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A wolf in sheep's clothing

von

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A war winner

Vorwort: Diese Geschichte spielt im Jahr 2015, also knapp 15 Jahre nach dem Kampf gegen Millennium.
 

Seine Hände waren schweiß nass. Hätte er keine Handschuhe getragen, wären sie mit großer Wahrscheinlichkeit vom Griff seiner Waffe abgerutscht. Mit hartem Griff hielt er diesen umklammert, während er langsam einen weiteren Schritt nach vorne machte. Immer weiter in diese grauenerregende Dunkelheit, die nur unregelmäßig vom schwachen Licht der Lampen durchbrochen wurde, welche von der Decke herabhingen. Neben sich hörte er das leise Schnaufen seiner beiden verbliebenden Kameraden, welche mit ihm diese Mission ausführten. Er kannte jeden von ihnen seit Jahren, jedem von ihnen hätte er sein Leben anvertraut, etwas was er schon sehr oft, vielleicht sogar zu oft, getan hatte, aus diesem Grund kannte er sie besser als jeden anderen Menschen auf der Welt. Nur noch seine Ehefrau und seine kleine Tochter konnte er noch besser einschätzen. Dies war auch der Grund weshalb er jetzt an ihrem schnellen, unregelmäßigen Atem hören konnte, dass sie Angst hatten. Wäre dies eine normale Mission gewesen hätte ihn diese Tatsache irritiert. Wäre dies eine normale Mission gewesen, hätte er sich schon längst zu ihnen umgedreht, um sie zu fragen ob sie nun Männer oder kleine Mädchen seien.

Oh ja, wenn dies eine normale Mission gewesen wäre. Aber es war nun einmal keine normale Mission. Bei einer normalen Mission bekam man seine Befehle nicht direkt aus Langley, dem Hauptquartier der CIA. Auch war es nicht normal, dass man ohne das Wissen eines engen Partners auf dessen Grund und Boden agierte. Und was auf keinen Fall zu einer normalen Mission gehörte, war die Tatsache, dass die eigenen Kameraden, Männer die er seit seiner Grundausbildung gekannt hatte und die er mit Stolz seine engsten Freunde nannte, von einem unsichtbaren Gegner in die Dunkelheit gezogen wurden, wo sie dann, unter enormen Schmerzen, starben. Zumindest klangen ihre Schreie so, bis sie abrupt abbrachen.

Von den 20 Männern mit denen er die Mission begonnen hatte, lebten jetzt gerade noch drei, er selbst mit eingerechnet.

Dabei klang am Anfang alles so einfach. Zwar etwas sehr mysteriös, aber einfach. Er sollte, zusammen mit seinem üblichen Team, eine geheime Forschungsanlage, in der irgendetwas schief gegangen war, „säubern“. So nannte es zumindest der Mann von der CIA. Er selbst wusste von Anfang an, dass säubern nur eine höfliche Umschreibung war. Gemeint war eindeutig das man alle Lebensformen töten sollte, die das Pech hatten sich noch in der Anlage zu befinden. Gut, damit hatte er keine Probleme. Immerhin machte er diesen Job schon seit etwas mehr als 15 Jahren und hatte schon alles Mögliche gesehen und getan. Dazu gehörten auch Sachen auf die er alles andere als Stolz war. Sachen die ihm Albträume brachten, die dazu führten, dass er manche Nacht, von Schweiß gebadet, im seinem Bett aufwachte und seine geliebte Frau dann so lange festhielt, bis das Zittern wieder aufhörte.

Aber dieser Auftrag war wirklich etwas Besonderes. Nicht nur, dass dies hier eine geheime CIA Einrichtung war, in der er sich befand. Nein, das wirklich besondere an ihr war, dass sie sich in England befand, und zwar ohne das die englischen Behörden etwas davon geahnt hätten. Zumindest wurde dies ihm und seinen Männern gesagt, bevor sie ins Flugzeug gestiegen waren. Dieses Unwissen der Engländer war auch der Grund, dass er und seine Männer keine Verstärkung bekommen konnten. Als er dies gehört hatte musste er sich ein Lachen verkneifen. Alleine schon die Vorstellung sie würden Hilfe von jemanden brauchen war lächerlich. Und dann auch noch von den Engländern. Einfach nur noch lachhaft!

Aber spätestens als Peter, sein Sergeant und engster Freund, vor seinen Augen, von einer unsichtbaren Kraft gepackt wurde und so heftig gegen die nächste Wand geschleudert wurde, dass mit einem lautem Knacken sein Genick brach, wusste er das sie Hilfe nötig hatten. Aber da war es schon zu spät.

Sie waren schon zu tief in die unterirdische Anlage eingedrungen. Und als sich dann auch noch eine der schweren Feuerschutztüren hinter ihnen schloss, und zwar von ganz alleine, wurde ihm klar, dass sie wahrscheinlich nicht mehr herauskommen würden. Aber daran durfte er nicht denken. Sobald er nämlich anfangen würde dies zu glauben, wären sie alle verloren. Nicht nur er selbst, sondern auch seine Männer. Als ihr Captain war es seine verdammte Aufgabe dafür zu sorgen, dass sie lebendig hier herauskamen. Um dies zu schaffen musste er daran glauben, dass es einen Ausweg aus diesem Albtraum gab. Er musste es einfach.

Also waren sie immer weitergegangen, immer auf der Suche nach einem Aufzug oder einem Treppenhaus. Oder auch nur ein gottverdammter Luftschacht. Irgendwas verdammt noch mal! Und während sie so durch die Dunkelheit taumelten, auf der Suche nach einem Ausgang, so wie Hänsel und Gretel im Märchen, die versuchten aus dem dunklen Wald zu entkommen, wurden immer mehr von seinen Männern in die Schatten gezogen. Zuerst wollten manche der Soldaten ihre Kameraden noch festhalten, aber es brachte nichts. Sie wurden so nur mit ihren Kameraden und Freunden mit in die Schatten gezogen, wo sie anscheinend einen grausamen Tod fanden. Es hatte also nur zur Folge, dass sich ihr unsichtbarer Feind, der sich seine Opfer scheinbar durch irgendeine Art von telekinetischer Kraft holte, statt einem Soldaten, gleich zwei holte.

Captain Fletch, der dies nicht mit ansehen konnte, gab deswegen, nachdem er durch dieses Verhalten schon die Hälfte seiner Mannschaft verloren hatte, schweren Herzens den Befehl, niemanden festzuhalten, der von dieser grauenvollen Kraft, in die Dunkelheit gezogen wurde. Wie er sich für diesen Befehl hasste! Aber so verlor er wenigstens nicht zwei Soldaten auf einmal.

Wenn er hier lebend rauskommen sollte, würde er den Dienst aufgeben und sich zur Ruhe setzen, dies hatte er sich im Stillen geschworen, als Peter vor seinen, vom Schreck geweiteten Augen, das Genick gebrochen wurde. Aber erst nachdem er sich persönlich bei den Hinterbliebenen seiner Männer entschuldigt hätte. Es war nämlich alles sein Fehler gewesen. Er hätte die Mission von Anfang an nicht annehmen dürfen. Wenn die Befehle von der Armee kamen war noch alles in Ordnung. Die Aufträge waren zwar auch immer gefährlich gewesen, aber wenigstens keine Selbstmordmissionen. Aber die CIA war etwas anderes! Bei diesen Verrückten wusste man nie wo man war. Lügen war immerhin ihr Geschäft. Nein, mit dem Geheimdienst hätte er nie zusammenarbeiten dürfen.

All dies dachte er, als er plötzlich ein ersticktes Keuchen hinter sich hörte. Als er sich umdrehte, sah er auch den Grund. Seine beiden verbliebenden Kameraden schwebten in der Luft! Ihre Füße zuckten in wilden Krämpfen, so als würden sie tanzen. Ihre Hände, die die schweren Sturmgewehre, noch vor einer Sekunde, festgehalte hatten, fuhren jetzt zu ihren Hälsen. Fletch konnte deutlich sehen, wie ihre Hälse langsam zusammengedrückt wurden. Aber da war nichts was auf ihre Hälse Druck ausgeübt hätte! Es war als würden seine Kameraden von einem unsichtbaren Strick erdrosselt werden, welcher sich um ihren Hals gelegt hatte.

Schnell rannte er auf sie zu, wollte sie an ihren Beinen packen und sie so wieder auf den Boden holen, wollte einfach irgendetwas tun! Aber kaum hatte er zwei Schritte in ihre Richtung getan, hörte er es. Es war ein Art Kreischen, so als würde etwas Großes und Schweres über den Boden gezogen werden. Und zwar mit enormer Geschwindigkeit. Blitzschnell wirbelte er um seine eigene Achse und riss sein Gewehr hoch.

Die Schüsse, welche er mit diesem abgab, durchlöcherten den riesigen Aktenschrank aus Metall zwar, stoppten aber nicht dessen Fahrt oder konnten gar verhindern, dass dieser Captain Fletch traf und ihn mit solch einer Macht gegen die hintere Wand drückte, dass er ihn alle Knochen im Leib brach.

Weder bekam Fletch mit wie sich eine seiner Rippen in sein Herz bohrte, noch wie seine restlichen Organe zerdrückt worden oder sein Rückgrat unter dem enormen Druck einfach nachgab und in zwei brach, wie ein morscher Zweig im Wind.

In diesem Moment waren seine Gedanken nämlich weit weg. Bei seinen verstorbenen Kameraden und seiner Frau samt Kind.

„Leute, es tut mir echt leid, dass es so enden musste“, war sein letzter Gedanke, bevor sich seine Augen für immer schlossen.
 


 

„Ja, das war es dann wohl. Keiner mehr übrig. Ihre Männer scheinen doch nicht so gut zu sein, wie sie immer dachten, Colonel Smith. Na ja, jeder kann ja mal einen schlechten Tag haben. Außer ihren Männern. Die werden jetzt überhaupt keinen Tag mehr erleben. Aber vor ihrem Tod haben sie sich überraschend gut geschlagen, das muss ich schon sagen. Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass ich ein so spannendes Programm im Fernsehen gesehen habe.“ Dies sagte ein Mann, welcher in einem Kommandoraum in Langley saß und mit einem ausdrucklosen Gesichtsausdruck einen großen Flachbildschirm betrachtete, auf welchen vor kurzen noch drei grüne Punkte leuchteten. Jeder dieser Punkte stand für einen Mann, aus der Einheit von Captain Fletch. Jeder Soldat hatte, bevor sie zu ihrem letzten Auftrag aufgebrochen waren, einen kleinen Sender implantiert bekommen, welcher den Kommandoraum in Langley mit Informationen über jeden einzelnen der Soldaten versorgte. Solange sie lebten. Sobald sie aber starben, verlosch der grüne Punkt, auf dem Bildschirm, welcher ihren genauen Standort angab, automatisch.

Colonel Smith, ein fast 2 Meter großer Mann, in Uniform, mit einem großem Schnauzbart und breiten Schultern, der trotz seiner sich langsam lichtenden Haare, eine natürliche Autorität ausstrahlte, drehte sich langsam zu dem Mann, welcher hinter ihm saß, um.

„Was haben Sie da gesagt, Mr. Lichtenberg.“ Obwohl er sonst ein Mann von großer Ruhe war, der selbst in den härtesten Feuergefechten die Ruhe behielt und nie die Fassung verlor, zitterte seine Stimme im Moment vor unterdrückter Wut. Gerade eben hatte er mit ansehen müssen, wie eine seiner erfahrensten Einheiten vernichtet wurden war. Und zwar Mann für Mann. Er hatte zwar schon öfters einzelne Untergebende, bei geheimen Einsätzen, verloren, aber dies war heute das aller erste Mal in seiner Zeit beim Militär, das er eine gesamte Einheit verloren hatte. Und er konnte nichts dagegen tun, außer dasitzen und zugucken wie die Punkte auf dem Bildschirm langsam verschwanden. Noch nicht mal Funkkontakt konnte er mit der Einheit halten, da die CIA Forschungsanlage in England dagegen abgeschirmt war. Nur die Signale der Sender konnten die Abschirmung durchdringen. Mehr aber auch nicht.

Es war für ihn die reinste Folter gewesen, nichts tun zu können. Und jetzt kam auch noch dieses eingebildete, selbstgefällige Arschloch, mit dem seltsamen deutsch klingenden Namen, von der CIA an, und machte sich über seine gefallenden Männer lustig.

„Könnten Sie bitte nochmal wiederholen, was Sie über meine toten Soldaten gesagt haben, Lichtenberg. Es hörte sich nämlich ganz so an, als würden Sie es unterhaltsam finden, dass sie jetzt alle tot sind.“ Während er dies sagte ging er langsam auf Lichtenberg zu.

Dieser saß gemütlich zurückgelehnt, in einem Bürosessel und hatte seine Beine, welche in einer pechschwarzen Anzugshose steckten, lässig übereinander geschlagen. Insgesamt trug er schwarz. Schwarze Lederschuhe, dazu schwarze Socken, schwarzer Gürtel, schwarzes Hemd und ein schwarzes Sakko. Der einzige Farbtupfer an seinem Körper war die blutrote Krawatte welche er trug.

Der Mann der diese Kleidung trug, war selbst nicht besonders auffällig. Er war zwar etwas kleiner als der Durschnitt, er war ungefähr 1.75m groß, aber dies viel nicht besonders auf. Auch war er relativ dünn, um nicht zu sagen mager. Da er aber ausschließlich maßgeschneiderte Kleidung trug, die ihm perfekte passte, sah man dies erst auf den zweiten Blick. Sein Gesicht hatte klare, scharf gezeichnete Züge, war aber nicht im klassischen Sinne schön, da seine Knochen sich sehr deutlich unter der blassen Haut abzeichneten. Dadurch wirkte es ehr einschüchternd, als anziehend. Am diesem Effekt waren aber vor allem seine blauen Augen Schuld, welche sich hinter den Gläsern einer randlosen Brille befanden. Diese blickten immer kalt und irgendwie leblos. Colonel Smith hatte bei ihrer ersten Begegnung an die Augen eines Hais denken müssen, welcher zielstrebig und vollkommen emotionslos sein nächstes Opfer taxiert, bevor er es verschlingt. Genau solch einen Ausdruck hatten die Augen von Lichtenberg. Was aber auch irgendwie irritierend an seinem Gegenüber war, dass er vollkommen weißes Haar hatte, welches er kurz geschnitten hatte und streng nach hinten gekämmt hatte. Diese Haarfarbe hätte vielleicht zu einem älteren Mann gepasst, aber Lichtenberg war gerademal Anfang 50. Zumindest hätte das Colonel Smith geschätzt, wenn man ihn gefragte hätte. Dieser hatte aber im Moment andere Sorgen als die Haarfarbe seines Gegenübers.

