersten Dächer der Häuser in Nisenthal erkennen konnte.

Ein neuer alter Freund

III Ein neuer alter Freund
 

„Wie lange werden wir noch brauchen?“

Mira hing nur noch in ihrem Sattel und ließ die Zügel fallen, doch Denati folgte seelenruhig Lapid.

„Jetzt nerv doch nicht so“.

Ejwyn war ziemlich gereizt, da Mira das dritte Mal innerhalb fünf Minuten fragte.

Man konnte zwar schon eine ganze Weile lang die Dächer der Stadt sehen, doch kam man noch lange nicht an.

Es war mitten in der Nacht und Mira war müde.

Es schien ihr, als würden sie schon ewig unterwegs sein.

„Es reicht für heute“, seufzte, Ejwyn.

„Ich hatte den Weg echt nicht so lang in Erinnerung, aber es liegt sicher nur daran, dass du jetzt mit unterwegs bist.“

Er grinste sie breit an, doch sie schien das überhaupt nicht lustig zu finden.

„Ich kann ja auch wieder gehen wenn du willst. Ich bin ja nicht mit dir unterwegs weil ich zu viel Langeweile habe.“

Sie war gekränkt und fauchte ihn an.

Ejwyn musste sich auf die Unterlippe beiße. Er bemerkte einfach immer zu spät wie taktlos er war.

Aber damit war wenigsten die Gefahr geringer, ihr zu nahe zu kommen.

Er seufzte wieder und lenkte sein Pferd in einen Seitenweg ein, der unmittelbar vor ihnen lag und im Mondlicht kaum zu erkennen war.

Am Ende dieses Weges stand eine alte, heruntergekommene Holzscheune.

Mira sah Ejwyn kritisch an. Auch wenn sie sich geschworen hatte nicht mehr mit ihm zu sprechen, konnte sie doch nicht anders als ihn darauf anzusprechen.

„Da drinnen willst du übernachten? Das fällt uns womöglich über dem Kopf zusammen.“

Ejwyn atmete laut aus.

„Jetzt mach dir doch nicht immer solche Gedanken. Das hält schon. Und es ist besser als unter freiem Himmel.“

Er sprang gekonnt von Lapid und zog den Zügel über den Pferdekopf.

Mira tat es ihm gleich, doch sie war noch immer verletzt und trotzig.

Ejwyn tat es leid, so was gesagt zu haben, doch er hätte es niemals zu gegeben und so sprach er sie auch nich an.

Sie folgte ihm hinein in die Schober, der von dichtem betrachtet doch noch recht gut aussah. Die Wände waren alle ohne heile und der Boden war mit trockenem Heu bedeckt.

In den Ecken wuchsen Grasbüschel und Moosflechten, und das Dach hatte etwas gelitten, ansonsten war die Scheune einwandfrei.

Zufrieden stellte Ejwyn sich in die Mitte, schaute zu allen Seiten und ließ sich dann ins Heu fallen, welches sofort zu stauben begann und Mira niesen musste.

Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Ejwyn, alle viere von sich gestreckt, daliegen.

Seine Haare, verstrubbelt und mit Grashalmen bestückt, glänzten im kargen Mondlicht wie dunkles Gold. Seine makellose Haut, schien aus weißem Stein zu sein.

Ganz in dieses Bild vertieft, merkte sie nicht wie die Pferde sich bereits gemütlich in eine Ecke gestellt hatten und genüsslich das Heu fraßen.

Nach einer Weile bemerkte sie, dass Ejwyn leise vor sich hin grunzte. Er war eingeschlafen.

Sie lächelte, nahm ihren Umhang und legte sich, in einigem Abstand, neben ihn.
 

Der Nächste Morgen kam so schnell, dass Mira sich fühlte als hätte sie grad erst die Augen zu gemacht.

Sie drehte sich im Heu auf den Bauch und plötzlich berührte ihre Hand etwas Warmes, Weiches.

Erschrocken öffnete sie die Augen.

Es war Ejwyn der Seelenruhig neben ihr lag und schlief. Immer noch in der gleichen Position und immer noch so engelsgleich wie er eingeschlafen war.

Mira legte sich auf die Seite und stützte ihren Kopf auf die Hand.

Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn kennen gelernt hatte, doch diese Erinnerung machte sie gleichzeitig traurig.

Es war auch der Tag, an dem sie ihren Vater und Meenu verloren hatte.

Statt ihnen hatte sie nun Ejwyn an ihrer Seite und sie wusste nicht einmal, wo sie das Schicksal hinführte.

Erst jetzt bemerkte sie die Tränen die ihr die Wangen hinab liefen. Sie wischte sie weg und verdrängte die Gedanken alter Tage.

Es schien schon so lange her zu sein, dass sie unterwegs waren, doch in Wirklichkeit waren es höchstens vier Tage.

