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Die Schwarze Hand Allahs

Assassins Creed
von

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■Das Schicksalsrad beginnt sich unaufhaltsam zu drehen

Assassins Creed
 

Allahs schwarze Hand,
 


 

Prolog
 

Die Mittagshitze in der Stadt war fast schon unerträglich geworden. Die stickige Luft vermischte sich mit dem herben Gestank der abgestandenen Luft die menschliche Abfälle verursachten und das Atmen fast unmöglich machten. Insekten sirrten in der Luft welche sich wie ein brennender Flaum auf der verschwitzten Haut anfühlte und kein Lufthauch war zu vernehmen der etwas Milderung hätte verschaffen können.
 

Die Marktstraße war heute erfüllt von Leben. Stimmengewirr vermischte sich mit dem Knarren von Holzkisten die man umherschob oder das Rauschen von kostbaren Stoffen aus Persien welche man zur besseren Besichtigung hervor holte. Marktschreier versuchten das Neueste aus aller Welt und auch aus Akkon zu verkünden und versuchten es mit den Kaufleuten aufzunehmen welche es sich zur Aufgabe gemacht hatten ganz Jerusalem davon zu unterrichten das sie die beste und frischeste Wahre zu einem günstigen Preis erhalten hatten. Während Frauen versuchten ihre Kinder davon abzuhalten zu allen Ständen zu laufen um sich die Dinge die dort angepriesen worden zu bestaunen versuchten andere wiederum einfach nur ihre Mittagsruhe zu genießen und beobachteten die Leute welche in geschäftiger Manier an ihnen vorüber zogen, dabei gemütlich und in aller Ruhe ihr Pfeifchen rauchend.
 

Mustafa Al´ Abbas Ibn Mahrus gehörte zu diesen Leuten die es sich zwischen einem Kräuterhändler und einem dieser selbsternannten Marktschreier auf einer schattigen Bank unter einem Baum gemütlich gemacht hatten und selenruhig die anderen Leute betrachtete.
 

„Heute scheinen wir es aber besonders eilig zu haben..“ raunte Mustafa in seinen großen, an einigen Stellen schon ergrauten Bart hinein der ihm über dem Brustbein erst endete. Es war das vierte Mal heute das er einen ganzen Wachtrupp an sich vorüberziehen sah welche in eiligem Schritt und gezogenen Schwertern an ihm vorbeirasten, den Mann in seiner schwarzen Robe und der bis tief ins Gesicht gezogenen Kapuze nicht beachteten. Kaum jemand beachtete den alten Mann der die Menschen aus seinen dunklen, Ebenholzschwarzen Augen ansah welche unter seinen buschigen Augenbrauen förmlich wie schwarze Steine hervorblitzten. Er hatte das Gesicht eines verdrießlichen, fülligen Mannes mit hohen Wangenknochen mit tief eingegrabenen Furchen auf der Stirn und den Mundwinkeln herum. Sein Stock war zum einem Hilfsmittel zum anderen auch Drohmittel wenn ihm einer dieser Bettler zu nahe kam und von ihm etwas haben wollte. Almosen verteilte er zwar schon hin und wieder aber dann wenn er es selbst für nötig erachtete. Und wenn diese Frauen ihn anbettelten ihm ein paar Münzen zu geben weil sie schwer krank waren, musste er immer innig grinsen. „Wer so schreien kann, hat ein langes Leben vor sich.“ Brummelte er dann immer und zog weiter.
 

Wieder zog ein voll bewaffneter Trupp an ihm vorbeizog mit blitzenden Schwertern.

Mustafa verzog verächtlich die Mundwinkel nach oben. Heute herrschte hier ja helle Aufregung.
 

Aus dem Trubel der Masse formte sich langsam ein weiterer dunkler Schatten ab und eine ins ich gekrümmte Gestalt ging langsam auf ihn zu. Sie hinkte wie es schien auf einem Bein und hatte sich bis zum Kopf vermummt, an ihren Seiten und auf ihrem Rücken hatte sie schwere Säcke zu tragen die von Stoff umwickelten Seilen getragen wurden.
 

„War es sehr schwer?“ Fragte Mustafa Al Abbas Ibn Mahrus die in sich gekehrte und völlig verstummte Gestalt die nur wenige Schritte vor ihm Halt machte und den Kopf von einer Seite zur anderen bewegte als würde sie sich nicht voll und ganz bewegen können.

„Und? Hast du alles bekommen was du haben wolltest?“ Die Gestalt nickte schwer.

„Hast du auch die Information bekommen um die ich dich einzuholen gebeten habe?“ Ein leises Hüsteln erklang von der Gestalt und dann nickte sie wieder. „Sehr gut.“ Mustafa war beruhigt das zu hören. „Du weißt das wir den guten Amiz nicht zu lange da unten lassen können.“ Nun schüttelte sich die Gestalt und auch ihr Kopf ruckte von einer Seite zur anderen bis sie sich bückte und eine verpackte Hand nach oben fuhr um den Schleier den sie sich um den Kopf geschlungen hatte etwas zu lockern damit der alte Mann auch verstehen konnte was gesagt wurde.

„Wenn es nach mir ginge könnten wir diesen Holzkopf gerne da unten im Verlies lassen! Ich kann auf ihn verzichten.“ Daraufhin hörte man das helle, glucksende Lachen aus Mustafas Kehle. Er lachte offenherzig und hielt sich dabei immer den Bauch weil eine alte Verletzung ihm das Lachen erschwerte wie auch das schnelle Atmen. Mit der Hand auf den Bauch tat der Schmerz nicht mehr ganz so weh und er konnte seine gute Laune offen zeigen.

„Müssen wir diesen Trottel wirklich befreien?“ Fragte die mumifizierte Gestalt weiter den noch immer leise lachenden Mustafa der sich nur langsam wieder beruhigte.

„Meister, ich will eure Handlungen wirklich nicht in Frage stellen aber...“

„Dastan.“ Sagte der alte Mann in seiner dunklen Toga dann mit sanfter, eingehender Stimme das der andere sofort verstummte. „Amiz würde das gleiche für dich tun und das weißt du auch.“ Die Gestalt verneigte sich etwas bevor sie sich dann wieder nach oben richtete. Dieser kleine Satz genügte um seine bösen Gedanken zum Schweigen zu bringen. „Ihr habt Recht, Meister.“

„Nun komm mein Sohn, wir müssen uns mit den anderen Treffen wenn wir den guten Amiz heute noch befreien wollen.“

„Aber Meister, es gibt da noch etwas das ihr wissen solltet..“ Flüsterte Dastan hinter seiner uneinsehnlichen Maske der Verkleidung.

Mustafas Augenbrauen verschoben sich eng zusammen zu einem einzigen Balken als er den Ausdruck des anderen hinter den vielen Tüchern sah. Dunkel, finster und von Sorgen verhüllt.

„Habt ihr das neueste Gerücht etwa noch nicht vernommen Meister?“

„Welches Gerücht?“ Fragte Mustafa dunkel zurück.

Dastan beugte sich noch näher zu seinem Herrn herab damit er es ihm besser zuflüstern konnte. „Ihr wisst doch das dieser Bischof von Garuzee hier in Akkon ermordet worden war auf seiner Pilgerreise, nicht wahr? Man sagt, es sei ein Assassine gewesen da diese noch eine alte Rechnung mit dem Gottesmann zu begleichen hatten.“ Ja, davon hatte der alte Mann in seiner schwarzen Robe gehört. Die Assassinen machten auf kurz oder lang mit jedem ein Ende der es wagte sich gegen ihren Orden in aller Öffentlichkeit zu erheben oder zu großen Einfluss auf das heilige Land ausübte, wie es einst dieser Bischof getan hatte. Wundern tat es ihn auch nicht das gerade ein Assassine diesem Mann, der von der Zeit bald vergessen werden würde, ein so jähes Ende fand.

„Jedenfalls sagt man,“ Fuhr Dastan im verschwörerischen Tonfall fort. „Heißt es das man den verantwortlichen Assassinen in einen Hinterhalt gelockt hatte nachdem er den Bischof ermordete und nun hält man ihn ebenfalls gefangen und will aus ihm die nötigen Informationen für König Richard und seine Templer erzwingen.“
 

König Richard und seine Templer? Mustafa Al´Abbas Ibn Mahrus würde sich jedes seiner Barthaare einzeln herausreißen wenn die Templer im Grunde ihres Herzens König Richard treu ergeben waren. Im Grunde folgten sie nur einem Mann, dem Erzfeind aller Asssassinen: Robert de Sablé. Dieser war zwar ein gottesfürchtiger Mann und ein treuer Vasall des Königs aber Mustafa bezweifelte stark das dieser Mann für die Ergreifung der Macht nicht sogar seine eigene Mutter der Hölle verkaufen würde.
 

„Es sind so viele Wachen unterwegs weil bereits zwei Befreiungsversuche gerade noch verhindert werden konnten. Jetzt will man ihn so schnell es geht zusammen mit Amiz hinrichten, als Warnung für alle Aufständischen gegen den englischen König.“

„Verstehe.“ Mustafa zwirbelte sich an seinem langen Bart und schloss nachdenklich die Augen. „Das erklärt die vielen Soldaten. Die anderen Assassinen werden den Teufel tun und einfach so aufgeben solange ihr Bruder in Gefangenschaft ist. Der Ärmste wird wohl in den Genuss von guten englischen Folterkünsten geraten.“

„Er wird nichts verraten.“ Schnarrte Dastan unter seinen langen Gewändern. „Ich habe gehört das man ihn die ganze Nacht über gefoltert haben soll aber er hat keinen Mucks von sich gegeben. Am Ende haben es die Wärter aufgegeben etwas herauszufinden.“

„Ein Assassine der weder Tod noch Schmerzen fürchtet... Al Mualim weiß wie er seine Kinder erzieht.“ Brummelte Mustafa immer noch mit geschlossenen Augen. „Nun gut, alles weitere werden wir ja heute Abend sehen. Ich will die Abwesenheit von Richard und seinen besten Männern solange nutzen wie möglich. Komm Dastan, wir gehen zu den anderen.“

Damit richtete sich der alte Mann auf und unter der Hilfe seines Begleiters bekam er seine Taschen auf den Rücken gewunden und seinen Stock in die Hand. Gemeinsam gaben sie ein mehr als nur ungewöhnliches Pärchen weswegen sie die Seitengassen von Akkon nutzten um den meisten neugierigen Augen aus dem Weg zu gehen und waren schließlich mit den Wirren der Stadt verschmolzen.

In der größten Dunkelheit strahlt selbst der kleinste Funke Hoffnung wie ein Leuchtfeuer

1.Kapitel
 


 

Die Stille um ihn herum war erdrückend genauso wie der Schmerz der ihm immer wieder wie in elektrischen Impulsen durch Mark und Bein fuhr. In Intervallen überfiel ihn Übelkeit und er verspürte das dringende verlangen sich erbrechen zu wollen, was aber an Mangels Ernährung scheiterte.
 

Altair lag jetzt schon seit fest mehr als eine Woche hier in diesem Verließ, zusammen mit einigen anderen Gefangenen. Das Gefängnis war gefüllt von Schwerverbrechern, Verrätern und natürlich Sarazenen wie Arabern die den Soldaten des Königs verdächtig vorkamen.
 

Die Luft hier unten im Verließ war fast noch stickiger als draußen in der freien Natur, welche Altair so schmerzlich vermisste. Anstelle von getrocknetem Gras vernahm er den Gestank der Fäkalien seiner Mitgefangenen der sich mit ihrem Schweiß und ihrem Blut vermischte. Der karge Steinboden war mit dürftigen Gräsern belegt worden und garantiert hatte man ihn seit seinem einbringen niemals gewechselt den inzwischen sammelte sich schon jedweder Dreck zwischen seinen Zehen, da man ihm die Schuhe und auch fast alle andere Kleidung die ihn erst zum Assassinen machte weggenommen.
 

Eine Woche war es nun her das er seinen Auftrag, den Bischof von Garuzee zu töten, erfolgreich zu Ende gebracht doch war Altair durch das plötzliche Erscheinen mehrerer Fußsoldaten und einen Boten aufgehalten und gestört worden. Er konnte die Feder nicht mit dem Blut des Bischofs tränken noch vermochte er es, die Botschaft aufzuhalten welche der Bischof zum Oberhaupt der Sarazenen Salah ad´ Din bringen wollten, aufhalten können. Er hatte zwar seiner Bruderschaft noch keinen direkten Schaden zugefügt aber Altair fühlte sich dennoch wie ein Verräter. Der Bischof versuchte schon lange König Richard und den Sultan auf eine Seite zu ziehen um gegen die Assassinen zu kämpfen, welche ihn schon einmal fast getötet hätten. Altair war dieses Unterfangen geglückt, nur war er nicht mehr in der Lage gewesen dessen letzte Botschaft an Salah ad´ Din aufzuhalten. Wer konnte schon wissen welche unheilvolle Nachricht sich darin befand? Er wusste es nicht und eigentlich wollte er das auch nicht mehr wissen.
 

Die Männer Richards hatten ihn gefangen nehmen können, nachdem ein Pfeil Altair am Oberschenkel verletzt hatte und er sich nur mit knapper Not an einer Hauskante festhalten konnte um nicht ganz in die Tiefe zu stürzen. Die Soldaten hatten aber längst gesehen das der Assassine verletzt war und jagten ihn noch verbissener was schließlich zu seiner Verhaftung führte. Altair hatte noch versucht sich anderweitig in Sicherheit zu bringen aber nichts half. Sie schlugen ihn nieder, nahmen ihm seine Waffen ab und auch seine weiße Robe und schleppten ihn kurz darauf auf die Streckbank. Sie versuchten zwei Tage lang herauszufinden was der Assassine noch alles wissen könnte aber Altair schwieg. Er hatte nicht verraten was er wusste, schwieg so groß die Schmerzen auch wurden. Altair wurde ausgepeitscht doch war nur das Brüllen des Folterres und nicht des Gefolterten zu hören. Keine Neunschwänzige Katze hatte es schaffen können Altair auch nur eine Silbe zu entlocken. Sie fügten ihm weitere Wunden zu, brachen ihm das schon lädierte Bein so dass sein Unterschenkel enorm anschwoll und Altair vor Schmerzen nicht mehr schlafen konnte.
 

Ein Stöhnen von seinem Nebenmann ließ ihn leicht den Kopf zur Seite drehen. Dort hing ein ehemaliger Kreuzfahrer der sich etwas hatte zu Schulden kommen lassen, soviel hatte Altair herausbekommen. Er war genau wie Altair an die Wand mit schweren Handschellen aus Eisen um die Handgelenke angekettet worden die gerade so kurz war, dass man aufrecht sitzen konnte, ein vergebliches Unterfangen für den Assassinen der Beinverletzungen hatte die ihn fast umbrachten.
 

Altair sah mit seinen mandelbraunen Augen auf den spärlichen Verband den ihm jemand versetzte hatte. Jemand musste ihn versorgt haben aber wer und warum? Die Wunde war auch genäht, dass konnte der junge Araber durch den Stoff spüren. Er fühlte die Naht, fühlte die Spannung aber trotzdem hatte er noch Schmerzen.
 

Warum versorgte man den Feind damit dieser am Leben blieb? Damit er noch weitere Informationen ausspucken konnte? Aber er hatte nichts gesagt, noch waren seine Sinne nicht betäubt gewesen als das er nicht hätte wissen können, ob er etwas verwerfliches gesagt hätte. Also, warum?
 

Ein weiteres Geräusch, das mehr wie ein Schmatzen klang ertönte von seiner rechten Seite.

Der Mann neben ihm war genau wie er angekettet worden, schien aber geschlafen zu haben und jetzt wachte er langsam auf. Obwohl Altair sich sonst fern von den Menschen hielt, war dieser hier doch ein sonderbares Exemplar das er so in dieser Art noch nie zuvor gesehen hatte.
 

Der Mann, ein kräftig gebauter Mann mit hohen Wangenknochen und fülligem Bartstoppeln im Gesicht. Seine Haare waren strohgoldenes Haar, dass hatte Altair sehen können als man ihn durch das Verlies in einen Lichtstrahl hindurch neben ihm an die Wand schleppte. Es war wahrlich golden und leicht gelockt und lief seinen Nacken hinab während alle Haare oberhalb seinen Ohren nach hinten zu einem Zopf gebunden waren. Ansonsten konnte er nicht viel von dem Mann erkennen der offensichtlich kein Araber war und dennoch sprach er Altairs Sprache fließend und ohne einen Fehler. Kurz nachdem er festgekettet worden war und die Soldaten die ihn hergebracht hatten verschwunden waren hatte sich der Fremdling erst mal umgesehen und als er die erstaunten Blicke der anderen Mithäftlinge bemerkte, grinste er breit wobei man auf seiner linken Seite oben eine Zahnlücke erkennen konnte.

„Ach ja, in Gesellschaft leidet es sich gleich viel angenehmer, findet ihr nicht auch?“ Gluckste der Fremde den man noch dazu ein ordentliches blaues Auge geschlagen hatte. Die anderen Häftlinge fanden das gar nicht komisch und entweder ignorierte man den Mann oder sie stellten sich schlafend und bewusstlos. Das hinderte den Mann aber nicht daran weiter zu reden dem es überhaupt an nichts zu mangeln schien. „Akkon ist um diese Jahreszeit besonders schön, findet ihr nicht meine eingekellerten Freunde? Besonders diese unterirdischen Gewölbe haben den alten Charme dieser Stadt genau auf den Punkt getroffen. Zu Schade das ich nicht lange hier sein werde um mir die Architektur dieses wundervollen Verlieses näher betrachten zu können.“

„Dummkopf.“ Sagte dann endlich ein anderer Inhaftierter. „Hier kommt man nicht so einfach lebend wieder raus. Entweder als Sklave, Verräter oder als Toter.“

„Aber mitnichten!“ Lachte der Fremde mit den goldenen Haaren neben Altair so das sich dieser wieder fragen musste, wer diese komische Kauz wohl war. „Ich habe vor nicht auch nur eine dieser Möglichkeiten in Betracht zu ziehen!“

„Sieh sich einer den an, glaubt sich aufspielen zu müssen.“ Knurrte es aus einer Ecke.

„Träumen kann so schön sein.“ Keuchte eine tiefere Stimme aus einem versteckten Winkel.

„Gib es auf Fremder, du wirst hier unten draufgehen wie alle anderen auch.“ Sprach noch einmal der Insasse der eben schon versucht hatte den Neuen zum Schweigen zu bringen. Er deute mit einem Kopfnicken auf Altair. „Sieh ihn dir an. Er gehört zu den Assassinen und nicht mal die konnten ihn hier rausholen.“

Das ließ den Fremden aufhorchen und er drehte sich zu Altair um und sah ihn mit einer gewissen Neugier an. „Da kuck mal einer... Ein Assassine? Wirklich?“ Fast schön hörte er sich an wie ein alter freund den man lange nicht mehr gesehen hatte. Richtig vergnügt als wäre das hier alles ein Abenteuer für ihn wäre. „Es ist das erste Mal das ich einen echten Assassinen treffe! Freut mich Eure Bekanntschaft zu machen!“

„Der Mann hat den Verstand verloren.“ Sagte der nächste und auch Altair gab ihm Recht. Sein Nachbar schien völlig geisteskrank zu sein. Verstand er nicht in welcher Lage er sich befand? Er würde hier nicht mehr lebend herauskommen und doch frohlockte er? War er von Sinnen oder hatte ihm die Sonne Akkons zu sehr geschadet?

„Assassinen flößen den Menschen Furcht ein und lassen sie nicht glücklich strahlen.“ Sagte Altair dann schroff zu dem Mann und hoffte ihn so loswerden zu können aber mitnichten.

„Vergebt mir bitte wenn ich das jetzt sage aber wer sollte sich schon vor einem Assassinen fürchten der nicht nur entwaffnet und verletzt ist, sondern auch noch an eine solide Gesteinsmauer befestigt wurde?“ Fragte daraufhin der Fremde zurück mit einem heiterem Lächeln. Altair wusste langsam nicht mehr was er diesem Kerl entgegnen sollte.

„Ihr wollt mich und alle anderen hier auf den Arm nehmen, oder? Wie könnt Ihr in so einer auswegslosen Situation so fröhlich sein?“ Fragte ihn Altair verwirrt der eine Lebensfreude in solchem Umfang noch nie gesehen hatte. Sie umgab den fremden Mann förmlich, welcher sie wie eine schützende Aura hielt und sein ganzes Wesen vereinnahmte. Fast war er versucht sich diesem Antlitz hinzugeben und zu glauben das es noch Hoffnung auf Rettung gab.

„Wir werden hier unten sterben.“ Sagte Altair dann leise zu dem Mann, einen letzten Versuch startet ihn zur Vernunft zu bringen. Dieser aber ließ sich nicht beirren und schüttelte seinen Kopf das seine Locken um sein Gesicht flogen. „Eines Tages ganz sicher, mein Freund, irgendwann werden wir alle mal sterben müssen aber ich liebe mein Leben im Moment viel zu sehr als das ich es so schnell verloren glauben möchte.“

„Ihr seid wirklich nicht bei Sinnen...“ schnaufte Altair dem eine neue Schmerzenswelle übereilte was aber nur von einem seltsam, freundlichem „Wir werden sehen mein Freund, wir werden sehen.“
 

Das war jetzt fast schon wieder zwei Tage her das sie dieses Gespräch hatten. Altair war unterdessen noch mehrmals gefoltert worden um Informationen Preis zu geben die er nicht geben konnte oder geben wollte. Während er fort war brachte man auch viele der anderen Gefangen entweder zum Schafott oder man verkaufte sie wirklich als Sklaven weiter. Hin und wieder kam ein neuer Mann dazu aber das änderte sich von Stunde zu Stunde in der sie hier unten zusammengepfercht waren wie Tiere, gezwungen sich unter den niedersten Bedingungen am Leben zu erhalten und in ihren eigenen Ausscheidungen zu leben während die einzige Lichtquelle eine Öffnung über ihren Köpfen war. Unter diesen Umständen vegetierten die Gefangenen von Akkon vor sich hin bis ein Oberer über ihr Leben entschied oder sie hier unten einfach verrotten würden. Trotz dieser ganzen Umstände hatte sich das Lächeln von dem Fremden, der sich Altair als Amiz vorstellte, niemals verändert. Er verharrte der Dinge die da kommen würden fast als wüsste er was bald geschehen würde.
 

Amiz hatte wirklich geschlafen weil auch ihm dieses Sitzen auf die Dauer zu anstrengend wurde und seine Beine regelmäßig einschliefen. Noch dazu kam das Amiz Körper ebenfalls Zeichen der Schwäche aufwiesen da man den Gefangen die in diesem Trakt gefangen gehalten wurden nur recht unregelmäßig zu essen gab. Meistens waren es nur Reste und Wasser reichte man in alten tönernen Amphoren. Langsam kam er wieder leise schmatzend zu sich und blickte sich in seinem Verlies um und schien etwas abzuzählen. „Hhm..“ Er drehte seinen Kopf leicht zu Altair rüber damit er ihn aus den Augenwinkeln ansehen konnte. „Mit uns beiden zähle ich noch sieben andere gemarterte Seelen. Und wie ich sehe haben sie den alten Mann da hinten noch immer nicht ab geschleppt. Wirklich ärgerlich so etwas. Dort wo ich herkomme behandelt man wenigstens die Toten noch mit Respekt. “ Der alte Maduk war in den frühen Morgenstunden an seinem Erbrochenem erstickt und lag noch immer wie tot in seinen Ketten. Die ersten Fliegen hatten sich bereits auf den alten Mann gesetzt und es war eigentlich nur noch eine Frage der Zeit bis sie ihr Werk der Zersetzung vollends begonnen hatten und der tote Körper begann auch nach Tod zu riechen.

„Glaubst du wirklich die Christen interessiert was mit uns hier unten geschieht?“ knurrte Altair böse der immer noch wahnsinnige Schmerzen hatte die ihn am denken hinderten.

Amiz blickte zu dem leblosen Körper hinüber dem niemand abholen wollte. „Also mich werden sie wohl hier unten versauern lassen.“ Hörte Altair Amiz sprechen. „Aber deine Anwesenheit hier unten hat den hohen Herrschaften wohl Hoffnungen gemacht. Gerüchten zufolge sollen die Assassinen mit dem Sultan zusammen gegen die Christen arbeiten.“

„So ein Unsinn!“ Altair schnaufte schwer als der Schmerz erneut in einem heftigen Intervall auf ihn zugeschossen kam das er schon glaubte seinem Schöpfer bald gegenüberzutreten. „Wir Assassinen dienen weder der einen, noch der anderen Seite! Wir dienen nur dem Heiligen Land und unserem Herrn!“

„Der Alte vom Berg?“ Fragte Amiz ihn ungerührt weiter. „Ich habe von ihm gehört. Ein alter weiser Mann der sich in seine Festung zurückgezogen hat und von dort aus die Geschicke des Heiligen Landes steuern soll aber was das angeht habe ich schon zuviel gehört als das ich auch nur die Hälfte glauben würde.“

„Glaube was du willst...“ Altair biss sich auf die Lippen bis er den eisernen Geschmack von Blut schmecken konnte aber nichts half, der Schmerz wurde nicht weniger.

„Mit dir wird es auch bald zu Ende sein wenn nichts geschieht...“ Amiz runzelte seine Stirn während sein Blick auf den toten Körper ruhte und er im Hintergrund Altairs Schmerzenslaute hörte. Jemand musste ihm helfen oder der Mann neben ihm starb einen genauso qualvollen Tod wie Maduk.

„Halt noch etwas durch mein Freund.“ Versuchte Amiz ihn zu motivieren. „Bald wirst du wieder richtiges Sonnenlicht sehen können und wieder die weiten Ebenen Jerusalems vor dir sehen können. Halte noch etwas durch. Sie werden uns retten kommen.“

„Retten? Sie?“ Altair blinzelte mit verschleierten Augen zu seinem Nachbarn rüber und versuchte die Worte die er zu ihm gesagt hatte sich selbst verständlich zu machen aber er wusste einfach nicht von was dieser Mann dort sprach. Wer sollte sie retten kommen? Und selbst wenn dem so wäre, wenn es nicht mal die Assassinen von Masyaf geschafft hatten ihren Bruder aus dem Höllenloch zu befreien, wie sollten es dann irgendwelche Männer tun von denen er hier erzählt bekam? Altair tat das was Amiz zu ihm gesagt hatte als das Gewäsch eine Narren ab und versuchte nicht mehr daran zu denken.
 

Er sollte schneller daran erinnert werden als ihm lieb war. Noch in derselben Nacht geschah es das Altair in seinem Wirrwarr von Träumen, Visionen und Sehnsüchten heraushörte wie sich zwei Stimmen miteinander unterhielten doch durch den Schmerz und das taube Gefühl in seinem Körper hatten ihn nahezu schon gänzlich fortgetragen von dieser Welt so das Altair die Gesichter der Stimmen nicht mehr wirklich erkennen konnte. Er fühlte wie jemand seine Ketten öffnete und er kraftlos auf den dreckigen Boden unter ihm sank. Der deftige Gestank von Erbrochenem und Fäkalien vermischte sich mit seinem eigenen Blut und der stickigen, abgestandenen Luft die hier drinnen herrschte. Altair glaubte noch einmal selbst sich übergeben zu müssen aber da sein Magen so leer war, blieb es bei dem unangenehmen Gefühl das er in der Magengrube hatte. Jemand drehte ihn herum, so dass er auf dem Rücken lag was ihm aber eine weitere Schmerzenswelle einbrachte und er stöhnend nach Luft rang.
 

„Herrgott! Sei still sonst kommen sie gleich wieder zurück!“ Hörte er eine ihm vertraute Stimme aus dem Dunkel sagen. Sie klang seltsam erregt und angestrengt. Altair versuchte sich darauf zu konzentrieren, darauf was die Person sagte und tat aber sein Körper war jetzt schon zu ausgemergelt das er sich kaum bewegen konnte. „Egal was du jetzt auch tust mein Freund, es wird dich das Leben kosten wenn du nicht still hältst! Diese Menschen dürfen nichts von unserem Trick erfahren sonst ist es mit uns beiden aus! Ich flehe dich also an still zu sein und der Dinge verharren die da kommen mögen!“ Kurz darauf verfiel Altair wieder in seinen tiefen, erholsamen Schlaf der von entlasteten Gelenken wie vom Rest seines Körpers dankend angenommen wurde.
 

Amiz hatte darauf spekuliert, als die Wachen mit roher Gewalt versuchten den toten alten Mann gerade zu rücken damit er endlich verpackt werden konnte aber die Körpersteife war zu schwer als das man hätte etwas tun können.

„Das wird erst in einer guten Stunde wieder aufgehoben sein.“ Hörten die beiden Männer mit den roten Kreuzen auf der Robe einen der Gefangenen sagen.

„Wer wagt es..?“ Einer der Soldaten drehte sich herum und suchte nach dem Schuldigen. „Misch dich gefälligst nicht ein widerlicher Wurm!“

„Aber wenn ich es euch doch sage!“ Lachte Amiz heiter zurück. „Diese Körperstarre tritt nach dem Tod auf und verschwindet erst wieder nach einiger Zeit. Kommt in einer Stunde wieder, dann könnt ihr ihn gerade klopfen.“

„DU!“ Doch bevor er mit dem Schwertknauf auf ihn losgehen konnte wurde er von seinem Kameraden zurück gehalten und bekam etwas zugeraunt was ihn erst mal erstarrten ließ.

„Bist du dir sicher?“ Fragte er seinen Kollegen und dieser nickte schwerfällig. „Wir dürfen ihm kein Leid antun bis Robert de Sablé etwas anderes sagt.“

„Aber Robert de Sablé ist nicht hier!“ „Eben.“ Sprach der andere ruhig. „Wir sollen warten bis er morgen zusammen mit König Richard zurückgekehrt ist. Bis dahin müssen wir dem Galgenvogel wohl Glauben schenken. Lassen wir ihn liegen und kommen wir in einer Stunde wieder.“
 

Sie beendeten also ihre Arbeit den alten Mann zurecht rücken zu wollen und verließen den Zellentrakt nur um dann gut eine Stunde später wieder aufzutauchen damit sie den Toten abtransportieren konnten. Sie hievten den schweren Körper hoch und unter Stöhnen und Keuchen begannen sie, ihn aus dem Verlies zu tragen. Nicht ahnend, welchem Streich sie zum Opfer gefallen waren. Amiz lachte sich unterdessen eins ins Fäustchen da ein einziger gezielter Blick genügt hätte um das Spiel zu durchschauen. Der Nachbar den Amiz jetzt hatte war nämlich weit aus schweigsamer geworden als er es bislang war.
 

Altair vernahm kaum noch etwas von seinem Umfeld. Er war inzwischen zu sehr geschwächt als das er hätte etwas sagen können. Die letzten Tage hatten ihn geschafft und nun wollte er nur noch schlafen, einfach nur schlafen und nochmals schlafen. Er hörte nichts von den Geräuschen die um ihn herum geschahen noch vernahm er wie die Soldaten ihn beschimpften das er so schwer sei und das es nicht hätte jemand anderes machen können. Sie trugen ihn auf einer Bare hinaus zu einem Ochsengespann auf dem schon einige andere giftgrüne Leinensäcke darauf warteten abgeschleppt zu werden. Es waren fast um die zwanzig Menschen die sich hier auftürmten die in der Gefangenschaft umgekommen waren und nun zu ihrer letzten Ruhestätte getragen wurden. Ein kleiner abgeschiedener Ort in den Bergen der als Feuerstätte diente bei der man die menschlichen Überreste selenruhig verbrennen konnte ohne riskieren zu müssen das der Gestank jemanden missfiel.
 

„Das ist der letzte!“ Mit einem Schwung war der grüne Leinensack den man gerade aus der Burg getragen hatte auf die restlichen Körper gehievt worden. Die Wache ging nach vorne zu den beiden Gestalten die auf dem Kutschbock des Ochsengespanns saßen und darauf warteten endlich loszufahren. „Was ist mit Samud passiert?“ Fragte der Soldat als er die beiden Fremdlinge auf dem Kutschbock nicht erkennen konnte, die er zuvor noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Misstrauisch ging er näher heran aber nur der, der die Zügel lenkte war deutlich zu erkennen. Er hatte seinen Kaffiyeh gelüftet damit man sein Gesicht besser sehen konnte. Ein alter Mann mit langem ergrautem Bart und buschigen Augenbrauen grüßte den Mann freundlichst. „Samud wurde mit einem gebrochenem Bein zum Hakim gebracht. Er hat mich gebeten für ihn diese armen Seelen zu ihrer letzten Ruhestätte zu begleiten.“

„Aha...“ Mehr sagte der Wachmann nicht während er versuchte den anderen Mann zu erkennen der in seinen Gewändern völlig verborgen zu sein schien. „Und wer ist das?“

„Das?“ Der alte Mann mit den Lachfalten im Gesicht zeigte auf seinen Begleiter. „Das ist der gute Husniyah. Ein alter Mann wie ich kann doch die ganzen Körper nicht schleppen und da mein lieber Freund vom Leben hart bestraft wurde so das er sich über halb Akkon schon verteilt, habe ich ihm angeboten mir mit dieser Aufgabe zu helfen. Vielleicht lässt Allah ihm wenigstens noch seinen Kopf auf den Schultern.. Oh! Husniyah! Ist das da etwa dein Finger der dort liegt?“ Der alte Mann schien sich nach etwas zu bücken und bekam so nicht mit wie die Wache einen guten Schritt zurück sprang. „LEPRA?! SIEH ZU DAS DU MIT DIESEM PACK HIER RAUSKOMMST! ABER SOFORT!“
 

Eine letzte Hand zum Gruß erhebend gab der alte Mann und sein Mitreisender den Befehl weiter zu marschieren und langsam kamen sie auf das Stadttor zu, zwischen all den anderen Menschen die kommen und gingen aber immer noch einen großen Abstand zwischen den Menschen die auf dem Ochsengespann saßen bis sie aus Akkon herauswaren. Selbst die Stadtwache hielt sie nicht auf da der Spaß mit dem verlorenen Finger bislang noch in jeder Stadt seine Wirkung nicht verfehlt hatte und es niemand wagte dem Kranken zu nahe zu kommen.
 

„Zu einfach...“ Schnarrte der vermeintlich vom Lepra befallene Mann neben dem Fahrer der in seiner schwarzen Robe das Gespann sicher über den Pfad lotste der sie zu der Feuerstelle führte wo man sich der Leichen entledigen wollte. „Diese Menschen machen es einem zu einfach.“

„Sei froh das es so ist, Dastan.“ Sagte Mustafa Al´ Abbas Ibn Mahrus mit einem verstohlenem Grinsen im Gesicht.

„Sollten wir den ´Toten´ nicht langsam mal rausholen? Muss doch furchtbar sein zwischen all den anderen Toten zu sitzen, die stinken ja schon als würden sie hier seit tagen herum liegen.“

„Glaub mir mein Freund, das tun sie wahrscheinlich auch aber die Männer Akkons wollen sichergehen das sich die Fuhre auch lohnt.“ Ein heiteres Glucksen ertönte. „Wir sind bald da, Amiz wird das schon nichts ausmachen.“
 

So polterten sie langsam weiter über den eng umschlungenen Pfad da sie die normale Hauptstraße nun verlassen hatten um zu ihrem eigentlichen Zielort zu gelangen. Der Weg führte durch eine weite Schlucht welche sich in zwei weitere Wege spaltete. Ein Weg ging weiter die Schlucht hinein und der andere fiel plötzlich steil hinab, so dass man hier kein Ochsengespann fahren konnte. Der Weg war außerdem noch viel zu klein für den breiten Wagen aber das machte nichts. Sie hielten an der Wegkreuzung an und stiegen ab.
 

„Kann ich endlich diese Lumpen ausziehen?“ Fragte Dastan mürrisch der den Gestank von Verwesung leid war und solche Aufträge noch nie ausstehen konnte aber Mustafa bat ihn sich noch etwas zu gedulden. Sie mussten so oder so heute noch die restlichen Leichen abliefern sonst würden die Menschen auf Dauer Verdacht schöpfen.