„Erst mal heißt es Dr. Lichtenberg, nicht Mr. Lichtenberg. Ich wäre Ihnen dankbar wenn Sie dies bedenken würden, wenn Sie mit mir reden, Colonel. Aber um Ihre Frage zu beantworten, natürlich finde ich es sehr unterhaltsam, zu sehen wie Ihre Männer vernichtend geschlagen werden. Immerhin waren Sie es, der noch vor 24 Stunden mit der Leistung und Erfahrung, dieser Einheit geprallt hat. Und jetzt zu sehen, wie eben diese Elite-Einheit von einer meiner persönlichen Entwicklungen besiegt wird, ist tatsächlich auf eine recht eigentümliche Art amüsant. Immerhin ist der Tod Ihrer Männer der Beweis, für die Überlegenheit meiner Schöpfung, gegenüber Menschen. Als ihr Erschaffer bin ich deshalb natürlich sehr erfreut. Kurz gesagt, dies war der perfekte Beweis dafür, dass meine Entdeckung jeder bisherigen Militäreinheit weit überlegen ist und damit ein voller Erfolg ist. Kurz gesagt, meine Forschung war ein voller Erfolg, was mich als Forscher einfach begeistert. Da darf ich doch meine Freude zeigen, oder Colonel Smith?“ Während er dies sagte, hob er langsam die Kaffeetasse, welche er in der rechten Hand hielt, zu seinen schmalen Lippen, auf denen sich ein sarkastisches Lächeln langsam breit machte.

„WAS? War für Sie dieser Einsatz etwa nur ein Test? Und was ist mit meinen Männern? Und Ihren Mitarbeitern in der Forschungsstation? Die sind jetzt alle tot. Haben Sie dies etwa geplant, Lichtenberg?“ Ungläubig starrte Smith den Forscher der CIA an, während dieser seinen Kaffee trank.

„Es einen geplanten Test zu nennen, wäre übertrieben. Dass sich Genesis befreit hat, war nicht geplant. Auch war das Massaker, in der Anlage, welches sie veranstaltet hat, nicht geplant oder gar gewünscht. Aber trotzdem sehe ich den positiven Aspekt in dieser Tragödie. Und der besteht nun mal darin, dass wir mehr über Genesis und die Entwicklung ihrer Fähigkeiten erfahren haben, als es uns mit jedem Test möglich gewesen wäre. So gesehen hatte dieses Massaker durchaus seinen Nutzen für uns. Man könnte sogar sagen, dass der Tag ein voller Erfolg war.“ All dies sagte er mit einer furchtbaren Ruhe, so als würde dies alles ihn nicht angehen. Langsam führte er noch mal die Tasse an seinen Mund, nahm einen langen Schluck von der bitteren Flüssigkeit und stellte die kleine Tasse zurück auf den Tisch, welcher sich neben seinem Sessel befand.

Smith konnte es einfach nicht glauben. Dort vor ihm saß tatsächlich ein Mann, dem es total egal schien, ob Menschen starben oder nicht, Hauptsache er bekam seine Forschungsdaten. So etwas hatte er während seiner gesamten Karriere, beim Militär der Vereinigten Staaten von Amerika, noch nicht erlebt. Beinahe wäre ihm übel geworden, aber auch nur beinahe.

Langsam wurde ihm auch wieder bewusst, dass es jetzt wichtigeres zu tun gab, als sich mit Lichtenberg anzulegen. So musste er zum Beispiel noch seine eigenen Vorgesetzten über das Versagen seiner Leute informieren, vorausgesetzt sie wussten es nicht schon bereits. Und er musste dafür sorgen, dass 20 Familien darüber informiert wurden, dass sie jetzt einen Sohn, Vater oder auch Bruder verloren hatten. Gott an solchen Tagen hasste er seinen Beruf beinahe.

Mit diesen Gedanken drehte er sich langsam zu einem seiner Untergebenden um, die sich auch im Raum befanden, und bisher den Wortwechsel zwischen ihm und Lichtenberg nur stumm verfolgt hatten.

„Sie, verbinden Sie mich schnellstmöglich mit dem Oberkommando. Und danach mit dem Direktor der CIA. Und beeilen Sie sich gefälligst, verstanden?“ Während er diese Befehle gab, erlangte seine Stimme auch wieder ihre übliche Kraft und Souveränität wieder, die ihr auch sonst zu Eigen war.

„Colonel, den Direktor informiere lieber ich selbst. Immerhin arbeite ich für die CIA und nicht Sie. Es wäre angebracht, wenn Sie dies nicht vergessen würden. Außerdem gebe ich hier immer noch die Befehle, oder haben Sie das schon vergessen?“ All dies sagte Lichtenberg, mit einem sehr selbstgefälligen Ton, während er sich aus dem Sessel erhob und dabei nach einem einfachen Gehstock aus Holz, mit einem einfachen Griff aus poliertem Metall, griff.

Als Smith dies hörte musste er denn starken Drang unterdrücken mit den Zähnen zu knirschen. Natürlich hatte er dies nicht vergessen. Wie hätte er auch die demütigende Tatsache vergessen können, dass er während der Dauer der Mission, die gerade eben so katastrophal geendet hatte, seine Befehle direkt von diesem eingebildeten Zivilisten erhielt. Als wäre dies nicht schon demütigend genug gewesen, war dieser Mann auch noch ein verfluchter Krüppel, der ohne seinen Stock nicht mal normal gehen konnte, da sein rechtes Bein steif war.

Als er sich umdrehte um Lichtenberg anzuschnauzen, was er sich hier noch erlauben wollte, musste er, zu seiner ehrlichen Verwunderung, feststellen, dass sich der Forscher langsam Richtung Tür zubewegte.

„Hey, wieso bleiben Sie nicht hier. Ich dachte Sie wollten noch den Direktor informieren.“

„Ach, wissen Sie mein lieber Smith, dass tu ich lieber während des Fluges.“

„Welcher Flug?“, konnte Smith ihm noch nachrufen, bevor sich die Tür des Kontrollraumes hinter ihm schloss.

Hinter dieser wartete schon Lichtenbergs persönliche Assistentin, Emma Dearing. Sie war eine junge Frau, Ende Zwanzig, die ihr braunes Haar zu einem einfachen Pferdeschwanz gebunden hatte, welcher ihr bis zur Schulter reichte. Bei ihrer Kleidung handelte es sich um einen einfachen, aber durchaus elegant geschnittenen dunkelblauen Hosenanzug.

Kaum war ihr Vorgesetzter aus der Tür getreten, gesellte sie sich neben ihn.

„Sir, ist alles nach Plan gelaufen.“

„Alles bestens, Miss Dearing. Sogar noch besser als erwartet. Die Einheit konnte Genesis zwar nicht stoppen, aber das konnten wir ja auch nicht erwarten. Dafür haben die Sender der Soldaten aber großartige Daten über den Kampf gesammelt und uns zugeschickt. Einfach großartig!“

„Sie werden also Ihren alten Plan nicht ändern, Sir?“, wollte die junge Frau wissen.

„Nein, meine Liebe. Der Plan wird nicht geändert. Wo wir gerade dabei sind, Sie haben doch schon hoffentlich alles arrangiert, oder?“ Fordernd blickte er, mit seinen kalten Augen, direkt in ihre grünen.

„Jawohl, Sir. Das Privatflugzeug der CIA ist schon aufgetankt und steht in einem Hangar bereit, um uns beide an Bord zu nehmen und nach England zu bringen. Dort sind auch bereits Hotelzimmer gebucht und den Direktor können Sie auch ohne Probleme während des Fluges anrufen.“

„Gut, gut, aber das wollte ich nicht wirklich wissen. Was mich mehr interessiert, ist die Frage ob das Treffen schon arrangiert werden konnte, “ kam es leicht drängend als Antwort.

„Ja, natürlich Sir. Lady Hellsing erwartet Sie Morgen, für ein Gespräch unter vier Augen, in ihrem Hauptquartier. Sir, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, ich glaube sie wird über den Grund Ihres Besuches nicht gerade erfreut sein.“

„Natürlich wird sie das nicht. Immerhin wusste sie nichts von unserer Forschungsstation mitten in England. Aber das wird schon ab Morgen anders sein. Ab Morgen wird sich vieles verändern, he he he.“

Und während er leise vor sich hin kicherte, verließ er zusammen mit seiner Assistentin das Gebäude, um sich zum Hangar zu bewegen, wo das Flugzeug schon wartete, welches ihn nach England und zur Hellsing Organisation bringen sollte.
 


 

Nachwort: Das war das erste Kapitel meiner neuen Geschichte.

One man came

Vorwort: Dies hier ist Kapitel zwei. Ist viel länger geworden, als es eigentlich geplant war, hoffe aber das es trotzdem jemanden gefällt.
 


 


 


 


 

Desinfektionsmittel. Der ganze Gang stank geradezu nach ihnen. Es war eigentlich nicht so sehr ein Gestank, im eigentlichen Sinne des Wortes, es war mehr ein Geruch, der sich in die Nase stahl und sich dort festsetzte. Egal was man tat, er blieb. Die einzige Möglichkeit ihn zu ertragen bestand darin ihn zu ignorieren.
 

Genau dies versuchte Lady Integra Fairbrook Wingates Hellsing zu tun, während sie den Krankenhausflur entlang ging. Wie sie diesen Geruch zu hassen gelernt hatte! Genau solch ein Geruch hatte am Krankenbett ihres geliebten Vaters geherrscht, als dieser im Sterben lag. In den Tagen seines Dahinsiechens, als sie jede wache Stunde an seiner Seite verbrachte, nur um ein letztes Mal seine Nähe genießen zu können, hatte sie jede Minute diesen Gestank ertragen müssen. Am liebsten wäre sie damals aufgestanden, um den Raum zu verlassen, nur um diesen Gestank zu entgehen. Aber der Anblick ihres Vaters, welcher eingesunken im seinem Bett dalag und sie mit einem entrücktem Lächeln betrachtete, so als sei dies alles nur eine große Komödie, über welche er sich bestens amüsiere, hielt sie zurück.
 

Als er dann aber verstarb hatte sie sich geschworen, noch bevor die Trauer sie vollkommen überwältigen konnte, sich nie wieder dem Gestank von Desinfektionsmitteln auszusetzen. Und sich nie wieder in die Nähe des Sterbebettes eines, ihr nahem, Menschen zu wagen. Diese Entschlüsse hatte sie instinktiv gefasst, noch bevor sie endgültig registriert hatte, dass das Herz ihres Vaters für immer aufgehört hatte zu schlagen.
 

Diese beiden Schwüre hatte sie, von diesem Tag an, ihr ganzes restliches Leben lang gehalten. Aber heute musste sie sie brechen.
 

Dessen war sie sich auch bewusst, als sie langsam einen Fuß vor den anderen setzte und auf das Zimmer zusteuerte, welches sie im tiefsten Innerem nie betreten wollte. Doch sie musste es tun. Es war ihre Pflicht als Mitglied des Round Tables, als Vorsitzende der Hellsing-Organisation und als Tochter eines guten Freundes.
 

Ein letztes Mal atmete sie tief durch, bevor sie ihre Hand auf die Türklinke legte und diese langsam nach unten drückte.
 

Der Raum war überraschend spartanisch eingerichtet, wenn man bedachte, dass dort das Oberhaupt einer der mächtigsten und reichsten Familien ganz Englands lag. Ein Kleiderschrank, ein einfacher Schreibtisch mit Stuhl und ein Krankenhausbett, sonst befand sich nichts weiter im Raum. Man hätte dies für ein normales, etwas langweiliges, Zimmer halten können, hätte sich neben dem Bett nicht große Maschinen befunden, welche dauernd summten, piepsten oder blinkten und somit die Aufmerksamkeit auf sich zogen.
 

Im Bett, welches von den Apparaturen flankiert war, lag eine Person, welche man für tot hätte halten müssen, hätte sich ihr Brustkorb nicht hoch und runter bewegt. An diese Person waren auch die gesamten Geräte im Raum, die jede ruhige Atmosphäre sofort zerstörten, angeschlossen. Das Gesicht war eingefallen und von langer Krankheit gezeichnet. Der Körper, unter dem dunkelblauen Pyjama, war ausgemergelt und die Muskeln so geschwächt, dass sich der Kranke nicht mehr ohne fremde Hilfe bewegen konnte. Aber die Augen, in dem Gesicht, mit den charakteristischen aristokratischen Zügen, sprühten immer noch vor Leben und einem unbeugsamen Willen.
 

Langsam drehte der Kranke seinen Kopf und blickte die zweite Person an, welche sich schon vor dem Eintritt von Lady Hellsing, in dem Raum befunden hatte. Bei dieser handelte es sich um einen jungen Mann, Mitte 20, welcher am Schreibtisch saß und mit stoischer Miene ein Dokument aufschrieb, welches ihm vom Kranken diktiert wurden war. Die Familienähnlichkeit, zwischen ihm und dem sich im Bett befindenden, war nicht zu übersehen. Er sah aus wie ein 60 Jahre jüngerer Doppelgänger des Sterbenden.
 

„Richard, Sir Hellsing hat soeben den Raum betreten. Ich hab mit ihr wichtige Themen zu besprechen, welche noch nicht für deine Ohren bestimmt sind. Es wäre deshalb besser, wenn du denn Raum verließest, “ kam es mit überraschend klarer und fester Stimme, aus dem Mund des Alten.
 

Ohne eine Miene zu verziehen, erhob sich Richard, packte das Dokument und seinen Stift, mit welchen er geschrieben hatte, zusammen und ging Richtung Tür. Kurz bevor er diese erreicht hatte drehte er sich noch zum Kranken um: „Ich werde draußen warten, Großvater. Rufe ruhig, wenn du mich wieder brauchst.“
 

Kaum hatte er dies gesagt drehte er sich wieder um und ging zur Tür hinaus. Vorher grüßte er Lady Hellsing aber noch mit einem Kopfnicken, bevor er die Tür geräuschlos hinter sich ins Schloss fallen ließ.
 

„Ihr Enkel hat sich hervorragend entwickelt, Lord Island“, eröffnete Lady Hellsing das Gespräch, darauf bedacht, dass Lord Island, der langjährige Vorsitzende des Round Table, nicht den Schock sah, welchen sie bei seinem Anblick empfand. Der körperliche Verfall des alten Mannes war wirklich beängstigend schnell vonstattengegangen, seitdem er, vor über einem Monat, an einer mysteriösen Krankheit erkrankt war.
 

„Danke, dass sagen mir viele Leute. Er ist auch der einzige, aus meiner Familie, dem ich genug vertraue, um mir bei der Arbeit an meinem Testament zu helfen.“
 

„Ist es dafür nicht etwas zu früh? Immerhin haben die Ärzte die Hoffnung noch nicht aufgegeben“, versuchte Integra den Verlauf des Gespräches zu drehen, allerdings ohne Erfolg.
 

„Bitte, Sir Hellsing. Wenn ich über meinen Gesundheitszustand belogen werden möchte, rede ich mit meinen Kindern, besten Dank. Es gibt wesentlich wichtigere Dinge zu besprechen, als die Frage meines Todes. Und das ist die Frage meiner Nachfolge.“ Den letzten Satz unterstrich er, durch ein energisches Kopfnicken.
 

„Was meinen Sie damit, Lord Island? Es ist doch seit Generationen so, dass der Vorsitzende des Round Table ein Mitglied der Island Familie sein muss. Also wird Ihr Enkel Ihre Nachfolge antreten, so war es jedenfalls geplant. Daran wird sich doch nichts ändern, oder?“ Diese Frage interessierte sie wirklich sehr, wollte sie doch wissen, mit wem sie in Zukunft zusammenarbeiten musste.
 