Sie rollte sich auf den Rücken und wandte ihren Blick ab, von dem Menschen, der jetzt ihr Leben war, weil sie nichts mehr hatte.

Mira schloss die Augen. Da spürte sie ein Ziehen an ihrem Rockende.

Ihr erster Gedanke war, dass es eines der Pferde sein musste, dass ihr da am Rock knabberte.

„Geh weg, Denati“. Flüsterte sie und schüttelte ihr Bein um das Tier zu verscheuchen.

Doch als es nicht los ließ schaute sie auf und was sie sah, ließ sie zusammenfahren.

Sie steckte sich ihre Faust in den Mund um nicht zu schreien, konnte einen kleinen Angstschrei nicht verhindern.

Vor ihr stand ein großer Mann mit rundlichem Antlitz.

Er hatte dunkelbraune Haare, die im ihn Strähnen ins Gesicht hingen. Seine blauen Augen leuchteten in seinem Gesicht und die hohen Wangenknochen, ließen es jugendlich wirken.

Sein Umhang sah ähnlich zerlumpt aus, wie der von Ejwyn, seiner war jedoch in einer Mischung aus blau-grau. Unter seinem Mantel konnte sie eine braune Hose und schwarze Stiefel erkennen, ebenso ein langarmiges Hemd, das mit seiner grauen Farbe und den weiten Ärmeln sehr alt aussah. Auch er trug am Gürtel ein Schwert.

Mira sah seinen Blick und war sich nicht sicher ob sie seiner Güte trauen konnte.

„Was willst du??“ flüsterte sie ihm zu, um Ejwyn nicht zu wecken.

Ihre Hand suchte hinter sich, Ejwyns Gürtel um sich einen der Dolche zu angeln.

Der Fremde sah es, und lächelte.

Mira hielt in ihrer Bewegung inne und starrte ihn an.

Sie lehnt sich wieder zurück und setzte sich aufrecht hin, so dass sie zur Not beiseite springen konnte.

„Was willst du?“, fragte sie wieder und ihre Stimme war noch immer leise, aber bedrohlicher als zuvor.

Auf einmal begann der Unbekannte vor ihr mit den Händen zu wedeln, als würde er eine Fliege vertreiben.

„Was?“

Sie zweifelte an seiner Zurechnungsfähigkeit und starrte ihn entgeistert an, weil er noch immer fuchtelte, wie ein Verrückter.

Schlagartig zeigte er auf Ejwyn und Mira sah zu ihm hin.

Er schlief noch immer seelenruhig.

Plötzlich wirkte er verletzlich und das machte ihr Angst.

„Finger weg von Ejwyn“, presste Mira zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Der Mann wich ein Stück zurück, doch sah er noch immer zu ihm hinüber.

Mira kniete sich neben ihn, um ihn im Notfall zu schützen, da schritt der fremde jäh nach vorn auf Ejwyn zu und Mira beugte sich sofort über ihn.

Doch da traf ihre Hand seine Nase und er war sofort hell wach.

Mit Schmerzverzogenem Gesicht setzte er sich auf und hielt sich die Nase, als wäre sie gebrochen.

„Was zu Teufel …“ dann blickte er auf.

Von Mira, die noch immer halb über ihm lag, zu dem Namenlosen und wieder zurück.

Sein Blick blieb an Mira hängen.

„Was tust du da?“ sagte er, während er seine Nase überprüfte, ob alles ok war.

Mira wurde auf einmal rot, kletterte von ihm runter und schaute auf den Boden.

„Ich dachte nur, … Der Fremde da, ich glaub er wollte dich angreifen.“

Jetzt wo sie diese Worte aussprach und dazu in die Augen des Namenlosen schaute, klangen sie sehr absurd, sogar in ihren Ohren.

Ejwyn schaute mich groß an und lächelte dann schief.

Aus dem Lächeln wurde ein Grinsen und aus dem Grinsen ein leises Lachen.

Ich sah ihn nur noch verwirrt an.

„Was ist denn?“

Sie hatte immer noch rote Wangen und ihr stieg die Hitze ins Gesicht.

„Mensch Mira. Das is ja echt lieb, dass du dich so um mich sorgst. Aber das hier, „und er zeigte auf den Fremden, „ist Kennet. Er ist mein alter Gefährte. Er ist echt in Ordnung.“

Jetzt lachte auch Kennet.

Lautlos, aber er lachte.

Mira sah die beiden verwundert an.

„Wieso spricht er nicht mit mir??“

„Er ist stumm. Ein dummer Unfall, seit dem kann er nicht mehr sprechen“

Mira nickte wissend mit dem Kopf und Kennet sah sie freundlich an. Er schien ihr nichts übel zu nehmen.
 