„Das nächste Mal werden wir es wieder auf die alte Weise versuchen.“ Knurrte Mustafas Wegbegleiter der sich inzwischen daran machte nach hinten zu gehen um nach seinem Kameraden zu sehen. „Diese verdammten Asssassinen machen echt nur Ärger....“ Während er weitere Schimpftiraden losließ die sich gegen Gott und die Welt, König Richard, Salah ad´Din und noch gegen etliche Männer mehr richtete kontrollierte er einen Sack nach dem anderen ob er einen Laut hören konnte. Er hatte nicht gesehen welcher Sack es war der seinen Kameraden beinhaltete da er sich völlig unbeeindruckt zeigen sollte um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Es war sowieso schon gewagt in der Stadt aufzutauchen und eigentlich war Dastan von Anfang an dagegen das sein Herr sich selbst dafür meldete aber offenbar fehlten ihm die Menschen und das Leben in der Stadt, so jedenfalls malte es sich der persische Mann in seinen Gedanken aus.
 

Mustafa Al Abbas Ibn Mahrus saß unterdessen immer noch auf dem Kutschbock und achtete auf den kleinen, abfallenden Weg. Diesen Weg konnte man alleine durchaus schaffen aber mit mehreren Personen war er schon beschwerlich und hart zu erklimmen vor allem wenn man ordentlich Gepäck mit sich hatte. Es konnte also noch etwas Dauern bis ihre Verbündeten hier auftauchten mit...
 

„Meister! Dastan!“ Tönte plötzlich eine helle, warme Stimme durch die Luft. Jemand näherte sich ihnen offenbar mit eifrigen Schritten.

Dastan unterdessen hielt inne in seiner Arbeit und drehte sich nach der kleinen Gruppe um die gerade auf den Weg zu ihnen war.
 

Zuerst kam ein junger Mann in einem dunklen Gewand auf sie zu, dessen Schritte leicht und beherzt waren. Er hatte unter dem dunklen Gewand, welches ihm nur bis oberhalb den Knien ging eine weite weiße Hose an welche schon ziemlich schmutzig war und einige Male gestopft werde und alte, abgetragene Sandalen an seinen Füßen. An seiner Hüfte war sogar ein Waffengurt befestigt welcher ein langes Schwert und ein kleineres Kurzschwert zu tragen hatte. Er zog dafür ebenfalls zwei Leichensäcke mit sich die er vor dem Ochsengespann ablegte.

„Wie ihr es befohlen habt, Herr!“ Der junge Mann mit den wachen dunklen Augen neigte seinen Kopf vor Mustafa und zog sogar seine Kopfbedeckung in tiefster Demut herunter. „Es war gar nicht so einfach da einige der Männer und Frauen ihre Toten lieber unter der Erde als verbrannt wissen möchten.“

Mustafa nickte anerkennend. „Nicht alle Religionen erlauben es das man sich seiner Toten auf diese Weise entledigt, dass müssen wir respektieren. Wen habt ihr denn noch alles mitgebracht?“ Er warf einen kritischen Blick zu den Männern die nun dem ersten folgten und ebenfalls Leichensäcke hinter sich herzogen.
 

„Zugegeben,“ Sagte Dastan der sich jetzt neben den ersten jungen Mann vor den Kutschbock stellte und die Männer beobachtete die langsam einen richtigen Berg an Toten heranschafften. „Ich wusste das die letzte Seuche ein paar Opfer gefordert hatte aber gleich so viele?“

„Es sind auch ein paar Spione und Späher dabei die versucht hatten unser Versteck auszukundschaften.“ Gestand sein Freund der sich etwas beschämt am Kopf kratzte. „Wir hatten ziemlich was zu tun als ihr weg wart.“

„Das kommt davon wenn man sich mit uns anlegt!“ Sagte Dastan der prüfend einen Leichensack in die Seite stieß.

„Dastan! Lass die Männer in Ruhe!“ Fuhr ihn dann eine weitere Stimme von der Seite an.

„Was willst du denn jetzt?“ Forschte Dastan den jungen Mann an der neben ihn getreten war und seinen schwarzbraunen Kaffiyah tief ins Gesicht gezogen hatte dass man ihm kaum in die Augen blicken konnte. „Ach du bist es Rahoul.“ Sagte Dastan und ließ von dem toten Körper ab. „Rayhan! Wieso hast du deinen kleinen Bruder mitgeschleppt? Der kann doch sowieso nichts tragen!“ Meckerte Dastan weiter woraufhin er einen ärgerlichen Stoß in die Seite bekam. „Ich kann sehr wohl arbeiten!“ Stieß Rahoul wütend aus auch wenn man deutlich heraushörte das er seine Stimme zu verstellen schien und sie durch die zwei zusätzlichen Tücher gedämpft klang. Rayhan, welcher der Erste der Truppe war ging zu den beiden hinüber die sich miteinander in einer harmonischen Art zu streiten schienen.

„Du und arbeiten?“ Lachte Dastan und boxte Raouhl in die Seite. „Keine Haare im Gesicht und schon meint er sich hier aufspielen zu können! Geh zurück zu deiner Amme!“

„Du bist gemein Dastan! Rayhan! Sag doch auch mal was!“

„Wieso sollte ich? Du hast doch selbst gesagt das du es ihm selbst mal heimzahlen willst.“ Meinte Rayhan trocken. Er war vor das Ochsengespann getreten und achtete gar nicht mehr darauf was hinter ihm geschah.
 

Sein kleiner Bruder und Dastan waren eigentlich die besten Freunde und hielten im Kampf stets zusammen. Dastan würde außerdem eher sterben bevor er etwas über den Kleinen kommen ließ und das war auch gut so. Während er den beiden also zuhörte wie sich gegenseitig aufzogen war Rayhan damit beschäftigt endlich den armen Amiz zu befreien. Dastan hatte ihn wohl mit voller Absicht vergessen, das würde ihm zumindest ähnlich sehen. Dastan konnte manchmal wirklich grausam sein.
 

Hinter Rayhan waren immer noch Männer beschäftigt ihre Verblichenen heranzuschaffen so das sich bald weitere Zwanzig einfanden.

„Ich sehe schon, der arme Kutaiba hat mal wieder die meiste Arbeit gehabt.“ Raouhl sah auf den Männern, der genau wie Dastan in weite Gewänder gehüllt war, welche ihn als vermeintlichen Leprakranken auszeichnen sollten. Nur so war die sichere Reise durch das Heilige Land gewiss. Als Kutaiba aber aufsah war klar warum er sich wirklich verkleiden musste: Er war weder Araber, noch Perser noch Christ! Kutaiba entstammte einem fernen Land das hier die wenigsten kannten, geschweige denn einmal dort gewesen waren. Kutaiba erinnerte sich selbst so gut wie überhaupt nicht mehr an seine Familie oder seine Heimat die in Nubien war. Über verschiedene Sklavenhändler war er schon seit seiner frühen Kindheit durch das Land gereist, von einem Besitzer zum Nächsten, bis er eines Tages seinen neuen Herren im Schlaf erschlug und floh. Nun hatte er bei diesen Leuten hier eine neue Heimat gefunden und half ihnen, vor allem für seinen damaligen Retter und Fürsprecher Mustafa Al´ Abbas Ibn Mahrus versuchte der Nubier keine Last zu sein.
 

Als er Raouhls Stimme hörte, sah der Nubier auf und verneigte sich nur kurz während er die letzten Toten heranschaffte und so den anderen Männer behilflich war. Die wenigsten von den Arbeitern hatten wirklich eine Rüstung angelegt oder waren bewaffnet so wie Rayhan und sein kleiner Bruder sowie Dastan und Kutaiba, der an seiner Seite einen großen Zweihänder auf seinem Rücken trug der fast so groß war wie ein ganzer Mann. Trotz dieser Last hatte Rayhan es geschafft und ganze drei Männer den Berg hinaufgezogen. Die Kraft des Nubiers war einfach atemberaubend und wurde in ihrer Gemeinschaft mehr als nur geachtet und gefürchtet.
 

„So, das wären alle.“ Sagte Rayhan als er den stattlichen Berg betrachtete. „Raouhl, geh nicht so nahe an sie heran! Wer weiß ob sie nicht irgendeine Krankheit haben! Bleib hier!“

„Mein Gott, Rayhan!“ Stöhnte Dastan genervt der neben Rayhans kleinem Bruder stand, der ihm gerade mal so bis zum Brustbein reichte. „Musst du ihn immer so verhätscheln? Er ist immerhin schon ein ganzer Mann!“

Rayhan verzog dabei das Gesicht und warf dem Perser einen wütenden Blick zu. „Was ich mache und was nicht geht dich ja wirklich einen feuchten Dreck an, oder Dastan?“

„Ich meine ja nur! So wird aus ihm nie was wenn du immer mit der erhobenen Hand hinter ihm stehst. Andere in seinem Alter sind schon verheiratet und haben Kinder und was tust du?“ Gab Dastan zu bedenken und klopfte Raouhl ordentlich auf die Schultern so das dieser fast nach vorne auf den aufgetürmten Berg viel, sich aber vorher noch mal abfangen konnte und zurück taumelte. „Lass dass Dastan!“ Schnaufte der Kleinere atemlos als er wieder einigermaßen hochkam.

„Ich will euch ja nicht in eurem schönen Geschwätz unterbrechen..:“ Sagte plötzlich Mustafa von seinem Bock herunter von dem er aus alles beobachtet hatte. „Aber sollte nicht jemand endlich mal den armen Amiz von da hinten herunter holen?“
 

Alle verstummten sofort als sie daran dachten wer da hinten noch immer in einem Berg voller toter Menschen lag.

„Amiz!“ Raouhl und Kutaiba waren die ersten die vor der großen Ladefläche standen und nach ihrem Freund suchten. „Antworte doch wenn du uns hörst!“ Raouhl stocherte verzweifelt zwischen den Toten umher und hoffte auf Antwort. Warum gab ihr Freund denn keinen Mucks von sich? War er etwa schon zu einem von ihnen geworden? War er schwer verletzt?

„Warum habt ihr nicht nach ihm gesehen!“ Fuhr Raouhl Dastan wütend an der jetzt hinter ihm stand und eher gelangweilt das Schauspiel verfolgte.

„Vielleicht weil noch überall Wachen herumstanden und wir draußen von einer Patrouille in die nächste gekommen sind! Ich bin vielleicht der ein guter Schwertkämpfer aber deswegen kann ich es noch lange nicht mit einem bewaffneten Trupp von Halbstarken aufnehmen vor allem nicht wenn ich noch unseren Herrn beschützen muss.“

„Du bist so ein...“ Gerade wollte Raouhl die nächste Schimpftirade auf ihn loslassen als sie von Kutaiba angestoßen wurde. Er hielt den Finger an die Stelle wo sein Mund war und gebot ihr still zu sein. Sofort verstummte Raouhl und konzentrierte sich auf das was er hören konnte. Zwischen dem Säuseln des Windes und dem Zirpen der Grillen konnte man deutlich etwas heraushören was sich eindeutig nach einem verletzten Menschen anhörte!
 

„Amiz!“ Sicher umgriffen sie den Leichensack aus dem die Geräusche kamen und zogen ihn an den Füßen hinaus. Noch bevor er aber richtigen Boden unter den Füßen spürte, klappte er schon in einem Schmerzenslaut zusammen und fiel gänzlich auf den Boden.

„Er ist verletzt! Meister!“ Rief Rayhan nach seinem Herrn welchen man nur von seinem Kutschbock steigen hörte während Kutaiba den offenbar Verwundeten nahm und ihn langsam fort von den Menschen trug unter den Schatten eines hohen Baumes, damit man sich seine Verletzungen besser ansehen konnte.
 

Rayhan nahm seinen Dolch und kniete sich nieder um die Schnüre zu zerschneiden die den Sack zusammen hielten. Einer nach dem anderen wurde aufgetrennt und gab den darunter Verletzten frei, was für allerhand Bestürzung sorgte.
 

„Das ist nie und nimmer Amiz!“ Fassungslos starrte Rayhan auf den Mann der vor ihm auf dem Boden lag, mit schmerzverzogenem Gesicht und einem Stück altem Stoffs zwischen den Zähnen, damit seine Geräusche niemanden warnen konnten.

„Schade,“ Hörte man schon Dastan wieder mit leichtem Spott in der Stimme sagen. „Ich hatte schon gehofft der dämliche Franzose hätte sich endlich von den Soldaten eine Verschönerung seines Gesichtes zukommen lassen.“

„Dastan.“ Mehr musste Mustafa Al´ Abbas nicht sagen um den Perser zum Schweigen zu bringen. „Während ich und Raouhl den Jungen versorgen, soll der Rest die Toten aufkarren, aber macht schnell! Bevor die nächsten Soldaten kommen!“ Ordnete der alte Mann auf seinem Stock gestützt an und ließ sich von Raouhl eine mitgebrachte Umhängetasche reichen.

„Aber Meister!“ Rief Rayhan aufgebracht. „Seht ihn euch an! Er ist nicht Amiz! Lassen wir ihn liegen oder bringen zu Ende was die Soldaten angefangen haben!“

Mustafa schenkte ihm nur einen dunklen Blick was Rayhan für einen winzigen Moment innehalten ließ. Nach einigen Augenblicken versuchte er es erneut. „Wieso helfen wir ihm? Wir wissen nicht wer er ist!“

„Er ist verletzt, Bruder.“ Sagte Rahoul und stieß seinen Bruder zur Seite um sich zur linken Seite des Mannes niederzulassen. „Und wenn wir ihm nicht bald helfen stirbt er.“

„DAS IST DOCH GUT SO! Lassen wir ihn liegen! Der macht es doch eh nicht mehr lange! Weiß der Teufel warum er hier ist und nicht Amiz! So war es eigentlich auch abgemacht!“

„Wahrscheinlich, weil Amiz wusste das wir ihm nicht helfen werden wenn wir wüssten das er zuerst diesen Burschen da aus Akkon rausschaffen will.“ Kam es von Dastan der zusammen mit Kutaiba und einigen anderen der Männer damit beschäftigt war, ihre Toten zu denen aus Akkon zu legen.

„Er ist KEINER VON UNS! Es besteht immer noch die Gefahr das er uns verrät!“

„Die Gefahr besteht bei allen Menschen, Rayhan.“ Sagte Dastan wieder in betont gelassenem Ton. Ihm schien das weniger auszumachen das Amiz nicht hier war sondern irgendein Araber den er noch nie zuvor gesehen hatte.

„Wie könnt ihr da nur so ruhig sein?“ Zeterte Rayhan noch aufgebrachter. „Versteht ihr nicht was das heißt? Amiz ist noch immer in der Burg und morgen kommen König Richard und seine Männer zurück! Was denkt ihr wird geschehen wenn herauskommt das anstelle eines Toten, ein Lebender fehlt?“

„Zugegeben, das könnte wohl knifflig für Amiz werden.“ Sagte Mustafa inzwischen wieder mit dunkler Stimme während er sich den jungen Mann vor ihm näher musterte. „Aber wenn Amiz meint das dieser Mann hier nicht sterben soll, dann wird er schon seine Gründe haben. Amiz ist nicht dumm, vergiss das bitte nicht Rayhan. Er weiß auch das Richard morgen zurück kehrt. Ich schätze das er längst einen Plan hatte b e v o r man ihn eingekerkert hat, sonst hätte er nicht diese Gelegenheit verspielt und einem anderen gegeben zu entkommen.“

„Stimmt.“ Gab Raouhl seinem Herrn Recht. „Noch einmal wird der Trick nämlich nicht klappen und Amiz müsste das wissen.“

„Eben.“ Meldete sich Dastan dann mal wieder. „Wenn meine Meinung hier jemanden interessiert, dann wage ich jetzt einfach zu behaupten das dieser dämliche Franzose es von Anfang an darauf angelegt hatte eingekerkert zu werden. Es würde immerhin zu ihm passen.“

„Ja!“ Nickte Raouhl. „Zuzutrauen wäre es ihm, weil niemand sonst außer unserem Amiz so etwas wagen würde.“

„Trotzdem! Die Gefahr besteht immer noch das dieser Mann da...“ „Bald wirklich zu Allahs Füßen sitzen wird wenn wir ihm nicht bald helfen.“ Mahnte Mustafa mit einer Hand mit der er Rayhan endlich fortschicken wollte damit er den Verwundeten endlich versorgen konnte.

Rayhan passte es nicht das sie sich jetzt um diesem Fremden kümmern wollten. Niemand wusste hier genau wer das war und im Grunde interessierte es ihn auch nicht wirklich. Nur sein Meister, Mustafa Al´ Abbas war wie immer so freundlich und half dem Verletzten. Für Rayhans Herrn war das wohl ein Wink des Himmels das er jetzt diesen Fremden versorgen musste und wollte ihn nicht sterben lassen. Irgendwo konnte Rayhan das verstehen, tief in seinem Innersten verstand er warum es den wenigsten hier etwas ausmachte.
 

Amiz konnte sehr gut zwischen Freund und Feind unterscheiden und wenn er nicht gewusst hätte das dieser Mann keine Gefahr für sie darstellte und noch nicht den Tod verdiente, hätte er ihm auch nicht zur Flucht verholfen. Verstand einer diesen Franzosen!
 

Unterdessen lag Altair unter dem Schatten des Baumes auf dem ausgebreitetem Leinentuch und nahm wie aus der Ferne war wie sich seine Retter um ihn kümmerten.

Sie hatten eine Feldtasche dabei in der einige Tiegel Heilsalben verstaut waren zusammen mit dem frischesten Bergquellwasser das ihr kleines Dort zu bieten hatte und etliches Verbandszeug, Nadel und Faden: Einfach alles was man als Heiler so brauchte. Sogar etwas essbares war dabei. Geräuchertes Pökelfleisch falls man Amiz an der kurzen Leine gehalten hatte und großen Hunger verspürte.

„Seltsam, eigentlich haben wir das alles mitgenommen falls es Amiz schlecht gehen würde. Nun habe ich das Gefühl das es von uns allen Amiz am besten gehen muss wenn er weiter in der Obhut der Kreuzfahrer und Templer bleiben will.“ Hörte Mustafa Raouhl sprechen während er mitgebrachtes Wasser aus einem kleinen, mitgebrachten Krug brachte um damit erst mal die Lippen des Mannes zu beträufeln.
 

Altair spürte die wohltuende Kühle auf seinen Lippen und konnte fühlen wie sich zarte Hände an seinen Nacken legten um ihm etwas mehr Wasser einzuflößen. „Trink.“ Hörte er wie durch Watte. “Trink, dass tut dir gut.“ Durch verschleierte Augen nahm er eine Gestalt über ihm war während sich jemand anderes um sein verletztes Bein kümmerte.
 

„Seht Meister! Er trinkt!“ Freute sich Raouhl und sah glücklich auf den Verletzten der das ihm gebotene Wasser dankend annahm und zunehmend wieder an Kraft gewann. Er bewegte sogar wieder einige seiner malträtierten Glieder und streckte seine Finger. Das frische Wasser tat den geschundenen Lippen gut und half ihm langsam auch wieder seine Gedanken zu ordnen.
 

Raouhl nahm aus der Reisetasche noch ein dünnes, rechteckiges Leinentuch und tränkte es mit dem kühlen Nass damit die Augen des Fremden nicht mehr mit solchen Schmutzrändern versehen waren und er es leichter hatte sie zu öffnen.
 

Das erste was Altair sah, waren zwei himmelblaue Augen die in seine mandelbraunen sahen. Zuerst hielt das Altair für einen Traum da er noch in seinem Leben einen Araber mit blauen Augen gesehen hatte. Dieser hier aber hatte welche! Ein schlechter Witz? Eine Vision? Er wusste es nicht und konnte es sich auch nicht erklären was hier auf einmal los war. Altair konnte sich nur noch daran erinnern das er in einem dunklen Verlies auf die Vollstreckung seiner Strafe wartete. Man hatte ihm noch einen Abend gegeben bis Robert de Sable zusammen mit seinem König wieder in Akkon war um dann die Gelegenheit zu ergreifen Altair einen möglichst langen und vor allem schmerzhaften Tod zu bescheren.
 

„Er scheint noch recht benommen.“ Sagte der Araber mit den blauen Augen die Altair jetzt immer noch so intensiv musterten das ihm heiß wurde. Rahoul blickte zu seinem Meister zurück der mit der Untersuchung des Fußes zu Ende war und nun über Altairs Körper hinüber griff um nach dessen linker Hand zu tasten. Raouhl sah dies und half ihm, indem er Altairs linken Arm anhob.
 

„Nanu... Seht doch nur! Ihm fehlt ein Finger.“ Sagte Raouhl mit echter Bestürzung in der Stimme was Altair innerlich ein Lächeln bescherte. Dieser junge Mann hatte keine Ahnung vom Leben der Assassinen.
 

Mustafa indessen begutachtete die verstümmelte Hand, gebot Raouhl dann aber sie wieder hinzulegen. Während Raouhl dabei war Altair noch etwas mehr zu trinken zu geben stand Mustafa auf seinem Pferdestock gestützt auf und trottete zu den anderen rüber die mit ihrer Arbeit bald fertig sein würden. Fast vierzig Mann waren jetzt auf dem Ochsengespann und es würde wohl darauf hinauslaufen das mindestens zwei Männer hinten anschoben damit die Tiere nicht zu schwer zu schleppen hatten. „Kutaiba und Rayhan, ihr beide werdet mich begleiten. Dastan, du bleibst hier und hilfst uns den Fremden in Sicherheit zu bringen.“

„Was?“ Rayhan hielt geschockt inne in seiner Arbeit. „Warum gerade Dastan? Das kann Kutaiba doch genauso machen!“

„Weil ich es dir sage, Rayhan, deswegen.“ Missmutig schlug Mustafa sogar mit seinem Stock auf welcher ihm in solchen Fällen immer als Unterstützung für seine Anweisungen war. Als Drohmittel machte der alte Holzstock was her.
 

„Ich soll den Hintern dieses...“ Dastan war im ersten Moment aber auch nicht so sonderlich begeistert darüber das er jemanden tragen sollte. „Vergebt mir Meister, wo soll ich den Neuen hinbringen?“

Rayhan schnappte nach Luft als er die Bezeichnung `Neuer´ hörte: Das klang ja fast so als hätten sie diesen Kerl in ihrer Gemeinschaft aufgenommen, was einfach nicht der Fall war und Rayhan würde es zu verhindern wissen das dies geschah!

„Bring ihn zuerst in mein Haus. Hewa soll sich um ihn kümmern bis ich wieder zurück bin.“ Dann ging er etwas näher an Dastan heran und zog ihn von den anderen weg damit er ihm etwas ins Ohr flüstern konnte. „Raouhl und du werdet mir gut auf ihn aufpassen! Verbindet ihm aber die Augen bevor ihr mit ihm zurück kehrt und sorgt dafür das er die erste Zeit mein Haus nicht verlassen wird! Ich weiß nicht wer er ist oder warum Amiz ihm das Leben gerettet hat aber eines ist uns beiden doch klar oder? Amiz hat darauf spekuliert das wir ihm helfen werden bis er sich selbst versorgen kann.“

„Meister...“ Dastan wollte noch etwas sagen bevor Mustafa ihm aber mit einem strengen Blick wieder zum Schweigen brachte. „Sehr wohl Herr! Es wird so geschehen wie du es dir wünscht!“ Dastan verneigte sich und Mustafa drückte seine Schulter dafür sanft. „Ich danke dir mein Sohn und jetzt hilf den anderen.“
 

Rahoul hatte unterdessen dem Verwundeten schon das erste Stück Hammel klein gemacht und zwischen die Lippen geschoben. Nun sah er glücklich dabei zu wie das gereichte Essen dankend angenommen wurde und von dem Fremden verspeist wurde.
 

Neugierig betrachtete sie sich den Verletzten von dem Amiz nicht wollte das er in Novum Regis umkam. Er hatte trotz der vielen Peitschenhiebe mit denen man ihm zugesetzt hatte, eine fast makellose Haut in dem schönen dunklen Ton wie ihn fast alle Araber hatten und um den Raouhl sie so beneidete. Außerdem war der Fremde durchtrainiert und von athletischer Statur. Starke Armsehnen waren unter der Haut zu erkennen die sich bis nach vorne zu seinen kräftigen Fingern fortschlängelten. Die Fingerkuppen waren schon mit einer dicken Hornschicht besetzt als wären sie oft gebraucht worden und seine Hände hatten schon Risse und Schwielen von den vielen Schwertübungen. Hohe Wangenknochen und eine leicht geschwungene Nase sowie schmal geformte Lippen die sich unter dunklen Bartstoppeln abzeichneten, ließen ihn erhaben und edel wirken. Nur seine Augen konnte Rahoul noch nicht so recht erkennen. Der Fremde war wohl noch sehr geschwächt wenn er es noch immer nicht geschafft hatte aufzusehen. Seine Augen wirkten wie dunkle Schatten unter den dichten Augenbrauen und wirkten müde und abgespannt. Er war wohl durch die Hölle gegangen und hatte fast Iblis eiserne Arme um seine Kehle gespürt.
 

Raouhl kämpfte dagegen an aber irgendetwas zwang Rayhans Bruder dazu seine Hand auf Altairs Stirn zu legen und ihm sanft einige der schwarzen Härchen zurück zu streicheln. Seine Haare waren rabenschwarz wie die Nacht und nur einen halben Finger lang, wahrscheinlich würde man sie ihm bald wieder schneiden müssen. Dieser Gedanke zauberte ihm ein Lächeln auf die Lippen und ließ auch seine Augen leicht leuchten.
 

„Keine Angst, du bist bei uns in Sicherheit. Die Schwarze Hand Allahs schwebt über dir.“ Sagte der eingemummte Mann in einem leichten Singsang und Altair entspannte sich unweigerlich bei seinen Berührungen.

„Seltsam...“ Dachte sich Altair plötzlich als er die warme Hand auf seiner Haut spürte. „So kleine, zarte Hände..“ Er fühlte deutlich die Rillen auf der Haut und eine raue Oberfläche wie er sie sonst nur bei Schwertkämpfern kannte. Dieser Mann hatte obgleich seiner Erfahrung in der Wundheilung auch mit Sicherheit nicht zum ersten Mal ein Schwert in den Händen gehalten.
 

„Raouhl! Steh auf! Wir werden ihn zu Hause besser versorgen können und jetzt mach hin!“ Schnarrte Dastans dunkle Stimme in diesen Moment der stillen Harmonie. „Hier! Verbinde ihm damit die Augen, sicher ist sicher.“ Damit reichte er ihr ein Tuch das als Augenbinde dienen sollte damit Altair nicht den Weg wiedererkennen konnte. Altair hätte auch so nicht mehr viel erkennen können aber diese Menschen hier wollten wohl lieber kein Risiko eingehen und so ließ sich Altair widerstandslos die Augen verbinden.

„Und sein Bein?“ Hörte er noch einmal dieselbe dunkle Stimme fragen.

„Der Meister sucht schon nach etwas passendem um den Fuß zu schienen. Du musst vorsichtig sein wenn du ihn trägst, Dastan, sein ganzes Bein wurde verletzt.“

„Aber so wie es aussieht schon versorgt.“

„Vielleicht wollten sie ihn so lange am Leben erhalten wie möglich. Die Stiche sind auch weniger sorgsam gemacht worden. Eher eine notdürftige Verarztung.“

„Genug jetzt Kinder, lasst mich mal durch!“ Da war wieder die Stimme die Altair zu diesem alten Mann in seiner schwarzen Robe zuordnete. „Dastan, hilf mir mal und stütze seinen Fuß! Wir müssen ihn gut verschienen, sonst geschieht ein Unglück...“

„Wird der überhaupt noch mal laufen können?“ Fragte Raoul mit angsterfüllter Stimme aber Mustafa sah ihn aus sanften, dunklen Augen an und drückte Raouhls Gesicht mit beiden Händen. „Keine Sorge mein Kind! SO schlimm ist es noch nicht mit ihm aber kurz davor... Komm jetzt Dastan, hilf mir und du Raouhl, packst alles zusammen. Je schneller er zu unserem Hakim kommt desto besser.“
 

Altairs Bein wurde mit zwei großen Ästen die notdürftig von ihrer Rinde befreit wurden mehrfach umwickelt damit weitere Verletzungen ausgeschlossen waren. Dann fühlte er wie er auf den Rücken eines anderen Mannes gehoben wurde und noch einmal unter seinen Armen, seinem Torso sowie seinem Unterleib ein Seil geschlungen bekam welches ihn zusätzlich am Rücken festhielt.

„Alles klar bei dir da hinten?“ Fragte ihn sein Träger aber Altair antwortete nicht. „Hey! Wehe du verreckst mir da hinten! Ich schlepp keinen Toten mit mir rum, klar!“

„Dastan! Lass ihn in Ruhe! Er ist schwer verwundet!“

„Das ist mein Ego auch! Ich darf diesen Brocken immerhin bis nach Hause tragen!“

„Alter Faulpelz.“ Kicherte Raouhl amüsiert. „Es fällt dir schon kein Zacken aus deiner Krone wenn du dich mal nützlich machst.“

„Vielen Dank! Also, wir machen uns dann auf dem Weg, Meister! Stellt nichts an bis wir weg sind Freunde!“

„Pass gut auf Raouhl auf!“ Hörte Altair noch Rayhan über den Weg brüllen.

Es folgte großes Gelächter und das Knarren des Ochsengespanns welches die Toten zu ihrer letzten Ruhestätte bringen sollte während sich Rahoul, Dastan und der Fremde, Altair auf den Weg machten nach Hause zu kommen wo man Altair versorgen würde.
 

Die ganze Zeit über vernahm Altair nur Geräusche wie er sie in der Natur finden konnte neben den meist belanglosen Gesprächen zwischen seinem Träger und dem anderen Mann der ihn begleitete. Sie hielten sich bedeckt und erklärten auch nicht mehr viel wohin ihr Weg ging. Sie würden Altair nicht verraten wohin es ging noch würde er es wohl herausbekommen können, dafür war er zu fest an den anderen Körper befestigt worden und dieser würde es sofort merken wenn Altair versuchte sich von der Augenbinde zu befreien.
 

Bald aber mischte sich unter den Geräuschen die Altair hörte noch etwas dazu was ihm komisch vorkam. Er hörte Meeresrauschen! Sehr nahes Meeresrauschen das auch immer näher zu kommen schien. Die Luft um ihn herum wurde salziger und schwerer dazu kam noch ein frischer Wind der ihnen entgegenblies, sie willkommen heißen wollte. Dann war da noch das Geräusch wie von rollenden Kieselsteinen und das Gefühl das es bergab ging. Altair spürte förmlich wie die Muskeln seines Trägers sich verspannten weil er einen Abhang hinunter musste und das auch noch mit Gepäck.
 

„Soll ich helfen Dastan?“ Fragte Raouhl freundlich bekam aber ein Kopfschütteln. „Wir zwei schaffen das schon...“ schnaufte er schließlich und stieg den kleinen Weg hinab der zwar etwas kürzer dafür auch etwas gefährlicher war. Der Weg hier war mehr wie ein schmaler Trampelpfad auf dem sogar ein paar Gräser wuchsen während auf der anderen Seite eine steile Wand hinab ging und unter einem nur felsige Steine mit rauschenden Wellen auf den Unglücksseligen warteten der nicht auf seine Füße achten wollte.
 

Zur Sicherheit hatte man zwar ein Seil gespannt und mit spitzen Haken in die Wand geschlagen aber Dastan hatte keine Hand frei mit der er sich hätte festhalten können und das Gewicht des Fremden hätte ihn wohl mit in die Tiefe gezogen. Keine schönen Aussichten aber besser der Bursche kam früher als später zum Hakim.
 

So gingen beide langsam und stillschweigend über den Weg der gerade mal so breit war das man hintereinander gehen konnte und achteten nicht auf das was unter oder über ihnen lag. Sie stiegen immer weiter hinab und kamen schließlich an einem kleinen Höhleneingang an der mit seiner Felsennase etwas über dem Meer unter ihnen ragte. Hier brannte kein Licht und sie sahen sich gänzlicher Schwärze entgegen aber beide kannten diesen Pfad hier schon so gut das sie auf Lichtquellen verzichten konnten und so in die Tiefe der Höhle eintauchen konnten.
 

Der Boden unter ihnen war mit Sand ausgelegt und so knirschte es nicht einmal mehr wenn man auf ihm herum trat. Sie folgten dem Weg gewissenhaft und gingen langsam einem Licht entgegen das schon von der Ferne zu leuchten schien. Jemand kam ihnen mit einer Fackel entgegen.
 

„Wer ist da?“ Hörte Altair jemanden rufen und Dastan antworten. „Dastan und Rahoul sind zurück! Der Meister kommt ebenfalls bald mit den anderen nach.“

„Meister Mustafa ist noch weg?“ Fragte die Stimme aus dem Dunkeln die die Fackel in ihren Händen hielt. „Habt ihr Amiz nicht befreien können?“

„Der braucht noch etwas länger und wollte in Akkon verweilen aber es geht ihm gut. Hier haben wir aber einen anderen Verwundeten von dem unser Meister will das wir uns um ihn kümmern.“

„Nun gut, dann kommt mal mit ihr werdet schon erwartet.“

„Wartet!“ Rief Raouhl plötzlich bevor Dastan noch etwas erwidern konnte.

„Was ist denn?“ Fragte Dastan zurück und blickte Raouhl an.

„Könnten wir ihm nicht langsam die Augenbinde abnehmen?“ Fragte Raouhl schüchtern was von Dastan mit einem Schnauben quittiert wurde. „Sicher nicht! Ich werde erst jemanden an ihn ranlassen wenn wir bei Mustafa zu Hause sind und eure Amme sich um ihn kümmern kann!“

„Ach Dastan! Was soll er denn schon groß sehen können?“

„Alles und gar nichts und jetzt komm mit!“ Damit war das Gespräch auch schon zu Ende und sie folgte Dastan mit seiner schweren Last nach.
 

Sie gingen noch einmal eine in den Fels gehauene Treppe hinab bis sie vor einem großen Eingang standen der schwer bewacht wurde und die Männer beäugten den Neuen kritisch, ließen Dastan und Raouhl dennoch passieren. Schließlich gelangten sie in ihr Versteck das schon seit mehreren Jahren ihr Zuhause war. Hier waren sie sicher vor Sarazenen wie auch vor den Kreuzfahrern, niemand konnte ihnen hier etwas anhaben.
 

Sie befanden sich auf einer hohen Treppe die eigentlich ein Holzgerüst war und eher als Notausgang diente. Sie waren in einer riesigen Höhle die man in ihren Ausmaßen nicht fssen konnte, wenn man es nicht einmal selbst gesehen hatte. Wie die Burg in Masyaf hatte man auch hier unzählige Häuser in verschiedenen Größen aus den Stein gehauen. In mehreren Reihen lagen sie übereinander und waren durch unzählige Steintreppen miteinander verbunden. An jeweils zwei Seiten der Höhle gab es Häuserreihen und dazwischen sprudelte ein starker Strom über dem man eine Brücke gebaut hatte um beide Teile der Wohnsiedlung miteinander zu verbinden. Kleine Kinder spielten am steinigen Flussufer dessen Eingang in der Felswand man mit großen, schweren Holzbalken gesichert hatte damit niemand so leicht hindurch schwimmen konnte. Es roch nach den Fischen die man gefangen hatte und nun zum räuchern aufgehängt hatte und nach gegerbten Leder wie auch nach den schmiedeeisernen Feuern und das Geräusch von schweren Ambossen waren zu hören die jemand unnachlässig bediente. Hier gab es mehrere Schmiede, mehrere Handwerker darunter besonders zwei Steinmetze die sich gut darin auskannten das schwere Gestein um sie herum zu verarbeiten und mehrere Händler. Hier und da sah man Frauen an einem Webtisch sitzen um Stoffe zu weben während eine andere Frau hoch oben auf einem der höher gelegenen Häuser dabei war einen Teppich zu knüpfen.
 

Der Ort war so geheimnisvoll das Altair wohl die Augen ausgefallen wären vor lauter Staunen und wenn er seinen Kopf nach oben gestreckt hätte, hätte er wohl Allah zu Füßen gelegen. Über ihnen erstreckte sich ein gewaltiges Bergmassiv, fast so als würden sie am Boden eines großen Kupferkessels sitzen und man unten hinauf zum Rand sah. Es kreisten sogar Falken über ihnen in weiter, schwindelerregender Höhe und einige besonders mutige machten es sich zur Aufgabe die steile Bergwand zu erklettern damit sie von oben herunter schauen können oder um zu sehen wie die Landschaft über ihnen aussah. An vereinzelten Hängen wucherten noch Bäume und streckten ihr grünes Blätterwerk in die Höhe während herrlichster Sonnenschein durch sie hindurch fiel und den Menschen das Licht spendete, dass sie zum Leben brauchten.
 

