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Yours possession

....wo dein Herz schlägt
von

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Encountered

Encountered
 

"Bis morgen, meine kleine."

Sie beugte sich zu ihrer Tochter hinab und setzte ihr einen liebevollen Kuss auf die kleine Stirn. Nachdem sie ihrem Kind noch einmal über den Kopf, mit dem pechschwarzen Haar, gestreichelt hatte, wendete sie sich an ihre Freundin und Haushälterin, Sayuri.

"Also dann Sayuri, ich gehe jetzt. Pass bitte gut auf mein kleines Mädchen auf.", ihr Blick hatte etwas wehleidiges. Sayuri hatte es aufgegeben, sie davon abbringen zu wollen und nahm es inzwischen mit einem halbherzigen Lächeln hin.

"Mach dir keine Sorgen. Ich werde gut auf Naomi acht geben." noch einmal nickte sie ihr zu.

"Ich weiß. Machts gut."

In den schwarz-grünen Augen spiegelte sich noch einmal das Bild ihrer Tochter bevor sie sich endgültig der Wohnungstür zuwandte, um ihrer Arbeit nachzugehen. Doch es war keine normale Arbeit, leider.

Mit einer unwirschen Kopfbewegung schmiss sie sich das kirschrote Haar über die Schulter, während sie im Fahrstuhl den Knopf für das Erdgeschoss drückte. Sie hasste es. Sie hasste ihre Arbeit, sie hasste sich selbst dafür, dass sie sich das auch noch freiwillig antat. Wieso musste es damals nur so kommen? Wieso nur? Konnte sie nicht einfach ein friedliches Leben zusammen mit ihrer Tochter führen? Ja das könnte sie und würde und konnte es doch nicht. Ein friedliches Leben setzte voraus, diese Sache einfach zu vergessen. Zu leben mit der Gewissheit nichts getan zu haben um die Wahrheit zu erfahren und um sie zu rächen. Wie könnte es ihr je so egal sein, nein für dieses Leben könnte sie sich nicht entscheiden. Darum tat sie das. Jedes Mal wenn sie diesen Weg ging. Jedes Mal wenn sie den schwarzen Wagen aus der Tiefgarage heraus in Richtung ihres Arbeitsplatzes steuerte, rief sie es sich in Erinnerung. Dafür tat sie es.
 

~o~
 

Zur selben Zeit saß der weltbekannte Meisterdetektiv L, in seiner üblich hockenden Position, auf einem Stuhl in der ehemalig für den KIRA- Fall erbauten Ermittlungszentrale.

Neben ihm sein Freund Light Yagami, welcher Lange Zeit selbst im Verdacht stand Kira zu sein, wobei der Verdacht nun kaum noch oder überhaupt nicht mehr bestand.

Als Kira verhaftet, wurde Kyosuke Higuchi und seine Mordwaffe das "Death Note" wurde verbrannt beziehungsweise für die Öffentlichkeit unzugänglich gemacht.

Nun ermittelte L gemeinsam mit Light in einem neuen Fall.

Normalerweise beschäftige sich der Detektiv nicht mit solch einfachen Dingen wie Raubüberfällen, doch dieser Fall war speziell. Zum einen wurde inzwischen bereits ein Betrag in Höhe von knapp 3 Millionen entwendet, ohne dass das Geld irgendwie in Umlauf gebracht wurde. Auffällig war auch, wie das Geld gesammelt wurde. Meistens haben Personen des öffentlichen Lebens, bei dem Besuch einer Spendengala oder ähnlichem, anstatt zu spenden, das meiste ihres Geldes kurz darauf verloren.

Vor ihm auf dem Tisch lag die Akte des aktuellsten Opfers.

Oni Kouhjo, 45 Jahre, männlichen Geschlechts, geraubt wurden 120 000. Der Täter soll eine Frau mittleren Alters, mit rot-braunen Haaren, in einem blauen Samtkleid gewesen sein, auch ihr Name war bekannt, Hanako Ohara. Sie war auch auf die Gala eingeladen, war jedoch verhindert und hat dafür Zeugen.

Und das, war das interessanteste an dem Fall. Immer gab es nicht nur ein Opfer, sondern auch einen Täter. Nur hat dieser stets ein wasserdichtes Alibi und war im besten Fall, zum Zeitpunkt des Verbrechens, auf der anderen Seite der Erdhalbkugel.

"Wieder ein Alibi. So kommen wir nicht weiter."

Sprach Light, warf genervt eine zweite Akte auf den Tisch und lies sich auf das Sofa fallen.

"Da magst du recht haben. Was nicht heißt, dass ich die Motivation verliere.", entgegnete ihm L. Sich noch gut an Lights Reaktion erinnernd, als er in dessen Gegenwart das letzte Mal seine demotivierte Stimmung preis gab. Vorsichtig wanderten seine schwarzen Seen in die Richtung des brünetten. Der darauf begann seine Stirn etwas zu kneten.

"So früh hätte ich das auch nicht erwartet. Man bist du nachtragend. Seit 3 Wochen geht das jetzt schon so und wir haben kaum Anhaltspunkte, außer das jedes Verbrechen, von dem wir wissen, auf einer öffentlichen Veranstaltung für Vermögende stattfand und dass offensichtlich sehr gute Double ihre Finger im Spiel haben."

Auch wenn das eigentlich schon einiges war, schien sein Freund nicht mit der schleppenden Entwicklung zufrieden. L konnte seine Beweggründe jedoch durchaus nachvollziehen. So ein einfaches Prinzip und doch gelang es den Verbrechern immerhin schon so viel Geld einzusammeln. Und sie traten dagegen auf der Stelle.

"Ryuuzaki, ich habe die Überwachungsvideos, die sie verlangten.", Watari betrat den Raum und schleppte weitere Videobänder an, die sich L, zum Leidwesen Lights, allesamt ansehen würde.

"Sehr gut, haben sie vielen Dank. Stellen sie sie doch bitte auf den Tisch und legen sie mir die erste gleich ein bitte."

Während Watari sich daran macht das erste Band abzuspielen, verdreht Light die Augen. Was erwartete sich der Detektiv bitte davon? Das waren ganz offensichtlich Profis, die auch auf den letzten 200 Überwachungsvideos keinen Hinweis hinterlassen haben.

"Ich finde das könnte einen großen Wert haben. Die Wahrscheinlichkeit ist beträchtlich groß, dass wir den Täter irgendwie entlarven." antwortete L, als hätte er Lights Gedanken gehört.

"Ich wäre mir da nicht so sicher."

"Du glaubst, weil der Täter sich den Opfern so deutlich zeigt, wird er mich auch täuschen können?"

"Möglich wäre es."

"Ja möglich ist alles."
 

~o~
 

Wie sooft ging sie gemächlich durch den Haupteingang eines riesigen Gebäudekomplexes, in dessen unterstes Geschoss sie sich begab. Es gab nur begrenzt Platz. Sofort nachdem sie die Tür aufschob, strahlten ihr die rot lackierten Spinde entgegen. Der Architekt gehörte verprügelt. Den Spind mit der Nummer 427 geöffnet, griff sie nach einer gelben Akte, die sich in eben diesem befand. Gelb stand für neuer Kunde.

Minder interessiert schlug sie die Akte auf und suchte mit den Augen nach dem Bild. Sie erstarrte.

Sie begann zu lesen. Das war er. Endlich. Es war soweit. Mit zittrigen Händen klappte sie die Akte zu. In ihrem Spind, an der Unterseite der Ablage klebte, in der hintersten Ecke, hinter Stiefeln und Pumps versteckt, etwas und zum ersten Mal, seit sie es dort befestigt hatte, griff sie danach. Sie zuckte etwas, als das kalte Eisen ihre Haut berührte, doch dann riss sie es mit einem Ruck heraus. Die braunen Klebestreifen wickelte sie, vorsichtig um Griff und Abzug und steckte alles in ihre Tasche.

"Es ist also so weit.", nicht wirklich überrascht drehte sie sich um. Hinter ihr stand ihre Partnerin. Sie verstand es wirklich sich heranzuschleichen. Jedoch war ihr von Anfang an klar gewesen, dass sie nicht alleine sein würde, denn für ihren Job brauchte man mindestens 2 Leute.

"Komm ich mach dich fertig. Wie versprochen werde ich heute nicht versuchen dich umzustimmen, aber ich werde beten, dass du das Richtige tust, Celleste."

Sister, my Sister

Sister, my Sister
 

Der große Moment war endlich gekommen. Mit schnellem Herzschlag macht sich Celleste in einer schwarzen Limousine, auf den Weg zum „Morima-Museum“ in der 28. Straße 352.

Fieberhaft denkt sie darüber nach wie sie ES wohl anstellen wird, dass sie es tun wird steht außer Frage, über das wie und wann ist sie sich noch unklar.

Die Limousine hält an und sie steigt als die berühmte Schauspielerin, Maria Kazim aus. Man führte sie auf den roten Teppich, der bis ins innere des Morima Museums reichte. Das lang einstudierte Star lächeln aufgesetzt und zwischendurch die erlernten Standartposen vorgezeigt und keiner ahnte auch nur im entferntesten, dass es sich nicht um Maria Kazim handelte.

So wie immer. Nur heute war alles anders, nur heute würde sie sich nicht einfach das Geld holen und verschwinden, heute war es soweit.

Sie erreichte den Eingang des Museum. An der Decke entdeckte sie Kameras und musste schmunzeln, wie so oft einfache Attrappen, ein Blick eines Kenners und sie waren entlarvt.

Nachdem sie ihren Mantel zur Garderobe gebracht hatte, entdeckte sie ihn.

Das ging schnell, stellte sie fest und griff sich aufgeregt ans Kleid.

In einem schicken, schwarzgestreiften Anzug, die Rolex blitzte aus dem Ärmel hervor und die mittellangen, braunen Haare, waren geschmackvoll nach hinten zurückgeworfen worden, so wie es sich für einen Mann seines Formates gehörte. Man könnte eigentlich meinen er sähe gut aus, doch für Celleste konnte er nicht schlimmer daher kommen. Sie hatte ihn damals gehasst und tat es jetzt umso mehr. Doch nun musste sie ihre Gefühle tief in sich verschließen, und ganz ihre Rolle spielen.

„Maria, ma chere!“,

„Pierre! Wie schön, dass du es einrichten konntest.“ Als er zur typisch französischen Begrüßung ansetzte, verkniff sich mit mühe ein Würgen.

„Ja ich bin auch sehr froh hier zu sein. Letzten Endes war es mir doch wichtig mal wieder etwas für die Menschen zu tun, die nicht so viel Glück hatten wie wir.“, kurz stockte Celleste über diese unverschämte, dreiste Heuchelei , welche ihr Pierre entgegenbrachte und ermahnte sich innerlich immer wieder zu bedenken, dass er nicht wusste wen er vor sich hatte und ließ sich, nach ein Paar Drinks und holen Gesprächen, von ihm zu seinem sogenannten Lieblingsbild führen.

Sie witterte eine Chance! Ihr Vorteil, dass sie nur Frauen imitierte und Pierre, ein verdammter Schürzenjäger war und schon lange ein Auge auf die Schauspielerin ,Maria Kazim geworfen zu haben schien.

Er führte sie also zu seinem sogenannten Lieblingsbild, dieses lag weit hinten am Ende eines langen, hohen Raumes voll mit wunderschönen Gemälden.

Celleste fiel auf, dass sich nur wenig der eingeladenen in diesem Teil der Galerie befanden, doch dann erinnerte sie sich, dass gerade in einem anderen Teil des Gebäudes eine Auktion für einige Kunstgegenstände stattfinden musste.

„Voila! Es heißt „frühester Eintritt.“ Das Bild zeigte in abstrakter Form einen Kimono, in blassem gelb, mit verschiedenen Mustern die in der Mitte eine Art Urne bildeten. Tatsächlich empfand Celleste das Bild sogar als ansprechend, obwohl es allem Anschein nach Pierres Lieblingsbild war.

„Es erinnert mich immer an die Schönheit Japans und die meist bedingungslose Fügsamkeit der Frauen dort, naja zumindest in alter Zeit. Es...es wirkt so ruhig ich habe oft den Eindruck dass,.. .“

Pierres aus dem FF gezogenes, möchtegern an Kulterwissen lauschend und schon an der Tatsache, dass er nicht einmal den Künstler des Bildes kannte, hellhörig geworden, erkannte Celleste ihre Chance.

Sie bemerkte wie er sich ihr langsam, aber stetig nährte und versuchte durch sein Gefasel eine passende Überleitung zu dem eigentlichen Grund seiner Wahl zu kommen.

„Ja es ist wirklich schön.“ antwortete Celleste schließlich wahrheitsgemäß und tat überrascht, als sie plötzlich seinen Atem an ihrem Ohr spürte.

„Nicht wahr?“, flüsterte er „...aber mit dir kann es nicht mithalten, hatte ich dir schon Komplimente gemacht? Du bist atemberaubend.“ hauchte er hinterher.

„Was soll das denn werden?“ entgegnete Celleste provokant und spielte die ahnungslose.

„Du kommst mir ja ganz schön nahe.“,

„Ist dir das unangenehm?“,

„Nein.“ antwortete sie gelassen und gab ihm grün für sein offensichtliches Vorhaben.

Als Belohnung spürte sie auch gleich seine Zunge an ihrem Ohr und dann an ihrem Hals,wo er begann kleine Küsse zu verteilen. Er drängte sie an die Wand und positionierte sich hinter ihr, fuhr mit der Hand in ihren Ausschnitt.

Entschlossen schob sie ihn von sich, das war schon hart an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Was dachte der eigentlich wo sie hier waren? Dennoch musste sie die Situation retten.

„Nicht hier. Wie hast du dir das denn vorgestellt?“,

"Naja, ungefähr so.", er drängte sich wieder an sie, diesmal von vorn. Drückte ihre Beine auseinander und positioniert sich dazwischen. Als Celleste sich verkrampfte und gedanklich kurz davor stand, ihm hier und jetzt den Schädel wegzupusten, da ließ er plötzlich von ihr ab.

„Du hast recht, mein Wagen steht draußen bereit.“ meinte er plötzlich und nahm sie an der Hand, führte sie geradewegs zu seinem Wagen.

„Ich fahre lieber selbst, also müssen wir uns wohl bis in mein Apartment gedulden.“ sagte Pierre und zwinkerte ihr zu.

Etwas überrumpelt war Celleste nur zu einem halben Lächeln im Stande. Doch das kam ihrem Plan eigentlich entgegen. Vermutlich dachte er sie wäre schüchtern und wollte ihr so falsche Sicherheit geben.

In seinem Apartment angekommen, ließ sich Celleste auf das Sofa fallen und gähnte herzlich.

„Hey, hier wird nicht geschlafen, die Nacht ist doch noch jung.“, das schwarze Leder karzte unter Pierres Gewicht als er sich zu ihr auf das Sofa hockte.

„Ach ja , können wir's nicht um ein Paar Stunden verschieben? Ich bin so müde.“

„Ach was, das wird schon.“ sagte er und ließ seine Hand ihren Oberschenkel hinauf gleiten, doch Celleste nahm seine Hand und schlug sie weg.

„ Nein ich will wirklich nicht.“ brummelte sie mit Absicht, um den Anschein zu erwecken sie sei betrunken. Doch wieder ließ er sie nicht. Im Gegenteil, er kahm ihr noch näher, streifte der anscheinend betrunkenen die Schuhe ab und öffnete den Reißverschluss ihres Kleides. Als sie das bemerkte versuchte sie schwach sich zu wehren und sagt immer wieder :

„Nein, lass mich.“, doch er fummelte nur weiter an ihren Klamotten herum, ihre Gegenwehr so schwach sie auch war, als einladendes Spiel wahrnehmend. Als sie ihre Beine hob um ihn weg zu strampeln, hielt er diese plötzlich fest.

„Fügsamkeit schon vergessen? Wir spielen hier nach meinen Regeln.“ zischte Pierre plötzlich aggressiv und drückte ihre Beine grob auseinander, rieb seine Beule an ihr.

„Hmph...“, Celleste machte einen seltsamen Laut. Ihr Ekel und ihre Entrüstung waren groß, und doch fand sie die Situation aus irgendeinem Grund sogar lustig.

„Was ist?“ fragte Pierre belustigt, doch das Lächeln verging ihm als er in ihr Gesicht sah. Seltsam war er. Kalt, abwertend, angeekelt und doch lag ein merkwürdiges Grinsen auf ihren Lippen. Sie sah plötzlich beängstigend gestört aus.

„Ich habe mich immer gefragt, wie du Bastard sie schwängern kontest. Naja jetzt weiß ich es.“ Als er durch ihre Worte kurz abgelenkt war, stieß sie ihn, mit einem kräftigen Tritt beider Beine, von sich.

Ein recht ekliges Geräusch erklang, als sich Celleste langsam ins Gesicht packte und die Maske vom Gesicht riss. Beim Anblick ihres kirschroten Haares und der grünen Augen begann es Pierre langsam zu dämmern.

„Du...du bist doch nicht.“,

„Oh, erinnere ich dich an sie. Ich bin gerührt.“

„Aber sie... . “

„...hat sich das Leben genommen. Nur-wegen-dir.“ zischte Celleste mit plötzlich bebender Stimme.

„Erinnerst du dich noch? Wie du sie dazu gebracht hast? Oder warst du einfach zu sehr mit dir selbst beschäftigt?“.

Tränen die schon sehr lange zurückgehalten wurden sammelten sich in ihren Augen. Aus ihrer Tasche holte sie ein rotes Buch, mit einem aufgebrochenem Schloss daran und warf es ihm vor die Füße.

„Was ist das?“

„Die Wahrheit. Du hast wirklich Glück, dass du nicht versucht hast mich anzulügen, naja vermutlich wäre das als nächstes gekommen. Hiromi...sie, sie hat ein sehr aufschlussreiches Tagebuch geführt. Ich habe dir ein Lesezeichen reingemacht. Ließ vor!“

Hiromi

The Name is Hiromi
 

Widerwillig tat Pierre was Celleste von ihm verlangte und griff nach dem Buch.

Im Dunkeln wirkte das Tagebuch, wie in Blut getaucht. Das Lesezeichen war ein Bild von Hiromi und ihrer Schwester, wie sie Arm in Arm in die Kamera lachten. Die Ähnlichkeit der Beiden war wirklich auffälig. Der Eintrag den das Bild markierte, war vom 25.03.2005.

Einen Monat vor Hiromi's Tod .
 

Ich bin wirklich dumm. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich für ihn soweit gehe.

Heute habe ich tatsächlich zugesehen wie er einem schwer kranken Patienten sein ungetestetes Medikament verabreicht. Was ist wenn er stirbt? Pierre meint, der würde ohnehin bald den Löffel abgeben, aber dann wenigstens im Beisein seiner Familie und nicht allein und unvorbereitet.

Ich könnte mir das nicht verzeihen. Nur weil ich nicht...ich konnte einfach nicht eingreifen, wenn es funktioniert wäre es sein Durchbruch.

Ich wusste ja schon immer das Pierre zu einigem bereit ist, aber das er zu so etwas fähig ist hätte ich nie gedacht.

Und jetzt ist es zu spät, ich hoffe wirklich, dass es funktioniert.

So was nennt man dann wohl die alles oder nichts Situation. Wenn es gelingt, wird er berühmt, sein größter Traum würde war werden. Ich würde in seinen schönsten Jahren an seiner Seite sein,wir hätten vermutlich ein perfektes Leben.

Auf der anderen Seite wenn es misslingt und der Mann stirbt,... das darf einfach nicht passieren!

Für meine Schwester wäre es wahrscheinlich die perfekte Gelegenheit zu sagen : Ich habs dir ja gesagt.

Sie hasst Pierre zwar noch nicht, aber spätestens dann wäre das der Fall. Wenn sie wüsste das Pierre und ich schon zusammen sind, würde sie bestimmt an die Decke gehen.

Sie hat ja schon recht mit allem was sie sagt, aber ich kann einfach nicht glauben, dass mein Pierre so ist, ich meine im Inneren, sie weiß doch nicht wie er wirklich ist.

Es tut mir schon Leid sie angelogen zu haben, was Pierre angeht. Von wegen ich halte mich von ihm fern.

Seit Mom tot ist hat sie nun mal diesen Drang mich vor allem zu beschützen, ich verstehe das schon. Vermutlich wäre ich ohne sie in der letzten Gosse gelandet und kurz vorm letzten Stich.

Diese Ungewissheit macht mich fast wahnsinnig, deswegen möchte Pierre mich heute bei sich zum Essen einladen, mir ist zwar nicht wirklich nach Essen ,aber dann machen wir wenigstens mal wieder was zusammen.

Morgen werd' ich's ja wissen.
 

26.03.2005

Wenn ich mir meinen letzten Eintrag ansehe, kann ich nicht glauben wie gelassen das klingt. Nichts könnte beschreiben wie ich mich jetzt fühle.

Auf meiner Schicksalskarte steht Tod, egal wie oft ich sie lege.

Der Mann ist gestorben.

Qualvoll

und

allein.

Als ich heute zur Arbeit kam stand seine Frau mit seinen 2 Söhnen vor dem Zimmer. Sie hielt ihre beiden weinenden Söhne im Arm und drehte sie vom Zimmer ihres verstorbenen Vaters weg.

In dem bereits ein anderer lag.

Ich war nicht einmal im Stande ihnen Trost zu spenden ich stand nur da, nutzlos und unfähig irgendetwas zu tun. Das zerstörte Familienglück vor mir, erinnerte mich daran was ich mir stets versucht hatte mit Pierre auszumalen und ich erkannte, dass ich das nicht mehr verdient hatte.

Pierre rief mich an diesem Tag nicht einmal an, ich weiß auch nicht ob mir seine Stimme irgendwie Trost hätte spenden können.

Ich kann es nicht glauben, mir wird übel bei dem Gedanken, was ich mir Gestern mit Pierre für einen unglaublichen Luxus gegönnt habe, während dieser Mann gestorben ist. Er hat mich sogar dazu gebracht ,DAS mit ihm zu tun.

Wie soll ich so weiterleben, das Bild dieser zerstörten Familie scheint das einzige zu sein, das ich noch im Kopf habe.

Ich habe sofort gekündigt, aber ich weiß nichts könnte das je wieder gut machen.
 

02.04.2005

Ich habe jetzt schon eine Woche nicht mehr mit Celle gesprochen. Aber wenn sie mich so zu Gesicht kriegt, wird sie wissen wollen was passiert ist.

