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Die Maske

von

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Die Maske

Titel: Die Maske

Fandom: D.Gray Man

Pairing: Allen/Kanda, Kanda/Allen – wie man es sehen will

Comment: Wer Fluff will, sollte besser woanders suchen. Am besten, bei nem anderen Autor. Für Fluff ist Sibi nicht wirklich zuständig.

Disclaimer: Hm. Kann ich Akuma erschaffen? Nein. Hab ich Stiefel, mit denen ich Akuma zertreten kann (und die Teil von Lavis FSK18-Fantasien sind)? Nein. Hab ich ein Chojiro oder einen Hammer, die ähnlich wirken? Nope. Habe ich ein besonderes Linkes Auge – niente (ich bezweifle, dass meine Kurzsichtigkeit zählt). Habe ich einen mächtigen linken Arm? - Nun... also... zählt der Arm einer linkshändigen Autorin?

Ach was solls – D.Gray Man gehört mir genauso wenig wie... wie... wie... wie die Arche. So. Gehört alles Hoshino Katsura und so soll's auch bleiben. Ich vergnüge mich derweil mit meinen FF's.
 

Die Maske
 

Allen Walker war immer und zu jeder Zeit und für jeden unberührbar.

Allen Walker war freundlich und höflich zu allen und jeden.

Allen Walker lächelte. Er antwortete in einem bedachten, ruhigen Tonfall.

Allen Walker sagte artig Bitte und Danke und Entschuldigung.

Allen Walter bot eine freundliche, glatte Oberfläche, die spiegelnd alles zurück warf, was ihm begegnete.

Allen Walker erlaubte niemals irgendjemandem, hinter den Spiegel zu blicken.

Allen Walker war in seiner freundlichen Art unberührbar.

Kanda sah es.

Und Kanda hasste ihn dafür. Er hasste, wie er so unbemerkt jedem entwischte, der ihn fassen wollte. Kanda hingegen wurde immer wieder von so gut wie jedem erwischt, der nach ihm fasste gleich wie sehr er sich bemühte, zu entkommen.

Manchmal schaffte Kanda es beinahe, ihn von seiner Spiegelmaske zu lösen, indem er ihn beleidigte und ihn ebenso in Rage versetzte, wie Allen Walker ihn in Rage versetzte.

Das Zauberwort „Bohnenstange“ löste diese Spiegelmaske.

Und darunter kam eine weitere Maske zum Vorschein, schwarzzornig.

Wieder entwischte Allen Walker.

Wann er sich diese Idee in den Kopf gesetzt hatte, wusste Kanda nicht mehr; es musste früh gewesen sein, sehr früh, sehr bald, nachdem Walker in den Orden eingetreten war. Inzwischen war es schon zu einer regelrecht fixen Obsession geworden, Allen Walker die Maske herunter zu reißen. Vielleicht fand er dann auch wieder so etwas wie Ruhe. Vielleicht hörte Allen dann auf, mit seiner spiegelglatten Maske permanent seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Im Kampf sah er manchmal etwas hervor blitzen, was nicht zu der Maske passte, etwas, das vielleicht das sein konnte, was sich unter der Maske verbarg. Zumindest hielt Kanda es dafür. Ganz sicher konnte man sich da nie sein, nicht bei einem Exorzisten, der dumm genug war, um einen Akuma zu trauern. Oder der genug Denkmasse entbehrte, um eine Puppe, die nur durch Innocence bewegt wurde, für einen Menschen zu halten.

Ja, vermutlich hatte Walker genug Gründe, seine Masken zu tragen.

Doch anstatt ihn zu beruhigen, regte dieser Gedanke Kanda nur noch mehr auf. Wenn Walker sich so verhielt, war es kein Wunder, dass Kanda nicht mit ihm arbeiten konnte. Wie sollte man effektiv Doppelmissionen erledigen, wenn einer so unberechenbar war? Kanda hatte wirklich keine Lust, wegen diesem Trottel doch in absehbarer Zeit draufzugehen. Und wenn er ihn schon nicht dazu bringen konnte, sich ihm anzupassen – zumindest das schien bei Walker vorhersehbar, auch wenn Kanda keine Wette darauf abschloss – musste er wenigstens seine eigenen Bewegungen darum herum planen können, um heil aus jeder Mission zu kommen.

Irgendwie musste er es schaffen Walkers Masken loszuwerden.

Mit Freundlichkeit funktionierte es nicht, das sah er daran, wie Linali Li und auch sonst jeder an der Maske abprallte, ohne es zu bemerken.

Dass er nicht weiterkam, indem er Walker zur Weißglut trieb, hatte Kanda auch bereits festgestellt.

Und ihn permanent auf Missionen zu begleiten, um dort seine Gelegenheit zu erhalten, war auch nicht unbedingt das, was Kanda als geeignet erachtete. Am Ende schaffte er vielleicht, eine Sekunde hinter die Maske zu sehen – und in der nächsten war wieder ein wenig von seiner verbleibenden Lebenszeit verbraucht. Nein. Das ging definitiv nicht. Er würde keines seiner Lotusblätter dafür riskieren.

Kanda musste wohl wirklich etwas anderes finden und nach einer Weile kam er auch darauf. Wenn er auch der Wahrheit Ehre geben musste, dass er mit dieser Idee zwei Fliegen mit einer Klappe schlug.

Er musste Allen Walker nahe kommen, so dass nicht einmal er sich noch davon schleichen konnte. Das war die eine Fliege.

Die andere war, dass Kanda – so verzerrt und verdreht und widerwärtig sein Körper war – ein junger Mann war; und er gehörte zu der Sorte Mensch, die durch allzu lange Abstinenz nicht unbedingt unkonzentriert oder unfreundlich wurden, aber er merkte, dass er dann doch ein paar Schwierigkeiten hatte, sein Innocence zu kontrollieren. Wenn Kanda nicht in jeder Hinsicht physisch ausgelastet war, sank seine Syncronisationsrate.

Es war wohl ein glücklicher Umstand, dass Walker – verflucht, irritierend und bohnenstangig wie er auch sein mochte – nicht in die Kategorie „hässlich“ fiel. Nicht, dass es bei gelöschtem Licht eine Rolle spielte.
 

Allen Walker schlief auf der anderen Seite der Rundgalerie und er schlief fest, wie Kanda von ihren Missionen wusste.

Er schloss nie seine Tür ab und er ging immer recht spät zu Bett.

Kanda kannte die Gewohnheiten Allen Walkers.

Als er hörte, wie die Tür auf der anderen Seite der Galerie leise ins Schloss fiel, wusste er, dass es nur noch zwei Stunden dauern würde. Dann würde Walker schlafen. Kanda hatte kein Interesse daran, von Anfang an auf Widerstand zu stoßen; tatsächlich hatte er vor, auf überhaupt keinen Widerstand zu stoßen.

Er wartete seine Zeit ab.

Wartete, als die Glocke eins schlug.

Wartete, als die Glocke zwei schlug.

Und schließlich, als die Glocke drei schlug, erhob er sich von seinem Bett.

Lautlos ging er über den Gang.

Irgendwo in einem unteren Stockwerk stöhnten zwei Stimmen im Duett. Der Ton trug sich zu ihm hinauf.

Kanda lächelte verächtlich, als er die Tür erreichte und leise aufschob.

In dem Bett in der Ecke lag er, unter einer Decke, weiße Haare auf weißem Leinen.

Er atmete tief und regelmäßig.

Kandas Hand schob sich zielgerichtet unter die Decke und stieß auf einen warmen, unbekleideten Oberkörper.

Walker wand sich unter der kalten Berührung.

Seine Hand strich über die Haut, fühlte Muskeln und Sehnen, die sich zusammen zogen, als er weiter strich und auf ein Stück Stoff stieß.

Er schob es beiseite.

Oberhalb der Decke murmelte Allen etwas.

Kanda schob die Decke nun ganz weg und sich selbst auf Allens Hüfte, die Hände auf seine Brust gedrückt.

Allen stöhnte mürrisch und schläfrig.

Kanda ließ die Hand wandern. Fasste die Schulter, an der er den Knochen des Schlüsselbeins unter der Haut hervorstechen spürte.

Allen brummte wieder und versuchte, sich zu winden.

Etwas Halbhartes rieb gegen Kandas Hüfte.

Allen brummte noch lauter und dieses Mal klang es beinahe wie ein Stöhnen.

Kanda drückte die Hand auf etwas, das sich wie eine verdächtig harte Brustwarze anfühlte.

Er strich weiter.

Mit der anderen Hand griff er hinter sich, fand das halbharte Ding und presste es gegen sein Bein.

Seine rechte Hand fand nun den Weg zur linken Schulter.

Die Haut war aufgeworfen und uneben, wie vernarbt, dort wo sie noch nicht rot und faltig war.

Sie pulsierte unter seinen Fingern.

Und Allen, mit einem Keuchen auf den Lippen, schlug die Augen auf, sah sich um und entdeckte, wer ihn da niederdrückte.

„Sei still“, knurrte Kanda.

Allen ließ ein langes, gleichmäßiges Ausatmen hören. „Was machst du denn hier?“, fragte er dann, in einem Tonfall viel zu klar und gegenwärtig klang für einen, der eben erst aufgewacht war.

„Ich habe gesagt, sei still.“ Kanda beugte sich über ihn. „Hörst du? Kein Wort!“

„Ich sag schon gar nichts mehr.“ Allen legte die linke Hand auf Kandas Seite. „Keinen Ton.“ Die Hand glitt über die Haut, den Torso hinunter und kam auf der Taille des anderen zur Ruhe.

„Was soll das?“

„Du hast es offenbar nötig genug, um einen Schlafenden mitten in der Nacht zu überfallen“, bemerkte Allen. Seine Hand war nun doch weiter gewandert, hatte etwas gefunden und umfasste es.

Kanda zischte.

Allen bewegte Hüfte und Hand nun gleichermaßen. „Ich habe eigentlich nichts dagegen. Aber bitte frag mich das nächste Mal vorher. Und weck mich. Du hast mich erschreckt.“

Kanda lachte nicht.

Er rieb ihre Hüften nur noch fester aneinander, bis Allen den Kopf in den Nacken legte und Kanda ein gepresstes Keuchen vernahm.