Island schüttelte nur langsam seinen Kopf, bevor er zu seiner Antwort ansetzte: „Die Dinge sind nicht mehr so klar wie früher. Der Premierminister will die Macht und den Einfluss des Round Table beschneiden und mein baldiges Ableben ist die perfekte Gelegenheit dafür. Es würde ihm die Möglichkeit geben, seinen eigenen Kandidaten, für den Vorsitz, vorzuschlagen. Auch ist es möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlicher, dass er versuchen wird meinen Enkel zu beeinflussen. Richard ist zwar sehr intelligent, aber auch unerfahren und naiv, was den Umgang mit Politikern betrifft. Nein, er muss noch viel lernen, bevor er Vorsitzender werden kann. Aus diesem Grund will ich auch, dass Sie mich beerben, Sir Hellsing.“
 

Integra konnte im ersten Moment nicht glauben was sie da hörte. Sie sollte tatsächlich Vorsitzende des Round Table werden! Die mächtigste Position, in Großbritannien, direkt nach dem König und dem Premierminister.
 

„Lord Island, das ist unmöglich. Ich bin dazu nicht geeignet. Ich bin eine Kämpferin, keine Politikerin. Ich…“
 

„Schweigen Sie!“, unterbrach Island barsch ihren Redefluss. „Noch bin ich am Leben und somit der Vorsitzende. Und als solcher kann ich immer noch Befehle, an die einzelnen Mitglieder, erteilen. Hiermit befehle ich Ihnen, dass Sie die nächste Vorsitzende des Round Table werden, egal ob Sie wollen oder nicht. Sie sind die einzige, die dem Premierminister Paroli bieten kann, bei seinem Versuch uns zu entmachten. Haben Sie mich verstanden?“
 

Nach diesem wütenden Ausbruch, der ihm viel Kraft gekostet hatte, sank er noch etwas tiefer in seine Kissen. Lady Hellsing konnte erst mal nur tief Luft holen, bevor sie resigniert ihren Kopf senkte. Mit dieser unterwürfigen Geste, wollte sie Island ihre Zustimmung, zu seinem Vorhaben, signalisieren. Dieser verstand auch sofort.
 

„So, da dies jetzt geklärt ist, kommen wir zu dem eigentlichen Grund, weshalb ich Sie hab rufen lassen. Sir Hellsing, man hat mir gesagt, dass Sie diese Woche Besuch von gleich zwei Herren erwarten.“
 

Die Angesprochene konnte nur überrascht ihren Kopf heben, war sie selbst doch erst, über beide Besuche, vor knapp drei Stunden informiert wurden. Und zwar vom britischen Premierminister persönlich.
 

„Das stimmt. Aber woher haben Sie dies so schnell erfahren?“
 

„Aber bitte, ich mag vielleicht nur ein alter Mann sein, der dazu noch im Sterben liegt, aber ich habe immer noch viele einflussreiche Freunde, die mich über die neusten Entwicklungen informieren. Und wenn das Oberhaupt der Hellsing-Organisation innerhalb einer Woche von einem Abgesandten der CIA und dem berühmten katholischen Kardinal Tremante Besuch bekommt, erfahre ich das natürlich.“ Ein überraschend freundliches, fast schon sanftes Lächeln bildete sich, in seinem Gesicht, als er in Integras überraschtes blickte. Aber nach nur einer Sekunde war es schon wieder verschwunden und machte dem altem, ernstem Gesichtsausdruck Platz.
 

„Integra“, erhob sich wieder seine Stimme, worauf hin sich die Angesprochene leicht verkrampfte. Sie kannte diesen Mann da schon seit Jahrzehnten, sie war die Tochter seines verstorbenen, besten Freundes, aber dies war das erste Mal, seit dem sie ihn kante, dass er sie mit ihrem Vornamen anredete. Es musste also etwas extrem Wichtiges seien, was er ihr zu sagen hatte.
 

„Integra, ich will das Sie mir gut zuhören. Ich weiß, dass der CIA Mann, wegen einer katastrophal verlaufenden Geheimdienstoperation zu Ihnen kommt. Und zwar wegen einer, von der selbst unsere Regierung nichts wusste. Bei jedem anderem Geheimdienst, wäre dies schon Grund genug, um sich Sorgen zu machen. Aber die CIA und ihre Mitarbeiter sind besonders gefährlich. Diese Menschen sind es gewohnt im Schatten zu leben. Sie verstecken sich dauernd hinter Lügen und manchmal sogar hinter angeheuerten Söldnern. Man kann ihnen keine Sekunde lang trauen. Und egal was er von Ihnen fordern wird und er wird etwas fordern, dass verspreche ich Ihnen, er wird Ihnen nicht die Wahrheit sagen. Darauf müssen Sie gefasst seien.
 

Was den Besuch von Kardinal Tremante anbelangt, hier kann ich Ihnen keine mögliche Motivation nennen. Aber warnen möchte ich Sie trotzdem. Wir beide wissen, dass Tremante von 15 Jahren die Kontrolle über Iscariot an sich gerissen hat, kaum das Enrico Maxwell tot war. Er wirkt vielleicht träge, faul und langsam, aber so kann jedes Raubtier auf den ersten Blick wirken. In Wirklichkeit ist er ein gewissenloser Karrierist, der es auf den Papstthron abgesehen hat und bereit ist alles zu tun, um sein Ziel zu erreichen. Er sieht vielleicht wie ein eitler Pfau aus aber in Wahrheit ist er ein listiger Fuchs.
 

Ich hatte schon, im Gegensatz zu Ihnen, öfters mit ihm zu tun. Und glauben Sie mir, wenn ich sage, dass er ein Mann ist, der das Erste sagt, das Zweite denkt und das Dritte tut. Er ist kurz gesagt unberechenbar. Ich bitte Sie Integra, dies zu bedenken, wenn Sie sich mit ihm treffen.“
 

Kaum das er seine kleine Ansprache beendet hatte, atmete er noch einmal tief durch, bevor er ein letztes Mal tief Luft holte und zu seinem Gegenüber sprach: „So, für heute ist alles gesagt. Sie können jetzt gehen, Sir Hellsing. Wenn Sie meinen Enkel draußen sehen, sagen Sie ihm bitte, dass er nach Hause gehen soll. Für heute habe ich ihm nichts mehr zu diktieren.“
 

Integra tat was ihr befohlen war und fuhr danach nach Hause, um sich noch auf das Treffen, mit Dr. Lichtenberg, vorzubereiten.
 


 


 


 

Lord Islands Worte, über die CIA, den Kardinal und nicht zuletzt die Tatsache, dass sie neue Vorsitzende des Round Table werden sollte, spuckten ihr noch im Kopf herum, als ihr am Abend, des gleichen Tages, von einem Diener, das Eintreffen eines Gastes angekündigt wurde. Zwei Minuten später wurde dieser dann auch in ihr Arbeitszimmer hineingeführt. Integra, welche zu diesem Zeitpunkt an ihrem Schreibtisch saß, erhob sich etwas, um ihren Gast willkommen zu heißen. Dieser winkte allerdings nur kurz, mit seiner linken Hand, um ihr zu verdeutlichen, dass ihm an solchen Förmlichkeiten nicht unbedingt gelegen war und setzte sich einfach in den Sessel, welcher vor dem Schreibtisch stand und für Gäste reserviert war.
 

„So, Sie sind also Dr. Lichtenberg. Dürfte ich Sie fragen, was mir die Ehre Ihres Besuches verschafft. Abgesehen von der Tatsache, dass die CIA ohne das Wissen des Premierministers, eines Kabinettsmitglieds oder überhaupt eines Teils der Regierung, in diesem Land eine Operation durgeführt hat. Etwas, was streng genommen, illegal ist.“
 

Mit dieser Gesprächseröffnung hatte sie gehofft ihren Gegenüber in die Enge treiben zu können. Falls ihr dies gelungen war, ließ er sich nichts davon anmerken. Er verzog einfach keine Miene. Statt etwas zu sagen, griff er in sein Sakko und holte ein kleines, silbernes Zigarettenetui hervor.
 

„Sie erlauben doch das ich rauche, oder Sir Hellsing?“ Seine ausdrucklosen Augen musterten dabei deutlich den großen Aschenbecher, welcher sich auf dem Schreibtisch befand. Das Oberhaupt der Hellsing-Organisation war von so viel Dreistigkeit so überrascht, dass es ihr fast die Sprache verschlagen hatte. Innerhalb einer Sekunde hatte sie sich aber wieder gefangen und schob, mit einer ebenfalls ausdrucklosen Miene, ihrem Gegenüber den Aschenbecher zu.
 

„Danke“, war alles was er sagte, bevor er eine Zigarette, aus seinem Etui, herausholte und sich diese, mit einem ebenfalls silbernen Feuerzeug, anzündete. Tief inhalierte er den Rauch, bevor er ihn, zwischen seinen Lippen, wieder hervor presste.
 

„Nochmals vielen Dank, dass ich rauchen darf. Das ist wirklich sehr höflich von Ihnen. Um aber Ihre Frage zu beantworten, ich bin hier, weil ich Ihre Hilfe brauche.“
 

Genauso wie Lord Island es vorhergesagt hatte, dachte sich Integra, bei seinen Worten. Er ist nur hier, weil er etwas, von mir, will.
 

„Wieso sollte ich Ihnen helfen?“
 

„Unsere beiden Regierungen sind enge Partner, reicht Ihnen das etwa nicht?“
 

„Wenn ich ganz ehrlich sein soll, nein das reicht mir nicht im Geringsten! Die CIA hat hier, auf englischem Boden, eine geheime Forschungseinrichtung unterhalten, ohne uns darüber zu informieren. Und dann haben Sie, oder besser gesagt Ihre Auftraggeber, eine Militäreinheit zu uns geschickt, wieder ohne uns ein Wort zu sagen. So handeln keine Partner, so handeln Verräter.“
 

Die ganze Zeit über hatte sie ruhig gesprochen, ohne ihre Stimme zu erheben. Lichtenberg zeigte wieder keine Regung, selbst dann nicht als das Wort „Verräter“ fiel. Aber an der Art wie er, fast schon krampfhaft, an seiner Zigarette zog, konnte sie erkennen, dass sie einen wunden Punkt getroffen haben musste.
 

„Hm, es scheint so, als müsste ich Ihnen eine gute Erklärung, für unser Verhalten, geben. Eine solche haben Sie auch ohne Zweifel verdient, dies muss ich ehrlich eingestehen.“
 

Nachdenklich blickte er an Integra vorbei, während er dies sagte.
 

„Da sind wir beide endlich einer Meinung“, pflichtete sie ihm bei.
 

„Bevor ich beginne, die Handlungen der CIA zu erklären, muss ich Ihnen allerdings eine Frage stellen: Wissen Sie was eine B.O.W. ist?“
 

Integras Auge, das andere war von einer Augenklappe verdeckt, weitet sich langsam, als sie anfing zu verstehen, was er da gesagt hatte.
 

„Sprechen Sie etwa von einer Bio-Organic Weapon? Sie wollen doch hoffentlich nicht sagen, das Sie…“
 

„An einer geforscht haben? Aber natürlich! Wozu hätten wir sonst eine solch geheime Anlage, wie hier in England, nutzen sollen?“ In seinen kalten Augen schien sich so etwas wie eine Form von Triumph zu spiegeln, als er weiter sprach.
 

„Wissen Sie, Sir Hellsing, in den U.S.A ist es leider verboten an B.O.W.s zu forschen, zumindest offiziell. Der Vorfall in Raccoon City und die Verbrechen der Umbrella Cooperation haben für immer jede Forschung, an solchen Waffen, unmöglich gemacht. Zumindest direkt in den U.S.A. Aber im Ausland ist es, zumindest für einen Geheimdienst, unter hohen Sicherheitsstandards, immer noch möglich, solange alles streng geheim bleibt.“
 

Lady Hellsing wollte nicht glauben was sie da hören musste. Die Amerikaner, ihre engsten Verbündeten, sollten tatsächlich, mitten in ihrem Heimatland, an einer der gefährlichsten Waffen der Menschheitsgeschichte geforscht haben. Das war einfach unmöglich. So etwas durfte nicht passieren. Alles andere hätte sie glauben und ertragen können, aber diese Geschichte klang einfach zu unwahrscheinlich.
 

„Das kann ich nicht glauben!“, kam es langsam aus ihrem Mund, „das darf einfach nicht wahr sein. Wieso England? Wieso B.O.W.s? Und wieso erzählen Sie mir das alles?“
 

Lichtenberg starrte erst mal ein paar Sekunden auf das glimmende Ende seiner Zigarette, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
 

„Sir Hellsing, bitte seien Sie jetzt nicht so überrasch. Wenn Sie genau darüber nachdenken, müssen Sie zugeben, dass England der perfekte Ort für solche Forschung ist. Hier gibt es eine hohe Vampir und Ghoul Population. Diese Kreaturen eignen sich perfekt für die Erforschung und Herstellung von B.O.W.s, wie Sie sicher wissen. Mit etwas Wissen, Geschick, Ausdauer und natürlich Erfahrung, ist es ein leichtes diese Wesen zu fangen und für die Forschung zu nutzen. Aber das alles war nicht der eigentliche Grund, weshalb wir uns bei der Wahl eines Standorts für England entschieden haben. Der wahre Grund war Ihre Organisation!“
 

Gerade wollte er weiter sprechen, als Integra ihn unterbrach, indem sie mit der geballten Faust auf den Tisch schlug.
 

„Was erlauben Sie sich da? Wir sollen der Grund gewesen sein? Wie können Sie es sich erlauben, etwas so unglaubliches in meiner Gegenwart zu sagen? Ich hoffe Ihre Rechtfertigung wird eine Gute sein! Sonst schwöre ich Ihnen, werde ich für nichts mehr garantieren, was danach geschehen könnte, verstehen Sie mich?“ Sie hatte sich, während sie dies alles sagte, erhoben und beugte sich nun über den Tisch, so dass ihre Nasenspitze fast die von Lichtenberg berührte.
 

Er blieb, von ihrem kleinen Ausbruch, völlig ungerührt.
 

„Bitte, setzen Sie sich wieder. Ich wollte Sie nicht aufregen oder gar beleidigen. Ich hoffe doch, Sie nehmen meine untertänigste Entschuldigung an?“
 

Zähneknirschend setzte sich Integra wieder. Kaum hatte sie das getan, sprach der Doktor wieder weiter.
 

„Also, als ich gerade gesagt habe, dass Ihre Organisation der Grund war, weshalb wir in England unsere Forschungen durchführten, war dies als Kompliment gedacht. Allen, die an der Entscheidung beteiligt waren, war klar, sollte jemals ein Problem auftreten, oder sollte gar eines unserer Forschungsobjekte fliehen können, wäre Hellsing da, um es zu stoppen. Wir haben also England nur aufgrund der Sicherheit ausgewählt.“
 

Plötzlich musste Lady Hellsing anfangen zu lachen. Es war kein lautes, dröhnendes Lachen, sondern mehr ein leises, absolut humorloses Glucksen. Lichtenberg konnte da nur verwundert seine rechte Augenbraue heben, dass erste offene Zeichen von Gefühlen, welches er während des Gespräches zeigte.
 

„Hätten Sie die Freundlichkeit mir zu sagen, was Sie daran lustig finden?“
 

„Tut mir leid, Dr. Lichtenberg. Es ist nur so verdammt komisch. Sie haben grade eben noch gesagt, Sie hätten England aufgrund von Sicherheitsbedenken ausgesucht, aber jetzt sind trotzdem all Ihre Mitarbeiter tot, soweit ich weiß. Und weshalb? Weil wir nichts von Ihren Forschungen wussten! Wir konnten Ihren Leuten also nicht zu Hilfe kommen, als sie dies am dringendsten gebraucht hätten. Ich glaube das kann man durchaus als Ironie des Schicksals bezeichnen, meinen Sie nicht auch?“
 

Bevor Lichtenberg seinen Mund zu einer Antwort öffnen konnte, sprach Integra schon weiter.
 