Ich könnte es ihr nie sagen.

Seit diesem Tag habe ich nicht mehr gegessen, Nachts lassen mich Alpträume kaum schlafen.

Pierre hat sich immer noch nicht bei mir gemeldet, dabei ist er die einzige Person mit der ich darüber sprechen kann.

Ich hätte nicht gedacht, dass hungern so schmerzhaft ist. Aber eine Person wie ich hat noch schlimmeres verdient.

Gerade fällt mir ein, Pierre und ich haben damals nicht verhütet, hätte ich was zum erbrechen in mir wäre es jetzt raus. Allein die Vorstellung, dass ich in Ekstase war als dieser Mann womöglich seine letzten Atemzüge gemacht hat.

Ich werde mir einen Schwangerschaftstest nach Hause bestellen.
 

16.04.2005

Der Schwangerschaftstest ist seit genau 1 Woche und 2 Tagen da. Ich kann ihn einfach nicht benutzen.

Gerade ruft meine Schwester an. Auf dem Anrufbeantworter höre ich wie sie ankündigt demnächst vorbei zukommen und das sie sich Sorgen macht. Wie so oft kann sie fast förmlich spüren wenn etwas nicht in Ordnung ist.

Ok, ich benutze ihn jetzt.
 

17.04.2005

Positiv.

Dieser Gedanke kreist nun neben der zerstörten Familie um meinen Kopf.

Pierre ruft nicht an.

Ich kann kaum noch schreiben.

Cel ist noch nicht da.
 

18.04.2005

Im Traum ist mein Kind die Seele des verstorbenen Mannes.

Pierre ruft nicht an.

Cel kommt um 7 Uhr abends.

Ich kann nicht mehr.

The deed is done

The deed is done
 

Klick

Ein leises Klicken ließ Pierre aufsehen. Während er Hiromis letzte Gedanken vorgelesen hatte, hat Celleste eine schwarze Waffe auf ihn gerichtet und nach dem letzten Satz entsichert.

„Siehst du was du ihr angetan hast? Nur wegen deiner Träume, und ihrer Liebe ,die du mit Sicherheit schamlos wie du bist ausgenutzt hast, hat sie das zugelassen. Und jetzt leben weder sie noch der Mann sondern nur noch du! Was hast du in der Zeit gemacht? Warum hast du sie nicht angerufen?! Der Anblick ihrer toten Leiche ,auf dem Pflaster vor dem Hochhaus in dem sie wohnte, hätte mir erspart bleiben können!“, ununterbrochen liefen ihr die Tränen über die Wangen, während sie ihn wütend anschrie.

„Ich...“ setzte Pierre an, doch Celleste richtete erneut die Waffe auf ihn.

„Ist schon ok. Du braucht mir keine Lügen aufzutischen, das was jetzt kommt lässt sich sowieso nicht mehr verhindern.“ ein tödlicher Blick erschien in ihren Augen und der Wahnsinn stand ihr ins Gesicht geschrieben, ohne jeden Zweifel würde sie schießen.

Als Pierre das auch bemerkt hatte, versuchte er zu fliehen, doch sobald er ihr den Rücken zuwandte spürte er plötzlich unglaublichen Schmerz. Irgendetwas hatte sich in sein rechtes Schulterblatt gebohrt. Eine weitere Schmerzquelle stellte sein Hohlkreuz dar. Auch da steckte etwas. Sein Hirn malte ihm das Bild einer Kugel zwischen seinen Bandscheiben zusammen. Die letzte hatte besonders viel Schaden angerichtet. Sie war genau durch seinen Rücken, an den Rippen seines Brustkorbs vorbei und in seiner Lunge gelandet. Mit vor Schmerz und Schreck geweiteten Augen, viel er vorn über und blieb japsend auf dem Boden liegen. Blut füllte seine Lungen und er begann panisch zu röcheln.
 

Das fahle Mondlicht spiegelte sich in dem Blut Pierres, das sich langsam über dem hornfarbenen Laminatboden verteilte, nachdem dieser endlich aufgehört hatte zu atmen. Das Blut erreichte einen weißen Teppich, der die Farbe in sich einsog wie ein Schwamm.

Celleste hob das Buch auf, sammelte das Foto von sich und ihrer Schwester ein, legte es in die letzte Seite des Tagebuchs und schlug es zu.

Schweigend packte sie das Buch und die Waffe in die Tasche zurück und verließ das Apartment.

Ihr Ziel war der nächstgelegene Fluss. Mit dem Auto von Pierre fuhr sie an 2 Stellen des Flusses und ließ an jeweils einer das Buch und die Waffe hineinfallen. Als nächstes fuhr sie auf eine Brücke die den selben Fluss überquerte.

Einige Zeit lang lauschte sie dem Treiben der Stromschnellen, dann stieg sie aufs Geländer,

„Es tut mir leid Naomi, aber du willst keine Mörderin zur Mutter.“ flüsterte sie und stürzte sich hinab.

Verfolgt!

Am i paranoid
 

Das Geräusch von einem fließenden Strom und am Ufer vorbeiziehenden Wellen, erklang.

Etwas wärmte ohne zu berühren.

„Fühlt sich so der Tod an?“ , kurz genoss sie diesen Zustand. Ihre Kräfte kehrten in ihren Körper zurück und Celleste bemerkte, dass sie zur Hälfte im Wasser lag.

„Ich lebe.“ stellte sie trocken fest und schlug die Augen auf, kniff sie aber im nächsten Moment wieder zusammen. Grelles Sonnenlicht blendete sie.

Langsam drehte sie sich auf den Bauch, um sich anschließend mit dem Rücken zur Sonne aufzurichten. Erneut schlug sie die Augen auf. Das zu Anfang unscharfe Bild eines alten Stegs erschien vor ihren Augen. Dunkles, altes und zum Teil mit Moos bewachsenes Holz hatte er. Die Reflexion des Sonnenlichts auf dem Wasser und die kleine Lichtung Grün, umrungen von Bäumen machten einen idyllischen Eindruck. Vielleicht war sie doch tot, so schön war es.

Vorsichtig richtete sie sich auf und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Es schien als hätte sie einen Filmriss, warum ging sie nochmal davon aus tot zu sein und wieso wachte sie irgendwo am Ufer eines Flusses auf? Sie war sich sicher sie wusste es eben noch, doch die Erinnerung daran schien zu verblassen.

Doch an eine Sache erinnerte sie sich.

„Naomi!“ Celleste erschrack, wie lange sie wohl schon hier gelegen hatte? Ihre 2 jährige Tochter, würde zwar nicht allein sein, da ja Sayuri bei ihr sein würde, doch es war dennoch höchst unverantwortlich einfach ohne ein Wort zu verschwinden.

Orientierungslos blickte sich Celleste um und entdeckte die Anfänge einer Stadt, etwas weiter hinter dem angrenzenden Wald vor ihr und machte sich auf den Weg.

Sie dankte Gott, als sie erkannte, dass sie nicht allzu weit abgekommen zu sein schien. Da die ersten Häuser erkennen ließen, dass sie sich im Kanto Bezirk befandt.

Auf dem Weg zur nächsten U-Bahn Station klopfte sie ihre Hosentaschen ab. Ein bisschen Kleingeld und Autoschlüssel, mehr fands sie nicht. Das Geld reichte gerade noch für ein Ticket mit der Bahn. In der Bahn fielen ihr 2 Männer auf. Sie starrten sie merkwürdig an. Trotz ihrer vermutlich paranoiden Zweifel stieg sie an der für ihren Nachhauseweg geeigneten Haltestelle aus und machte sich auf den Weg zu ihrem Penthouse. Die beiden Männer, waren zwar an der selben Haltestelle ausgestiegen, aber nicht mehr zu sehen. Schnell huschte Celleste durch die automatische Eingangstür des Apartmenthauses ,nahm den Fahrstuhl in den 8. Stock und betrat beruhigt ihr Apartment.

Alles wie immer, keine Veränderung. Was hatte sie denn auch anderes erwartet? Zum Teil erleichtert, zum Teil verwirrt schüttelte sie den Kopf und seufzte. Sie sollte lieber nach ihrer Tochter sehen, anstatt hier Paranoia zu schieben.

Sie fand Naomi im Wohnzimmer auf dem Sofa, offenbar in ein ausführliches Studium der Sofa-Ritze vertieft. Sobald sie die Anwesenheit ihrer Mutter bemerkte, begrüßte sie diese mit einem fröhlichen Quieken und streckte ihre zierlichen Ärmchen in ihre Richtung.

„Oh, hast du mich vermisst? Komm her meine kleine. Mami hat dich auch vermisst.“ sagt die 23jährige und nahm ihr Kind auf den Arm.

„Du musst mir alles erzählen, ich glaube nämlich dass ich so einiges vergessen hab, ich fühle mich ganz anders irgendwie...hmm ich kann es nicht beschreiben. Also, was hast du denn in den Sofa-ritzen gesucht, hmm?“ meint Celleste verspielt und ging mit der kleinen auf dem Arm zum Sofa.

Als sie Naomi kurz auf dem Sofa absetzte, um selbst in die Ritzen zu greifen, ließ diese erneut ein begeistertes Quieken verlauten und krabbelte brabbelnd zu der Stelle, an der sie bis eben noch beschäftig war.

Erstaunt stellte Celleste fest, dass ihre Tochter so tief zwischen den Sofakissen noch etwas entdecken konnte und zog besagtes etwas heraus.

„Was ist denn das?“, fragte sich Celleste laut und setzte sich neben Naomi auf das Sofa.

„Das sieht aus...wie ein kleiner Lautsprecher.“

Eine Wanze, schoss es ihr augenblicklich durch den Kopf und wie zur Bestätigung ließ Naomi neben ihr ein zustimmendes Brabbeln verlauten.

„Na, da hast du ja was gefunden.“

Plötzlich klopfte es an der Tür.

„Das wird bestimmt Sayuri sein.“

Völlig guter Dinge verließ die junge Mutter das Wohnzimmer, um ihre Haushälterin hereinzulassen. Doch als sie, wie sie selbst bemerkte, in völliger Routine durch den Türspion schaute, konnte sie nicht das vertraute Gesicht von Sayuri ausmachen.

2 Männer standen vor der Tür, sie trugen beide tiefgezogene Kappen, durch den Tierspion konnte sie nur eine rote und eine braune Kappe ausmachen. Dennoch öffnete sie die Tür.

„Kann ich ihnen helfen?“,

„Sind sie Celleste Mirror?“,

Erst in diesem Moment schien sie ihr ungutes Bauchgefühl zu bemerken. Das könnten sonst was für Menschen sein!

„Oh nein Miss Mirror ist zurzeit nicht da. Soll ich ihr etwas ausrichten?“

Wissend, wie albern sie dastehen würde, wenn ihre Lüge herauskommen würde, miemte sie ihre Haushälterin. Doch sie konnte sich nicht helfen, irgendwie machten ihr diese beiden Angst.

„Nein, wir kommen später wieder, haben sie vielen Dank.“

war jedoch die knappe Antwort und schon waren sie wieder weg.

Misstrauisch, jedoch mit klopfendem Herzen, schloss Celleste die Tür hinter sich und schaute noch einmal durch den Türspion.

Beunruhigt beschloss sie, die Wohnung zu verlassen, holte den Kinderwagen und machte Naomi fertig. Wenn das nur unangebrachte Paranoia war, dann würde ihr eine Spaziergang durch den Park sicher gut tuen und wenn nicht, dann hatte sie immerhin die Wohnung verlassen.

Sie wartete bis 16 Uhr und verließ, dann das Apartmenthaus und ging in Richtung Park. Erneut fühlte sich Celleste beobachtet.

Sie sah sich um. Rechts , links, niemand auffälliges. Ein Blick über die Schulter, zwei Schatten verschwanden hinter einer Ecke. Verunsichert, jedoch gefasst hob sie die Hand und hielt ein Taxi an. Der Taxifahrer stieg aus und Celleste nahm Naomi auf den Arm, damit der Taxifahrer den Kinderwagen in den Kofferraum packen konnte.

„Wo solls hingehen, Miss?“

„Einfach zum Zentrum, bitte.“

Etwas irritiert hob der Taxifahrer eine Augenbraue, winkte dann aber ab,schloss die Beifahrertür des Wagens und setzte sich hinters Steuer.

Während der Fahrt klebte die kleine Naomi am Fenster und bestaunte mit großen Augen, wie sich Wolkenkratzer in den Himmel bohrten. Fasziniert beobachtete Celleste, wie die im Sonnenlicht grün- leuchtenden Augen ihrer Tochter nervös umherblickten, als wolle sie am Ende der Fahrt ein genaues Bild der vorbeiziehenden Landschaft malen.

Der Wagen hielt und der Taxifahrer stieg erneut aus, um Celleste mit dem Kinderwagen zu helfen.

Als sie ausgestiegen war bemerkte sie, wie nicht weit hinter ihnen ein zweites Taxi hielt.

Sie ging zum Kofferraum, wo der Taxifahrer bereits den Kinderwagen bereitgestellt hatte.

Als sie Naomi hineinlegte, gab sie einen merkwürdigen Laut von sich und blickte in die Richtung des 2. Taxis, aus dem gerade 2 Männer ausstiegen.

Celleste folgte ihrem Blick und erkannte einen der beiden als den, der an ihrer Haustür nach ihr gefragt hatte.

Ohne die beiden aus den Augen zu verlieren, bezahlte sie den Taxifahrer und steuerte das nächste Café an. Wie erwartet folgten sie ihr, doch nachdem Celleste das Café betreten hatte, konnte sie beobachten, wie ihre angeblichen Verfolger am Fenster des Cafés vorbeigingen.

Beruhigt bestellte sich Celleste einen Latte Machiato und gab Naomi ihre Milchflasche.

Etwas war geschehen.

Die Wanze im Sofa, diese 2 Männer und der Blackout, das war doch alles kein Zufall mehr. Egal wie sehr sie sich selbst davon zu überzeugen versuchte. Irgenetwas stimmte hier einfach nicht. Tief in Gedanken wollte sie einen Schluck von ihrem Latte nehmen, musste aber erstaunt feststellen, dass dieser schon kalt war. Was war den nun passiert?

Einer der Kellner, riss sie aus den Gedanken.

„Entschuldigen sie, aber wir schließen.“

„Oh...achja wirklich?“ sie warf einen Blick nach Draußen und erkannte, dass es bereits dämmerte.

Etwas von der Rolle, jedoch freundlich bedankte sie sich bei dem Kellner und verließ mit ihrer Tochter das Café.

Während sie den Kinderwagen vor sich her schob, fiel ihr ein Apartmenthaus ins Auge. Es war sehr schön, gerade im Licht der Abendsonne wirkten die hellen Farben, die es bekleideten warm und einladend, Celleste legte den Kopf in den Nacken um das Ende des Gebäudes zu sehen, dabei blieb ihr Blick aber an einem der Balkone hängen. Plötzlich hatte sie ein Bild vor Augen.

Das Bild von einem Hochhaus, ähnlich wie diesem. Doch obwohl es einen warmen Anstrich hatte, war das Bild grau und dunkel. Sie selbst, wie sie völlig aufgelöst vor sich auf den Boden starrte. Die Hände zitterten, sie weinte, sie schrie.

Plötzlich berührte sie etwas kleines, warmes an der Hand. Erschrocken zuckte Celleste zusammen und starrte auf ihre Hand. Das Bild war weg. Auch die Erinnerung daran begannen augenlicklich zu verblassen. Zurück blieb nur das Gefühl etwas wichtiges vergessen zu haben.

Sie war wieder in der Realität. In dieser die kleine Naomi nach ihrer Hand gegriffen hatte, weil sie offenkundig, das seltsame Verhalten ihrer Mutter bemerkt und für nicht gut befunden hatte.

„Ist schon in Ordnung. Komm wir gehen nach Hause.“ sagte Celleste sanft und setzte ihren Weg fort. Unterwegs fiel ihr ein, dass sie noch Geld brauchte und machte sich auf den Weg zur Bank.

Bei der Bank angekommen hob sie Naomi aus dem Kinderwagen und ließ diesen im Eingangsbereich stehen.

Als sie herauskahm war es Dunkel geworden und Naomi in eingeschlafen. Gerade als Celleste sie wieder zurück in den Kinderwagen legen wollte, entdeckte sie wieder die 2 Männer, die sie bereits den Nachmittag lang verfolgt hatten.

Panik überkahm sie , was wenn sie nur auf die Dunkelheit gewartet hatten, schnell legte sie ihre Tochter in den Kinderwagen und versuchte, so unauffällig wie möglich die Bank zu verlassen.

Doch die Männer bemerkten sie und kahmen ihr hinterher. Die Bank lag etwas außerhalb in einem ruhigeren Viertel, sodass kaum Menschen auf den Straßen waren.

Mit großen Schritten versuchte sie Abstand zwischen sich und ihre Verfolger zu bringen, doch die wurden immer schneller. Als sie um die nächste Ecke bog, ließ sie den Kinderwagen stehen, nahm Naomi heraus und rannte mit ihr zur nächsten Straße.

Panisch blickte sie um sich, die Schritte der Männer schon hörend, entdeckte sie einen Jungen Mann, vielleicht 17, mit braunen Haaren, in Schuluniform.

Eein wenig irritiert über ihren gehetzten Gesichtsausdruck und die offensichtliche Panik, schaute er sie erst nur an.

„Kann ich ihnen helfen?“, fragte er dann, als sie sich bereits auf ihn zu bewegte.

„Ja...bitte...ich...ich werde verfolgt, aber alleine schaffen sie die nicht. Bitte nehmen sie sie kurz, hier mein Name ist Celleste Mirror, bleiben sie in der Nähe dann kann ich sie wiederfinden. Passen sie bitte gut auf sie auf.“

mit diesen Worten übergab sie dem Jungen Naomi und lief in die Entgegengesetzte Richtung davon, gefolgt von den 2 Männern.

„Hey!“, rief der Junge, als er die beiden Männer vorbeirennen sah. Einer von ihnen blieb kurz stehen, sah das Baby, lief aber dann weiter.
 

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Mother and Child

Mother and Child
 

Ok.

Eine mir unbekannte Frau, die sich Celleste Mirror nennt, wird gerade von 2 mir ebenfalls unbekannten Männern verfolgt.

Ihr aller höchstens 2 Jahre altes Kind hat sie mir anvertraut, offensichtlich in dem Vertrauen darauf, dass ich auf eben dieses aufpasse.
 

Mit größter Skepsis musterte Light Yagami, das kleine Baby auf seinen Armen, welches ihn mit großen Augen anstarrte.

Unschlüssig was er nun tun sollte, stand er einfach nur da.

Die Absurdität seiner Situation kaum glaubend, beschloss er, nachdem einige stille Minuten vergangen waren, zurück nach Hause zu gehen um das Kind vorläufig seiner Mutter zu übergeben und die Polizei zu rufen.

Ursprünglich war er auf dem Weg in die Ermittlungszentrale gewesen, doch mit einem Kind auf den Armen wollte er dort nur ungern aufschlagen. Jedoch, er hatte kaum drei Schritte zurück gemacht,da klingelte schon sein Handy.

Mit einer gewissen Vorahnung, wem die unbekannte Nummer auf seinem Handydisplay gehören könnte, nahm er den Anruf entgegen. Die stets etwas monotone Stimme seines Freundes Ryuuzaki, bzw. L's durchbrach nach einigen Sekunden, in denen keiner der beiden die Notwendigkeit sah etwas zu sagen, die Stille.

„Light.“

„Hallo, Ryuuzaki.“

„Light du verspätest dich, gibt es dafür einen Grund?“

„Ja den gibt es tatsächlich, Ryuuzaki.“ antwortete Light gereizt, verdrehte die Augen. Verspäten, pah. Noch war er gar nicht zu spät, doch es war wahrscheinlich, dass er, dank eine gewissen sabbernden Umstands, zuspät kommen würde. Typisch Ryuuzaki.

„So wie es für alles einen Grund gibt.“ Fügte Light darum noch hinzu und lauschte mit Genugtuung dem leicht entnervtem Seufzen seines Freundes, bevor er sich dann endlich zu einer Antwort herabließ.

„Schon gut Ryuuzaki. Eine mir unbekannte Frau hat... .“, plötzlich hielt er inne.

Das Baby hatte sich in seinen Armen aufgerichtet und nach dem Handy geschnappt, Light war darauf weder vorbereitet gewesen, noch hatte er damit gerechnet und ließ das Ding darum auch prompt fallen.

Daraufhin begann die Kleine, anstatt mit dem Handy, das durch sein Geschick nicht mehr in Reichweite war, mit seinem Gesicht zu spielen. Interessiert nahm es seine Nase unter Beschlag und steckte einen Finger hinein.

„Hör auf, du...lass das sein.“ protestierte Light und hielt das Kind auf Abstand. Diese ließ sich das nur sehr ungern gefallen und begann laut an zu schreien.

„Light?“ kaum hörbar drang L's Stimme in Lights Ohr und erinnerte ihn an sein Handy, dass immer noch auf dem Boden lag und durch das L nach wie vor mit ihm in Kontakt stand.

Die kleinen, neugierigen Babyhände, die nun an seinen Haaren zogen, nur schwer ertragend, bückte sich Light nach seinem Handy und hob es auf.

„Entschuldige Ryuuzaki.“

„Ist das ein Baby?“

„Leider. Eine Frau mittleren Alters, mit roten Haaren und grünen Augen, hat mir eben ihr Kind anvertraut. Sie wird von 2 Männern verfolgt. Könntest du die Polizei nach ihr Suchen lassen? Sie ist in Richtung der Ermittlungszentrale gelaufen .“

„Ja, natürlich. Ich schicke auch Watari vorbei, dann können du und das Baby erst mal hierher kommen.“

„In die Zentrale?“

„Ja, wieso denn nicht?“

„Hmm...naja auch egal. Gut dann bis gleich.“

„Ja.“

Ohne ein weiteres Wort, legte Ryuuzaki auf und reichte Watari, das Handy zurück.

„Ich werde mich sofort auf den Weg machen.“ sagte Watari und verschwandt darauf aus dem Raum.

Nachdenklich blieb Ryuuzaki zurück.