Altair aber sah von all dem nichts und konnte nur erahnen warum es so kalt um ihn herum wurde. Er hörte nur das aufgeregte Stimmen um ihn herum waren die nach dem Herrn fragten und wo die anderen blieben. Dastan musste sie alle beschwichtigen und ihnen versichern das der Herr bald zu ihnen kommen möge und das alles nur eine Frage der Zeit war unterdessen schickte er Raouhl los um nach Hewa zu suchen. Sie sollte sofort kommen damit man den verletzten Altair versorgte und er eine Last weniger zu tragen hatte. Danach ging er zusammen mit Altair an der gaffenden Menge vorbei und machte sich eiligst daran in das Haus zu gelangen, welches neben dem Versammlungshaus, wo man für gewöhnlich Ratsversammlungen abhielt, am größten war und auch am höchsten lag und somit den besten Ausblick über das ganze steinerne Dorf hatte. Mustafa lebte hier zusammen mit dem Dorfältesten der auch Seher war und die Sprache der Sterne verstand und sie zu deuten wusste zusammen mit der weisen Frau Hewa, welche mit ihren Heilkünsten schon so manchem geholfen hatte und auch als Hebamme berühmt war.
 

Abdul Karim, Schwertschmied und ein Meister im Umgang mit der eisernen Klinge hatte das kommen der Leute schon gesehen und dem Dorfältesten, Mustafas besten Freund Wijdan Bescheid gegeben so das dieser gleich herauskam.

„Bismillah! Dastan!“ Sagte der alte Mann der auf seinem Stock gestützt aus dem Haus kam welches schon von weitem nach erlesenen Kräutern und Ölen roch. „Was ist denn passiert?“

Der alte Mann der gebückt und klein wie Raouhl war schlug die Hand auf seinen Kopf welcher nur von einer roten Haube bedeckt war und sonst keine Haare mehr hatte außer buschigen weißen Augenbrauen welche ihm sogar schon zu den Seiten an seinem Gesicht herabfielen.

„Ein Verletzter, großer Weiser! Mustafa will das er versorgt wird!“ Sagte Dastan und endlich wurde Altair ins Haus geschafft. Nahe der Feuerstelle ging Dastan in die Knie und wartete darauf das man ihm endlich den schweren Brocken abnahm. Wijdan kam sofort zusammen mit einigen anderen aus dem Dorf zu ihm und half ihm dabei als sie Raouhl hörten der sich an den Menschen vorbei zwängte. „Hewa ist auf dem Weg hierher!“ rief er wie immer gedämpft durch seine Schleier hindurch die er um sein Gesicht gewunden hatte so dass gerade mal seine Augen zu sehen waren.

„Gut! Dann hilf jetzt die Leute rauszuschaffen! Der Kerl braucht Ruhe um sich herum und keinen Menschenauflauf!“ Ordnete Wijda sofort an und schickte seine Leute aus dem Haus heraus damit Altair seine Ruhe haben konnte. Dann drehte er sich wieder zu Dastan um. „Wir bringen ihn am besten ganz rauf, Dastan. Dort gibt es ein gutes Bett und eine warme Feuerstelle und er kann sich ausruhen.“

„Habt ihrs bald wo ihr ihn hinhaben wollt?“ Knurrte Dastan wütend und stemmte sich zusammen mit Altair noch einmal in die Höhe. „Verdammt! Wie es meinem Rücken geht interessiert hier wohl auch keinen mehr oder?“

„Du hältst das schon aus und jetzt komm und halt den Mund.“ Verlangte Wajid von ihm und deute zum Ende des Raumes der neben einer schweren Holztür eine weitere Treppe aufwies die in den Stein geschlagen wurde. Dieses Mal hatte man aber daran gedacht breitere Stufen einzubauen und so war der Aufstieg kein Problem und im zweiten Stock des Hauses wurde Altair in den größten Raum auf ein Feldbett gelegt das nahe einem hohen Fenster stand durch welches noch Tageslicht viel und den Raum erhellte. Es gab hier wirklich eine kleine Feuerstelle mit einem Rauchabzug welcher irgendwo nach oben verlief. Bücher über Bücher lagen hier verstreut auf einem hölzernem Tisch welcher eigenartige Skulpturen aus Stein zum Beschweren einzelner Papiere hatte und zwei kleine Hocker hatte auf die man sich setzen konnte.
 

„Leg ihn hin. Diesen Raum hier benützt Mustafa sowieso nur noch als Arbeitszimmer.“ Sagte Wajid während er dabei war ein Feuer zu machen. „Hewa und ich werden uns weiter um ihn kümmern, du kannst nach unten gehen und die lästigen Plagegeister aus meinem Haus vertreiben.“

Dastan tat wie ihm geheißen und traf in der unteren Etage auf Raouhl der von Hewa, die endlich angekommen war, den Auftrag frisches Wasser zu holen. „Und wenn du schon dabei bist mein Kind, hol mir von Hadeel zwei lange Holzstücke am besten rechteckig. Wir werden den Fuß besser schienen als es dieser seltsame Ast kann, geh jetzt.“

Damit verneigte sich Raouhl und sprang schon aus der Tür und Hewa drehte sich zu Dastan um. Die kleine füllige Frau hatte ihren tiefschwarzen Schleier um und ihr Kopftuch auf während sie in einem Binsenkorb neues Verbandsmaterial hatte. „Wie ich sehe geht es dir auch gut Dastan, das freut mich.“ Sagte die alte Dame die um die Körpermitte auseinander ging wie ein Hefeteig und ebenfalls schon recht alt zu sein schiein was man aus ihrem mit Furchen besetztem Gesicht ansehen konnte und die Falten die sich um ihre Augen abzeichneten ließen sie gebrechlich und weise erscheinen aber für solche Bemerkungen setzte es oft Hiebe denn die alte Dame hielt sich selbst noch lange nicht für alt.
 

„Geh jetzt Dastan. Raouhl ist ja bei uns helfen wenn etwas ist.“
 

Ehrfürchtig neigte Dastan sein Haupt und verließ schließlich das Haus das den drei ältesten und wohl auch weisesten Menschen hier gehörte. Hier war der Fremde gut aufgehoben und man würde ihm helfen, bis es ihm besser ging und er wieder seiner Wege gehen konnte.

Dastan wünschte sich das dies bald geschehen würde. Er hat ein ungutes Gefühl wenn er den Fremden ansah, fast so als würde eine dunkle Ahnung ihn überfallen und Dastan mochte so etwas überhaupt nicht. Er hasste es wenn seine innere Stimme ihm sagte das etwas dabei war gründlich schief zu laufen.
 

Hoffentlich hatte Rayhan Unrecht und sie hätten den Fremden besser töten sollen...

Auf den Pfaden der Schwarzen Hand

Hewa und Wajid waren wahrlich Könner auch wenn das was sie taten recht schmerzhaft wirkte und Altair ein paar Mal fest die Zähne aufeinander biss. Sie mussten seinen Fuß wieder begradigen und das war mehr als nur schmerzhaft. Altair konnte Allah auf Knien danken wenn er jemals wieder normal laufen konnte und darum fürchtete sich Altair gerade am meisten! Was wenn er niemals wieder richtig laufen konnte? Sein Körper musste im einwandfreien Zustand sein wenn er wieder eine Mauer erklimmen wollte. Was würde ihm denn dann für ein Leben bestimmt sein? Altair hätte lieber den Tod vorgezogen als sein Dasein als verdammter Krüppel zu fristen! Er würde eher sterben als das er mit verkrüppeltem Fuß nach Masyaf zurück kehrte! So konnte er niemals unter Al Mualims Augen treten geschweige denn vor die der anderen Assassinen! Sein Ruf wäre unwiederbringlich ruiniert!

Altair konnte sich das Gespött der Leute jetzt schon denken und ihre verachtenden Blicke wenn sie den nicht nur gescheiterten sondern auch noch verunstalteten Assassinen sahen welcher seine Bruderschaft enttäuscht hatte! Niemals würde er sich dieser Schmach hingeben! Vorher ging er in den Freitod!

Die Gedanken des Assassinen waren von finsterer Schwärze umhüllt während er sich mit dringlichen Fragen für die Zukunft herum plagte. Niemand konnte ihm sagen ob sein Fuß noch zu retten war, niemand! Selbst diese Hewa war sich nicht sicher nur hatte sie es ihm nicht gesagt als er wieder zu vollem Bewusstsein kam und ihr ins Gesicht sehen konnte.

„Wir werden sehen was Allah für dich bereit hält.“ Hatte sie gesagt. „Jetzt aber musst du dich erst mal ausruhen.“

„Und wann erfahre ich ob ich wieder laufen kann?“ Fragte Altair leise. „Wann weiß man sicher das ich jemals wieder auf sicheren Füßen laufen kann?“

„Wir dürfen nichts überstürzen mein Sohn.“ Sagte die Alte mit einem unwissenden Flackern in ihren Augen. „Erst einmal wirst du im Bett bleiben, mindestens einen Monat.“

„EINEN MONAT? NIEMALS!! MAN WARTET LÄNGST AUF MICH!“ Fuhr Altair seine Pflegerin wütend an aber sofort jagte wieder ein höllischer Schmerz durch seine Glieder und er wurde gänzlich zurück geschleudert auf sein Bett.

„Das kommt davon wenn man alles übereilen will.“ Meinte Hewa trocken dazu und wickelte ein paar der Verbände auf welche sie dann zurück in den Binsenkorb legte. „Du bleibst liegen, für mindestens einen Monat und dann werden wir mal sehen wie es deinem Fuß geht. Ein Knochen heilt viel langsamer als Fleischwunden, dass sollte selbst einem Mann wie dir ein Begriff sein.“

„Aber ich muss zurück nach Masyaf...“ Keuchte Altair schwer der sich einer unüberwindlichen Zeit gegenübersah. „Ich kann nicht einfach..“

„Du wirst wegbleiben von dort ob es dir passt oder nicht! In deinem Zustand werden wir dich erst mal nicht nach draußen lassen darauf kannst du sicher sein. In einem Monat werden wir weitersehen und wenn es dir bis dahin besser geht als jetzt, dann werde ich mit unserem Oberhaupt sprechen und ihn bitten dich mit Sack und Pack vor die Tür zu setzen wenn dir das lieber ist.“

Altair grollte darauf nur etwas. Er mochte den Gedanken nicht so lange an ein Bett gefesselt zu sein noch mochte er diese Gefangenschaft. Er wusste nicht wo er war oder warum man ihn überhaupt hergeschleppt hatte. Wieso machte sich jemand die Mühe und half einem Fremden der genauso gut ein Spion sein könnte?

Hewa schien von diesen Gedanken einige zu erahnen und zog nur einen kleinen Schemel zu sich heran und setzte sich darauf während sie die Hände in ihren Schoss legte.

Altair drehte seinen Kopf zu ihr um und merkte das sie ihn ansah.

„Was ist? Warum seht ihr mich so an?“ Fragte er sie barsch und ungehalten.

„Es gibt keinen Grund um wütend zu sein.“ Sagte Hewa mit sanfter Stimme. „Wir wollen dir nichts böses und selbst wenn, dann hätten wir es längst ausgeübt. Du kannst dich ruhig querstellen aber glaube mir, am Ende wird es nur auf dich zurück fallen. Schone deinen Körper und schone deine Kraft, du wirst sie brauchen.“

„Warum habt ihr mich überhaupt hergebracht?“ Fragte Altair düster der endlich wissen wollte warum er hier war. „Wie komme ich überhaupt hier her?“

„Unser Oberster wollte das du versorgt wirst und wir erfüllen seine Wunsch bis Mustafa wieder hier ist und um deine andere Frage zu beantworten sage ich dir, dass dich Dastan hergebracht hat. Vielleicht kannst du dich an den großgewachsenen Mann mit den dunklen Bartstoppeln und den hellen Augen erinnern. Er ist einer unserer besten Schwertkämpfer hier im Dorf.“

Ein Dorf? Er war in einem Dorf? Warum sah es dann überall so aus als würde er in einer Höhle sein? Altair sah zu der steinernen Decke hinauf bei der er immer noch das wuchtige Bergmassiv erkennen konnte welches über ihm war und diesem Ort Schutz bot.

„Du musst dich ausruhen Junge, schlaf ruhig noch etwas. Mustafa Al´ Abbas wird bald wieder zurück sein und dann kannst du mit ihm noch einmal in aller Ruhe sprechen.“ Hewa rückte ihre Robe etwas an bevor sie unter Ächzen und Stöhnen sich erhob und langsam wieder in die Senkrechte kam. Dabei ließ sie aber den Binsenkorb hier und nahm nur das scharfe Messer daraus mit. „Du solltest den Fuß nicht bewegen, bleib am besten still liegen und wenn etwas sein sollte, Wajid und ich warten unten auf Mustafas Rückkehr. Wir können dir mit Sicherheit helfen.“

Altair war sich sicher das er so bestimmt keinen Schlaf finden würde. Zu verwirrend war alles was geschehen war und zu undurchsichtlich. Er verstand nicht die Menschen die hier lebten und einfach so mit ihm umsprangen als wäre er einer der ihren. Nicht einmal Al Mualim duzte ihn! Niemand tat das mehr seit seinem Eintritt ins Mannesalter und hier duzte man sich unbeschwert als ob sie sich schon immer kannten. Altair wusste nicht was er davon halten sollte und so fand er erst nach einer geschlagenen Stunde den Schlaf den er so dringend benötigte.

Unten war es inzwischen ruhig geworden und Wajid saß neben der alten Hewa und half ihr dabei Vorbereitungen für das Abendessen zu treffen. Sie unterhielten sich nicht mal darüber wer der Fremde oben in ihrem Haus war oder wohin er gehen wollte bevor man ihm diese Wunden zugefügt hatte welche ihm so zusetzten. Sie sprachen darüber wie der Wetterumschwung aus ihren Gliedern machte und wie sehr es sie störte das es hier immer so kalt war. Die Steinzimmer waren hier wirklich gemütlich und behaglich eingerichtet und jeder fand an dem großen Tisch Platz um zu essen aber wenn der Wind draußen wehte und es kälter wurde kroch einem das Gelenkfeuer schon in die Glieder und behinderte die beiden Älteren bei ihrer Arbeit.

„Wir müssen wohl alle Opfer bringen.“ Lachte Wajid und schälte die Äpfel die Dastan aus Akkon mitgebracht hatte. „Dieses Obst aus dem fernen England... Ich frage mich wann es so weit ist das wir unsere eigenen Äpfel anbauen können.“

„Du weißt doch wie lange ein Baum zum wachsen braucht und dann braucht er noch etwas bis er endlich Früchte trägt. Wir müssen abwarten und geduldig sein.“

Ein Geräusch an der Tür ließ die beiden aufhorchen und als dann Raouhl von draußen sich bemerkbar machte, entspannten beide wieder. „Komm herein, Kind.“ Sagte Hewa freundlich und so geschah es dann auch.

Raouhl streckte seinen Kopf erst rein, bevor der Rest folgte. „Ist er schon eingeschlafen?“ Fragte er gleich hinter all den Tüchern verborgen.

„Ich weiß es nicht Kind aber wahrscheinlich nicht. Er ist recht undankbar was die Rettung seines Lebens angeht und die Aussicht das er einen ganzen Monat an das Bett da oben gefesselt sein wird erfreut ihn auch nicht gerade.“

„Kann ich verstehen.“ Sagte Raouhl und begann damit langsam seine Schleier abzunehmen die sein Gesicht vor der Welt da draußen schützen sollte.

„Wird es dir nicht mal zu heiß unter diesen ganzen Tüchern?“ Fragte Wajid der gar nicht mit Ansehen konnte wie eingepackt sein Ziehenkelkind war.

Immer mehr mehr Tücher wurden niedergelegt bis nur noch ein normales Kopftuch auf dem Haupt lag. „Ich muss sie tragen Jadd* das weißt du. Mustafa wird sonst wütend werden wenn ich sie nicht trage.“

„Mustafa hat zwar gesagt das du niemals dein Gesicht zeigen darfst Kind aber das heißt noch lange nicht das du sie immer tragen musst.“ Sagte Hewa. „Irgendwann muss ja auch mal an die Zukunft gedacht werden.“

„Du meinst wohl,“ korrigierte Raouhl sie fröhlich. „Irgendwann willst du meine Hochzeit vorbereiten?“ Das Lachen von Wajid war daraufhin zu hören der aber Hewas Anliegen ebenfalls schon erkannt hatte.
 

„Darf ich nachher nach dem Fremden sehen?“ Fragte er weiter.

„Was willst du denn bei ihm?“ Fragte Wajid mit hochgezogenen Augenbrauen.

Raouhl zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht aber vielleicht kann ich ihn etwas unterhalten. Muss doch langweilig sein die ganze Zeit da oben an einem Ort sein zu müssen.“

„Bitte bedenke aber auch das wir nicht wissen wer dieser Mann ist. Er ist nur ein Fremder der in die Gunst unserer Gemeinschaft gekommen ist. Sobald er eine Gefahr für uns darstellt, wird uns nichts anderes übrig bleiben als das zu Ende zu bringen was die Wachen in Akkon begonnen haben.“ Sagte Wajid eiskalter Entschlossenheit. „Lass es lieber und halte dich fern von ihm mein Kind. Es kann nicht gut für uns sein wenn wir uns einem Fremden anvertrauen.“

„Wer redet hier denn von anvertrauen? Ich will ihm nur etwas Gesellschaft leisten, dass ist alles!“

„Wie kann man nur so ungezogen sein! Du weißt genau das sich das nicht für eine junge...“

„Hewa!“ Wajid hob seine Hand. „Sprich nicht so auch wenn wir hier in unserem Haus sind! Wände haben Ohren und du ´Raouhl´ du solltest davon absehen dich mit dem Fremden anzufreunden! Wenn er herausfindet wer du bist kommen wir alle in Teufelsküche.“

„Ja... Weiß ich doch... eigentlich sollte ich es wissen.“ Sagte Raouhl mit bedrückter Miene. Aber wahrscheinlich würde es sowieso nichts bringen wenn sie ihm jetzt noch mal alles vorbeten was man ´ihm´ seid Jahren erzählte. Raouhl hatte an dem Fremden Interesse gefunden und wahrscheinlich würde er auf kurz oder lang einen Weg finden seinen Willen durchzusetzen.
 

„Sagt mir wenigstens seinen Namen.“ Sagte Raouhl dann nach einer Weile und als er keine Antwort bekam wurde er leicht wütend. „Ihr könnt mir wenigstens seinen Namen verraten oder ist das auch verboten zu wissen?“

„Wir würden dir einen Namen verraten aber er hat seinen noch nicht genannt.

„Hhm...“ Raouhl setzte sich zu Hewa und Wajid und legte seinen Kopf auf die Arme die er auf dem Tisch drapierte hatte. „Wenn er ihn nicht freiwillig sagen will, dann müssen wir ihm eben einen geben.“ Schmunzelte Wajid. „Wir können ja nicht immer ´der Fremde´ zu ihm sagen, findet ihr nicht?“

„Allerdings nicht obwohl, so gut wie ich Mustafa kenne wird er ihm schon seinen Namen verraten.“ Sagte Hewa freundlich und war mit dem schälen fertig.

„Ich nenne ihn ´Adler´.“ Meinte dann Raoul plötzlich und alle Augen waren auf den in den vielen Gewändern gehüllten jungen Mann. „Wie kommst du darauf?“ Fragte Hewa ihn mit skeptischen Blick dem Raouhl nur ein Lächeln entgegen zu setzen hatte.

„Weil ich von einem Adler geträumt habe, mehr verrate ich euch aber nicht.“
 

Es war schon relativ spät als Mustafa Al´ Abbas mit seinen Männern zurück kehrte. Er hatte das Ochsengespann oben gelassen bei dem kleinen Bauerndorf welches ebenfalls diesen Menschen hier angehörte und nur der reinen Feldarbeit galt und für die Tiere die man unten im Berginnere nicht halten konnte. Die Bauern oben aber wohnten teils unten im Herzen des Berges zum anderen Teil auch auf der Oberwelt wo sie mit anderen gewöhnlichen Menschen ein friedliches Dasein fristeten und die Unterwelt mit Fleisch und frischen Fellen versorgte.
 

Von dieser Welt kamen die anderen zurück und man sah ihnen deutlich an das sie müde und erschöpft waren. Besonders Kutaiba freute sich als man ihm noch etwas warmes zu essen hinstellte damit er das Knurren seines Magens unter Kontrolle halten konnte während Rayhan sofort nach seinem kleineren Bruder Ausschau hielt.
 

Als Mustafa wieder in sein Haus das ganz oben über den anderen Häusern angebaut worden war ankam, war es schon stockdunkel draußen. An einer bestimmten Stelle konnte man bei seinem Haus noch die Sterne sehen die über ihnen strahlten und funkelten aber mehr nicht.

Überall brannten kleinere Feuer welcher man mit einigen Scheiten Holz am laufen hielt damit es nicht ganz dunkel wurde während man noch immer das Rauschen des Flusses hörte man noch bis zu Altairs Zimmer hinauf und der frischen Luft wegen hatte Hewa ihm währen der geschlafen hatte das Fenster geöffnet. Nun konnte er einen kleinen Einblick ein sein neues Zuhause werfen. Er war leicht beeindruckt von dem was er sehen konnte. Diese Menschen hier hatten sich ein ganzes Dorf aufgebaut welches mit der Größe von Masyaf mithalten konnte und dann auch noch alles in einem Berg. So etwas hatte Altair noch nie gesehen und irgendwie drängte es ihm diese Welt zu erforschen.
 

Aber immer wenn er zu fahrlässig mit seinen Gedanken wurde schalt er sich dumm und legte sich wieder in seinem Bett zurück und versuchte zurück zur Gegenwart zu kommen. Er war ein Assassine, komme was da wolle! Er musste nach Masyaf zurück kehren und dann Bericht erstatten um... Ja, was? Er musste Al Mualim sagen das er zwar den Bischof töten konnte aber sollte er ihm sagen wer sich in der Zwischenzeit um ihn gekümmert hat? Sollte er diese Menschen hier verraten und ihr wahrscheinlich gut gehütetes Geheimversteck preisgeben?

In Altairs Augen wäre das mehr als nur seine Pflicht. Al Mualim war bestimmt davon überrascht zu hören das es Menschen gab die sich fern der Wirren des Krieges aufhielten, in einer Welt in der es wohl keine Assassinen und keine hohen Könige gab die sie beherrschten oder denen sie Steuern zu zahlen hatten.
 

Gerade als Altair sich begann zu fragen ob er mit dieser Information seinen Hals aus der Schlinge ziehen konnte um die verpatzte Mission zu begradigen öffnete jemand die Tür und Altair sah den Mann von heute Morgen wieder. Es war der Mann der sich über ihn gebeugt hatte und ihn notdürftig verarztete. Er trug noch immer seine schwarze Robe und sein weißer Bart leuchtete in der Dunkelheit hell. Der Mann war groß gebaut, ging aber an einem Stock wie Altair erkennen konnte da er seine rechte Seite etwas nachzog. Aber aus seinem Gesicht sprach die Erfahrungen des Lebens für ihn und seine Augen blickten Altair nicht feindlich gesinnt an.
 

„Wie ich sehe ist es Euch gut ergangen seitdem Ihr hier seid. Was macht Euer Bein?“ Ohne auf Altairs Bestätigung abzuwarten ging er schon zu dem jungen Assassinen hin und lüftete die Decke damit er den geschienten Fuß sehen konnte. Altairs Bein war an beiden Seiten vom Knie bis zur Ferse mit weißen Leinentüchern eingewickelt und an seinem Fuß war sogar ein Holzbrett angebracht welches verhinderte das Altairs Fuß immer durchgestreckt war. Rückwirkend betrachtet war die Fußsohlenverstärkung ungewollt aber der Handwerker hatte im Augenblick nichts anderes da und konnte nur versprechen sich um bessere Schienen zu kümmern sowie einer guten Gehstütze wenn Altair wieder einigermaßen laufen konnte.
 

Während Altair das alles durch den Kopf ging überprüfte Mustafa Al´ Abbas das Bein das man seiner Ansicht nach hervorragend versorgt hatte.
 

„Ich schätze mindestens vier Wochen, im Höchstfall sechs. In der Zwischenzeit wird Euch nichts anderes übrig bleiben als hier oben zu warten bis es Euch besser geht.“

„Ihr habt mich gerettet... Warum?“ Fragte Altair dem diese Frage am meisten von allen auf dem Herzen brannte.

Mustafa setzte sich nun ebenfalls auf den gleichen Schemel auf den heute schon Hewa gesessen hatte und legte seine Stock neben sich auf den Boden bis er seine Aufmerksamkeit wieder Altair zuwandte.

„Ich weiß nicht warum Amiz meinte das er Euch retten muss. Wahrscheinlich dachte er sich, dass er so oder so aus Akkon rauskommt und er auf die Hilfe von uns nicht angewiesen war. Aber ich fürchte das nur Amiz selbst Euch diese Frage beantworten kann.“

„Es ist aber nur ein Teil meiner Frage...“ Meinte Altair misstrauischer als jemals sonst in seinem Leben. „Dieser Amiz hat mich aus dem Verlies geschafft wie und warum soll er mir sagen aber warum habt ihr mich bei euch aufgenommen und wo bin ich hier überhaupt?!“

„Nun, hätten wir Euch da oben liegen gelassen wäret Ihr so oder irgendwann gestorben oder Soldaten würden sich jetzt mit Euch ein kleines Späßchen gönnen. Und wo Ihr seid... Nun sagen wir es mal so, Ihr seid bei Freunden.“

„Das ist...“ „Mehr als ich Euch hätte sagen wir dürfen nicht vergessen das ihr zu den Assassinen gehört, da muss man vorsichtig sein welche Information man weiterbgibt.“

„WAS?“ Altair sah Mustafa verdattert an. „Ihr wisst wer ich bin?“ Mustafa lachte darauf freundlich. „Natürlich, man muss doch nur mal Eure linke Hand ansehen und jeder weiß Bescheid. Nur Assassinen der Elite verlieren als letztes Zeichen ihren Ringfinger und erhalten als Gegenleistung dafür die verborgene Klinge.“

Altair starrte den Mann fassungslos an. Es war das erste Mal das er mit sich mit einem vermeintlichen Bürger darüber unterhielt was einen echten Assassinen aus machte. Wer war dieser Mann nur das er darüber wusste? Das hohe Männer wie Robert de Sable wussten woran man einen Assassinen erkennen konnte war ihm klar aber das gemeine Volk wusste so etwas nicht außer sie hatten damit in irgendeiner Art zu tun.
 

„Nun? Ihr fragt Euch sicher warum ich das weiß, nicht wahr?“ Fragte Mustafa mit einem Lächeln auf den Lippen. „Vergebt mir aber ich muss euch leider darüber im dunkeln lassen aber seid versichert, euch droht keine Gefahr.“ Aber er hatte mit wenigen Wörtern deutlich gemacht das er genau wusste wozu Altair in der Lage wäre, müsste er nicht das Bett hüten. Der Fremde in seinem schwarzen Gewand stand Altairs Herrn Al Mualim in nichts nach was die Tücke der Worte betraf. Er sagte ebenfalls nur das was er sagen wollte und mehr nicht. Dennoch fragte sich Altair warum er nicht das gleiche Gefühl bei diesem Mann hatte wie er es bei Al Mualim spürte wenn er ihm gegenüberstand. Da war nicht das gleiche drückende Gefühl auf seiner Seele welche ihm sagte das er seinem Herrn gegenüberstand, dem er und der Bruderschaft dessen Oberhaupt er war, die lebenslange Treue geschworen hatte. Mustafa verbreitete zwar fast das gleiche Gefühl wie Respekt und Treue, lag aber nicht diese Kälte und diese gewissenhafte Gelassenheit, dieser Befehlston und dieser Klang nach Unterricht und einer neuen Lektion für andere in der Stimme mit.
 

Mustafa schien den fragenden Blick seines Gastes zu spüren und schlang daraufhin seine Hände ineinander während er Altair aus freundlichen, dunklen Augen ansah.

„Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte meinen Männern befohlen dich dort einfach sterben zu lassen? Sei ehrlich zu mir mein Sohn, bist du wirklich schon bereit zu sterben?“

Altair wusste darauf entweder keine Antwort oder wollte keine geben. Er sah Mustafa nur weiterhin fragend an, so dass dieser wieder freundlich auflachte.

„Wie ich sehe bist du dir darüber selbst nicht so ganz sicher ^^“ Er neigte seinen Kopf leicht um zu husten um Altair dann wieder gütig anzusehen. „Also schön, ich werde warten bis du mir eine eindeutige Antwort gegeben hast. Bis dahin ruhe dich aus und erhole dich von deinen Verletzungen, ich werde in einem Monat wieder vorbeisehen und mir dann deine Antwort anhören, einverstanden?“ Altair wunderte sich immer mehr über diesen Mann und wie er mit ihm sprach. Vorhin als er ihn noch in der höflichen Form ansprach hatte es sich Altair schon gedacht aber jetzt wo er von dem großen, bärtigen Mann geduzt wurde, hatte er noch mehr von einem beschützendem Menschen, fast wie ein Vater der mit seinem Kind sprach.

Entgegen seines Willens musste Altair nicken und sah dabei zu wie sich der alte Mann erhob.

„Mein Haus ist also fortan auch euer Zuhause, fühlt euch willkommen und aufgenommen. Ihr schuldet noch niemandem Rechenschaft für das was ihr tut oder das ihr sagt aber ich bitte euch in aller Höflichkeit, versucht nicht allen zu erzählen wer ihr seid und woher ihr herkommen. Diese Menschen hier kennen keine Assassinen und ich versuche sie vor der Welt aus der ihr kommt zu beschützen. Wenn ihr etwas nicht wisst so seid versichert, dass immer jemand an eurer Seite sein wird um euch zu beschützen für den Fall der Fälle. Wenn ihr euch irgendwie erkenntlich zeigen wollt dafür das wir euch beherbergen und von unseren Vorräten zu essen geben, dann zeigt mir eure Dankbarkeit indem ihr meine Familie und natürlich die Leute hier im Dorf mit genügend Respekt behandelt. Ich denke damit hätten wir das wichtigste schon einmal geklärt.“

„Kann ich irgendwann nach draußen, frische Luft schnappen?“ Fragte Altair.

„Ich denke nicht, jedenfalls nicht in den ersten Wochen. Euer Bein sieht schlimm aus, die Soldaten haben ganze Arbeit geleistet und ihr solltet es nicht weiter belasten als unbedingt möglich.“

„Aber von eurer Seite spräche nichts dagegen?“ Fragte Altair unsicher nach und bekam einen gelassenen, warmen Gesichtsausdruck der nichts böses wollte. „Alleine natürlich nicht aber es findet sich schon jemand der euch begleitet und sicherstellt das ihr nicht davon lauft.“

„Als ob ich das könnte.“ Meinte Altair mit einem Grummeln. Mustafa lachte auf diese Bemerkung so das er sich wieder den Bauch halten musste. „Nun gut, dann wünsche ich euch eine angenehme Gute Nacht und schlaft gut.“

„Euren Namen... Ihr sagtet euren Namen noch nicht. Ich weiß nicht einmal wer ihr seid.“

Mustafa blieb in der Tür stehen und blickte zurück. Altair lag noch immer auf dem Bett und sah an die Decke hinauf als hätte er gar nichts gesagt.

Mustafa lächelte amüsiert. „Mein Name ist Mustafa Al´ Abbas Ibn Mahrus. Eurer?“

„Altair Ibn La-Ahad.“

„Aha, ein wirklich ungewöhnlicher Name. Also dann schlaft gut Altair Ibn La-Ahad.“ Damit schloss er schon die Tür und war aus dem Zimmer verschwunden und ließ den Assassinen mit seinen Gedanken allein.

Während Mustafa die Treppe herunter ging hörte man ihn leise murmeln. „Keines Mannes Sohn? Der Ärmste...“
 

Dastan wohnte zusammen mit Kutaiba in einem Haus und noch einigen anderen Männern die ledig waren und der Kriegskunst nachgingen. Ihre Hütte war anders als die anderen aus einfachem Lehm und Steinen zusammengefügt und war einige Meter vom Versammlungshaus entfernt. In seiner Kammer brannten mehrere kleine Öllampen und während er bei diesem schwachen Licht sein Schwert putzte, hatte es sich Rahoul auf seinem Bett bequem gemacht, wie immer vermummt wenn er nach draußen ging, sein Kopftuch wie ein Visier vor das Gesicht gespannt. Anders als die anderen ledigen Männer wohnte Rayhans kleiner Bruder noch im Haus von Hewa, welche ein Unterhaus von dem hatte, das eigentlich Mustafa gehörte. Die Bauweisen der Häuser waren irgendwann so gut geworden das man über Verbindungsflure und Treppen die Häuser von Mustafa, Wajid und Hewa zusammen gefügt hatte und nun war es ein großes Haus was bei einigen als das ´Haupthaus´ bekannt war. Raoul lebte gerne bei seiner Amme in einem Haus und lies sich noch verhätscheln was ihm Dastan immer vorwarf aber inzwischen waren das fast schon alltägliche Streitereien wie sie es schon gewohnt waren und die sie nicht mehr missen wollten. Dastan mochte Raouhl sehr und Raouhl konnte dasselbe über Dastan behaupten der immer wie ein großer Bruder über ihn wachte, genau wie Rayhan. Der einzige Unterschied zwischen den beiden war das Rayhan viel besitzergreifender war als Dastan und kaum einen Fremden in der Nähe seines Schutzbefohlenen erlaubte. Dastan war es in so fern egal bis das sprichwörtliche Gewalt ins Spiel kam und Handlungsbedarf vorlag, ansonsten konnte Raouhl seiner Meinung nach tun und lassen was er wollte.
 

Deswegen störte es Dastan auch nicht das Raouhl nach dem Abendessen noch mal zu ihnen in das Wächterhaus gekommen war um sich mit den Männern zu unterhalten die ihr Zuhause aus dem Verborgenem heraus beschützten oder die einfach nur auf einem einsamen Feld dann an ihrer Schwertkunst arbeiteten.
 

Gerade erzählet Raouhl über die neuesten Ereignisse im Hause ihres Meisters und darüber wie sich der Fremde Mustafa gegenüber verhalten hatte.
 

„Mustafa meinte das er ihm sogar ein klein wenig sympathisch war und das er ihn gut leiden kann, kannst du dir das vorstellen?“

„Dein Ziehväterchen mag auch Amiz, wen wundert’s wenn er da auch so einen Straßenköter aufnimmt?“ Sprach Dastan unbeeindruckt während er die Klinge seines liebsten Säbels neu schärfte und ihn blank polierte.

„Aber fragst du dich nicht auch, wo dieser Mann herkommt? Wer er ist und was er gemacht hat oder warum er überhaupt ein Gefangener wurde?“ Löcherte Raouhl weiter nach aber Dastan polierte immer noch völlig gelassen seine Schwerter. „Muss ich das wissen? Ich glaube nicht das Allah mich straft wenn ich es nicht weiß.“

„Darum geht es doch gar nicht Dastan!“ Meckerte Raouhl unter seinem Schleier wütend. „Du bist echt unmöglich manchmal...“ Resigniert lehnte sich Raouhl an der hinteren Wand ab und sah Dastan von seiner Position aus zu. „Dastan?“ Fragte er erneut und bekam nur ein „Hnnh?“ von ihm zu hören. „Meinst du der Mann dem Amiz das Leben gerettet hat, ist einer von diesen Assassinen von denen uns Wajid erzählt hat?“

Jetzt war es das erste Mal das Dastan aufblickte und Raouhl einen entgeisterten Blick zuwarf. „Wie kommst du denn bitte auf das schmale Brett?“

„Na weil... Jadd Wajid hat es uns doch mal erzählt! Er hat uns doch mal diese Geschichte erzählt mit dem Mann der ein Assassine war und dem ein Ringfinger gefehlt hatte weil er an der Stelle eine versteckte Waffe hatte die er ausfahren konnte. So etwa..“ Raouhl machte die Bewegung nach wie er sich das Ausfahren einer verborgenen Klinge vorstellte. Er berührte mit seiner linken Hand was die Wand auf seiner rechten Seite und schnellte dann mit einem „TADAAASCHSCHSCH uuuunnd ZANK!“ Nach vorne, verlor auf dem schmalen Bett das Gleichgewicht und krachte vornüber über auf den Boden so das er der Nase nach vor Dastan lag der ihn von oben abschätzend ansah. „Ähäm... Ja mein lieber Raouhl, so in etwa hat Wajid das beschrieben ich kann mich erinnern, aber dafür hättest du dich nicht vor mir verbeugen müssen, ich hätte dir auch so eine Antwort gegeben.“

„DASTAN!“

„Hehehe...“
 

Altair kam nicht umhin über die Worte die sein Fürsprecher ihm gesagt hatte, sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Er verstand immer noch nicht was es war das ihn so schrecklich verwirrte, außer der Tatsache das wildfremde Menschen sich seiner angenommen hatten obwohl die offensichtliche Gefahr bestand das er sie verriet und irgendwann zurück kehren würde mit mehr Männern um diesen Ort...
 

