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Die Kinder des Waldes

~ Ein Märchen ~
von

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Rote Rosen

Die Kinder des Waldes – Rote Rosen
 

Es war einmal ein kleines Mädchen, das lebte glücklich in einem kleinen Dorf mit ihren Eltern und Geschwistern. Es war sehr beliebt und schön anzusehen. Und wegen ihrer langen rosenroten Haare, die sich wie die Rosen im Wind bewegten, wurde sie von allen bald nur noch Rosa genannt. Das Mädchen mochte diesen Namen und tat alles dafür, dass sie ihn auch immer tragen würde. Deshalb verlies sie täglich ihr Dorf um auf einer schönen Wiese, die sie einmal entdeckt hatte, ein paar Rosen anzupflanzen und sie groß zu ziehen. Doch um zu dieser Wiese zu gelangen musste sie immer am Feenwald entlang gehen. Die Leute erzählten sich, dass die Feen, die dort lebten, jeden Menschen bei lebendigem Leibe aufaßen und man ihn deshalb nicht betreten sollte, aber die Kinder waren alle zu klug, um an solche Ammemärchen noch zu glauben. Nur die ganz kleinen versteckten sich immer in Mutters Schoß, wenn sie an dem Wald vorbei fahren mussten.

Rosa glaubte schon daran, dass es in diesem Wald Feen gab, aber sie glaubte nicht, dass diese den Menschen etwas antun würden. Nein, dafür waren Feen viel zu nett.

Das Mädchen hängte sich ihr Körbchen um den Arm, in das sie die Heckenschere und die Wasserkanne getan hatte und wollte sich auf den Weg machen, als ihr Vater sie noch einmal aufhielt.

„Sei vorsichtig, meine Tochter, sprich mit niemandem den du nicht kennst und halte dich von den Soldaten und Söldnern fern! Sie sind schrecklicher zu Menschen als jegliche Feen es je sein könnten.“

„Jawohl, mein Vater, ich werde auf mich acht geben.“

Und so ging das Kind hinaus, verlies ihr Dorf und machte sich den Weg entlang, der sie sicher zu ihrer Rosenwiese führen würde.

Es wurde bereits dunkel, als das Mädchen entschloss wieder zurück zu gehen. Der Weg war kaum mehr sichtbar, da die Baumwand des Feenwaldes das Licht schluckte, wie es sonst nur die Wolken taten. Und als sie sich gruselnd entschied etwas schneller zu gehen, standen sie plötzlich vor ihr. Zwei Söldner, in ihren braunen Uniformen gekleidet, die sie wahrscheinlich anderen gestohlen hatten, versperrten dem Mädchen den Weg.

„Hallo kleines Fräulein.“, sprach sie der größere an, „Was machst du um diese Uhrzeit noch so allein hier draußen?“

„Sollen wir dich vielleicht zurückbringen?“, sagte der kleinere.

„Oder du könntest mit zu uns kommen.“

„Wir beziehen momentan eine schöne Gaststube hier ganz in der Nähe.“

Das Mädchen wich zurück, als die Männer einen Schritt auf sie zu taten. Doch sie war nicht schnell genug. Die Söldner griffen nach ihrem Kleid, rissen an ihm, um sie am fliehen zu hindern. Doch das Kind kämpfte solange gegen die starken Arme der Männer, bis ihr Kleid in Fetzen zu Boden fiel. Dann rannte sie, hinein in den Feenwald.

Die Söldner aber folgten ihr nicht. Sie hatten zu viel Angst vor den Geschichten, die man sich über diesen Wald erzählte, als das sie ihr hätten folgen können. Sie ließen das zerrissene Kleid einfach liegen und gingen, so als wäre nichts gewesen.

Doch das Mädchen rannte weiter. Sie wusste ja nicht, dass die Söldner ihr nicht folgten. Sie lief einfach immer tiefer in den dunklen Wald hinein, bis ihre Füße bluteten und sie sich entkräftet zu Boden sinken ließ.

Rosa weinte. Sie hatte Angst. Es war dunkel und unheimlich in diesem Wald. Trotzdem aber schloss sie ihre Augen und betete ihr Haupt auf das feuchte Moos der Wurzeln einer Eiche und schlief ein.