Eine Frau, die ihr Kind einem Fremden gab, erschien ihm nicht besonderes verantwortungsvoll, selbst wenn es durchaus Sinn ergeben würde ihr Kind einem Schüler wie Light anzuvertrauen, war es dennoch recht unwahrscheinlich, dass sie ihr Kind all sobald wiederfinden würde. Auf der anderen Seite, schien sie, wie Light sagte, auf der Flucht zu sein. Ein Kind wäre dabei wohl kaum von Vorteil.

Rotes Haar und grüne Augen..., wie alt dürfte dieses Kind wohl sein, dass die Mutter bereit war es allein bei Fremden zu lassen?

Mitten in seine Überlegungen drängte sich plötzlich das Bild einer der zahlreichen Kameras des Gebäudes in sein Blickfeld. Es handelte sich um eine der in Misa's ehemaligen Apartment installierten Kameras. Das Überwachungsvideo zeigte, wie eines der großen Fenster erst mit 3 Kugeln eingeschossen und im Anschluss von einer Person durchbrochen wurde, die darauf regungslos auf dem Boden liegen blieb.
 

In dem Apartment angekommen entdeckte Ryuuzaki, die Person. Nach wie vor lag sie regungslos auf dem Boden, zwar von zahlreichen Schnittwunden übersät, schien jedoch noch zu atmen.

Das Feuerrote Haar verdeckte ihr Gesicht, halb kniend halb liegend bezog sie Position, in beiden Händen jeweils eine 9mm MP, die Arme waren jedoch kraftlos vor ihr ausgestreckt.

Der augenscheinlichen Bewusstlosigkeit zum Trotz, entledigte Ryuuzaki sie erst einmal ihrer Waffen.

Entsichert und ohne einen Fingerabdruck zu hinterlassen, legte er sie dann auf einen Beistelltisch.

Er kniete sich seitlich neben die augenscheinliche Frau, streckte ihre Beine und brachte sie in die stabile Seitenlage. Sein neugieriger Blick ruhte auf ihr, während er Watari kontaktierte.

„Watari.“

„Ja.“

„Kommen sie doch bitte mit Light in Misa's ehemaliges Apartment und rufen sie einen Krankenwagen.“

„Ist etwas passiert?“

„Ja. Eine Frau ist zum Fenster herein gestürzt. Sie war bewaffnet und ist jetzt bewusstlos.“

Suspicious

Suspicious
 

Langsam kehrten ihre Sinne in Cellestes Körper zurück. Sie spürte einen leichten Druck auf ihrem linken Arm, scheinbar war etwas festes drum herum gewickelt worden. Blinzelnd stellte sie fest, dass sie im Bett eines Krankenhauses lag.

Was war passiert? Wo war ihre Tochter? Plötzlich flog die Tür ihres Krankenzimmers auf und ein großer Mann mit Brille betrat den Raum. Aus dem Kragen seines weißen Kittels schaute ein Stethoskop hervor.

Der Arzt bemerkte, dass sie wach war und lächelte ihr freundlich zu.

„Hallo. Wie fühlen sie sich?“

„Es geht mir gut.“

„Tatsächlich? Sie haben einen Sturz vom Dach eines Hochhauses überlebt, indem sie sich in das Fenster eines anderen warfen, ziemlich riskant. Dass sie, mit einem gebrochenen Arm und ein paar angeknacksten Rippen davon gekommen sind grenzt an ein Wunder.“

Verwundert schaute Celleste den Arzt an.

„Wie bitte?“

„Erinnern sie sich nicht?“, fragte er, holte mit einer mechanischen Bewegung eine kleine Taschenlampe aus der Brusttasche seines Mantels und ging auf sie zu.

„Den Kopf bitte nach hinten.“ Mit seinen Handschuh überzogenen Fingern zog er sanft ihre Augenlieder auseinander, um einen besseren Blick auf ihre Pupille zu bekommen.

„So etwas überleben und sich nicht daran erinnern ist natürlich doof.“, murmelte er während er sie untersuchte.

„Wie Schade. Können sie sich an noch etwas nicht erinnern? Wie sie heißen zum Beispiel.“

„Celleste Mirror.“

„Wie alt sind sie?“

„28.“

„Haben sie Familie?

„Eine Tochter. Naomi heißt sie. 2 ½ Jahre alt.“

„Und der Vater?“

„....ich weiß es nicht.“

Der Arzt ließ von ihr ab und sie blickte etwas verschämt zur Seite. Verstehend nickte der Arzt und stellte taktvoll eine andere Frage, während er sich Notizen in seine Akte machte.

„Was ergibt 3 x 3?“

„....eh wie bitte?“

„3 x 3?“

„9.“

„Welche Währung führen wir in Japan?“

„Yen.“

„Gut. Können sie mir aufschreiben welchen Beruf sie zurzeit ausüben?“ fragte er freundlich und reichte ihr sein Klemmbrett und einen Stift. Kurz zögerte Celleste, schrieb dann -Arbeitslos- auf, reichte dem Arzt ihre Antwort und fügte hinzu.

„Ich habe aber Innenarchitektur studiert.“

„Wie konnten sie bis jetzt ihr Kind versorgen?“

„Eh.....ich weiß nicht.“ antwortete sie wahrheitsgemäß und mindestens genauso verwundert wie der Doktor.

„Das klingt nicht gut. Scheinbar haben sie eine Amnesie der selektiven Art. Sie...nehmen das ja sehr gelassen?“

„Vielleicht habe ich auch nur die schlechten Seiten meines Lebens vergessen. Das wäre doch praktisch.“ ein mattes Lächeln erschien auf ihren Lippen.

„Sie sind wohl Optimistin.“ lachte der Arzt.

Eine Schwester betrat den Raum, er gab ihr die Akte und verabschiedete sich.

Vor der Tür wartete ein junger Mann. Brünett, gutaussehend, mit braunen Augen.

„Und?“, fragte er, „Wie geht es ihr?“

„Soweit gut.“ antwortete der Arzt und deutete seinem Gegenüber ihm zu folgen.

„Sie hat eine Amnesie und wird sich vermutlich auch in absehbarer Zeit nicht an das Vergessene erinnern. Es hängt ganz von ihr ab.“

„Verstehe. Wie lange wird sie hier im Krankenhaus bleiben?“

„Nicht sehr lange. Die 2 Tage in denen sie geschlafen hat, haben ihr gut getan und den Heilungsprozess nicht gestört.. Nach 2-3 weiteren Tagen können wir sie ihnen ganz überlassen.“

„Sehr gut.“

„Wo ist ihr Partner?“

„Ich vermute auf der Babystation.“

„Wieso denn da? Denkt er etwa ein Kind könnte seine eigene Mutter verraten? Noch dazu wenn es nicht einmal sprechen kann?“ lachte der Arzt trocken über seinen schwachen Witz und zeigte seinem Begleiter den Weg zur Babystation.

Mit einem leichten Seufzen drückte dieser die Klinke des besagten Zimmers herunter. Sein Partner stand, in seiner wie üblich etwas gekrümmten Haltung, an einem der Kinderbetten und gab mal wieder ein äußerst skurriles Bild ab. Als er sein Eintreten bemerkte, verdrehte er seinen Kopf wie den einer Nachteule, um ihn sehen zu können und setzte, nachdem er ihn erkannt hatte, ein schräges Lächeln auf.

„Oh, hallo Light!...und was hat der Arzt gesagt?“ grüßte er ihn salopp, als wolle er das Schräge an der Situation noch unterstreichen.

„Ryuuzaki, was machst du hier bei den Babys? Ich hätte dich doch auch in der Zentrale informieren können?“

„Ich weiß. Aber ich mag Kinder und wollte mir das Kind unserer Hauptverdächtigen mal anschauen.“

„Du...magst Kinder? Hätte ich dir gar nicht zugetraut.“

„Warum nicht?“, fragte der Detektiv etwas aus dem Konzept gebracht.

„Ist auch egal. Zu deiner Frage von vorhin, die Patientin hat eine Amnesie und es ist unklar wann oder ob sie ihr Gedächtnis wiedererlangt.“

„Das habe ich bereits vermutet. Ihre beiden Verfolger sind tot und sie landet mit einer Amnesie im Krankenhaus. Sobald sie entlassen wird werden wir sie in der Zentrale observieren. Ich habe bereits Watari, darüber in Kenntnis gesetzt Misa's ehemaliges Apartment herzurichten.“ erklärte Ryuuzaki fachmännisch und richtete seine Augen wieder auf das schlafende Kind, welches fest in eine Decke gewickelt und mit geschlossenen Augen, nicht mehr als seine tiefschwarze Haarfarbe preisgab.

Without Draft

Without Draft
 


 

An einem Mittwoch um 19:05 wurde Celleste aus dem Krankenhaus entlassen. Mit ihrer Tochter Naomi auf dem Arm verließ sie das Krankenhausgebäude. Ein frischer Windzug drang an ihre Beine. Trotz der Stiefel spürte sie den nahenden Winter. Nun, vielleicht hätte sie keinen Rock anziehen sollen. Zwei Männer kamen auf sie zu, sie schienen auf sie gewartet zu haben. Sie trugen Anzüge und wirkten recht seriös.

"Entschuldigen sie, aber im Rahmen des Zeugenschutzprogramms, sahen wir uns gezwungen Ihnen für den Zeitraum der Untersuchungen ihres Falles ein anderes Apartment zuzuweisen."

"Zeugenschutzprogramm?" hakte Celleste verwirrt nach.

"Ihr behandelnder Arzt hat uns darüber in Kenntnis gesetzt, dass sie zurzeit unter einer Amnesie leiden. Hier ist ein Brief in dem alles ausführlich erklärt ist. Sie sind in den besten Händen. Ihr Taxi steht schon bereit. Auf wiedersehen." erklärte ihr einer der beiden Beamten kurz angebunden und einen Tick zu schnell. Doch bevor Celleste zu einer Frage ansetzen konnte, hatten die beiden Beamten ihr den Rücken zugedreht und hörten auf keinen Ruf.

Misstrauisch blickte sie sich um, doch der einzige Wagen der zurzeit am Straßenrand stand, hatte sehr wenig von einem Taxi.

Ein schwarzer Wagen, der in Celleste eher den Eindruck einer alten, englischen Limousine erweckte, in die man vielleicht nicht so ohne Weiteres einsteigen sollte, noch dazu mit einem Kind auf dem Arm. Jedoch hatte einer der beiden Männer in diese Richtung gezeigt und sagte noch dazu, dass ihre Mitfahrgelegenheit schon bereit stünde.

Vorsichtig näherte sich Celleste also dem Wagen und eine der Türen ging auf. Ausstieg ein älterer Herr in feinem Anzug, mit weißem Haar, welches unter seinem runden Hut hervorschaute, und Bart. Freundlich lächelnd ging er auf die ,inzwischen wieder stehen gebliebene, Frau zu und reichte ihr die im Handschuh steckende Hand.

„Guten Abend. Miss Mirror, wenn ich nicht irre.“, verwirrt nahm sie seine Hand entgegen.

„Ehm...ja, richtig und sie sind?“

„Mein Name ist Otake Watari. Ich werde sie zum Gebäude der Ermittlungszentrale fahren, in welchem sich auch ihr vorübergehendes Apartment befindet. Bitte steigen sie ein.", forderte er und öffnete eine der hinteren Wagentüren für sie. Überrumpelt stieg Celleste, mit größter Skepsis, in den Wagen. Irgendwie kam es ihr so vor, als hätte sie ohnehin keine andere Wahl.

Die kleine Naomi auf ihrem Schoß, schien eingeschlafen zu sein, sie gab während der gesamten Fahrt keinen Ton von sich. Die Augen waren geschlossen und beim Atmen hob und senkte sich scheinbar ihr gesamter, winziger Körper. Während der Fahrt strich ihre Mutter ihr liebevoll, sanft durch das dünne Haar, welches im Schein der vorbeiziehenden Straßenlaternen immer wieder leicht bläulich schimmerte.

Die Ruhe ihrer Tochter schien sie anzustecken, denn nach einigen Minuten stiller Fahrt durch die Nacht, schob Celleste ihr Misstrauen in eine abgelegenere Ecke ihres Kopfes und begann aus dem Fenster zu blicken. Kurz kahm ihr der Gedanke mit diesem Watari zu sprechen. Er schien ihr zwar sehr freundlich, doch diese Freundlichkeit kam ihr aufgesetzt und einstudiert vor. Vermutlich hatte es aber auch keinen Sinn, ihren Fahrer nach dem Wie und dem Warum zu fragen und sie verwarf den Gedanken wieder.

Kurz vorm Einschlafen bemerkte Celleste, wie der Wagen an Geschwindigkeit verlor und schließlich vor einem großen Hochhaus anhielt.

Sie nahm ihr schlafendes Kind auf die Arme und schnallte sich ab. Gerade als sie die Tür selbst öffnen wollte, wurde sie bereits von Watari geöffnet. Nach einigen Sekunden der Verwirrung registrierte sie, seine ausladende Geste und stieg aus.

Vor ihr bohrte sich ein riesiger, dunkler Kasten in den Himmel. Sie legte den Kopf in den Nacken und versuchte ein Dach auszumachen, doch auf diese Entfernung hatte das wohl wenig Sinn.

Sie erkannte sich selbst in dem nahezu verspiegelten Eingangsbereich. Die Fenster waren schwarz, wie die Nacht und gaben zum Teil die Lichter der Stadt wieder. Der Mond schien gerade noch dahinter hervorschauen zu können, sodass es aus dieser Position unmöglich war durch eines der vielen Fenster in das Innere des Gebäudes zu sehen.

So entging Celleste auch ein Augenpaar, das sie und Watari beim Betreten des Gebäudes, durch eines eben dieser Fenster beobachtete.

Es war Ryuuzaki, der wie immer in einer leicht gekrümmten Haltung am Fenster stand und tat was er meistens tat. Beobachten, analysieren und bewerten.

Gleich nachdem er sie verletzt auf dem Boden seines Gebäudes hatte liegen sehen, mit den zwei Pistolen in den Händen, war sieihm bekannt vor gekommen. Er vergaß nie ein Gesicht, doch er wünschte sich sehr, dass sie es nicht war.

Besonders ihr Haar, zumal solch eine Farbe ins Auge stach und die grünen Augen, die vermutlich einen wilden, entschlossenen Ausdruck trugen bildeten einen auffallend schönen Komplementärkontrast, der ihm mit Sicherheit im Gedächtnis geblieben war.

Er musste zugeben sie war interessant. Er würde seine Neugier an ihr befriedigen und sie anschließend ihrer gerechten Strafe unterziehen.

Ihr Fall unterschied sich im Prinzip kaum von den anderen Fällen, die er schon gelöst hatte und damit stand auch fest, er würde auch diesen lösen.

Nachdem sie und Watari aus seinem Blickfeld verschwunden waren, begab sich Ryuuzaki zu einem seiner vielen Computer und beobachtete auf den Überwachungskameras wie Watari, die Hauptverdächtige in das für sie vorgesehene Apartement brachte. Nachdem Watari sich verabschiedet hatte begann sie damit, ihr neues, vorübergehendes zu Hause zu erkunden. Mit Erstaunen beobachtete er wie sie, nachdem sie ihr Kind in das Bett in dem Kinderzimmer gelegt hatte, einige Decken und Kissen aus dem Nebenzimmer, das eigentlich ihres sein sollte, schleppte und es sich in der Nähe des Kinderbettchens auf dem Boden bequem machte. Sie zog noch ihre Schuhe aus, ließ sich anschließend in ihren provisorischen Futon fallen und schlief fast augenblicklich danach ein.

Was könnte der Grund dafür sein, fragte sich Ryuuzaki und nahm eines der Blätter aus ihrer Krankenakte in Daumen und Zeigefinger. Die Patientin leidete unter Amnesie der selektiven Art und konnte sich an nichts außer ihrem Kind erinnern, nicht einmal an den Vater des Kindes, wobei vermutet wurde, dass dieser nicht in Kontakt zu der kleinen Familie stand. Darum also. So klammerte sie sich an das einzige, das ihr in ihrer momentanen Lage blieb. Leicht verärgert zogen sich die Augenbrauen des Detektivs zusammen. Das würde unter Umständen den Auflärungsprozess unnötig verlängern, stellte Ryuuzaki fest und legte das Blatt wieder an seinen angestammten Platz.
 

Müde kehrte Cellestes Bewusstsein zurück in ihren Körper und sie schlug die Augen auf. Weiß.

Eine weiße, recht hohe Decke.

Richtig sie befandt sich in einer neuen Wohnung. Sie richtete ihren Blick auf das Kinderbett, in dem ihre kleine Tochter noch seelenruhig schlief. Sie setzte sich auf.

Was sollte sie jetzt tun? Sie hatte ihr Gedächtnis verloren, sie wohnte in einer Übergangs-Schutzwohnung und sie wusste so gar Nichts mit sich anzufangen.

Naomi würde noch eine Weile schlafen, es war als wäre sie ihr einziger Lebensinhalt und vermutlich war dem im Moment auch so. Etwas neben sich verließ Celleste leise das Zimmer.

Mit größter Vorsicht schloss sie die Tür hinter sich und begab sich ins Badezimmer. Vor dem Spiegel musterte sie sich.

Rotes, vom Schlafen zerzaustes Haar, die grünen Augen müde und glanzlos. Das dunkelbraune Trägertop saß locker und einer der Träger war ihr über die Schulter gerutscht. Sie sah wirklich fertig aus.

Nach einer ausgiebigen Dusche, verließ sie mit einem Handtuch bekleidet und glatt geföhnten Haaren das Bad und erschrack sich fast zu Tode.

Vor ihr stand ein schwarzhaariges, blasses Individuum mit schwarzen Höhlen als Augen, die obendrein, mit dicken,dunklen Augenrändern ausgestattet waren. Die Hände in den Taschen, der ausgeblichenen Jeans, stand ganz augenscheinlich ein er, barfuß in der Mitte ihres Wohnzimmer und starrte sie nieder.

Nach einigen Sekunden, in denen Celleste versuchte sich von ihrem Schreck zu erholen, begann er zu sprechen.

"Entschuldigen sie bitte, wenn ich sie erschreckt habe, aber ihr Kind schreit."

"... .Wie...?" stotterte Celleste konfus.

"Ihre Tochter. Hören sie sie nicht?"

Erst jetzt bemerkte Celleste das Kindergeschrei,welches gellend an ihre Ohren drang und drehte ihm langsam und verwirrt den Rücken zu um nach ihrem Kind zu sehen. Dabei straffte sie die nackten Schultern etwas, schließlich stand da ein Mann hinter ihr und sie war lediglich mit einem, immerhin großen Handtuch bekleidet.

Mit Naomi auf den Armen betrat sie erneut das Wohnzimmer. In der Zeit hatte er sich keinen Zentimeter bewegt. Die kleine schrie nach wie vor und Celleste ging an dem Mann vorbei in die Küche. Etwas hektisch suchte sie nach einer Milchflasche, oder einem Schnuller, nur leider war sie gestern Abend nicht mehr dazu gekommen, auch die Schränke zu durchsuchen.

Plötzlich schob sich ein warmes Fläschchen voll Milch in ihr Blickfeld. Er hielt sie mit zwei Fingern direkt vor ihr Gesicht.

"Suchen sie danach?"

"...Ja, danke.", bedankte sie sich konfus und nahm die Flasche entgegen. Gierig streckte die Kleine schon ihre schwachen Ärmchen nach ihr aus und ihre Mutter übergab ihr die Flasche mit Freuden.

Während ihre Tochter genüsslich die lauwarme Flüssigkeit in sich aufnahm, wandt sich Celleste wieder dem Fremden in ihrer Küche zu.

"Woher wussten sie wo die Flasche ist oder besser... wer sind sie?"

"Nennen sie mich Ryuuzaki. Sie befinden sich in dem Gebäude einer Ermittlungszentrale und ihre Wohnung wird Videoüberwacht, ich half beim Einräumen, daher weiß ich es."

Unverblümte Ehrlichkeit, oder war es mangelndes Taktgefühl, oder... . Celleste war verwirrt. Was war das denn für eine Art zu sprechen? Noch dazu mit jemandem den man überhaupt nicht kannte. Doch anstatt ihrer, ohnehin offensichtlichen Verwirrung Luft zu machen, entgegnete sie ihm genauso paradox.

"Sind sie...Architekt?" fragte sie,

"Nein." seine Mundwinkel zogen sich in die Höhe.

"Sie... .Wollen sie mich verarschen?", fragte sie weiter.

"Keineswegs." antwortete er erneut einsilbig. Endlich schien Cellestes Verstand wieder in den richtigen Bahnen zu arbeiten.

"Wieso werde ich Videoüberwacht?", fragte sie nun aufgebrachter.

"Weil sie verdächtig sind."

"Ich bin..was, ich bin verdächtig? Für was? Ich mein, habe ich nicht mein Gedächtnis verloren?"

"Doch das haben sie." entgegnete Ryuuzaki ihr etwas aus dem Konzept gebracht.

"Und wieso bin ich dann verdächtig? Ich bin hier die Leidtragende, oder nicht?"

"Ihr Fall ist Komplex."

"Aha. Komplex also... ."

You

You
 

Auf einem Bildschirm, der von L errichteten Ermittlungszentrale, war zu sehen, wie eben dieser der Hauptverdächtigen Celleste Mirror die Zusammenhänge ihrer Observierung erläuterte.

"Er tut es tatsächlich. Aber warum nur?"

"Matsuda, verstehen sie es wirklich immer noch nicht?" seufzte Oberinspektors Sohn Light Yagami und wandt sich seinem neuen, alten Arbeitskollegen zu, der genau wie Mogi und Aizawa zur sogenannten Spezialeinheit unter Leitung von L, gehörten und zur Bearbeitung des Falles ebenfalls mit Light in der Ermittlungszentrale ermittelten.

„War es nicht ursprünglich der Plan, gerade zu vermeiden ihr von der Existenz ihres Falles zu erzählen, damit sobald sie sich erinnert wir...naja...ehm.“

„Wann war das denn je der Plan?“ fragten alle drei im Chor und richteten für einen kurzen Augenblick ihre gesamte Aufmerksamkeit auf Matsuda. Der begann jedoch etwas verwirrt zu stottern und rieb sich verlegen die Hand hinter dem Kopf.

Erleichtert seufzte Matsuda aus, als Light sich doch zu einer Erklärung herablies.