Dann sprang Ejwyn aus dem Heu und war auf den Beinen. Seine Haare und sein Umhang noch immer voller Heu, stand er nun vor Kennet und Mira.

Beide Musste kichern als sie dass sahen, doch Ejwyn ließ sich nich irritieren und stapfte an ihnen vorbei, um die Pferde fertig zu machen.

Zu dem schwarzen und dem weißen Tier, war nun noch ein braun-weiß geschecktes dazu gekommen.

Alle drei kauten genüsslich auf Grashalmen herum.

Als Ejwyn grad mit dem Gurt an Denatis Sattel beschäftigt war, begann der Schecke Ejwyn in den Haaren rum zu wuscheln und fraß die Grashalme heraus.

Mira und Kennet konnte sich kaum mehr halten vor lachen, wobei nur Miras Gelächter zu hören war.
 

Endlich konnten sie aufsitzen und zu dritt ritten sie nun weiter nach Nisenthal.

Ejwyn hatte Mira immer noch nicht erzählt, was das Ziel ihrer Reise war, doch im Moment schien sie einfach nur glücklich zu sein.

Zufrieden schaute Ejwyn Miras lachendes Gesicht an, als sie Kennte dabei beobachtete, wie er versuchte eine Fliege zu verscheuchen.

Sie hatte ihr Leben verloren als ihr Vater ermordet wurde und nun hatte sie die Chance sich ein neues aufzubauen.

Jetzt sah man schon die Tore der Stadt und Mira wurde ungeduldig.

Sie sehnte sich nach einem Bad und einem Bett.

Im Trab ritt sie den anderen voraus und stieg ab, als sie den Eingang passiert hatte.

Die beiden Jungs Folgten ihr.

Langsam und um alles ansehen zu können, schlenderten sie sie löchrige Straße entlang.

Die ganze lange Straße war übersäht mit großen, gefährlichen Furchen.

Die drei jungen Leute gingen nebeneinander die Straße entlang.

Ganz außen lief Kennet mit seinem Schecken Salta und Miras Pferd am Zügel. In der Mitte ging Ejwyn und auf der anderen Seite von ihm, lief Mira.

„Wir werden hier in einem Gasthaus übernachten“, sagte Ejwyn an Mira gewandt.

Die sah ihn kurz an, war von der Straße abgelenkt und …

„Ahhh“

Ejwyn und Kennet blieben abrupt stehen.

„Mira, was machst du den für Sachen?“

Mira saß in einem der großen Löcher auf der Straße. Die Leute drehten sich nach ihr um, gingen aber weiter.

Nur Ejwyn und Kennet standen am Rand des Loches und sahen auf die am Boden sitzende Mira.

„Was mache ich hier wohl??“ Mira knurrte ihn giftig an.

Hilfreich bot Ejwyn ihr die Hand an und beachtete den fiesen Kommentar von eben nicht.

Sie schnappte sich seine Hand und zog sich daran hoch.

„Danke“ murmelte sie vor sich hin und klopfte sich den Staub von den Sachen.

Doch kaum waren sie drei Schritte gegangen, da war Mira schon wieder weg.

Abermals lag sie in einem der Löcher und diesmal konnte Ejwyn sich das Lachen nicht verkneifen. Er feixte wie ein kleiner Junge.

Kennet schaute nur besorgt drein, doch auch ihm saß der Schalk in den Augen.

„Aua“, jammerte Mira und hielt sich den Knöchel.

Sie versuchte selber aufzustehen, doch es gelang ihr nicht und sie sackte zurück.

Da sah sie wieder Ejwyns Hand, die ihr ihre Hilfe anbot.

Sie sah zu ihm auf und sein Blick war nicht mehr schadenfroh, wie noch vor einer halben Minute.

Er sah sie hilfsbereit und freundlich an. Sie nahm die angebotene Hilfe, fiel aber gleich wieder zu Boden.

„Was ist los?“

Er sah sie besorgt an.

„Ich glaub ich habe meinen Knöchel geprellt, oder so etwas.“

Ejwyn beugte sich zu ihr runter und plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper und sie lag an Ejwyns Brust.

„Ejwyn nein, lass mich runter, ich kann alleine laufen.“

Sie zappelte auf seinem Arm hin und her, doch er geriet nicht einmal ins schwanken.

Sie spürte seinen Herzschlag der schneller schlug, als es nötig war und wurde rot und auch er nahm wahr, dass sein Herz schneller pumpte als sonst, was ihm das Blut ins Gesicht trieb.

Kennet lief neben ihnen und beobachtete die zwei, wie sie beide bewusst in eine andere Richtung starrten.

Endlich kamen sie in dem Gasthaus an, zu dem sie wollten.

Kennet kannte diese Stadt gut und wusste wo es zu finden war.

Als sie eintraten, hatten sie alle Aufmerksamkeit auf sich gelenkt.