Er veränderte seine Position ein wenig, bis er fühlte, wie etwas in ihn hinein zu drücken begann.

Allens Augen schnappten wieder auf und er starrte Kanda eine Sekunde lang wie panisch an, ehe er murmelte: „Du bist wirklich nicht ganz gesund.“

„Du hast gesagt, dich würde es nicht stören.“

„So...“

Kanda zwängte sich mit mehr Gewalt auf ihn und Allen brach zugunsten eines Stöhnens nach nur einem Satz ab.

„Na gut“, murmelte er schließlich, „mach was du willst.“
 

Kanda hatte ebenso wenig Probleme, danach aufzustehen und zu gehen, wie er Probleme hatte, mit einer Bauchwunde geradeaus zu laufen.

Allen blieb liegen, beobachtete ihn, wie er sich seinen Yukata zuechtzog und zog sich selbst wieder seine Unterhose über die Hüften, danach die Decke bis zum Kinn hoch.

Ohne den Blick von Kanda zu wenden, kuschelte er sich in die weichen Daunen, vergrub sich regelrecht darin.

Kanda erwischte ihn dabei, wie er ihn anstarrte und Allen wandte nun doch den Blick ab. „Wie gesagt, frag das nächste Mal vorher.“

Kanda gab keine Antwort.

„Oder noch besser, weck mich, bevor du anfängt, mich zu befingern.“ Allen lachte leicht. „So ein Schreck kann einen auch umbringen, hast du das schon gewusst?“

Kanda schloss die Tür hinter sich und beeilte sich, in sein eigenes Zimmer zurück zu kehren.

Er war Allen Walker nahe gekommen.

Allen Walker hätte ihm eigentlich nicht entwischen können.

Allen Walker hatte sich von ihm anfassen lassen.

Aber Allen Walker hatte dabei seine Maske nicht abgelegt. Er hatte sie die ganze Zeit auf behalten.

Allen Walker war ihm wieder entkommen. Und nach wie vor war er unberührbar.
 

Kandas Wut darüber, wie Walker ihm entwischt war, hielt nur kurz. Er wusste, Allen konnte dieses Spiel wirklich sehr, sehr lange spielen, aber auch die längste Zeit würde irgendwann vorbei gehen. Irgendwann würde die Maske rutschen und sich lösen.

Einige Tage später stand er wieder an dem Bett.

Die Haut unter seiner Hand fühlte sich genauso an, wie beim letzten Mal, als er mit den Fingern Spuren über den Bauch zog.

Allen wandte den Kopf zu ihm um und sah ihn aus offenen, wachen Augen an. „Ich hatte dich doch gebeten, mich zu wecken, ehe du mich anfasst.“

„Du bist wach“, kommentierte Kanda und schlug die Decke zurück.

Allen zog ihn zu sich aufs Bett und strich angenehm zielbewusst seinen Bauch hinunter in seinen Schritt.

Er wusste, was das hier war. Er dachte sich keinen hinteren Sinn zu diesen Handlungen hinzu, der über die reine körperliche Erleichterung hinausging. Das war eine der wenigen positiven Seiten, die Kanda ihm abgewinnen konnte. Im Orden gab es schon mehr als genug Idioten, die auf die Idee kamen, einer so peripheren Sache wie Sex eine tiefere Bedeutung beizumessen.

Es hieß allerdings auch, dass Allen ihm wieder nur seine Maske zeigte. Für ihn selbst spielte es nicht die geringste Rolle, was hier geschah. Wenn er sich Gedanken darüber machte, waren sie nicht wichtig.

„Wieder keine Vordehnung?“, fragte er, als Kanda sich über ihm in Position brachte. „Du bist wirklich nicht bei Trost.“

„Maul halten.“

Allen hielt ihn mit der Linken an der Hüfte fest, als Kanda ihn aufnahm; die Hand fühlte sich überraschend normal an, die Haut heiß und weich, wenn auch runzelig, wie bei einem alten Mann.

Die Rechte lag über Allens Mund; er bis sich auf die Handfläche.

Kanda hatte die Geduld, zu warten, bis er sich beruhigt hatte und endlich die Zähne von den Fingern nahm.

Er atmete ein Mal schwer und keuchend durch, ehe er die Bewegung wieder aufnahm.

Kanda folgte ihm.

Es dauerte dieses Mal ein wenig länger an und sie hatten einen gleichmäßigeren Rhythmus.

Ihre Stimmen mischten sich unterdrückt, schwollen an und brachen dann zusammen.

Kanda beugte sich vor und stützte sich kurz ab, ehe er wieder zu Atem kam.

Als er sich wieder aufsetzte, bemerkte er, dass Walker den Kopf weggedreht hatte, den rechten Arm über die Augen gelegt.

Seine Atmung allerdings war sehr ruhig.

„He?“, knurrte er.

Allen hob den Arm von den Augen. „Bin verschwitzt, nichts weiter.“ Wieder lächelte er. Wieder die Spiegelmaske. „Auch wenn ich bezweifle, dass du aus Sorge gefragt hast.“

Kandas Blick hing eisig auf ihm.

„Du musst doch morgen weg, oder? Geh besser schlafen.“

Kanda stieg nun von ihm hinunter und beeilte sich, den Raum zu verlassen.

So langsam konnte er Allen Walker noch weniger leiden als ohnehin schon.
 

Die Mission endete und Kanda kehrte nach einem Monat zurück, mit einem Innocence, einen zerrissenen Mantel, einem intakten Mugen und in einer noch schlechteren Laune, als er sie üblicherweise schon an den Tag legte.

Allen und Linali waren die ersten, die ihn sahen und natürlich lächelten sie, als träfen sie auf einen lang vermissten Verwandten.

„Schön, dass du wieder da bist.“ Linali fragte nicht, kümmerte sich nicht, schwere sich nicht, sondern handelte einfach, indem sie ihn kurz mit einem Arm an sich drückte.

Aus irgendeinem, Kanda selbst nicht begreiflichen Grund, hatte er es bis heute nicht über sich bringen können, ihr die angemessene Behandlung dafür zukommen zu lassen. Jeden anderen – egal welchen Geschlechts und welcher Rocklänge – hätte er schon in dem Moment aufgeschlitzt, in dem er auch nur Anstalten gemacht hätte, ihn zu berühren.

Allen stand daneben. „Was denn, Kanda? Bist du etwa so erleichtert, lebend zurückzukommen, dass du sogar anfängst, menschlich zu werden?“ Und trotz der Worte ein Lächeln, das auch die Augen in eine willkommende Maske verwandelte.

„Ich bin nicht du, Bohnenstange. Ich muss keine Angst haben, an Dummheit zu sterben.“

„Wirklich nicht? Ich dachte immer, du wärst dafür besonders anfällig.“ Walkers lächelnde Maske wurde mit einem Mal weniger freundlich. Die Kanten wären schärfer.

„Was verleitet dich zu dieser Annahme, Bohnenstange?“

„Nun, ich weiß nicht – vielleicht, dass mir als Kind beigebracht wurde, dass eines der Symptome für Dummheit ist, dass man nicht einmal vortäuschen kann, soziale Kompetenzen zu besitzen.“

Linalis Blick wanderte besorgt zwischen ihnen hin und her, bemerkte Kanda und vermutlich sah sie vor ihrem inneren Auge sehr deutlich die Blitze, die zwischen seinen und Walkers Augen hin und her zuckten.

„Kanda, mein Bruder hätte gern so schnell wie möglich deinen Bericht“, sagte sie schließlich. „Und bring das Innocence zu Hebraska, ja? Und sieh zu, dass du was in den Magen bekommst!“

Kanda nickte knapp und setzte sich wieder in Bewegung.

Er hörte Linali in seinem Rücken seufzen. „Wirklich Allen – du kommst mit allen und jedem hier so gut aus. Ich möchte wirklich gern wissen, wo mit Kanda das Problem ist.“

Genau da war es.

Er hörte Walker antworten: „Ich weiß nicht, was du hast, Linali. In letzter Zeit verstehen wir uns um einiges besser.“

Von Mugen aufgeschlitzt zu werden, war dafür noch ein zu guter Tod.
 

Kanda schlitzte Allen nicht auf und er brachte ihn auch anderweitig nicht um.

Er nahm seine Rache in der Nacht, als er wieder an Walkers Bett stand.

Anscheinend hatte dieser ihn bereits erwartet; er blickte ihn aus wachen, ruhigen Augen an.

„Wir verstehen uns also besser?“, knurrte er. „Was verleitet dich zu dieser Annahme, Bohnenstange?“

Allen lächelte schmal. „Vielleicht, dass du bisher noch nicht versucht hast, mich im Bett umzubringen.“

„Legst du's drauf an?“

„Du hättest einiges zu erklären“, murmelte der andere und zog ihn auf sich.

Allen selbst saß halb; Kanda fühlte seinen Atem auf der Haut.

Das Gefühl zog direkt in seinen Schritt und Kanda wich zurück.

„Nur keine Angst, ich hinterlasse keine Spuren“, bemerkte Allen, während er eine Hand Kandas Wirbelsäule hinauf gleiten ließ.

Dann wieder, noch bevor er den Nacken erreichte, wieder hinunter.

Kanda biss sich auf die Lippen.

Und Walker lächelte zufrieden. Griff nach der Hand des anderen und führte sie über seine Haut.

„Was soll das?“

Allen ließ ihn nicht los. „Wir sind schon seit einer ganzen Weile so weit, dass wir uns mit dem Menschsein des anderen abgefunden haben“, sagte er. „Und ich persönlich behandle Menschen nicht gern wie Gummipuppen, wie du weißt.“

„Werd nicht sentimental.“

„Das bin ich nicht, keine Angst. Ich weiß, dass du mich nicht leiden kannst. Das Gefühl beruht auf Gegenseitigkeit. Aber dennoch bist du nun einmal keine Gummipuppe und ich bin es auch nicht. Geh über mich drüber, so viel du es brauchst. Aber halt dich bitte an die Spielregeln.“

War das ein Blick hinter die Maske? Oder nur eine weitere Maske?