„Ryuuzaki will sie in die Ermittlungen mit einbeziehen.“

„Was? Wieso das denn?“

„Na, weil sie ,falls sie tatsächlich schuldig ist, wovon wir stark ausgehen, uns eine große Hilfe sein wird nicht nur sie, sondern auch die Leute hinter ihr zu fassen.“

„Aber wie... .“

„Wieso sie das tun sollte? Es stimmt sie kann sich im Moment an nichts erinnern und genau das machen wir uns zu nutze. Es ist doch so, niemand will gern verdächtig sein und... .“

„Und wenn ich bei den Ermittlungen helfe?!“, schallte es plötzlich aus den Lautsprechern und Matsuda ging ein Licht auf.

„Achso, genauso wie du als Ryuuzaki dich verdächtigte Kira zu sein, ihn unbedingt vom Gegenteil überzeugen wolltest, wird sie bei den Ermittlungen helfen um den Verdacht gegen sie zu entkräften und sobald ihre Erinnerungen zurückkehren wird sie sich verraten.“

„Richtig, obwohl wir eher davon ausgehen, dass sie sogar freiwillig reden wird. Denn eine Frau, noch dazu mit einem Kind wird eher unter Druck gesetzt, als dass sie freiwillig ihre gesamte Existenz aufs Spiel setzt.“ fügte Light zufrieden hinzu, lehnte sich zurück und nahm einen Schluck Kaffee.

„Und wenn ihr Gedächtnis nun gar nicht zurückkehrt?“

„Davon ist nicht auszugehen, der Arzt sagte doch, dass die Chancen auf eine Rekonstruktion ihrer Erinnerung gut stehen.“ entgegnete Light ihm ruhig.

„Du bist aber sehr optimistisch.“, stellte Matsuda fest und Light lachte auf.

„Natürlich warum auch nicht.“

Währenddessen, im Apartment von Celleste erklärte L sich "freundlicherweise" dazu bereit Celleste an den Ermittlungen teilhaben zu lassen.

„Und, was ist zurzeit der Stand der Dinge?“

„Die beiden Männer, die sie kurz vor ihrem Unfall, der den Gedächtnisverlust verursachte, verfolgten sind tot und inzwischen wurde ein Betrag von ca. 2,68 Millionen Dollar gestohlen.“

„Oh. Und wurde schon etwas gekauft? Also wurde bereits etwas davon ausgegeben?“

„Keine auffälligen Ausgaben, doch wir vermuten, dass.... .“

„Das Geld für eine große Sache gespart wird.“ beendete Celleste seinen Satz und das Bild eines roten Tagebuches blitzte in ihrem Kopf auf. Interessiert musterte Ryuuzaki sie,

„Woran erinnern sie sich?“, aus ihren Gedanken gerissen sah sie ihn an.

„Sie?“ fragte Celleste plötzlich.

„Ja, sie. Stimmt etwas nicht?“, hakte Ruuzaki nach.

„Wir...kennen wir...uns nicht...irgendwoher?“, fragte sie mühsam und suchte in den wenigen Erinnerungen die sie hatte nach seinem Gesicht.

„Nicht das ich wüsste.“ antwortet L direkt

„Aber woher wussten sie, dass das Geld für eine größere Sache gespart wird?“

„Hm..? Achso ja, ich meine mich erinnern zu können, dass ich etwas darüber in ein rotes Buch geschrieben habe.“

„Beschreiben sie das Buch genauer.“

„Es sieht aus wie ein Tagebuch, waren sie nicht in meiner alten Wohnung?“

„Doch, aber das gehört zu der Liste der fehlenden Besitztümer. Können sie sich an mehr erinnern?“

„Nein, leider nicht. Aber vielleicht wenn ich meine alte Wohnung sehen würde, was meinen sie?“

„Das könnte durchaus den Prozess beschleunigen, doch es wäre besser zur Sicherheit jemanden mitzunehmen und vielleicht unerkannt zu bleiben.“ befürwortete er ihren Vorschlag und nahm sein Handy aus der Tasche.

„Watari, sagen sie Mogi Bescheid.“

„Ist schon geschehen.“

„Vielen Dank, Watari.“

Während des kurzen Telefonats hatte sich Celleste wieder ihrer Tochter zugewandt und wog sie sanft in ihren Armen hin und her.

„Wer passt solange auf Naomi auf. Ich kann sie ja schlecht mitnehmen.“

„Machen sie sich keine Sorgen ich werde Watari darum bitten.“

„Ist gut. Halten sie sie kurz, ich würde mich gern umziehen?“, fragte Celleste beiläufig und stand bereits auf um Ryuuzaki ihr Kind in die Arme zu drücken. Dieser bewegte sich jedoch keinen Zentimeter und schaute sie aus ungläubigen Augen an.

„Was ist? Breiten sie schon die Arme aus“, langsam folgte er ihrer Anweisung, doch setzte zeitgleich zu einem kleinen Protest an.

„Um ehrlich zu sein, ist das vielleicht nicht... .“, doch die Kleine lag schon in seinen Armen und zwang ihn sich normal auf die Couch zu setzen. Während Celleste den Raum verließ, rief sie ihm noch ein „Ach und übrigens, können sie mich ruhig duzen.“ zu und ließ ihn dann, mit dem Baby allein. Neugierig hob Ryuuzaki die kleine etwas hoch und betrachtete sie wie ein interessantes Forschungsobjekt. Als er ihre winzigen Hände begutachtete, fing sie an zu quieken und lachte. Ganz offensichtlich fand sie es lustig, womöglich kitzelte es sie etwas. Zögerlich legte er die Kleine wieder auf seinen Schoß ab und begann sie etwas an den Füßen zu kraulen, was erneut mit einem quieken quittiert wurde. Plötzlich begann die Kleine auf seinem Schoß eine Art Versuch sich aufzurichten, erwischte eine seiner pechschwarzen Haarsträhnen und zog wie selbstverständlich daran. Nachdem er dies eine Weile lang toleriert hatte und sie scheinbar nicht genug von seinen Haaren bekam, umfasste er sie vorsichtig am Bauch, hob sie hoch und hielt sie sich etwas fern. Erst jetzt fiel ihm die dunkle Haarfarbe des Kindes auf und was für einen starken Kontrast diese zu ihrer Babyhaut bildete. Die großen, grünen Augen blickten ihn ungehindert an, als würden sie alle Informationen aus ihm heraus saugen wollen. Diese Art zu schauen erinnerte ihn etwas an sich selbst.

Einen langen Moment bewunderte er den ungewöhnlich aufmerksamen Blick der Kleinen, bis sich die Augen der Kleinen zu schmalen Schlitzen schlossen und zusammen mit dem kleinen Mund ein wunderschönes Lächeln bildeten.

Irritiert blickte L auf, als er die Anwesenheit einer dritten Person im Raum bemerkte. Mit einem mütterlich, liebevollen Lächeln stand sie an das Sofa gelehnt und betrachtete die Szene.

„Sie mag dich.“

„Scheint so.“ antwortete er und wandt sich wieder dem Kind in seinen Armen zu. Kaum zu glauben, dass ein einfaches Kleinkind ihn mit einem simplen Lächeln so unaufmerksam werden lassen konnte.

Vorsichtig strich er dem Baby mit dem Daumen leicht über die Wange, um etwas Speichel zu entfernen und übergab Naomi wieder seiner Mutter.

„Sie verstehen sich wohl darauf unerkannt zu sein.“ fügte L hinzu als er Cellestes Outfit betrachtete.

„Findest du?“, sie blickte an sich herab. Sie trug einen knielangen, schwarzen Pumprock,darunter eine schwarze Strumpfhose, dazu dunkelbraune Stiefelletten, einen beigen Parka mit hohem Kragen aus dem ein weinroter Schal herausragte. Ihr auffälliges rotes Haar hatte sie unter einer schwarzen Mütze hochgesteckt, so dass es kaum noch ins Auge fiel. Um zu vermeiden wie eine Obdachlose auszusehen, hatte sie ihre Lippen mit dunkelrotem Lippenstift geschminkt und trug dazu mittelgroße, dezente Schmuckstücke an den Ohren.

„Ja, finde ich.“ beantwortete Ryuuzaki ihre Frage und bemerkte wie sich sein Verdacht gegen sie erhärtete.

„Achso und es heißt du. Immer noch.“

„Wie bitte?“

„Du kannst mich ruhig duzen Ryuuzaki. Ich mag dieses Förmliche nicht besonders.“ erklärte sie erneut, mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen.

„Entschuldige. Ich vergaß.“ log er schnell, denn eigentlich hatte er vor gehabt die üblich kühle Distanz zu ihr zu bewahren, dieses Vorhaben würde jedoch durch das Anreden mit du erschwert werden.

Watari betrat den Raum.

„Ryuuzaki, sie baten mich herzukommen.“

„Ja. Wären sie so freundlich, auf das Baby auf zu passen, während die Dame einen Hausbesuch mit Mogi macht?“

„Natürlich.“

„Sie heißt übrigens Naomi.“ fügte Celleste hinzu, während sie Watari ihr Kind übergab.

„Das ist ein sehr interessanter Name.“, nuschelte Watari durch seinen Bart.

„Ich begleite sie zum Ausgang. Mogi wartet dort auf sie.“ sagte L und setzte sich in Bewegung. Im Aufzug sprach Celleste ihn an.

„Du kannst das echt nicht mit dem -du-, oder?“, lachte sie,

„Warum ist Ihnen das so wichtig?“ entgegnete er ihr, doch sie bemerkte sein Ausweichen und reagierte verstimmt. Sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch schloss ihn dann wieder.

„Vielleicht, wenn ich mich erinnere woher wir uns kennen.“ sagte sie nach einer Weile und lächelte selbstsicher. Die Fahrstuhltür öffnete sich, sie trat heraus und Ryuuzaki blieb stehen.

„Vielleicht. Das ist Herr Mogi. Ich wünsche ihnen viel Erfolg.“

„Danke.“.

Ryuuzaki betätigte den Knopf des Fahrstuhls und die Tür schloss sich.
 

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Endlich geht es weiter! Ich hoffe ihr freut euch genauso sehr wie ich^^ . Die lange schreib Pause, jaaa Schulstress ist leider ein ziemlich fantasieraubender Faktor >.<!

Bin schon am nächsten dran :* bis dann!

The First Memento

The First Memento
 

Kanzo Mogi. So hatte er sich vorgestellt. Nun saß Celleste mit ihm zusammen im Auto und fuhr zu ihrer alten Wohnung. Was würde sie dort erwarten? Sie konnte sich eine recht moderne Wohnung vorstellen, vielleicht eine schwarze Küche, doch es würde vermutlich ohnehin meterdick Staub liegen.

„Sagen sie, Mogi richtig?“

„Ja?“

„Gehören sie auch zu den Ermittlern?“

„Ja das ist richtig.“

„Dann wissen sie vielleicht wie lange meine Wohnung sozusagen unbewohnt ist?“

„Schon seit knapp 12 Tagen denke ich, aber sie wird nicht danach aussehen.“

„Was meinen sie damit?“

„Nach Ryuuzakis Anweisungen haben wir dafür gesorgt, dass es stets so aussieht als wäre die Wohnung noch bewohnt, falls die Täter ihnen einen Besuch abstatten wollen.“

„Verstehe. Dem steht wohl die ganze Welt zur Verfügung was?“ lachte Celleste schwach und blickte, keine Antwort erwartend aus dem Fenster. Natürlich war es ihr schon aufgefallen, dass Ryuuzaki über einen gewissen Grad an Macht verfügte, ein wenig würde es sie schon interessieren warum das so war oder besser, wie viel Macht er über sie hatte. Doch es sah nicht danach aus als würde sie darauf eine Antwort bekommen, sie war ja schließlich verdächtig.

Die Gegend durch die sie fuhren sah eigentlich völlig normal aus. Nichts Besonderes. Nichts Auffälliges. Nichts was ihren Erinnerungen auf die Sprünge helfen könnte.

Das Haus vor dem sie schließlich hielten war ein Penthouse-Gebäude. Allem Anschein nach wohnte sie im dritten Stock. Von außen machte es einen hellen, freundlichen Eindruck, aber auch einen sehr großen.

Die Wohnung an sich hatte einen holzigen Laminatboden, in Wohn-,Ess- und Lesezimmer. Die Küche war wie eine Bar in das Esszimmer, was gleichzeitig auch das Wohnzimmer war integriert. Von da aus führte eine Ecke in das Lesezimmer, dessen Eingang durch eine Säule und die Wand gebildet wurde. Im Prinzip sind Ess-,Wohn- und Lesezimmer also ein großer Raum, welcher an der Front vollkommen verglast war, sodass wenn man durch den kurzen Gang die Wohnung betrat sofort nach draußen sah und einen wunderschönen Ausblick hatte.

Kurz vor der Leseecke führte eine Tür in ein Bad mit Steinboden,hell-orange gestrichenen Wänden die dem ganzen Raum, zusammen mit Kerzen, eine warme Atmosphäre verleihen konnten.

Um in die Schlafzimmer und ein weiteres Bad zu gelangen musste man eine Wendeltreppe nehmen, die höher in den Raum führte. Ein mit Teppich überzogener Gang führte zu Kinder und Schlafzimmer, die sich gegenüber lagen. Dahinter befanden sich jeweils noch ein Bad und ein Gästezimmer.

Nach der Führung durch ihr eigenes Haus, begab sich Celleste wieder in das Wohnzimmer. Sie stand in der Mitte des großen Raums und legte den Kopf in den Nacken. Eine ziemlich hohe Decke, bemerkte sie und musterte die einzelnen Lampen, wie sie sich perfekt ergänzten, so dass es ihr gefiel.

„Was hatte ich für einen Beruf?“

„Sie waren Innenarchitektin. Freiberuflich und so wie es aussieht haben sie das gesamte Gebäude ausgestattet.“

„Das erklärt einiges.“.

Sie begab sich zu dem Bücherregal und suchte nach einem Buch, dass ihr bekannt vorkam. Da standen Bücher über Philosophie, das menschliche Denken, Fremdwortlexika, Manipulation und Freiheit. Alles schwere Schinken, wenn man sie jetzt fragen würde.

Sie machte einen intelligenten Eindruck auf sich selbst.

Weiter oben waren einige Kinderbücher. Robinhood, die Schöne und das Biest, der Glöckner von Notredame sogar der König der Löwen war vertreten, vermutlich alles Bücher, die sie für ihr Kind gekauft hatte. Nirgendwo war eine Spur von dem roten Buch, an welches sie sich erinnert hatte.

Jetzt fiel ihr auch etwas anderes auf. In keinem der Zimmer hatte sie ein Familienfoto gesehen. Nicht der kleinste Hinweis auf Verwandtschaft.

Ihr Blick fiel auf einen lila-farbenen Laptop. Interessiert öffnete sie ihn ,um sich anzumelden, doch er war passwortgeschützt. Etwas frustriert blickte sie auf den Bildschirm, ihres Laptops, und bemerkte, dass sie sich wohl nie darauf einloggen würde können. Zumindest nicht in diesem Moment.

„Mogi. Sie haben doch bereits vorher meiner Wohnung einen Besuch abgestattet.“

„Das ist richtig.“

„Haben sie, mein Passwort geknackt?“

„Nein.“

„Ouh.“ Frustriert klappte sie den Laptop wieder zu. Offensichtlich, hinderte nicht nur ihr verlorenes Gedächtnis sie daran, sich mit sich selbst auseinander zu setzen.

„Und, haben sie etwas über meine Familie herausgefunden?“

„Nicht viel. Sie waren Waise und hatten eine Schwester.“

„Hatten?“, fragte Cellese in der Hoffnung sie habe sich verhört.

„Ja hatten. Sie hat sich am 18.04.2005 das Leben genommen.“

„...,und hatten wir Kontakt?“ ihre Stimme war mehr ein zu sich selbst gesprochenes Flüstern. Mogi blickte von seinen Akten auf.

„Sie hätten es nicht verhindern können.“

„Achso, dann...bin ich wohl ziemlich allein.“ Erneut kam Celleste der Gedanke, dass ihr Gehirn sich einfach nicht an ihr vergangenes, einsames Leben erinnern wollte. Müde ließ sie sich in den bequemen Liegestuhl fallen und schloss kurz die Augen. Als sie wieder an die Wand vor sich blickte, hatte sie plötzlich ein Bild vor Augen.

Sie selbst wie sie sich, genau wie eben, müde auf diesen Stuhl fallen ließ, ein großes Gemälde direkt an der Wand gegenüber, ein fremde Frau mit Naomi auf dem Arm, sie begrüße sie freundlich sie freundlich.

„Mogi. Ich erinnere mich an etwas. Da hing ein Bild richtig?“

„Das stimmt. Wir fanden es unten in der Garage.“

„Und, lebte nicht noch jemand hier mit mir? Das Gästezimmer, war das bewohnt?“ fragte sie hektisch und gestikulierte wild mit ihren Armen, vor Mogis Gesicht.

„So viel wir wissen, lebte niemand mit ihnen.“

„Ganz sicher?“

„Sicher.“

„Ouh..., aber diese Frau trug mein Kind! Zeigen sie mir bitte die Garage.“

Ohne ein weiteres Wort drehte Mogi sich um, lief zum Wohnungseingang und griff nach dem Schlüssel um die Tür zu öffnen. Er schob den Schlüssel in das Loch, doch plötzlich stieß er auf Wiederstand. Jemand versuchte das Schloss von außen auf zu schließen. Als dieser wiederum Mogis Widerstand spürte, ließ er oder sie sofort von der Tür ab.

Mogi blickte durch den Türspion. Eine Frau.

Den Schlüssel noch in der Tür stecken lassend, war sie einige Schritte von ihr zurückgetreten und schien abzuwägen, welches Verhalten nun angebracht wäre.

Mogi reagierte schnell, zückte seine Waffe, drückte geschickt den zweiten Schlüssel aus dem Schloss, so dass dieser geräuschvoll zu Boden fiel und riss, nachdem er Celleste ein Zeichen zum in Deckung gehen gegeben hatte, die Tür auf.

Die Frau hatte jedoch, nachdem sie den Schlüssel hatte auf den Boden fallen sehen, die Flucht ergriffen und stürzte in einem unglaublichen Tempo die Treppen hinunter.

„Stehen bleiben!“, rief Mogi und feuerte einige Warnschüsse hinter ihr ab, doch die Frau dachte offenbar nicht einmal daran, lief weiter, nahm sogar 5 Treppen auf einmal und schwang sich über das Geländer, um ihn loszuwerden. Unglücklicherweise, blieb sie dabei mit dem kleinen Finger hängen. Sie schrie auf vor Schmerz und Mogi hatte genug Zeit, um sie zu erreichen. Er erreichte sie noch rechtzeitig, um sie vor einer weiteren Verletzung ,durch einen unangenehmen Sturz vom Treppengeländer des 2. Stocks, zu bewahren. Die braunen Augen angsterfüllt geweitet, schaute sie ihn an und schien tatsächlich kurz zu überlegen, ob sie sich nicht doch einfach fallen ließe. Schließlich überwandt sie sich und hielt Mogi ihren verletzten Arm hin, da sie sich mit ihrer gesunden Hand gerade noch so am Geländer festhielt.

Nachdem er ihr geholfen hatte, richtete er sofort wieder die Waffe auf sie.

„Wer sind sie?“, fragten beide gleichzeitig. In diesem Moment kam Celleste vorsichtig dazu und die Frau erkannte sie.

„Miss Mirror?.... Sie sind ja am Leben!“

Es war die Frau aus Cellestes Erinnerungen. Kurzes zum Bob geschnittenes, schwarzes Haar. Braune, große, liebevolle Augen. Schmale, rötliche Lippen und ein im Ganzen schmaler, zierlicher Körper, welcher nahe zu komplett von einem schwarzen Mantel versteckt wurde.

„Erkennen sie mich denn nicht? Ich bin Sayuri. Ihre Haushälterin.“

Celleste's Mimorial

Celleste's Memorial
 

„Erzählen sie mir etwas, von mir...bitte.“

Nachdem Celleste Mogi dazu gebracht hatte seine Waffe herunter zu nehmen und sie gemeinsam in ein Krankenhaus fuhren um den Finger ihrer angeblichen Haushälterin zu richten, hatten sich die beiden Frauen in Cellestes Apartment begeben.

Im Wohnzimmer auf der Couch lauschte die junge Mutter gespannt ihrer angeblichen Vergangenheit mit ihrer Haushälterin.

Fast genauso interessiert, hockten L und der Rest der ehemaligen Sonderkomission in der Ermittlungszentrale und lauschten ebenfalls der recht bewegten Geschichte. Ohne den Bildschirm dabei auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, schob sich der Detektiv dabei ein Sahnetörtchen nach dem anderen hinein und leckte sich geradezu akribisch die Finger.

Immer wieder drückte Sayuri ihr tiefstes Mitleid gegenüber Celleste aus und schickte mindestens 3 Stoßgebete zum Himmel, auf dass sie sich doch bald wieder daran erinnern möge, wer sie sei, da sie aufgrund des befremdlichen Verhaltens immer wieder eine völlig Fremde vor sich sitzen sah. Nachdem es Celleste gelungen war sie einigermaßen zu beruhigen, bat Celleste sie darum ihr etwas über sich zu erzählen.

„Ich stehe seit einigen Jahren in ihren Diensten. Es ist schrecklich, was ihnen wiederfahren ist. Ich werde mein Bestes geben.“, begann Sayuri mit ihren Ausführungen.
 

Sayuri kam aus London, und war auch dort auf Celleste und ihre Schwester gestoßen. Die beiden lebten damals zusammen und Sayuri schloss sich Anfangs nur aus Geldmangel den beiden an.

Celleste schien damals noch kein Kind gehabt zu haben, sie hatte ihr Architektur Studium beendet und suchte zurzeit nach einer Möglichkeit sich selbständig zu machen. Ihre Schwester war mitten in einem Praktikum für die chirurgische Assistentin. Sie lebten gemeinsam in Cellestes Wohnung. Allem Anschein nach war Hiromi, ihre Schwester, später zu Celleste gezogen.

Mit der Zeit freundeten sie sich gut miteinander an und Sayuri erfuhr, dass die beiden Heimkinder waren und sich, nachdem Hiromi, vor einigen Monaten, plötzlich vor Cellestes Tür stand, seit 12 Jahren wiedergefunden hatten.

Mit der Zeit stellte Sayuri fest, dass die beiden einiges an psychischen Belastungen mit sich herumtrugen. Zum Beispiel hatte Celleste ihrer jüngeren Schwester gegenüber einen sehr stark ausgeprägten Beschützerinstinkt entwickelt und die wiederum war zu oft, zu unvorsichtig.