So wurden beide noch roter, als sie es eh schon waren.

Sie gingen an den Empfang um ihre Zimmer zu bestellen.

Vorsichtig setzte Ejwyn Mira ab und wandte sich an den Bediensteten.

„Wir hätten gerne drei Zimmer für eine Nacht“

Ejwyns Stimme war reserviert und freundlich.

„Verzeihen sie mein Herr, in einem Stockwerk sind nur noch zwei Zimmer frei, wäre es da nicht günstiger, sich mit ihrer Frau eins zu teilen?“

Ebenso freundlich wie Ejwyn, hatte auch der Bedienstete gesprochen, doch in Ejwyns Ohren klang es wie Spott.

„Ich wollte aber drei Zimmer!“

Ejwyn klang jetzt böse und überhaupt nicht mehr freundlich.

„Ja mein Herr, ich habe sie schon verstanden, ich dachte nur, dass sie und die junge Dame …“

„Falsch gedacht“, fauchte er den Angestellten lautstark an.

„Ich will auf der Stelle drei Zimmer sonst können sie demnächst nur noch Suppe zu sich nehmen“

Ejwyns Augen funkelten vor Wut und Scham und man konnte seine geröteten Wangen deutlich erkennen.

„Natürlich mein Herr, bitte sehr mein Herr!“

Er gab ihm drei Schlüssel, sein Blick war angsterfüllt.

Ejwyn stapfte voran, die Treppe hoch, Kennet kam ihm nach mit Mira an seiner Seite, die er mehr trug, als stützte.

„Musstest du ihn so anschreien?“

Mira sah Ejwyn vor sich an, doch er drehte sich nicht um.

„Ich habe nicht geschrieen, ich bin nur etwas laut geworden“ sagte er mit unterkühltem Ton.

Mira sagte nichts mehr, bis sie vor einen hellbraunen Holztür standen.

Ejwyn schloss auf und stieß die Tür auf.

„Das is deins Mira.“, Kennet half ihr sich aufs Bett zu setzte und ging dann wieder raus.

“Unten sind die Bäder, wenn du willst, werde ich dir die Treppen runter helfen.“

Wieder errötete er etwas, dann ging er raus und schloss die Tür hinter sich.

Sie hörte wie Ejwyn das gegenüberliegende Zimmer Aufschloss und wie dann einer von beiden eine weitere Treppe hoch ging.

Mira sah sich in ihrem Zimmer um.

Sie saß auf einem einfachen Holzbett mit einer dicken Decke und einem platten Kissen. Neben dem Bett stand eine schlichte Kommode und ein alter Kleiderschrank, der aussah als hätte er mehr Motten, als Kleidungen reinpassen könnten.

Das war es auch schon mit der Einrichtung, außer einem kleinen Nachtschrank der noch neben ihr stand.

In Ejwyns Zimmer sah es nicht anders aus. Die gleiche Kommode, das gleiche Bett, der gleiche Schrank.

Er saß auf seinem Bett und starrte seine Füße an.

Nachdenklich ging er zu der Kommode, über der ein gerahmter Spiegel hing

In die vertäfelten Wände, war ein einfacher Nagel geschlagen worden um ihn aufzuhängen.

Er sah sich an

Sein immer noch leicht gerötetes Gesicht und seine zurzeit sehr hellen Haare bildeten einen eigenartigen Kontrast und gedankenvoll legte er seine Hand an das Spiegelbild seiner Wange.

Ejwyn ging zurück zum Bett und warf seinen Umhang darauf.

Er öffnete seine Gürtelschnalle und zog sich sein nich mehr ganz schwarzes Shirt über den Kopf, worauf hin seine Haare noch zerzauster waren, als ohne hin schon.

Plötzlich klopfte es an der Tür und sie öffnete sich.

Ein feines, rundes Gesicht schaute herein und das Mädchen dem es gehörte, erstarrte in ihrer Bewegung
 

Mira hielt noch immer den Türknauf in der Hand und konnte ihren Blick nicht mehr von Ejwyn lösen.

Er stand vor seinem Bett, mit seinem entblößten Oberkörper.

Man konnte jeden Muskel an seinem Bauch erkennen. Seinen Armen waren dreimal so breit wie ihre und seine Brust wie die eines Gottes.

Sie sah die offene Gürtelschnalle und sie schaute verlegen zu Boden.

Auch er hatte sich nicht mehr bewegt seit sie rein gekommen war.

„Tut … tut mir leid“ stotterte sie und wollte grade die Tür wieder schließen.

„Warte.“ Er zog sich schnell sein Shirt wieder über und lief zur Tür.

„Was gibt es denn“, fragte er so gelassen wie möglich, doch irgendwie war noch immer etwas Abweisendes in seiner Stimme, was sonst nie da war.