„Das führt mich aber zu meiner wichtigsten Frage! Wieso hat Ihre Regierung nie etwas erzählt, wenn ihr die Sicherheit so wichtig war? Wieso durften wir nie etwas erfahren?“
 

„Oh, die Antwort ist ganz einfach. Daran ist wieder Ihr Ruf oder besser gesagt der Ihrer Organisation schuld. Wissen Sie, man hat in Washington und Langley Angst gehabt, dass Sie es nicht zulassen würden, dass wir an Ghouls und Vampiren forschen. Man hatte Angst, dass Sie das verhindern würden. Aus diesem Grund haben wir auch niemanden hier informiert.“
 

So ungern sie das zugab, es klang durchaus logisch. Sie hätte tatsächlich alles in ihrer Macht stehende getan, um solche Forschungen zu verhindern. Im schlimmsten Fall hätte sie die Anlage sogar stürmen, egal ob sie nun von Amerikanern oder sonst wem geführt wurde. So etwas hätte sie einfach nicht zulassen können.
 

„Gut, jetzt wo alle Fragen über das Warum und Wieso geklärt sind, bleibt nur noch eine übrig. Was wollen Sie jetzt von mir, Lichtenberg?“ Seinen Namen spie sie fast schon heraus, so unsympathisch war ihr der Forscher, im Laufe ihres Gespräches mit ihm, geworden. Dieser ließ sich von der offensichtlichen Feindschaft, welche ihm von der anderen Tischseite, endgegenschlug nicht weiter beeindrucken. Er zog einfach ein weiteres Mal an seiner Zigarette, bevor wieder mal das Wort ergriff.
 

„Oh, nur einen kleinen Gefallen. Wie Sie sicher wissen, existiert nach unseren Informationen, keine lebende Kreatur mehr in der Anlage. Es scheint uns aber trotzdem zu gefährlich, wieder Menschen runter zuschicken, nachdem was mit dem letzten menschlichen Team passiert ist. Leider müssen wir aber mindestens eine weitere Person rein schicken, um eine Truhe zu bergen, welche sich in der Anlage befindet. Ihr Inhalt ist für die Fortsetzung unserer Arbeit von aller höchster Wichtigkeit.“
 

„Wieso sollte ich Ihnen helfen wollen, weiter an Waffen zu forschen, die ich aufs schärfste verurteile?“
 

„Soweit ich weiß müssen Sie uns helfen, egal ob Sie wollen oder nicht, verehrte Lady Hellsing. Immerhin hat Ihnen der Premierminister persönlich diesen Befehl erteilt, wenn ich mich nicht irre.“
 

Leider hatte er damit recht! Genau so hatte ihr Befehl gelautet. Sie musste alles tun, was Lichtenberg von ihr verlangte. Ihre persönlichen Wünsche und Überzeugungen spielten hier überhaupt keine Rolle, in dem Punkt hatte sich der Premierminister, bei ihrem Telefongespräch mit ihm, welches nun ein paar Stunden zurücklag, sehr deutlich geäußert.
 

„Mir bleibt also keine Wahl! Also, wie soll ich Ihnen bei der Bergung der Truhe von Hilfe sein, Lichtenberg?“
 

„Oh, dies geht ganz einfach. Menschen dürfen die Anlage, aus Sicherheitsgründen, ja nicht mehr betreten. Aber für Vampire gilt dieses Verbot nicht. Und da sich in den Reihen Ihrer Truppe eine domestizierte Vampiren befindet…“ Der Rest des Satzes musste nicht mehr gesagt werden. Integra wusste schon so was er wollte. Sie sollte Seras Victoria befehlen in die unterirdische Anlage einzudringen und die Kiste ans Tageslicht zu holen. Am liebsten hätte sie sich dieser Bitte verwehrt aber da sie ganz klare Befehle hatte, konnte sie dies nicht tun. Leise stöhnte sie auf, bevor sie, fast schon unmerklich, nickte.
 

Lichtenberg, der dies registriert hatte, drückte schnell seine zu Ende gerauchte Zigarette, in dem Aschenbecher, aus, bevor er sich erhob.
 

„So, da wir jetzt alles geklärt haben, verabschiede ich mich von Ihnen, Sir Hellsing. Meine Assistentin wird Ihnen im Laufe des Tages die wichtigsten Informationen, über die Forschungsanlage und die Truhe, per E-Mail zuschicken. Ich wünsche Ihnen dann noch einen angenehmen Abend. Auf wieder sehen.“
 

Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ den Raum, durch dieselbe Tür, durch den er ihn auch betreten hatte.
 

Integra wartete bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, bevor sie laut sprach: „Komm heraus, Seras. Er ist endlich gegangen!“
 

Leise öffnete sich eine kleine Tür, welche sich rechts von Schreibtisch befand und heraus kam Seras Victoria.
 

„Was für ein unsympathischer Mensch!“, war das erste was ihr über die Lippen kam.
 

„Das ist egal. Er hat mächtige Verbündete, das Einzige was etwas zählt, in dieser Welt. Du weißt was du zutun hast?“
 

„Jawohl, Sir Hellsing! Ich werde mich, sobald ich die nötigen Informationen bekommen habe, zu dieser Anlage aufmachen und die Truhe bergen.“
 

„Gut, aber das wird nicht alles sein. Du wirst auch Informationen sammeln, so viele wie nur möglich. Ich will wissen an was sie da geforscht haben!“
 

„Das hat er doch selbst gesagt. Sie haben dort an Ghouls und Vampiren geforscht!“
 

„Seras, mach dich nicht selbst lächerlich. Ich glaube gerne, dass sie an B.O.W.s geforscht haben. Aber damit waren bestimmt nicht nur Vampire gemeint. Glaub mir, Seras, jemand wie dieser Lichtenberg, erzählt dir gerade so viel von der Wahrheit, wie er für richtig hält. Der Rest sind klug aufgebaute Lügen. Ich kann leider nicht sagen, was an seiner Geschichte nun Lügen waren und was die Wahrheit. Das herauszufinden wird deine Aufgabe sein, wenn du alleine in dieser mysteriösen Anlage bist. Verstanden?“
 

Ihre Untergebene bestätigte mit einem Nicken. Gerade als sie noch etwas zu ihrer Vorgesetzten sagen wollte, klingelte das Telefon auf dem Schreibtisch. Lady Hellsing nahm den Hörer ab und meldete sich mit einem kurzen „Hallo“. Danach hörte sie nur noch eine knappe Minute lang zu, bevor sie mit einem „Ich habe verstanden“ den Hörer wieder auflegte.
 

Seras wollte gerade fragen, wer da mit ihr geredet hatte, als sich schon Lady Hellsing zu Wort meldete.
 

„Das Krankenhaus war am Apparat. Man hat mir gesagt, dass Lord Island vor einer Stunde sanft entschlafen sei. Das bedeutet, dass ich mit sofortiger Wirkung das neue Oberhaupt des Round Table sei.“
 

Obwohl sie sich bemüht ruhig zu sprechen, konnte Seras deutlich hören, dass ihre Herrin von der Nachricht getroffen wurden war. Sie selbst war zwar nie eine große Freundin von Lord Island gewesen, aber bei ihrer Vorgesetzten sah die Sache anders aus. Sie hatte den Mann gekannt seit sie klein war, aus diesem Grund schien sie auch durch seinen plötzlichen Verlust getroffen wurden zu sein.
 

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ging Seras durch die kleine Tür, welche seit ihrer Ankunft offenstand nach draußen.
 

Lady Hellsing bemerkte davon nichts. Sie hatte sich dem Fenster zugedreht, welches sich hinter ihrem Stuhl befand und starrte hinaus. Eine einzelne Träne rollte ihre Wangen hinunter.
 


 


 


 

Von dieser Entwicklung ahnte Dr. Lichtenberg nichts. Er saß auf der Rückbank einer großen Limousine, welche ihn zurück ins Hotel fahren sollte und studierte ein paar Akten, als plötzlich sein Handy klingelte. Geistesabwesend griff er danach und hielt es sich ans Ohr.
 

„Dr. Lichtenberg hier“, sprach er, während sein Blick und damit sein ganzes Interesse, auf die Akte auf seinem Schoß gerichtet waren.
 

„Hallo, mein atheistischer Freund“, erklang eine Stimme, mit unüberhörbaren italienischen Akzent, aus dem kleinen Gerät in seiner Hand. Sofort waren alle seine Sinne auf diese Stimme gerichtet.
 

„Hallo, Kardinal Tremante. Was verschafft mir das Vergnügen, mit Ihnen reden zu dürfen?“, fragte er, während sich ein leicht angewiderter Ausdruck, auf seinem Gesicht, breit machte.
 

„Oh, als Vergnügen würde ich dieses Gespräch nicht bezeichnen, mein Lieber. Zumindest ist es für mich keines. Ich muss aber wissen ob alles nach Plan läuft. Und nur Sie können mir diese Informationen geben.“
 

Die Stimme, die dies sagte, hatte einen Klang wie Sirup. Sie war irgendwie dickflüssig, schleimig und von einer unnatürlichen Süße geprägt, die einfach nicht echt sein konnte. Dazu kam noch der starke italienische Akzent, der das Verstehen erschwerte. Lichtenberg, der schon oft mit dem Kardinal zu tun hatte und deshalb wusste, dass dieser akzentfreies Englisch sprach, war sich sicher, dass dieser jetzt nur mit Akzent sprach um ihn zu ärgern. Womit er auch Erfolg hatte. Dies ließ er den Kardinal aber nicht merken, als er ihm antwortete.
 

„Das Gespräch mit Sir Hellsing war ein voller Erfolg. Sie wird schon Morgen ihren kleinen Bluthund losschicken, um unser Eigentum zurückzuholen.“
 

„Gut, gut, was aber viel wichtiger ist, ist die Frage, ob sie Ihre Geschichte geglaubt hat.“
 

„Ich glaube, dass dies der Fall ist, Eure Eminenz.“ Als er die Anrede aussprach, musste er ein Würgen unterdrücken. Er konnte den selbstgefälligen Kirchenmann seit ihrer ersten Begegnung nicht leiden und die Tatsache, dass er ihm gegenüber solche respektvollen Bezeichnungen benutzen musste, machte ihm immer wieder Schwierigkeiten.
 

„Sie hat tatsächlich geglaubt, dass die CIA nur Forschungen an Vampiren und Ghouls durchgeführt hat und mehr nicht?“ Alle falsche Höflichkeit war aus der Stimme des Kardinals verschwunden und hatte einer Eiseskälte Platz gemacht.
 

„Jawohl, Eure Eminenz. Und selbst wenn sie glauben sollte, dass ich ihr etwas vorenthalten habe, besitzt sie weder einen Beweis oder auch nur einen Hinweis, der für diesen Verdacht sprechen könnte.“
 

„Schön. Der Beweis, dass Lady Hellsing nichts weiß oder auch nur ahnt, besteht schon allein in der Tatsache, dass Sie noch immer am Leben sind, mein Lieber. Wenn, die hoch verehrte, Lady Hellsing auch nur den Verdacht gehabt hätte, dass Iscariot und die CIA zusammen an einer B.O.W. arbeiten, hätte sie Sie schon auf den Stufen ihres Anwesens hinrichten lassen. Gleiches gilt für den Fall, wenn sie gewusst oder geahnt hätte, an was wir wirklich geforscht haben.
 

In beiden Fällen wären Sie jetzt tot. Da sind diese häretischen Engländer wirklich konsequent, dies muss man ihnen lassen.“
 

Lichtenberg schluckte eine bissige Antwort hinunter. In den meisten Fällen war er derjenige, welcher einen hören Posten bekleidete und dies auch seinen Gegenüber, durch bewusst provozierende oder verletzende Bemerkungen, spüren ließ. Leider gehörte der Kardinal zu den drei Personen, welche ihm direkte Befehle erteilen durften. Die beiden anderen, waren der Direktor der CIA und der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
 

Wieder erklang die Stimme des Kardinal aus dem Handy: „So, das Thema Hellsing wäre fürs erste abgeschlossen. Ihrer Meinung nach, werden die uns ja keine Probleme machen. Kommen wir jetzt zum wirklich wichtigem. Was ist mit Genesis?“, verlangte Tremante zu wissen.
 

„Da kann ich Sie auch beruhigen. Der GPS-Sender, welchen wir ihr vor ein paar Monaten implantiert haben, sendet uns immer ihre genaue Position. Wir wissen daher, dass sie sich im Stadtgebiet von London aufhält.“
 

„Schön und was genau gedenken Sie mit dieser Information nun anzufangen?“ Der Kardinal klang zum ersten Mal, während des gesamten Gespräches, ernsthaft interessiert.
 

„Meine Assistentin sucht schon nach geeignetem Personal, um Genesis wieder einzufangen. Es handelt sich nur noch um eine Frage von Tage, bis sie die nötigen Leute hier in London, für solch einen Einsatz, gefunden hat.“
 

„Das klingt vernünftig. Sie haben für dieses Vorgehen meine vollste Unterstützung. Es sei denn es geht was schief, dann wusste ich natürlich von gar nichts. Verstehen Sie mich?“ Es war Lichtenberg klar, dass dies keine Frage, sondern eine Anweisung war, den Namen des Kardinals auf alle Fälle, aus der Operation, herauszuhalten.
 

„Aber natürlich, Eure Exzellenz. Eurer Name, Eure Beteiligung, an der ganzen Operation und die Beteiligung des Vatikans, werden geheim bleiben.“
 

Ich frag mich was er als nächstes verlangt, etwa noch eine Schüssel mit Wasser, damit er seine Hände in Unschuld waschen kann, so wie einst Pontius Pilatus, dachte sich Lichtenberg verbittert. Kardinal Tremante als Pontius Pilatus, bei diesem Gedanken musste er ein kleines, aber ausnahmsweise ehrliches, Lächeln unterdrücken. Dieser Vergleich war einfach zu gut!
 

Er wurde aus seiner Vorstellung gerissen, als sich der Kardinal wieder zu Wort meldete.
 

„Gut, Sie scheinen also alles durchgeplant zu habe. Aber lassen Sie sich eines gesagt sein, nur für den Fall, dass doch etwas schief geht. Wir, dass heißt der Vatikan und im ganz besonderen Masse ich selbst, hoffen das Sie Genesis lebend zurückbekommen. Sonst werden wir uns mit Ihren Vorgesetzten in Washington über Ihre Zukunft unterhalten müssen. Es wäre sehr bedauerlich, wenn wir dann zu der Entscheidung kommen müssten, dass wir uns, aufgrund Ihres Versagens, von Ihnen trennen müssten.“ Die unüberhörbare Todesdrohung, die in diesen Worten mitschwang, konnte Lichtenberg nur zu deutlich heraushören
 

„Aber natürlich Eure Exzellenz. Sie müssen mich nicht extra daraufhin weisen, dass Versagen keine Option ist. Ich bin mir dessen sehr bewusst.“ Und wie er sich dessen bewusst war. Es ging hier immerhin um sein Leben.
 