Diese Eigenarten schienen Anfangs recht unterhaltsam, doch es stellte sich heraus, dass diese Art von Verhalten, zumindest auf Seiten Cellestes, an Besessenheit grenzte und man beschloss zum Arzt zu gehen.

Darauf wurde bei Celleste eine paranoisch-neurotische Störung, mit Fokus auf ihrer jüngeren Schwester, diagnostiziert und es wurde geraten, den Kontakt zumindest auf telefonischen zu beschränken. Selbstverständlich hatte das zuerst eine Verschlimmerung ihrer Psychose zur Folge und Celleste wurde zur Therapie in eine Klinik aufgenommen.

Während des Klinikaufenthalts, kümmerte sich Sayuri um die zurückgelassene Wohnung.

Nach einer 2-jährigen Therapie zeigte sich tatsächlich eine Besserung und Celleste kehrte in ihre Wohnung zurück, in der Sayuri schon auf sie wartete. Sayuri hatte sich während den 2 Jahren zur Haushälterin ausbilden lassen und sich aus finanziellen Gründen, teilweise in der Wohnung niedergelassen. Nachdem Celleste wieder einigermaßen in ihrem Leben außerhalb der Klinik Fuß gefasst hatte und in ein Haus gezogen war, engagierte sie ihre Freundin offiziell als Haushälterin.

Auch versuchte sie wieder den Kontakt zu ihrer Schwester aufzubauen, doch diese hatte sich in den 2 Jahren ihrer Abwesenheit stark verändert.

Sie war wenige Monate nach Cellestes Einweisung ausgezogen und brach sämtlichen Kontakt, so gut es ging, ab. Obwohl Celleste, so die Ärzte, große Vortschritte gemacht hatte, bestand sie weiterhin auf Abstand zu ihrer Schwester. Man erfuhr aber durch Sayuri, dass Hiromi sich einem suspekten Lebenswandel hingegeben hatte. Sie rauchte wie am Schlot, hatte ihren Job hingeschmissen und begann zum Schluss damit, sich in ihre Wohnung zurückzuziehen.

Celleste geriet in solch große Sorge, dass ein Rückfall ihrer Psychose drohte und Sayuri konnte sie nur schwer dazu bringen, um ihrer selbst willen, auf Abstand zu Hiromi zu bleiben.

Doch dann, und Sayuri machte eine lange Pause bevor sie dies aussprach und blickte auf ihre Hände, nahm sich Hiromi plötzlich das Leben.

Man wusste bis heute nicht genau wieso, doch in der Nacht als Celleste es erfuhr, Hiromi war schon 2 Tage tot gewesen, hatte Sayuri, versagt.

Mit Tränen in den Augen, gestand sie, in besagter Nacht, in der sie mit Celleste hatte wachen wollen, eingeschlafen zu sein und Celleste war einfach abgehauen.

3 Tage lang war sie verschwunden gewesen. Die Polizei fand sie dann irgendwo in einem abgelegenem Dorf. Sie lag halb tot mit dem Rücken in einem Strauch, sprach nicht, trank nicht ohne Hilfe, das Haar war verklebt. Sie trug ein schwarzes Kleid, das man auch gut in einem Club tragen konnte und man hatte sie barfuß in den Polizeiwagen stecken und ins Krankenhaus fahren müssen. Dort hatte man dann Drogen in ihrem Blut nachgewiesen. Was sie in den 3 Tagen, in denen sie verschwunden war, getrieben hatte, konnte man nur mit Mühe rekonstruieren.

Sie blieb fürs erste im Krankenhaus. Wochenlang war ihr Zustand katatonisch und immer wieder konnte Sayuri einzelne Tränen ihre blassen Wangen hinab fliesen sehen.

Die Frage nach dem Warum, stand ihr jeden Tag ins Gesicht geschrieben. Schließlich wurde sie erneut therapiert, doch es schien nicht wirklich zu helfen.

Als Sayuri schon fast die Hoffnung aufgegeben hatte, besserte sich ihr Zustand plötzlich, praktisch über Nacht. Celleste kam nach Hause und schien einen klaren Plan zu haben. Sie brach alles was lief ab. Bis auf die Therapie war ohnehin kaum etwas in ihrem Leben von Gewicht, keine Verwandtschaft, keine Arbeit und einen Mann hatte sie sowieso nicht. Sie wollte einen kompletten Neustart, ganz plötzlich, es ging so schnell, dass Sayuri kaum Zeit hatte zu entscheiden ob sie nun mit wollte oder nicht. Celleste wollte nach Japan!

Für Sayuri gab es ebenso kaum einen triftigen Grund weiterhin in London zu leben, ihre Freundin hatte tatsächlich soviel in ihrem Leben bewegt, dass sie sich eins ohne sie überhaupt nicht mehr vorstellen konnte und so beschloss sie spontan sie zu begleiten.

Einen kompletten Neustart machen klang unglaublich aufregend und gleichzeitig so befreiend, dass es Sayuri sogar fast Angst machte, was sie jedoch nicht von solch einem waghalsigen Unternehmen abhalten konnte. Sie konnten beide weder Sprache noch Schrift und dennoch waren sie entschlossen in Japan ein Neues Leben zu beginnen. Dorthin zu gehen wo niemand sie kannte, wo sie völlig auf sich gestellt waren, es war tatsächlich wie eine Art Wiedergeburt, sie fühlte sich wie neu geboren, alles stand auf Null.

Sie gehörten nirgend wohin! Darum, und das wurde mit der Zeit zu ihrem Lebensmotto, konnten sie auch überall hingehen wo sie wollten.

Einige Monate nachdem Celleste die Idee gehabt hatte nach Japan zu gehen, hatte Sayuri bemerkt, dass ihre Freundin stark am Zunehmen war. Als sie sie, jedoch darauf ansprach wich Celleste stets aus und meinte nur, dass dies sich schon legen würde. Nach dem 3. Monat konnte Celleste es nicht mehr leugnen und sie fuhren zusammen zum Frauenarzt. Sie war schwanger und würde ein Mädchen bekommen.

Für eine Abtreibung war es viel zu spät, doch Celleste schien damit wenig Probleme zu haben. Selbst wenn sie nicht darüber sprechen konnte, oder wollte, wie das Kind entstanden war, liebte sie es bereits als wäre es schon auf der Welt.

Sayuri erklärte sich ihre, aus dem Nichts kommende Stimmungsschwankung mit den Schwangerschaftshormonen und war recht dankbar dafür. Dennoch war es recht mysteriös, dass das heranwachsende Kind in Cellestes Bauch solch einen Lebenswillen in ihrer, vor noch nicht allzu langer Zeit, ziemlich deprimierten Freundin wecken konnte. Sie dankte Gott für diese Fügung des Schicksals! Selbst wenn das Kind womöglich das Ergebnis eines 'One-Night-Stands' war, so freute sie sich doch von Herzen, dass Gott an ihre Freundin gedacht hatte und ihr, nachdem sie ein Leben verloren hatte ein anderes gab.

Nachdem sie einen Monat lang in Japan gelebt hatten, kam Naomi zur Welt.

Celleste hatte den Namen beim Studium für japanische Kalligrafie gewählt, „Nao“ stünde für

Ehrlichkeit und „Mi“ für die Schönheit.

Horrific Insight

Horrific Insight
 

Das Geräusch einer Teetasse, die auf den zugehörigen Unterteller abgesetzt wurde.

Es unterbrach die Stille, die in der Ermittlungszentrale herrschte.

Mit den Ausführungen Sayuris hatte sich der Lautstärkepegel rapide gesenkt. Alle anwesenden, L, Light und Mogi hatten ihre Konzentration auf das Gespräch, beziehungsweise die Erzählung gerichtet und aufmerksam zugehört.

Das Absetzen der Teetasse brachte die Anwesenden aus der Geschichte zurück in den Raum. Wie zu erwarten war, ist es L gewesen, der dem Ende der Erzählung, mit dem Absetzen der Teetasse, Nachdruck verliehen hatte.

Die Geschichte war interessant, aber kaum von Hilfe bei der Bearbeitung des Falls. Ganz im Gegenteil, sie warf nur noch mehr Fragen auf.

Der Tod ihrer Schwester zum Beispiel, man könnte sich in die, über den Fall vorhandenen Daten herein lesen, aber dieser Name. Hiromi.

In L's Gedächtnis regte sich etwas. Ihm kam zwar die ganze Geschichte nicht bekannt vor, doch wenn man, den Erzählungen nach, vom Zeitpunkt der Geburt des Kindes ausging, von da aus 2 Jahre und 9 Monate zurückrechnete, dann kam man auf das Jahr 2005, April, der 18. oder der 19. musste es sein. Der Tag an dem sich Hiromi das Leben genommen hatte.

Er erinnerte sich gut an dieses Datum, er hatte damals von dem Selbstmord eines, der ehemaligen Kinder des Wammy's House's erfahren und war nach England zurückgekehrt um den Fall, aus persönlichem Interesse heraus zu untersuchen.

Damals hatte er seine erste Unstimmigkeit mit Watari gehabt. Dieser war völlig gegen sein Interesse diesem Fall gegenüber gewesen und er selbst hatte tatsächlich darauf, aus reinem Protest und kindischer Neugier heraus gehandelt und sich sogar aus dem Haus geschlichen, nur um den Grund für Watari's Verhalten in Erfahrung zu bringen. Und dann,...

„Ryuuzaki.“

irritiert schaute L von seiner Tasse Kaffee in das Gesicht seines Freundes Light, der ihn mit seinen Worten aus seinen Gedankengängen gerissen hatte.

„Was ist?“, fragte er und starrte seinem Freund mit großen, hohlen Augen an.

„Du warst so in Gedanken. Alles in Ordnung?“

„Natürlich.“ Mit diesem knapp ausgesprochenem Wort, wandt sich der Detektiv seinem Laptop zu und gab mit fließenden Bewegungen den Namen Hiromi ein. Natürlich wurden gleich darauf mehrere Dateien, die diesen Namen enthielten gefunden, doch es dauerte nicht lange, da fand L was er gesucht hatte. Er öffnete die Datei über ein Mädchen, welches mehrere Aufenthalte in Waisenhäusern hatte, allerdings aus psychischen Gründen, und zum größten Teil aus eigener Intention, immer wieder, das Waisenhaus verließ und im Alter von 23 Jahren Selbstmord begangen hatte. Auf den Tag genau am 18.04.2005.

Allgemeines über ihre Familie war nicht bekannt, bei Waisenkindern, wurde selten auf die genaue Herkunft geachtet.

Das war sie wohl.

„Das könnte sie sein.“ mischte sich Light wieder in seine Gedanken. Das war sie ganz sicher, doch den Grund für seine Sicherheit konnte er Light nicht anvertrauen, noch nicht.

Mit einem Bild der vermeintlichen Schwester, der gedächtnislosen, Celleste, machte sich Light zusammen mit Mogi auf den Weg in den 8. Stock, um Sayuri um eine Bestätigung zu bitten.

L blieb zurück und entschied, sich das Ganze auf den Monitoren anzusehen.

Zum zweiten Mal in seinem Leben, drängte sich ihm eine Art Angst auf, eine böse Vorahnung, der er nicht entfliehen konnte, die seine Gedankengänge so durcheinander brachte, sodass er sie kaum noch ordnen konnte.

Mit jeder Stufe, die Light und Mogi nahmen, festigte sich der Verdacht der sich, nachdem er die Geschichte Sayuris gehört hatte, in seinem Inneren zu regen begonnen hatte.

Gespannt lauschte er auf , als Light die entscheidende Frage stellte.

„Ja, das ist sie.“ war die Antwort und mit ihr legte sich ein Schatten auf das Gesicht des Detektivs.

Mit starrem Blick, schaute er an der Haushälterin, seinem Freund und Mogi vorbei auf die Frau mit dem Kind auf den Armen.

Wie im Daumenkino zuckten Bilder von den Wammy's House - Waisenkindern, an seinem inneren Auge vorbei. Ein kleines Mädchen, 8 oder 9 Jahre alt, wurde von Watari vorgestellt. Sie kam aus einem normalen Waisenhaus, doch schien einen überragenden Intellekt zu besitzen.

Das rot-braune Haar zu einem sichtbar unsanft, zusammengebundenem Zopf gezogen, blickten, hellgrüne Augen aufmerksam und neugierig in die Runde.

Damals schon hatte er sich für die kleine interessiert. Sie unterschied sich in gewisser Weise von den Anderen, die als seine Nachfolger im Wammy's House großgezogen wurden. Lange zeigte sie kein besonderes Interesse an auch nur irgendetwas, nicht einmal als man ihr sagte sie sei besonders begabt kam eine Reaktion. Nicht mal bei Schokolade!

Auf die Frage wovor sie sich fürchte, zeigte sie Verwirrung.

Sie mochte keine Süßigkeiten, war aber im Stande die kniffligsten Rätsel zu lösen.

Unter Stress konnte sie dafür überhaupt nicht arbeiten, geschweige denn ruhig bleiben. Sie zog sich dann immer sofort zurück und vergaß darüber völlig sich um ihre körperlichen Bedürfnissse zu kümmern. Es schien L als würde sie etwas bestimmtes brauchen, um wie ein normaler Mensch zu leben, doch was es war fand man nie heraus.

Dieses Kind, war vom Intellekt her, für den Posten von L geeignet gewesen, doch obwohl man großzügig über psychische Unzulänglichkeiten hinwegsah, war diese Art von Störung absolut unpassend. So wurde sie nach 12 Jahren, nachdem man ihr ein selbständiges Leben zutraute, und sich nicht genug an ihrem Zustand änderte um den Posten als L's Nachfolger zu übernehmen, in die Welt entlassen.

Wenige Jahre später erreichte ihn die Nachricht, dass dieses Mädchen sich am 18.04.2005 das Leben genommen hatte. Seiner unstillbaren Neugier folgend, war er, gegen den Willen Wataris, nach London gegangen, um die Hintergründe ihres Todes zu untersuchen und dann war er auf sie getroffen.

Die Frau, die er gerade vor sich auf dem Bildschirm sah.

Die mit ihrer Schwester so viel Ähnlichkeit aufwies und die er trotz dieses Fakts nicht sofort wiedererkannt hatte.

Die ihr Gedächtnis verloren hatte.

Die seine Hauptverdächtige, in einem zu Anfang recht einfach erscheinenden Fall, war.

Diese Frau und ihr Kind, das, wie er nun erkannte, auch sein eigenes war.

„Ryuuzaki, was haben sie?“

Ein großes W in alt-englischem Stil erschien auf dem Bildschirm, der bis vor kurzem noch den lebenden Beweis seines Scheiterns gezeigt hatte. Wenn es um die, wenn auch noch so unterentwickelte Gefühlswelt L's ging, war Watari stets immer zur Stelle. Er bemerkte es immer, selbst wenn er ihn nur über den Bildschirm einer Überwachungskamera sehen konnte.

L war tatsächlich froh, dass dieser zur Zeit nicht im Raum stand und auch sonst niemand. Er wollte nicht, dass auch nur irgendjemand mitbekam, wie er, L, womöglich die Objektivität einem Fall gegenüber verlor und das obendrein aus einem Fehler der Vergangenheit.

Dream and Reality

Dream and Reality
 

Er würde es niemandem sagen. Warum auch? Dafür gab es überhaupt keinen ersichtlichen Grund. Nicht einen. Watari würde, wenn er sich die neusten Erkenntnisse anschaute, ohnehin dahinterkommen. Und mehr mussten wirlich nicht davon wissen. Ob Watari damals schon etwas geahnt hatte?

Diese Frau, war die Schwester der verstorbenen Hiromi, die einmal im Wammy's House gelebt hat. Ihrer psychischen Vorgeschichte nach zu urteilen, wäre sie durchaus dazu im Stande gewesen jemanden umzubringen, doch das allein reichte nicht um sie zu überführen. Er musste irgendwie... .

„Ryuuzaki.“, erneut wurden L's wirre Gedankengänge von Light unterbrochen. Leicht angefressen blickte dieser auf seinen, seit einigen Minuten am Daumennagel knabbernden, Freund hinab. Er schien mal wieder nicht bei der Sache zu sein.

„Was ist denn Light?“, fragte dieser und ließ von seinem Nagel ab. Schnell wurde dem Detektiv jedoch klar, dass er zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt gewesen war, mal wieder.

„Das liefert uns ein Motiv, wir müssten nur den Todesfall ihrer Schwester näher untersuchen.“

Die logische Schlussfolgerung seines Freundes drang kaum zu ihm durch.

„Das ist richtig.“ Ryuuzaki gönnte sich einen Schluck seines überzuckerten Kaffees und beobachtete, leicht angespannt die Bewegungen der braunen Flüssigkeit. Lights verwunderte Blicke im Nacken spürend, setzte er die Tasse wieder auf dem Teller ab.

Das alles passte ihm nicht. Das passte ihm wirklich nicht! Er verspürte den starken Drang den Fall irgendwie loszuwerden. Er wollte nicht so geistesabwesend neben Light, vor einem Fall sitzen, den zu lösen wahrscheinlich schneller ginge, wenn er nicht bestimmte Details für sich behalten hätte. Bestimmte Details, die ihn unglaublich ablenkten. Bestimmte Details, die ein riesen Fehler waren, um den er sich obendrein auch noch nicht gekümmert hatte. Aber wollte er das alles zugeben? Selbstverständlich nicht. Die Situation war verfahren und nervte den Detektiv unglaublich. Nicht nur, dass es wirklich unangenehm wäre das alles aufzuklären. Zusätzlich, wenn er den Fall aufklärte und sie, wie von Anfang an angenommen, tatsächlich schuldig wäre, dann würde sie unweigerlich das Gefängnis oder schlimmeres ereilen. Wie stand es damit? Wenn er ehrlich zu sich war, dann passte ihm das mindestens genauso wenig.

Nur ein einziges Mal hatte er sich von seinen Gefühlen geleitet auf eine offensichtliche Dummheit eingelassen, mit der kleinsten und unwahrscheinlichsten Wahrscheinlichkeit auf tatsächlichen Erfolg. Das Ergebnis war nun ein einziges Gedanken Wirrwar in seinem Kopf.

Alles egal. Er würde diesen Fall trotz allem aufklären. Es gab ohnehin auch keine andere Möglichkeit.

Kurz glitt sein Blick zu dem Bildschirm, der immernoch das Überwachungsvideo seiner inoffiziellen Familie zeigte. Vielleicht war es erstmal besser, wenn sie sich an nichts erinnerte.
 

Inzwischen waren die restlichen Ermittler gegangen. Endlich war L allein. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sein intelligenter Freund sein Verhalten richtig gedeutet hätte, wenn dies nicht ohnehin schon der Fall gewesen war. Vielleicht würde er mit Light darüber sprechen, vielleicht, wahrscheinlich nicht, eher nicht.

Ein Gefühl, das ihn in letzter Zeit oft überkam, bewegte ihn erneut dazu, den Blick auf die Aufzeichnungen der Überwachungskameras im 8ten Stock zu richten. Er fandt die Gesuchte im Kinderzimmer ihrer Tochter wieder, wo sie sich erneut zum Schlafen legte.

Unruhig räkelte sie sich in ihrem Bett hin und her.
 

Blut. Sie träumte von Blut. Es fliest über hornfarbenen Laminatboden und taucht das reine weiß eines Teppichs in blutrot. Im Licht des Mondscheins sieht es aus, als würde eine dickflüssige wabernde Masse sich Stück für Stück etwas ermächtigen, ohne das dieses sich wehren kann.

Schweißgebadet, mit weit aufgerissenen Augen richtete sich Celleste, mit einem Ruck in ihrem provisorischen Bett auf und schaute sich hecktisch um. Es war dunkel. Einige Meter neben sich erkannte sie ein Kinderbett, in dem ihre Tochter friedlich schlief. Es war nur ein Traum.

Mit schwachem Lächeln atmete sie beruhigt aus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nur ein Traum. Müde schlug sie die Decke von ihren Beinen und verließ das Zimmer. Im Pyjama, bestehend aus einem dunkelbraunen Nachthemd, mit Spitze im V-Ausschnitt und dazu passenden Hausschuhen, schleppte sie sich in die Küche ihres vorübergehenden Appartements und ließ sich, nachdem sie sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank genommen hatte auf einen der Stühle nahe dem Fenster fallen. Während die kühle Flüssigkeit beruhigend, langsam ihre Kehle hinab floss, blickte sie aus dem Fenster, hinaus in die Nacht. Sie fragte sich in welchem Stockwerk sie sich wohl befandt, nicht einmal das wurde ihr gesagt.

Der Ausblick, der sich von diesem einfachen Küchenfenster aus bot, war besser als alles was sie je in ihrem Leben gesehen hatte, obwohl sie sich ohnehin an nichts besseres erinnern konnte. Vielleicht war es der 8te Stock?

Nacht für Nacht wurde sie von rätselhaften Alpträumen verfolgt, auf die sie sich keinen Reim machen konnte, weil sie sich an nichts bis auf ihre Tochter erinnerte. Das war schon niederschmetternd. Eigentlich waren Träume, doch nur Bilder an die man sich erinnerte, weil das Gehirn versuchte etwas zu verarbeiten. Wieso also verarbeitete ihr Gehirn so etwas. Hatte sie etwas schreckliches getan? Obwohl Träume nicht immer Sinn machen mussten. Vielleicht hatte sie auch einfach mal so etwas im Fernsehen gesehen, das so ähnlich ablief.

Ein ungläubiges Lachen entkam ihrem Mund. Diese Möglichkeit kam ihr noch unlogischer vor. Was tat sie hier eigentlich? Klar, sie wurde observiert. Vermutlich zeichneten irgendwelche Überwachungskameras sie sogar jetzt in diesem Moment auf. Sie fühlte sich einsam. Bis auf ihre Tochter und Watari, der sich hin und wieder, äußerst unwillig, wie sie bemerkte, um sie, aber in erster Linie besonders um Naomi kümmerte, hatte sie keinerlei Kontakt zu anderen Menschen. Ihre sogenannte Haushälterin Sayuri meldete sich zwar oft genug, doch eine wirkliche Hilfe war sie nicht. Sie konnte ihr zum Beispiel nichts von ihren Träumen erzählen. Obwohl ihr allein der Gedanke schon seltsam vorkam, überhaupt mit irgendjemandem über Träume sprechen zu wollen.