„Na ja, ich wollte ins Bad. Und da wollte ich dich fragen, ob du mir vielleicht mit der Treppe helfen könntest“

Ihre Augen zeigten ihre Schüchternheit, so wie Ejwyn sie bisher noch nicht gesehen hatte.

Er kannte sie nur als vorlautes, etwas zickiges Mädchen, doch nie hatte er sie als so zerbrechlich gesehen.

Nicht einmal als sie so um ihren Vater geweint hatte. Da war sie auch zerbrechlich, aber auf eine andere Art und Weise.

Er schüttelt seinen Kopf und diese Gedanken zu verscheuchen.

„Klar helfe ich dir, komm mit“

Er machte rasch einen Schritt auf die Tür zu, nahm Mira zur Seite und schloss die Tür hinter sich.

Nun legte er ihren Arm um seine Hüfte und seinen Arm um ihre.

Es ging ganz gut, da Mira sehr viel kleiner war als er.

Zusammen humpelten sie die Treppen runter, die sie vor ein paar Minuten erst hinauf gestiegen waren.

Vor der Tür zu den Damen, blieb er höflich stehen.

„Danke.“ Sie lächelte ihn wieder so an, wie er es von ihr kannte.

„Den Rest schaff ich schon irgendwie.“

Sie hüpfte zur Wand und hielt sich daran fest.

Bis sie hinter der Tür verschwunden war, blieb Ejwyn da stehn und beobachtete sie.

Er fühlte sich seltsam, konnte es aber nicht einordnen und setzte sch auf einen Hocker vor der Tür, um auf sie zu warten.

Mira genoss die Wärme des Wassers.

Sie starrte auf das Feuer, das unter dem gegenüberliegenden Kübel brannte und dachte an Ejwyn.

Er war irgendwie seltsam geworden.

Nach einer Weile stieg sie aus dem Bottich und trocknete sich gründlich ab. Danach schlüpfte sie wieder in ihre Kleider und trat aus dem Raum.

Neben ihr saß Ejwyn auf einem kleinen Hocker und starrte auf den Boden.

„Hast du die ganze Zeit hier gewartet?“

Etwas regte sich in ihrer Brust und sie war unglaublich gerührt.

„Ja hab ich.“ Gestand er und trat an sie heran.

Er nahm sie so wie vorhin auch, an seine Seite und wollte mit ihr schon sie Treppe hoch, da widersprach sie.

„Warte mal. Willst du jetzt unbedingt schon ins Bett, oder wollen wir noch ein bisschen spazieren, wenn es dir nichts ausmacht!“

Unsicher sah sie zu ihm hoch.

„von mir aus,“

Er wirkte teilnahmslos, doch seine Augen glühten.

Sie traten aus der Tür auf die Straße, doch anstatt in die bekannte Richtung, aus der sie gekommen waren, zu gehen, liefen sie ums Gutshaus herum wo sie sich auf einer herrlichen Wiese wieder fanden.

Sie gingen ein Stück, bis sie sich unter einen Baum setzten

Die Sonne ging grade unter und es wurde frisch.

Mira setzte sich dichter an Ejwyn heran der immer warm zu sein schien.

„Ich habe schon lang keinen so schönen Sonnenuntergang mehr gesehen.“, flüsterte Mira und starrte in die rote Abendsonne.

„Es war die letzten Nächte so gut wie immer bewölkt.“

Auch er sah in den Himmel, doch sein Blick schien sich auf nichts zu fixieren.

Er spürte Miras Blick auf seinem Gesicht und wandte sich zu ihr.

„Was ist?“

Er sah in ihre hellen Augen, verlor sich darin.

„Weißt du eigentlich, dass ich total bezaubert von deinen Augen bin?“

Ihre Stimme war leise und zart.

„Ahhha“

Es war nur so ein Nebengeräusch, kein Ernstgemeintes Wort.

Eine Brise fuhr ihnen durchs Haar und ließ eine Strähne von Miras braunen Harren in ihrem Gesicht liegen.

Sie wollte sie aus Reflex mit der Hand beiseite wischen, doch Ejwyn hielt ihre Hand fest, kraftlos ließ sie sie wieder sinken.

Stattdessen hob Ejwyn seine und nahm die Strähne zwischen seine Finger und steckte sie hinter ihr Ohr, seine Hand blieb an ihrer Wange liegen.

Miras Gesicht war heiß und auf ihm wirkte seine Hand wunderbar kühl.

Ejwyn senkte seinen Kopf zu ihr hinab, eine Stimme in seinem Kopf schrie immer lauter, er solle an seine Aufgabe denken, doch versuchte er sie so gut wie möglich zu ignorieren.

Immer weiter neigte sich sein Kopf in ihre Richtung, beide schlossen die Augen, fast konnten sie ihre Herzen schlagen hören, so leise war es um sie herum und so laut schlugen sie.