„Rosa.“, erklang der glockenhelle Ruf durch den Wald und das Mädchen schlug erschrocken die Augen auf. Um sie herum war es hell.

Viele kleine Lichter tanzten nah bei ihr, schenkten ihr Licht und Trost in dieser einsamen Nacht und brachten ihr Herz zum singen.

„Was suchst du hier, Rosa?“, fragte eines der Lichter das Mädchen, dass nun noch mehr zu weinen begann.

„Ich suche nichts. Ich habe mich verlaufen.“, gestand sie traurig.

„Jetzt in der Dunkelheit werden auch wir den Weg nicht hinaus finden.“

„Aber du kannst doch bei uns bleiben, bis es Tag wird.“

„Ja, bleib bei uns.“

„Tanz mit uns, Rosa.“, riefen nun die kleinen Feen im Chor und von irgendwo her wehte plötzlich eine Melodie durch die Bäume.

Völlig überwältigt von der Schönheit der im Wind tanzenden Feen stand das Mädchen auf und folgten den kleinen Wesen tiefer hinein in den Wald. Es tanzte die ganze Nacht mit ihnen um den Feenring und wurde trotzdem nicht müde. Es war eher so, dass sie immer glücklicher wurde umso länger sie tanzte. Und mit jeder Stunde, der sie dem Tag näher tanzten, kam es Rosa so vor, als würden die Feen größer werden und heller zu strahlen, oder war sie es selbst, die vor Freude und Glück anfing zu strahlen? Sie lachte und tanzte und als der Morgen in einem goldenen Rot zu glühen begann, war Rosa selbst zu einer Fee geworden.
 

[Ende]

Weiße Rosen

Die Kinder des Waldes – Weiße Rosen
 

Es war einmal ein Vater, der hatte seine Tochter verloren. Und weil sie nicht mehr da war, war er unendlich traurig. Er liebte auch seine anderen Kinder, aber keines von ihnen war so schön und lieblich wie seine Rosa.

Doch es ergab sich, dass er eines Tages sein Dorf verlies um nach der geliebten Rosenwiese seiner Tochter zu sehen. Da lief er auch an dem Wald vorbei, der von allen Dorfbewohnern nur Feenwald genannt wurde. Es hieß, dass die Feen die in ihm hausten, Menschen aßen. Noch nie war jemand wieder aus dem Wald zurück gekehrt, der ihn einmal betreten hatte. Doch diese Legende ängstigte den Vater nicht. Er folgte seinem Weg, am Wald vorbei, als er plötzlich etwas im Licht der Nachmittagssonne unter einem Strauch vorblitzen sah. Es wirkte so, als gehöre es nicht in die Landschaft hinein, also ging der Vater auf den Strauch zu und nahm das Stück Stoff, dass in ihm hing in seine Hände.

Der Vater weinte, denn es waren die Reste der Kleider seiner geliebten Tochter. Als er wieder hinunter zu dem Strauch blickte, der ihm dieses Geschenk gemacht hatte, war der dieser verschwunden. Der Vater umfasste den weichen Stoff fest in seinen Händen, als er einen Schritt in den Wald hinein tat, über den so viel Grauenhaftes erzählt wurde. Und wie er es vermutetet hatte sah er weiter hinten im Wald den Strauch erneut mit Stoffresten besetzt stehen.

Ohne darüber nachzudenken betrat der Vater den Wald ganz und lief dem Strauch hinter her, der ihm immer wieder ein weiteres Stück der Kleider seiner Tochter wieder gab und ihn damit immer weiter in den Feenwald hinein führte.

Es war bereits dunkel als der Strauch das letzte Stoffstück an den Vater übergab, der schon längst die Richtung hinaus nicht mehr kannte. Er war verloren, wenn er noch weiter im Wald herum irrte. Daher entschloss der Vater sich, an eine mit Moos überzogene Eiche zu legen und zu ruhen, bis der Tag ihm neues Licht schenken würde.