Der Dampf ihres Beruhigungstees, den sie sich schon fast regelmäßig zu dieser Zeit machte, beschlug ein wenig das Fenster, an das sie den schweren Kopf gelehnt hatte. Wollte sie das wirklich? Ihre Vergangenheit ergründen? Wenn sie der Erzählung Sayuris Glauben schenkte, war die ohnehin nicht gerade rosig. Diese und andere trübsinnige Gedanken quälten die junge Mutter, seit sie darüber nachdenken konnte. Wollte sie oder wollte sie nicht? Was wollte sie überhaupt?

Plötzlich kam das Bild des schmächtigen Ermittlers, mit den schwarzen Haaren und den unergründlichen, gleichfarbigen Augen ihr in den Sinn. Er war seltsam. Naomi mochte ihn, doch er schien nicht so gut mit Kindern, nein mit Menschen im allgemeinen zu können. Er ließ sich auch kaum blicken. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er sie meidete. Er wusste etwas, schoss es ihr durch den Kopf, den sie im nächsten Moment jedoch ungläubig schüttelte. Schwachsinn, er war ein Außenstehender, der wusste überhaupt nichts. Dennoch verspürte sie das Bedürfnis wieder mit ihm zu sprechen. Die Art wie er sie angesehen hatte, während er ihr zuhörte und wie er dann die einfachsten Antworten auf die ,für sie, komplexesten Fragen gab. Für ihn schien es nur schwarz und weiß zu geben, während sie selbst stets im grauen festsaß, wie sehr sie es doch hasste. Sie wusste nichts und konnte auf nichts eine Meinung geben. Immerhin einen Vorteil gab es, sie konnte ganz ungehindert die Wahrheit sagen und das schien er auch zu bemerken.

Sie wollte mit ihm sprechen. Am besten genau in diesem Moment. Sie wollte, nein sie musste einfach. Ein unbeschreibliches Gefühl baute sich in ihr auf. Diese Art zu kommunizieren kam ihr so bekannt vor. Wer war er? Und wer war er für sie? Gab es eine Möglichkeit mit ihm zu sprechen?

Aufgewühlt begann sie mit den Augen den Raum abzusuchen. Die Kameras, sie waren hier irgendwo, sie konnte sie förmlich spüren, ob die auch den Ton aufzeichneten. Einen Moment stoppte sie. Was sollte das werden? War sie so besessen von der Idee ihn zu sprechen, dass sie soweit gehen und die Kameras als Weg ihn herzurufen missbrauchen wollte? Ganz offensichtlich schon. Plötzlich ließ sie sich, aus halben Stand, wieder auf den Stuhl fallen. Das war lächerlich. Verwundert über ihre eigene, dumme Idee begann sie leise zu lachen.

Nachdem sie sich wieder beruhigt hatte, begab sie sich mit einer Tasse Kakao ins Wohnzimmer. Mit einer Decke, den Armen um die angezogenen Knie geschlungen und dem Bild eines Kaminfeuers auf dem großen Fernsehbildschirm, machte Celleste es sich auf dem Sofa gemütlich. Die künstlichen Flammen spiegelten sich in ihren grünen Augen wieder und ihr Haar leuchtete schwach im Licht des Bildschirms.
 

Langsam bewegt sich ihr Gesicht auf das seine zu, ihre Lippen glänzen matt im fahlen Licht des Mondes. Die Augen ebenfalls halb geschlossen, sind auf seinen Mund gerichtet und je kürzer die Distanz zwischen ihnen desto mehr schließen sie sich.
 

3.26, ein Traum, er war tatsächlich eingeschlafen, für exakt 2 Stunden,18 Minuten und 56,48 Sekunden, hatte sich sein Gehirn der Verarbeitung einiger Informationen hingegeben, doch was für eine Art Verarbeitung soll das bitte gewesen sein.

Wieder vollkommen aufmerksam, wandt Ryuuzaki seinen Blick nach rechts. Auch wenn er es nie zugeben würde, hatte er sich mit der Zeit an Lights Anwesenheit gewöhnt, und oft war es so gewesen, dass während er geschlafen hatte, Light neben ihm an einem der Rechner saß und getippt hatte. Natürlich hatte er nie etwas davon mitbekommen, dass er sich in das Reich der Träume verabschiedet hatte, waren seine Augen dabei doch meistens geöffnet, obwohl er sich bei seinem intelligenten Freund da auch nicht so sicher sein konnte, aber er hoffte es.

Nun allerdings war er wieder allein. Es machte ihm selbstverständlich nichts aus, schließlich kam sein Light oft genug zu ihm in die Zentrale um ihn zu unterstützen und er konnte auch kaum erwarten, dass dieser sich wieder mit ihm an eine Kette begab. Es war nur zu einer lästigen Angewohnheit geworden, die er mit der Zeit auch verwinden würde.

Er begann damit seine Gedanken zu ordnen. Sein Traum, war die Vorstufe eines sogenannten feuchten Traums gewesen und die Frau, mit der er, mit ziemlicher Sicherheit, das Bett geteilt hätte, war niemand anderes als seine derzeitige Hauptverdächtige.

Er gab zu, dass er sie mochte, sehr sogar. Solange sie sich nicht an ihre Vergangenheit erinnerte, konnte er ihren wahren Charakter völlig bloßgestellt und ohne den kleinsten Verdacht auf Unwahrheit kennenlernen. In ihrer Gegenwart, musste er nichts befürchten, nichts abwägen, nichts anzweifeln, sie sprach zu ihm nur die reine Wahrheit.

Die Tatsache, dass ausgerechnet sie obendrein noch diejenige welche war, mit der er ein Kind hatte, versuchte Ryuuzaki so gut es ging auszublenden.

Wie sollte er jetzt weiter vorgehen?

Er musste den Kontakt zu dieser Person und ihrem halbwüchsigen Anhängsel peinlichst vermeiden. Es stand fest, dass die Entwicklung von Vatergefühlen,Verantwortung oder gar Liebe mehr als hinderlich bei der Bearbeitung des Falles wären.

Mit eingeübten Griffen spulte er die Aufnahmen genau um 2h,18Minuten und selbst auf die genaue Sekundenzahl zurück, um sich das verpasste Material anzusehen. Wahrscheinlich war nichts ausschlaggebendes geschehen, doch solch Nachlässigkeit hatte oft genug den Mensch einiges gekostet.

Minder interessiert beobachtete L also, wie seine Hauptverdächtige erneut von einem Alptraum aus dem Bett gescheucht wurde und sich in die Küche begab. Überrascht weiteten sich seine dunklen Augen, als er ihr Verhalten in der Küche sah. Wollte sie etwa Kontakt zu ihm aufnehmen? Alles deutete dafür, doch sie hörte plötzlich auf. Stattdessen lachte sie. Nicht nur ,dass er den Grund ihrer Erheiterung verstandt, er selbst empfand diese Idee ebenfalls als leicht amüsant. Ein kleines Lächeln staute sich in ihm an und drang in Form von leicht angezogenen Mundwinkeln an die Oberfläche. Belustigt legte er den Daumen an die Lippen und verbarg so halb sein unterdrücktes Lächeln.

Das Lächeln erstarb jedoch, nachdem sie sich im Wohnzimmer niedergelassen hatte. Die Übertragung war nun wieder live und man konnte deutlich, die unangenehmen Folgen ihres Alptraums erkennen. Sie litt. Es ging ihr mehr als schlecht. Natürlich, sie hatte nun schon mehrere Tage in diesem Apartment verbracht, sie erinnerte sich nicht an ihr vergangenes Leben und, dies war im Moment mehr als offensichtlich, sie fühlte sich einsam. Vielleicht war sie ja doch nicht schuldig, dann hätte er sie vollkommen zu unrecht hier eingesperrt. Wenn er sich bemühte, könnte er den Fall schnellstmöglich aufklären und sie könnte dann,... .

Was sollte das? Die Wahrscheinlichkeit, dass sie schuldig war, war erheblich hoch. Allein die Tatsache, dass sie Nacht für Nacht von Alpträumen heimgesucht wurde bewies, dass sie Dreck am stecken hatte!

Leicht verärgert über seine eigene Gefühlswelt, die ihm sogar die offensichtlichsten Dinge vergessen lassen konnte, legte er unwirsch den letzten Zuckerwürfel, der ihm zum fertigstellen seiner Zuckerfigur gefehlt hatte, auf seinen angestammten Platz. Wie zu erwarten gewesen war, mit zu viel Kraft und die Figur fiel in sich zusammen.

Während er unzufrieden sein Werk betrachtete, kahm ihm eine weitere Idee in den Sinn. Es könnte von Nutzen sein den Inhalt dieser Träume zu erfahren. Mit einem Blick auf den Bildschirm, stellte er fest, dass der Grund seiner Aggression noch wach war und mit einer fließenden Bewegung begab er sich von seinem Drehstuhl herunter und hoch in den 8ten Stock.

Those strong feelings

Those strong feelings
 

Es war ihm bereits nach der ersten Treppenstufe klar gewesen und mit jeder weiteren, die er nahm, verstärkte sich nur die Erkenntnis. Er hatte sich selbst getäuscht. Es hieß man redete sich solange etwas ein, bis man schließlich selbst daran glaubte. Der Inhalt ihrer Träume war nicht dermaßen ausschlaggebend, um nicht zu sagen nutzlos, dass er sich persönlich zu ihr zu begeben hatte. Er hatte nur der Wahrheit nicht ins Auge sehen wollen, dass sich seine Theorie bewahrheitete war weder groß erfreulich noch besonders hilfreich für den Fall, logisch betrachtet. Warum war er dann auf dem Weg zu ihr? Die Antwort lag auf der Hand. Es war für sie. Weil er sich sorgte. Für sich selbst, weil es ihn interessierte. Das hatte nun wirklich nichts mehr mit Logik zu tun.

L seufzte. Nun stand er schon eine ganze Weile, nachdem er die Tür zu ihrem Appartement erreicht hatte, davor. War tatsächlich unentschlossen und tat nichts weiter als vor sich hin zu starren. Seine Hände waren tief in den Hosentaschen seiner Jeans vergraben, seine Zehen trommelten auf dem Boden, der einzig und allein vom Licht des Wohnzimmers, das unter dem Türspalt hindurch strahlte, erhellt wurde.

Vielleicht war sie inzwischen eingeschlafen. Das Licht konnte auch gut noch brennen, weil sie vergessen hatte es abzuschalten. Plötzlich traten zwei Schatten hinter die Tür. L's Augen weiteten sich, doch schon wurde die Tür aufgeschwungen. Mit ordentlich Schwung. Sie traf den Detektiv mit voller Wucht. Der Türknauf bohrte sich in seine Rechte und die Kante quetschte schmerzhaft seine empfindlichen Zehen. Das tat weh.

L unterdrückte das Bedürfnis laut Aua zu schreien, sog stattdessen aber scharf die Luft ein und blieb stocksteif hinter der Tür stehen. Seine Hände hatte er flach gegen das Holz gedrückt, damit sich die Tür auch ja nicht noch weiter über seine Zehen schieben konnte. Hinter der Tür lugte erschrocken Celleste's rothaariger Kopf hervor.

"Oh Gott! Ist alles in Ordnung?" fragte sie überflüssiger Weise und wich augenblicklich von der Tür zurück. L bemerkte wie ihm vor Schmerz der Schweiß ausbrach.

"Guten Abend..." presste er dennoch mühsam hervor. Verwundert über seine höfliche Begrüßung runzelte Celleste die Stirn und sah anschließend auf seine Füße, deren Zehen nach wie vor vereinzelt unter der Tür eingeklemmt waren.

"H..hallo." entgegnete sie unbeholfen.

"..tut...das nicht weh?" fügte sie hinzu und fühlte sich noch dümmer. Dass das nicht gerade angenehm war konnte man ihm durchaus ansehen. Dementsprechend fiel auch seine Antwort aus.

"Doch..doch. Das tut es in der Tat."

„Dann lassen sie doch die Tür los, um Gottes Willen.“ Sie griff nach der Tür um sie von seinen Füßen zu ziehen. So hätte es jeder normale Mensch getan, auch wenn es weh tun würde. Doch als sie sich der Tür auch nur näherte erhob der Detektiv angestrengt seine Stimme und fuchtelte so gut es ging mit einer Hand um sie davon abzuhalten.

„Nein nein nein!“

„Nein?“ fragte sie entgeistert und schwankte zwischen Mitleid und Ärger. Da sie sich für seine Lage verantwortlich fühlte und er es offenbar vorzog ihr ihre Schuld, trotz seiner augenscheinlichen Schmerzen, weiterhin vor Augen zu führen. Da sie es jedoch zu verschulden hatte willigte sie ein, ihm auf seine Weise zu helfen.

„Ok. Was soll ich tun?“

Erleichterung trat anstelle des anfänglichen Entsetzens in sein Gesicht und kurz kam er ihr vor wie ein Kind, dass es geschafft hat seinen Willen zu bekommen, trotz eingesteckter Prügel. Während er ihr dann erklärte, wie sie die Tür aus den Angeln zu heben hatte, war ihr Eindruck wieder völlig gegenteilig. Er erläuterte ihr alles so präzise, dass sie nicht einmal nachfragen musste und wartete geduldig darauf, dass sie, mit der begrenzten Kraft die ihr als Frau zu Verfügung stand, die Tür aus den Angeln gehoben und ihn befreit hatte.

Sie hatte sich schon gefragt ob sein Fuß inzwischen nicht mehr weh tat, oder ob er tatsächlich über so große Selbstbeherrschung verfügte. Doch als sie nach ihm schauen wollte, nachdem sie die Tür abgesetzt hatte, war er schon an ihr vorbei in die Küche verschwunden. Sie ließ die Tür dann einfach so wie sie war, aus den Angeln gehoben, an die Wand gelehnt stehen und betrat dann wieder das Wohnzimmer.

Inzwischen saß er auf der Couch, mit dem Rücken zur Küche, die an das Wohnzimmer grenzte und presste sich einen Eisbeutel auf die Zehen. Er hockte auch mehr, als dass er saß und sah ziemlich unglücklich aus. Warum er auch hier her gekommen war, es war wohl vergessen. Einzig und allein seine Füße schienen jetzt noch von Bedeutung. Sie musste schmunzeln und wieder kam er ihr wie ein Kind vor. Dennoch verdoppelte dieser Anblick auch ihre Schuldgefühle und in ihr Wuchs der Drang es irgendwie wieder gut zu machen.

„Soll ich mal schauen?“

Es hörte sich an als würde sie einem Kind anbieten auf eine Wunde zu pusten. Darum war der Blick den er ihr daraufhin zuwarf wahrscheinlich auch so sparsam und er verneinte höflich.

„Nein. Lassen sie nur.“

Celleste fühlte sich noch schlechter und versuchte es mit etwas anderem.

„Ich kann Akupressur. Soll ich es versuchen?“

Was Akupressur dabei helfen sollte, wenn man sich die Zehen eingeklemmt hatte, fragten sie sich in dem Moment wohl beide, doch Celleste wollte unbedingt etwas wieder gut machen. Darum lächelte sie dankbar als er, was sie dennoch erstaunte, stumm nickte. Sie umrundete die Couch und kniete sich vor ihn auf den Boden. Nachdem sie ihn noch einmal mit den Augen stumm um Erlaubnis gebeten hatte, nahm sie einen seiner Füße in beide Hände und senkte den Kopf. Ihre Haare fielen nach vorn und kitzelten ihn ein bisschen.

Sie begann zu massieren. Sie versuchte wirklich ihr bestes. Aber die Wahrheit war, sie hatte gelogen. Sie hatte absolut nicht die leiseste Ahnung von Akupressur. Es war ihr einfach so eingefallen und dann hatte sie es gesagt ohne darüber nachzudenken. Sie kam sich total lächerlich vor, dass sie hier etwas versuchte von dem sie keine Ahnung hatte und in Wirklichkeit einfach nur die Füße eines Mannes massierte, den sie obendrein kaum kannte.

Zu ihrem Glück wusste sie nicht, dass L sich dagegen sehr wohl mit Akupressur auskannte und nur zugesagt hatte, weil er neugierig geworden war.

Er wusste was er an dieser Frau sehr schätzte, dass sie ihm immer die Wahrheit gesagt hatte. Er kannte die Anzeichen einer Lüge und dieser Frau hatte, seit er mit ihr zusammenarbeitete nur die Wahrheit zu ihm gesprochen. Umso erstaunter war er dann als er feststellte, dass diese Frau ihm offensichtlich ohne darüber nachzudenken ins Gesicht gelogen hatte. Sie konnte nicht einen Griff, dafür massierte sie seine Füße mit solch einer Hingabe, dass ihre Hände dabei zitterten.

L musste grinsen. Die Situation war wahrlich skurril. Er musste an sich halten nicht zu lachen, als sie ihn, wohlgemerkt ohne ihn anzusehen, um seinen anderen Fuß bat. Es musste ihr sicherlich sehr unangenehm sein, doch sie zog es durch. Das war Strafe genug für ihre unbedachten Worte. Während sie massierte entsann sich L dem eigentlichen Grund seines Besuchs.

„Haben sie einen unruhigen Schlaf?“ Er spürte wie sie bei der Frage zusammenzuckte.

„Woher weißt du das?“ Kurz irritierte er sich an dem du, dass sie wieder ungefragt verwendete, doch angesichts der Situation wäre es doch recht seltsam sich weiterhin zu siezen.

„Ich vermutete es aufgrund der Tatsache, dass du jetzt noch wach bist.“ Das war die Wahrheit, wenn auch nicht die ganze. Manchmal nahm man eben eine Wahrheit, um die andere nicht aussprechen zu müssen. Auch wenn sie sich beide über die Anwesenheit der Überwachungskameras im klaren waren. Dankbar für sein Taktgefühl, legte Celleste ein müdes Lächeln auf und nickte gottergeben.

„Wollen sie,... darüber reden.“

Man kam wirklich schwer aus seiner Haut. Das Siezen war für ihn schon so normal geworden. Doch sie hatte seine Bemühungen wahrgenommen und lächelte ihn freundlich und dankbar an.

„Ja.“ antwortete sie einsilbig.

Nach einigen Sekunden, in denen Celleste ihre Gedanken sammelte, senkte sie wieder den Kopf, sodass er nicht mehr ihr Gesicht sehen konnte. Ihre Haare kitzelten wieder seine Füße. Gedankenverloren musterte sie diese während sie sprach.

Er konnte deutlich sehen, dass es ihr nicht leicht fiel die richtigen Worte zu finden. Eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf wies ihn darauf hin, dass ihr Zögern auch daher rühren könnte, dass es eben etwas dauerte, sich aus dem Nichts eine rührselige Geschichte auszudenken, um ihn zu belügen und sich selbst zu schützen.

„Es kommt viel Blut in meinen Träumen vor.“ begann sie schließlich.

„Ich kann es nicht so gut beschreiben. Es sind mehr Bilder. Ich verstehe sie kaum. Ein dunkles Wohnzimmer, in das der Mond scheint. Auf dem Laminat liegt ein weißer Teppich, etwas fließt auf ihn zu und...“ Sie hatte nicht einmal aufgesehen, nachdem sie angefangen hatte zu erzählen. Sie hatte nur irgendwann damit begonnen, wieder seinen Fuß in die Hand zu nehmen und mit dem Finger Kreise darauf zu malen.

Dem Inhalt ihrer Erzählungen folgend, erreichte ihn eine erschütternde Erkenntnis. Seine Theorie bestätigte sich. Sie träumte tatsächlich von ihrer Vergangenheit und von ihren Verbrechen, doch viel schlimmer war, dass sie es ihm einfach so erzählte. Mit Mühe brachte sie jedes Wort hervor, dass seinen Verdacht über sie weiter erhärtete. Ohne, dass ihm auch nur der geringste Anlass zum Zweifeln geliefert wurde. Die reine Wahrheit, all ihre Sorgen, all ihre Ängste, Alles. Mit jedem Wort erhärtete sich ihre Schuld und das müsste sie auch wissen, doch jedes ihrer Worte war wahr. Sie vertraute ihm.

Er schluckte. Wieso machte ihn das so unglücklich? War es nicht schön zu jemandem Vertrauen aufzubauen, sich jemandem anzuvertrauen? Dass er dieser jemand war? Im Normalfall ja, doch sie schien ihre Positionen zu vergessen. Sie waren nicht sowas wie Freunde, Vertraute oder, sonst was. Er war Detektiv und sie die Verdächtige. Bestürzt sah er auf ihren gesenkten Kopf hinab. Sie sollte das nicht tun. Sie sollte ihm nichts erzählen. Sie sollte ihm nicht vertrauen.
 

Er hörte wie ihre Stimme begann zu beben. Inzwischen hatte sie aufgehört Kreise auf seinen Fuß zu malen und war dazu übergegangen sich an sein Bein zu klammern. Tränen tropften auf seine Haut. Sie versuchte sich zusammenzureißen, doch es führte nur dazu, dass sie anfing zu zittern. Sein Blick glitt an ihr vorbei zum Fenster hinaus. Immer mehr Flüssigkeit benetzte seine Haut und er konnte nichts weiter tun als bestürzt aus dem Fenster zu sehen und in Wirklichkeit die Spiegelung zu betrachten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie sich entschuldigen und ins Bad verschwinden konnte. Er hörte wie sie sich die Nase putzte. War das erbärmlich. Eine Frau weinte und er wurde zur Salzsäule. Er seufzte und richtete sich auf, folgte ihr ins Badezimmer.

Langsam schob er die Tür auf und fand die Frau, völlig aufgelöst vor. Sie schlug die Hände vors Gesicht und versuchte schniefend sich zu beruhigen. Vorsichtig ging er auf sie zu, zögerte immer wieder, weil er wusste, dass das nicht rechtens war. Schließlich hob er jedoch die Hand und nahm die ihre von ihrem Gesicht.

Sie wusste selbst wie sehr sie sich eben belastet hatte, aber sie hatte einfach mit jemandem darüber reden müssen. Für sie machte das alles einfach keinen Sinn. Hatte sie wirklich Menschen getötet? Was sollte denn aus Naomi werden? Tausend Fragen spiegelten sich in ihrem Gesicht wieder. Sie war restlos überfordert und warf sich schließlich in die Arme des Mannes, der vielleicht auf einige die Antworten wusste. Ihre Tränen sickerten durch sein weißes Shirt und berührten seine Haut.