Sie konnten jeweils den Atmen des anderen auf ihrer Haut spüren, das zwitschern der Vögel oder das rauschen der Bäume und des Grases hatten sie total ausgeblendet.

Beinahe konnte sie seine samtenen Lippen auf ihren spüren.
 

Ein kleiner Stein traf Ejwyn am Bein, kurz darauf am Rücken.

Er schreckte auf und sah in die Richtung aus der diese Attacken kamen.

Mira drehte sich mit hochrotem Kopf in die andere Richtung.

Am Fenster stand Kennet, der verzweifelt mit den Armen ruderte.

„Wir müssen los.“ Sagte Ejwyn an Mira gewandt.

Sie nickte nur stumm mit dem Kopf und hievte sich hoch.

Ohne Vorwarnung hob Ejwyn sie hoch und trug sie auf seinen Armen zurück ins Haus.

Kennet stand schon am Empfang und wartete auf sie.

Sie bezahlten und gingen dann hinaus wo schon ihre Pferde, an eine Stange gebunden, auf sie warteten.

Ejwyn setzte Mira auf sein Pferd und kletterte dann selber rauf.

Kennet setzte sich auf Salta und nahm Denati an den Zügle. So verließen sie eilig im Trab die Stadt, in die Richtung aus der sie gekommen waren.

„Wo wollen wir denn hin? Wollten wir da nicht übernachten?“ Mira schaute nervös zu den beiden Jungs.

„Hatten wir vor, aber wir waren wohl zu auffällig!“

Ejwyn wandte seinen Blick nicht von der Straße und trieb sein Pferd immer weiter.

„Was heißt zu auffällig?“ Sie verstand gar nichts mehr

„Wenn wir geblieben wären, wäre und das gleiche passiert wie letztens auf dem Feld, willst du das??“

Mira schüttelte stumm den Kopf und schaute dann nach hinten.

Hinter ihr lag aber nur eine verlassene Straße im Mondschein.

Am Ziel angekommen, standen sie wieder vor der Scheune, in der sie schon letzte Nacht geschlafen hatten.

Mira seufzte und wollte abspringen, doch eh sie Schwung holen konnte, hob Ejwyn sie vom Pferd.

Wiederholt nuschelte sie ein Danke und humpelte an Kennets Seite in den Schober, während Ejwyn die Pferde festmachte.

Mira legte sich ins Heu und steckte sich einen Halm in den Mundwinkel.

Ejwyn kam, sah sie an und kniete sich vor sie, als würde er ihr einen Antrag machen wollen.

Erstaunt setzte sie sich aufrecht hin und sah ihn von oben her an.

„Ich wollte mir nur noch mal deinen Knöchel ansehen.“, sagte er zur Beruhigung

Sie schob den verletzten Fuß nach vorne und beobachtete Ejwyn dabei, wie er ihn abtastete und sich besah.

„Also morgen dürftest du wieder normal laufen können. Er war nur ein klein wenig überdehnt, schätz ich mal“

Seine Worte waren nüchtern und sachlich, kein einziges Anzeichen dafür, dass irgendetwas geschehen war, ehe sie aufbrechen mussten.

Sie nahm ihren Mantel und legten ihn sich über Bauch und Beine.

Dann drehte sie sich auf die Seite und versuchte zu schlafen.

Entfernt neben sich hörte sie das Heu rascheln.
 

Langsam öffnete sie die Augen.

Sie sah keine Lichtflecken im Heu und wusste, dass es noch Nacht sein musste.

Mira setzte sich auf und streckte sich, wobei raschelnd ihr Umhang von ihr abfiel.

Automatisch sah sie in die Ecke, wo sie Ejwyn erwartete, doch er war nich da und statt seiner, war nur platt-gelegenes Heu zu sehen.

Sie zog die Stirn in Falten und ließ ihren Blick schweifen.

Eine kleine Nebentür der Scheune stand offen, obwohl sie vorher mit Sicherheit geschlossen war.

Mira erhob sich aus dem Heu und stakste bis hin zur Tür.

Sie sah noch mal zurück um sich zu vergewissern das Kennet auch immer noch schlief und dann verließ sie den Stall.

Die frische Nachtluft blies ihr um die Nase und ihre Gedanken fühlten sich plötzlich wunderbar frisch und frei an.

Der Mond stand hoch am Himmel und so klar wie die untergehende Sonne, war auch der Halbmond, der heute Nacht die Wiese erhellte.

Sie ging ein paar Schritte, bis sie Ejwyn unter dem einzigen Baum sah, der auf diese Weide stand.

Elegant schwang er sein Schwert hin und her und ließ es die Luft zerschneide.

Sein Oberkörper glänzte im Mondlicht vor Schweiß und ein paar Haarsträhnen klebten ihn an der Stirn.