Allen zog ihn herunter und drückte ihre Hüften fester aneinander. „Keine Sorge. Ich bin reinlich. Ich hinterlasse wirklich keine Spuren.“

Er hinterließ wirklich keine. Vielleicht lag es daran, dass seine Lippen nie Kandas Haut berührten, dass seine Berührungen seltsam desinteressiert, unpersönlich blieben. Er hatte es sich zum Ziel gesetzt Kanda zu erregen. Nicht mehr und nicht weniger. Aber darauf verstand er sich.

Als Kanda danach eine Bemerkung fallen ließ, zuckte Walker nur mit den Achseln. „Man lernt es.“ Er sprach mit abgewandten Blick.
 

Irgendwann nach etlichen Nächten wie dieser, war Kanda so weit, ihm die Hände an den Hals zu legen, so unvermittelt, dass Allen abrupt seine Bewegung stoppte.

Es zerrte unangenehm in Kandas Hüfte.

„Was ist?“, fragte er. „Willst du mich jetzt doch im Bett umbringen?“

Kanda gab keine Antwort.

„Was habe ich angestellt, dass ich es nicht mal mehr verdiene, durch Mugen zu sterben?“

„Ich hasse Lügner“, sagte Kanda. Sein Griff festigte sich langsam. „Das habe ich dir von Anfang an gesagt. Ich hasse Lügner.“

„Wann habe ich gelogen?“

Der Griff festigte sich. „Jeden Tag.“

Anscheinend hatte er einen Punkt getroffen und anscheinend wusste Walker ganz genau, wovon er sprach, dem Flackern auf seinem Gesicht nach zu urteilen.

„Ach. Das“, sagte er dann. „Nein. Das ist keine Lüge. Das ist echt.“

„Ist es nicht.“

Wieder flackerte das Gesicht.

„Nicht, dass es mich interessiert – aber deine Freundliche Art hält alle auf Abstand.“

„Ja. Das will ich so.“ Walkers Stimme klang mit einem Mal müde. „Aber ich heuchle es nicht. So bin ich. Es ist echt.“

„Und was soll der Sinn des Ganzen sein?“

Allen hob eine Hand gerade nach oben – und ließ sie wieder sinken. „Ich weiß nicht, was dahinter versteckt ist“, murmelte er, während er sich über das Gesicht fuhr. „Ich weiß es nicht... und weder will ich es wissen, noch will ich, dass es sonst jemand herausfindet. Das heißt, falls da überhaupt was ist, was Allen Walker heißt.“

Kandas Griff lockerte sich wieder. „Werd fertig.“

Allen lachte kurz und folgte der Aufforderung.

Das war die letzte Nacht, in der Kanda zu ihm kam. In dieser Nacht gab er es auf, hinter die Maske sehen zu wollen.
 

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Sehr geehrte Fräulein Tesla.
 

Ich danke ihnen für die Beta-Dienste und habe noch etwas zu sagen:

ICH

BIN

NICHT

ERWACHSEN!!!!!!!!!

*keuch*
 

(und nein, mein Studium bringt mich nicht über die FFs drüber weg. Darüber bringt mich nix weg. Seien wir froh drüber)
 

Nachdem das geklärt ist – nein, lieber Leser, ich gehöre nicht zu der Gruppe, die ein „Happy-quietschbunt-Rosa-Wölkchenland-Kanda-Allen“ (ich weigere mich nach wie vor, das mit dem sehr albern klingenden „Yullen“ zu bezeichnen) als möglich erachtet.

Never. (was wohl daran liegt, dass ich zankende Kombinationen ohnehin bevorzuge, wenn sie zanken.)
 

In diesem Sinne, liebe Grüße,

die soeben im D.Gray-man fandom debütierende

Siberianchan

Hinter der Maske

Titel: Hinter der Maske

Fandom: D.Gray-Man

Pairing: Kanda/Allen

Comment: Eine Art Fortsetzung zur „Maske“ - ich hoffe mal, ihr seid jetzt zufrieden, mehr kommt nämlich wirklich nicht mehr. (mir Flöhe ins Ohr setzen funktioniert nur einmal pro FF)

Disclaimer: D.Gray-Man gehört mir noch immer nicht; mit anderen Worten, ich verdiene nichts an diesem Geschreibsel. Anderfalls würde ich mich wohl kaum mit steigenden Kaffeepreisen und überhöhten Studiengebühren herumschlagen müssen, oder?
 


 

Hinter der Maske
 

Die Nacht, in der er halbherzig versucht hatte, Allen Walker zu erwürgen, war die letzte gewesen, in der er zu ihm gekommen war.

Er blieb weg. Er musste weg bleiben.

Er hatte die Beherrschung verloren. Er hatte sich mitreißen lassen, hatten dem Impuls die Zügel überlassen und war ihm gefolgt.

Allen Walker hatte ihn seiner Selbstbeherrschung beraubt, ganz einfach so, im Vorbeigehen.

Und dabei – Kanda erinnerte sich an seine ruhige Stimme, an sein gleichmäßiges, unverändertes Gesicht – hatte er selbst einfach nur daneben gestanden und beobachtet, wie Kanda fortgerissen wurde.

Hatte er in diesem Moment gelächelt? Es war zu dunkel gewesen, als dass Kanda mehr als einen vagen Widerschein seiner Augen gesehen hätte. Aber hatte nicht in seiner Stimme ein Lächeln gelegen? Kanda hatte nicht genau hingehört.

Er hätte genauer darauf achten sollen. Es war seine letzte Visitation gewesen. Er hätte darauf achten sollen.

Allen hatte nie seine Maske abgelegt. Er hatte sie leicht angehoben, als er gestanden hatte, sie zu tragen. Er hatte die Maske ein wenig beiseite geschoben, als er zugegeben hatte, sie verberge die Dinge, vor denen er selbst Angst hatte, weil er sie selbst nicht kannte. Nicht mehr. Die Maske war nie ganz von Allen Walkers Gesicht verschwunden.

Kanda wusste, wann er einen Kampf nicht gewinnen konnte und zog sich dann aus diesem Kampf zurück.

Die Devise lautete Rückzug und Vergessen.

Der Sex mit Walker war ihm nie lang nachgeschlichen, also würde ihm das Vergessen leicht fallen. Schon nach einer Stunde waren die Erinnerungen schon verblasst gewesen. Die wenigen letzten Male waren auch nicht anders. Dafür waren die Berührungen immer zu kühl, zu abwesend gewesen. Das war Kanda immer ganz recht gewesen. Es war ihm auch jetzt recht. Es hieß, dass es kein Verlust war, nicht mehr zu Allen Walker zu gehen.

Doch Allen Walker fuhr dennoch fort, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Es begann langsam.

Mehrere Wochen lang konnte Allen Walker ihm egal sein.

Dann war er mit Linali Li auf eine Mission gegangen und nach einer Weile wieder zurückgekehrt.

Da war es Kanda aufgefallen.

Allen Walker lächelte nicht. Nicht mehr permanent.

Sein Gesicht war ruhig und gelassen, wie immer und er war höflich und freundlich wie immer, zu allem und jedem wie immer.

Seine hochgezogenen Mundwinkel waren verschwunden.

Kanda notierte es im Vorbeigehen.

Aber es war nicht wirklich bemerkenswert.

Und dann kam der Auslöser – und dabei konnte Kanda nicht einmal den Finger darauf legen, was dieser Auslöser gewesen war.

Der Moment als er Allen Walker einmal im Vorbeigehen lachen hörte – und es sogar ehrlich klang?

War es sein Fluchen, das Kanda einmal – ebenfalls im Vorbeigehen – aufschnappte, worüber auch immer die Bohnenstange sich genug ereifern konnte um ein herzhaftes „Och nee!“ von sich zu geben?

Oder war es die plötzliche Leichenblässe, die ihn überfiel, erwähnte man nur ein Mal den Namen des Marschalls Marian Cross? Oder das Wort Schulden.

Es war wirklich seltsam.

So anders war Allen Walkers Verhalten nicht.

Allen Walker war freundlich und höflich zu allen und jeden.

Allen Walker lächelte. Er antwortete in einem bedachten, ruhigen Tonfall.

Allen Walker sagte artig Bitte und Danke und Entschuldigung.

So anders war es nicht.

Aber es war anders, auf irgendeine unbestimmte Art und Weise.

Kanda konnte auch dieses Mal nicht den Finger darauf legen und das war irritierend.

Ebenso irritierend war es, zu bemerken, dass er nachts wach lag, wartete, lauschte, auf das Läuten der Glocke wartete, auf die Schritte. Er zähle die Stunden bis es drei schlug.

Drei.

Er war immer um drei aus seinem Zimmer gegangen, wenn er zu Walker ging.

In den letzten Wochen – bevor Allen Walker erneut seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte – hatte er um diese Zeit immer tief und fest und traumlos geschlafen.

Es war enervierend und es war irritierend.

Ebenso irritierend war es, sich eines Nachts ganz plötzlich, unvermittelt vor Allen Walkers Zimmertür wiederzufinden, gerade als der letzte Schlag der Drei-Uhr-Glocke verklang.

Er starrte auf die Tür.

Seine Hand lag schon auf der Klinke und er fühlte sie zugreifen – und sofort zog er sie zurück und stampfte zurück in sein Zimmer.

Nein.

Nicht noch einmal.
 

Doch er ertappte sich weiterhin dabei, wie er bis zur dritten Stunde wartete, die die Glocke schlug.

Es kam ganz von selbst.

Nachts lag er wacht und starrte an die Decke.

Die Glocke schlug eins.

Die Glocke schlug zwei.

Und die Glocke schlug drei.

In der zweiten und dritten Nacht war er wachsam und konnte sich davon abhalten, aufzustehen und auf die andere Seite der Galerie zu gehen.

In der vierten Nacht gab er nach und stand auf. Ging die Rundgalerie entlang, auf die andere Seite und stand vor der Tür, die Hand auf der Klinke.

Noch bevor er sich zurück halten konnte, war er schon in Allen Walkers Zimmer, leise, wie ein Nebelhauch.

Er trat an Walkers Bett und sah auf ihn hinab.

Weiße Haare.

Weiße Haut.