„Schön, wenn dann alles geklärt ist, werde ich mich jetzt verabschieden. Viel Erfolg bei Ihrer kleinen Jagd, Doktor.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren wurde die Verbindung gekappt.
 

Lichtenberg musste erst mal tief durchatmen. Das Gespräch hatten ihm wirklich das letzte bisschen an Selbstbeherrschung gekostet. Niemand, nicht einmal seine direkten Vorgesetzten bei der CIA, hätten es gewagt in so einem Ton mit ihm zureden.
 

Erst als er ein leichtes knirschen hörte, bemerkte er, dass sich sein Griff, um das Handy, so sehr verkrampft hatte, dass die Plastikhülle, an einzelnen Stellen, kleine Risse bekam.
 

Wenn sich Genesis erst mal wieder im meinem Besitz befindet, werden wir sehen, wer sich hier um seine Zukunft sorgen muss, du fette Qualle, lauteten seine letzten Gedanken, an den Kardinal, bevor er sein Handy wieder einpackte. Jetzt wollte er nur noch ins Hotel und sich richtig ausschlafen.
 


 


 


 

Nachwort:
 

Für diejenigen, die nicht wissen was mit B.O.W.s, Racoon City und Umbrella gemeint ist, empfehle ich folgende Seite: http://residentevil.wikia.com/Resident_Evil_Wiki (Hier kann man alles nachlesen, zumindest das wichtigste.)
 

Und für diejenigen die wissen, was eine B.O.W. ist, was Raccoon City ist und was Umbrella bedeutet: Nein, dies wird keine Crossover ff aus Resident Evil und Hellsing! Es hat nur gerade zum Thema gepasst, deswegen hab ich diese Begriffe benutzt. Sonst wird die Resident Evil Reihe keine Rolle mehr in der Geschichte spielen.

Vorwort: Nach vielen Monaten kommt hier das dritte Kapitel. Wäre ich nicht so vergesslich und faul wäre es schon längst erschienen, aber na ja. Ich hatte halt viel zu tun, da konnte ich mich nicht um diese Geschichte kümmern.

Es gibt eigentlich nichts mehr zu sagen außer: Das Kapitel ist relativ alt und aufjedenfall dasjenige mit dem ich am meisten unzufrieden bin. Es gehört aber nun mal zur Story dazu, daher muss es leider auch hier erscheinen. Tut mir ehrlich leid.
 


 


 


 

Es war tiefste Nacht, als Seras zu ihrem neuen Einsatzort gefahren wurde. Sie selbst hätte den Wagen zwar nicht nötig gehabt oder auch nur auf einen bestanden, aber Lady Hellsing hatte darauf bestanden, da sie meinte, dass die Amerikaner, welche sich beim Einsatzort befanden, erschrecken könnten, wenn sie sehen müssten, mit was für einer, für Menschen unglaublichen Geschwindigkeit, Vampire selbst die größten Entfernungen hinter sich bringen könnten. Zähneknirschend hatte sie ihrer Herrin zugestimmt und sich gerade noch die Frage verkneifen können, ob ihr linker Arm, welcher nur aus einer schwarzen, pulsierenden Masse bestand, nicht der viel größere Schock sei und nicht die Geschwindigkeit ihrer Fortbewegung.

Da sie aber Integras Temperament kannte und wusste, dass diese schon, wegen des Besuches von Lichtenberg, genug gereizt war, unterließ sie diese Frage lieber. Also hatte sie sich, wenn auch wiederstrebend, in einen der gepanzerten Einsatzwagen der Hellsing Organisation gesetzt und ließ sich zum geheimen Forschungszentrum fahren.

Und geheim war dieses wirklich. Wie man etwas versteckt, dass wissen diese Amerikaner wirklich, hatte ihr erster Gedanke gelautet, als sie erfahren hatte, wo sich ihr neuer Einsatzort befinden sollte. Sie selbst hatte mit einem leer stehenden Haus, irgendwo im Großraum London gerechnet oder einer verlassenen Fabrikhalle. Aber das ein Biobauernhof, der weit außerhalb Londons lag, in Wirklichkeit von der CIA betrieben wurden war, war eine echte Überraschung gewesen. Besonders da dieser, auch in London, für seine gute Milch bekannt war.

Gerade als sie über die möglichen Verbindungen zwischen Geheimdiensten, Kuhmilch und Biobauern nachdenken wollte, stoppte der Wagen plötzlich. Beinahe wäre sie von ihrem Platz gefallen, so abrupt erfolgte der Halt. Kaum hatte sie sich gefangen, wurde schon die Wagentür aufgerissen und der Strahl einer Taschenlampe traf sie ins Gesicht.

„Aussteigen!“, bellte ihr eine Männerstimme heiser entgegen. Bevor sie überhaupt wusste was los war, wurde auch schon ihr linker Arm gepackt. Nur um sofort wieder losgelassen zu werden.

„Verdammte Scheiße, was ist denn das?“. In die körperlose Stimme hatte sich jetzt ein ängstlicher Unterton gemischt, welchen Seras aber deutlich wahrnahm. Langsam atmete sie aus, kannte sie doch solch eine Situation schon. So reagierten nun mal die meisten Menschen, wenn sie ihren linken Arm sahen oder, wie in diesem Fall, anfassten. Sie wollte sich gar nicht vorstellen wie sich die pulsierende Masse, aus der der Arm nun mal bestand, für jemanden anfühlen musste, der sie unvorbereitet berührte.

Als sie gerade zu einer Erklärung ansetzen wollte, hörte sie etwas was sie diesen Gedanken sofort verwerfen ließ. Nämlich das, ihr sehr vertraute, mechanische Klicken von automatischen Waffen, welche geladen wurden. Irgendwie scheint die Situation zu eskalieren, lauteten ihre Gedanken. Im Geiste bereitete sie sich schon darauf vor die Männer, welche sich außerhalb des Wagens befanden, zu entwaffnen, ohne diese dabei zu verletzen. Das Verursachen eines diplomatischen Zwischenfalls war das letzte was sich Integra von ihr wünschte, da hatte sich das Oberhaupt der Hellsing Organisation sehr klar ausgedrückt.

Schon dachte Seras daran, wie sie das alles später ihrer Herrin erklären sollte, als ein lauter Ruf erklang.

„Waffen runter! Wer jetzt auch nur daran denkt, einen Schuss abzugeben, darf die nächsten 20 Jahre in Alaska Eisbären jagen. Hab ich mich klar ausgedrückt, Captain MacAlistair?“

Kaum war der Ruf verklangen, erschien schon ein Gesicht in Türrahmen des Wagens. Seras war angenehm überrascht, dass sie der Mann durchaus respektvoll musterte.

„Sie müssen Seras Victoria sein. Man hat uns schon gesagt, dass Sie kommen würden. Ich bin Colonel Smith und habe hier vor Ort das Kommando übernommen.“ Während er dies alles sagte, wich er langsam von der Tür zurück, um so Seras die Möglichkeit zugeben auszusteigen.

Als sie dann ausgestiegen war, blickte sie sich als erstes Aufmerksam um. Was sie sah überraschte sie nicht wirklich, hatte man ihr doch, vor ihrem Aufbruch, gesagt, dass die Amerikaner eine zweite Militäreinheit geschickt hätten, um das Gebiet, um den Bauernhof, großräumig abzusperren. Was sie dann auch sah, waren knapp 20 Männer, in schwarzer Kampfausrüstung, welche ihre Gewehre im Anschlag hielten und gerade dabei waren eine Straßensperre, auf der Einfahrt zum Hof, aufzubauen. Sie hatte sich zwar schon längst an den Anblick bewaffneter gewöhnt, was ihr aber dann doch einen unwohlen Schauer über den Rücken jagte, waren die Blicke, voller unverhohlener Verachtung, welche ihr von den Soldaten zugeworfen wurden. Der einzige der sie nicht so anblickte, als wollte er sie gleich erschießen, war Smith. Dieser ließ jetzt erst mal den Blick über seine Leute schweifen, bevor er sich an einen Mann wendete, der direkt hinter ihm stand.

„Also MacAlistair, hätten Sie vielleicht die Freundlichkeit mir zu erklären, wieso sie gerade mit einer Waffe, auf ein Fahrzeug, eines unserer Verbündeten, gezielt haben.“ Sein Blick bohrte sich, bei diesen Worten, förmlich in die Augen seines Gegenübers.

„Sir, Sie müssen verstehen, als ich der Kleinen da beim aussteigen helfen wollte, hab ich plötzlich etwas berührt, bei dem es sich unmöglich um etwas Menschliches handeln konnte. Da ich wusste was mit Team Alpha passiert ist, habe ich angenommen, dass jetzt wieder dieses Etwas, was schon Team Alpha vernichtet hat, zurückgekommen sei, um sein Verbrechen zu Ende zu bringen. Also hab ich angenommen, dass ich mich verteidigen müsste. So einfach war das. Man hätte uns ja ruhig sagen können, dass man uns ein Monster und keinen Menschen schickt. Dann…“, gerade als er weiter sprechen wollte, wurde er von Smith unterbrochen.

„Haben Sie gerade, eine unserer Verbündeten, als Monster bezeichnet, Captain?“ Smith versuchte gar nicht erst, die Wut in seiner Stimme zu verbergen. Wenn es eines gab, was er wirklich nicht leiden konnte, dann war es fehlender Respekt gegenüber Kameraden. Ganz egal ob es sich bei diesen Kameraden um Männer, Frauen, Ausländer, Homosexuelle oder eben auch Untote handelte. Jeder, der in einer Armee diente, hatte das Recht mit Respekt behandelt zu werden. Und genau das würde er jetzt jedem einzelnen hier klar machen, sollten sie sich am Verhalten von MacAlistair ein Beispiel nehmen wollen. Schon wollte er weiter machen, als ihn eine Hand an der Schulter berührte und ihn so dazu brachte, sich umzudrehen. Erstaunt wandte er sich um und blickte genau ins Gesicht von Seras, der die ganze Angelegenheit eher peinlich zu sein schien.

„Was Ihr Soldat gerade zu mir gesagt hat, ist wirklich nicht schlimm, Sir. Ich hab es schon vergessen.“ Während sie dies sagte, versuchte sie den Colonel freundlich anzulächeln. Gott, war ihr die ganze Sache peinlich! Das war wirklich nicht das erste Mal, dass sie jemand, aufgrund der Tatsache das sie ein Vampir war, so behandelte. Außerdem mochte sie es nicht besonders, wenn jemand der Meinung war, sie in Schutz nehmen zu müssen. Da fühlte sie sich immer unwohl.

Der Colonel schaute kurz etwas verwirrt, da er mit einer solchen Reaktion, von ihrer Seite, wirklich nicht gerechnet hatte, fing sich aber wieder schnell.

„Na gut“, knurrte er nur noch, bevor er sich wieder zu dem Captain umwandte.

„So. Sie gehen jetzt wieder zu ihren Männern und helfen ihnen dabei, die Einfahrt zu bewachen. Und sollte ich von Ihnen noch irgendeinen verletzenden oder beleidigenden Kommentar hören, sorge ich dafür, dass sie bis zum Ende Ihrer Dienstzeit das Klo putzen dürfen. Und zwar nur mit Ihrer Zunge! Habe ich mich klar ausgedrückt?“

MacAlistair konnte nur noch schlucken. Verdammt, wieso musste der Colonel diesen verdammten Blutsauger nur in Schutz nehmen? Wäre es nach ihm gegangen, hätte er dieses Monster einfach erschossen. Aber nein, seine Befehle lauteten nun mal, dass er mit ihr zusammenarbeiten musste. Und dabei sollte eine dieser Kreaturen seine Kameraden, aus dem Team Alpha, getötet haben. Das hatten zumindest viele seiner Leute, aus der Einheit, welche ihm unterstand, gemeint, bevor sie hier eingetroffen waren, um Wachmänner zu spielen. Dies alles sagte er zwar nicht laut, immerhin war er nicht blöd, aber erkannte am Gesichtsausdruck dieses kleinen Monsters vor ihm deutlich, dass sie seine Gedanken erraten hatte. Ein kurzes Lächeln gönnte er sich deshalb noch, bevor er wieder zu seiner Mannschaft ging.

Smith, der dies alles genau beobachtet hatte, konnte nur stumm den Kopf schütteln. Dass sein Untergebender ein sturer Hund sein konnte, wusste er schon längst, aber das er sich so in der Gegenwart eines Verbündeten verhalten musste, ging einfach viel zu weit! Wenigstens schien das dem weiblichen Vampir nichts ausgemacht zu haben. Vielleicht konnten sie ja doch noch gut zusammenarbeiten! Dies hoffte er wirklich, als er wieder das Wort an Seras richtete.

„Bitte kommen Sie mit mir. Ich will Ihnen den geheimen Eingang zeigen.“ Damit setzte er sich in Bewegung, Richtung einer etwas verwahrlost aussehenden Scheune. Seras folgte ihm sofort. Kaum hatten die beiden etwas Platz zwischen sich und die Gruppe amerikanischer Soldaten gebracht, als der Colonel wieder das Wort erhob.

„Entschuldigen Sie das Verhalten meiner Männer, Miss Victoria. Sie meinten es nicht böse. Bei ihnen liegen im Moment nur die Nerven etwas blank.“ Kurz atmete er tief durch, bevor er weiter sprach: „Sie sollten vielleicht wissen, die Soldaten, die vor ein paar Tagen, in der Anlage unter unseren Füßen, gestorben sind, waren ihre Kameraden. Sie dienten in der gleichen Spezialeinheit, nur in anderen Eingreifteams. Daher kannten sie sich alle ganz gut. Viele waren sogar richtige Freunde. Deshalb hat es die Männer, des sogenannten Teams Beta, auch ziemlich getroffen, von dem Tod ihrer Kameraden zu erfahren. Ich hoffe sie verstehen jetzt ihr Verhalten etwas besser.“

„Machen Sie sich bitte keine Sorgen deshalb, Sir. Ich hab selbst schon viele Kameraden verloren, deshalb weiß ich, dass es nicht immer leicht ist damit umzugehen. Da gehen die Nerven schon mal mit einem durch. Sie müssen sich nicht extra für Ihre Soldaten entschuldigen.

Was mich mehr interessiert, wo ist jetzt eigentlich der Eingang zur Anlage?“ Um die Wirkung ihrer Frage zu unterstreichen, blickte sie sich demonstrativ in der Scheune um, welche sie gerade, in Begleitung des Colonels, betreten hatte.

„Oh, das wird Sie sicher begeistern. Ich selbst war es jedenfalls, als man es mir gezeigt hat.“ Mit diesen Worten ging der große Mann zur gegenüberliegenden Wand und entfernte ein quadratisches Stück Gibbs, aus der Wand. Dahinter befand sich ein Touchpad, auf welchem Seras ein Zahlenfeld erkennen konnte. Der Colonel stellte sich so vor das Feld, dass seine massige Statur das gesamte Feld verdeckte und gab eine längere Zahlenfolge ein. Kaum hatte er auf die Taste zum bestätigen gedrückt, als ein Art Ruck durch die Scheune ging. Die Augen von Seras weiteten sich überrascht, als sie sah, wie sich mitten im Boden eine Luke auftat. Sie konnte es zwar erst nicht glauben, aber im Schatten, unterhalb der Luke, konnte sie deutlich die Umrisse einer Treppe erkennen, welche nach unten führte.