Mira ging noch weiter auf ihn zu.

Dann durchbrach sie jäh die Stille, als sie auf einen Zweig trat, der genau vor ihr lag.

Sie selbst zuckte zusammen, Ejwyn sah jedoch ruhig auf und betrachtete sie, als sie zögernd näher kam.

„Was machst du? Bist du nicht müde??“

Er sah sie eindringlich an und legte den Kopf schief.

Ein kurzer, nicht allzu lauter Schrei durchzuckte die Nacht und Mira sah überrascht auf.

Über ihnen saß Fane, auf einem Ast des Baumes.

Als sie den Blick wieder senkte, schüttelte sie den Kopf.

„Nein, ich bin nicht mehr müde. Wieso trainierst du nachts, wo du doch schlafen müsstest?“

Neugierig sah sie in seine tiefen Augen und drohte schon wieder sich zu verlieren.

„Ich kann so, Dinge besser verarbeiten oder überdenken!“

Er lächelte sie vorsichtig an und sie erwiderte sein Lächeln.

Ejwyn ließ sich auf den Boden fallen und lehnte sich an den Baum. Er legte den Kopf zurück und schloss die Augen.

„Soll ich lieber gehen?“

Sie machte einen Schritt Richtung Scheune, ihr Oberkörper war aber noch zu ihm gedreht.

„Nein, nein, bleib hier!“

Er schlug mit der flachen Hand auf den Boden neben sich.

Sie zögerte, kam seiner Bitte aber nach und setzte sich zu ihm.

So kannte sie ihn nicht.

Er war immer ein wenig abweisend gewesen und jetzt wollte er freiwillig ihr Gesellschaft.

Als sie neben ihm saß, war er ganz ruhig.

Sein schneller Atem beruhigte sich und die Schweißperlen liefen an ihm hinab, immer der Zeichnung seiner Muskeln folgend.

„Ist dir nicht kalt“, flüsterte Mira in die Nacht.

Er wandte sein Gesicht zu ihr und lächelte.

„Ich kann Infernos beschwören, mit so einer Kraft ist einem selten kalt“

Sie lächelte ebenfalls.

„Was glaubst du, was ich für eine Kraft habe? Du sagtest alles hätten eine andere Kraft.“

Sie war neugierig auf das Unbekannte in ihr.

„Ich weiß es nicht. Vielleicht kannst du alles, vielleicht aber auch nichts. Ich kann es dir nicht sagen.“

Er sprach deutlich, doch sie sah in seinem Blick den Zweifel an seinen eigenen Worten.

Sie ließ es auf sich beruhen.

Was hatte es für einen Sinn, jetzt zu streiten.

Mira hob den Kopf und starrte in den Mond; Er war so wunderschön und immer da.
 

Am nächsten Morgen begrüßten sie freundlich Sonnenstrahlen, doch sie hob ihren Arm um sich vor ihnen zu verbergen.

Doch es waren zu viele, und sie waren überall.

Mira riss die Augen auf und sah sich um.

Sie saß unter einem Baum, mitten auf der Wiese, dann rappelte sie sich hoch

Keine Spur von Kennet oder Ejwyn war zu sehen.

Sie lief in die Scheune umzusehen, ob sie noch schliefen und tatsächlich wurde sie fündig.

Beide saßen im Heu und lachten, während sie Brot und Käse vor sich ausgebreitet hatten.

Mira trat auf sie zu, und sah von einem zum andern.

„Guten Morgen“ sagte sie freundlich und beide nickten grinsend als Antwort.

„Setzt dich zu uns, du solltest dich auch etwas stärker.“

Ejwyn war ungewöhnlich gut drauf. Er wirkte entspannter als die letzten Tage.

Mira kniete nieder und nahm sich etwas von dem Brot.

„Kennet war in der Stadt!“

Ejwyn stellte diese Aussage so hin, als sei er schrecklich stolz darauf

Mit vollem Mund, sah sie ihn fragend an.

„Er hat dir ein Schwert mitgebracht und ein paar neue Kleider für uns.“

Miras Augen funkelten freudig, bei dem Wort Kleidung und sie stand sofort auf, um zu sehen, wo Kennet den Einkauf zu stehen hatte.

„Wart mal kurz.“

Ejwyn rannte ihr nach und war vor ihr an dem Sack mit dem Mitgebrachten.

Zuerst zog er das Schwert aus dem Beutel und schwang es in der Luft hin und her.

Danach drückte er es Mira in die Hand, die gar nich glücklich damit aussah und laut seufzte.

„Du wolltest es so“, erinnerte er sie daran und holte den Rest aus der Tüte.

Darin waren noch eine schwarze Hose für sie, sowie ein lila farbenes langärmliges Shirt und dazu ein Brauner Gürtel mit Schwertscheide.

Sie seufze abermals und verschwand um die Ecke um sich umzuziehen.