Weißes Leinen.

Allen Walker war vollkommen weiß und Kanda konnte nur mit Mühe die Narbe über seinem Auge erkennen. Sogar das Pentakel schien in der Nacht zu verblassen.

Kanda starrte auf das Weiß in Weiß.

Schließlich drehte er sich um und ging wieder.
 

In der nächsten Nacht bemerkte er, dass Allen Walker sich nur wenig im Schlaf bewegte.

Vielleicht hob er einmal einen Arm.

Vielleicht drehte er einmal den Kopf.

Aber das war auch schon alles.

Es war das, was Kanda schon von den wenigen gemeinsamen Missionen kannte und von den früheren Nächten.

Allen Walker hatte einen tiefen Schlaf.
 

In der nächsten Nacht blickte Allen Walker ihn an und er fragte: „Was wird das jetzt?“

Es kam so abrupt, das Kanda richtiggehend zusammenfuhr; Allen Walker würde sich diesen Erfolg verbuchen können.

„Was?!“

„Du kommst her und starrst mich an.“ Die grauen Augen konnte er sogar durch die Nacht hindurch sehen. „Also, was ist das?“

Kanda gab keine Antwort.

„Wieder die alte Routine?“

„Wär das so ein Problem?“

Walker fragte nicht, warum er fragte. Ein Glück.

Er fragte nicht. Er sagte: „Nein. Aber könntest du mich in dem Fall bitte vorher wecken? Es ist wirklich eine lästige Angewohnheit von dir.“

Kanda starrte auf das vage erkennbare Gesicht, das da zu ihm gewandt lag.

Mit einem Schlag verspürten seine Finger wieder den beinahe unbändigen Drang, Allen Walkers Hals zu packen.

Er wandte sich rasch ab und mit wenigen eiligen Schritten, jedoch ohne Hektik verließ er das Zimmer wieder.

In seinem Rücken hörte er Allen Walker seufzen.
 

Er konnte sich mehrere Tage sehr gut beherrschen.

Er schlief sogar, wenn die Glocke drei schlug.

Mehrere Tage waren eine lange Zeit.

Eine lange Zeit konnte wie eine Ewigkeit scheinen.

Eine lange Zeit war keine Ewigkeit.

Und nach der Nicht-Ewigkeit von mehreren Tagen war Kanda wieder da, an Allen Walkers Bett, Allen Walkers Blick auf sich.

Es war Allen Walker, der schließlich seine Hüfte packte und ihn zu sich aufs Bett, auf seine Körpermitte zog.

„Was soll das?“

Allen setzte sich auf, weit genug, dass Kanda einen vagen Atemhauch auf seiner Haut fühlte.

Die Wärme war beinahe schon unangenehm.

Walker schielte zu ihm hoch. „Wozu solltest du denn sonst andauernd kommen?“

Und als Kanda keine Antwort gab fuhr er fort: „Wie gesagt, alte Routine.“

So war es wohl.

Walkers Hände wiesen die gleiche, altbekannte Zielsicherheit auf, als er Kandas Yukata beiseite schob und über seine Körpermitte strich.

Er selbst hob kurz Allens Hüfte an, zog ihm die Schlafanzughose aus und legte ihn dann wieder ab.

Danach dauerte es nicht mehr lang.

Sie machten sich gegenseitig hart, Kanda nahm ihn in sich auf und kurz darauf war es schon wieder vorbei.

Kanda seufzte leise, beinahe schon enttäuscht, als er von Allen herunter stieg. Es war genauso gewesen wie beim ersten Mal.

Allen sah an die Decke. „Und? Was ist?“

„Was?“, knurrte Kanda schon wieder gereizt.

Allen seufzte. „Na gut. Mach, was du willst, aber stell dann wenigstens sicher, dass ich wach bin.“

„Du warst immer wach.“

„Manchmal erst, nachdem du angefangen hast, mich anzufassen.“

„Das war ein Mal“, brummte Kanda, als er aufstand und sich im Gehen den Yukata zurecht zog.

Dann war er aus dem Zimmer.
 

Manchmal fragte Kanda sich, warum er ein Gehirn hatte. Gut, ja, es hatte sicher seine Ursache und seinen Grund. Aber er stellte fest, dass das Gehirn in seinem Kopf des Öfteren die Daseinsberechtigung zu fehlen schien.

Anders konnte er sich das alles nicht erklären.

Gut, das erste Mal hatte Allen Walker ihn so weit gebracht. Das war definitiv nicht Kandas Schuld gewesen und auch nicht die Schuld seines Gehirns. Allen Walker hätte sich ganz einfach eine Maske tragen sollen, die leichter zu durchschauen war. Dann hätte Kanda sich nicht so sehr darauf versteifen müssen.

Dass es dann weiter gegangen war, war auch Allen Walkers Schuld. Er hätte ihn nur abwehren müssen oder sein Dasein aktiv begrüßen, Kanda nur irgendeine Reaktion geben sollen. Dann wäre Kanda schon zufrieden gewesen.

Dann hatte Allen Walker die Maske irgendwann dünner werden lassen und auch hier war es seine Schuld gewesen. Es war seine Schuld, dass er nie aufgehört hatte, Kandas Nerven aufzufressen.

Es war seine Schuld. Seine Schuld.

Kanda fuhr sich über die Stirn, als er die bekannte Stimme hinter sich hörte.

Ja, es war ja Frühstückszeit.

Er selbst saß über seiner Schale Soba, während er hörte, wie im Hintergrund die übliche, übelkeitserregende Menge an Speisen im üblichen schwindelerregenden Tempo herunter gerattert wurde, in der üblichen, heiter schnatternden Stimmlage.

Was würde passieren wenn...

Er beendete sein Frühstück, stand auf und begab sich mit seinem Tablett in Richtung Geschirrrückgabe.

Was wäre...

Im Vorbeigehen warf er Allen ein ganz mechanisches, reflexives „Tse“ zu. Beobachtete, wie Allen zusammenfuhr, einige Sekundenbruchteile lang verharrte – und dann seine übliche Bestellung fortsetzte, unvermindert lächelnd.

Das war ein Bruch in ihrer Routine und zwar ein gewaltiger.

Er wandte sich nicht um, um ihre Zankereien fortzuführen.

Kanda starrte auf den Rücken.

Dann, mit einem Ruck wandte er sich um und marschierte davon.

Verdammte Bohnenstange.
 

Sein Schwerttraining draußen im Hain beruhigte ihn wieder. Er musste zur Ruhe finden, um Mugen im inaktiven Zustand ebenso selbstverständlich zu führen.

Und die Ruhe kam, kaum dass er den Schwertgriff in der Hand fühlte, das Gewicht, als er Mugen langsam aus der Scheide zog und verschiedene Grundstellungen durchging, zuerst traditionell japanische und dann westliche.

Die Ruhe war beim Wechsel von der Hut in einen Angriff vollkommen wiederhergestellt.

Was hatte Walker dazu gebracht, die Routine zu brechen, sie sie zwischen sich etabliert hatten?

Was bezweckte er damit? Und ja, er bezweckte todsicher etwas damit. Allen Walker tat nichts einfach so. Er hatte immer irgendeinen Grund – wenn man vielleicht ausklammerte, dass er den Sex mit Kanda zuließ. Aber da war Kanda einfach nur noch nicht auf den Grund gekommen. Irgendetwas hatte er damit bezwecken wollen oder er hatte etwas damit zeigen wollen und der Umstand, dass Kanda keine Ahnung hatte, was das war, gefiel ihm ganz und gar nicht.

Er würde es herausfinden müssen.
 

Allen Walker war hellwach, als er in dieser Nacht zu ihm kam. Er saß auf seinem Bett, ein Kissen zwischen sich und die Wand gelehnt, die Nase in einem Buch vergraben; auf dem Nachttisch brannte eine Petroleumlampe.

Kanda war sehr leise eingetreten, so dass er ihn nun in Ruhe beobachten konnte.

Die weißen Haare fielen ihm in die Augen wenn er sie sich nicht gerade hinter das Ohr strich.

Kanda beschloss, dass fünf Sekunden Beobachtung genügen mussten und schloss die Tür.

Er tat es geräuschvoll.

Allen hob irritiert den Blick und blickte in seine Richtung.

Kanda sah, wie seine Augen sich kurz ein wenig weiteten.

Dann schlug er das Buch zu. „Ach, du bist es.“

Kanda trat an das Bett.

„Bist du gekommen, um zu starren oder wegen etwas anderem?“, fragte Allen.

Kanda griff nach dem Drehrad der Lampe, doch noch löschte er das Licht nicht. „Was sollte das heute?“

„Hm? Was meinst du?“ Allen legte fragend den Kopf schief.

„Heute in der Cafeteria.“

„Hm... ach so, das. Wieso, was ist damit?“

Ja, was war damit?

Allens Lächeln wurde nun ein wenig unangenehm. Das war noch eine Neuerung, die die dünner gewordene Maske mit sich gebracht hatte, stellte Kanda fest.

„Ich habe eben Hunger gehabt. Mein Frühstück ist mir überaus wichtig und ich wollte mich nicht mit einem albernen Streit aufhalten.“ Seine Hand legte sich auf Kandas Taille und er zog ihn auf seine Hüfte. „Wirklich, manchmal geht deine Fantasie mit dir durch, Kanda.“

Die Hand strich durch den Stoff des Yukata hindurch über seine Haut. Die kleinen, kreisförmigen Bahnen waren heiß, da wo Allen sie zog.

Kanda verharrte unter der Berührung.

Allen ließ seine Hand auf der Hüfte ruhen als er ein wenig ungeduldig seufzte. „Also wirklich – beim letzten Mal, na gut. Aber ich dachte eigentlich, dass wir uns rein grundsätzlich geeinigt hätten.“

„Warum ist das letzte Mal eine Ausnahme?“

„Du hast mich überrumpelt. Und ich wusste nicht, ob du dich dann noch einmal blicken lässt oder ob ich mir den Aufwand sparen kann.“

„Nun, ich bin wieder hier“, sagte Kanda, so ruhig wie immer.