Altair hatte sich in seinem Bett aufgerichtet da Mustafa hinter seinem Rücken einige Leinensäcke gefüllt mit Sand als Rückenstütze verwendete damit man aufsitzen konnte um die Aussicht zu genießen. Der Assassine hatte nicht wirklich einen Überblick von seinem Platz aus von dem fremden Ort aber er konnte einige der Häuser von seinem Platz aus sehen und die Feuer die in ihnen brannte. Stimmen waren aus weiter Ferne zu hören wie auch das Gurgeln des Flusses welcher seinen Weg durch das Bergmassiv bahnte. Irgendwo hörte Altair einen Hund bellen während von einigen Häusern noch leichter Rauch aufstieg. Nach wie vor fragte sich Altair was das hier für ein Ort war und wie es diese Leute so lange geschafft hatten sich vor der Welt zu verstecken. Er glaubte nicht daran das es in diesem Ort, der so fern von der Außenwelt war, eine militärische Zugehörigkeit existierte. Diese Menschen hier lebten nach ihren eigenen Gesetzen und Regeln, wie die Assassinen aus Alamut und Masyaf aber sie waren keine. Irgendwann musste der junge Mann mit dem verletzten Bein aber einsehen das er für solche Nachforschungen einfach zu wenig Zeit und wahrscheinlich auch nicht die Gelegenheit hatte. Man würde ihm nicht freiwillig alle Geheimnisse offenbaren, wahrscheinlich beschützter dieser Ort sich selbst so wie auch die Menschen die in ihm lebten.
 

Seiner natürlichen Neugier aber war es zu verdanken das er dennoch versuchte mehr mit seinem Bein anzustellen und wollte es bewegen aber als erneut dieser rasende Schmerz durch seinen Körper fuhr und er entsetzt aufschrie meinte er schon Schritte zu hören.
 

So war es dann auch und Hewa kehrte zurück um nach Altair zu sehen. Als sie bemerkte wie schmerzverkrümmt der Assassine in seiner Bettstatt lag, seufzte sie nur schwer und schüttelte ihren Kopf. „So wird das nie was werden!“ Resigniert ging sie zu Altair hinüber um nach dem Bein zu sehen und prüfte den Knochen nach ob er sich wieder aus seiner Position heraus gelockert hatte. Zum Glück war dem nicht so und sie konnte beruhigt wieder aufstehen. „Für heute musst du dich damit begnügen was wir dir geben. Morgen werden wir sehen was der Kräutermann aus Damaskus alles mit sich führt, vielleicht ist da etwas dabei das die Schmerzen lindert.“

„Darauf... kann ich verzichten!“ Schnaufte Altair wütend und verfluchte sich selbst, sein Bein und seine ganze Situation. „Ich will nur hier weg!“

Hewa aber schüttelte wieder nur ihren Kopf und beugte sich noch einmal zu Altair. „Und ich habe doch schon einmal gesagt das ich nicht dulden werde, dass mit diesen Beinen eine beschwerliche Reise begonnen wird. Es wäre unverantwortlich jemanden in deinem Zustand fortgehen zu lassen.“

„Warum zum Teufel kümmert es euch denn wie es einem Fremden geht? Noch dazu jemanden wie mir, denn ihr noch nie zuvor gesehen habt!?“ Altair hatte sogar mit der Faust frustriert auf die Bettdecke geschlagen wie ein schmollendes Kind aber auch dies schien Hewa nicht wirklich zu bekümmern und sie hob nur tadelnd einen Finger während sie Altair mahnend aus ihren dunklen Augen ansah. „Ich weiß nicht wer du bist mein Sohn aber dort wo du her kommst scheint man wohl nicht sonderlich auf Manieren und Höflichkeiten zu achten, was?“ Sie seufzte schwer bevor sie wieder ihren Schleier etwas zurecht zupfte. „Nimm meinen guten Rat an, Junge und bleibe hier solange du kannst und Mustafa es dir erlaubt. Mir ist es eigentlich egal wer du bist denn im Augenblick bist du verletzt und ich will dir helfen das du wieder auf die Beine kommst. Das tuet ich vielleicht nicht nur aus Nächstenliebe aber du kannst mir nicht vorwerfen das ich es bislang nicht gern getan habe. Wenn du dich aber weiterhin so aufführst und immer so eine verbissene Miene machst dann werde ich anders darüber denken und dich nicht mehr mit Samthandschuhen anfassen.“

„Ich habe von niemanden verlangt das man mich retten soll! Es war eure eigene Entscheidung dies zu tun!“

„Soll das heißen das du wirklich lieber den Tod vorgezogen hättest als das Leben?“ Sie sah ihn fast schon schockiert an, schloss dann aber die Augen und verinnerlichte sich das, was Mustafa zu ihr gesagt hatte bevor sie weiter zu Altair sprach. „Ruh dich aus mein Sohn. Im Augenblick musst du einfach nur gesund werden und rühr dich nicht zu sehr sonst schadet das dem Heilungsprozess...“ Sie stand wieder vollends auf und ging wieder in Richtung Zimmertür zu während sie den schweren Eisenbolzen herunter drückte der als Türklinke diente, blickte die alte weise Frau noch einmal zu dem Assassinen zurück der noch immer aufgerichtet im Bett saß und mit verkrampften Händen auf die Bettdecke starrte.
 

Mustafa Al´ Abbas und sein bester Freund Wajid hatten es sich zusammen am Feuer gemütlich gemacht und redeten über alte Zeiten als sie noch jung waren und weniger gebrechlich. Als Hewa herunter kam erblickte sie noch weitere Personen die nahe am Eingang standen und sich wohl nicht zu den beiden Männern ans Feuer setzen wollten.
 

Bei näherem Hinsehen erkannte Hewa das es sich bei den Männern um Rayhan und auch um den Dorfsprecher handelte, der neben Wajid das Kommando über die wenigen Wachleute hatte und auch einen Status als Bürgermeister hier hatte obwohl er dafür wohl noch etwas zu jung war. Er war mindestens genauso groß wie Rayhan, wenn nicht sogar größer und ging schon etwas auf die dreißig zu, im besten Alter also. Mit seinen Haaren die er nach hinten gebunden hatte und die ihm in einem kleinen Zopf vom Kopf abstanden hatte er immer einen strengen Gesichtsausdruck was von seinen dichten Augenbrauen untermalt wurde.
 

„Was verschafft uns denn die Ehre den Dorfvorsteher Khalil und den Hauptmann der Wachen, Rayhan hier in unserem Haus zu so später Stunde als unsere Gäste begrüßen zu dürfen?“ Fragte Hewa die sich wieder an ihren alten Platz dicht neben dem Feuer hinsetzte.
 

Khalil trat vor und neigte seine Kopf vor den Ältesten wobei Wajid aber der einzige war der sich umdrehte und auch Khalil zurück grüßte. Mustafa blieb so wie er war und rauchte sein Pfeifchen zu Ende während er bedächtig in das Feuer blickte.
 

„Niemand aus dem Dorf will ihn hier haben!“ Fing Khalil sofort an. „Und niemand versteht auch nur im geringsten was ihr damit bezweckt, Herr.“ Damit hatte Khalil Mustafa direkt angesprochen, dieser aber zeigte sich gelassen und paffte weiter was Khalil zunehmend ungehaltener werden ließ. „Wie könnt ihr das Risiko eingehen einen Fremden hier bei uns im Dorf aufzunehmen, Meister?“

„Einst waren wir alle Fremde, Khalil.“ Sprach dann Mustafa mit leiser, bedachter Stimme. „Wir alle könnten jetzt da oben liegen, von der Welt in Stich gelassen und verloren in einem Leben das so wie es scheint keine Verwendung für einen hat.“ Wie immer wählte er seine Worte sorgsam und versuchte einen Mittelweg zu finden, eine Möglichkeit die Khalil aber genauso wenig in Betracht ziehen wollte wie Rayhan, der ihn erst darauf aufmerksam gemacht hatte das ein Neuling hier war, der keine guten Gedanken in ihnen auslöste.

„Herr! Meister! Es ist nicht mehr so wie früher! Wir können nicht allen Leuten vertrauen und sie bei uns aufnehmen! Außerdem werden seine Leute schon nach ihm suchen, was ist, wenn sie unser Versteck finden?“

Da aber lenkte Wajid ein. „Khalil und Rayhan, ich bin auch nicht so ganz von den Gründen überzeugt die Mustafa verfolgt aber eines kann ich euch versichern: Kein Fremder würde dieses Versteck ungesehen finden können, dass wisst ihr. Unsere Vorkehrungen sind sicher wenn wir es sogar mit der englischen Krone geschafft haben, dann dürften ein paar umherziehende Männer auch kein Problem sein.“

„Ich weiß auch das unsere `Sicherheit´ besser ist als die der anderen aber ich halte es immer noch für absoluten Wahnsinn wenn wir uns trotzdem dieser Gefahr so freizügig ausliefern! Wir sollten den Mann töten solange er nicht selbiges mit uns in Betracht zieht!“

„Und genau das werde ich nicht zulassen und! Ihr werdet den Fremden nicht anrühren, dass wir uns da verstanden haben!“ Herrschte ihn Mustafa dann schließlich doch wütend an. „Ihr müsst nicht alles verstehen was hier vorgeht und noch ist es meine Sache wen ich in meinem Haus aufnehme, dass wir uns da mal richtig verstanden haben!“

Khalil ballte seine Fäuste und trat einen wütenden Schritt vor und holte noch mal tief Luft damit er seiner Stimme genug Kraft verleihen konnte. „Aber wenn ihr dafür die Sicherheit eines ganzen Dorfes aufs Spiel setzt dann hat das sehr wohl etwas mit uns allen zu tun!“

„Ihr solltet mir etwas mehr Vertrauen entgegenbringen, Khalil!“ Mustafa sah ihn mit verzogenen Mundwinkeln von seiner Position aus herrisch an und man konnte den Zorn in seinen Augen deutlich ablesen das sogar Khalil wieder erschrocken neben Rayhan trat.

Mustafa änderte aber seine Mimik wieder schnell und wandte seinem Blick wieder dem knisternden Feuer zu. „Ihr könnt jetzt gehen... Alles weitere können wir morgen besprechen.“
 

Wajid blickte den beiden jungen Männern nach die nur noch eine hastige Abschiedsformel gehaspelt hatten bevor sie wieder verschwunden waren. „Ich kann sie nur zu gut verstehen aber wage ich es nicht deine Beweggründe weiter zu hinterfragen.“ Seufzte der alte Mann mit dem langen Bart und den ebenso langen Augenbrauen.

Hewa, die indessen einige Kleider zum stopfen auf ihren Schoss gebettet hatte lachte von ihrem Platz aus nur über diesen Kommentar. Ja, Mustafa konnte einem Angst einjagen wenn er es darauf anlegte und das Leben hatte ihm dafür auch genügend Härte ins Gesicht geschlagen damit er wusste was er von seinen Leuten verlangen konnte und was eine einzige Zumutung war.

„Sie haben Angst, Mustafa, das ist alles.“ Fuhr Wajid fort für die Männer Partei zu ergreifen. „Sie fürchten alles was Unbekannt ist und da ist es nur verständlich wenn sie den Neuling da oben nicht willkommen heißen wollen oder ihn einfach ignorieren so wie es Dastan im Moment tut. Vielleicht solltest du wenigstens erklären was wir in naher Zukunft mit dem Burschen da oben vorhaben wenn er wieder einigermaßen gerade stehen kann.“

Mustafa zog an seiner Pfeife und blies nachdenklich Rauchringe aus ohne den Eindruck zu erwecken das er Wajid eine Antwort geben wollte. Dieser kratzte sich irgendwann am Bart und blickte dann ebenfalls in die Flammen hinein. „Mustafa, zu behaupten das ich keine ungefähre Ahnung hätte warum du dem Mann geholfen hast wäre eine Lüge aber du solltest darüber hinaus nicht vergessen das es hier auch noch Menschen gibt die deinen Schutz benötigen: Sie brauchen und lieben dich und würden alles tun um dich zu beschützen, weil sie wissen das du der einzige bist der sie schützen kann.“

„Das deine Worte völliger Unsinn sind weißt du, oder Wajid? Ich frage mich woher du solche Gedanken nur hast...“ Brummelte Mustafa der so viel Ehre nicht mochte. „Das einzige was ich wirklich getan habe ist zu viel Mitleid zu empfinden und genau das wird mich wohl eines Tages in mein Grab bringen.“

„Meinst du das, weil du den jungen Mann vor seinem Schicksal verschont hast?“ Hewas Stimme klang wie eine düstere Erscheinung aus dem Hintergrund und verklang im knackenden Feuer.

Mustafa legte seine Pfeife ab und drehte das empfindliche, längliche Holz in seinen Händen während er die Spiegelungen des Feuers auf dem blankgeputztem Holz eingehend betrachtete.

„Eines Tages müssen wir alle mal von dieser Welt schwinden.“ Sagte er ohne von der Pfeife aufzusehen. „Ich will mir unseren Gast eine Weile ansehen, wenn er wirklich ein zu hohes Risiko für uns bedeutet dann werde ich persönlich die Hand gegen ihn erheben und seinem Leben ein Ende setzen.“

„Nun gut, du hast schon immer in den seltsamsten Personen noch so etwas wie ein Restfunken an Barmherzigkeit entdeckt. Ich will mich da ebenfalls auf dein Wort verlassen.“ Grinste Wajid schief und blickte seinen alten Freund warmherzig an. „Vielleicht werden wir eines Tages vor unserem Schöpfer treten müssen aber glaub mir, du bist einer der wenigen Männern von denen ich überzeugt bin die keine Angst haben müssen wenn sie der Allerhöchste nach ihren guten Taten fragt.“

„Wajid... rede nicht immer so über mich als wäre ich ein Heiliger, das mag ich nicht.“ Seufzte Mustafa müde. „Ich kenne genug andere Leute die genauso unbesorgt sein müssten.“

„Wenn du das sagst...“ Lachte Wajid und schenkte sich und den anderen etwas Wein aus einem bronzenem Krug ein während sie sich weiter unterhielten. Dabei fielen ihnen die unmöglichsten Gespräche ein die man sich vorstellen konnte. Am Ende waren sie bei der Frage angelangt wie viele Templer man bräuchte um ein Feuer anzuzünden und auf die Antwort kamen, dass Templer nicht in der Lage waren ein Feuer anzuzünden weil sie doch in ewiger Dunkelheit wanderten.
 

Von all dem bekam aber Altair, der immer noch oben in dem großen Arbeitsraum von Mustafa schlief nichts mit. Er hatte jetzt als größte Aufgabe erst mal seine Genesung vor sich und seine Träume, in denen er wieder auf einem Pferderücken die Umgebung von Masyaf erkundete. Altair sah in seine Träumen die alte Burgfestung vor sich mit ihren vielen Türmen, Zinnen und vielen Erkerzimmern. Er ging wie früher durch die Bibliothek nur um gelangweilt die Buchrücken nach interessanten Buchtiteln zu durchstöbern um nur dann noch gelangweilter in den von Al Mualim eigens angelegten Garten zu gehen um sich dort auf eine schattige Bank zu setzen während er den wenigen Frauen dabei zuhörte, wie sie ihre Lieder sangen. Auch wenn er diese Nachmittage immer geschätzt hatte, da sie eine willkommene Abwechslung waren aber wirklich frei kam sich Altair nur vor wenn er auf fremden Dächern emporkletterte bis er das Gefühl bekam den Himmel berühren zu können. Wenn dann noch kälterer Wind an seinem Körper und an seiner Kleidung zerrte, versuchte ihn von seinem Aussichtspunkt hinwegzureißen, fühlte er die wahrhaftige Freiheit die er so lieben gelernt hatte. Nur wenn er einem Ziel nachjagte, wenn er eine Mission hatte, war Altair Ibn La-Ahad ein freier Mann.
 

Der Gedanke, dass er jetzt das alles verlieren könnte war einfach unerträglich und schmerzte tief in seiner Brust. Er hatte zuviel erlebt, zu hart an sich gearbeitet und zu viel riskiert nur um jetzt der zu sein der er war. Altair war geprägt von Ehrgeiz über seine eigenen Grenzen hinauszuwachsen und besser zu sein als andere, wenn nicht sogar der Beste. Er verfügte auch über die nötige Kraft um seine Ziele zu erreichen und nun sollte das alles aus und vorbei sein? Wegen eines einzigen Fehlers? Das konnte und durfte nicht sein! Altair wollte das nicht glauben und bei Allah, er würde alles tun damit er wieder in sein früheres Leben als der zurückkehren der er im Augenblick war.
 

Wer hätte ihm auch sagen können, was ihm in Zukunft wiederfahren würde? Niemand. Niemand konnte in die Zukunft sehen und niemand konnte dem jungen Assassinen sagen, welches Schicksal ihm aufgetragen worden war und welches man von ihm zu erfüllen hoffte.
 

Es war schon fast mehr als eine Woche vergangen die Altair in seiner ungewollten Unterkunft verbracht hatte und auch wenn er sich dessen bewusst war das Knochen nicht so schnell von selbst heilten, war er doch mehr als nur erbost darüber als er feststellen musste, dass es seinem Bein immer noch nicht besser ging. Die Zeit die er hier, in diesem Bett verbringen musste kroch dahin wie eine Wüstenschlange, langsam und stetig. Da half es auch nicht das sich Wajid von Zeit zu Zeit die Mühe machte ein Gespräch mit ihm anzufangen. Der alte Mann versuchte Altair etwas von den Schmerzen abzulenken was nicht so ganz gelingen wollte da Altair sich stur stellte und kaum etwas von sich verlauten ließ was zu einer ordentlichen Konversation führen könnte. Dennoch kam der alte Mann drei Mal jeden Tag die hohen Stufen hinauf mit seinem dürren Beinen und seinem Stock um nach dem Assassinen zu sehen.
 

Es war mal wieder so weit das der alte Mann herauf kommen würde. Altair hatte inzwischen gelernt an gewissen Dingen die ihn umgaben die Zeit zu schätzen. Die Feuer wurden immer kurz vor dem Abendessen entzündet und meistens war es dann auch die Uhrzeit für Wajids allabendlichen Kontrollbesuch. Zu Mittag gab es selten etwas zu essen, nur Kleinigkeiten und wenn, dann getrocknete Früchte dazu etwas Wasser. Tee trank Altair hier in Massen das man meinen könnte, man wolle ihn ersäufen. Aber Wajid kam erst gegen Nachmittag mit einer gut gefüllten Teekanne zu ihm und hatte jedes Mal auch neue Gesprächsthemen dabei die er mit dem Assassinen bereden würde, wenn Altair ihn ließe. Der Tee bestand meistens aus heißem Wasser mit irgendwelchen, darin aufgelösten Kräutern und ausgepressten Beeren darin und schmeckte oft etwas bitterlich aber wärmte Altair von innen. In der Früh kam Wajid dagegen immer weniger. Einmal hatte er zu Altair gesagt, dass er morgens meistens schon vor dem Sonnenaufgang lange Spaziergänge machte und darauf wartete das im Westen sich ein neuer Tag anmeldete. Da kam es schon mal vor das er selbst die Zeit vergaß. Aber Altair tat so als interessiere es ihn wenig und versuchte nach wie vor herauszufinden wo er war und ob man schon Pläne für ihn geschmiedet hätte? Aber Wajid schwieg stets darüber. Zu vielen von Altairs Fragen konnte er keine Antwort geben oder zumindest durfte er das nicht.
 

Etwas aber erzählte der alte Mann dann doch eines schönen Tages von sich aus: „Wir leben in einer Zweckgemeinschaft wie du sie wohl kaum im Heiligen Land finden würdest. Während die Menschen in den Städten versuchen mit aller Hast voran zu kommen und nach einem schönerem Leben zu betteln, haben wir hier unten aufgehört uns über Dinge Gedanken zu machen die wir doch nicht ändern können. So leben wir schon seit vielen Jahren und bislang hat sich noch keiner darüber beschwert.“ Das hatte er mit Grübchen im Gesicht gesagt die von seinem Lächeln stammten, welches er gerne aufsetzte. Altair konnte sich eigentlich nicht daran erinnern diesen Mann einmal nicht in guter Stimmung zu erleben. Deutlich war ihm das glückliche Leben anzusehen und auch wenn Altair es niemals zugeben würde, im Grunde seines Herzens beneidete er den alten Mann um seine Frohlebigkeit. In so einem Alter noch so fit und guter Laune zu sein zeugte von einem erfülltem Leben.
 

Als dann aber Wajid eines Tages nicht mehr zu ihm kam mit diesem Lächeln im Gesicht sondern mit tiefen Stirnrunzeln und verschlossener Miene, war es fast so als wäre der ganze Tag verloren.
 

„Ist etwas vorgefallen?“ Fragte Altair aus einer spontanen Idee heraus für die er sich gleich rügen sollte. Wajid aber schien nicht wütend darüber zu sein das Altair sich Sorgen macht, immerhin zeigte das Wajid deutlich das seine Besuche wenigstens ein wenig ihren Zweck erfüllten.

Müde schüttelte er seinen fast haarlosen Kopf das nur sein Bart mitwippte den er sich dann gleich in bedächtigen Strichen ordnete. „Amiz ist gestern Nacht zurück gekommen.“

„Amiz? Der Mann der mich gerettet hat?“ Fragte Altair gleich weiter der diesen Namen nicht vergessen hatte da der alte Mann schon ein paar Mal seinen Namen erwähnt hatte. „Hat er schon seine Gründe genannt die erklären warum er mein Leben gerettet hat? Kann ich mit ihm sprechen?“ Immerhin verdankte er diesem Mann irgendwie wirklich das er nicht noch mehr Folterungen über sich ergehen lassen musste aber die düstere Miene von Wajid zeigte ihm das etwas nicht stimmte. Wajid erklärte auch gleich warum dem so war.

„Amiz blieb in der Burg weil er persönliche Informationen einholen wollte.“

„Persönliche Informationen?“ Altair konnte sich nicht vorstellen das man für so ein leichtes Unterfangen so weit gehen musste das man selbst in Gefangenschaft geriet.

Wajid kratzte sich am Bart und begann diesen in alter Gewohnheit um seine Finger zu zwirbeln. „Ich weiß nicht genau was das für Informationen sein sollen. Amiz hat sich kaum das er hier angekommen war in sein Bett gelegt und schläft seitdem tief und fest. Ich mache mir Sorgen... Man hat Amiz bestimmt verdächtig dich aus dem Verlies befreit zu haben...“

„Meint ihr, er wurde gefoltert?“ Fragte Altair aber Wajid schüttelte sofort den Kopf.

„Das halte ich für ausgeschlossen. Amiz mag in manchen Augen ein unverbesserlicher Schwachkopf sein aber glaubt mir, Amiz weiß mit wem er sich anlegen kann und mit wen nicht. Er hat mit Sicherheit damit gerechnet das man ihn zumindest Robert de Sables rechte Hand vorführen wird.“

„ROBERT DE SABLE?“ Altair spuckte diesen Namen förmlich aus als wäre es pures Gift das es galt, schleunigst wieder aus dem Mund zu bekommen. „Was hat dieser Mann mit Robert de Sable zu tun?“

„Das, mein lieber Freund, muss er euch selbst erzählen. Dazu habe ich kein Recht. Es ist eine persönliche Fehde zwischen dem Anführer der Templer und Amiz.“

Was für eine Fehde mochte das sein von der Wajid sprach? Altair wusste es nicht noch hatte er auch im entferntesten eine Ahnung worum es sich dabei handeln konnte. Dafür interessierte es ihn umso mehr was sein Lebensretter mit Robert de Sable zu tun hatte. Robert war jedem Schüler der Assassinen ein Begriff und alle wussten was es bedeutete wenn man von diesem Mann sprach, der einer von König Richards engsten Vertrauten war und diesem den Gehorsam geschworen hatte. Robert war der größte Erzfeind der Assassinen und Verursacher vieler feindlicher Auseinandersetzungen. Altair konnte nicht glauben das gerade hier jemand existieren sollte, der den unglaublichen Hass der Assassinen auf diesen Menschen ebenso nachvollziehen konnte.
 

Wajid hatte das düstere Gesicht des Gastes gesehen und darauf erhellte sich seine Miene wieder etwas. „Ich bin mir sicher das Amiz sich mit dir unterhalten wird und nicht nur er aber lass ihm zuerst die Ruhe die er braucht. Er musste sich so wie es aussieht einige wilde Gefechte liefern bevor er wieder in den Genuss der Freiheit gekommen ist.“

„Wie ist er überhaupt aus Novum Regis entkommen? Die Wachen werden doch nicht zweimal auf ihn hereingefallen sein?“

Wajids Lächeln wurde breiter. „Ich kann mir gut vorstellen das Amiz die Hintertür benutzt hat um hinaus zu kommen. Zutrauen würde ich es ihm aber genug jetzt! Ich muss langsam wieder hinunter. Solange Amiz im Bett liegt werden Hewa und ich mich um ihn kümmern. Um euer Bein wird sich Raouhl demnächst kümmern.“

„Rahoul?“ Altair hob fragend eine Augenbraue. Wer war das nun schon wieder? Der Name war zwar schon öfters gefallen aber bislang waren sie sich nicht persönlich begegnet. Wajid aber winkte dazu ab. „Er ist einer unserer besten Schüler was das Versorgen von Wunden betrifft. Eines Tages könnte er es noch zu einem anständigem Hakim bringen wenn er sich Mühe gibt^^ Nun macht nicht so ein Gesicht! Er weiß schon was er tut und ihr seid bei ihm in guten Händen.“

„Und Mustafa? Wird er auch noch mal vorbeischauen?“ Fragte Altair dem diese Frage einfach so in den Kopf geschossen kam als er an den weisen Mann in seiner schwarzen Robe zurück dachte. Sein Gegenüber stand indessen auf und streckte seine alten, zerbrechlichen Knochen durch das man die Gelenke knacksen hörte.

„Ich dachte ihr wüsstet das Mustafa längst nicht mehr hier ist. Er ist vor zwei Tagen nach Jerusalem aufgebrochen um dort nach dem Rechten zu sehen. Ein sehr guter Freund von ihm schwer verletzt worden durch die Unruhen im Heiligen Land und jetzt will er ihm etwas Beistand leisten falls es zu Ende geht.“

„Nach Jerusalem ist ein weiter Weg.“ Schnaufte Altair der darüber nachdachet wie lange er immer unterwegs war wenn er eine Mission erhalten hatte die es unverzüglich auszuführen galt. Oft kam es vor das er wochenlang unterwegs war und nun machte sich dieser Mann einfach so auf den Weg um nach einem Freund zu sehen?

„Mustafa Al´ Abbas pflegt Freundschaften bis es eben nicht mehr geht und außerdem hat er noch andere Dinge zu erledigen die auf dem Weg nach Jerusalem liegen. Wir aber müssen unser Gespräch ein andermal fortsetzen, ich höre schon wie draußen nach mir gerufen wird. Nachher wird dann Raouhl zu dir kommen und sich um dein gebrochenes Bein kümmern.“
 

Altair hatte Raouhl nie wirklich gesehen, jedenfalls konnte er sich nicht mehr daran erinnern wie er diesem vor wenigen Tagen noch unverblümt in die Augen gesehen hatte und völlig fasziniert von diesem Anblick war. Zu der Zeit in der unter dem altem Baum lag hatte er nur Raouhls Augen gesehen, welche bläuliche Farben aufwiesen was Altair noch nie bei jemanden gesehen hatte.
 

Überrascht war er besonders durch die Erscheinung von dem Jungen der sich ihm eben als dieser Raouhl aufwies der ihn in der Einöde unter dem alten Baum versorgt hatte. Dieser Kerl trug selbst jetzt noch hier, in diesem Höhlenhaus seine ganzen Gewänder. Seine Robe hatte die Farbe von dunkler Erde und eine Kapuze, die er tief über seine Stirn gezogen hatte während zusätzlich noch ein weites Tuch um seinen Oberkörper geschlungen war welches kurz oberhalb der Leistengegend in zwei langen Bändern endete und am Boden entlang schlif während Raouhl in leisen Schritten und alten Sandalen auf Altair zuging. In seinen Händen hatte er Kleidungsstücke ordentlich zusammengelegt welche er sogleich begann neben Altair auf einem kleinen Schemel niederzulegen. Anschließend stand er auf und begann damit ein frisches Feuer anzumachen mit den Feuersteinen die auf einer kleinen Einbuchtung in der Mauer griffbereit lagen.
 

Altair sah dem anderen dabei zu wie er seine Arbeit verrichtete und anders wie Wajid oder Hewa kein Wort dabei verlor. Entweder hatte er kein Interesse daran sich mit ihm darüber zu unterhalten oder es wurde ihm verboten.

„Kann mir nur Recht sein...“ Dachte sich Altair dabei nur müde und kratzte sich an der Wange und musste dabei feststellen das ihm inzwischen schon ein richtiger Bart gewachsen war. Nicht sehr schön. Altair mochte das Gefühl nicht das ein Bart in seinem Gesicht verursachte. Es kratzte wie eben ungemein und machte Altair auch noch um einige Jahre älter als das er eigentlich war. Eitelkeit mochte ein Laster sein das einem ins Grab befördern konnte und Altair wusste das selbst nur zu gut aber anders wie Al Mualim oder die anderen Männer, gleich ob jung oder alt schienen ihm besser geeignet zu sein um als Bartträger durchzukommen. Er selbst mochte diese Aussicht nicht sonderlich. Vielleicht eine gute Gelegenheit um ein Gespräch anzufangen mit seinem neuen Pfleger?
 

Raouhl war trotz seiner Neugier auf den Fremden heute seltsam ruhig und ließ auch sonst nichts verlauten was darauf schließen könnte das er sich darüber freute mal ein neues Gesicht zu sehen. Rayhan hatte ihm schon dauernd ins Gewissen geredet und versuchte ihn davon abzuhalten diese Arbeit hier zu tätigen. Rayhan war der Ansicht das der Fremde keine guten Absichten innehatte und garantiert bald von Mustafa persönlich hingerichtet werden würde – keine Frage. Raouhl aber hielt sich bedeckt und wollte den Fremden wenigstens aus der Nähe sehen und das er von Hewa wie auch von Wajid in die Künste des Heilens eingeweiht worden war und dieses Handwerk ebenfalls beherrschte kam es den beiden anderen nur Recht. Amiz brauchte jetzt Hilfe und musste versorgt werden während dieser Mann hier auf dem Weg der Besserung war.
 

Endlich hatte Raouhl seine Arbeit am Feuer beendet und kam nun zu Altair herüber.

Neben das Bett kniend zog er den Binsenkorb zu sich der das Verbandszeug innehatte welches er nun benötigte.
 

Die Stimme mit der Raouhl sprach schien nicht wirklich zu ihm zu gehören und Altair fand das sie seltsam gekünstelt klang. Fast so als wolle er nicht das jemand seine richtige Stimme hörte. Das letzte Mal das er jemanden so hatte sprechen hören war als Malik Al Safyr von einem ungewollten Sprung in einen kalten Fluss völlig heiser am nächsten Morgen wurde weil er sich verkältet hatte – der arme Teufel. Altair hatte ihn keine Minute um dieses Schicksal beneidet. Doch dieser Mann hier schien es mit voller Absicht zu tun. Und warum dieser Schleier? Warum verbarg er sein Gesicht vor den anderen? War er etwa so hässlich das er Angst haben musste ein anderer könnte erblinden wenn er ihn sah?
 

„Ich muss mir das Bein näher ansehen.“ Hörte er Raouhl durch das Tuch sprechen das er um seinen Mund gelegt hatte. Dabei hatte er auch den Kopf so geneigt das Altair keinen Blick in sein Gesicht erhaschen konnte was eigentlich relativ Schade war. Irgendwie war er davon überzeugt das er sich versehen haben musste als er dieses tiefe, anziehende Blau gesehen hatte.
 

Raouhl deckte Altairs gebrochenen Fuß auf, der am Unterschenkel inzwischen höllisch schmerzte und auch auf seine doppelte Größe angeschwollen war. Die Schienen taten zwar ihren Zweck aber konnten aber auch sehr störend sein für jemanden der es gewohnt war sich im Schlaf herumzudrehen.
 

Geschickt löste Raouhl die Verbände und legte sie ordentlich aufeinander und verstaute sie schließlich in den Weiten seiner Robe und fuhr fort das verletzte Bein zu untersuchen und an einigen Stellen zaghaft zu drücken. Immer wieder fragte er Altair dabei ob etwas weh tat und immer hatte Altair das Gefühl mit einer völlig fremden Person zu sprechen die eine Rolle spielte. Woher kam dieses Gefühl nur?
 

Inzwischen war Raouhl damit beschäftigt seine Ärmel etwas nach oben zu krempeln damit er seine Hände frei hatte. Als nächstes stand er auf und ging zum Feuer zurück wo eine Schüssel, nahe der Feuerstelle stand, hob sie auf und trug sie vorsichtig zum Bett zurück. Die Schüssel war gefüllt mit einem selbst hergestelltem Öl das von den Menschen hier als Heilsalbe verwendet wurde und wohl gute Wirkungen erzielte.
 

Die Haut über dem verletzten Knochen fühlte sich unangenehm gespannt an und Altair befürchtete schon das die darunter liegenden Gefäße bald platzen würden wenn nicht irgendetwas geschah.
 

Raouhl aber tat seelenruhig wozu er hergekommen war und legte erst einmal Tücher unter das verletzte Bein Altairs und bat ihn still zu liegen. Der Assassine wusste nicht was der andere vorhatte und im Grunde wollte er das auch nicht wissen da Altair sich auch nicht vorstellen konnte das dieser junge Kerl wusste was er eigentlich tat. Als dann aber Rahoul seine in das warme Öl getauchte Hände auf Altairs gebrochenes Bein legte und langsam anfing mit kreisrunden Bewegungen über die Haut zu fahren entspannte der Assassine sich bald.
 

„Für einen Mann habt ihr sehr zarte und weiche Hände...“ Murmelte Altair mit geschlossenen Augen der diese Behandlung über sich ergehen ließ und dabei spürte wie sich etwas in seinem Bein bewegte. Er konnte nicht genau sagen was es war aber die immerwiederkehrenden fortlaufenden Kreisbewegungen schienen etwas auszulösen das die Spannung von seiner Haut nahm. Rahoul achtete während seiner Arbeit nicht auf das was Altair sagte und lies sein Gesicht nach unten geneigt damit ihm niemand in die Augen sehen konnte.
 

Immer wieder massierte Rahoul das verletzte Bein und strich in langen, sanften Linien das malträtierte Bein hinauf als ob er einen seltsamen Zauber auf Altair wirken wollte aber das einzige was er damit bei ihm bewirkte, war das seltsame Gefühl der Entspannung der sich Altair hingab.

„Ihr habt heilende Hände...“ Flüsterte Altair der die Augen geschlossen hatte. „Was macht ihr mit meinem Bein?“

Rahoul antwortete nicht sofort und zuerst hatte Altair geglaubt er würde heute nichts mehr zu ihm sagen dann aber hörte er ein leises, gedruckstes: „Ich weiß es nicht Herr...“

„Ihr wisst nicht was ihr mit meinem Bein gerade macht?“ Skeptisch hob Altair eine Braue nach oben und blickte wieder auf Rahoul der die ganze Zeit in seinen Bewegungen nicht verändert war an. Rahoul schien diesen Blick zu bemerken und sah kurz auf aber es war nicht weit genug um die Schatten aus seinem Gesicht vertreiben zu können damit man seine Konturen besser erkennen konnte. Er räusperte sich langsam unter den Gewändern und sah dann wieder auf das Bein das er weiter pflegte. „Ich helfe eurem Bein... Ein Freund von mir hat sich vor kurzem den Arm gebrochen und kurz darauf wurde er von mehreren Moskitos gestochen und rieb sich daraufhin immer den Arm. Wie ich bald darauf bemerkte ging die Schwellung in seinem Arm zurück was wesentlich zur Heilung beitrug und auch einige seiner Bewegungen wieder zurück brachte. Wahrscheinlich wird er nie wieder ein Schwert halten aber zumindest kann er einfache Arbeiten erledigen.“

„Wollt ihr damit sagen, dass man meinem Bein nicht mehr helfen kann?“ Fragte Altair finster.

Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. „Ich habe nur gesagt das es vielleicht etwas mehr hilft wenn wir ins so um das Bein kümmern.“

„Aber genau wisst ihr es nicht...“ Seine Stimme hatte einen abschätzenden Ton bekommen der genau das traf was Altair dachte.

Raouhl aber hielt in seiner Arbeit inne und ließ von Altair ab während er sich leise schnaufend auf seinem Platz entspannte und die Hände in seinen Schoss setzte. „Es steht mir vielleicht nicht zu das zu sagen aber... es hatte auch euer Genick brechen können.“

Altair gab einen verächtlichen Laut von sich und drehte seinen Kopf weg von Raouhl.

„Auch wenn ihr ein gebrochenes Bein habt stehen die Chancen auf ein erfülltes Leben sehr gut.“ Versuchte ihn der Zwerg aufzubauen? Altair schnaubte nur noch lauter.

„Als ob das etwas nützt.. Was nützt einem ein Leben das man als Krüppel verbringen muss...“

„Auch ein Krüppel ist ein Mensch der ein Recht auf Leben hat, findet ihr nicht?“ Fragte Rahoul leise zurück und hielt seinen Kopf dabei immer noch gesenkt.

„Ein Krüppel ist aber hilflos. Ein Krüppel kann sich nicht selbst versorgen und verteidigen wenn er es muss. Einen Krüppel braucht die Welt nicht!“ Altair ballte seine Fäuste im Angesicht seiner bitteren Zukunft die ihm auferlegt wurde. Eine Hand legte sich auf die seine und Altair blickte auf aber Rahoul hatte seinen Kopf immer noch nicht erhoben. Noch immer blickte er zu Boden und sah ihm nicht ins Gesicht aber die Stelle wo er Altairs Hand berührte schien deutlich wärmer zu werden. Ob das nun an dem Öl lag oder einfach nur daran das er durch seine Arbeit an dem Bein so warm wurde konnte Altair nicht mehr sagen. Deutlich waren die Risse an der Haut wahrzunehmen und die Schwielen. Diese Hand musste schon öfters ein Schwert geschwungen haben, dabei machte er auf Altair eher einen friedlichen, wenn nicht sogar schüchternen Eindruck.
 

„Vielleicht braucht unsere Welt vielleicht braucht die Welt wirklich nicht noch mehr Krüppel aber... bestimmt kann die Welt noch ein paar Menschen gebrauchen die Hoffnung besitzen.“

„Hoffnung... als ob mir das etwas helfen würde... Ich brauche keine Hoffnung, ich brauche ein gesundes Bein!“ Schnauzte Altair böse dem das alles hier sichtlich zu viel wurde aber nichts unternahm um die Hand von der seinen zu nehmen.

„Ihr seid auf dem Weg der Besserung, Altair Ibn La-Ahad. Ihr werdet bald wieder diesen Ort verlassen können. Wir sind nicht so das wir Gefangene machen.“

„Was wollt ihr dann? Informationen? Das wollten schon die letzten von mir und sie haben nichts bekommen.“ Altair lachte verächtlich dabei aus. Nicht mal die Soldaten des Königs hatten etwas von ihm zu hören bekommen und darauf war er stolz! Aber darauf schien Raouhl nicht aus zu sein. „Wir wollen euren Tod nicht noch das Wissen das ihr mit euch führt. Der Meister weiß zwar selbst noch nichts mit euch anzufangen aber ich bin mir sicher das die Zeit es ergeben wird wie wir mit euch verfahren sollen.“

„Also werdet ihr mich doch töten?“

„Warum hätten wir für etwas sorgen sollen, dass die Wüste genauso erledigen kann?“ Fragte Rahoul zurück und nahm seine Hand wieder von Altair. Ein bedrückender Moment der Stille entstand zwischen den beiden und nur die Geräusche die von draußen kamen brachten das Leben zurück. Menschen gingen umher und erfüllten ihr Tageswerk während Altair hier oben festsaß.
 

„Darf ich euch eine Frage stellen?“ Fragte Rahoul dann auf einmal. „Nur wenn es euch nichts ausmacht.“

„Wenn ich darauf antworte werdet ihr sehen ob es mir etwas ausmacht oder nicht.“ Murrte Altair säuerlich und ließ sich in seinem Bett etwas zurück fallen.

„Woher kommt ihr? Und warum ward ihr in Gefangenschaft?“

Das gemeine Volk wusste nicht wirklich von den Assassinen und von der Aufgabe die sie sich gestellt hatten. Das dieser Mustafa davon wusste grenzte schon an einem kleinen Wunder welches Altair mehr als nur überrascht hatte. Seine Bruderschaft pflegte eigentlich sich im Hintergrund zu halten und im Schatten zu agieren. Kaum ein normaler Bürger wusste von den Assassinen und eigentlich war es auch strickt verboten Unschuldige in das Leben der Assassinen zu führen. Altair wusste also im ersten Moment nicht was er dazu hätte sagen können außer...

„Schon gut.“ Hörte er dann die leise Stimme des anderen wieder sprechen. „Ich müsste es besser wissen... Ihr dürft garantiert genauso wenig darüber sprechen wer ihr seid, noch wo ihr herkommt. Vergebt mir.“ Er verneigte sich auf seinem Platz. „Ihr könnt mich Raouhl nennen. Der Mann der euch hergebracht hat heißt Dastan. Er hat euch von dem Bergpfad aus den ganzen Weg hierher auf seinem Rücken getragen aber keine Sorge, etwas Arbeit schadet dem alten Faulpelz nicht.“

„Warum... habt ihr mich mitgenommen?“ Fragte Altair leise weiter und erwartete eigentlich auch keine Antwort die trotz seiner Erwartung aber dann doch kam.

„Meister Mustafa hat uns aufgetragen euch hierher zu bringen und wir gehorchen für gewöhnlich.“

Das war nichts neues für Altair. Er war den Gehorsam schon seit seiner Kindheit gewöhnt und nachdem er in die Bruderschaft eingetreten war hatte sich daran nichts geändert aber in diesem Fall konnte die Antwort die Raouhl ihm gab seinem aufgewühltem Inneren keinen wirklichen Frieden finden. Niemand rettete einem Wildfremden einfach so sein Leben!

„Mustafa ist ein guter Mensch und natürlich auch Hewa und Wajid. Sie sind warmherzig und wundervolle Menschen die über alle hier wachen.“ Erzählte Raouhl leise der dem Fremden etwas von seiner Gemeinschaft erzählen wollte. „Ist es denn so seltsam das wir einem anderen geholfen haben?“

Altair hielt die Luft an um sich etwas besser aufrichten zu können und verlagerte sein Gewicht auf die Seite damit sein Rücken etwas Entlastung bekam. So konnte er auch Raouhl besser ansehen. „Seltsam, töricht, ungewöhnlich, gefährlich, undurchdacht und wahnsinnig würde ich es eher nennen.“

„Die Welt aus der ihr kommt...“ Sprach Raouhl weiter bedacht. „Kein Wunder das in so einer Welt Krieg herrscht wenn man nicht einmal mehr seinem Nächsten die Hand reichen kann ohne Angst haben zu müssen das sie einem bei nächster Bewegung abgeschlagen wird.“

„Was?“ Altair sah den jungen Mann dessen Worte von einer Weisheit waren, die ihm bislang nur bei hohen Herren wie Al Mualim oder diesem Mustafa untergekommen war.

Raouhl bemerkte den wirren Blick seines Gastes und musste verlegen lachen. „Vergebt mir bitte! Ich rede wirres Zeug!“
 

Danach hatten sie eigentlich kein Wort mehr miteinander gewechselt. Raouhl hüllte sich in betretenes Schweigen und Altair tat nichts um an diesem Zustand etwas zu ändern. Die Gelegenheit etwas über diesen Ort herauszufinden hatte er nicht ergreifen wollen und auch in den folgenden Tagen unterhielten sie sich nur noch auf das allernötigste welches ihnen dann wie schleppend über die Lippen kam, fast wie erzwungen. Altair hatte auch nicht gewusst was er noch hätte alles sagen sollen um ihnen die Situation zu erleichtern. Immerhin ging es hier auch um seinen Kopf! Sein Leben hing an einem seidenem Faden welcher nur von einem kleinem Windhauch geschnitten werden musste damit er endgültig riss! Niemand war hier der ihm noch einmal vor so einer Gefahr wie in der Burg hätte schützen können und wahrscheinlich würde so ein Wunder nicht ein zweites Mal geschehen.
 

Altair hatte sowieso immer noch keine Ahnung warum das erste Mal geschehen musste. Er war auf den Tod vorbereitet seitdem er in die Bruderschaft eingeführt wurde! Er hatte keine Angst davor vor den Schöpfer zu treten und eigentlich freute er sich sogar schon darauf! Welche Freuden würden ihn dort erwarten als Ausgleich für die Entbehrungen und das Leid das er in seinem früheren Leben erdulden hatte müssen. Doch auch wenn er sich nicht vor der kalten Umarmung des Todes fürchtete so war es ihm doch ein Ärgernis das er hier quasi gezwungen war festzusitzen ohne zurück oder auch voran zu kommen. Wirklich ein Ärgernis.
 

Weitere Tage vergingen und Altair bekam Besuch von Raouhl und Hewa welche sich um sein Bein kümmerten während draußen das Leben voran ging und sich niemand um den Gast kümmerte der oben im höchsten Zimmer des versteckten Dorfes festsaß und nur darauf warten konnte das andere über sein Leben entschieden. Vielleicht interessierte es sie auch nicht das dort oben jemand saß den sie loswerden mussten oder sie wussten es, bauten aber auf die Weisheit ihrer Anführer- diese Theorie vertrat der Assasine am ehesten.
 

Irgendwann jedoch, inzwischen hatte Altair fast schon sein Gefühl für Zeit verloren, bekam er noch einmal Besuch von einer Person von der er nicht geglaubt hatte sie so schnell wiederzusehen.
 

„Hallo mein Freund!“ Hörte er eine heitere Stimme aus dem Hintergrund rufen und beinahe schon geschockt drehte sich Altair zu der Ecke um, wo er den Fremden aus dem Verlies wiedersah. Es war eindeutig Amiz! Er hatte inzwischen einen richtigen kleinen Bart in seinem Gesicht und seine Haare waren verklebt und verfilzt als hätte er sie schon seit langem nicht mehr gewaschen und dasselbe galt wohl auch für seine Kleidung. Auf seinem Kopf machte sich eine genähte Wunde breit die quer über seine rechte Augenbraue verlief und kurz oberhalb des Haaransatzes endete und seine linke Hand war dick eingepackt und ebenfalls mit einem Holzstück geschient worden.
 

Mit der verbundenen Hand grüßte er Altair freundlich mit einem breiten, gewinnendem Lächeln. „Ich hab mich davon geschlichen! Eigentlich hätte ich noch einen Tag Ruhe gebraucht aber mir geht es inzwischen wieder viel besser.“ Fing er einfach an zu erzählen. „Wajid soll sich nicht so haben! Wenn ich umfalle dann falle ich eben um! In dem Schädel ist sowieso nichts wichtiges drinnen was kaputt gehen könnte.“ Lachte er breit und tippte sich auf die Schläfe. „Wie sieht es bei dir aus, mein Freund?“ Damit trat er näher an Altair heran und warf einen kritischen Blick auf den Kranken. „Du liebe Zeit... Dich haben sie aber auch ganz schön böse erwischt. Tut es noch sehr weh?“

Altair war mehr als nur perplex von dieser warmen Offenheit und brachte leise ein „Es ist zum aushalten...“ hervor. Amiz setzte sich dann im Schneidersitz auf den Boden und verschränkte seine Arme so gut es ging während er Altair immer noch mit der gleichen Freundlichkeit anblickte, mit der er ihn schon im Verlies gemustert hatte. „Na ja, ich schätze mal das wir beide etwas zu sehr am Leben hängen als das wir es uns einfach so wieder wegnehmen lassen, was? Ist auch zu ärgerlich... Da tut man mal was für das Allgemeinwohl und wie danken es die einem? Dieser Bischof hat doch nur in seinem Kämmerchen gesessen und keinen Finger krumm gemacht um dem Volk irgendwie beizustehen- wirklich eine Schande. Eigentlich sollte man dir einen Orden verleihen für große Verdienste.“ Amiz schüttelte seinen Kopf und schloss dabei genervt die Augen. „Ich habe davon gehört das dieser dreckige Kerl sich sogar an seinen eigenen Leuten vergriffen hat, wenn du verstehst was ich meine.“

„Was... willst du hier?“ Fragte Altair ihn auf einmal der nicht verstehen konnte was mit diesem Kerl los war und als Amiz seinen entgeisterten Blick bemerkte brauchte er eine Weile um darüber nachzudenken bevor er laut auflachte. „Stimmt ja! Ich komme hier einfach rein ohne dir was zu sagen!“ Lachte Amiz laut auf und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich bitte vielmals um Entschuldigung! Also, der Grund meines Hier seins ist folgender: Mustafa hat nichts dagegen wenn du mit uns mitkommst, wir wollen runter zum Fluss um frisches Wasser zu holen und außerdem könnten wir beide ein Bad gebrauchen^^ Ich will ja nicht unhöflich sein aber ein totes Pferd hat einen angenehmeren Geruch als du, mein Freund. Falls du dir Sorgen machst wegen deinem Bein so kann ich dir sagen, dass sich Kutaiba bereit erklärt hat dich zu tragen. Zuerst habe ich zwar Dastan gefragt aber der will dich nicht mehr schleppen bevor du nicht etwas abgenommen hast, soll keine Beleidigung sein aber so waren seine Worte. Dafür hat Dastan nichts dagegen das du ebenfalls mal rauskommst. Immer hier rumzuhocken ist ja auch nichts auf Dauer, findest du nicht?“ Erwartungsvolle Augen sahen Altair hoffnungsvoll an und für den ersten Moment war der arme Mann erschlagen von so vielen Informationen die man ihm zugetragen hatte. Amiz kümmerte es hier von allen Leuten am wenigsten das er ein völlig Fremder war und sie im Grunde eigentlich Feine sein mussten denn Amiz war kein Araber und von daher wohl eher ein Kafir.

„Willst du wirklich in deinem eigenen Schweiß ersaufen?“ Fragte Amiz ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. „Kann doch nicht angenehm sein auf Dauer. Ich werde alles dafür tun damit Wajid mich nicht sieht und ich mich endlich waschen kann und wenn du dieses Schicksal nicht teilen willst, dann musst du es nur sagen, ich lasse dich auch hier liegen.“
 

Altair wollte aber nicht hier bleiben! Er wollte wieder nach draußen und sich alles ansehen! Die Neugier nagte schon lange an ihm genauso wie die Ungewissheit die sich in ihm breit machte. Er wollte wissen wo er hier war und vielleicht bekam er auch ein paar Informationen wo er sich befand und schon allein deswegen schlug er das freundliche Angebot nicht ab.
 

Zu Altairs Leidwesen aber wurden ihm wieder die Augen verbunden bevor sie das Haus verließen und dieser Zustand hielt auch lange an. Erneut war er der Dunkelheit ausgeliefert und konnte sich nur auf sein Gehör verlassen welches ihm die Gespräche der anderen Leute mitteilte. Es waren neue Stimmen dabei die er nicht kannte und auch Stimmen, die er schon einmal gehört hatte. Raouhl und Amiz waren natürlich dabei genauso wie Kutaiba der Altair ja auf dem Rücken hatte und den ganzen Weg über wortlos mit sich trug während ein Dastan neben ihm herging der fluchte, dass er schon wieder die schwersten Fässer zu schleppen hatten und warum sie sich eigentlich die Mühe machten wenn doch ein großer Fluss an ihren Häusern vorbei zogen. Rayhan, der mitkam um den Fremden nicht aus den Augen lassen wollte, musste ebenfalls ein großes Fass schleppen welches auf einer kleinen Karre hinter ihm gespannt war. Er war auch nicht begeistert davon diese Fässer zu füllen aber würden sie mit einem Eimer Wasser auf die Weise verfahren und die Fässer so füllen, würde das zu lange dauern.
 

„Du weißt das Wajid darauf besteht immer Wasser aus der Quelle zu bekommen weil es frisch aus dem Berg kommt und Hewa pflichtet ihm da eben bei.“ Versuchte Raouhl Dastan zu beruhigen der deswegen noch immer wütend war. Neben ihm gingen noch weitere Männer da es sich hier um schwere Arbeit handelte welche von Frauen nicht verrichtet werden konnte.

Shamal, ein kräftiger, agil gebauter Mann mit dunklerer Hautfarbe als die anderen Einheimischen und einem kantigen Gesicht mit Unterlippenbart der Dastan von hinten half den Karren zu schleppen schnaufte schwer während seine Füße auf unebenem Boden versuchten Halt zu finden. „Wo er Recht hat, hat er Recht, Raouhl! Der alte Wesir sollte mal auch an unsere Rücken denken wenn wir so schuften müssen...“

„Tsiss...“ Dastan blies sich eine nach vorn gefallene Strähne aus dem Gesicht. „Als ob den das was interessieren würde. Zur Not springt er wieder auf unserem Kreuz herum und schickt uns mit einem Beutel Kräuter für´ n Tee und seinen guten Wünschen ins Bett.“

Einige brachen darauf in schallendes Lachen aus. Wajids Heilmethoden waren nicht immer die besten und es kam hin und wieder vor das eine Fehldiagnose gestellt wurde aber wer nahm dem alten Zausel schon etwas übel?
 

„Hat Mustafa eigentlich noch etwas wegen dem da gesagt?“ Hörte Altair dann nach einiger Zeit jemanden sprechen und war sich ziemlich sicher das er mit diesem „Dem da“ gemeint wurde.

„Mustafa meinte nur das wir ihn mitnehmen und auf ihn aufpassen sollen das es mit seinem Bein nicht noch schlimmer wird.“ Sagte Raouhl der wohl neben Kutaiba herzugehen schien.

„Er hat nicht gesagt das wir ihn loswerden sollen?“ Fragte Rayhan bissig und bekam darauf sofort einen finsteren Blick von seinem Bruder obwohl ihm die meisten zustimmen würden. Niemand wusste so recht mit dem Neuen etwas anzufangen und kaum einer konnte sich vorstellen das aus diesem finsteren Gesellen etwas herauszubekommen war.

„Wir sollen ihn in Ruhe lassen!“ Zischte Raouhl weiter böse. „Deswegen werden Kutaiba, Amiz und ich uns allein um ihn kümmern während ihr die Fässer auffüllt.“

„Seit wann gibt der Kleinste hier die meisten Befehle?“ Schimpfte ein anderer Mann dessen Stimme Altair völlig unbekannt vorkam.

„Nur weil du der Liebling von Mustafa und Hewa bist heißt das noch lange nicht das du hier groß Töne spucken kannst, Winzling!“ Spie ihm ein anderer seinen Hass und seine Verachtung förmlich entgegen. Offenbar waren nicht alle mit diesem Knaben hier einverstanden und die Männer ließen sich nicht gerne von einem Jüngerem und auch noch Kleinerem sagen was sie zu tun oder zu lassen hatten.

„Ich bin nicht winzig!“ Schimpfte Raouhl wütend.

„Und wenn du noch einmal Raouhl so anbrüllst, Nayif dann BETE zu Allah das ich nicht hinter dir sein werde! Und jetzt nimm das zurück was du gesagt hast sonst tausche ich mit Shamal schneller die Plätze als dir lieb sein wird.“ Drohte ihm Dastan böse und bekam ein kräftiges Nicken von Rayhan.

„Pah! Schon wieder! Kann sich der Bursche nicht selbst verteidigen?“ Plärrte Nayif. „Dauernd wird der Bengel bevorzugt von euch! Das Narbengesicht ist die Mühe doch nicht wert das man ihm dauernd alles nachträgt!“

„Narbengesicht?“ Fragte Altair sich selbst und wusste damit nichts anzufangen. War Raouhl im Gesicht entstellt weswegen er sich vermummte? Wollte er sein Gesicht nicht der Welt zeigen weil diese ihn sonst mehr verabscheute?

„Nayif...“ Grollte Rayhan dunkel. „Wenn du die Sonne heute noch untergehen sehen willst dann halte dich zurück mit deinen Worten.“

„Ihr seid doch alle... Ach! Rutscht mir den Buckel runter!“ Mit diesen Worten stapfte der Mann Nayif davon. Sein Abgang wurde mit Achselzucken, leisen Seufzen oder entnervtem Kopfschütteln begleitet.
 

„Mach dir nichts draus, Raouhl!“ Versuchte dann Rayhan sein Brüderchen aufzuheitern. „Du weißt doch wie Nayif ist. Denk dir nichts dabei.“

„Er hat einfach was gegen vermummte Gestalten wie dich und Kutaiba.“ Sprach Amiz daraufhin weiter und legte nachdenklich seinen eingewickelten Zeigefinger auf sein bärtiges Kinn. „Wahrscheinlich will er genauso wie einige andere mal wissen was unser Küken drauf hat^^ Bislang hast du dich ja im Kampf ziemlich zurück gehalten und wenn es dann mal wirklich ernst wird versteckst du dich ziemlich schnell hinter einem von den anderen.“

„Ich kann doch nichts dafür das ihr anderen mich immer zurückdrängt wenn ich mal loslegen will!“ Schimpfte Raouhl unter seinen vielen Tüchern hindurch und erneut musste Altair feststellen das sich die Stimme dieses Knaben so seltsam gestellt vorkam, als würde es nicht seine wirkliche Stimme sein.

Aber das Gespräch ging weiter und Altair versuchte sich wieder auf das Gesprochene zu konzentrieren.

„Wir würden dich ja gerne mal kämpfen lassen aber glaub mir, die Wachen würden sich eher kaputt lachen als das sie sich vor einem Kind fürchten würden.“ Lachte ein anderer Mann dessen Name noch nicht gefallen war und der wohl bislang geschwiegen hatte.

„Ihr seid... gemein...“ Raouhl fühlte sich langsam in seiner Ehre diskriminiert. „Warum hakt ihr immer auf mir herum?“

„Weil wir es können?“ Fragte Amiz amüsiert.

„Weil du dich immer so schön aufregst?“ Fragte ein anderer Mann.

„Aber mal ehrlich Raouhl, deine Schwertkunst taugt doch nicht mal um Kinder zu verschrecken, wie willst du es da mit gut trainierten Wachen aufnehmen?“

„Wer sagt denn das ich es auf Wachen abgesehen habe?“ Fragte Raouhl böse. „Ich will Gegner und keine Opfer!“

„So, Gegner was?“ Grinste Amiz breit. „Ja ich habe davon gehört das die Ratten in Damaskus zur Zeit eine harte Probe für alle wackeren Helden sind.“ „AMIZ!!“
 

Die Gruppe aus über zwanzig Mann hatte nach zwei Stunden harter Wanderschaft es endlich geschafft an ihrem Ziel anzukommen und sich auszuruhen. Der Ort an dem sie waren wurde von wilder Natur umrankt mit dichtem Böschungen und hohen Bäumen die ihre mächtige Wipfel in den weiten Himmel erstreckten. Ein lauer Wind wehte welcher hoch oben in den Bäumen zu hören war während sich einige Vögel auf ihren Ästen bemerkbar machten. Altair hörte irgendwo einen Wasserfall rauschen und konnte das kühle Wasser förmlich riechen und die Aussicht endlich mal wieder den Schweiß vom Körper zu waschen stimmte ihn fröhlich und als er seine Augenbinde von Kutaiba abgenommen bekam konnte er erst mal die Schönheit dieses Platzes voll in sich aufnehmen. Die gute klare Luft tat ihm sichtlich gut und langsam kehrte auch wieder Wärme in seine schlaffen Glieder zurück von denen er dachte er könne sie nie wieder bewegen.
 

Probeweise versuchte Altair auch seinen gebrochenen Fuß zu bewegen aber der einfahrende Schmerz in seine Glieder war Beweis genug das es noch nicht soweit sein sollte. Altair musste sich noch in Geduld fassen und so blieb ihm erst mal nichts anderes übrig als den anderen dabei zuzusehen wie sie sich entkleideten und auf den klaren, kalten See zuliefen. Der See war kreisrund und verlief sich irgendwann in der wilden Natur, wo er wahrscheinlich in den Berg zurück lief. An der Stelle wo der Wasserfall unten mündete ragten felsige Steinspitzen aus dem Wasser und machten so Tauchsprünge so gut wie unmöglich vor allem weil der Springer präzise sein Ziel anvisieren musste damit er seinen Kopf nicht an einem der Felsen aufschlug die sich wie die ersten Zuschauer des mörderischen Sprungs aus dem Wasser aalten.
 

Dastan aber war einer der wenigen die es sich trauten von dort oben herunter zu springen. Ein paar der Männer hatten ihn herausgefordert und so kletterte er zusammen mit einigen anderen den steilen Pfad hinauf der direkt zu dem Anfang des Wasserfalls führte.
 

„Der springt doch nie!“ hatte einer der Männer noch gebrüllt der etwas von Altair entfernt auf einer übergroßen Baumwurzel saß und sein mitgebrachtes Essen vertilgte.

„Glaubst du! Dastan ist einer der mutigsten von uns!“ grölte ein anderer und das sollte sich auch bewahrheiten.
 

Altair sah ebenfalls mit zusammengezogenen Brauen auf seinem umgekippten Baumstamm und blickte zu dem Schauspiel rüber das Dastan ihm und den anderen bot die ihm zusahen.

Er hatte sich ganz an den Rand des Wasserfalls gestellt und sah hinunter in das vom Fallen aufgewühlte, schäumende Wasser. Der Sprung musste präzise und genau sein sonst konnte er sich gleich darauf einstellen seinem Schöpfer gegenüber zu treten.
 

„Dastan!“ Raouhl war neben Altair geblieben und formte seine Hände zu Trichtern damit Dastan ihn besser hören konnte. „Spring nicht! Du hast keine Ahnung was sich unter dir befindet! Das ist viel zu gefährlich!“ Aber Dastan winkte ihm nur zu als hätte er das eben von Raouhl gesagte als Ermunterung aufgenommen doch seinen Hals zu riskieren und so sah man ihn kräftig abstoßen und über den Rand springen. Die meisten hielten den Atem an und konnten nur mit aufgerissenen Augen zusehen wie Dastan galant wie ein Vogel in der Luft zu schweben schien und seine Arme wie ein Vogel zu den Seiten ausgestreckt hatte während er langsam von der Schwerkraft zurück geholt wurde. Sein Körper machte einen wunderschönen Bogen und langsam streckten sich seine Beine die er kerzengerade und fest zusammen hielt, dem weiten blauen Himmel über ihnen entgegen. Seinen Kopf zog er bis an das Brustbein heran als er mit ausgebreiteten Armen die langsam nach oben glitten um eine gerade Linie mit den Beinen zu bilden in das eiskalte Wasser eintauchte.
 

Ein Ächzen und Stöhnen und auch geschocktes Rufen ging durch die Menge als sie die Wasserfontäne die durch das Eintauchen in das kalte Wasser erzeugt wurde und allen die Sicht verdeckte. Angst machte sich breit als Dastan nicht wieder auftauchte und langsam waren schon die ersten davon überzeugt das er längst das Zeitliche gesegnet hatte und fragten wie sie Dastans Leiche zu Mustafa bringen sollte wenn sie total zermatscht war?
 

Als dann aber der erlösende Schrei von Raouhl kam blickten alle noch mal auf das Wasser. Dastan war kurz kerzengerade aus dem Wasser geschossen und nun paddelte er gemütlich über den See zu ihnen herüber und stieg, nackt wie Gott ihn geschaffen hatte aus dem Wasser heraus. Das er dabei nichts anhatte störte ihn relativ wenig und die anderen genauso wenig. Hier waren ja sowieso nur Männer, wer sollte sich also schämen?
 

Dastan ließ sich ein mitgebrachtes Stofftuch reichen mit dem er sich wenigstens die schwarzen Haare und das Gesicht sowie ein wenig die Arme abrubbeln konnte bevor er sich dann wieder eine Hose anzog und in die herrliche Sonne setzte als ob er nicht gerade seinen Hals bei einem gewagten Manöver riskiert hätte. Die anderen Männer jedenfalls pfiffen bewundernd oder wollten noch mal eine Zugabe sehen. Sie waren begeistert davon wie elegant jemand in die Tiefe springen konnte.
 

Altair dafür hatte noch nie einen anderen Nicht-Assassinen gesehen der den ´Sprung des Glaubens´ ebenfalls so perfekt ausführen konnte. Aber Dastans Körper wies sowieso Merkmale eines hervorragenden Assassinen auf. Stahlharte Nerven und eine ausgeprägte Muskulatur sowie kräftige Arme und Beine die man zum Erklimmen solcher Höhen brauchte. Dastan war in Topform und das sah man ihm in seinem überheblichen Grinsen an. Er wusste was er konnte und er war stolz darauf!
 

„Vielleicht hat es jetzt noch geklappt aber irgendwann wirst du dir noch mal deswegen den Hals brechen!“ Meckerte Rayhan der bei dem ganzen Sprung überhaupt nicht hinsehen konnte. „Wir wissen alle das du der geborene Akrobat bist aber deswegen musst du uns nicht so einen Schrecken einjagen!“

„Wer kann, der kann.“ Sagte Dastan trocken und biss herzhaft in seinen Apfel hinein.

„Aber ernsthaft jetzt mal, woher kann der das?“ Fragte ein großer, schmal gebauter Mann neben Altair der Dastan anstarrte. „So was sagt man doch nur den Assassinen nach.“

„Assassinen?“ Fragte Raouhl weiter neugierig der einige Fuß neben Altair auf einer mitgebrachten Decke auf dem Boden hockte und die Hände in den Schoss gelegt hatte. „Du meinst doch nicht d i e Assassinen oder?“

Ein anderer Mann der neben dem ersten auf einem Stein saß und einen kahlrasierten Kopf mit einen rabenschwarzen Kinnbart und großen, buschigen Augenbrauen hatte nickte. „Du kennst sie wahrscheinlich unter einem anderen Namen Raouhl. Der Meister nennt die Assassinen meistens nicht so sondern er sagt immer....“ „Lebende Tote! Genau! Jetzt fällt mir das ein!“ Freute sich Raouhl und klopfte sich an die Stirn. Altair aber blickte jetzt überrascht zu den Männer auf als es um seine eigenen Leute ging. Wie wurden er und seine Brüder noch genannt? Lebende Tote? Wieso das? Wie kam der alte Mann darauf?
 

„Meister Mustafa sagt doch immer das wir auf weiße Gestalten innerhalb den Städten aufpassen sollen. Wenn sie komplett in weiß gekleidet sind und bestimmte Zeichen mit sich führen die ihren Rang innerhalb der Bruderschaft symbolisieren, wisst ihr das nicht mehr?“ Fragte Rayhan weiter der unweit von seinem kleinen Bruder saß und gerade einige Schlücke Wasser zu sich nahm. „Wir sollen sie nicht ansprechen oder ihre Aufmerksamkeit erregen, meint der Meister dazu. Am besten ist es, wenn wir vergessen das wir sie gesehen haben.“

„Stimmt.“ Dastan nickte. „Nur die wirklich wenigen wissen wann sie einem niederem Informanten oder einem g r o ß e n, starken und vor allem kreuzgefährlichem Meister des Meuchelmordes gegenüberstehen.“

„Ich habe gehört..“ Schmatzte ein anderer. „Dass die Assassinen gar nicht existieren sollen und das sie nur eine Erfindung vom einfachen Volk sind sich etwas Hoffnung zu bewahren. Es ist schon schwer vorstellbar das es so eine Gruppierung geben soll ohne das sie mal mit den Großmächten des Landes zusammen prallt. Ich meine, wenn ihr gut überlegt dann fällt euch auf was das wirklich bedeuten soll: Da laufen irgendwelche Knallvögel rum und lynchen was das Zeug hält und das auch noch auf beider Seiten und niemanden stört das? Sehr unglaubwürdig.“

„Das ist auch der Grund warum die meisten glauben das es sie nicht gibt.“ Sagte Shamal der es sich auf seinen Klamotten gemütlich gemacht hatte. „Aber wer schon mal von Wachen bedroht wurde schätzt sich glücklich wenn plötzlich eine weiße Gestalt von oben herab geschossen kommt und deine Angreifer zu Kleinholz verarbeitet. Ich sag euch, da fangt ihr an wieder an Gott zu glauben.“ Er wirkte nervös dabei und als sein Blick auf Altair fiel konnte dieser seine verstümmelte Hand gerade noch so hinter seinem Rücken verstecken. Shamals Blick war durchdringend, fasst so als hatte er etwas gewittert und Altair konnte nur beten das es einfach nur seine anfängliche Skepsis gegenüber einem Fremden war den man plötzlich in der vertrauten Mitte fand.
 

„Hat unser Shamal nicht mal erzählt das er von so einer ominösen weißen Gestalt gerettet wurde?“ Fragte dann jemand aus der Menge.

„Ja, da kann ich mich auch an was erinnern. Da war mal was.“ Sprach ein weiterer. „Aber erzähl ruhig die ganze Geschichte Shamal. Unser Küken hat sie ja wohl auch noch nicht gehört.“ Und Raouhl schüttelte seinen Kopf. Er kannte die Geschichte ebenfalls nicht.

Shamal räusperte sich und fing leise an zu berichten was ihm wiederfahren war.

„Ich war doch vor fast zwei Wochen mit Al Tayyih in Jerusalem unterwegs weil wir einige dringende Botengänge für den Meister erledigen mussten, wisst ihr noch? Jedenfalls hat sich Al Tayyih mit einem der dortigen Bürger angelegt und ein Streit brach aus der ziemlich schnell eskalierte. Wir konnten uns dann aber noch schnell verdrücken und in eine unbeobachtete Ecke flüchten aber da waren einige Wachen uns gefolgt und griffen mich und Al Tayyih an. Ich kann euch sagen das mir ganz anders wurde als ich sah wie Al Tayyih sich retten konnte und mich einfach so zurück ließ. Sie hatten mich schon am Boden und prügelten weiter auf mich ein und als ich dann ein Schwert hörte das aus der Klinge gezogen wurde hatte ich schon nicht mehr die Hoffnung euch alle wiederzusehen. Plötzlich...“ Er beugte sich zu Raouhl hinüber und spielte mit den Händen vor seinen geschockten Augen der das ganze schon bildlich vor sich sehen konnte. „Fiel einer der Wachen neben mir einfach so um und als seine Kampanions nach ihm sahen steckte dem armen Teufel ein Messer im Nacken! Ich weiß echt nicht wie der das von oben geschafft hat so zielgenau zu treffen aber als die Männer nach oben blickten muss er wohl vom Dach gesprungen sein und streckte kurz darauf alle Wachen nieder. Ich habe die ganze Zeit den Kopf eingezogen und konnte nichts sehen aber irgendwann hörte ich ein „Steh gefälligst auf und mach das du wegkommst! Hau endlich ab!“ Ich sah also auf und da sah ich so eine weiße Gestalt vor mir die sich drohend wie ein Berg über mir aufgebaut hatte. Sie hatte ein blutbeflecktes Schwert in ihrer Hand und diese weiße Kapuze tief in ihr Gesicht gezogen. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen nur den Mund. Da war eine große Narbe die über das ganze Kinn verlief und über die Wange ging. Echt unheimlich so etwas.“
 

Altair grübelte über die Beschreibung die Shamal von dem Assassinen gemacht hatte. Es gab einige Assassinen mit Narben am Körper aber am Kinn über die Wange? Altair kannte niemanden in Masyaf auf den diese Beschreibung passte aber vielleicht handelte es sich dabei auch nicht um einen Mann aus Alamut? Immerhin gab es dort die gleiche Kleidung wie in Masyaf. Gut möglich das ein Assassine aus Alamut in Jerusalem unterwegs war und dort einem armen Bürger zu Hilfe kam.
 