„Ziemlich cool, finden Sie nicht? Besser als so mancher Science-Fiction Film, ist jedenfalls meine Meinung.“

Sie war zu überrascht um zu antworten, also konnte sie nur stumm nicken. Ihr Gesichtsausdruck musste dabei wirklich komisch ausgesehen, jedenfalls hörte sie das leise Auflachen des Colonels deutlich, welches dieser zu unterdrücken versuchte. Kaum hatte sie sich wieder gefangen, erhob wieder der Amerikaner seine Stimme: „Nur damit Sie es wissen, diese Genies in Langley, haben aus Sicherheitsgründen den gesamten Strom in der Anlage ausgeschaltet.“ Das bei dem Wort Genies, ein bitterer Sarkasmus, in seinen Worten mitschwang, entging Seras nicht. „Auch weigern sie sich die Generatoren anzulassen. Das bedeutet im Klartext, außer dieser Luke hier, funktioniert gar nichts mehr. Sie werden also kein Licht, da unten, haben. Auch werden sich elektrisch verschlossene Türen nicht öffnen lassen, noch werden Aufzüge oder ähnliches funktionieren. Aber das soll ja für sie kein Problem sein, hat man mir gesagt.“

Wie recht er damit hatte. Als Vampir konnte Seras selbst in der tiefsten Dunkelheit alles ohne Probleme sehen. Und was die nicht funktionierenden Türen und Fahrstühle betraf, damit konnte sie auch gut leben. Mit ihrer übermenschlichen Kraft konnte sie selbst, auf die eine oder andere Art, die stabilsten Türen öffnen. Bei den Aufzügen musste sie nur den Schacht herunterspringen und später wieder hinauf, wenn sie wieder hinaufwollte.

Gerade als sie die Treppe betreten hatte, hielt sie die Stimme des Offiziers, der die Scheune noch nicht verlassen hatte, auf.

„Bevor sie darunter gehen, möchte ich Sie noch um etwas bitten.“

Verwirrt drehte sich Seras zu ihm um.

„Mich um etwas bitten? Was meinen Sie damit?“

Der Mann holte noch mal tief Luft, bevor er ihr antwortete.

„Man hat mir zwar gesagt, dass das Wesen, was die Männer, von Team Alpha und alle Mitarbeiter der Anlage getötet hat, schon längst geflohen wäre, aber sollten Sie es trotzdem treffen, bitte ich Sie: töten Sie es. Für meine Männer, für ihre Familien und für mich. Bitte, versprechen Sie es mir!“ Die letzten Worte sprach er in einem Ton aus, der klar machte, dass er seine Worte ernst meinte. Seras nickte nur. Natürlich würde sie diese Kreatur töten, egal was es war. Mit diesem Gedanken begab sie sich in die Dunkelheit.
 

Sie gestand es sich zwar nicht gerne ein, aber nach einer Stunde, unter der Erde, hatte sie schon etwas Angst bekommen. Es war nicht so sehr die Tatsache, dass sie sich allein und ohne Waffen, in einer ihr fremden Umgebung befand. Mit so etwas hatte sie schon öfters ihre Erfahrungen gemacht. Es war mehr die Atmosphäre, die hier unten herrschte. Es wirkte einfach alles tot. Nirgendwo herrschte Leben. Weder gab es Tiere, noch funktionierten irgendwelche Geräte, die wenigstens einen Ton von sich gegeben hätten. Und wenigstens etwas Licht wäre auch schön gewesen. Mit ihren Augen sah sie zwar viel mehr als ein Mensch, aber auch sie hatte ihre Grenzen, wie sie festgestellt hatte. In der totalen Finsternis, die in der Anlage herrschte, sah selbst sie als Vampir, nur undeutliche Umrisse und Schemen. Zum Glück hing an ihrem Gürtel eine Taschenlampe, welche ihr Integra befohlen hatte mit zunehmen. Zwar hatte sie sich noch vorhin, bei dem Gedanken eine Taschenlampe mitzunehmen, gesträubt aber jetzt musste sie, wenn auch wiederwillig, zugeben, dass sie sehr nützlich war. Damit hatte sie zumindest eine, wenn auch sehr kleine, Lichtquelle bei sich. Das einzige andere Gerät, welches sie dabei hatte, war ein GPS-Empfangsgerät, auf welchem eine Karte der Anlage angezeigt wurde. Dazu war noch ein kleiner, blinkender Punkt zu sehen, welcher zeigen sollte wo sich die Truhe befand, welche sie für Lichtenberg bergen sollte.

Bei den Gedanken an den Forscher lief es ihr kalt den Rücken runter. Es war schon verdammt lang her, dass sie einen Menschen gesehen hatte, oder besser gesagt gehört, immerhin durfte sie das Gespräch, zwischen ihm und Lady Hellsing, nur belauschen, der ihr so unheimlich gewesen war. Die kalte, absolut berechnende Aura welche ihn umgab, war wirklich bemerkenswert gewesen, wenn auch nicht im positiven Sinne.

Darüber musste sie nachdenken, als im Lichtkreis ihrer Taschenlampe plötzlich ein paar Beine erschien. Schwer musste Seras schlucken, als sie sah, dass zwar Beine da waren, der Rest des Körpers sich aber woanders befand. Dieser war im ganzen Gang vor ihr verteilt. Was auch immer hier gewütet hatte, es musste wirklich über große körperliche Kräfte verfügt haben, um so was mit einem menschlichen Körper anzustellen, lauteten ihre Gedanken, als sie weiter ging.

Während sie weiterging wurde es immer schlimmer. Überall sah sie grausam zugerichtete Leichen. Manche hatte man wohl, mit solch einer Kraft, gegen die Wand geschleudert, dass ihnen, im wahrsten Sinne des Wortes, alle Knochen im Leib gebrochen wurden waren. Und das waren noch die Glücklicheren gewesen, zumindest konnte man bei ihnen davon ausgehen, dass sie nicht allzu lange gelitten hatten. Im Gegensatz zu den anderen Opfern, die Seras sah. Manche waren einfach in zwei Hälften gerissen wurden. Bei anderen schien irgendwas die Brustkörbe, von innen heraus, aufgesprengt zu haben, so, dass nun als Resultat, ihre Gedärme heraushingen und die Rippen in alle Richtungen heraus zeigten. Am schlimmsten war aber eine Leiche, der man alle Glieder herausgerissen hatte und die nun überall verteilt waren. Es sah fast so aus, als hätte ein wütendes Kind, eine seiner Puppen auseinandergenommen, um dann die Einzelteile zu verstreuen.

Diese Bilder, werden mir bestimmt noch Albträume bereiten, dachte sich Seras, als sie einen Raum betrat, der wirklich etwas Besonderes enthielt. Dies lag nicht so sehr an den drei Leichen, die sich hier befanden. Diese trugen zwar alle schwarze Kampfkleidung, genau solch eine, wie die Soldaten, die sich oberhalb der Anlage, befanden, aber solche Leichen hatte sie hier unten schon oft genug gesehen. Bei ihnen handelte es sich wahrscheinlich um die getöteten Mitglieder, von Team Alpha. Zwei von ihnen schien man mit etwas erdrosselt zu haben, zumindest waren ihre Hälse stark eingedrückt. Den letzten hatte es aber am schlimmsten getroffen. Er war von einem riesigen Aktenschrank, welcher aus Metall bestand, gegen die Wand gepresst wurden. Es hatte ihn regelrecht zerquetscht. Die Einschusslöcher im Schrank ließen zwar darauf schließen, dass der Mann den Schrank vorher noch bemerkt hatte, aber ihm ausweichen konnte er wohl nicht mehr.

Was aber wirklich Seras Aufmerksamkeit fesselte, waren die Akten, welche aus dem Schrank gefallen waren und nun den gesamten Fußboden bedeckten. Einige waren, beim Aufprall, aufgeklappt und Seras konnte den Inhalt ohne Probleme lesen. Den größten Teil verstand sie zwar nicht, da das meiste wissenschaftliche Fachausdrücke waren, aber ein Wort tauchte immer wiederauf, welches ungute Erinnerungen in ihr weckte. Auf den meisten Seiten konnte sie mindestens einmal das Wort „Regenerator“ oder auch „Regenerator-Projekt“ lesen.

Ein anderes Wort, welches immer wieder auftauchte, sagte ihr hingegen nichts. Auf jeden Fall wusste sie nicht, was in den Akten mit „Genesis“ oder auch „Genesis-Projekt“ gemeint sein konnte. Dafür stand auf einem Blatt Papier ein Satz, den sie endlich verstehen konnte, da es sich bei diesem um keinen wissenschaftlichen Text handelte.

„Wissenschaftlicher Leiter des Genesis-Programms ist Dr. Peter Lichtenberg“, lass sie laut vor. Das war also der Grund weshalb er allen Befehle erteilen konnte. Was auch immer hier unten geschehen war, in irgendeiner Form trug er die Verantwortung dafür.

Gerade als sich Seras bückte, um eine der Akten aufzuheben, sah sie wie etwas im Schein des Lichtes, ihrer Taschenlampe, glitzerte. Vorsichtig nahm sie dieses etwas zwischen ihre Finger und stellte zu ihrer ehrlichen Überraschung fest, dass es sich dabei um eine Glasscherbe handelte. Verwundert runzelte sie ihre Stirn. Wo kam plötzlich diese Scherbe her? Als sie jetzt jedoch darauf achtete, bemerkte sie, dass der gesamte Boden mit Scherben bedeckt war. Langsam wanderte der Lichtkegel über die Scherben, bis sie wieder eine weibliche Leiche sah, deren Genick eindeutig gebrochen war. Sie trug einen weißen Kittel, ein Kleidungsstück welches sie hier unten schon öfters an mancher Leiche gesehen hatte. An ihrem Kittel war auch ein Namensschild befestigt, auf welchem „Keira Fransen“ stand. Was aber an dieser Leiche besonders war, war das ihr gesamtes Gesicht mit Schnittwunden überzogen war. Die Leiche sah genau so aus, als hätte man sie, bevor der Mensch gestorben war, durch eine Glasscheibe geworfen. Und genau so war es auch, zumindest soweit Seras das beurteilen konnte. Hinter der Frau befand sich eine große Glasscheibe, welche allerdings zerbrochen war.

Seras stellte sich vor diese Scheibe und schaute sich den Raum an, welcher sich dahinter befand. Es handelte sich allem Anschein nach um eine Art Untersuchungszimmer. Jedenfalls handelte es sich beim einzigen Möbelstück im Raum, um einen Untersuchungstisch aus Chromstahl, über welchem sich eine OP-Lampe befand. Der Untersuchungstisch war mit Lederriemen ausgestattet, mit welchen man wohl Arme und Beine fixieren konnte. Was sie aber wirklich verwirrte, war die Tatsache, dass dieser Raum am schlimmsten von allen verwüstet war, die sie bisher gesehen hatte. Die anderen Räume sahen zwar auch schlimm aus, aber in diesem hier, war sogar die Verkleidung von den Wänden abgerissen wurden und die Stromkabel hingen heraus. Was auch immer hier gewütet hatte, es schien von diesem Raum aus angefangen zu haben, zumindest wenn man nach dem Ausmaß der Zerstörung ging.

Langsam, um kein Detail zu übersehen, drehte sich Seras um ihre eigene Achse. Vielleicht gab es hier noch irgendeinen Hinweis darauf, an was die Menschen hier geforscht hatten.

Als sie sich gerade mit einer halben Drehung fertig war, sah sie etwas was sie innehalten lies. Direkt auf der anderen Seite des Raumes, in welchem sie sich befand, stand eine Tür sperrangelweit offen. Offen stehen war eigentlich nicht die richtige Beschreibung. Die Tür war aus den Angeln gerissen wurden und lag nun auf dem Boden, vor dem Durchgang, welcher so frei geworden war. Langsam ging sie zu diesem Durchgang. Als sie dort angekommen war, sah sie noch einmal auf das GPS-Empfangsgerät in ihrer Hand. Laut der Karte befand sich hinter dem Raum, denn sie jetzt betreten wollte, ein weiteres Zimmer, in welchem sich die mysteriöse Truhe befinden sollte. Bei dem Raum, den sie jetzt betrat, handelte es sich offensichtlich um eine Art Büro.

Aber auch hier schien etwas gewütet zu haben. Auf dem Boden lag eine etwa sechzig Jährige Frau, welche einen weißen Laborkittel trug. Ihr Kopf war in einem unnatürlichen Winkel verdreht, was darauf hindeutete, dass man auch ihr Genick gebrochen hatte. Zu ihren Füßen, direkt unter dem Schreibtisch, lag ein Laptop.

Wenn ich hier irgendwo Antworten, auf die Frage, was hier eigentlich passiert ist, finden will, dann müssen sie sich hier, auf diesem Laptop befinden, dachte sich Seras.

Langsam bückte sie sich und nahm den Laptop hoch, um diesen dann auf den Tisch zu stellen. Als sie ihn aufklappte und einschaltete, erlebte sie eine kleine Überraschung. Er ging sofort an, ohne das sie vorher ein Passwort eingeben musste oder etwas ähnliches. Hier war ja jemand vertrauensvoll, lauteten ihre Gedanken, als sie sich langsam durch die gespeicherten Daten klickte. Zu ihrer Enttäuschung waren die meisten doch mit einem Passwort geschützt. Nach einer Weile hatte sie dann doch noch einen Ordner gefunden, welche ungeschützt war. Diese trug den Namen „persönliches Tagebuch von Dr. Erica Johnston“.

Bei den einzelnen Dateien, welche in dem Ordner gespeichert waren, handelte es sich ausnahmslos um Videos. Keines der Videos besaß einen Titel, dafür war aber die jedem einzelnen ein Datum angegeben. Wahrscheinlich das Datum am welchem das entsprechende Video aufgenommen wurde, lautete Seras Schlussfolgerung.

Irritiert hob sie eine ihrer Augenbrauen, als sie feststellte, dass das älteste der Videos über zehn Jahre alt zu sein schien. Hoch interessiert klickte sie die Datei an, erhoffte sie sich doch neue Informationen durch dieses Video.

Auf dem Bildschirm des Laptops erschien auch sofort das Gesicht der Frau, welche mit gebrochenem Genick, auf der Erde, vor ihr, lag. Aus dem Bildschirm heraus, blickte sie jetzt allerdings Seras mit wachem und intelligenten Blick an und nicht mit dem gebrochenem und leeren, der jetzt in ihren toten Augen lag.
 

„Dies ist das persönliche Videotagebuch von Dr. Erica Johnston, heute ist der 10.05.2005“, kam es laut und deutlich aus den Lautsprechern des Laptops. Seras registrierte mit Interesse, dass die Aufnahme wohl tatsächlich zehn Jahre alt war. Dies konnte man deutlich am Gesicht von Dr. Johnston erkennen. Ihre Haare, die sie hochgesteckt hatte, hatten zwar schon vereinzelte graue Strähnen, waren aber noch weit davon entfernt durchgehend grau zu werden. Im Gegensatz zu den Haaren der Leiche, die auf dem Boden lag. Deren Haare waren grau. Auch hatte die Leiche deutlich mehr Falten, als die Frau, die Seras im Video sah.
 