„Bist du. Was heißt, dass du dich auch gerne an die Regeln halten kannst.“ Allen griff nach seiner Hand und legte sie sich um die Taille. „Na komm. Ist gar nicht schwer.“ Zum Beweis ließ er seine eigene Hand über Kandas Hüfte gleiten. Die Linke, die immer noch Kandas Handgelenk umklammert hatte, zwang ihn nun regelrecht, es ihm gleichzutun.

„Siehst du? Gar nicht schwer.“ Kandas Hand lag inzwischen auf Allens Haut und der Griff um sein Handgelenk lockerte sich. Die Haut unter seinen Fingern war warm und Kanda merkte, dass er selbst überrascht darüber war. Hatte er sich davor etwa kühler angefühlt? Eigentlich war das doch nicht möglich, oder?

„Na also.“ Allens Stimme war ein einziges zufriedenes Lächeln im Dunkeln. „Geht doch.“

Kanda hätte ihn am liebsten erwürgt dafür.

Er begnügte sich damit, ihn fest genug zwischen die Beine zu fassen, dass er erschrocken aufjapste.

Dann lachte er. „Kein Grund, sauer zu werden.“ Allen zupfte die Hand von sich fort und führte sie wieder über sich hinauf.

Er war Kanda inzwischen nah genug, dass er seinen Atem auf der Haut fühlen, dass er ihn riechen konnte.

Kanda musste ihm wirklich zugute halten, dass Allen sich darauf verstand, was er tat.

Es dauerte nicht lang, dass sie so weit waren.

Aber Allen ließ ihn noch nicht. Seine Finger hielten Kanda noch immer davon ab, sich endlich zu holen, was er wollte.

„Was soll das?“, knurrte er.

„Du bist zu ungeduldig.“ Allen lachte leise. „Und du denkst immer noch, ich wär eine Gummipuppe. Oder was du sonst so dafür nimmst.“

Kandas Hand zuckte zu Allens Hals.

„Na komm, ich kann dich ja doch nicht länger aufhalten.“

Die Hand zog sich zurück.

Kanda konnte das hier abschließen.

Und wieder beeilte er sich danach, rasch davonzukommen.
 

Missionen hielten sie in der Folge beschäftigt und abwechselnd vom Orden fern; einige Wochen lang blieb Kanda Allen Walkers Zimmer aus genau diesen Gründen fern. Es war keine angenehme Zeit, stellte Kanda fest. Er hatte sich wohl zu sehr und zu schnell wieder daran gewöhnt, sich regelmäßig auslasten zu können. Es fehlte jetzt. Er hatte sich daran gewöhnt, sich an Allen Walker auszutoben, er hatte sich an die ganze Routine gewöhnt, die sich zwischen ihnen entwickelt hatte, die schon da anfing, wo er in Allen Walkers Zimmer schlich.

Das war nicht gut. Aber so war es wohl nun einmal. Und dass seine eigene Hand ihm schon seit einer Weile nicht mehr so effizient schien wie Allen Walkers machte es auch nicht besser.

Er hätte rechtzeitig aufhören müssen, bevor er tatsächlich dieses Interesse an Walker entwickelt hatte. Letztendlich hatte er ja das ja dieses Treiben nur wieder aufgenommen, um sich über diese scheinbare Veränderung zu vergewissern, die in Walker vorgegangen zu sein schien.

Er hatte sich vergewissert.

Sein zweites Wiederkommen war gar nicht mehr notwendig gewesen. Es hatte ihn nur daran erinnert, wie gut es ihm tat, sich auszulasten.

Aber Walker hatte ja auch nie – weder früher noch jetzt – je Einwände gehabt. Warum nicht nutzen, was man bekam?

Und jetzt saß er im Orden, ohne Möglichkeit zur Entlastung, da Walker sich momentan in der Weltgeschichte herum trieb und todsicher sein Bestes tat, seine Mission zu vermasseln und sich selbst in Stücke reißen zu lassen.

Kanda stellte fest, dass es mit ihm ab und zu übel genug wurde, dass er sich schon überlegte, sich noch einen Ersatz zu suchen. Für den Fall, dass Walker wirklich nicht zurück kam.

Die Idee scheiterte an der Auswahl.

Also blieb er übellaunig und unausgelastet.
 

Er sah Allen Walker nach Wochen wieder, wie er sich mit einem Mal in der Cafeteria ihm gegenüber setzt und sofort hinter seinem üblichen Berg aus Schüsseln und Tellern verschwand, die übliche übelkeiterregende Menge an übelkeiterregenden Speisen in übelkeiterregenden Tempo in sich hinein schaufelnd.

Keiner sprach ein Wort. Sie sahen sich nicht einmal an.
 

In dieser Nacht dauerte es lang, bis er genug hatte und am Ende tat ihm alles weh.

Walker selbst war übersät mit Kratzern, lange, tiefrote Linien, auf seiner blassen Haut.

Falls jedoch umgekehrt Walker auf ihm Spuren hinterlassen hatte, dann waren sie bereits wieder verheilt.

Er wandte den Kopf ab. „Es ist schon spät. Geh. Ich will noch ein wenig schlafen.“

Die Dämmerung schickte ein kaltblaues Licht zu ihnen und Kanda beobachtete, wie es die blasse Haut und die hellen Haare tönte.

So sah Walker aus wie eine Leiche. Unmöglich, dass sich sein Körper vorhin noch so heiß angefühlt hatte, da, wo er auf Kanda getroffen war.

Es schien unglaublich genug, dass er die Hand nach Allens Seite ausstreckte und prüfend darüber strich.

Die Haut fühlte sich an wie Haut. Glatt, nachgiebig, warm, mit Resten der vorherigen Hitze.

Allen drehte den Kopf zu ihm und Kanda zog rasch seine Hand zurück. „Also dann.“ Allen gähnte. „Gute Nacht.“

„Es dämmert“, bemerkte Kanda.

„Mir gleich“, erklärte Allen. „Ich bin müde, dank dir. Lass mich schlafen.“

Kanda stellte fest, dass dies einer der wenigen Wünsche war, die er Allen Walker nur zu gern erfüllte.
 

Er selbst schlief die zwei Stunden durch, die ihm noch blieben, ehe er sich üblicherweise zu seinem Morgentraining erhob.

Mugen gehorchte ihm heute mit einer Leichtigkeit, als wäre es in Teil seines Körpers; sein Körper selbst ging durch jede Bewegung, als hätte es die letzten Wochen Reizbarkeit und schlechter Laune nie gegeben.

Am Ende war er schweißnass, seine Arme und Beine zitterten, doch nach wie vor hatte er die Kontrolle über sich. Das Training war wirklich ausgesprochen gut gelaufen und in Kanda machte sich ein beinahe zufriedenes Gefühl breit, als er sich abtrocknete und sich sein Hemd überwarf, ehe er sich zum Frühstück begab. Nicht, dass man es ihm angesehen hätte. Sein Gesicht war steinern wie eh und je und entsprechend ließ man ihn in Ruhe. Was natürlich nur noch mehr zu seinem Wohlbefinden beitrug.

Das Frühstück war eine äußerst ruhige Angelegenheit; Rabi tauchte nur kurz auf und verschwand sogleich wieder, als Kanda ihn konsequent ignorierte.

Und niemand krähte Bestellungen durch die Gegend, von denen Kanda schon beim Hinhören schlecht wurde.

Allen Wakler hatte heute anscheinend beschlossen, auszuschlafen, denn tatsächlich kam er nicht zum Frühstück, nicht zum Mittagessen und auch den Großteil des Nachmittags blieb er verschollen.

Kanda überlegte flüchtig, ob Walker noch am Leben gewesen war, als er ihn verlassen hatte. Die Antwort war ein klares Ja. Und er hatte auch nicht den Eindruck vermittelt, demnächst sterben zu wollen.

Nein, um Walker musste er sich keine Sorgen machen.

Und tatsächlich zeigte sich Walker irgendwann am späten Nachmittag, mit Ringen unter den Augen und verschlafen dreinblickend.

Kanda musste zugeben, dass er diese Dreistigkeit nur bewundern konnte.

Mit allen Anzeichen eines Langschläfers spazierte er seelenruhig in den Gemeinschaftsraum, die Haare noch immer ungekämmt und dadurch ungewöhnlich abstehend und eigenwillig.

„Morgen“, gähnte er.

Kanda überlegte, dass er doch unmöglich wirklich bis jetzt geschlafen haben konnte.

Er überließ es Linali, das auszusprechen, während er sich wieder auf das Schachbrett konzentrierte, das zwischen ihm und Bookman auf dem Tisch stand.

„Was war denn heute mit dir los?“

Kanda zog mit einem Turm gegen Bookmans Springer an, während Linali schon von ihrem Lesesessel auf und auf Walker zusprang. „Wir waren schon so weit, eine Totenwache für dich halten zu wollen!“

Das brachte Allen Walker zum Lachen. „Ist nicht nötig, wie du siehst. Ich lebe noch.“

„Hätte man gar nicht gedacht“, grinste Rabi von seinem Sessel her. „Was war denn?“

Allen lächelte und es sah aus, als unterdrückte er ein Gähnen. „War während der letzten Mission eigentlich andauernd wach. Der Schlaf muss ja auch mal nachgeholt werden.“ Er streckte sich. „Ehrlich gesagt fühle ich mich immer noch wie tot.“ Lachend ließ er sich auf das Sofa fallen und schloss die Augen.

Rabi lachte. „Wenn du jetzt wieder einschläfst, male ich dir wieder das Gesicht an“, drohte er scherzhaft.

„Wag es nicht!“

Rabis Lachen wurde lauter, als er sich streckte, um zu Allen hinüber zu reichen und seine Haare noch mehr durcheinander zu bringen, als sie es ohnehin schon waren.

Kanda ertappte sich dabei, zu beobachten, wie die weißen Strähnen durch Rabis Finger glitten, als wären sie aus Wasser.

Er strich sich selbst eine Strähne aus dem Gesicht. Sie fühlte sich sehr greifbar an.

„Schach“, grinste Bookman plötzlich.

Kanda sah auf das Brett. Es war eine harte, unangenehm verlustreiche Partie gewesen, die sie sich da geliefert hatten, wirklich anstrengend.