Überfordert von seinen gegensätzlichen Gefühlen, die ihm einerseits sagten er solle sie trösten und andererseits diese Nähe zwischen Ermittler und Verdächtigen nicht gut heißen konnten, stand L nur da, mit angewinkelten Armen und zitternden Händen, schaute auf den Kopf der rothaarigen und stemmte die Schwere ihres Gewichts.

Während er sich an die Nähe ihres Körpers gewöhnte, fiel ihm etwas auf. War er nicht schon einmal in so einer Situation gewesen? Das Dejavue führte in zurück in die Zeit, als er zum Untersuchen des Selbstmordes ihrer Schwester zurück nach London gegangen war. Damals hatte sie auch so geweint, sich an ihn geklammert, obwohl sie sich gar nicht kannten. Kurz darauf war damals ihre Tochter entstanden. Was würde geschehen, wenn es so weiter ging?

Unsicher legte er eine Hand in ihre Hüfte und hob mit der anderen sanft ihren Kopf. Er wollte nur schauen ob sie sich wieder etwas beruhigen würde und sie dann sanft aber bestimmt von sich schieben.

Lange schaute er ihr in die verweinten Augen. Tatsächlich hatte ihr Anfall gestoppt und sie zitterte nur noch leicht in seinen Armen, ob wegen seiner Nähe oder aufgrund ihrer bisher unterdrückten Trauer war fraglich. Die eine Hand immer noch an ihrem Kinn studierte er ihren Blick.

Verwirrung, Erkenntnis, Aufregung und Angst spiegelten sich abwechselnd in ihnen wieder. Das leuchtende Grün, zog ihn in seinen Bann und plötzlich näherten sie sich einander, mit unglaublicher Langsamkeit. Kurz vor ihren Lippen stoppte er und zuckte zurück. Was tat er da?

Seine Hände lösten sich von ihr. Er sah erneut in ihre Augen, doch sie sah ihn nicht mehr an. Es war als würde sie durch ihn hindurch sehen, ihn gar nicht mehr wahrnehmen. Dann schlossen sich die grünen Seen plötzlich und sie fiel vorn über.

Einen Moment lang lagen ihre Lippen auf den seinen, doch kurz darauf kippte ihr gesamter Körper zur Seite und er hielt sie mit einer mechanischen Bewegung in seinen Armen. Sie war ohnmächtig.

Einen irrationalen Moment lang stand der Meisterdetektiv mit ihr in den Armen nur da und rührte sich nicht. Langsam drehte er ihren Kopf zu sich, erkannte ihre Ohnmacht. Nach kurzem Zögern trug er sie in ihr Schlafzimmer, legte sie auf das Bett und deckte sie zu. Mit einem letzten verwirrten Blick verließ er das Zimmer und ignorierte dabei sein klopfendes Herz.

Er machte sich auf den Weg zurück. Mechanisch stieg er die Treppen in die Zentrale hinab und setzte sich ungeschickt auf den selben Stuhl, auf dem er vorher gesessen hatte.

Unwillig drehte er dem Bildschirm den Rücken zu, der ein großes, schwarzes W in altenglischer Schrift zeigte. Vor seinen geschlossenen Augen erschien wieder das Bild ihres Gesichts, wie es sich dem seinen unaufhaltsam näherte und die Erinnerung an das Gefühl von ihren Lippen auf den seinen ließ ihn erschaudern.

Flashback: Against Sanity

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Leaked out!

Leaked out!
 

Wie viel Zeit war wohl bereits vergangen? Wie viele Stunden war sie inzwischen schon ohnmächtig? 18?

Ja, 18 Stunden war es inzwischen her. 18 Stunden, 2 Minuten und 45 Sekunden, wenn man es ganz genau wissen wollte. Und ein weiteres Mal huschte der Blick des schwarzhaarigen Detektivs auf diesen einen Bildschirm, der ihm das Bild der Überwachungskamera, im Zimmer der Verdächtigen, zeigte. Nachdem sie in seinen Armen zusammengebrochen war, hatte man natürlich sofort einen Arzt gerufen und sie in ein Bett verfrachtet. Es könnte sein, dass wiederkehrende Erinnerungen diese Ohnmacht hervorgerufen hatten und sie nichts weiter tun könnten als zu warten. Darauf zu warten, dass sie wieder aufwachte. Das war was der Arzt ihnen mitgeteilt hatte. Für den Fall, dass sie nach 24h nicht wieder zu sich kommen sollte, sollte man ihn schnellstmöglich wieder kontaktieren, denn dann bestand die akute Gefahr eines komatösen Zustands und man müsse sie anschließend dringend ins Krankenhaus bringen.

Das Kind, Naomi, war seit dem gar nicht mehr zu beruhigen. Gott sei Dank, kümmerte sich Watari um sie.

Welche Art von Sorge war das, die gerade in ihm wütete? Fürchtete er nur, dass sie, wenn sie nicht mehr aufwachte, ungeschoren ihrer gerechten Strafe davon käme? Oder wer sich um das Kind kümmern würde, sollte sie nicht mehr erwachen? Das Light seinen Gemütszustand irgendwie bemerkte und er mit der Wahrheit herausrücken musste? Oder war da noch mehr? Ein Gefühl, dass er sich eigentlich nicht erlauben konnte, aber dennoch da war, dass ihn allzeit auf diesen Bildschirm starren ließ, in der Hoffnung sie schlüge doch noch die Augen auf. Doch wie würde es dann weiter gehen? Wenn sie sich wieder an alles erinnerte?

Angespannt nahm er den Daumen an den Mund. Er hasste das! Alles war so ungewiss. So musste er für tausende von Möglichkeiten einen Plan entwickeln! Dabei fühlte er sich, als wäre seine Konzentrationsfähigkeit, trotz seiner Sitzposition, bereits um 40 Prozent gesunken. Wenn er sich nun gerade hinsetzen würde, wäre es sicherlich aus mit seiner Auffassungsgabe. Lächerlich! Das er, L, mal je in solch einen Zustand verfallen würde!

Die Tür öffnete sich und Light und Mogi betraten erneut die Zentrale. In den 18 Stunden, waren sie einige Male heruntergekommen, um nach dem Stand der Dinge zu sehen, an dem sich, so auch in diesem Moment, absolut gar nichts geändert hatte. Light sah seinen Freund an und bemerkte natürlich sofort dessen Angespanntheit. Auch bemerkte er, den schwachen Versuch, sich seiner Auffassungsgabe zu entziehen, indem er sich wieder einem der Computerbildschirme zuwandte, um ihm dabei den Rücken zudrehen zu können.

Irgendetwas stimmte da nicht und L würde ihm offensichtlich niemals freiwillig einfach verraten, was das nun war. Sein Verhalten bestätigte ihn darin, dass es in irgendeiner Weise fallrelevant war.

Light nahm sich vor, noch bevor diese Person endgültig ins Koma gefallen war, die Wahrheit selbst heraus zu finden. Seine Neugier, was seinen verschwiegenen Freund anging war geweckt und er setzte sich an einen der Rechner um etwas zu finden. Irgendetwas mussten sie übersehen haben. Vielleicht hatte L ihnen sogar einige wichtige Daten vorenthalten, obwohl er sich fragte ob er das seinem Freund zutrauen konnte, immerhin ging es hier um seine Arbeit!

Leider wurde der braunhaarige lange Zeit nicht fündig. Frustriert blätterte er einige alte Zeitungsartikel durch.

Ein Artikel über den Tod eines Patienten lenkte schließlich Lights Aufmerksamkeit auf sich. Wieso wurde, um den Tod eines Mannes der obendrein noch im Krankenhaus starb, solch ein Wirbel gemacht? Neugierig las er sich den Artikel durch.

Der Verstorbene hätte voraussichtlich erst 2-3 Tage später das zeitliche gesegnet, jedoch und das war der Skandal, hatte einer der Ärzte eine selbst entwickelte Medikation an dem Mann getestet und den Mann frühzeitig getötet. Nachdem eine der chirurgischen Assistentinnen darauf gekündigt hatte, wurde der Arzt angeklagt und ihm wurde die Lizenz entzogen. Der Name des Arztes war Pierre Duetong, der nach seinem offensichtlichen Misserfolg in England, nach Frankreich zurückgekehrt und dort beinahe über Nacht zu einer Berühmtheit geworden war.

Lebend wurde er das letzte Mal auf einer Spendengala, hier in Japan, gesehen. Inzwischen gehörte er zum Opferkreis, der Beraubten im 3 Millionen Fall, den Light und L eigentlich zurzeit bearbeiteten. Im Gegensatz zu den anderen Opfern jedoch, lag er nun anstatt in einem Luxusbett in einem Leichenschauhaus mit drei Kugeln im Rücken.

Der Vorfall in England fand in London statt und die chirurgische Assistentin die kündigte hieß, Hiromi McNight.

Light stockte. McNight passte zwar nicht, aber Hiromi, war nun wirklich kein typisch englischer Name! Er blätterte die Todesanzeigen dieses Monats auf und besagte Hiromi McNight beging tatsächlich Selbstmord. Das musste sie sein.

„Ryuuzaki, sieh dir das mal an.“

Aus den Gedanken gerissen, drehte der Angesprochene seinen Kopf zu Light, nahm endlich den Daumen vom Mund und rollte mit dem Stuhl zu ihm herüber. Seine Augen weiteten sich als er sah was Light entdeckt hatte.

Das Motiv. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ihre Schwester darum das Leben genommen hatte, war beträchtlich, zumal sie sogar auf den Tag genau gekündigt hatte und die Schwester zu diesem Zeitpunkt noch in Therapie gesessen hatte. Aufgrund ihrer Psychose, die zum Teil Besessenheit gegenüber ihrer jüngeren Schwester ausgelöst hatte.

Die wenigen Fragen, die noch offen gewesen waren, waren hiermit geklärt. Nun hatten sie ein Motiv und eine Verbindung zum 3 Millionen Fall. Das gestohlene Geld, wurde von einer oder mehreren Gruppen gesammelt. Wenn sie, um eine berühmte Person wie ihn zu finden, und um ihn dann möglichst unauffällig zur Rechenschaft ziehen zu können, sich solch einer Organisation angeschlossen hatte, hatte sie nur noch auf die passende Gelegenheit warten müssen. Diese kam dann spätestens bei der Gala, auf der Pierre Duetong das letzte Mal lebend gesehen wurde, bevor man ihn, mit 3 Kugeln im Rücken im Leichenschauhaus bewundern konnte.

Was fehlte war nur noch der endgültige Beweis, jedoch wenn sie es tatsächlich war, die Pierre Duetong umgebracht und für diese mysteriöse Organisation Geld gesammelt hatte, dann gab es nur einen logischen Schluss, warum sie von dunklen Gestalten verfolgt und in Schutzhaft genommen werden musste.

Das Geld. Ohne das Geld hatte man kein weiteres Interesse an ihr, doch da sie offensichtlich noch im Besitz des Geldes war, wurde befürchtet sie hätte sich mit eben diesem Geld aus dem Staub gemacht.

Kurz um, waren die einzigen Dinge, die sie noch schützten ihr verlorenes Gedächtnis und die Schutzhaft. Wenn sie das Geld fänden und ihre Fingerabdrücke darauf waren, gab es für sie kein entkommen mehr, vermutlich selbst dann nicht, wenn sie sich nicht einmal mehr daran erinnerte, es genommen zu haben.

„Ryuuzaki. Miss Mirror ist wieder aufgewacht.“

Das W in altenglischer Schrift verdeckte, das belastende Motiv.

„...Sagen sie ihr nichts von den neuesten Erkenntnissen und bringen sie mir bitte das Beweismaterial vom Fall Pierre Duetong.“

Auch nur ein wenig von ihrer DNA unter diesem Material und sie wäre dran. Wahrlich, es gab kein Entkommen mehr für sie. Langsam legte der Detektiv seine Hände auf die angewinkelten Knie.

Nicht nur, dass Light ihn auf solch einen auffälligen Fakt aufmerksam machen musste, sie wären womöglich bereits früher dahinter gekommen, wenn er nicht unbedingt eine gewisse Sache hätte verheimlichen wollen, obendrein fühlte er sich plötzlich unglaublich schlecht.

Irgendwo hatte er wohl doch einfach gehofft, sie wäre völlig zu unrecht hier.

Bilder von ihr, wie sie perfekt verkleidet zu ihrer Wohnung gehen wollte, um sich womöglich an etwas aus ihrem Leben zu erinnern, wie sie ihm, obwohl es ihr sichtlich nicht gerade leicht fiel, ihr Herz ausschüttete und wie sie liebevoll mit ihrer Tochter spielte, schossen ihm plötzlich durch den Kopf und hinterließen ein einziges Wirrwarr aus Fragen und Gefühlen.

Die Theorie war in sich stimmig, doch seine Gefühle waren es nicht. Für ihn war sie längst schuldig noch bevor sie diese belastende Material entdeckt hatten und doch schrie das kleine Männchen der Hoffnung, in seinem Kopf, lauter, als das der Vernunft und brachte Gefühle wie Schmerz, Enttäuschung und Trauer auf seine Seite.

Es gefiel ihm, dass sie immerzu die Wahrheit zu ihm gesprochen hatte und doch war die Wahrheit so bitter, dass er die gesamte Zeit einfach die Augen vor ihr verschlossen hatte.
 

Inzwischen hatte sich Mogi auf den Weg gemacht, um das nötige Beweismaterial zu holen. L war nun allein mit seinem wachsamen Freund Light in der Zentrale. Dessen bohrenden Blick der Detektiv nur all zu deutlich in seinem Rücken spüren konnte. Er konnte sich jedoch nicht dazu durchringen, darauf zu reagieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass Light etwas Unerfreuliches klargeworden war, war immens hoch. Beinahe schmollend schob sich Ryuuzaki stattdessen einen Löffel Vanillepudding mit Erdbeersoße in den Mund und schien, wie sooft damit beschäftigt, völlig akribisch den Löffel abzulecken.

„Ryuuzaki.“

Der gespielt, freundliche Ton Lights diente nur der Überdeckung seines Ärgers über L's kindisches Verhalten. Er wusste das und so wandte er sich schließlich, äußerst langsam seinem Freund, als würde dieser ihm eine 9mm an den Kopf halten, zu.

„Ryuuzaki, kann es sein, dass du uns etwas verschweigst?“

Rein logisch betrachtet musste er diese Frage mit Ja beantworten.

Er, L verschwieg den Mitgliedern der Sonderkommission ja sogar seinen richtigen Namen. Es gab eine Menge Dinge über die, Light und die anderen nicht informiert waren und er würde einen Teufel tun und ihm was er wissen wollte, sofort auf einem Silbertablett servieren.

„Ja, dem ist so seit wir uns das erste Mal gesehen haben, Light.“

Wenn man genauer darüber nachdachte, brachte es ihm sowieso nichts mit Light darüber zu sprechen, obendrein konnte er sich gut dessen Reaktion ausmalen.

„Ich habe wirklich kein Lust auf deine Spielchen, Ryuuzaki. Natürlich, will ich dich zu nichts drängen, dass könnte ich auch gar nicht, außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass gerade du unsere Ermittlungen, wegen einer privaten Angelegenheit mit unserer Hauptverdächtigen, behinderst gleich null, oder?“

L seufzte aus.

„Von wegen zu nichts drängen.“

Beleidigt zog der Detektiv eine Schnute. Ganz offensichtlich würde Light weder locker, noch sich in irgend einer Weise ablenken lassen. Unwillig drehte er seinem Freund wieder den Rücken zu und fixierte die leere Schüssel Vanillepudding. Er würde nicht anfangen, er wusste gar nicht wie! Wenn Light unbedingt seinen Verdacht bestätigt haben wollte, dann würde er ihm alles aus der Nase ziehen müssen. Er hörte wie sein Freund beherrscht ausatmete.

„Als du zum ersten Mal mit ihr geredet hast, um sie dazu zu bringen am Fall mitzuwirken, da meinte sie, dass ihr euch kennt. Zuerst dachte ich, dass sie da nur etwas durcheinander gebracht hat, wie sollte sie jemanden wie dich auch kennen. Mit der Zeit viel mir jedoch auf, dass sie dir, mehr als sonst jemandem hier, ihr uneingeschränktes Vertrauen schenkte. Über die vielen Videokameras hier konnte man das sehr gut beobachten. Doch das alles hat nur meinen bereits bestehenden Verdacht erhärtet.“

Ungeduldig schrubbte L die Schüssel vor sich mit dem Zeigefinger,

„Was war es?“ rutschte es ihm dann doch heraus. Es war von Anfang an klar gewesen, dass er früher oder später auffliegen würde, doch nun wollte er auch wissen, was ihn verraten hatte.

Ein zufriedenes Grinsen schlich sich auf Lights Gesicht. Diese Reaktion hatte seine letzten Zweifel ausgeräumt.

„Hiromi Mirror. Nachdem uns die Haushälterin ihre Geschichte erzählt hat, hast du sofort ihren vollen Namen gewusst. Außerdem hättest du in dem Moment mal dein Gesicht sehen sollen. Also, was hast du mit unserer Hauptverdächtigen zu tun, L?“

„Dazu hast du noch keine Theorie?“

Es war eine rhetorische Frage. Natürlich hatte Light schon eine Theorie, doch würde L es niemals selbst aussprechen.

„Ihre Tochter könnte von dir sein, nicht wahr? Selbstverständlich ist nichts bewiesen, du könntest einen Vaterschaftstest machen und...“

„Der ist nicht nötig.“

Der Löffel, den der schwarzhaarige eben noch in Daumen- und Zeigefinger gehalten hatte fiel klirrend in die Schüssel zurück.

„...Sie ist also wirklich deine Tochter.“

Sprach Light nach einigen Sekunden des Schweigens, mehr zu sich selbst, als zu seinem Freund. Gedankenversunken blickten die beiden auf den Bildschirm, welcher das Schlafzimmer Cellestes zeigte, die dabei war, langsam wieder zu sich zu kommen.

„Ja.“

Antwortete L nachdem einige weitere Sekunden verstrichen waren und sie verfielen beide ins Schweigen.

Betrayal

Betrayal
 

Langsam schlug Celleste die Augen auf. Sie fühlte sich eigenartig. Als wäre sie für eine Zeit lang eine andere Person gewesen. Jemand, der gerade gehen konnte und nun, mit dem aufschlagen ihrer Augen, plötzlich wieder schwere Steine auf die Schultern geladen bekommen hatte. Auf einmal war jeder Schritt wieder eine Last. Eine Last unter der sie am liebsten einfach zusammenbrechen würde, doch sie erinnerte sich. Sie erinnerte sich wieder daran, was sie diese Last hatte stemmen lassen, all die Jahre lang.
 

Sie erinnerte sich, dass sie Pierre, das Schwein, getötet hatte, sie erinnerte sich, dass sie versucht hatte sich selbst umzubringen, sie erinnerte sich, dass ihr Gedächtnis verloren ging und sie erinnerte sich daran wen sie getroffen hatte.

Den Mann, den Detektiv mit diesen undurchdringlichen onyxfarbenen Augen. Der wahrscheinlich jede ihre Bewegungen, durch die vielen Kameras deren Anwesenheit sie endlich bemerkte, beobachtete und der Vater ihres Kindes war.

War das ihr Schicksal?

Von dem Mann, der ihr, ihr geliebtes Kind beschert hatte, für einen Mord den sie niemals bereuen könnte, in eine Zelle in der sie nicht 2 Tage überstehen würde, gesperrt und für immer gehasst zu werden? Das Schicksal hatte einen schlechten Humor.

Langsam, mit der Rückkehr ihrer Erinnerungen, dämmerte ihr auch in was für einer gefährlichen Situation sie sich befand und der Plan der dahinter steckte. So einfach und doch war sie nicht darauf gekommen. Er hatte sie eingeweiht, ihr alles auf ihr eigenes drängen hin erzählt, doch das hatte seinen Preis. Man baute darauf, dass sie sich mit den Fetzen ihrer zurückkehrenden Erinnerung selbst das Handwerk legen würde. Ein sehr effektiver Plan, denn ihr wahres ich wäre und war darauf angesprungen.

Unwillkürlich legte sich eine erdrückende Schwere auf sie, auf ihr Herz. Ein guter Plan. Ein schiefes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, doch in ihren Augen war der Schmerz deutlich zu erkennen.

Was sie nun zu tun hatte, war ihr dennoch sofort klar. Diese Gefühle, die sie ihm gegenüber hegte, die nun, da sie sich endlich wieder darüber im Klaren war, was sie beide verband um so stärker in ihr wüteten, sie könnte sie niemals an die Oberfläche kommen lassen.

Der Blick ihrer Augen verhärtete sich wieder. Celleste wusste, was sie getan hatte und sie konnte sich sicher sein, dass er es auch längst erkannt haben musste und das würde immerzu zwischen ihnen stehen. Darum würde, nein musste sie jetzt ihre Gefühle verleugnen und ihre wenigen gemeinsamen Momente tief in sich verschließen.

Langsam, als wäre jegliche Kraft aus ihren Armen gewichen, versuchte sie die Decke zurückzuschlagen, gab aber sofort wieder auf. Am liebsten würde sie einfach liegen bleiben und nie wieder aufstehen. Sich für immer vor all dem, das sie erwartete hier unter der Bettdecke verstecken.

Plötzlich, legte sich ungeschickt eine warme Hand auf ihren Rücken und übte unterstützend Kraft auf diesen aus. Erschrocken zuckte Celleste. Wer war das?

„Warten sie, ich helfe ihnen.“

Nein. Es war nur Matsuda. Beinahe enttäuscht ließ sich Celleste von ihm helfen. Die Erkenntnis über ihre Enttäuschung wahrnehmend, gewährte sie ihren Gedanken sich an dem abgeschottetem Teil ihres Gehirns zu schaffen zu machen. Sie konnte es einfach nicht verhindern. Jedes Mal wenn sie geredet hatten, hatte sie das Funkeln in seinen Augen gesehen, wenn er erkannt hatte, dass sie die Wahrheit zu ihm gesprochen hatte, erstaunt stellte sie die Stärke des Wunsches fest, dieses Funkeln erneut sehen zu können.

Sie schüttelte den Kopf. Niemals.