Ejwyn sah zu Kennet, der ihm zu zwinkerte und in Miras Richtung nickte.

Ejwyn lacht kurz und schüttelte aber dann den Kopf.

Das letzte was in dem Sack war, war eine braune Hose für ihn selbst und ein grünes Shirt, ebenfalls langarmig, was er kritisch beäugte.
 

Mira stand mit gespreizten Beinen vor Ejwyn und hielt ihr neues Schwer in den Händen.

Sie Sonne hatte ihren Zenit bereits überschritten und brannte nicht mehr so auf ihren Köpfen, es war ein warmer Septembertag, wärmer als die Letzten.

„Noch einmal Mira.“

Ejwyn klang, als hätte er diesen Satz heute schon mehr als einmal wiederholt, doch er war noch immer geduldig.

„Aber ich kann nich mehr… Mir tun die Arme weh“

Mira sah bettelnd zu ihm hin, doch das ließ ihn kalt.

„Nichts ist. Du hast noch genug Kraft. Du tust ja nichts außer wegrennen.“

Er grinste, doch Mira funkelte ihn böse an.

Sie ging wieder in die Ausgangsposition und hob das Schwert in die Höhe.

„Gegner fixieren“, rief Ejwyn ein paar Meter von ihr entfernt.

„Kraft auf das Schwert konzentrieren - die Augen immer auf dem Gegner lassen.“, sagte er noch einmal, als er sah das ihr Blick zu Kennet schielte, der faul am Baum lag und die frische Luft genoss.

„Is ja ok“, murmelte sie mehr zu sich selbst, als dass es für Ejwyn bestimmt war.

„Los“, rief Ejwyn laut und deutlich und rannte auf Mira zu. Kurz bevor er dicht genug bei ihr war, um sie zur Verteidigung zu zwingen, drehte sie sich um und rannte davon.

Ejwyn bremste ab und rammte sein Schwert mutlos in den Boden.

Verzweifelt schlug er die Hände vors Gesicht und fuhr sich dann durch die Haare.

„Es ist hoffnungslos!“

Resigniert setzte er sich auf den Boden.

Mira kam zurück, mit schuldbewusster Miene.

„Tut mir leid“, sagte sie leise und mit reumütiger Stimme, wie ein Kind das wiederholt Schokolade geklaut hatte.

Er sah zu ihr hoch und lächelte.

„Das wird schon, aber wir müssen langsam weiter.“

Er stand auf und zog sein Schwert wieder aus dem Boden heraus. Zusammen gingen sie zurück in die Scheune und als Ejwyn an Kennet vorbei kam, piekste er ihn mit seinem Schwert in den dicklichen bauch, damit er aufwachte.

Böse schaute Kennet Ejwyn an.

Sein Blick sah irgendwie nach Rache aus und Mira lächelte bei dem Gedanken, Ejwyn gepiesackt zu sehen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Ringotan
2007-02-27T17:12:06+00:00 27.02.2007 18:12
*muhahaha~* xDDD
also du weißt ja, dass ichgrad bei dir sitz und was ich schreiben werde, weißte ja sowieso! x3 (nee~, nich "machs besser!" xDDDDD~)
also ich LIEBE ejwyn! >////////<
aber das hab ich schoma gesagt...<333~ *ihn knuddelz* x3
is einfach toll, wenn er halbnackt is, ne! XD
und mira...hach, mira =w= komisch, dassu sie nich magst! XD *poke* das mädel is ein bissl -wie soll man sagen?- leicht weinerlich? xD" *hö* nya, ich hoffe, dass sie im laufe der story noch symphatischer wird! °w°/)
und dass ejwyn und sie sich noch küssen!!! °/////° ich fand das mit dem steinwerfen ja echt fies!
kennet, du sack! xDDD *ihn vom fenster wegpoke* >3 *muhahahaha~*

nyai, hoffe, die nächsten kapitel kommen genauso schnell...! Òwöb *hühühü* xD
Von:  Ringotan
2007-02-27T09:31:30+00:00 27.02.2007 10:31
*mitlol* xDDD~
ICH LIEBE DIESE FF!!!! QoQ/)
aber das weißt du ja! xD *poke* hatte hier inna schule noch keine zeit, das 2te chap zu lesen (wie geil~ schon das 2te!!! *__*) aber werds zuhause sofort tun und dich dann nochma volllabbern, was ich denn wieder so geil fand, kay? >w</) *plüsch*

EJWYN AN DIE MACHT!!!! >/////<
(obwohl ich seine schreibwiese zu lolig find...xD")
Von: abgemeldet
2007-02-26T10:36:07+00:00 26.02.2007 11:36
es is einfach geil, wie sie ihn da aus dem fenster schmeißt *lol*
einfach herrlich ....
*schnell weiter les*


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