„Heute habe ich meinen Dienst, als wissenschaftliche Leiterin vor Ort, in dieser merkwürdigen Anlage begonnen. Es ist schon ein seltsamer Ort. Erstmals arbeite ich unter der Erde. Das muss man sich vorstellen, ich bin Wissenschaftlerin, keine Bergarbeiterin!“ Aus ihrer Stimme sprach eine Mischung aus Belustigung und Empörung. „Auch wollte man uns noch nicht sagen, an was wir eigentlich genau forschen sollen. Ich hab damit mit meinem direkten Vorgesetzten, einem Dr. Lichtenberg, was für ein seltsamer Name, per Videokonferenz, gesprochen. Er hat mir gesagt, dies würde ich bald erfahren und sonst sollte ich doch bitte keine weiteren Fragen, zu diesem Thema, stellen. Was für eingebildetes Arschloch! Na ja, morgen kommen die ersten Forschungsmaterialien und auch meine wissenschaftlichen Kollegen sollen dann eintreffen. Bisher sind nur das Wachpersonal und ich hier. Vielleicht wird ab Morgen alles deutlicher!“
 

Das will ich hoffen, lauteten Seras Gedanken, als sie sich das nächste Video ansah. Wieder erschien das Gesicht der Wissenschaftlerin. Dieses Mal zeigte sich aber ein Ausdruck freudiger Überraschung, auf eben jenem.
 

„Ich kann es nicht glauben! Ich hab gerade ein paar der Forschungsmaterialien, die man mir zur Durchsicht gegeben hat, überflogen und muss ehrlich sagen, dass der Inhalt einfach erstaunlich ist. So etwas hab ich noch nie gesehen. Man verrät mir zwar nicht, wer am diesem „Regenerator-Programm“ gearbeitet hat, aber es müssen Genies gewesen sein! Einen solchen Einsatz der Gen-Technologie, hätte ich mir, selbst in meinen kühnsten Träumen, erst in fünf bis zehn Jahren vorstellen können. Diese Forschungsergebnisse sind einfach genial, ich kann es nicht oft genug betonen.“ Schon hatte sie ihre Hand gehoben, anscheinend um die Aufnahme abzuschalten, als sie noch kurz inne hielt, um etwas Abschließendes zu sagen.
 

„Oh, bevor ich es vergesse, heute hab ich meine zukünftigen Kollegen endlich kennen gelernt. Scheinen alle ganz intelligent zu sein. Wer mir aber nicht gefällt, ist diese junge Bio-Chemikerin, mit dem Namen Keira Fransen. Sie scheint eine dieser verkappten Weltverbesserer zu sein, die man immer wieder trifft. Sie redete, bei unserem ersten Treffen, nur davon, wie unsere Forschung den Menschen helfen kann. Und dabei haben wir noch gar nicht mit irgendwelchen Forschungen begonnen! Na ja, hoffentlich wird sie, während ihrer Arbeit hier unten, merken, dass die Welt nicht so schön ist, wie sie glaubt. Sonst sehe ich für diese Frau, einfach keine Zukunft, in dieser Branche. Aber das wird alles die Zukunft zeigen.“ Dies waren die letzten Worte, von ihr, bevor der Bildschirm wieder schwarz wurde.

Seras war hellhörig geworden. Keira Fransen war der Name, welchen die Leiche draußen auf ihrem Schild trug! Also waren beide Frauen Wissenschaftlerinnen gewesen, welche hier gearbeitet hatten, schlussfolgerte sie. Jetzt war ihre Neugier erst richtig geweckt. Mit einem gespannten Gefühl klickte sie eine Videodatei an, welche nach dem Datum, mit welchem sie überschrieben war, zwei Wochen nach dem vorherigen Video aufgenommen wurden sein musste.

Dieses Mal schaute Dr. Johnston mit einem merkwürdig aufgekratzten Blick, in die Kamera. Auch lag dieses Mal, in ihrer Stimme, eine merkwürdige Art von Euphorie und bildete damit einen Kontrast, zu ihrem Gesichtsausdruck.
 

„Endlich, endlich ist mein Vorgesetzter hier unten erschienen. Offiziell war es nur eine Routinekontrolle, der Anlage. Aber als Lichtenberg und ich allein waren, hat er mir gezeigt, was er mitgebracht hat. Zuerst war ich etwas enttäuscht, da es sich nur um eine hermetisch verriegelte Kiste handelte. Lichtenberg hat aber meine Zweifel erkannt und mir versichert, dass sich in dieser Kiste das Geheimnis unserer Forschungen befinden würde. Und er hatte recht! Die biologischen Proben, welche sich in dieser Kiste befinden, sind einmalig. Einen solchen genetischen Code hab ich bisher für unmöglich gehalten! Aber die Proben beweisen das genaue Gegenteil. Wenn wir es schaffen, den Code der biologischen Proben, mit den Ergebnissen des Regenerator- Programmes zu kombinieren, werden wie in der Lage sein, eine noch nie dagewesene Art von Waffen zu entwickeln! Es mag vielleicht wahnsinnig klingen, aber Lichtenberg hat recht, wenn er sagt, dass dies der vielleicht größte wissenschaftliche Durchbruch ist, seit Einsteins Relativitätstheorie. Er ist ein wahrer Visionär! Kleingeister, wie diese Fransen, werden es nicht verstehen können, dass weiß ich jetzt schon. Aber unsere Forschung wird nicht nur Auswirkungen auf die Waffentechnologie haben. Genesis wird erst der Anfang sein! Dank unserer Arbeit, wird ein neues Zeitalter für die Menschheit anbrechen. Es wird alles verändern und ich werde von Anfang an dabei sein!“ Ihre Stimme überschlug sich am Ende beinahe, so sehr freute sie sich.
 

Seras konnte da nur ungläubig ihren Kopf schütteln, wusste sie doch wie dieses Genesis Programm geendet hatte. Etwas enttäuscht, klickte sie sich durch weitere Videos, immer mit der Hoffnung im Hinterkopf, zu erfahren, was Genesis jetzt tatsächlich war. Die meisten anderen Videos enthielten aber keine wirklich interessanten Informationen mehr. Auf den meisten erzählte Johnston nur irgendwelchen Klatsch, aus dem Alltag der Anlage, aber nichts mehr über die eigentliche Forschungsarbeit. Gerade wollte Seras den Laptop schon ausschalten, als sie auf das Video vom 11.07.2008 stieß.

Wieder sah sie, das schon vertraute Gesicht der Forscherin, nur diesmal lag ein merkwürdiger Ausdruck ihren Augen. Es handelte sich hierbei, um eine furchterregende Mischung aus Freude und einer Spur Wahnsinn.
 

„Man hat mir zwar verboten, dies hier zu dokumentieren, aber die Geschehnisse dieses Tages müssen einfach für die Nachwelt aufgezeichnet werden. Zukünftige Generationen werden die Ereignisse dieses Tages in einem Atemzug mit der Entdeckung Amerikas, dem Ende des zweiten Weltkrieges und dem Tag der ersten Mondlandung nennen. Mindestens!

Heute haben wir nämlich Genesis endlich aus ihrem Brutkasten holen können. Sie hat sich in den letzten Monaten wirklich prächtig entwickelt. Man hätte fast nicht glauben können, dass sie künstlich gezüchtet wurde.

Lichtenberg war live dabei, per Videoschaltung. Er hat die Geburt, wie er es ironisch genannt hat, von Anfang bis Ende verfolgt. Es war fast perfekt. Leider musste sich wieder Fransen zu Wort melden. Mit ihrer üblichen Litanei, dass es sich hier um ein Lebewesen handele und nicht um eine Waffe, die man gebaut habe, und so weiter! Wenn sie nicht eine solch großartige Wissenschaftlerin wäre, hätte man sie schon längst gegen jemand anderes eingetauscht. Leider hat sie sich mit ihrer Arbeit hier unersetzlich gemacht.“ Schon war das Video wieder vorbei.
 

Seras hatte für einen kurzen Moment aufgehört zu atmen. Wenn sie das gerade eben richtig verstanden hatte, handelte es sich bei Genesis, um ein Lebewesen, welches man nur zu dem einen Zweck geschaffen hatte, um es als Waffe eingesetzt werden zu können. Es klang unglaublich, aber so war es wohl.

Schnell klickte sie sich durch die restlichen Videos, von denen nicht mehr viele übrig waren. Johnston hatte offensichtlich nicht viel davon gehalten, regelmäßig Videotagebuch zu führen. Deshalb war der Rest auch eher überschaubar, obwohl sich die Datumsangaben noch durch ganze sieben Jahre zogen. Es waren aber trotzdem nur noch knapp zehn Videos übrig. Das nächste wirklich interessante, unter diesen, war das Video vom 11.07.2013.

Dieses Mal war Johnston eindeutig wütend.
 

„Ich kann es nicht glauben! Diese Fransen. Wie oft hab ich ihr in den letzten fünf Jahren gesagt, dass es sich bei Genesis um eine Waffe und um kein menschliches Lebewesen handelt. Aber hört sie auf mich? Nein! Sie verhält sich so, als könne man, ein wissenschaftliches Forschungsobjekt, und ein solches ist Genesis nun mal, wie einen Menschen behandeln. Sie tut so, als sei sie ihre große Schwester oder so etwas in der Art. Sie nennt Genesis sogar Genny. Ich kann es einfach nicht begreifen. Aber über all das hätte ich noch hinwegsehen können. Aber heute hat sie den Bogen überspannt. Sie hat Genesis ein Geschenk vorbeibringen wollen, mit der Begründung, es sei ja ihr fünfter Geburtstag! Geburtstag, dies muss man sich mal vorstellen!

Aber das ist alles nebensächlich. Hauptsache ist, dass sich Genesis perfekt entwickelt. Ihre telekinetischen Fähigkeiten haben ein neues Niveau erreicht. Sie kann jetzt sogar kleine und sehr leichte Objekte über mehrere Meter Entfernung zu sich heranholen. Und das nur durch Kraft ihrer Gedanken! Auch ist sie jetzt in der Lage bestimmte Festkörper zum Platzen zu bringen. Darauf müssen wir aufbauen und zwar schnell. Langsam hab ich nämlich das Gefühl, dass Lichtenberg größere Erfolge, bei der Entwicklung der Fähigkeiten von Genesis, erwartet. Hoffentlich wird er nicht zu ungeduldig.“ Schon wieder brach das Video ohne Vorwarnung ab.
 

Langsam verstand Seras. Sie wusste zwar immer noch nicht was genau Genesis war, aber so viel war klar: es handelte sich dabei um einen biologische Lebensform, welche telekinetisch begab war und über mehrere Jahre, hier unter der Erde, herangezüchtet und trainiert worden war.

Jetzt wollte sie es genau wissen! Sie hoffte, dass die beiden letzten Videos, ihre übrigen Fragen beantworten würden, als sie das vorletzte aktivierte, welches vor nur drei Tagen aufgenommen worden war. Einem Tag bevor der Amoklauf von Genesis begann.

Das Gesicht von Johnston wirkte dies mal abgekämpft und verspannt. Langsam öffneten sich ihre Lippen, so als müsste sie sich zu ihren eigenen Worten zwingen.
 

„Die Lage wird immer ernster, für uns hier unten. Die Fähigkeiten von Genesis stagnieren immer noch auf dem gleichen Niveau, wie vor zwei Jahren. Lichtenberg wird immer ungehaltener. Er hat sogar schon damit gedroht, mich durch einen Nachfolger oder Nachfolgerin zu ersetzen. Ich glaube er dachte bei diesen Worten an Fransen, dieses intrigante Miststück! Sie hat es schon seit langer Zeit auf meinen Posten abgesehen. Und Lichtenberg würde ihn ihr wahrscheinlich sogar geben, so wie ich ihn kenne. Immerhin hat sie ihn glauben gemacht, dass ihre enge Beziehung zu Genesis, bei der Entwicklung ihrer Fähigkeiten nützlich sein könnte. Was für ein Schwachsinn!

Aber Morgen werden sich diese beiden noch umsehen! Morgen werde ich nämlich meine neuste Erfindung an Genesis testen.“ Bei diesen Worten, hob sie ihre rechte Hand und zeigte der Kamera, was sie in dieser hielt. Es handelte sich dabei um eine kleine Spritze, welche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt war. „Wenn ich Genesis Morgen dieses Serum indiziert haben werde, werden sich ihre Kräfte um mindestens das zehnfache steigern. Das ist zwar noch viel mehr, als Lichtenberg verlangt, aber wer weiß, vielleicht wird das Ergebnis, seine Vorgesetzten beeindrucken. Und schon in der nächsten Woche werde ich dann auf seinem Stuhl Platz nehmen. Ha, ha, ha!“ Während sie, bei der Vorstellung, ihren Vorgesetzten, von dessen Posten, zu verdrängen, laut lachen musste, schaltete sie die Kamera wieder aus.
 

Jetzt war nur noch ein Video übrig. Dieses war am Tag der Tragödie aufgenommen wurden. Was genau an diesem Tag passiert war, war hoffentlich auf diesem Video dokumentiert!

Kaum hatte Seras dieses Video geöffnet, wurde ihr sofort klar, dass dieses Video aufgenommen wurde, nachdem der Amoklauf von Genesis schon begonnen hatte. Mehrere Strähnen hatten sich aus dem strengen Haarknoten der Forscherin gelöst und hingen ihr nun im Gesicht. Im Hintergrund sah man eine rote Warnleuchte wild blinken. Eine Sirene heult schrill in der Ferne. Am deutlichsten konnte man den Ernst der Situation aber am Gesichtsausdruck der Forscherin erkennen. Ihre sonst ruhige Miene, war einer hysterischen Fratze gewichen. Mit fast schon hysterischer, kreischender Stimme, die sich beinahe überschlug, rief sie in die Kamera: „Es ist alles katastrophal schiefgelaufen. Ich weiß nicht woran es lag, aber das Serum hatte den vollkommen falschen Effekt, auf Genesis. Ihre Kräfte sind innerhalb von Sekunden auf noch nie dagewesene Werte gestiegen. Aber zu welchem Preis! Sie scheint vollkommen den Verstand verlorene zu haben! Sie hat Fransen durch die Fensterscheibe des Untersuchungszimmers geworfen. Und dabei war sie doch ihre beste Freundin! Oh Gott, ihr Genick, ich glaube es ist gebrochen! Ich hab es gerade so geschafft mich in mein Büro zu flüchten, und den Alarm zu aktivieren. Ich hoffe nur das Langley meine Bitte um Hilfe bekommt.“ Plötzlich erklang hinter ihrem Rücken ein lautes Knacken, welches von der Tür ausging.
 

„Oh nein, Genesis versucht anscheinend die Tür aufzubrechen. Wenn sie das schafft bin ich tot!

Da dies hier meine letzte Nachricht zu sein scheint, will ich noch sagen, egal wer diese Nachricht findet: Hüte dich vor Genesis. Sie ist unberechenbar geworden. Ihre Kräfte sind jenseits al…“, bevor sie weiter sprechen konnte, wurde mit einem lauten Kreischen die Tür aus den Angeln gerissen und durch den Raum geworfen. Kaum war dies geschehen, geschah das Unglaubliche: Johnston wurde in die Luft gehoben, ohne das sie jemand festgehalten hätte! Ihre Beine zitterten unkontrolliert in der Luft und trafen den Laptop, wodurch die Aufnahme abrupt abgebrochen wurde.
 

Seras hatte dies alles mit einem ungläubigen Staunen verfolgt. Dies war also in der Anlage geschehen! Der Versuch, die Fähigkeiten von Genesis, auf künstliche Weise enorm zu steigern, hatte dazu geführt, dass Genesis einen Amoklauf, in der Anlage, gestartet hatte.