Er betrachtete das Brett eine ganze Weile lang. Da standen noch sein Springer und seine Dame und sein König und Bookmans König und Bookmans Dame und Bookmans Turm.

Mit einem hochzezogenen Mundwinkel zog er mit der Dame gegen den Turm, nahm ihn vom Brett und bemerkte: „Schachmatt. Schau das nächste Mal genauer hin.“

Auf dem Sofa brummte Rabi: „Yu hat heute ja richtig gute Laune.“

„Er hat mich den ganzen Tag nicht gesehen“, bemerkte Allen grinsend. „Vielleicht hatte er Angst, ich mag ihn nicht mehr und hat sich vorgenommen sich zu benehmen.

Kanda fühlte sich unsichtbar zusammenfuhr. Wollte er damit irgendetwas sagen?

Doch Walker hatte sein übliches Lächeln im Gesicht, mit einem Zug um den Mund, der deutlich machte, dass er nur witzelte.

Nein.

Es war kein Seitenhieb gewesen.

Der Rest der Gruppe lachte.

Sie hatten die Worte anders aufgefasst als Kanda, so, wie sie gemeint waren.

Aber Kanda hatte eine andere Nachricht sehr wohl erhalten.

In dieser Nacht ging er nicht zu ihm. In dieser Nacht ließ er ihn schlafen.
 

Am nächsten Morgen war Allen Walker wieder pünktlich zum Frühstück in der Kantine und bestellte die gewohnten übelkeitserregenden Mengen.

Sie stritten sich und wünschten dem jeweils anderen aus tiefsten Herzen einen Strick um den Hals.

Ihre nächtlichen Begegnungen pendelten sich auf ein Intervall von zwei, drei Tagen ein.

Das Leben ging weiter.

Manchmal bemerkte Kanda etwas, während er auf Allens Hüfte saß, ihn in sich hatte und sie sich zusammen bewegten, in einem Einklang, den sie auch nur zu diesen Gelegenheiten schafften.

Seine Haare, lange, pechschwarze Strähnen, die mit der Dunkelheit um sie herum verschmolzen, hoben sich immer im scharfen Kontrast von Allen Walkers Haut ab, die so unwirklich hell war. Allen Walker fühlte seine Haare, wenn er über Kandas Seiten und seinen Rücken strich oder seinen Hals und seine Schulter mit Zähnen und Zunge bearbeitete. Sie strichen über seine Haut, seine Arme, sein Gesicht.

Allen Walker kannte das Gefühl seiner Haare auf der Haut. Sie fühlten sich für ihn genauso fest an wie für Kanda selbst.

Allen Walkers Haare waren genauso weiß, wie seine eigenen schwarz. Das komplette Gegenteil. Sie fühlten sich sicher auch anders an.

Kanda fühlte seine Hände zucken, jedes Mal, wenn er sah, wie sie durch Rabis Finger glitten, wenn er sich mit Allen balgte. Sie zuckten danach, darüber zu streichen und seine Überlegung zu bestätigen oder zu widerlegen.

Hände waren dumme Dinger.

Kanda hielt sie immer unter Kontrolle, immer zu einer festen Faust geschlossen, außer wenn sie miteinander zu Gange waren.
 

Die Begegnungen dauerten immer ein wenig länger.

Allen ließ sich Zeit mit ihm, ehe er ihm gab, was er haben wollte.

Seine Hände strichen raumgreifend über Kandas Haut, immer sehr langsam.

Es war ein gutes Schauspiel, das er ihm bot. Kanda konnte fast meinen, dass Allen es genoss ihn auf diese Art immer weiter und weiter zu treiben, statt dass es für ihn einfach eine Sache war, die nun einmal gemacht wurde. Aber was wusste Kanda schon, was in Allen Walkers Kopf vorging?

Was interessierte es ihn auch?

„He...“ Er lachte einmal und unterbrach seine Berührung; Kanda brummte unwillig darüber und begann, die Berührung weiterzuführen, indem er Allen am Handgelenk packte und die Hand wieder an ihren Platz – zwischen seinen Beinen – zog.

„Was?“, knurrte er, während Allen wieder seine Bewegung aufnahm.

„Kannst dich ruhig an mir festhalten, wenn ich reinkomme“, bemerkte Allen, die Lippen nah an Kandas Haut. „Wenn du so schwankst, ist es für uns beide nur unangenehm.“

Kanda gab keine Antwort. Allens Hand in seinem Schritt ließ ihn nichts sagen und so gut wie nichts denken.

„Na komm. Ist wirklich besser für uns beide“, murmelte Walker, während er seine Hand nun wirklich von ihm fortzog und ihn an der Hüfte fasste und ihn hochhob.

Er rutschte ein wenig nach hinten und zog Kanda mit sich.

Dann kam er in ihn hinein und Kanda biss sich auf die Lippen.

Allen verharrte kurz, sah ihn an und verleitete Kanda zu einem neuerlichen verärgerten Schnaufen.

Er lachte. „Ab und zu könntest du ruhig auf mich hören. Ist nicht zu deinem Schaden.“ Er packte seine Arme und legte sie um sich, ehe er die Bewegung wieder aufnahm.

Kanda ertappte sich dabei, wie er sich an Allen festkrallte, bis er unter seinen Fingernägeln etwas Feuchtes fühlte.

Als er ihn später los ließ, bemerkte er dünne, fleckenhafte Spuren auf der weißen Haut. Bei besserem Licht wären die Flecken rot gewesen, genau wie seine Finger. Ob sich die Haare auch rot färbten, wenn er die Finger hindurch gleiten ließ?

Kanda erhob sich.

„Du könntest wenigstens die Güte haben, dich um meinen Rücken zu kümmern“, brummte Allen. „Wenn du ihn schon unbedingt so zurichten musst.“

„Du wolltest, dass ich mich festhalte.“

„Festhalten, ja. Von Kratzen war keine Rede gewesen. Also? Ich komm da nicht dran.“

„Hast du Salbe da?“, fragte Kanda.

„Im Nachtschrank. Obere Schublade, linke Seite.“

Kanda zog die Schulbade auf, griff hinein und fand einen Tiegel. Als er ihn aufschraubte, roch es nach Menthol und Kampfer und Kamille. „Warum machst du wegen so etwas einen solchen Aufstand?“

„Ich bevorzuge es nun mal, nur auf dem Schlachtfeld verletzt zu werden“, bemerkte Allen lächelnd. „Im Übrigen ist ein Aufstand in meinem Maß berechtigt. Du hast tief genug gekratzt, dass es blutet.“

„Es ist trotzdem nicht zu tief, um Salbe drauf zu machen“, bemerkte Kanda und verteilte die Salbe auf den Kratzern, ohne darauf zu achten, wie die Bohnenstange zusammenzuckte. „Schlaf auf dem Bauch“, wies er ihn an.

„Hab ich vor.“

Kanda verteilte noch ein wenig mehr Salbe um zwei tiefere Kratzer und er hörte Allen einatmen.

Es klang nicht im Geringsten nach dem leisen, ärgerlichen Zischen, das Kanda eben noch gehört hatte.

„Ich denke, in Zukunft werde ich deine idiotischen Ratschläge nicht noch einmal befolgen.“

„Ach, daran störe ich mich nicht“, meinte Allen.

Kanda schraubte den Salbetiegel und stellte ihn wieder zurück in die Schublade, schob sie zu und verließ dann den Raum.
 

Danach folgte er dann doch einer Weile lang dem Ratschlag. Es war tatsächlich angenehmer so und er bemühte sich, nicht allzu heftig zu kratzen.

Der Rücken fühlte sich schmal an, wenn er die Arme darum hatte, schmaler als er aussah.

Aber nicht zu schmal, um sein Kreuz zu tragen.

Und er hatte die richtigen Maße, sich daran festzuhalten. Nach kurzer Zeit wies allen Walkers Rücken wieder Kratzer auf.

Allen Walkers Berührungen dauerten länger und sie wirkten länger nach. Sie wirkten nach, wenn sie getrennt auf Missionen gingen.

Seltsamerweise fühlte er den Rücken wieder zwischen seinen Armen, als Komui anrief und ihn benachrichtigte, dass er, Marschall Theodor und Mari sich nach Japan begeben sollte.

„So wie es aussieht, ist Allen Walker durch einen Noah umgekommen“, hatte Komui noch gesagt, mit einer Stimme, die nicht mehr ganz die Heiserkeit unterdrücken konnte.

Kanda hatte gesagt „Verstanden“ und dann hatte er aufgelegt.

Dann war es für ihn weiter gegangen wie zuvor. In seiner üblichen, mürrischen Art hatte er sein Bündel genommen, als sich ihre Truppe nach Japan aufgemacht hatte.

Seltsamerweise war das Gefühl zwischen seinen Armen geblieben.
 

Letztendlich fanden ihre Gruppen in Japan zusammen und auch Allen Walker den Weg von den Totgesagten wieder zu ihnen zurück. Zusammen kehrten sie in ihr Hauptquartier zurück und dann fand Kanda auch die Worte, die ihm in all den Kämpfen, den Zustanden des Ausgelöscht-Werdens und des Wiederkehrens nicht gekommen waren.

„Für einen Toten bist du ja reichlich anwesend“, bemerkte er.

Allen Walker lächelte ihn auf seine übliche, heitere Art und Weise an, als sie nebeneinander auf ihren Behandlungsbahren lagen, in dicken Verbänden, kaum fähig, sich zu bewegen.

Allen Walker lächelte.

Als wäre alles gut, als wäre es ein ganz normaler Tag im Orden.

„Ja, ich lebe noch. Das Glück ist mit den Dummen, was?“

„Dabei bist du eigentlich sogar zu dumm, um mal wirklich ordentlich Glück zu haben“, brummte Kanda.

„Ich bin am Leben und ich hab meinen Arm“, meinte Allen lächelnd. „Brauch ich mehr Glück?“
 

Die Ruhe, die sie nun hatten, war nur von kurzer Dauer.

Nach ihrer beider Entlassung kam Kanda noch ein Mal zu ihm.

Am nächsten Morgen wurde Allen offiziell dem wachsamen Auge des Inspektors Howard Link unterstellt und dieser wich nun nicht mehr von seiner Seite.