„Ich weiß nicht...“ Amiz, der die ganze Zeit über an einem Baumstamm gelehnt war hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah auf das glitzernde Wasser. „Es hätte sich genauso gut um jemanden handeln können der versucht hat den Menschen genau das weiß zu machen was du uns eben anschaulich erzählt hast, Shamal.“

„Natürlich! Du glaubst mal wieder nicht daran Amiz!“ Schimpfte Shamal. „Warum sollte es sie nicht geben? Wenn ich könnte und nicht schon zu alt wäre, hätte ich mich längst den Assassinen angeschlossen! Die tun wenigstens etwas für das Heilige Land und für die Menschen die darin leben!“

„Die Assassinen, wenn es sie denn wirklich gibt,“ erklärte Amiz trocken seine Ansichten. „Sind auch nichts anderes wie eine Privatarmee die ihren Willen durchsetzt, bitte bedenkt das. Es gibt einen Meister genauso wie es in der Armee einen Feldwebel und einen General oder von mir aus auch einen König gibt. Sie laufen herum und töten aus dem Hinterhalt irgendwelche Menschen ohne nach dem wenn und aber zu fragen. Stur und blind gehorchen sie den Befehlen ihres Herrn und wenn er es von ihnen verlangt, würden sie sich selbst das Herz herausreißen. Es sind genauso Fanatiker wie die Kreuzfahrer und die Sarazenen. Am Ende will nur jeder das Beste für sich und die größten Stücke ernten.“ „Das ist nicht wahr!“ Entfuhr es Altair laut. „Die Assassinen dienen als erstem dem Heiligen Land! Kein Assassine der sich an das Credo hält würde seine Klinge gegen einen Unschuldigen ausstrecken also rede nicht so als wären Assassinen und Kreuzfahrer dasselbe!“
 

Die Männer starrten den Fremdling teils überrascht, teils bitterböse an. Sie wussten erst mal nicht auf das was er gesagt hatte zu antworten und mussten das was von Altair gesagt wurde verdauen. Einige jedoch blickten nervös zu Altair hinüber als hätten sie schon etwas geahnt das mit dem Fremden etwas nicht stimmte. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen den Menschen aus die unter dem Schatten der Bäume ein hartes Thema angeschnitten hatten.
 

„Assassinen sind aber dennoch Mörder, mein Freund.“ Sagte Amiz noch ruhiger als eben. „Und wenn du mir jetzt sagst das es gut ist für eine Sache Menschen abzuschlachten dann frage ich mich aus welcher Welt du kommst, dass du so wenig Achtung vor dem Leben eines anderen hast.“ Das saß und der Satz den Altair eben noch sagen wollte blieb ihm in der Kehle stecken. Amiz aber erhob sich von seinem Platz und trat auf die Gruppe von Männern zu die es sich im Schatten bequem gemacht hatte. „Ich war lange in der gleichen Welt wie du mein Freund aber ich war nie begeistert von ihr. Sie ist wirklich nicht perfekt aber das ist diese hier auch nicht, aber wenigstens achten wir hier einander egal welcher Abstammung wir sind. Wir erhalten ebenfalls Aufträge aber liegt es uns frei sie auszuführen. Wir können sie hinterfragen und können zu unserem Herrn Mustafa und den anderen Oberen gehen und mit ihnen darüber sprechen wenn wir etwas für falsch halten. Du wirst hier nicht bestraft wenn du dich einem Befehl widersetzt. Natürlich wird dein Tun hinterfragt und du musst eine gute Erklärung dafür haben wenn du dem Wort unseres Herrn nicht vertraust aber deswegen ist noch niemand hingerichtet worden.“

„Und was macht ihr mit Verrätern? Ladet ihr sie zum Abendessen ein?“ Giftete Altair dem das ganze Gerede langsam zu viel wurde. „Was tut ihr mit Männer die wieder zurück in die ´andere Welt´ möchten? Verbindet ihr ihnen die Augen und setzt sie irgendwo an einem Weg aus?“

„Nein.“ Dieses Mal war es Dastan der das Wort ergriff. „Nur diejenigen von uns die bereits unter der schwarzen Hand Allahs geboren wurden wollen die Welt von dir kennen lernen aber für gewöhnlich kommen sie auch wieder zurück. Ohne diese Welt können wir zwar auch nicht überleben und wir sind von dem Ertrag der anderen Welt genauso abhängig wie ein Fischer von der nächsten Ernte auf dem Feld um sein Brot zu backen.“

„Wir haben gelernt anders zu leben und halten uns deswegen auch fern von den anderen Menschen.“ Sagte Shamal mit tiefer Ehrfurcht in der Stimme. „Es ist mit Sicherheit gefährlich so zu leben wie wir es tun, vor allem wenn man bedenkt wie viele Vertriebene und Ehrlose es unter uns gibt aber wir haben gelernt aufeinander acht zu geben. Wir beschützen uns gegenseitig und einer gibt dem anderen Kraft wenn er zurück nach Hause kommt.“

„Wir haben dich mitgenommen mein Freund,“ grinste Amiz den Assassinen freundlich an. „Weil du genauso verloren wärst wie wir es ohne unsere Leute wären. Überleg mal, wer hätte einem sterbenden Mann geholfen für den doch eigentlich sowieso schon fast die Sterbeglocken geläutet hätten? Du hättest keinen Tag ohne Hilfe überlebt und jetzt bist du bei uns Torfköpfen hier und genießt das Leben wie es gerade kommt. Ich sage dir, genieße es solange du kannst, irgendwann wirst du vielleicht aufwachen und dich fragen was du erreicht hast und wer weißt welche Antwort du dir dann geben kannst.“

Altair sah zu Boden und ballte die Fäuste. Der Zusammenhalt dieser Männer und ihre Überzeugung an ein besseres Leben grenzte schon fast genauso an die Manie die in Masyaf, Alamut und auch in der Armee der beiden Könige herrschte. Sie waren eine eingeschworene Gemeinschaft wie die Bruderschaft und hielten genauso zusammen. Nur einige Dinge waren anders die sich Altair nur noch nicht so recht zusammenreimen konnte. Ehrlose und Vertrieben? Waren hier auch Gaukler, Diebe und Ganoven dabei die hier Schutz fanden? Ein Frevel aller ersten Ranges! Diebe und Ganoven gehörten bestraft wenn nicht sogar gleich die Hände abgehackt werden sollten damit sie am Wundbrand dahin siechen konnten!
 

„Ich sehe schon, wir haben unseren neuen Freund ganz schön verwirrt!“ Lachte Amiz und klopfte Altair auf die Schulter. „Na komm schon! Wir fressen dich schon nicht! Und wenn Mustafa davon überzeugt ist das du keine Gefahr für uns darstellst dann lässt er dich schon wieder gehen! Solange wirst du deine Zeit mit uns totschlagen müssen^^ Hast du vielleicht eine Frau die zuhause auf dich wartet?“

„Was?...Nein! NEIN!“ Allein schon der Gedanke an Heirat trieb Altair eine verräterische Röte ins Gesicht. Es gab zwar Frauen im Garten denen er nicht ganz abgeneigt war aber deswegen würde er sich noch lange nicht an eine dieser Frauen sein Herz verschenken! Da musste Allah schon ein Wunder wirken damit dies geschah!

Amiz aber lachte über seine beklemmende Röte und klopfte ihm einmal herzhaft auf die Schulter. „Ist ja schon gut! Ich sehe schon! Wir haben hier einen Eunuchen wie er im Buche steht!“

„Pass nur auf das dir dein kleiner Freund nicht vor Schreck abfällt wenn du das erste Mal eine Frau nackt siehst!“ Grölte ein anderer Mann vor lauter Lachen das so ansteckend war das auch die anderen mit einfielen. Sie amüsierten sich königlich über das dumme Gesicht das Altair machte. Dieser wäre am liebsten sofort vor Scham in irgendeinem Loch verschwunden. So eine Gemeinheit von diesem Kerl!

„Wenn ich den in die Finger kriege und mein Bein nicht mehr so schmerzt!“ Grollte Altair in Gedanken böse. „Ich hasse ihn jetzt schon!“
 

Die Männer amüsierten sich noch eine Weile und das nicht nur über Altair sondern auch über andere Dinge wie die Dummheiten die hier mancher angestellt hatte und natürlich wurden diese Geschichten gleich darauf erzählt. Niemand achtete dabei auf Raouhl der inzwischen aufstand und zu Amiz und Dastan rüberging und etwas zu ihnen sagte. Diese warfen sich gegenseitig Blicke zu und nickten dann als Bestätigung für Raouhl, so dass dieser daraufhin hinter die nächste Böschung verschwand aus Altairs Blickfeld.
 

Langsam machte man sich daran die Fässer aufzufüllen und dafür hatte man schwere Holzeimer mitgebracht welche in das kalte Wasser getaucht wurden. Sie füllten langsam die vier Fässer auf welche sie nachher wieder hinunter nehmen mussten und sangen dabei muntere Lieder das die ganze Umgebung vom Echo ihrer Stimmen erfüllt waren.

Dastan war unterdessen zu den Wachleuten gegangen und wollte einen von ihnen ablösen während Kutaiba und Amiz sich um Altair kümmerten der endlich auch zu seiner Katzenwäsche kam.
 

Während Amiz also ebenfalls laut singend neben Altair stand und sich den Dreck von den Rippen wusch und dabei im Bauchtiefen Wasser standen ging Kutaiba das Ufer entlang und schien dabei nach etwas zu suchen das Altair von seiner Sicht aus nicht erkennen konnte.

Amiz aber störte das nichit und sang munter weiter bis er Altairs Blick bemerkte der immer noch auf den vermummten Mann geworfen war welcher das Ufer abging.

„Wonach er wohl sucht?“ Altair wusste es nicht und hatte dabei eigentlich auch mehr mit sich selbst gesprochen aber Amiz mischte sich in seine Gedankengänge ein. „Er versucht einen großen Stock zu finden den er benutzen kann bis deine Gehhilfen fertig sind.“

„Meine – Was?“ Altair glaubte nicht richtig gehört zu haben aber Amiz zuckte nur mit den Schultern und tat so als wäre das etwas absolut normales. „Na, du hast ja nur einen gebrochenen Fuss, mehr nicht! Wenn du einen gebrochenen Arm hättest oder wie ich eine zertrümmerte Hand dann wäre das was anderes. Wajid meinte nur das dein Bein wohl lange in dieser Schiene stecken muss aber das du damit auch laufen kannst wenn wir dir die geeigneten Mittel dafür verschaffen.“ Altairs Brauen zogen sich fast gleichzeitig nach oben.

„Natürlich wirst du das Dorf und die Umgebung ohne Aufsicht nicht verlassen dürfen und auch sonst solltest du lieber keine Wunder erwarten. Wir sind zwar alle ein recht durchtriebener Haufen aber auch wir haben so unsere Macken und nicht jeder ist von deiner Anwesenheit so angetan wie ich oder Mustafa. Es gibt ein paar Menschen bei uns von denen du dich fern halten solltest. Besonders Nayif und der Dorfsprecher Khalil. Halte dich von denen fern und pass gut drauf auf das dein Kopf nicht in schlagweite ist wenn etwas passiert. Die beiden können ganz schön unangenehm werden.“

„Ich kann schon auf mich aufpassen...“ Brummelte Altair und fühlte sich wieder in seiner Ehre gekränkt. Er war ein erwachsener Mann und kein kleines vierjähriges Kind! Altair wusste wie man kämpfte und das würde er diesen Männern hier schon noch beweisen!
 

Die Männer waren mit dem füllen der Fässer rasch fertig, wollten aber noch etwas hier bleiben und die Sonne genießen das es im Berginnern immer so unterkühlt war und sie langsam das Licht des Feuers satt hatten. Sie waren eben ganz normale Menschen und keine übersinnlichen Geschöpfe die sich in den dunklen Höhlen unten zurecht fanden.
 

Inzwischen war auch Kutaiba mit einem sehr langem Ast zurück gekommen der etwas gebogen war, seinen Dienst aber tun würde. Er hatte die Rinde abgeschabt und mit Leinentüchern war der fast faustdicke Ast umwickelt worden und ein kleiner, dicker Ast wurde kurz über der Mitte des Astes zusammen mit den Leinentüchern und noch einigen Seilen zusätzlich festgebunden damit man sich daran gut festhalten konnte.
 

Nun stand also Kutaiba vor Altair und sah ihn aus seinen tiefschwarzen Augen an während er ihm den Ast reichte.

„Ist das für mich?“ Fragte Altair dumpf und sah den Stab nur an. Kutaiba nickte und reckte Altair den Stab noch einige Male hinüber.

„Du sollst ihn nehmen.“ Hörte Altair hinter sich jemanden sprechen. Es war Rayhan der den anderen half die Fässer zu sichern. „Nimm schon den verdammten Ast endlich wenn er ihn dir schon hinhält.“

Altair sah den großen schwarzen Mann sprachlos an und ergriff erst nach wenigen Augenblicken das schwere Holz. „Danke..“ Es war leise und fast nicht zu hören aber Kutaiba nickte nur schwerfällig und trottete dann an ihm vorbei, sein Zweihänder striff dabei am Boden entlang. Altair blickte ihm stumm nach und versuchte aus dem gerade eben gesehenem schlau zu werden. Kutaiba hatte nichts zu ihm gesagt aber er nickte als Altair sich bei ihm bedankte also verstand er wohl ihre Sprache.

„Kutaiba ist stumm.“ Sagte dann Rayhan nach einer Weile als er seine Aufmerksamkeit wieder Altair zuwandte. „Man hat ihm die Zunge herausgeschnitten und seitdem spricht er kein Wort mehr. Es würde nichts bringen weil man sowieso nichts verstehen kann. Er hört dafür sehr gut und er hat so etwas wie eine Zeichensprache mit dem wir ihn verstehen können. Er wird in der nächsten Zeit auf euch aufpassen damit ihr uns nicht entkommen könnt. Vielleicht sind die anderen damit einverstanden das ihr im Dorf herumlauft- ich aber nicht!“ Zischte Rayhan böse und giftete Altair mit seinen Blicken förmlich an. „Seid froh das ihr noch am Leben seid! Lange werdet ihr es nämlich nicht mehr genießen können!“ Wütend stiefelte er davon und Altair hätte ihn am liebsten gezeigt zu was ein Assassine alles fähig war aber sein schmerzendes Bein mahnte ihn zur Vernunft.
 

Er wollte den Männern auch nicht dabei zusehen wie sie ihre Arbeit verrichteten sondern machte sich lieber mit seiner ´Stütze´ auf den Weg die Gegend zu erforschen. Der Stock war auf der gesunden Seite seines Beines und er konnte sich so abstützen und damit vorwärst humpeln. Das ging gerade noch so gut und er kam auch langsam und schleppend vorwärts aber immerhin tat Altair wieder einen Schritt und das allein genügte ihm schon. Er ging einen kleinen Trampelweg entlang den vor kurzem auch Raouhl genommen hatte und wollte sich weiter oben umsehen.

Der Wasserfall verlief oben noch in einem kleinen Bach welcher zum Felsrand hin breiter wurde um dann unten in dem kleinen See zu enden. Altair aber folgte mehr humpelnd den Weg des Flusses zurück zu seinem Ursprung. Während er sich den Weg abmühte über den er den Fluss folgte spürte er sein Bein pulsieren und das Blut darin wie es sich seinen Weg durch seinen Körper suchte. Altair hatte wahrlich Schmerzen aber er ignorierte sie gekonnt. Er wollte immerhin wieder laufen können und außerdem war er Schmerzen gewöhnt! Das machte ihm nichts aus- redete er sich jedenfalls ein.
 

Der Weg des Flusses machte irgendwann eine Linkskurve hinauf und an einer großen Steingruppe vorbei geschoben kam Altair wieder auf einem Steinweg zu einer weiten Felswand die sich vor ihm bedrohlich aufbaute und die weit oben mit dichtem Wald bewachsen war. Man konnte deutlich die Fugen in den Steinwänden zu einem kreisrunden Kessel zusammen geschoben hatten der alles in sich vereinte. Links und rechts von dem kleinen See war nur unwegsamer Wald und felsige, harte Steinsbrocken die man schwerlich erklettern konnte. Altair wollte einen Schritt nach vorne tun als sein Fuß gegen etwas sieß.

Verwundert blickte er nach unten und erkannte dort ein Bündel Kleidung mit festen Schuhen liegen. Ein kleiner aber reich verzierter Dolch wie ihn Altair vorher noch nie gesehen hatte lag zusammen mit einem handflächengroßen Kreuz das an einer Kette hing darauf und glitzerten in der Sonne. Altair hatte so ein Kreuz bislang nur bei wenigen hohen Männern der Kirche gesehen. Der Bischof hatte ebenfalls so ein prunkvolles Kreuz gehabt welches er in der Stunde seines Todes fest umklammerte und seinen Gott still anflehte er möge noch eine zweite Chance bekommen. Altair bückte sich etwas und betrachtete das reich verzierte Kreuz das er so noch nie gesehen hatte. Kleine, zarte Goldranken wanden sich um das Kreuz welches in seiner Mitte einen fein geschliffenen roten Stein hatte welcher Einkerbungen hatte wie eine Blume und auch zarte Goldplättchen an seinen Seiten hatte welche sich entfalteten wie Blätter. Die Ränke verliefen in Schlangenlinien zu den Enden des Kreuzes hin und öffneten sich dort noch einmal wie Blüten und hatten ebenfalls rote Rubine an ihren Enden.

Das Kreuz war wunderschön und funkelte zusammen mit dem Dolch der ebenfalls eine eigenartige Form hatte. Altairs Messer und Dolche jedenfalls hatten keine gerade, durchgehende Klinge sondern waren gebogen oder so zugeschliffen das man sie perfekt werfen konnte. Wer hatte solche Waffen?
 

Altair blickte auf und – erstarrte in seinen Bewegungen.
 

Vorbei an vielen aufgerichteten Felsen die einst von oben herab gefallen waren sah Altair etwas unter dem Wasserfall stehen der oberhalb der Klippen herunter lief und sich an den verschiedenen Felsen die aus der Wand ragten teilten.
 

Jemand duschte unter dem Wasserfall und hatte gerade mal ein weißes Leinenhemd um seinen Körper geschlungen das die Haut darunter nur spärlich verdeckte. Langes dunkles Haar klebte an einem hellen, fast weißen Rücken welcher nach oben schmale Schultern hatte und Schulterblätter die kaum angedeutet waren aber durch Wasserrinnsale zeigten wo sie waren und nach unten hin in einer saftigen Rundung eines kleinen herzförmigen Pos endete und in zwei langen Beinen endete welche Altair aber nicht mehr erkennen konnte weil das Wesen das ihn binnen weniger Minuten in seinen Bann gezogen hatte, bis kurz über dem Knien im Wasser stand.
 

Seine Kehle war längst so trocken wie der Ast den er in seinen Händen hielt, wobei diese noch am ehesten an seinem Körper eher Feuchtigkeit, anstatt Hitze erzeugten und damit die Tücher unter seinen Händen tränkten. Durch die Rippen konnte er sein Herz laut schlagen und pulsieren hören was dem sonst so gefassten und kühlen Assassinen mehr als nur unangenehm war. Die Wärme die sich in seinem Gesicht ausbreite und langsam über seinen ganzen Körper fuhr machte ihn unsicher und nervös vor allem da er so etwas noch nie vorher bei sich gespürt hatte und seine Körperreaktionen waren ihm mehr als nur befremdlich. Die Schmerzen in seinem Bein waren längst ausgelöscht worden und eigentlich hatte Altair längst vergessen das es gebrochen war sowie er auch vergessen hatte das es sich für einen Mann von Ehre nicht gehörte eine Frau bei ihrer Körperpflege zu beobachten. Verschämt also blickte er wieder zu Boden und dabei fiel sein Blick wieder auf die Kleidung die eben noch Raouhl getragen hatte...
 

Plötzlich schoss Altair ein Gedanke in den Sinn den er zwar nicht wirklich glauben wollte oder konnte, sondern auch noch erschreckenden Sinn ergab: Raouhl war nur eine Maskerade! Eine Verkleidung um in einer von Männern dominierten Welt besser voran zu kommen. Die ganzen Gewändern und Schleier sollten nur vertuschen was dieses wunderschöne Wesen nicht preisgeben wollte. Wahrscheinlich weil sie wusste das eine so bezaubernde Frau nicht weit kam wenn sie mit solchen Männern unterwegs war.
 

Altair Ibn La-Ahad war mehr als nur verwirrt. Verwirrt über sich selbst, über die Dinge die sein Körper ohne sein Zutun oder Einwilligung anstellte und verwirrt darüber warum eine so wunderschöne Frau....
 

„Wunderschön?“ Altair schlug sich selbst gegen den Kopf. „Reiß dich mal wieder zusammen Altair Ibn La-Ahad!“ Sein Versuch sich selbst zur Ordnung aufzurufen misslang, dafür schaffte sein Ausruf das die Dame am Wasserfall auf ihn aufmerksam wurde.
 

Sie drehte sich hastig zu der Quelle des Lärms um und als sie den Fremden auf seinem Gehstock sah wurde ihr Gesicht noch blasser als es sowieso schon war. Was machte der hier? Warum nur hatte sie ihn nicht kommen hören oder sehen? Sie wusste es nicht und doch musste sie etwas tun. Zuerst spielte sie mit dem Gedanken laut zu schreien aber geistesgegenwärtig fiel ihr ein wie dann die anderen Männer zu ihnen kommen würden um herauszufinden wer da so gellend geschrieen hatte. Das konnte sie nicht machen.
 

Sie watete im Wasser zu einem hohen Stein und versuche so ihre weibliche Blöße zu verstecken während sie hastig nach einer Lösung suchte. Dieser Fremde hatte sie gesehen! Nun würde sie garantiert auffliegen! Ein paar der anderen Männer hatten sowieso schon gemerkt das mit ihr etwas nicht stimmte und nun würden sie nicht mehr das Leben führen können welches ihr gefiel! Sie würde jemanden heiraten müssen den sie überhaupt nicht liebte und musste sich damit abfinden ein Leben als einfach Hausfrau zu führen! Gequält schluchzte sie auf und vergrub ihr Gesicht in ihren Armen. Aber im Moment gefiel ihr ihr Leben so wie es war auch wenn sie sich verstecken musste! Vielleicht würden auch die Männer irgendwann verstehen das Frauen genauso gut lesen und schreiben konnten wie sie auch! Es war zum heulen am liebsten würde sie laut losplärren und ihre ganze Wut hinausschreien.
 

Altair bekam davon nichts mit nur das die Frau sich verschämt hinter einem Felsen versteckte und nun war ihm umso mehr klar das er sich verraten hatte.

Hastig drehte er sich auf der Stelle um was zwar seinem Bein nicht so sehr gefiel aber da musste er jetzt durch.

„Vergebt mir!“ Rief er zu ihr hinüber und hoffte das sie ihn nicht gehört hatte. „Ich habe nichts gesehen! Ich verschwinde schon wieder!“ Damit machte sich Altair auch schon auf den Weg wieder zurück. Jetzt konnte der Assassine nur noch hoffen das er sich nicht bei den anderen Männern verriet. Dieser Rayhan hatte ihm sowieso schon gesagt wie wenig er von ihm hielt, das durfte man nicht ausreizen.
 

Während er hastig versuchte den Weg hinabzuhumpeln konnte er aber nicht verhindern das unzüchtige Gedanken durch seinen Kopf gingen. Er hatte zwar nicht nur eine Frau beim baden beobachtet, nein, er hatte es auch nicht lassen können sie anzugaffen wie ein läufiger Hund! So etwas gehörte sich nicht und eigentlich musste Altair sich selbst dafür rügen das seine Gedanken immer wieder zu dem Bild abrutschen das sich wie von einem Brenneisen bei ihm festgebrannt hatte.
 

Eine unglaublich schöne Frau, mit langen durchnässten Haaren welche ihr den ganzen Rücken hinab liefen und wie ein Spinnennetz um ihrem Körper herum im Wasser schwammen. Sonnenstrahlen die kleine Wassertröpfchen auf der makellosen Haut zum glitzern wie in einer Sternennacht brachte. Altair wollte es nicht zugeben aber dieses Bild hatte ihn gereizt, etwas in ihm war aufgewacht das er so zwar nicht kannte aber dem er nicht ganz abgeneigt war.
 

Wer war das, wenn nicht der Bruder von diesem Rayhan? Warum versteckte sie ihre Schönheit vor dieser Welt? Wie viele wussten das unter den weiten Gewändern eigentlich kein schüchterner Mann, sondern eine Frau war die sich nicht zeigen wollte? Altair wusste es nicht, noch wusste er ob er jemanden fragen konnte nach dem Grund der sich wie Fliegen an einem guten Essen festgesetzt hatten. Er hatte auch keine Ahnung ob er sie jemals noch mal ohne die ganzen Gewänder sehen würde und die Gewissheit, dass sie sich wohl nach diesem Augenblick nicht mehr so schnell bei ihm blicken ließ schnitt sich ungewollt schmerzhaft in seine Brust.
 

Altair Ibn La-Ahad war doch wohl nicht dem Zauber einer geheimnisvollen Frau verfallen, oder?
 

Anm. d. Autors. Ich möchte mich rückwirkend bei allen Franzosen entschuldigen das ich ihrem Landsmann einen solchen skurillen Charakter verpasst habe^^; Es tut mir schon mal im voraus leid wenn Amiz irgendwas macht das euch nicht so ganz koscher vorkommt.

Im Finsteren droht das Ungewisse

3. Kapitel
 

"Im Finsteren droht das Ungewisse"
 

Die letzten Sonnenstrahlen über dem arabischen Himmel quälten sich durch zerklüftete Felswege und hagere Bergspalten bis sie auf das steinerne Monument aufkamen welches man erst vor wenigen Jahren erneut aufgebaut und besiedelt hatte. Ein eiskalter Wind pfiff um die hohen Mauern der riesigen Burg und fuhren jedem durch Mark und Bein. Er blies über mächtige Dachgiebeln hinweg über steile Dächer und hohe, ausgebaute Rundbögen die herablassend auf die kleinen Menschen herabblickten die unter ihnen hindurch gingen.
 

Eine unsittliche Berglandschaft erschloss sich um die riesige Felsenburg die den Assassinen und ihren Angehörigen Unterschlupf diente. Einzig und allein ein stiller Bergsee unter den gewaltigen Felsabhängen zeugte von etwas Leben neben einer recht kargen Wucherung an den unterschiedlichsten Sträuchern und Bäumen. Hier konnte man nur überleben wenn man zusammen hielt und gemeinsam an einer Zukunft arbeitete. So war es schon immer gewesen. Das Leben hier draußen im wilden Gebirge verhieß kein glückseliges zu sein aber es sorgte dafür das die wenigen Menschen die um die Burg Masyaf sesshaft geworden waren, sich sicherer fühlen konnten.
 

Unfreundliche Zeiten waren das in denen sie liebten. Außerhalb den Mauern von Masyaf lauerten die verschiedensten Gefahren nur darauf wie ein wildes Tier nach den Dummen zu greifen die es gewagt hatten die schützende Befestigungsmauer von Masyaf zu verlassen. Hier herrschte noch immer das Gesetz der Natur, nur der Stärkere überlebte und das wurden so ziemlich allen hier bewusst die vor den Grundfesten der Burg standen. Diese Mauern konnten einem Fremden die Ehrfurcht in die Knochen jagen und einem willkommenen Freund Schutz und Wärme versprechen.
 

Von Masyaf aus hatte man vor wenigen Wochen einen der besten Assassinen losgeschickt der es sogar mit den hervorragenden fida´i aufnehmen konnte die man in Alamut vorzuweisen hatte, welches man immerhin als das Herz der sogenannten ´Haschaschyn´ und ihren Glauben, ihrer eisernen Regeln und ihres herrischen Gehorsams nennen konnten.
 

Vor wenigen Wochen hatte man also einen dieser sogenannten „Haschischraucher“ losgeschickt um den Bischof von Garuzee zu ermorden. Er hatte sich in Dinge eingemischt die ihn absolut nichts angingen und nur der Dolch eines treuen Anhängers von Al Mualim konnte dem Wissensdurst vom Bischof Einhalt gebieten. Nun war aber ein Gerücht noch viel lauter geworden das nach dem Tod des Bischofs überall in der Stadt erzählte: der Mörder des Bischofs, wohl einer jenen sagenumwobenen Assassinen, ward zuerst gefangen aber entschwand wie von Geisterhand wieder aus dem sicheren Burgverlies von Novum Regis. Niemand konnte es sich erklären und der Großmeister der ´armen Ritter vom salomonischen Tempel´, Robert de Sable tobte wie der Teufel in den Hallen und Gängen der gewaltigen Burg umher auf das man sein Geschrei noch bis vor den Straßen Akkons hören konnte. Jeder wusste wie wichtig es dem Mann war endlich die Assassinen ein für alle Mal auszurotten und wie viel wichtiger es ihm gewesen wäre diesen Assassinen persönlich zu verhören doch dieser war ihm entschwunden bevor er noch selbst Hand an ihn legen konnte. Ärgerlich so etwas, für wahr.
 

Nun waren die Gerüchte des entschwundenen Assassinen auch bis zu den Ohren des Büroleiters nach Akkon gedrungen welcher die Nachricht nach Masyaf weiterleitete. Es war eigenartig zu wissen das Altair Ibn La-Ahad, der bevorzugte, Lieblingskandidat für Al Mualim, dem Großmeister von Masyaf und Herr über die dortigen Assassinen, es irgendwie aus der Gefangenschaft geschafft hatte ohne das jemand davon etwas mitbekommen haben sollte.
 

Was man natürlich in Masyaf nicht wusste weil man es bereits in Akkon zu Tode geschwiegen hatte, war die Tatsache das ein Toter in Ketten aufgetaucht war während ein Lebender unter den Augen der Wachen entschwand. Die dortigen Wachen wollten lieber sterben als Robert de Sable die ganze Wahrheit zu erzählen. Sie konnten ihm nicht erzählen das es wohl jemand geschafft hatte aus den sonst so uneinnehmbaren Burgmauern des Löwenherzes zu entkommen.
 

Altairs Ruf eilte ihm also quasi jetzt schon wieder einmal voraus auch wenn man sich große Sorgen um den als verschwunden geltenden Assassinen machte. Es war für ihn noch nicht an der Zeit für eine ´Mission ohne Wiederkehr´, noch wurde er lebend gebraucht, dass war hier allen klar. Al Mualim verbat sich seinen ´Lieblingsschüler´ ohne sein Wissen und dann auch noch auf ´Missionen ohne Wiederkehr´ zu schicken. Das es gerade nun Altair war, in dem er so viele Hoffnungen setzte, der spurlos verschwunden war, hatte Al Mualim schwer getroffen.
 

Den meisten oberen Assassinen, den Ausbildern und den Gelehrten die engeren Kontakt zum Alten pflegten, wussten längst das er fest damit gerechnet hatte Altair eines Tages als seinen Nachfolger einzusetzen. Vorerst wollte er den jungen Mann etlichen Prüfungen unterziehen von denen er hoffte, sie würden Altair die nötige Härte, Geschick und Selbstvertrauen wie auch Weitsicht und Einsicht schenken damit er ihn eines Tages stolz initiieren konnte. Dies erwies sich nun als unmöglich und Al Mualim musste sich nach einem neuen Nachfolger für sein schweres Amt aussuchen, auch das war allen längst klar. Trotzdem weigerte sich Al Mualim Namen zu nennen und auch wenn er sich im vertrauten Kreise seiner Brüder befand schwieg er immer über die Frage welcher nun sein Amt übernehmen sollte, wenn Allah Al Mualim zu sich riefe.
 

„Wir werden sehen...“ Hatte Al Mualim dann immer gesagt während er auf seine Gebetskugeln starrte die er in seinen Händen balancierte. „Wir werden sehen wer es sein wird...“
 

Es gab einige in Masyaf die die Nennung eines neuen Namens kaum noch erwarten konnten. Al Mualim war immerhin schon Recht alt und es war nur noch eine Frage der Zeit bis Allah seinen treuen Diener zu sich rief in den ewigen Paradiesgarten. Niemand wollte wirklich das der Alte vom Berge starb aber man sah ihm jetzt schon überdeutlich an wie müde er wirklich war.
 

Al Mualim hatte die fünfzig überschritten und nun war es die Zeit die sich an ihm festkrallte zu einem seiner erbittersten Widersacher geworden. Die Nachricht das Altair nicht nach Hause zurück gekehrt war belastete den alten, gedrungenen Mann stark.
 

Er saß wie immer in seinen schwarzen langen Gewändern mit der großen Kapuze in sein Gesicht gezogen in seinem Observatorium das man eigens für ihn neu eingerichtet hatte. Hier war er für sich und schwer bewaffnete Soldaten die sich in den Ecken und dunklen Schatten des hohen Turmes, der das Observatorium inne hatte, behüteten seine Einsamkeit und ließen nur durch wenn ihr Meister jetzt gerade sehen wollte.
 

Der alte Mann hatte es sich auf einem seiner großen Sitzpolster im Schneidersitz in einer ausgeräumten Ecke bequem gemacht und starrte verdrießlich nach oben an seine Decke. Niemand der nicht wusste um was es sich bei diesem Zimmer handelte konnte wohl etwas mit der eigenartigen Zimmerdecke anfangen die einzig und allein aus Fenstern bestand die nur von einigen Dachbalken und wenigen Teilen normaler Dachziegeln gehalten wurden. Von hier aus konnte er die Sterne beobachten und durch einige Fenster die man in die dicken Mauern geschlagen hatte nun auch einen herrlichen Blick über Masyaf und das angrenzende Dorf.
 

Aber all dieser Ausblick kümmerte den alten Mann im Moment nicht. Dunkle Gedanken gingen hinter seiner von Furchen durchsetzten Stirn einher und hielten ihn gefangen wie schmiedeeiserne Ketten. Al Mualims Augen, von denen eines bereits völlig erblindet war und man die gräuliche Trübung seiner Pupillen bereits erkennen konnte, waren auf den Gegenstand in seinen alten, dürren, faltigen Händen gerichtet die noch immer mit kostbaren Ringen versehrt war. Seine langen Finger hielten etwas in ihrer Hand was er in letzter Zeit öfter zu sich heran zog damit er die Erinnerung daran nicht verlieren konnte. Al Mualims Hände, deren Haut bereits fast so dünn wie Papier waren, strichen immer wieder mit fast inniger Zärtlichkeit über das raue Holz unter ihnen. Sanft zogen sie die Maserung nach die der kleine Gegenstand aufweisen konnte den Al Mualim hütete wie einen kostbaren Schatz.
 

In seinen Händen lag ein winziges kleines Boot aus einem Stück Holz geschnitzt gerade mal so groß das man es in zwei Händen halten konnte. Das Segel war noch immer aus mehreren alten Fetzen zusammen geflickt worden. Deutlich waren die Nähte zu sehen die eindeutig von einer Hand gemacht wurden, die noch nie zuvor eine Nähnadel in der Hand gehalten hatten.
 

Al Mualims Augen mochten so gut wie blind sein aber noch immer war sein geistiges, inneres Auge so gut wie das eines Adlers. Die Einzelheiten von damals als er dieses Boot überreicht bekommen hatte lagen vor ihm als würde er Seiten in einem Buch nachschlagen. Er konnte alles genau wiedergeben wie es damals war als ein kleiner Junge mit gerade mal sechs Jahren vor ihm stand und ihm mit seinen dreckigen, verstaubten Händen dieses kleine Präsent entgegen streckte. Der Knabe reichte ihm damals gerade mal so bis zu seinem Gürtel und seine Beine waren in schmutzige Leinenhosen gesteckt aus denen dürre Beine hervorkamen die lang und sehnig in dünnen Füßen endeten. Ein notdürftig zusammen geflicktes Hemd und einer alten Jacke hatte man ihm übergezogen damit die Abendwinde ihm nicht verkühlen konnten. Das aber was Al Mualim wirklich am meisten von allen aufgefallen waren diese beiden mandelbraunen Augen die ihn fast schon flehentlich ansahen. Seine Gesichtszüge waren noch die eines Kindes aber Al Mualim konnte schon damals den Mann in ihm sehen der er mal werden würde. Seine schmalen Lippen hatte er fest aufeinandergepresst während er Al Mualim angesehen hatte mit diesen Mandelaugen die ihn bis heute manchmal verfolgten.
 