Mit einem mulmigen Gefühl klappte sie den Laptop zu. Sie hatte alles Interessante gesehen und so viel verstanden wie, aufgrund der wenigen Informationen, welche sie gefunden hatte, möglich gewesen war.

Langsam löste sie sich von dem Schreibtisch und ging auf die, noch verschlossene Tür zu, hinter welcher sich der Kasten befinden sollte, welchen Lichtenberg unbedingt haben wollte und welcher wohl für die Forscher dieser Anlage solch wichtige Proben enthalten hatte.

Mit einem leisen Quietschen öffnete sich die Tür. Seras war etwas enttäuscht, als sie in den Raum, hinter der Tür, blickte. Sie hatte eine große Truhe erwartet, welche man nur mit größter Kraft, hätte heben können. Was sie aber sah, war dann doch eher ernüchternd. Bei der Kiste, welche sich hier befand und deren Inhalt, anscheinend, für manche Leute sehr wichtig war, handelte es sich nur um einen kleinen quadratischen Kasten, welcher zehn Zentimeter hoch war und eine Seitenlänge von dreißig Zentimetern besaß. Er bestand aus einfachem, schwarz lackiertem Metall. Das einzige Besondere an ihm, war das Touchpad, welches an seiner Außenhülle zu erkenne war. Seras bemerkte das es sich bei diesem um genau das gleiche Modell handelte, welches sie in der Scheune gesehen hatte, bevor sich die Luke geöffnet hatte.

Ohne über mögliche Konsequenzen nachzudenken griff sie nach diesem Kasten, welcher auf einem kleinen Tisch stand. Kaum das sie ihn in der Hand hielt, fuhr ihr ein Schreck durch den Körper. Aus dem Nichts hörte sie eine unpersönliche Computerstimme, welche sagte: „Warnung! Unautorisierte Wegnahme von Forschungsmaterial, der höchsten Sicherheitsstufe! Code-Red wurde aktiviert! Selbstzerstörung der Anlage erfolgt in genau einer Minute! Dies war die letzte Benachrichtigung!“

„Verdammter Mist!“, war alles, was Seras einfiel, bevor sie, mit einer Geschwindigkeit, die selbst ihren Meister beeindruckt hätte, die Flucht ergriff. Zum Glück kannte sie noch den Weg, den sie genommen hatte, um zu dem Raum, mit dem Kasten, zukommen. In solchen Momenten war sie dafür dankbar kein Mensch mehr zu sein. Nur eine Untote hatte die nötigen Fähigkeiten, um eine Geschwindigkeit zu erreichen, die groß genug war, um vor dem Ablauf der Frist, aus der Anlage zu gelangen. Insgesamt benötigte Seras, für den Rückweg nur 59 Sekunden. Und das war keine Sekunde zu spät! Mit letzter Kraft sprang sie aus der Luke, welche sich in der Scheune befand. Kaum das sie draußen war, kam ein tiefes Grollen aus dieser Luke, gefolgt von einem leichten, aber trotzdem deutlich zu spürenden Beben der Erde. Und nur eine Sekunde später schoss eine fast fünf Meter hohe Stichflamme, hinter Seras hervor, welche ihr beinahe ihren Rücken versengt hätte.

Erschöpft und alle Glieder von sich gestreckt, lag sie auf dem Boden der Scheune, als Colonel Smith auf sie zugelaufen kam.

„Mein Gott, was war das denn?“, war alles was er im Moment sagen konnte.

„Das war das Selbstzerstörungsprogramm der Anlage!“, lautete die kurze, und ziemlich atemlose Antwort von Seras. Ihr Sprint hatte sie wirklich ziemlich erschöpft! Es war halt doch eine unglaubliche Anstrengung gewesen, die ganze Strecke, unterhalb einer Minute, zurückzulegen, selbst für einen Vampir.

Langsam hob sie ihren Arm und reichte, dem sichtlich verwirrten Colonel Smith, das Kästchen, welches sie gerettet hatte. Dieser nahm es dankbar entgegen, musste aber trotzdem noch eine Frage stellen: „Selbstzerstörung? Das sollte eigentlich unmöglich sein, hatte man mir gesagt! Immerhin war kein Strom da, um überhaupt irgendein Programm zu starten! Wie ist das also möglich?“

„Oh, es gibt eine Möglichkeit! Entweder die Leute von der CIA wussten nicht, dass noch Strom für die Selbstzerstörung übrig war oder…“, den Rest des Satzes ließ sie unausgesprochen.

„Oder was?“, war alles was Smith zu dieser Unterhaltung einfiel.

„Oder sie wussten davon und haben es Ihnen aus irgendeinem Grund nicht gesagt. Ich hoffe das die erste Möglichkeit zutrifft, dies hoffe ich wirklich!“ Kaum hatte sie dies gesagt, verließ sie die Scheune, um sich zum Wagen der Hellsing Organisation zu begeben. Sie wollte einfach nur noch nach Hause und in ihren gemütlichen Sarg klettern, nach diesem ungeplant spannenden Ausflug, unter die Erde.
 

Zur gleichen Zeit dachte ein anderer Vampir etwas ganz anderes. Seine ganze Konzentration galt dem Schnapsglas, welches er in seiner Hand hielt und welches er versuchte, mit fast schon manischer Energie, sauber zu machen. Zumindest bezeichnete er es als sauber machen. Seine Kumpels, aus der Motorrad Gang, welcher er angehörte, hätten gesagt, dass er denn Schmutz, auf dem Glas, gleichmäßig verteilte. Über solchen Kommentaren stand er aber drüber. Er war zwar noch der Jüngste in der Gang, er war erst vor einem Monat ein vollwertiges Mitglied geworden, trotzdem ließ er sich von den anderen nicht in seiner Entschlossenheit schwächen. Seinen ganzen Ehrgeiz hatte er darauf gerichtet, aus dem „Hell Hole“, der Bar der „Demons“, der gefährlichsten Motorradbande in ganz London, einen angesagten Szenetreff zu machen. Die Anderen hatten über seinen Vorschlag nur gelacht! Man hatte versucht ihm zu erklären, dass die Bar nur den Zweck hatte, den „Demons“, welche ausschließlich aus Vampiren bestanden, eine Möglichkeit zum verstecken zu geben, wenn es draußen Tag war, oder die Behörden wieder mal jagt auf Ihresgleichen machten.

Aber Joe Stanley, von seinen Freunden nur Stannie gerufen, was er wie die Pest hasste, weshalb ihn auch jeder so rief, ließ sich nicht beeindrucken und verrichtete jetzt jeden Tag den Job des Barkeepers, um mehr über Kundschaft zu lernen. Das Problem war nur, dass so gut wie keine Kundschaft kam. Die Paar armen Menschen, welche sich ab und zu, in die gut versteckte Bar verirrten, wurden sofort von den „Demons“ überwältigt und ausgesaugt. Dies hatte zur Folge, dass Joe seine Nächte damit verbringen durfte, hinter dem Tresen zu stehen und dreckige Gläser zu putzen und in der Regel nicht mal einen richtigen Gast sah.

Gerade war es wieder soweit! Keiner war da, mit dem er hätte reden können. Weder ein Mensch noch einer aus der Gang. Gleich würde er das Geschirrtuch, welches er in den Händen hielt, hinwerfen und die kleine, schmutzige und alles andere als sympathische Bar verlassen und sich auf die Suche nach einem Opfer machen. Er hatte nämlich schon wieder Durst. Selbst wenn in diesem Moment ein richtiger Kunde gekommen wäre, der etwas hätte trinken wollen, hätte er sich nicht zurückhalten können und hätte diesen angefallen.

Dies waren Joes Gedanken, als sich plötzlich die Tür zur Bar öffnete und eine attraktive braun haarige den Raum betrat. Attraktiv war vielleicht übertrieben, aber sie hatte auf jeden Fall eine äußerst sportliche Figur. Dies wurde von ihrer einfachen, aber durchaus sehenswerten Kleidung unterstrichen. Sie trug ein Paar einfache Turnschuhe, ihre langen Beine steckten in einer ausgewaschenen, aber trotzdem eng anliegenden Jeans. Zwar war es Draußen nicht wirklich kalt, trotzdem trug die Frau eine Lederjacke unter der Joe ein schwarzes T-Shirt bemerkte. Was ihm aber besonders auffiel waren ihre grünen Augen.

Gott, wie sehr er grüne Augen liebte! Da wurde er immer sofort schwach! Sein Durst war sofort vergessen. Diese hier würde er auf keinen Fall aussaugen. Nun ja, jedenfalls nicht, solange er noch nicht mit ihr im Bett gewesen war. Nachdem er sie gehabt hatte, würde er sich seinen Entschluss noch mal anders überlegen. Aber erst mal musste er sie dazu bringen mit ihm zu kommen. Das bedeutete Flirten. Nicht gerade eine seiner Stärken!

Er war so in seine Gedanken vertieft gewesen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie sich die Fremde zu ihm, an den Tresen, gesetzt hatte und ihm nun, mit einem merkwürdig ernsten Gesichtsausdruck, musterte.

„Hallo. Was kann ich für dich tun?“ Das war eine schön allgemeine Gesprächseröffnung, dachte er sich. So konnte er gut mit ihr ins Gespräch kommen.

„Du könntest mir sagen, wo ich die „Demons“ finde!“, lautete ihre Antwort.

Sofort war er alarmiert! Eine Fremde die wusste, dass das „Hell Hole“ den „Demons“ gehörte! So etwas durfte es nicht geben!

Scheiße, die Kleine ist bestimmt ein Bulle oder sonst irgendeine Form von verdeckter Ermittlerin, dachte er panisch, während seine linke Hand, nach dem Baseball Schläger griff, welchen er für solche Notfälle immer unter dem Tresen hatte. Obwohl er furchtbar aufgeregt war, ließ er sich nichts davon anmerken.

„Demons? Sagt mir nichts. Vielleicht hast du dich in der Kneipe geirrt.“ Seine Stimme war absolut ruhig, während sich seine Hand um das Holz des Schlägers schloss. Jetzt musste er nur noch dafür sorgen, dass sie sich nach vorne lehnte und er konnte sie mit dem Schläger bewusstlos schlagen. Vielleicht kam er so doch noch zu seinem Vergnügen, auch wenn es dann nicht mehr einvernehmlich war, wie er zuerst gehofft hatte.

Gerade wollte er der Frau sagen, sie sollte sich zu ihm rüber lehnen, vielleicht könnte er ihr doch noch helfen, als plötzlich mehrere Dinge gleichzeitig geschahen.

Als erstes griff sich die Frau, mit einer enormen Geschwindigkeit, seine rechte Hand, welche noch auf dem Tresen lag und hielt diese fest. Mit der anderen Hand griff sie das Schnapsglas, welches Joe unvorsichtigerweise, auf dem Tresen hatte stehen lassen und verpasste ihm damit einen Schlag mitten ins Gesicht. Das Glas zerbrach und verursachte mehrere tiefe Schnittwunden. Vor Schmerz und Überraschung ließ er den Griff des Schlägers los und faste sich mit der linken Hand ins Gesicht. Darauf hatte seine Angreiferin nur gewartet. Blitzschnell hatte sie ein Messer in der Hand, dessen Klinge sie durch seine linke Hand trieb und seine Hand so am Tresen fixierte. Joe heulte vor Schmerz auf, als alles noch schlimmer wurde. Die Fremde hatte nämlich plötzlich, mit ihrer rechten Hand, seinen Hinterkopf gepackt und nutzte dies aus, indem sie seinen Kopf dreimal hintereinander auf den Tresen schlug. Hierbei verlor Joe einen seiner Vampir Zähne und zwei seiner Vorderzähne. Auch zog er sich eine Platzwunde, über dem linken Auge, zu, aus welcher nun unkontrolliert Blut floss. Gerade als um Hilfe schreien wollte, bemerkte er, dass sie ihm ein zweites Messer an die Kehle hielt. Das erste steckte noch in seiner Hand.

„So, hör mir jetzt gut zu, Freundchen“, hörte er die eiskalte Stimme der Fremden, welche sich nun zu ihm vorgebeugt hatte, um ihm besser ins Ohr sprechen zu können. „Ich hab keine Lust mehr auf blöde Spielchen, klar? Ich weiß, dass du zu der Gang „Demons“ gehörst und ich weiß, dass ihr alle Vampire seid. Das ist mir aber scheißegal. Ich bin nur hier, um euch an Angebot zu machen. Verstehst du, was ich sage?“

Langsam nickte Joe mit dem Kopf, sorgsam darauf bedacht, mit seiner Haut nicht die Klinge des Messers zu berühren. Er spürte nämlich deutlich, dass es sich bei dem Messer, welches in seiner Hand, steckte, um eines mit einer Silberklinge handelte. Das Gleiche traf wahrscheinlich auch auf das Messer an seiner Kehle zu. Herausfinden wollte er dies aber nicht!

„Gut! Wenn das klar ist, hier ist mein Angebot: 500.000 britische Pfund und ein Jahr lang keine Probleme, mit den britischen Behörden.“

Joe konnte es nicht fassen! Diese Fremde kam in seine Bar rein, wagte es ihn zu verletzen und machte ein so unglaubliches Angebot, so als würde sie ihn nicht mit einer lebensbedrohlichen Waffe gefährden! Gerade als er etwas sagen wollte, sprach sie auch schon weiter.

„Dafür müsst ihr nur diesem Punkt hier folgen.“ Mit diesen Worten legte sie langsam ein GPS-Empfangsgerät auf den Tresen, auf dessen Display Joe eine Karte Londons sah und einen kleinen grünen Punkt der sich langsam fortbewegte.

„Folgt dem Punkt. Er zeigt euch den Aufenthaltsort einer bestimmten Person an. Wenn ihr diese Person gefunden habt, fangt sie lebend ein. Dann ruft ihr diese Nummer an.“ Wieder legte sie etwas auf den Tresen, nur war es diesmal ein keiner Zettel, auf dem eine Handynummer stand.

Langsam lockerte die Fremde, den Druck, welchen sie mit dem Messer auf Joes Hals, ausgeübt hatte.

„Wenn ihr die gesuchte Person habt und zwar lebendig, ruft ihr mich unter dieser Nummer an. Mein Name lautet Emma Dearing. Mit mir könnt ihr dann die Einzelheiten der Übergabe regeln.“

Mit diesen Worten drehte sie sich um und verließ die Bar. Joe konnte ihr nur noch hinterher sehen, bevor er sich endlich das Messer aus der Hand zog. 500.000 britische Pfund, das musste er seinen Kumpels, aus der Gang, erzählen. Aber vorher musste er noch seine Hand verarzten. Dies hatte Vorrang.
 


 

Nachwort: So das war es wieder. Vielleicht denke ich in Zukunft regelmäßiger daran die Kapitel hochzuladen, dann müsst ihr nicht so lange warten.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2011-10-13T18:16:54+00:00 13.10.2011 20:16
Wow, deine Geschichte gibt es jetzt auch auf Mexx?!
Genial ^^
So hab ich mir Lichtenstein immer vorgestellt, wie er auf dem Bild dargestellt wird
Oder wie Hannibal Lector...
Wie dem auch sei, ich freu mich ^^

LG
Yomi_Isayama (Heiligenschein)


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