Wenn ihn die Laune packte, überlegte Kanda, wie die Nächte aussahen, die sich hinter Allen Walkers – und nun auch Howard Links – Schlafzimmertür abspielten.
 

Allen Walker fiel in alte Verhaltensweisen zurück, bemerkte Kanda. Mit einem Mal war sie wieder da, die glatte, lächelnde Spiegelmaske.

Und wieder prallte alles an dieser Maske ab.

Und wieder wurde Kanda wütend darüber.

Ihre Treffen waren selten geworden, da sie immer Links seltene Abwesenheit abwarten mussten.

Aber dann ließ Kanda ihn seine Wut spüren, so heftig, dass Allen witzelte, ihm gingen langsam die Ausreden für die vielen blauen Flecken aus.

„Dann red dich nicht raus“, war Kandas mürrische Antwort, auf die hin Allen nur noch mehr lachte. „Der arme Link. Das überlebt er nicht.“ Und dann, ernster sage er: „Jeder, der engeren Kontakt mit mir hat, wird ebenfalls überwacht. Und da reicht es, mit mir ins Bett zu gehen.“

Sie waren bereits fertig für diese Nacht, doch jetzt zog Allen ihn mit einem Mal wieder in seinen Schoß.

„Hast du noch nicht genug?“

„Du doch auch nicht. Kein Wunder, so selten wie wir mal dazu kommen.“ Wie zuvor strichen Allens Hände und Lippen über Kandas Haut, auf bereits ausgetretenen Pfaden entlang.

Es zeigte dennoch Wirkung, vielleicht sogar noch mehr als zuvor, weil Kanda noch im Nachglühen war.

Die Finger des Anderen fuhren fest über die Haut.

Sie bewegten sich gegeneinander, ließen sich von der Bewegung mitreißen und mischten ihre Stimmen miteinander.

Erst, als sie erschöpft zusammensackte, wurden sie ruhiger

Allens Kopf sackte gegen Kandas Schulter; sein Atem schoss stoßweise seine Brust hinunter.

Jetzt war er wohl wirklich fertig.

Kanda auch. Nun ja, es war wirklich eine Weile her gewesen.

Etwas kitzelte ihn an der Wange, wie ein Windhauch, kühl und glatt und körperlos.

Es dauerte eine Sekunde, ehe er darauf kam, dass das wohl Allens Haar war.

Es war zu schnell wieder von ihm fort, als dass er es wirklich hätte fühlen können und seine Hand hatte er zu gut unter Kontrolle. Allen sah ihn an, als ob er etwas fragen wollte, doch dann schloss sich sein bereits geöffneter Mund und er seufzte. „Es ist schon spät. Besser, du gehst.“

Kanda stieg von ihm herunter und griff nach seinem Yukata. Er zog ihn sich im Laufen an, ohne sich umzudrehen.
 

Die Tonbandaufnahme kam überraschend.

Kanda hörte sie zusammen mit einigen anderen Exorzisten, in Komuis Büro.

Er hörte, wie Marschall Marian Cross mit nur wenigen Worten die Welt und das ganz Sein seines Schülers auf den Kopf und in Frage stellte.

Als er Allen dann sah, war er blass, so wie in den ganzen letzten Tagen seit ihrem Umzug in das neue Hauptquartier. Doch er lächelte sein Spiegelmaskenlächeln.

Kanda sah sich das eine Weile an, ehe er beschloss, die erste Gelegenheit, die sich bot, zu nutzen.

Sie bot sich bald.

„Dein Wachhund ist nicht da“, bemerkte er an einem Tag, als sie sich zum Mittag gegenüber saßen.

Walker hatte eben seine dritte Schale Curry verspeist – gesitteter, als Kanda es erwartet hätte.

Langsam schob er sich einen Löffel in den Mund, kaute. Schluckte. Und lächelte sein Maskenlächeln. „Es wäre mir ehrlich gesagt ganz lieb, wenn du die nächsten Tage nicht kommst. Ich hätte gern ein wenig meine Ruhe.“

Es war überraschend genug, dass Kanda der Bitte folgte.
 

Es hatte Auswirkungen. Das unvermittelte Aussetzen ihrer Treffen zeigte tatsächlich Auswirkungen, die weit über den Bereich der rein körperlichen Entlastung hinaus gingen.

Er und Walker hatten immer sehr wenig miteinander gesprochen, aber sie hatten auf dem Schlachtfeld immer gut zusammen funktioniert. Ihre Kampfhandlungen waren immer aufeinander eingespielt gewesen, von Anfang an.

Im Gegensatz dazu war ihre Kommunikation jetzt gar nicht mehr vorhanden. Sogar das Minimum, mit dem sie sich in Kämpfen aufeinander abstimmen konnten, fehlte.

Es lag nicht an Kanda.

Mit Mari – mit jedem anderen Exorzisten in diesem gottverdammten Orden – funktionierte er so gut wie eh und je.

Allen Walker war es, der nicht mehr richtig funktionierte. Oh, seine Synchronisation mit seinem Innocence war unvermindert. Was man als gutes Zeichen werten konnte; zumindest sah es nicht so aus, als ob er in allzu naher Zukunft ein Gefallener werden würde.

Was nichts daran änderte, dass es schwierig geworden war, mit ihm zusammenzuarbeiten. Seine Bewegungen, seine ganzen Abläufe waren von ihnen allen abgekoppelt.

Und dann wunderte er sich am Ende noch, wenn er beinahe von einem Akuma erledigt wurde.

Und hatte dann auch noch die Dreistigkeit, seinem Lebensretter – der zufällig Kanda gewesen war – frech daher zu kommen.

Kanda schäumte noch Wochen später wegen dieser Idiotie, die die Bohnenstange sich da geleistet hatte. Scheiß Kindheit hin, Besetzt von einem Noah sein her, die verdammte Bohnenstange tat gut daran, seine Einsatzeffizienz darunter leiden zu lassen, ehe Kanda sich entschied, ihn einfach so umzubringen.

Die Wut führte ihn wieder zu Allen Walker, als dessen Bewacher einmal mehr eine Nachtschicht im Dienste seines direkten Vorgesetzten einlegen musste. Kanda hatte bewusst so lang gewartet und seine Wut war in dieser Zeit nur noch gewachsen.

Als er die Tür zu Allens Zimmer öffnete, hatte eben diese Wut, ob der Aussicht sich bald austoben zu können, so viel Kontrolle über ihn, dass er schon gar nicht mehr darauf achtete, sich leise zu bewegen.

Tatsächlich wäre es im nur recht gewesen, hätte er Allen Walker mit seinem Eintreten geweckt und aufgeschreckt.

Doch Allen Walker wachte nicht auf, denn er war schon wach und sah ihn aus einem bleichen, ein wenig ausgezehrten Gesicht entgegen. „Ich hatte dich doch gebeten, erst einmal nicht zu kommen.“

Kanda presste eine Hand auf seine Lippen und setzte sich auf ihn.

Er fühlte Gegenwehr.

„Halt still!“, zischte er.

Allen stemmte sich noch eine Sekunde lang gegen und Kanda rutschte ein wenig, fing sich jedoch sofort wieder.

„Was denkst du, was du da machst?“, fragte er.

„Lass mich“, murmelte Allen. „Lass mich.“ Er drehte den Kopf weg.

Kanda ließ ihn nicht. Seine Hand tasteten hinter ihn, fanden den Schritt des anderen und verharrte dort.

Und Allen Walker wurde lax unter ihm, wie eine Marionette mit durchgeschnittenen Fäden. „Na gut“, murmelte er, „mach was du willst.“

Die Aufforderung hätte Kanda wirklich nicht mehr benötigt. Er arbeitete sich eine Weile lang daran ab, Allen Walker weit genug zu bringen, um ihn in sich aufnehmen zu können.

Als es dann so weit war, hörte er nur ein unterdrücktes Keuchen.

Als er sich bewegte, schweres Atmen und Zischen.

Und die ganze Zeit über hatte er den Blick von Kanda abgewandt.

Etwas stimmte nicht.

Etwas war absolut nicht so, wie es sein sollte. Irgendetwas war ganz und gar nicht in Ordnung.

Und Kanda wusste nicht, was das sein sollte.

Allen Walker lag unter ihm wie eine Holzpuppe und er rührte sich auch dann nicht, als Kanda endlich von ihm herunter stieg.

Er sah ihn nicht einmal an.

Mit einem Mal schien das Schweigen eine Belastung.

Allen Walker hatte den Blick noch immer von ihm abgewandt. „Ich hatte dich gebeten, nicht zu kommen.“

„Du hattest mich gebeten eine Zeit lang nicht zu kommen“, korrigierte Kanda. „Das habe ich getan. Ich hab lediglich entschieden, dass es lang genug war.“

„Wie schön, dass du daran gedacht hast, mich vorher um meine Meinung zu fragen.“

Kanda bedachte ihn mit einem Blick, den man nach seinen Maßstäben schon fast als scheel bezeichnen konnte. „Du hättest mir sicher eine sehr klare Absage erteilt, grundehrlich wie du nun einmal bist, nicht wahr?“

Allen Walker wandte nun doch das Gesicht zu ihm um und Kanda bemerkte, dass sein Gesicht ein wenig geschwollen schien.

„Bist du deswegen immer gekommen?“

„Weshalb sonst?“, fragte Kanda zurück.

Walkers Mundwinkel zogen sich humorlos nach oben. „Wer weiß. Der Sex vielleicht?“ Er setzte sich auf.

„Du kommst erst jetzt darauf, einmal danach zu fragen?“

Walker zuckte die Achseln. „Du wärst so oder so wieder gekommen, egal ob ich gefragt hätte oder nicht. Reine Zeitverschwendung.“

„Du hättest mich wegschicken können.“

Allen Walkers Augen weiteten sich ein wenig verdutzt. „Warum?“

Das überraschte Kanda.

„Warum hätte ich das machen sollen? Mir ist dadurch kein Schaden entstanden, also habe ich auch keinen Grund, dem ablehnend gegenüberzustehen.“

„Ist dir etwa immer noch egal, was mit dir passiert?“

Allen Walkers kurzes, abgehacktes, humorloses Lachen klang durch den Raum. Kein fröhliches Lachen, aber immerhin ein Lachen. Es war ein Fremdkörper in dieser Luft.