Leise seufzend legte er das Boot wieder neben sich auf den Boden und faltete dann seine Hände während er seine Augen schloss und alten Erinnerungen nachging die ihm noch von einer Zeit geblieben war, bevor er zu dem wurde, der er heute war. Viele Jahre waren seitdem vergangen und wahrscheinlich würden noch einige kommen auf die er sich vorbereiten musste aber noch war Al Mualim nicht bereit vor seinen Schöpfer zu treten. Noch nicht. Es gab noch vieles zu erledigen und bald musste er einen Antwort geben auf die Frage von der er dachte das er sie eigentlich geklärt hätte.
 

Erneut seufzte er schwer auf und öffnete seine Augen die schon deutliche Ringe hatten und aus ihren finsteren Augenhöhlen müde in die Welt blickten. Seine Stirn war in Falten gehüllt und seine Lippen hatten sich wie zu einer geraden Linie zusammen geformt während er sich mit seinen Händen über den weißgrauen Bart strichen, dabei immer und immer wieder die verschiedenen Szenarien durchging die er sich zurecht gelegt hatte.
 

Al Mualim konnte wenn er wollte ganze Wochen und Monate hier oben im Observatorium verbringen, dass war nicht die Frage. Seine Leute würden ihm auch zu Essen hinauf bringen und es wieder abholen. Sie würden für ihn sogar einen kleinen Teich in der Mitte des Saales legen wenn sie denn müssten und es zu ihren Gunsten ausfiel. Hier war er ungestört solange er es wollte oder für möglich erhielt und niemand der sich nicht seines Ranges sicher war, konnte ihn hier in seiner Ruhe stören. Die Stille hier im Observatorium hatte der alte Mann schon immer sehr geschätzt und selten pflegte er jemanden wirklich hier hinauf zu lassen. Er hütete seine Geheimnisse so gut er konnte und wusste diese auch zu verteidigen. Es gab Waffen deren Al Mualim durchaus habhaft war und sogar Giftfläschchen standen zu seiner vollen Verfügung bereit wenn es die Situation erforderte. Al Mualim aber hasste solche Mittel und würde sie nur im äußersten Notfall einsetzen. Gift war etwas das Feiglinge benutzten um ihre Gegner los zu werden.
 

Hier standen auch seine wichtigsten Bücher neben dem Koran sowie einige andere religiöse Schriften auch Dokumente über Masyaf die einzelne Ausgaben über die Ausbesserungen der alten Stadt preis gaben. Er hatte Listen von Namen seiner Anwärter und Listen von Informanten die er aber selten benutzte. Hier oben hatte er sogar Verträge gehortet die seine Spione gestohlen hatten. Normalerweise wurden Berichte, Lagepläne von Häusern und andere Ansichtspläne sofort vernichtet aber hin und wieder war ein Stück dabei dem sich Al Mualim in seinem kleinen Ort der Ruhe widmen konnte.
 

Nun war er hier oben abgeschottet vom Rest der Welt und alle wichtigen Neuigkeiten würden zu ihm hinauf getragen und eigentlich gab es keinen wirklichen Grund diesen Ort hier zu verlassen aber Al Mualim hatte von Zeit zu Zeit das Gefühl das er sich seinen fida´is zeigen musste damit diese ihren Glauben an ihn nicht verlieren konnten. So stieg er hin und wieder herab von seinem Turm und begab sich in die große Bibliothek die angefüllt mit dem ganzen Wissens Masyafs war.
 

Selbst hier hatte Al Mualim einen eigenen Platz direkt am Ende der Bibliothek in der Mitte vor einer großen Fensterfront deren mit Ornamenten verzierte Gläser hinaus in die Berge zeigten und Al Mualim hinter sich weiten Himmel hatte. Er konnte alles überblicken von seinem Platz aus und von hinten konnte ihn auch niemand überraschen, ein todsicherer Platz also. Vor allem wenn man die Tatsache bedachte das überall Soldaten zu seiner Verteidigung bereit standen. Der Alte vom Berge musste hier drinnen keine Bedrohung fürchten und seine höher Gestellten konnten jederzeit zu ihrem Oberhaupt gelangen und ihn um seinen weisen Rat bitten.
 

Dennoch wollte er im Moment nicht hinunter gehen in die Bibliothek wo er den fragenden Gesichtern der anderen ausgeliefert war. Die Soldaten würden ihre Blicke senken wenn er vorüber ging aber die anderen nicht. Es gab genug Gelehrte in Masyaf die ihn unter falschen Tatsachen nach Antworten ausfragen wollten und im Augenblick wollte Al Mualim noch keine Fragen beantworten. Selbstverständlich könnte er ihnen einfach sagen das sie zu Schweigen hätten aber auch das brachte der alte Mann im Moment noch nicht übers Herz.
 

Überhaupt war sein Herz in den letzten Wochen stark in Anspruch genommen worden. Immer und immer wieder hatte sich der alte Mann gefragt ob es wirklich so sinnvoll gewesen war seinen besten Schüler, seinen treuesten fida´i auf so eine Himmelfahrtsmission zu schicken von der er doch gewusst hatte, dass sie mehr als gefährlich war? Dann aber wiederum schalt der alte Mann sich selbst einen Dummkopf. Es ging hier nicht um seine persönlichen Eindrücke, seine persönlichen Gefühle. Er hatte eine Auftrag erteilt und Altair hatte ihn ausgeführt wie es seine Aufgabe war, genauso furchtlos und enthusiastisch wie er es sonst immer getan hatte wenn Al Mualim ihm seine Missionsziele nannte.
 

Sicher, Altair war mit den Jahren noch dickköpfiger geworden als er es zu anfangs war und wahrscheinlich war seine Überlegenheit mit ihm gewachsen. Hier auf Masyaf gab es wohl einige seiner ehemaligen Lehrer die den Assassinen gerne am Boden sehen würden, Gnade winselnd um sein Leben bettelnd aber den Gefallen würde Al Mualims ganze Hoffnung ihnen nicht geben. Vorher sprang Altair freiwillig in den Tod, dessen war sich Al Mualim sicher.
 

Altair Ibn La-Ahad hatte sich prächtig entwickelt und schon früh alle Anzeichen eines hervorragenden Assassinen gezeigt. Bald schon hatte er seine älteren Kameraden eingeholt und es dauerte auch nicht mehr lange und Altair hatte sie sogar überflügelt was Al Mualim selbst heute noch mit unglaublichen Stolz erfüllte. Altair hatte es allen gezeigt die auf ihn einmal herabgeblickt hatten und bald schon war er es, der auf seine ehemaligen Rivalen und Konkurrenten herabblicken konnte. Niemand konnte ihm seinen Sieg streitig machen und bislang hatte er seinen Widersachern kaum Möglichkeiten gegeben dies zu tun.
 

Wie gesagt, bislang.
 

Al Mualims Blick wurde wieder von Traurigkeit erfüllt und für einen winzigen Moment erlaubte er es sich den aufwallenden Gefühlen hinzugeben die in seiner Brust herangeschwommen kamen wie altes Treibgut doch genau das waren sie eigentlich im Grunde. Al Mualim musste sich davon lösen! Sein bester, fähigster Mann war also verloren und somit stand sein persönlicher Favorit um seine Erbfolge nicht mehr zur Verfügung.

Al Mualim hätte gerne Altair in dieser Rolle gesehen und wahrscheinlich wäre er auch der beste Mann dafür gewesen. Streng zu sich selbst und auch streng mit anderen hätte er eine glorreiche Zukunft an der Spitze von Masyaf vor sich gehabt. Noch wenige Aufträge und Al Mualim hätte erneut mit der persönlichen Ausbildung begonnen, dieses Mal aber nicht zum Assassinen, zum meisterhaften Morden aus dem Versteckten heraus sondern zu etwas ganz anderem: Einem Anführer, den Al Mualim wohl nun niemals mehr zu Gesicht bekommen würde. Altair war von ihnen gegangen und bald schon würde er in Vergessenheit geraten sein wie die anderen Männer deren Namen man nur in eine Mauer meißelte damit jeder der an dieser Wand vorüber ging lesen konnte wer alles für ihr hohes Ziel gestorben war und daneben der Name ihres Opfers. Dieser Gedanke allein erschreckte Al Mualim von allen am meisten. Bald schon würde Altair Ibn La-Ahad nicht mehr sein wie ein eingeritzter Name an einer Wand- traurig aber Allah wollte es so. Wer war er, dass er sich gegen den Willen des Allmächtigen erheben durfte?
 

Die Nachricht über den Verlust des jungen Elite-Assassinen hatte nicht nur zur Folge das Al Mualim sich noch weniger Blicken ließ als bisher, sie trug auch dazu bei das einige der unteren fidai´s ihre Chancen bei den hohen Gelehrten witterten die sich in der Burg aufhielten um ihr Ansehen zu steigern. Immerhin konnte es gut sein das Al Mualim bald einem von ihnen seine Aufmerksamkeit schenkte. Altair Ibn La-Ahad war schon seit je her der besondere Favorit vom Sheik gewesen aber da nun dieser wichtige Posten weggefallen war kam neue Hoffnung auf.
 

Es bedeutete mehr der „Liebling“ des Meisters zu sein als nur das man um Audienz bei ihm verlangen konnte ohne vorher den strengen Weg über seine näheren Untergebenen zu gehen wo man sein Anliegen erst einmal dort unterbreiten musste. Altair hatte dieses Recht seit langem gehabt es aber nie wirklich genutzt da es kaum Dinge gab die der Aufmerksamkeit seines Herrn, des ehrbaren Meisters verlangte- was ihm bei diesem noch höheres Ansehen einbrachte.
 

Nun streckten sich neue, herausragende Elite-Kämpfer in Masyaf der aufgehenden Sonne entgehen deren Strahlen bislang nur ihren fida´i Altair Ibn La-Ahad umhüllt hatte. Seine Stelle war frei und musste bald besetzt werden.
 

Kadar Al-Sayr gehörte nicht zu den Personen in Masyaf die behaupten konnten das diese Sonne auch für ihn strahlte. Er war zu ungestüm und außerdem fehlte es ihm an taktischem Gefühl schwer hinzu kam noch die Tatsache das Kadar zwar ein guter Schwertkämpfer und Akrobat war, er aber im Umgang mit den Wurfmessern so seine Probleme hatte.
 

Sein älterer Bruder, Malik Al-Sayr hatte oft darüber gelacht, wenn er seinen kleinen Bruder trainieren sah. „Du triffst doch keinen Templer, selbst wenn er vor dir einen Handstand macht!“ Kadar hätte ihn dafür am liebsten eines seiner Wurfmesser nachgeworfen aber das verbat ihm der strenge Kodex seines Ordens.
 

Malik Al-Sayr hatte gut lachen, er gehörte zu den wenigen auserwählten Männern auf die jetzt Masyaf blickte. Er stand mit nicht mal einer Handvoll Männer Altair in nichts nach und wahrscheinlich würde man bald durch eine schwere Mission herausfinden wen Allah und der ehrwürdige Meister Al Mualim als Nachfolger sehen wollte.
 

Dennoch waren es genau diese Gedanken die einigen fida´is hier auf Masyaf Sorge bereiteten. Sie hatten alle von dem tragischen Schicksal gehört das ihren Bruder ereilt hatte und waren bestürzt darüber das ein so herausragender Assassine sein Leben lassen musste in einer Mission die ihnen so einfach erschien. Viele hatten davon gehört das es dieser Bischof besonders auf Andersgläubige abgesehen hatte und Heiden mit äußerster Härte und Strenge verfolgt und hinrichten ließ. Es war zwar ein Glück das dieser Mann nun endlich von der Bildfläche verschwunden war aber die Lücke die er mit sich gerissen hatte klaffte schwer in den Gemütern der jungen fida´is die um Altair trauerten.
 

Kadar gehörte zu diesen wenigen die sich damit noch abfinden mussten das Altair Ibn La-Ahad nicht mehr unter ihnen weilte. Selten hatte er mit dem Älteren ein Wort gewechselt aber anders als die anderen waren die Worte die Altair zu ihm sprach nie von Spott oder Hohn versehen. Altair war damals dabei als Malik sich einen Spaß mit seinem kleinen Bruder gönnte und stand die ganze Zeit reglos neben ihm und hatte zugesehen was Kadar getan hatte. Kadar war es unangenehm das ein so brillanter Kopf mitansehen musste wie ein Niederer krampfhaft versuchte auf seine Stufe zu gelangen.
 

Kadar konnte sich noch gut daran erinnern als er mal Abseits von den anderen fida´is in einem einsamen Waldstück das Werfen geübt hatte. Die Sonne hatte durch das Blattwerk geschienen und der Duft von frischem Holz, Moschus und die staubige Erde drangen zu ihm empor während er immer wieder versuchte eine Zielscheibe zu treffen die in etwa zehn Meter Entfernung an einem Baum genagelt war. Kadar hatte immer wieder mit wilden Armgestiken versucht seine Technik zu verfeinern aber irgendwie hatte es nie so richtig klappen wollen.
 

Irgendwann hatte er dann einfach nur weit ausgeholt und warf ziellos sein Messer zur Scheibe hin. Das Messer flog sirrend aus seiner Hand und Kadar konnte wie in Zeitlupe aus seiner Position aus erkennen wie das Messer wohl am Stamm vorbeifliegen würde als ein erneutes Zischen durch die Luft drang. Danach folgte ein Geräusch das sich so anhörte als würde Eisen auf Eisen treffen und wenige Sekunden darauf steckte das von Kadar eben geworfene Messer in der Mitte der Zielscheibe.
 

Für den ersten Moment hatte er nur stumm dagestanden und einfach auf die Zielscheibe gestarrt die jetzt neben mehreren verbitterten Versuchen gänzlich durchlöchert war, ein stolzes Messer in seiner Mitte stecken sah. Es dauerte lange bis Kadar verstehen konnte was geschehen war aber langsam kehrte die Freude über diesen winzigen Sieg ein und jubelnd sprang er aus seiner Starre und rannte so schnell er konnte zu dem Baumstamm mit der Zielscheibe.
 

Voller Stolz blickte er auf das in der Sonne glänzende Metall und freute sich wie ein kleines Kind darüber das er endlich getroffen hatte. So schlimm wie sein Bruder das behauptete konnte es also gar nicht sein! Er brauchte nur mehr Übung dann würde er mit Sicherheit bald so perfekt Messer werfen wie die anderen, wenn nicht sogar so wie Meister Altair das immer tat der sogar inzwischen die Flugbahn eines....
 

Kadar stockte inmitten der Bewegung in der er die Scheibe abhängen wollte. Fassungslos blickte er auf die Mitte der rotweiß gestrichenen Holzscheibe in der noch immer sein Messer steckte. Seine dunklen Augen waren weit aufgerissen als er noch einmal im Geiste alles durchging was er in der Minute der Freude verdrängt hatte.
 

„Mein Messer...“ sagte Kadar leise durch trockene, spröde Lippen. „Es wäre vorbei geflogen... haarscharf aber es wäre vorbeigeflogen..“ Kadar blickte sich suchend um. Um ihn herum war nichts zu sehen. Niemand war der ihn bei seinen Übungen hätte belauschen oder beobachten könnten. Niemand auch im dichteren Gehölz nicht. Dennoch hatte Kadar jetzt umso mehr das Gefühl verloren allein zu sein.
 

Ein grelles Blitzen im Unterholz nicht weit vom Wurfplatz brachte dann die Antwort. Kadar bückte sich und zog ein weiteres, im Boden steckendes Wurfmesser hervor. Die Wurfmesser in Masyaf sahen eigentlich alle gleich aus bis auf wenige Unterschiede. Kadar blickte stumm auf das Messer das er nun in seinen Händen hielt. Es konnte sich aber um keines seiner Messer handeln die er zum Werfen gebraucht hatte. Noch immer steckten zwei Messer in ihren Halftern während die anderen entweder sich in den Baum gefressen hatten oder um den Stamm herum verstreut lagen.
 

Erneut kam ihm ein Gedanke auf der die einzige mögliche Lösung brachte und diese Lösung ließ ihm einen eiskalten Schauer den Rücken hinunter jagen.
 

Altair Ibn La-Ahad hatte es einmal geschafft und seitdem hatte er an dieser Technik gearbeitet wenn ich m langweilig war. Eigentlich brachte sie ihm auch nichts da er sich im Kampf sowieso am Ende auf sein Schwert und seinen verborgenen Dolch verlassen konnte. Dennoch hatte man den jungen Mann immer wieder vor den Zielscheiben in Masyaf herum hüpfen sehen wie einen durchgedrehten Hahn. Die anderen hatten sich schon lange lustig darüber gemacht was Altair da mit seinen Wurfmesser veranstaltete aber bald schon, als die ersten angefangen hatten nachzufragen lüftete der sonst eher verschlossene Assassine sein Vorhaben.
 

„Ich ändere die Wurfbahn eines Wurfmessers mit einem anderem Wurfmesser.“ Hatte er mal im Vertrauen Malik und seinem Bruder erzählt.

„Ist das denn überhaupt möglicht?“ Fragte Kadar ungläubig nach der das gar nicht glauben konnte, genauso wenig wie sein Bruder das wahrhaben wollte. Dieser lachte hämisch und blickte wie immer es seine Art war, wenn Altair dabei war etwas Neues auszuprobieren, fast schon von oben auf ihn herab. „Das funktioniert doch nie! Beweis es!“

Zuerst wollte Altair aber nichts vorführen aber jetzt wo er schon davon angefangen hatte musste er es auch zu Ende bringen.
 

Sie hatten sich eines der Übungsfelder in der Unterburg von Masyaf eingefunden. Über einen Steilhang waren sie auf ein separates Plateau gegangen wo die anderen Assassinen in der Waffenkunde wie auch im Reiten unterrichtet werden konnten. Hier waren sie über die Mittagszeit ungestört da die pralle Sonne Syriens über ihnen schien und keine einzige Wolke sich ihnen erbarmen wollte dazwischen zu gehen um etwas Schatten zu spenden. Um diese Zeit waren die Felder einer der heißesten Orte in Masyaf und damit junger mustadschib aus den Stiefeln fallen konnte, wurde um diese Uhrzeit meistens der Unterricht der jungen Schüler in der kühlen Burg fortgesetzt.
 

Nun aber hatten sich die drei Assassinen auf einem Feld versammelt, in dem man fünfzehn dicke, schwere Baumstämme senkrecht in die Erde gegraben hatte, die ebenfalls mit Zielscheiben versehen wurden. Hier konnte Altair beweisen was er schon lange geübt hatte.
 

Altair hatte mehrere Wurfmesser in seinem Haft mit einem schmalen, dünnen weißen Tuch umbunden damit man sie von den anderen unterscheiden konnte die Malik bald werfen würde.
 

Malik stellte sich geradeaus vor den Baumstamm in guter Entfernung hin welchen er als sein potenzielles Ziel auserkoren hatte. Sein typisches Grinsen hatte bis zu diesem Zeitpunkt die ganze Zeit über angehalten und wahrscheinlich dachte er das es bis heute Abend und noch viel länger anhalten würde wenn er an seinen Triumph über seine Rivalen nachdachte.
 

Altair dagegen hatte sich mit seiner ewig verschlossenen Miene in einem Winkel von fast fünfundvierzig Grad zu Malik aufgestellt und prüfte den Wind indem er seinen Finger anleckte und ihn prüfend in die Luft streckte. Noch immer wehte der leichte Nordwestwind der heute Morgen angefangen hatte zu blasen und Altair konnte sich in einem noch viel engeren Gradwinkel aufstellen.
 

Das einzige Problem bei diesem Manöver war eindeutig den Wurf des anderen abzuwarten. Altair war sich dessen bewusst das seine Idee eigentlich keinen wirklichen Gebrauch für die Praxis hatte aber für Assassinen die sonst alles beherrschten was man versuchte ihnen beizubringen kam es gerade gelegen um die Langeweile zu vertreiben. Noch dazu war es eigentlich vollkommen sinnlos die Flugbahn zu verändern und Altair hatte es auch nur selten geschafft wenn ihm einer der verschwiegeneren fida´is dabei geholfen hatte. Er musste es noch einmal schaffen sonst konnte er sich schon mal auf wochenlanges Gespött seitens Malik einstellen und dann konnte sich Altair genauso gut freiwillig aufhängen!
 

„Seid ihr bereit?“ Rief Kadar zu den beiden herüber der sich in sicherem Abstand einen Zuschauerplatz ergattert hatte. Insgeheim drückte er Altair die Daumen und flehte Allah an er möge ihm beistehen. Nicht das er etwas gegen seinen Bruder hatte aber Altair dabei zuzusehen wenn er seinem älteren Bruder Malik zeigte was eine Harke ist, konnte man sich darauf verlassen das alles was der Elite-Assassine tat Hand und Fuß hatte.
 

„Von mir aus können wir! Altair?!“ Malik sah mit einem süffisantem Grinsen zu dem anderen hinüber der die ganze Zeit auf Malik und auf den Baumstamm geachtet hatte und erneut gab er kaum einen Laut von sich. „Altair! Dumm kucken wird dir in einem Kampf nicht helfen!“ Rief Malik schallend lachend zu ihm herüber, aber noch immer regte sich nichts in Altairs Miene, noch machte er Anstalten sich in Stellung zu bringen. „Wenn ich den Dolch erst einmal geworfen habe kannst du dich auch davor werfen Altair aber das wir dann schon das einzige sein was ihn an seiner Flugbahn hindern wird!“
 

Altair blieb wo er war, hielt das Wurfmesser in seiner rechten Hand und blickte starr auf die beiden wichtigsten Dinge die er im Moment zu sehen konnte. Seine Gedanken jagten sich hinter seiner Stirn und er wusste das auch nur der kleinste Fehler alles zunichte machen konnte. In einem Kampf wäre er längst tot weil er so lange brauchte um seine Strategie zu überlegen aber hier ging es nicht um Schnelligkeit sondern um Präzision.
 

„Na gut! Dann werfe ich jetzt!“ War noch das letzte was Malik zu ihm geschrien hatte während er weit ausholte mit seinem Arm und dann das Messer mit seinen besten Empfehlungen und all seinen Hoffnungen über einen kleinen Sieg losschickte.
 

Kadar hatte damals mit angehaltenem Atem zugesehen als sich die wohl besten Assassinen in ganz Syrien ein stilles Duell lieferten. Um nichts in der Welt hätte er so eine Auseinandersetzung verpassen wollen. Jedes Mal wenn sein Bruder und Altair sich miteinander verglichen kam es am Ende zu solchen Wettkämpfen. In einer Mission schenkten sie sich nichts, wenn möglich halfen sie sich sogar nur in den nötigsten Fällen ansonsten war jeder auf sich allein gestellt. Fast schon wie Todfeinde kamen sie einem vor und dennoch wusste jeder das die beiden zusammen arbeiten konnten wenn es die Situation erforderte. Schließlich hatten sie schon einige Male bewiesen das sie in der Lage waren ganze Heerscharen kopflos werden zu lassen. Niemand vermochte es die beiden, wenn sie denn zusammen hielten wie Pech und Schwefel zu stoppen, jedenfalls in einem Kampf.
 

Kadar bewunderte das schon immer. Fast wie zwei Körper die von einem Geist gelenkt wurden. Diese ´innere Verbindung´ hatte dafür gesorgt das Altair fast gleichzeitig mit Malik sein Messer abschickte und mit einem klirrenden Zischen waren die beiden geschliffenen Eisen kurz vor dem Ziel aufeinander gestoßen. Maliks Messer hatte sich noch im Flug mehrere Saltos geschlagen bis es mit der Seite an das Ziel klatschte und dort einfach zu Boden fiel. Auch Altairs Messer drehte sich in der Flugbahn kurz, zischte dann aber kurz mit einem schmatzen in den Rand der Zielscheibe neben dem zuerst erwählten Baumstamm, wo die Klinge auch stecken blieb.
 

Zuerst hatten Kadar und sein Bruder an eine Fatahmorgana geglaubt die von der prallen Sonne herrührte aber auch als sie näher kamen veränderte sich das Bild nicht. Maliks Messer lag noch immer vor dem Baumstamm im staubigen Boden auf dem Plateau des Übungsfeldes während Altairs Klinge in der Zielscheibe daneben steckte, zwar im Rand aber immerhin steckte sie dort fest.
 

Kadar konnte sich noch gut daran erinnern wie Malik Altair einen „Hexer“ und „Zauberer“ genannt hatte was wiederum Altair heute nun zum Lachen brachte. Er und ein Hexer? Mitnichten!
 

Altair hatte ihnen nie genau erklärt wie er auf so eine Idee gekommen war oder wie lange er gebraucht hatte um sie wirklich zu verbessern. Altair war noch nie sonderlich gesprächig gewesen wenn es um seine eigenen Person ging und von daher behielt er auch das Geheimnis der fliegenden Dolche für sich.
 

Kadar jedenfalls hatte es nie vergessen. Weder den Wutausbruch noch das tagelangen wutentbrannte Zischen das sein großer Bruder von sich gab wenn er seinen Konkurrenten irgendwo sah oder er dessen Namen irgendwo hörte. Kadar konnte auch nicht die Miene von Altair vergessen die er gezogen hatte als er von Malik wüst beschimpft wurde wie es sonst eher der selten der Fall war. Altair hatte nur den Kopf gesenkt und so etwas wie „Wer kann, der kann.“ Gemurmelt. Danach war er zu dem Baumstamm gegangen und hatte sich sein Wurfmesser mit dem weißen Band um den Knauf zurück geholt und war von dannen gezogen, den immer noch vor Wut aufbrausenden Malik hinter sich.
 

Kadar hatte damals wie noch nie zuvor Bewunderung für Altair empfunden. Anders als sein Bruder der offenbar schon seit langem eine kleine Eifersucht gegen Altair und seine Talente hegte, hatte es sich Kadar zur Aufgabe gemacht mindestens genauso gut zu werden und wollte mit aller Kraft daran arbeiten eines Tages es mit seinem Bruder und Altair aufnehmen zu können. Dafür war er auch heute in den Wald gegangen der in der Nähe von Masyaf dichter war damit ihn niemand so leicht entdecken und stören konnte. Dennoch schien es so als habe ihn hier jemand gefunden und offenbar war ihm nicht entgangen wie Kadar langsam die Lust an allem verlor, an sich und an seinen Techniken. Kadar konnte es nur vermuten aber Altair hatte mal erwähnt das er von Zeit zu Zeit die Gegend um Masyaf erkundete wenn ihm danach war. Konnte es vielleicht sein das....?
 

Noch während Kadar durch das Tor, dass die Burg Masyaf von dem umliegenden Dorf trennte, hindurchschritt hatte er auf das Messer in seinen Händen geblickt das ihm quasi vom Himmel geschickt worden war. Er hatte kurz darauf versucht Altair zu finden aber dieser hatte keine Zeit da Al Mualim ihn sehen wollte für eine wichtige Aufgabe und danach hatte sich eigentlich nie so wirklich eine Gelegenheit ergeben für den jungen Assasinen.
 

Kadar hätte auch nicht wirklich gewusst was er dem anderen sagen sollte. Danke? Für was? Das er gesehen hatte das sich Kadar kein bisschen mehr verändert hatte? Das er noch immer genauso mies Messer warf wie ein blutiger Anfänger? Besser nicht.
 

Trotzdem hatte Kadar bei seinen nachfolgenden Aktionen und Aufgaben sich niemals von diesem einen Messer trennen können. Er hatte es immer mit sich getragen, meistens im Stiefel damit es ihn nicht behinderte wenn Kadar laufen musste. Kadar hatte in dem Messer eine Art Mahnmal gesehen das ihn immer daran erinnert wie weit er es noch hatte bis er sein Traum sich erfüllte.
 

So war es auch als Kadar davon erfuhr das Altair wohl bei einer seiner vielen Missionen gescheitert war, dass er traurig an das Messer zurück dachte, dass er nun in einer ledernen Scheide in seinem Gürtel bei sich trug und ihn an jenen Augenblick im Wald zurück erinnerte. Wenn Altair tot war, dann würden sich hier in Masyaf bald einige Dinge ändern, soviel war schon mal sicher.
 

Es gab einige Männer die schon lange gegen Altair und seinen Status bei ihrem Meister gewettert hatten und nun sahen sie sich erfolgreich in ihren Verwünschungen. Altair Ibn La-Ahad würde nie wieder zurück kehren, so konnten sie jetzt endlich damit anfangen ihre eigenen Künste zu verbessern. Der hohe Standard den die Ausbilder in die Knaben setzte war gesenkt worden weil Altair immer als glänzendes Beispiel voran gegangen war und den Kindern schon hin und wieder Unterricht geben musste wenn man mit ihm nichts anzufangen wusste und Al Mualim keine Aufgabe für ihn hatte.
 

Die meisten freuten sich förmlich das der griesgrämige fida´i endlich verschwunden war da es nun vielleicht etwas heiterer werden konnte. Sicher hatten sie alle hier eine wichtige Aufgabe zu erfüllen aber immer wenn man in Altairs Miene blickte konnte man meinen das morgen die Welt unterginge. Sogar wie er die Gelehrten, die da´i angesehen hatte, hatte meistens ausgereicht das man wütend auf ihn wurde.
 

Doch endlich konnte man sich in Sicherheit währen. Endlich konnten andere Männer an die Macht kommen und vielleicht war einer unter ihnen der es zum neuen Favoriten brachte? Immerhin wurde der nächste Sheik zwar von allen irgendwie bestimmt aber die Meinung der da´i und vor allem der Meinung und dem Einfluss von Al Mualim zählten am meisten von allen.
 

Gerüchte besagten das es auch gut sein konnte das Alamut bald einen neuen Anwärter auf diesen Posten schicken würde wenn Al Mualim zu keiner Einigung kam. Immerhin war dies ein wichtiger Posten und Masyaf gehörte mitunter zu den größten Assassinenburgen die im syrischen Reich bekannt waren. Allein schon der Gedanke das sie Führerlos zurück blieb. Die Männer würden sich untereinander die Köpfe einschlagen und so blieb Al Mualim wohl nichts anderes übrig als noch zu Lebzeiten dafür zu sorgen das ein Nachfolger bestimmt würde und das möglichst bald denn niemand wusste wann Allah einen zu sich rief.
 

Jemand der die ganze Zeit nur darauf gewartete hatte, war im Begriff einen der kleineren Türme von Masyaf zu besteigen indem er über die schweren, in Stein gehauenen Treppen hinauf ging. Immer höher stieg er in dem mächtigen Gebäude das sich wie ein Titan über die Burg erhob und doch nicht größer war als seine zwei anderen Brüder.
 

Sein schweres Gewand schliff dabei scharrend über die schweren Treppen und wurden schmutzig dabei als sie über den staubigen Boden glitten. Hier oben hatte man wohl lange nicht mehr sauber gemacht. Die unteren Stockwerke waren besser in Schuss gehalten.
 

Mit mürrischer Miene stieg der Mann, dem die hohe Stirn mit der langen, geraden Nase und den hohen Wangenknochen ein ehrwürdiges Ansehen verlieh, die Treppen immer weiter hinauf. Licht fiel nur durch winzige Finster die eigentlich mehr den Schießscharten ähnlich sahen und spärlich Sonne hinein ließen. Dennoch kannte der Mann seinen Weg dessen kaffiyeh mit einem silbernen Kettchen versehen war. Seine kantigen Hände, die ebenfalls mit schweren Siegelringen verziert waren, glitten das kalte, spröde Mauerwerk entlang während er langsam in immer weitere Höhen hinauf stieg. Fast schwarze Augen blickten erbarmungslos aus ihren Augenhöhlen heraus als ob er mit seinem Blick jemanden durchbohren wollte. Seine buschigen schwarzen Augenbrauen die ihm sogar noch über die Augen gingen sorgten dafür das er wie ein Abgesandter der Hölle wirkte wenn er so finster dreinblickte aber das war ihm persönlich einerlei.
 

Seine Lippen fest aufeinander gebissen sah man fast nur noch eine gerade Linie die sein Mund zog und wie von einem Dolch in sein Gesicht gezogen wirkte. Man konnte ihm deutlich ansehen das er einen launenhaften Charakter hatte dem so leicht kein Verfehlen durchging und der die Gesetze und Regeln in Masyaf streng verfolgte.
 

Er gehörte zu den wenigen Männern hier in Masyaf die lange darauf gewartet hatten das Altair endlich in einer Mission seinen Tod fand. Nun konnten endlich wieder die Regeln etwas geändert werden, eine Aussicht die dem strenggläubigen Mann mehr als nur gefiel.

Altair war ihm schon lange ein Dorn im Auge aber da dieser unter dem persönlichen Schutze Al Mualims Stand konnte er nie wirklich etwas gegen ihn ausrichten da die anderen Assassinen ihrem Bruder kaum ein Haar krümmen würden, dafür schätzten sie ihn entweder zu sehr, hatten zu große Angst vor ihm oder sie waren nicht vertrauensfähig.
 

Der Mann mit den starrenden Blick und dem gestutzten Bart erreichte langsam seinen Ankunftsort. Er war nun im obersten Teil des Turmes und stand vor einer Holztür mit schweren Eisenverschlägen. Hier oben war man eine Zeit lang vor Angreifern sicher da die Tür aus massivem Holz bestand und es nur diese eine Zugangsmöglichkeit von außen bestand. Die Mauer des Turmes an sich bot nur wenig Halt für die geübten Kletterer in Masyaf waren auch sie ein unüberwindbares Hindernis.
 

Ein leises Scharren hinter der Tür machte ihm deutlich das man sein Kommen schon erwartet hatte und aus der Tür löste sich ein Stück Holz welches von innen zur Seite geschoben wurde. Kleine, verengte Augen blickten argwöhnisch durch das Fenster hindurch und begutachteten den Gast.
 

„Seid ihr allein?“ Fragte die Stimme von hinten von der man bislang nur das Gesicht erkennen konnte.

Der andere Mann nickte nur stumm. Der andere Mann hinter der Tür blickte ihn weiterhin prüfend an als wartete er auf ein Zeichen oder eine Regung die ihn verriet aber er blieb stumm vor der Tür stehen.

„Na gut, dann werde ich euch mal glauben...“ krächzte der andere Mann und schloss das kleine Fenster wieder und man hörte wie ein Eisenschloss herumgedreht wurde. Danach konnte man deutlich vernehmen wie schwere Holzriegel weggeschoben wurden bis sich endlich die Tür knarrend und quietschend öffnete.
 

Der Mann der seine Gast schon erwartet hatte war hinter der Tür als er seinen Gast begrüßte.

„Ich dachte ihr kommt heute nicht mehr, ehrenwerter Salamahr.“ Krakelte das Männlein hinter der Tür. „Ich hoffe doch ihr seid wirklich allein gekommen...“ Damit schloss er schon wieder die Tür und verriegelte sie erneut.
 

Der Mann den Salamahr heute zu sehen gedachte war der Alchemist von Masyaf und einer der klügsten Köpfe hier. Sein Antlitz, welches Lepra bis fast zur Unkenntlichkeit zerfallen ließ, verbarg er hinter weiten Gewändern und einem großen kaffiyeh wie ihn Salamahr ebenfalls trug, nur das der kleinere Mann fast gar nichts mehr sehen konnte wenn er ihm so gegenüber trat. Salamahr wusste das der von seiner Krankheit gestrafte Alchemist seine ganzen Tücher immer abnahm wenn er dabei war neue Mixturen und Tränke zu mischen die er in kleinen Reagenzgläsern auf eisernen Dreifüßlern köcheln ließ. Niemand wusste so genau ihre Wirkung außer der Alchemist selbst.
 

„Umayr,“ Fing Salamahr gleich and zog einen Beutel aus seinem langen Ärmel hervor den er dem anderen hinhielt. „Wie immer...“ Damit stellte er es auf einen der Beistelltische die nahe der unzähligen Bücherregale standen die hier nicht nur mit Büchern sondern mit ganz anderen Sachen angereichert waren. Salamahr sah allerhand fremdartiger Dinge die wohl so manchen in Staunen versetzen würde, wüssten sie von den Schätzen die der von Al Mualim geduldete Alchemist Umayr angesammelt hatte während er hier oben seine Zeit absaß bis er in andere Welten überging.
 