Doch der Tag kam nicht. Als der Vater seine Augen wieder aufschlug tanzten viele kleine Lichter um ihn herum und er konnte das Lachen von Kindern im Wind hören.

„Was suchst du hier, Verirrter?“, fragte eines der Lichter mit glockenheller Stimme.

„Meine Tochter suche ich. Ein Strauch hat mir ihre Kleider geschenkt und mich hier her geführt.“, antwortete der Vater traurig.

„Jetzt in der Dunkelheit werden auch wir sie nicht finden.“

„Aber du kannst bei uns bleiben, bis es Tag wird.“

„Ja, bleib bei uns.“

„Spiel mit uns, Verirrter.“, riefen nun die kleinen Feen im Chor und von irgendwo her wehte plötzlich eine Melodie durch die Bäume.

Es war ein dunkler Klang, der mit dem eisig werdenden Wind zog und den Vater in noch größere Traurigkeit hüllte. Und als die Feen hinfort tanzten, folgte der Vater ihnen, denn nur ihr Licht hielt ihn vor der Verzweiflung ab. Er folgte ihnen, bis sie zum stehen kamen und einen Kreis um ihn bildeten, um den herum sie tanzten und sangen. Und die Melodie wurde trauriger und verzweifelter und dunkler, so wie die Nacht es wurde.

Doch als das Lied sich langsam über den Mann hermachte, an seiner Haut und seinen Knochen nagte und ihn zu verschlingen drohte, da tanzte eine Fee aus dem Kreis und die Musik verstummte. Sie war die einzige rote Fee, unter den vielen weißen die im Kreise tanzten.

„Warum hörst du auf zu spielen, Rosa?“, fragten die Feen die kleine rote Fee, die nun weinend vor dem verirrten Vater tanzte und ihm ihr Licht gab.

„Ich weiß es nicht.“

„Warum schenkst du ihm dein Licht, Rosa?“, fragten die Feen wieder und der Kreis um die beiden weinenden wurde enger.

„Ich weiß es nicht.“

„Warum verrätst du uns, Rosa?“

„Weil… Ich weiß es nicht.“

„Warum, Rosa, warum?“

Und als die Feen in einen Singsang dieser drei Wörter einfielen, da öffnete der Vater seine Augen, sah die kleine rote Fee an und begann zu lächeln.

„Mein Tochter, ich habe dich gefunden.“, sagte er und strahlte sein verlorenes Kind an. Und die Fee verstand. Sie wandte sich zu ihren Freunden um und klagte: „Oh, bitte, lieber Brüder, liebe Schwester, so lasst mich gehen. Lasst mich mit meinem Vater wieder nach Hause gehen.“

„Warum, Rosa, warum?“, sangen die Feen weiter ihr trauriges Lied.

„Weil ich ihn lieb habe. Weil mein Vater mir nie etwas Böses wollte und er selbst jetzt noch mich beschützten würde.“

„Warum, Rosa, warum?“

„Oh, lasst mich gehen, ich flehe euch an.“, bat die Fee unter Tränen.

Das Lied verstummte. Die Feen tanzten nicht mehr.

„So lasse uns deinen roten Schein hier, dann darfst du mit ihm gehen.“, sang die hellste Fee und alle anderen stimmten in ihren Chor ein. Die rote Fee nickte: „Ja, ihr sollt mein Rot haben. Ich schenke es auch.“

Und da sangen die Feen wieder. Und mit jeder neuen Note verschwand mehr von dem roten Schein der kleinen Fee. Und mit jedem neuen Klang wurde sie größer und größer, bis ihre Freunde nur noch kleine helle Lichter waren. Und mit jeder neuen Melodie verschwand die Dunkelheit und Verzweiflung um den Vater, bis er sich aus dem Feenkreis erheben konnte.

„Rosa. Mein geliebtes Kind.“, flüsterte die Stimme des Verirrten und die Fee, die nun wieder ein Mädchen war, lachte und umarmte ihren Vater.

Und als die beiden, mit dem Aufgang der Morgenröte, Hand in Hand den Feenwald verließen, da waren die Haare des Mädchens weiß wie die der weißen Rosen, die ab und zu zwischen ihren roten blühten.
 

[Ende]



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