„So wie du das fragst, könnte man fast meinen, dir liege etwas an mir.“

Kandas erster Impuls war, zu gehen. Aber andererseits war das ja vielleicht genau das, worauf Allen Walker abzielte.

Er blieb sitzen. „Beantworte einfach die Frage.“

Wieder dieses kurze, humorlose Lachen. „Inzwischen ist es mir nicht mehr egal“, murmelte Allen dann und seine Augen kniffen sich zusammen. Dann setzte er sich auf und griff an Kanda vorbei um nach Streichhölzern zu greifen, eines anzuzünden und in den Glaskörper seiner Petroleumlampe zu halten. Er drehte schließlich noch das Rad auf, um mehr Licht zu bekommen.

Kanda hob eine Augenbraue.

„Falls du noch immer in Fragelaune bist, frag ruhig“, meinte Allen. „Aber im Dunkeln zu reden ist irgendwie deprimierend.“

Wollte Kanda überhaupt etwas wissen?

Eigentlich ja.

Und eigentlich nein.

Schließlich brach Allen das Schweigen: „Hast du die Aufnahme von meinem Gespräch mit dem Meister gehört?“

„Das haben wir alle.“

Allen schwieg eine Sekunde, von einem scharfen Einatmen einmal abgesehen. Dann sagte er: „Oh. Toll.“

Kanda vermeinte, einen Hauch Sarkasmus zu hören.

Allen seufzte leise und setzte sich wieder auf, lehnte sich an die Wand und starrte aus dem Fenster. „Ich hab gewusst, dass Mana nicht mehr alle beisammen hatte, noch bevor er mich adoptiert hat.“

Kanda legte den Kopf schief.

„Er hatte einen Hund. Der war kurz davor gestorben. Als Mana mich dann von dem Zirkus mitgenommen hat, hat er mich für diesen Hund gehalten. Hat eine Weile gedauert, ehe er das begriffen hat.“ Er lachte und es klang beinahe gar nicht gequält. „Seitdem habe ich auch den Namen.“

„Er hat dich nach seinem Hund benannt?“, fragte Kanda.

„Nein. Er hat mich für seinen Hund gehalten“, korrigierte Allen. „Als er dann endlich den Unterschied bemerkt hat, habe ich dann allerdings den Namen einfach behalten.“

„Warum das denn bitte?“, verlangte Kanda zu wissen.

Allen bedachte ihn mit einem schiefen Lächeln. „Es ist ein Name. Und nicht der schlechteste, also kann ich ihn doch behalten.“ Das Lächeln wurde noch eine Instanz schiefer. „Ist ja nicht so, dass ich hätte allzu wählerisch sein können.“

„Also nimmst du einfach, was dir gerade unterkommt, ohne einen Gedanken darauf zu verwenden?“, fragte Kanda. „Trottel.“

„Wenn du meinst, bitte“, murmelte Allen. „Aber ich habe mich auch nie gefragt, warum Mana mich mitgenommen hat oder warum er mich bei sich behalten hat, nachdem er gemerkt hat, dass ich nicht bellen kann. Ich war nur dankbar, dass er es getan hat.“

Kanda hatte mit einem Mal den Eindruck, dass Allen Walkers Gesicht verrutscht war.

Die Veränderung schien ihm lohnenswert genug, nicht seinem ersten Instinkt zu folgen, der da „Gehen“ sagte.

Er blieb.

Und am Ende saß er doch wieder auf dem Bett, ohne auch nur eine einzige Frage zu stellen; Allen Walker hatte bisher ja so oder so selbst entschieden, was er sagte und worüber er zu schweigen vorzog.

Doch Allen Walker schielte ihn von der Seite her an. „Du bist noch hier, weil du was von mir wissen willst. Also los. Frag, sonst kann ich nicht antworten.“

Kanda hob eine Augenbraue.

Allen Walker lächelte wieder sein Spiegelmaskenlächen für ihn, doch es fand nicht den Weg zu seinen Augen.

„War es dir wirklich egal, dass dein Vater verrückt war?“

„Nachdem er gemerkt hat, dass ich sprechen kann und auf zwei Beinen laufe, war er eine vernünftige, freundliche Person.“ Allen überlegte eine kleine Weile. „Ich kann leider keinen unserer hauseigenen Spinner als Vergleich anbieten.“

Nun, das wunderte Kanda nicht. Allen hatte das Wort vernünftig in der Beschreibung verwendet.

„Naja, er hat mich aufgezogen, da kann man davon ausgehen, dass er ein guter Mensch war“, setzte Allen noch einmal an, dann korrigierte er sich sofort: „Zumindest mir gegenüber.“ Er stockte wieder, wieder mit dem Ausdruck auf dem Gesicht der sagte, dass er überhaupt nicht mit seinen eigenen Worten zufrieden war.

„Ach verdammt, er hat mich geliebt!“, spuckte er dann irgendwann aus, „warum auch immer, Mana hat mich geliebt, Ende. Der Rest kann mir da herzlich egal sein.“

Kanda hob erneut eine Augenbraue, während er bemerkte, wie Allen Walker sich wütend mit der Hand über die Augen fuhr. Er gab ihm einige Sekunden, ehe er fragte: „Ist das deine Grundeinstellung?“

Allen schwieg eine ganze Weile, die Hand noch immer über den Augen. Dann sagte er: „Wenn das, was ich bekomme, immer noch besser ist, als gar nichts, nehme ich es natürlich an. Das ist nur normal.“ Jetzt entfernte er die Hand von seinem Gesicht, so dass er Kanda direkt ansehen konnte. „Und da Ein Bisschen Das Eigentlich Nicht An Mich Gerichtet Ist, immer noch besser ist als Gar Nichts Von Dem was Nicht An Mich Gerichtet Ist, ist es nur in meinem Interesse, das Bisschen, das ich bekomme, zu behalten.“

Ihre Blicke hingen kurz ineinander.

„Und neuere Erkenntnisse haben daran immer noch nichts geändert?“, fragte Kanda dann.

Allen hob eine Augenbraue. „Schon vergessen, was du alles an mir hasst? Ein Punkt auf der Liste war, dass ich nie aufhören werde, ein Idiot zu sein. Zumindest deiner geschätzten Meinung nach.“

Kanda überlegte eine Sekunde lang, was er mit dieser Erkenntnis anfangen sollte.

Das war irgendwie gar nicht so gelaufen wie von ihm gedacht.

Er hatte hinter Allen Walkers Maske blicken wollen. Das war alles gewesen.

Er war tiefer in die Sache hinein gerutscht, als er je beabsichtigt hatte.

Und jetzt, endlich, nachdem er es letztendlich aufgegeben hatte, hatte Allen Walker einen Blick hinter die Maske gewährt und dabei mehr enthüllt, als Kanda je hatte wissen wollen,

Was sollte er jetzt mit diesem Wissen anfangen?

Er betrachtete die Gestalt unter sich.

Seine Hand zuckte noch immer, wieder.

Und schließlich gab er dem Zucken nach. „Dein Umgang mit dem Schwert ist immer noch zum Kotzen“, sagte er. „Taugt nichts.“

„Und was willst du dagegen machen?“, fragte Allen.

„Du trainierst morgen mit mir“, erklärte Kanda. „Und wenn du verlierst“, langsam ließ er seine Hand durch die Strähnen hindurch gleiten, die leicht und kühl waren, wie Wasser auf seiner Haut, „schneidest du dir eine Glatze.“

Allens Augen schlossen sich eine halbe Sekunde lang, dann grinste er Kanda an. „Das hast du beim letzten Mal auch gesagt. Wir haben beide unsere Haare noch.“

„Nicht mehr lange.“ Kanda zog seine Hand zurück. „Keine faulen Tricks, klar? Bis morgen.“ Dann stand er auf.

Er hörte, wie Allen Walker sich in sein Kissen zurück fallen ließ, ehe er die Tür schloss.

Er würde Allen Walker am nächsten Morgen wiedersehen. Sie würden sich ansehen, nicken und irgendwann in irgendeinen kleinen Streit miteinander einsteigen.

Sie würden sich verprügeln, beschimpfen und sich gegenseitig den Tod wünschen.

So lang die Dinge bei diesem Stand blieben, war alles gut. So lange war Kanda sicher.
 

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Sibi sagt:

Ende im Gelände.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Stampede
2012-01-16T19:21:46+00:00 16.01.2012 20:21
Also... ich kenn D.gray Man nicht. ._.'
Ich wss grad mal wer Allen Walker ist und wie er aussieht. das wars auch schon XD
Daher war ich ab und an leicht verwirrt (Ach, Mundungen ist ein Schwert? Ähm, was für ne Tonbandaufname bitte? Und vor allem: In wie fern bitte ist kandas Körper widerwärtig und verdereht? *ihn im nachhinein gegogelt hab*)

Jedenfallsm, ich kam zufällig auf die FF.
Und ich liebe sie! *.*
Abgesehen von erwähnten Kleinigkeiten kann man das ganze zwischen denen auch irendwie verstehen. Es ist umwarfend!
Und wie gesagt beeindrucknd!
Und auch wenn ich die Charakter nicht kenne, es kam mir alles "korrekt" und passend vor....
*.*
Selten so geschwärmt für ne ff...^^
Von:  Mondfisch
2012-01-06T20:18:52+00:00 06.01.2012 21:18
Zufällig und willkürlich drauf gestoßen.
Du hast eine unglaube Art und Weise des Schreibens - ich stehe auf diese kurzen prägnanten Sätze die so unglaublich viel aussagen.
Zudem bist du beiden Characteren unglaublich treu geblieben (Treuer als die Erschafferin selbst, leider) und hast sie wikrlich authentisch wieder gegeben.
Auch diese nicht-rosa-rot-wir-lieben-uns-ja-so Sparte passt perfekt hier rein!

Wirklich ganz ganz großes Kino!
Daumen hoch - wenn es ginge!
Von:  saishoseki
2011-06-24T14:54:09+00:00 24.06.2011 16:54
Beeindruckend.


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