Da standen ausgestopfte Tiere neben unzähligen Steinen von denen einige sogar recht wertvoll erschienen und Gebeine von Mensch wie Tier lagen in den Regalen verstreut neben dem unglaublichen Wissen das man dem alten Mann hier zukommen ließ. Überall in der Kammer lagen Dokumente mit wirren Krakeleien darauf herum, stapelten sich auf dem großen Tisch der vor dem einzigen großen Fenster stand welches man extra für Umayr in die Mauer geschlagen hatte und jetzt mit langen Vorhängen abgedunkelt war. Reagenzgläser stapelten sich einer Ecke und warteten darauf abgewaschen zu werden. Meistens tat das die einzige Person die man Umayr als Kammerdiener zugewiesen hatte. Ein Mohr mit Krauskopf der als Sklave nach Masyaf aus dem fernen Nubien zu ihnen gekommen war. Auch ihm hatte man irgendwann entmannt und nun fristete er ein Dasein auf der Burg und musste alle Arbeiten verrichten die der Alchemist aufgrund seiner Krankheit nicht mehr ausführen konnte. Dazu gehörte unter anderem die Beseitigung seiner Exkremente, wenn Umayr das Glück besaß ordentlichen Stuhlgang zu haben da sein Magen schon lange nicht mehr seiner gewöhnlichen Arbeit nachging. Nguhr war der Name seines Kammerdieners und war gerade unten um die Reagenzgläser zu waschen damit Umayr sie wieder mit neuen, mystischen Substanzen füllen konnte.
 

Schlafen tat der Mann nur auf einem winzigen Bett das mit einem großen Vorhang vom Rest des Zimmers getrennt wurde. Salamahr hatte noch nie gesehen wie Umayr geschlafen hatte, noch interessierte es ihn wie das dürre Kerlchen sich seinen Schlaf holte. Es interessierte ihn auch nicht das Umayr gebleichte Menschenknochen an seiner Wand hängen sah und dabei war sich ein eigenes Skelett zusammen zu setzen welches er mit Bastschnüren zusammen hielt. Salamahr kümmerte es auch nicht das Umayr von allen hier auf der Burg teils verhasst und verschrieen war. Salamahr war wohl einer der wenigen Männer die sich noch mit der gleichen Strenge in der Stimme mit dem Leprabefallenem unterhalten konnten und das hatte ihm einen hohen Platz bei dem kleinen Mann eingebracht der sich in seinen Gewändern daran machte den Inhalt des Beutels zu begutachten den Salamahr ihn wie immer wenn er ihn mal besuchen kam mitbrachte.
 

Salamahr unterdessen setzte sich auf einen der kleineren Schemel an den Tisch und blickte auf ein schon bereit gestellte Teekanne die herrlich nach frischen Kräutern und Minze duftete. Auf einer offenen Feuerstelle sah man noch reste von Glut eines nicht lange zurück liegenden Feuers. Kam jemand mal der sich wirklich für den Mann interessierte, so würde er festlich bewirtet.
 

Umayr war mehr als nur begeistert von dem was ihm gebracht wurde. Neue Steine neben den verschiedensten Wurzeln die in kleineren Beuteln gepackt waren wo ein Zettel dabei stand wo sie gefunden wurden und ob sie schon bekannt waren oder nicht. Daneben erkannte er noch weitere kleiner Flaschen die gerade mal so lang waren sie sein Daumen und genauso dick waren und sein so lang gesuchtes Schlangengift enthielten.
 

Umayr interessierte sich schon lange für die giftigen Kriechtiere und bislang hielt ihn nur davon ab eine zu halten das er seinen Kammerdiener nicht traute und dieser sie nur umstoßen würde. Umayr mochte in manchen Augen nicht mehr ganz dicht wirken, was Umayr ablehnen würde aber eines gab er offen zu: er vertraute so schnell niemandem.
 

„So-ho...“ Kicherte der Mann hinter seinen Laken und nahm den Beutel mit zu seinem Tisch. „Dann lasst hören was in Masyaf so vor sich geht und in der weiten Welt. Dreht sich die Sonne immer noch um die Erde oder glaubt endlich jemand das es die Erde ist, die um die Sonne kreist?“ Damit war ein weiterer Grund geklärt warum man dem Alchemisten nicht wirklich leiden konnte. Er stellte Dinge in Frage die eben außer Frage standen und somit über alles erhaben waren.
 

Salamahr ging deswegen schon gar nicht mehr auf diese Bemerkung ein und schob ihm nur seinen fein verzierten Keramikbecher hin damit dieser befüllt werden konnte. „Al Mualim hat noch immer keine Namen genannt.“ Sprach er leise mit einer tiefen Stimme das man meinen könnte sie käme aus einer dunklen Höhle.

„Nun, ist sein Favorit nicht erst vor einigen Tagen gestorben?“ Fragte Umayr während er die Kanne nahm und seinem Gast einschenkte. „Ist es da nicht üblich um den ersten Kandidaten zu trauern?“

„Al Mualim trauert nicht, er weigert sich nur zu glauben was allen hier längst klar ist.“ Brodelte Salamahr wütend während er den Becher wieder dankend annahm. „Altair ist tot und ich weiß nicht wie oft ich mich noch dafür beim Allmächtigen bedanken muss.“

Diese Aussage bewirkte das Umayr zu lachen anfing. Es hörte sich blechern an und schmerzte in den Ohren. Ein unwirkliches Kichern von einem kleinen Kobold wie ihn einige hier noch nannten. „Ich weiß schon,“ kicherte er vergnügt. „Ihr konntet dem Favoriten nie etwas abgewinnen... weil er als einer der wenigen Niederen keine Angst vor euch gezeigt hat, nicht wahr?“ Erraten! Das war mitunter einer der Gründe warum Salamahr Altair nicht ausstehen konnte. Altair hatte keine Angst vor dem Mann gehabt was diesen ungemein gestört hatte vor allem weil er wusste das es der Favorit von Al Mualim war den er nicht beeinflussen konnte.
 

Wütend nahm er einen Schluck aus seinem Becher und dachte weiter darüber nach. Altair Ibn La-Ahad und er hatten es nie wirklich geschafft sich anzufreunden und irgendwann war er dem Assassinen von dem es hieß, er könne eines Tages Masyaf führen, einfach aus dem Weg gegangen.
 

„Es gibt nicht viele hier die euch die Stirn bieten können, Salamahr. Das kommt davon wenn man sich so einen Charakter wie ihr ihn besitzt zurechtlegt.“ Umayr hatte schon oft von seinem Gast gehört wie sehr er Al Mualims Liebling hasste weil dieser es gewagt hatte vor den anderen seine Meinungen und seine Ansichten in Frage zu stellen. Missionen die sicher geplant wurden waren umgestoßen worden, weil ein Mann meinte es besser zu wissen als andere- allein dafür schon hätte Salamahr ihm am liebsten den Dolch in die Brust gerammt.
 

„Altair hatte ebenfalls allen Grund euch zu hassen, mein verehrter Salamahr.“ In seinem Bestreben die Gifte in einem besseren Licht zu betrachten hob der alte Mann sie an und drehte sie zwischen seine langen spindeldürren Finger deren Finger längst schwarz waren von den vielen Chemikalien die er seiner Haut ständig zuführte. „So wie es mir zugetragen wurde, habt ihr beide es nicht gerade an Uneinsicht mangeln lassen.“

„Darum geht es mir nicht Umayr! Dieser Bengel ist nichts weiter wie ein heimatloser Bengel gewesen als er zu uns kam ohne jegliche Herkunft noch das wir wussten wer seine Eltern überhaupt waren! Ein Bettelkind ohne Zugehörigkeit das man genauso gut hätte an Ort und Stelle erschlagen können aber nein! Al Mualim gewährt diesem wandelnden Flohzirkus Zuflucht und Schutz und nimmt ihn dann später sogar unter seine persönliche Fittiche! Umayr, ihr wisst genau wie ich was damals los war als der Meister dem Huddscha und den da´i verkündete das sie den Knaben fortan als einen der ihren betrachten sollten! Ein Skandal so etwas...“

Umayr wiegte seinen Kopf leicht hin und her und dachte darüber nach was Salamahr so offenkundig bestürzt hatte und noch heute an ihm knabberte. Er wusste das Salamahr eigentlich damit gerechnet hatte das man seinen eigenen Sohn, Barir Ibn Salamahr, diese Ehre zu Teil werden ließ aber mitnichten. Der kleine Altair wurde stattdessen unter Al-Mualims persönliche Pflege und Obhut genommen was für alle damals völlig unverständlich war. Niemand wusste warum sich der Alte vom Berge plötzlich persönlich um die Erziehung eines normalen Anwärters kümmern wollte aber allein schon aus Respekt wagte niemand diese Entscheidung in Frage zu stellen.
 

„Zugeben, ich weiß das damals einige empört darüber waren das Al Mualim sich auf einmal mit so etwas wie Kindererziehung beschäftigte aber nicht verwunderlich.“ Sprach dann Umayr im leisen Tonfall während sein Blick weiterhin auf die Gläser gerichtet war. „Immerhin hatte er, als ich noch mit ihm im Alamut zusammen studierte, selbst heimlich eine Frau und angeblich sogar Kinder.“

„Was?“ Salamahr wäre fast der Becher aus der Hand gefallen als er hörte was Umayr gesagt hatte. „Al Mualim hatte Kinder? Ihr beliebt zu scherzen!“

Umayr aber legte ganz ruhig seine Fläschchen wieder zurück in ihren Beutel und flinke Finger verschlossen diese dann. „Es war nur ein Gerücht, Salamahr. Ich bitte euch, legt nicht allzu viel Wert in solch dummes Gerede.“

„Aber dummes Gerede muss doch irgendwann seinen Ursprung genommen haben.“ Schlussfolgerte der Mann mit den starren Augen die jetzt ganz auf Umayr gerichtet waren. Dieser seufzte nur schwer und nahm einen Schluck aus seinem Becher während er mit geschlossenen Augen darüber nachdachte was er wohl am besten als nächstes sagte. „Niemand,“ Fing er langsam an als er abgesetzt hatte. „Wusste genaueres darüber und immerhin geht unser ehrenwerter Meister schon auf die sechzig zu, Allah möge ihn noch lange bei uns lassen aber seine Kinder müssten dann jetzt schon alle Erwachsen sein genauso wie seine Enkelkinder, wenn es denn welche gibt.“

„Und auf einmal taucht ein kleiner Bengel auf kurz nachdem wir die Burg wieder bezogen haben und Al Mualim stellt ihn unter seine persönliche Aufsicht? Haltet ihr das für Zufall? Er kannte den Jungen damals überhaupt nicht.“

„Aber den Mann der ihn mit den besten Empfehlungen dem Eunuchen der über das Paradies wacht, übergab.“ Sprach Umayr weiter der sich noch gut daran erinnern konnte denn in der Zeit als Altair auf die Burg kam, hatte er sich selbst hier oben in seinem selbstgewählten Kerker zurück gezogen. „Altair wurde von Rahib gebracht, dem damaligen Favoriten Al Mualims.“

„Rahib... Eigenartig mir sagt der Name nichts.“ Salamahr legte seine Finger an seinen Bart und strich sie glatt während er weiter über den Namen nachdachte der ihm absolut nichts sagen wollte.

„Rahib war damals ebenfalls ein bemerkenswerter fida´i. Ihr wart damals zu der Zeit auf eurer Pilgerreise mit eurem Sohn nach Mekka, wenn ihr euch daran noch erinnern könnt. Birar ist doch fast im gleichen Alter wie Altair, nicht wahr?“

„Fürwahr, das stimmt.“ Salamahr wusste noch nicht wirklich etwas mit dieser Information anzufangen nach der wohl schon längst hätte Fragen können.

„Rahib war vielleicht gerade mal fünfzehn als man ihn in den Rang eines fida´is hob. Auf Alamut hat das ganz schön für Aufregung gesorgt. Immerhin geschah die meisten Initiierungen immer in einem späteren Alter und das es jetzt ein so junger Mann geschafft hatte war damals ein großes Ereignis.“ Umayr spielte mit seiner Tasse und drehte sie verträumt hin und her als er sich noch an die guten alten Zeiten erinnerte in denen er noch nichts von seinem grausamen Schicksal wusste das ihn bald heimsuchen würde.

„Ich weiß noch wie alle gefeiert haben als Rahib gleich seine erste Mission erfolgreich zu Ende geführt hatte... Altair... wann war das noch mal.. Ich glaube, es war kurz bevor Al Mualim den Befehl erhielt hier in Masyaf wieder eine Festung zu errichten um den Einflussbereich der Assassinen zu verstärken... Ja ja... die gute alte Zeit.“

„Und was hat der Meister jemals zu euch gesagt?“ Fragte Salamahr plötzlich mit einem Argwohn in der Stimme der ihn völlig kalt wirken ließ und Umayr sah ihn skeptisch zwischen allen seinen Gewändern an.

„Warum fragt ihr mich das? Altair ist längst tot und an alle Details kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch das Rahib sehr an dem Jungen gehangen hat und das er sich immer um ihn kümmerte. Er hat ihn sogar adoptiert soweit mir bekannt ist aber der Rest...“

„Warum heißt Altair dann ´Ibn La-Ahad´ wenn er doch angeblich einen Vater hat?“ Fragte Salamahr nach dem sich hier völlig neue Welten eröffneten.

Umayr dagegen schüttelte seinen Kopf das die Bänder hin und herflogen die seine Tücher festhielten. „Wir reden nicht davon und Al Mualim hat verboten Rahibs Namen laut auszusprechen. Altair durfte sich nicht nach seinem Adoptivvater nennen weil es Al Mualim verboten hatte.“

„Dann muss Rahib ein schwerwiegendes Verbrechen begannen haben wenn er soweit verbannt wurde.“

„Richtig. Es w a r ein schreckliches Verbrechen und bis hier her werde ich euch auch nichts weiteres erzählen. Es ist immerhin schon fast über zwanzig Jahre her und an alle Kleinigkeiten kann ich mich nicht mehr so genau erinnern.“

„Aber sonst könnt ihr euch doch auch alles merken!“ spottete Salamahr wütend über den Alchemisten, dieser aber lachte über den kläglichen Versuch ihn zu reizen.

„Natürlich könnte ich euch mehr versprechen aber ich habe Al Mualim schwören müssen nie wieder darüber zu sprechen, so wahr mir Allah beistünde. Es ist ein totes Geheimnis und solange niemand darüber redet kann Rahib auch nicht mehr aus seinem Grab emporsteigen und Rache nehmen.“

„Verstehe... Ein Verbrechen das so schwerwiegend ist das sogar ihr es totschweigt.“

„Natürlich, was denkt ihr von mir? Ich sehe euch vielleicht als einen meiner wenigen Vertrauten aber Al Mualim ist mein Herr und Meister, ihm schulde ich mehr Rechenschaft als euch. Was also würdet ihr an meiner Stelle tun?“

„Sicher, mir ist klar das euch euer Schwur bindet aber interessant war es dennoch.... Selten kann jemand so gewissenhaft und ehrlich aus dem Nähkästchen plaudern wie ihr es vermögt.“

„Habt vielen Dank Salamahr... Nun aber haben wir auch schon genug getratscht! Kommen wir zum geschäftlichen, ihr habt doch sicherlich wieder etwas für mich zu tun oder?“ Er kicherte vergnügt. „Um was geht es denn diesmal oder habt ihr mir aus reiner Nächstenliebe die vielen verschiedenen Schlangengifte mitgebracht?“

„Mitnichten. Ihr sollt mir ein Gift zubereiten das ich dringend benötige.“

„Ein Gift? Nun, dass überrascht mich nicht im geringsten da ihr euch mit mir einen richtigne Experten zu Rate gezogen habt, nun lasst mal genau hören was euch vorschwebt.“
 

Selbst als Altair wieder zurück bei den anderen war spukten ihm immer noch die gleichen Bilder durch den Kopf und ohne das er etwas dagegen hätte unternehmen können musste er sich immer wieder daran zurück erinnern was er gesehen hatte.
 

Würde jemand erfahren was er da gerade gesehen hatte konnte er wohl bald sich von dieser Welt verabschieden und wahrscheinlich kannten die anderen Männer das Geheimnis der ominösen Schönheit nicht sonst müsste sie sich nicht so verkleiden.
 

In Altair reifte der Wunsch heran jemanden danach zu fragen. Herausfinden warum so ein Geschöpf es nötig hatte sich unter all diesen Bettlaken zu verbergen wo es doch mit seiner Schönheit locker die meisten Frauen ausstechen konnte die Altair bislang gesehen hatte.
 

Altair Ibn La-Ahad versuchte so gut es eben ging die Bilder aus seinem Kopf zu bekommen aber jemand wollte das er sie immer und immer wieder durchlebte wie als würde man ein Buch an einer peinlichen Stelle aufschlagen und dort immer wieder nachlesen was geschehen war. Der junge Assassine fühlte sich aber immer noch etwas unwohl weil er einer Frau dabei zugesehen hatte wie sie ihren Körper wusch. So etwas gehörte sich einfach nicht und es wiedersprach allem was man ihm an Anstand beigebracht hatte!
 

Altair schüttelte seinen Kopf als könnte er so die Bilder aus seinem Kopf besser vertreiben und immer und immer wieder fragte er sich, ob er jetzt wohl völlig den Verstand verloren hätte. Immerhin waren solche Gedanken die letzten die er gebrauchen konnte! Oberstes Ziel war es erst einmal gesund zu werden und dann musste er irgendwie von hier verschwinden, komme was da wolle! Das war das allerwichtigste überhaupt! Zurück in Masyaf würde sich schon wieder alles klären und niemals wieder wollte Altair in so eine Lage geraten! Vorher machte er freiwillig unterste Arbeiten wie Stallmausmisten oder dergleichen.
 

„Ich glaube, die Sonne hat unserem Freund nicht sonderlich gut getan.“ Hörte er plötzlich unter seiner Augenbinde durch die man ihm wieder aufgesetzt hatte.

„Wie kommst du darauf?“ Fragte eine andere dunkle Stimme die Altair inzwischen schon als den Klippenspringer Dastan kantne.

„Na, kuck ihn dir mal an! Ganz blass ist er um die Nase herum aber der Rest vom Gesicht ist knallrot! Hat er sich einen Sonnenbrand geholt oder was?“ Altair spürte eine starke, kräftige Hand die sich auf seine Stirn legte die unter einem kaffeya versteckt war. Sofort zog er seinen Kopf vor der Hand weg was die andere Person zum lachen brachte.

„Ich glaube er hat sich was eingefangen Leute. Seine Stirn ist auch total heiß!“

„Mach dir mal keine Sorgen, es geht ihm schon gut.“

„Woher willst du das wissen Rayhan?“ mischte sich plötzlich wieder die Stimme des Franzosen ein den hier alle nur „Amiz“ nannten weil sie mit seinem französischem Namen Probleme hatten und er sowieso seinen neuen Namen lieber hörte als den alten. Amiz hatte sich neben den Jungen gestellt der Altairs Stirn gefühlt hatte.

„Raouhl macht sich offenbar auch Sorgen um den Neuen.“ Sagte eine herrische Stimme von hinten. Raouhl war inzwischen wieder angezogen und trabte nun neben den anderen stillschweigend her, nicht aber Altair auch nur eine Minute aus den Augen lassend. Sie, bzw. Er hatte ihn die ganze Zeit über fest im Blick und wollten ihn keinen Moment unbeobachtet lassen.

„Raouhl, lass ihn in Ruhe!“ kam es sofort gezischt von Rayhan herüber der noch immer nichts mit Altair anfangen konnte oder wollte, das würde sich wahrscheinlich auch beizeiten nicht ändern. „Wir sollen uns nur um ihn kümmern das er gesund wieder zurück kommt, ihn aber nicht unterhalten! Wajid kann ihn sich ja mal ansehen wenn es ihm nicht besser geht.“

„Ach, ich glaube so schlimm wird es schon nicht sein, oder Altair?“ Fragte Amiz freundlich und klopfte Altair mit der Gehstütze die er für den Verletzten trug freundlich auf den Rücken. „Sagt uns nur rechtzeitig bescheid damit wir euch helfen können. Wajid ist der beste Heiler des es hier im Umkreis von 100 Meilen gibt.“

„Er sollte auch gut sein, immerhin hat er dem alten Sultan als Leibarzt zur Seite gestanden.“ Schnarrte Dastan wieder dazwischen der nun die kalten Fässer schleppen durfte was bergab fast noch schwieriger war.
 

Sie hatten die Karren umgedreht und nun gingen zwei Männer hinten und hielten die Karren vorne an ihren Führungsstangen fest während nur ein Mann vor dem Karren ging und darauf achtete das die Holzfässer nicht herabfielen. Es war eine mühselige Arbeit und wahrscheinlich durften sie das in zwei Wochen wieder tun aber so hatten sie wenigstens mal alle etwas Ausgang vom harten Leben in der Berggemeinschaft.
 

„Wajid war mal Leibarzt von Sultan Ayub?“ Fragte einer der anderen Männer unglaubwürdig. „Wieso ist er dann hier? Ich meine, er sieht nicht so aus als hätte er etwas verbrochen weswegen er hier sein müsste, findet ihr nicht?“

„Vielleicht hat er jemanden aus versehen vergiftet...“ Grollte Dastan der noch immer nicht Wajid verziehen hatte das er ihm bei seiner letzten Untersuchung auf dem Rücken herumgesprungen ist was offenbar in einigen Ländern fern dieser Welt als heilend empfunden wurde. Dastan für seinen Teil hätte heulen können vor Schmerzen.
 

„Fragt doch Raouhl, der hängt doch immer mit den Älteren zusammen wenn wir bei der Jagd sind.“ Sagte dann plötzlich Khalil und zeigte auf den jungen Mann der immer noch hinter Kutaiba und Altair herging.

„Weißt du was darüber Raouhl?“ wurde er gleich von seinem großen Bruder gefragt. Raouhl fühlte sich mehr als unsicher und unwohl wenn er so von diesen Männer angestarrt wurde und räusperte sich kurz bevor er zu sprechen begann.

„Wajid hat imr nur gesagt das er seine Nachfolger ausgebildet hatte und das es danach keinen Platz mehr für ihn gab, weswegen er den Hof verlassen hatte. Mehr weiß ich nicht.“

„Der arme Wajid... Dabei ist er doch gar nicht mal so alt... Der alte Knabe müsste jetzt so sechzig sein, oder?“ Fragte einer der Männer die zusammen mit Rayhan ein Fass nach unten schleppten.

„Ich dachte der Kerl ist schon über die sechzig drüber?“ Fragte dann Amiz laut der so etwas ähnliches mal hatte läuten hören, sich da aber nicht so ganz sicher war.

„Jedenfalls ist der alte Sack älter als alle anderen im Dorf. Kein Wunder das wir ihm alles nachtragen müssen, irgendwann klappt er noch zusammen, wollen wir wetten?“

„Das ist nicht lustig Shamal!“ Fuhr Dastan den jungen Mann wütend an. „Macht nicht solche Witze über Wajid! Wir alle können dankbar sein das er hier ist sonst müssten wir wegen jeder Kleinigkeit ins Dorf laufen oder noch schlimmer, nach Akkon!“

„Ist ja gut Rayhan.... Wann geht es eigentlich mal wieder nach Akkon?“ Fragte Amiz amüsiert was mit einem von Dastan geknurrten. „Du gehst bald an einen ganz anderen Ort wenn du nicht deine Klappe hältst!“ quittiert wurde.

„Ich dachte Mustafa will das wir in den nächsten Wochen nicht mehr verreisen sollen weil König Richard zurück nach Akkon geht und so viel mehr Soldaten sich herumtreiben.“

„Stimmt, habe ich auch gehört,“ sagte Raouhl schnell um auf ein anderes Thema zu lenken. „Immerhin kommt der König der Engländer zurück, aufregend nicht? Hat ihn eigentlich einer von euch schon mal gesehen?“

Allgemeines verneinen bist auf den einzigen Franzosen in der Gruppe.

„Du hast schon mal den König von England gesehen?“ Alle starrten auf Amiz der klein und fein seine Hand erhoben hatte.

„Natürlich habe ich das! Was denkt ihr eigentlich war ich früher für ein Mensch?“

„Bestimmt kein Intelligenter....“ „Dastan!“ „Ist doch wahr...“

„Ach, du kennst doch Dastan!“ verteidigte Amiz seinen Freund. „Mit ihm ist es wie mit Templern: die wollen nur spielen und selbst wenn sie könnten würden sie nichts tun?“

„Bist du dir da so sicher Amiz?“

„RAYHAN! Er kuckt mich schon wieder mit diesem hinterlistigen Grinsen im Gesicht an! Ich werde die nächste Zeit bei dir schlafen, ja?“

Rayhan blieb fast stehen vor Schock und sah Amiz finster an. „Das wirst du schön bleiben lassen!“

„Na gut, dann verstecke ich mich eben bei Raouhl!“

„DAS wirst du gleich drei mal bleiben lassen!“ Fauchte Rayhan wütend zurück was Raouhl aber nur zum kichern brachte. „Ich warne dich wenn du auch nur einen Schritt in ih-„ „Was Rayhan damit sagen will ist folgendes,“ Half ihm schließlich Dastan aus der Misere. „Du kannst dich nirgendwo verstecken, mein französischer Dorftrottel ICH finde ich überall selbst wenn du dich im Schosse Salah ad´ Dins verkriechen würdest würde ich dich noch finden können!“

„Aber so etwas sagt man doch nicht Dastan! Das ist Gotteslästerung!“

„Nein ist es nicht.“ Erklärte einer der Männer. „Das wäre es nur wenn er behauptet hätte, dass du dich im Schosse Allahs verkriechen würdest.“

„Außerdem glaube ich auch nicht das jemand einen französischen Floh wie dich auf seinen Schoss lassen würde, freiwillig!“ knurrte Dastan. „Bleib mir vom Hals Amiz!! Fass mich nicht an!“

„Ach Dastan! Ich weiß doch das du im Grunde deines Herzens verrückt nach mir bist!!X3“ Amiz war wohl wieder in seiner „Ich-reize-Dastan-bis-er-platzt-Phase“ Die sehr gefährlich für ihn werden konnte vor allem als er versuchte den persischen Kämpfer zu umarmen.

„FASS MICH NOCH EINMAL AN UND WIR FEIERN DEINE BESCHNEIDUNG NACH DU PENNER!!“

„Dastan! Amiz! Hört jetzt auf!“ Versuchte Raouhl zu schlichten und warf sich todesmutig zwischen die einzelnen Parteien die betroffen waren. Es fehlte nicht mehr viel und Dastan würde von seinem Platz aus Amiz direkt an die Kehle gehen, so wütend blickte er den Franzosen an.

„Er hat doch angefangen!“ Brüllte Dastan wütend zurück.

„Kein Grund so herumzuschreien!“ Gab Raouhl zurück und auch Rayhan hatte sich jetzt hinter Dastan gebracht. „Beruhig dich wieder Dastan und du Amiz geh zu Kutaiba rüber und halt bitte für den Rest des Weges den Mund sonst können wir für dein Leben nicht mehr garantieren.“

„Ist ja gut.. Ich leiste einfach meinem Zellenkumpanen etwas Gesellschaft.“ Frohlockte Amiz und hüpfte fröhlich zu Kutaiba hinüber der immer noch Altair auf seinem Rücken trug.

„Irgendwann zerlege ich diesen Kerl noch in seine Einzelteile, so wahr mir Allah helfe!“ knurrte Dastan und schon waren die Gemüter wieder beruhigt.
 

Altair aber konnte sich nicht erinnern jemals einen so merkwürdigen Haufen zusammen gewürfelter Menschen gesehen haben. Sie widersprachen eigentlich fast allen Reglen und Formen die Altair jemals erlernt hatte. Vor allem der Franzose und der Perser schienen völlig von allen guten Geistern verlassen zu sein wenn sie sich so aufführten. Auf Masyaf hätte so ein Verhalten mit Sicherheit Konsequenzen gehabt.
 

Erneut kam ihm das Bild vom Wasserfall in den Sinn und er konnte sich gut vorstellen das seine Hautfarbe wieder in ein ungesundes Rot überging. Altair konnte nur noch beten das sein Körper sich zusammenhielt solange er hier auf dem Rücken des Mohrs saß und zurück getragen wurde. Der junge Assassine schüttelte seinen Schopf und versuchte schnell seinen Kopf mit anderen Dingen zu füllen als mit dem Bild einer im Wasser badenden Schönheit.
 

Langsam nervte es ihn das er dauernd an die Frau zurück denken musste von der er doch rein gar nichts wusste. Dieser ´Raouhl´ war also nicht der für den er ihn zu Anfangs gehalten hatte? Schön! Er hatte schon von Frauen gehört die sich die Haare abschnitten um dann in die Armee einzutreten. Angeblich sollte es ja sogar bei den Templern eine Frau geben aber selbst das waren nur Gerüchte auf die Altair nichts gab.
 

Nach weit gefasster Meinung aber sollten Frauen sich nicht um die Belange der Männer kümmern. Kriegsführung war etwas das allein den Männern vorbehalten war und Frauen passten da einfach nicht hinein. Frauen hatten zu Hause zu bleiben um sich um den Hof und die Kinder zu kümmern damit der aus dem Krieg zurück gekehrte Mann ein Zuhause hatte das ihn empfing. Allein schon der Gedanke das es Frauen gab die sich als Männer tarnten nur um als solche das kämpfen zu lernen...
 

Altair schüttelte sich noch einmal. Es war wohl Zeit das er einige seiner Sichtweisen überdachte. Immerhin schien hier nichts so zu sein wie er glaubte.
 

Sie gingen noch lange scherzend nebeneinander her, lachten und amüsierten sich über dies und jenes, sangen sogar ein paar Lieder aus der Heimat. Niemand schien sich dabei wirklich um den Assassinen zu kümmern der auf dem Rücken des Mohrs mit verbundenen Augen zurück getragen wurde. Die Männer unterhielten sich auch über die nächsten Wochen die sie hier in ihrem Bergversteck verbringen konnten da die Ältesten noch keine genauen Pläne vorhatten.
 

Das einzige woran sich Altair ebenfalls erinnern konnte war der Bericht den einer der Männer vortrug, dass wohl bald eine von Salah ad ´Dins Halbschwestern heiraten würde. Mustafa al Abbas freute sich wohl auf dieses Ereignis und hatte schon Andeutungen gemacht das er sich gerne zu den Festivitäten aufmachen würde um den Sultan und seinen Angehörigen seine Glückwünsche zu überbringen. Niemand aber wusste genaueres darüber und Mustafa, der hier so etwas wie der Sheik war, schuldete niemandem Rechenschaft.

„Wenn er es wünscht begleiten wir ihn.“ Hatte Rayhan geschnauft der damit beschäftigt war die Fässer sicher den Berg hinunter zu bringen. „Alleine werden wir ihn garantiert nicht losziehen lassen.“

„Meinst du wirklich das ihm etwas passieren könnte? Ich dachte die meisten Reisewege sind sicher.“ Meinte Shamal der neben ihm herging und darauf achtete das die Fässer nicht herunter fielen.

„Überall gibt es Gauner und Ganoven, seht euch doch nur mal den da an!“ Knurrte Rayhan und alle folgten seinem Fingerzeig der offenbar auf Kutaibas ´Fracht´´ ging.

„Meinst du allen Ernstes das er ein Ganove ist? Macht doch eigentlich einen ganz netten Eindruck.“

„Ein netter Eindruck kann manche schon den Kopf kosten.“ Sprach einer der Hinteren und damit bekam er auch Recht.

„Ich trau ihm jedenfalls nicht über den Weg...“ knurrte Rayhan. „Ich bin dafür das wir ihn uns vom Hals schaffen solange wir noch können.“

„Und damit dann dem Willen des Herrn widersprechen?“ Fragte Dastan mit zynischem Unterton der sehr gute Ohren hatte. „Lass das mal lieber bleiben Rayhan sonst wirft er dich wirklich noch mal den Haien zum Fraß vor.“

„Ich meine nur das es gefährlich ist wenn wir so einem Kerl erlauben bei uns zu bleiben. Hat einer von euch eine Ahnung wer er ist? Am Ende ist er noch einer von diesen verdammten Ass-“ „Rayhan!“ Raouhl war jetzt neben ihn getreten und boxte seinem Bruder in den Oberarm. „Du sollst nicht darüber sprechen hat der Meister gesagt!“

„Über was nicht sprechen?“ Fragte ein anderer vor Raouhl.

„Geht dich doch nichts an! Der Herr hat gesagt das wir ihn in Ruhe lassen sollen und daran werden wir uns alle halten damit das klar ist!“

„Seit wann bist du eigentlich so mutig geworden Raouhl, das kennen wir ja gar nicht von dir!“ grölte ein anderer belustigt aber auch er bekam nur einen giftigen Blick von Raouhls Beschützern.
 

„Raouhl hat Recht...“ Mischte sich noch einmal Dastan an. „Wenn der Sheik sagt das wir den Fremden in Frieden lassen sollen dann tun wir das auch, verstanden? Und jetzt zieht die Fässer weiter! Wenn es geht will ich noch vor dem Abendbrot zu Hause sein!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Cayori
2010-03-30T18:33:40+00:00 30.03.2010 20:33
Deine FF ist echt super! -^.^-

es macht es spaß sie zu lesen!
ich hoffe du schreibst bald weiter! >.<
Von:  Shinito
2009-03-24T16:02:01+00:00 24.03.2009 17:02
Oh man oh man
ich liebe es >.<
diese FF is so toll !
hab heute in der Schule rum rum gehibbelt weil ich das Kapi zuende lesen wollte

bitte bitte schreib weiter
Von:  Mismar
2009-03-18T10:35:14+00:00 18.03.2009 11:35
Also die Geschichte ist so derbest geil *_*
Du hast recht, ich liebe Dastan!!
*ihn patentieren lässt XD*
MEINS >DD Ne wirklich, der lässt Sprüche los, ich musste mir bei einem das Lachen so derbest verkneifen, weil ich das Kapitel bei der Arbeit gelesen habe^^

Also, allgemein hast du einen äußerst guten Schreibstil, obwohl wenig Handlung war, war das Kapitel so lang, weil du perfekte Beschreibungen der Umgebung gemacht hast, wirklich fabelhaft ^^
Zudem war die Beschreibung Altairs wundervoll, ich sollte mir an deinen Beschreibungen ein Beispiel nehmen, die sind fast göttlich.

Obwohl deine Grammatik sehr gut ist, hast du schwere Probleme mit Groß-Kleinschreibung und Kommasetzungen. ;_; Du setzt selten welche ein, deswegen ist die Geschichte schwer zu verfolgen, dass man manchmal in den langen Sätzen den Faden verloren hat.
Und wenn du nach einem Dialog sowas sagst, wie fragte, sagte, betonte, wird es klein geschrieben und nicht groß ^^"
manchmal waren kleine Fehler bei der Satzumstellung drin, aber allgemein ist die Geschichte und Dastan echt geil ^.^
Von: abgemeldet
2009-03-05T10:20:35+00:00 05.03.2009 11:20
Hab deine FF gerade entdeckt...ich finde sie spitze...zwar noch zu wenig romantik xDD aber gut, vielleicht kommts noch! wenn nicht, auch nicht schlimm, aber ich bin gespannt wie sich das zwischen Altair und Raouhl entwickelt ^^ ob sie auffliegt?? wer weiss!!!

schreib bitte weiter ja??
Von:  Mismar
2008-12-19T14:17:43+00:00 19.12.2008 15:17
Tolles Cover, du hast ein sehr schönes dazu gemalt :D Aber habe ich bereits in einem Kommentar zu diesem Bild geschrieben

Zur Geschichte kann ich nur sagen das es ein guter Einstieg ist. Aber irgendwie ist das nächste Kapitel so lang ;_; da werde ich mir wohl Zeit nehmen müssen. Ansonsten machst du schöne Beschreibungen, auch wenn der Anfang so klang, als sei die Stadt ein reiner Müllhaufen.
Schöne Wortwahl an einigen Stellen, und ich fand den Spruch gut:
Wer so schreien kann, hat ein langes Leben vor sich.
Irgendwie klang das so gemein XD Egal, würde aufjedenfall weiter lesen.
Nun zum Schreibstil...du machst zu wenig Kommatas, also da war es schon schwierig richtig zu folgen, wenn an vielen Stellen eines fehlt
Naja Rechtschreibfehler kaum, habe zwar mehr gefunden aber hier zwei Bespiele:

-Wahre <- Ware ;D
-dunklen, Ebenholzschwarzen Augen <- Komma kommt weg, und das Wort ebenholzschwarz wird klein geschrieben

Mach nur weiter so, freue mich schon auf Joanna


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