„Was ist mit ihnen? Haben sie ihre Erinnerung zurück erlangt?“

„Ich fürchte es hat sich nichts geändert Matsuda. Ich erinnere mich nicht an mehr.“

Besser gesagt, wünschte sie, sich weiterhin an nichts zu erinnern. Bereute sie es wirklich nicht, diesen Mann getötet zu haben? Sie hatte doch Naomi, diese hatte nun eine Mörderin zur Mutter. Konnte sie das überhaupt noch verantworten? Oder sprach da tatsächlich ein schlechtes Gewissen aus ihr?

Verflucht! Sie hatte doch nicht damit rechnen können, ihn je wieder zu sehen und auch noch zu so einem Zeitpunkt!

Sie schlug die Beine über den Bettrand und stand mit Hilfe von Matsuda auf. Wie automatisch trugen sie ihre Beine in das Zimmer ihrer geliebten Tochter. Diese befand sich, wie zu erwarten gewesen war in der Obhut von Watari. Als dieser sie jedoch bemerkte, stand er augenblicklich auf und verließ, ohne ein Wort zu verlieren, zusammen mit Matsuda den Raum. Es konnte ihr nur recht sein.

Wer wusste, wie lange sie in Anwesenheit ihrer Tochter gegen das Bild des Familienglücks ankämpfen konnte, das sich mit aller Macht vor ihre Augen zu schieben versuchte. Doch als sie Naomi so da sitzen sah, mit bunten Holzklötzen spielend, bei dem verzweifelten Versuch einen quaderförmigen Klotz durch eine Sternform zu schieben, schaffte es eine blasse Gestalt, in gekrümmter Haltung, mit den Händen in den Hosentaschen und sie selbst, auf den lilafarbenen Teppichboden. Das Bild einer Illusion. Das Bild einer recht schrägen und doch liebevollen Familie.

Schwach kniete sie sich zu ihrem Kind auf den Teppichboden und nahm sie auf den Schoß. Sanft nahm sie ihre Tochter in den Arm, spürte wie sich ihre kleinen Fingerchen an ihren Hals krallten, spürte das feine Haar unter ihrer Hand, die behutsam über ihren kleinen Kopf streichelte.

"Ich hab, dich vermisst mein Schatz. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr. Verzeihst du Mami, dass sie solange weg war? Ich liebe dich, hörst du? Egal was war, was ist und was mal sein wird. Ich liebe dich, dass darfst du nie vergessen."

Die Tränen verschleierten bereits ihre Sicht. Sie hätte eine Familie haben können, wie sie eine mit ihrer Schwester gehabt hatte. Sie hätte sehen können, wie ihre Tochter aufwächst, die ersten Schritte macht. Sie hätte die Wärme einer Familie spüren können, sie selbst hätte lieben können, womöglich hätte sie auch Liebe empfangen, sie hätte ihn lieben können.

Der Schmerz dieser Gedanken, bohrte sich in ihr Herz.

Was hatte sie nur getan? Sie hatte das alles weggeworfen, blind vor Rache und ohne den nötigen Blick in die Zukunft, hatte sie getötet. Das würde immer zwischen ihnen stehen und das wusste sie. Nicht nur zwischen ihm und ihr, auch zwischen ihrer Tochter und sich selbst. Wie könnte sie ihr schließlich je erzählen, dass sie jemanden absichtlich ums Leben gebracht hatte.

Wie lange könnte sie sich dieser Tatsache erwehren?

Es war hoffnungslos. Sie würde alles verlieren, erneut.

Die Tränen standen ihr nach wie vor in den Augen, doch was würde es bringen jetzt zu weinen? Sie würde sich nicht besser fühlen. Sie hatte also die Wahl zwischen für immer weinen oder gar nicht erst damit anzufangen. Tapfer schluckte sie den Kloß in ihrem Hals herunter, unterdrückte mit aller Kraft ihre Trauer.
 

„...Pa..ba.“

Celleste riss die Augen auf. Freude und Angst wechselten sich in ihrem Gesicht ab. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit pumpte es Blut durch ihren Körper und sie bekam nur ganz sacht die Bewegungen ihrer Tochter in ihren Armen mit. Langsam setzte sie die kleine wieder auf ihren Schoß ab und blickte dabei starr auf die gegenüberliegende Fensterscheibe. Ihre Sicht war wieder verschwommen, doch in der Spiegelung des Fensters konnte sie jemanden hinter ihr im Türrahmen stehen sehen. Erneut erhob die kleine Naomi ihre zarte Stimme und brachte zwischen ein paar babytypischen Glucksern 2 weitere Worte hervor.

„Ma..ma.......Pa..ba.“ brabbelte sie fröhlich und schaute ihrer Mutter erwartungsvoll in das erstarrte Gesicht.

Der Schmerz wurde unerträglich, als sie erkannte wen ihre Tochter mit ihren ersten Worten als ihren Vater bezeichnete. Der Kloß im Hals war wieder da und größer als jemals zuvor, doch Celleste zwang sich ihren Mund zu öffnen und tief Luft zu holen, um nicht erneut ihrer Trauer zu erliegen.

Lange war es still. Bis auf Naomis unwissendes Brabbeln, sagte keiner der beiden ein Wort. Endlich brach er die Stille.

„Wie ich sehe sind sie wieder zu sich gekommen.“

Er sprach ruhig und distanziert, doch sein Blick war starr auf sie gerichtet. Die Luft war zum schneiden. Celleste war noch nicht im Stande zu antworten ohne, dass er das Zittern ihrer Stimme bemerken würde.

„Wie fühlen sie sich?“

Fuhr er fort und seine Stimmer verriet ihr, seine Anspannung. Erneut holte Celleste Luft und ließ sich Zeit mit der Antwort. In der Spiegelung des Fensters erkannte sie, dass er etwas in der linken Hand hielt. Als sie nicht antwortete, knisterte es etwas unter der Kraft mit der er es zusammendrückte.

„Unverändert.“

Brachte sie endlich hervor, doch ihre Stimme klang wie Schmirgelpapier auf Glas. Er hatte wie erwartet ihre Lüge bemerkt, auch ohne ihr in die Augen zu sehen. Er hob seinen Blick von ihrem Rücken in die Fensterscheibe und sah ihr ins Gesicht, doch dann wand er den Blick wieder ab und musterte den Teppichboden unmittelbar vor ihr. Ohne sie anzuschauen begann er zu sprechen.

„Wir haben Grund zur Annahme, dass sie in Verbindung mit dem Mord an Pierre Duetong stehen. Ich habe hier DNA Proben vom Tatort, die mit den ihren übereinstimmen. Haben sie etwas dazu zu sagen?“

Wie könnte sie etwas dazu sagen? Sie würde lügen, sie beide wussten es. Obwohl es völlig sinnlos war würde sie lügen. Die Chance zurück in ein normales Leben hatte sie schon vor langer Zeit verspielt und doch, konnte sie ihm die Wahrheit nicht ins Gesicht sagen, nicht den Strohalm loslassen, der ihr Gewicht niemals halten könnte.

„Nein.“

War also die Antwort und die Augen des Detektivs bekamen einen ärgerlichen Glanz.

„Auch können wir sie, aufgrund der neusten Erkenntnisse in Verbindung mit einer fallrelevanten Organisation bringen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Suche nach ihnen ist...“

fuhr er unbarmherzig fort, doch Celleste schnitt ihm das Wort ab.

„Ich weiß nichts.“

„Duetong war bei ihnen Kunde, kurz bevor er starb.“

„Ich erinnere mich nicht.“

Lüge, lüge, lüge hämmerte sich Celleste in den Kopf, obwohl sie so gern anstatt des verärgerten Glanzes, das erfreute Funkeln in seinen Augen gesehen hätte, log sie und jede ihrer Antworten klang mechanisch und abgehackt. Jedem, erst recht ihm, wäre das aufgefallen.

L konnte ihre Beweggründe nicht nachvollziehen und ärgerte sich über ihre offensichtlichen Lügen, die ihn zeitgleich traurig stimmten. Zwar war so der Fall wahrscheinlich bald abgeschlossen, doch.... Ja, was war es denn nun eigentlich, dass ihn so traurig stimmte. Ob gelogen oder nicht sie war so gut wie überführt, in jedem Fall konnte und würde sie ihrer gerechten Strafe nicht entgehen. Um das, ihr gemeinsames Kind, tat es ihm nur Leid. Was würde wohl mit ihr Geschehen? Auch wenn er der biologische Vater des Kindes war, so konnte sie doch nicht bei ihm bleiben.

Noch nie hatte sich der Detektiv solch einer Verzweiflung ausgesetzt gefühlt, erst recht nicht, wenn er kurz davor stand einen Fall zu lösen. War es das? Verzweiflung?

Die Situation war tatsächlich sehr verfahren, doch er würde schon eine Lösung finden, das tat er sonst auch, demnach gab es keinen Grund zu verzweifeln und doch, wenn er sich die zwei Personen vor sich so anschaute.

Liebte er diese Frau? Nein, für Liebe war es viel zu früh. In Wirklichkeit kannten sie sich doch kaum, genauso wenig seine Tochter. Die beiden waren das Ergebnis eines großen Fehlers, seines Fehlers, darum verspürte er eine gewisse Verantwortung, doch Liebe?

Seine Gedankengänge wurden, von Mogi und Aizawa unterbrochen, die wie besprochen, vor der Tür gewartet und auf das Ende dieser Unterhaltung gewartet hatten. Er selbst hatte sie angewiesen, die Frau, danach in Einzelhaft zu nehmen, da durch den Arzt bestätigt wurde, dass ihr Gedächtnis innerhalb von drei Wochen zurückkehren konnte und würde, da sie durch die nun vorhandene Beweislage mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit die gesuchte Täterin war und ein verlorenes Gedächtnis sie nur weiterhin schützte und ihr so die minimale Chance zur Flucht bot.

Die beiden Männer schoben sich an ihm vorbei in das Zimmer und trennten die junge Mutter von ihrem Kind. Ohne Gegenwehr ließ diese sich aus dem Zimmer befördern, hielt das Gesicht jedoch dabei gesenkt, sodass ihr Haar es verbarg.

Zurück blieben L und die kleine Naomi. Diese brach nach einigen Sekunden in weinerliches Geschrei aus, doch der Detektiv stand weiter still in der Mitte des Zimmers und rührte sich nicht. Das Kindergeschrei wurde immer lauter, doch er stand weiterhin unbewegt im Raum, die Hände in den Hosentaschen, den Kopf gesenkt, die Zehen still.

Confession

Confession
 


 

Mit leerem Blick starrte die rothaarige durch die schwarzen Gitterstäbe ihrer Zelle. Die restlichen Wände waren karg und weiß. Was sollte sie tun?

Diese Frage stellte sich die junge Mutter nun schon seit geschlagenen 2 Tagen. An Händen und Füßen war sie gefesselt, die penetranten Kameras hatte sie stets im Rücken. Es gab aus dieser Situation kein Entkommen mehr. Egal ob mit Erinnerungen oder ohne. Es war schrecklich! Sie wusste, dass man es ihr mit Absicht so schwer machte. Es sollte ihr so schlecht gehen, dass sie das nötige Geständnis einfach ablegte.

Sie durfte ihr Kind nicht sehen, sie durfte nicht besucht werden, sie durfte nicht glücklich sein. Sollte sie einfach,... es einfach zugeben? Aufgeben und gestehen.

Ja sie hatte ihre Erinnerung zurück und ja sie vermisste ihre Tochter und ja sie hatte Pierre ermordet. Ja das hatte sie alles getan und somit sich selbst und ihre Tochter, wahrscheinlich von dem einzigen getrennt, dass sie eigentlich immer haben wollte. Eine Familie.

Ja eine Familie. Bei diesem Wort musste sie unweigerlich an den Detektiv denken, Ryuuzaki. Er war der Vater ihres Kindes. Bei dem Gedanken an den seltsamen jungen Mann, legte sich ein dunkler Schatten auf ihr Gesicht.

Plötzlich ertönte das kratzende Geräusch des Lautsprechers. Ein kleines bisschen Hoffnung schlich sich in ihr Herz, ließ es kurz schneller schlagen. Doch nein, er war es sicher nicht. Wieso auch. Sie war eine Verbrecherin. Eine Schande für den großen Meisterdetektiv und ein Ärgernis für seine Arbeit. Nicht zu vergessen auch noch der lebende Beweis, eines Fehlers, zusammen mit ihrer Tochter.

Nie wieder würde er mit ihr auch nur ein einziges Wort wechseln, da war sie sich sicher. Mit bitterem Blick erinnerte sich Celleste daran, wie ihre Tochter ihn als ihren Vater erkannt und Papa genannt hatte. Sie konnte sich nicht wirklich vorstellen, dass er sich wenigstens um sein Kind kümmerte. Wenn sie so darüber nachdachte, wüsste sie selbst nicht, wie sie an seiner Stelle mit dem Kind umgehen würde.

Sie schüttelte den Kopf.

Doch natürlich wüsste sie es! Es würde ihr zwar schwer fallen, doch sie war ein Kind verdammt noch mal, sie hatte keine Schuld. In dem ganzen Dilemma war sie doch die einzige die nichts falsch gemacht hatte! Sehnsucht durchzuckte sie. Sie wollte sie sehen, Naomi, ihre Tochter!

Das Gerede des Lautsprechers hatte sie völlig in den Hintergrund verdrängt und so nahm Celleste erst jetzt die Stimme, die mit ihr sprach, wahr.

„Können sie mich hören?“

„Laut und deutlich.“

„Warum antworten sie dann nicht?“

Celleste hob den Kopf und warf einen entnervten Blick in die Kamera.

„Weil du mir seit Tagen dieselben Fragen stellst, Matsuda.“

„Wo…woher wissen sie, dass ich es bin?“

„Solltest du nicht lieber leugnen, dass ich erraten habe wer du bist?“ ein belustigtes Lächeln huschte ihr über die Lippen. Selbst nach ihrer Verhaftung war und blieb Matsuda derselbe Idiot.

„Dafür ist es doch nun ohnehin zu spät.“

„Das ist wahr.“

Die Belustigung war wieder aus ihrem Gesicht gewichen und machte Platz für den müden Ausdruck, den jemand nach zwei Tagen in einer ungemütlichen Zelle, an Händen und Füßen gefesselt, zu tragen hatte.

„Sie sehen nicht gut aus.“

„Ich fühle mich auch so.“

Matsuda konnte sie kaum hören, so leise sprach sie. Er seufzte, es war schon schlimm genug bei Misa Amane und natürlich auch Light gewesen, mit anzusehen wie sie in solch einer Zelle dahinvegetierten. Wenn er ehrlich mit sich war, brauchte er das nicht noch ein drittes Mal.

Diese Frau, Celleste, würde sie genauso lange in einer Zelle hocken? Was war wenn sie niemals ein Geständnis ablegte? Eigentlich machte das Ganze auch überhaupt keinen Sinn. Sie war überführt. Weiterhin so zu tun als könnte sie sich an nichts erinnern, war einfach lächerlich. Warum tat sie das nur? Irgendwie schien auch von Anfang an klar gewesen zu sein, dass sie auf dieses Geständnis lange warten würden. Nur deswegen wurde er von an Beginn für das Verhör eingesetzt, das war ihm klar.

Am auffälligsten an der ganzen Sache war und blieb jedoch, wie wenig man sich um diese Sache zu scheren schien. Im Moment saß Matsuda nämlich ganz alleine vorm Bildschirm. Ab und zu wechselte Mogi mit ihm die Schicht und Watari schaute rein und brachte ihm Tee oder Kuchen, doch gerade von L, dem eigentlichen Leiter der ganzen Sache war nicht die Spur zu sehen. In den ersten drei Stunden, nach der Verhaftung hatten sich Light und Mogi verabschiedet, da Light der Meinung gewesen war das würde noch lange dauern, mit dem Geständnis und L hatte dem einfach zugestimmt. Nachdem die beiden gegangen waren, hatte sich Watari wieder daran gemacht sich um das Kind zu kümmern und kurz darauf war L mit den Worten, er müsste sich etwas hinlegen, irgendwohin gegangen.

Ganz offensichtlich, schien Matsuda der einzige dem die verdächtige Wortwahl des Detektivs aufgefallen war. Hinlegen. Zeit wann nutzte dieser, zugegeben eigenartiger Mensch, ein Bett zum Schlafen?

Mit einem Seufzen legte Matsuda eine Hand auf die Augen. Eigentlich konnte es ihm auch egal sein und wenn er ehrlich mit sich war, interessierte es ihn auch nicht wirklich ob und wie der ach so berühmte Herr L nun schlief. Nur, in Anbetracht des Bildschirmlichtes, welches seine Augen inzwischen schon recht stark belastete und der Tatsache, dass sich seit 2 Tagen absolut nichts geändert hatte und es ergo auch nichts anderes gab worüber er sich Gedanken hätte machen können.

Wieso schien sich niemand mehr für das Voranschreiten des Falles zu interessieren? Es war als hätte man diesen Fall bereits zu den Akten gelegt und die Frau, die Matsuda Tag ein Tag aus beim spannenden Nichts tun beobachten durfte, war nur rein zufällig hier vergessen worden!

"Wie..?"

Die Stimme aus dem Lautsprecher holte Matsuda aus seinen Gedanken. Reflexartig schaute er auf den Bildschirm, doch auf den ersten Blick schien es nicht als hätte sie etwas gesagt.

Celleste haderte mit sich. Warum wusste sie auch nicht genau. Sie würde sich ja wohl noch nach ihrem Kind erkundigen dürfen! Trotz, dass noch nicht all so viel Zeit seit ihrem Zellenaufenthalt vergangen war, hatte sie doch jegliches Zeitgefühl verloren. Sie wusste nur eins: Bald war Naomis Geburtstag.

Sie liebte den Winter. Ihre Tochter war ein Winterkind und Celleste würde nie vergessen wie Naomi das erste Mal Schnee sah. Nur weil sie ihn ihr dieses Mal nicht zeigen konnte, wahrscheinlich auch nie wieder können würde, hieß das nicht, dass sie den Schnee niemals wieder sehen durfte. Celleste hatte einen Entschluss gefasst.

Ja es war unmöglich aus dieser Sache wieder heraus zu kommen und auf ewig in dieser Grauzone zu stecken machte auf Dauer auch keinen Sinn. Das würde es sein, bevor sie ihre Tochter nie wieder sehen konnte, wenigstens das.

"Matsuda."

"Eh, ja?"

"Wie geht es Naomi?"

Sie hörte ein erleichtertes Seufzen aus den Lautsprechern, Matsuda schien weit weg.

"Es geht ihr gut. Watari kümmert sich um sie."

"Weißt du. Sie hat bald Geburtstag, meine kleine. Könntest du mir einen Gefallen tun?"

"Ich kann sie nicht...!"

"Ich erwarte nicht, dass du mich hier heraus lässt. Ich bin nicht blöd Matsuda. Du hast hier wirklich nicht viel zu tun mit mir, also machst du es?"

"Ich weiß nicht...worum geht es denn?"

"Schneit es schon?"

"Ob es schneit? Nein, aber der erste Schnee ist für heute angesagt."

"Das ist gut. Meinst du, du könntest Watari kurz ablösen und Naomi den ersten Schnee zeigen? Es ist ein kleines Geburtstagsritual."

"Oh, ich weiß nicht..."

"Bitte Matsuda!"

"Aber sie hat doch heute noch nicht Geburtstag?"

"Nein, das ist auch nur ein kleiner Teil."

"Da kommt noch mehr?"

"Ja, aber nur noch eine kleine Kleinigkeit. Ich habe ihr ein Geschenk besorgt, als ich...als ich...meine Erinnerungen noch verloren hatte. Es ist in meiner alten Wohnung unter einer der Wendeltreppenstufen versteckt, bitte gib es ihr...es ist auch schon eingepackt."

"Warten sie...haben sie gerade gestanden?"

Überrumpelt stand Matsuda von seinem Stuhl auf.

"So antworten sie doch!"

Doch Celleste antwortete nicht mehr, wie zu Stein erstarrt hockte sie vor der Kamera und stierte den Fußboden an. Ja, so war es wohl am Besten. Eine Träne löste sich von ihrer Wange und tropfte auf den Boden, hinterließ einen dunklen Fleck.

"Na schön."

Klang es durch den Lautsprecher. Matsuda hatte verstanden. Verstanden, dass sie aufgegeben hatte und dass dies ihr letzter Wunsch war, bevor sie ihre einzige Familie nie wieder sehen würde.

Entschlossen nahm Matsuda seine Jacke, warf vor dem gehen noch einen Blick auf das flackernde Bild der Überwachungskamera. Auf einmal kam ihm der Gedanke, dass eigentlich immer noch keiner wusste, wer denn eigentlich, der Vater des Kindes war.

Erstaunlicherweise ließ sich dieser Gedanke auch auf dem Weg zu Watari nicht abschütteln, so dass ihm sogar entging, wie erschreckend leicht es war, das Kind von Watari in die Arme gedrückt zu bekommen, in den Kinderwagen zu verfrachten und mit ihr Richtung Park zu fahren. Still hatte die kleine das meiste über sich ergehen lassen und starrte den Ermittler nun mit großen Augen an. Riesengroße, grüne Augen und pechschwarzes Haar.

Was würde mit diesem Kind geschehen? Würde es in einem Heim enden? Ohne zu wissen wer wirklich ihre Eltern waren? Das erschien Matsuda unglaublich grausam und ungerecht. Das Kind hatte doch nichts falsch gemacht. Und dennoch, genauso würde es kommen.

Beinahe verärgert blieb Matsuda stehen, endlich waren sie im Park doch es schneite noch nicht. Etwas ahnungslos stand Matsuda erstmal nur hinter dem Kinderwagen und entschied anschließend, einfach noch etwas weiter spazieren zu fahren. Versprochen war immerhin versprochen.
 

- - -
 

Währenddessen hatte sich Celleste in ihrer Zelle auf dem Boden niedergelassen und starrte weiter Löcher in die Decke, versuchte sich mit ihrer nahenden Zukunft im Gefängnis abzufinden. Gab es etwas, dass sie bereute?

Leider ja. Natürlich würde sie sich niemals verzeihen können ihre Rache über ihr Kind gestellt zu haben, doch so war es nun einmal, ändern konnte sie es jetzt auch nicht mehr. Wenn sie an Naomis Zukunft dachte, oh ja dann gab es so einiges zu bereuen. Ob er sie im Stich ließ? Unwillig verengten sich ihre Augen. Er war der letzte an den sie jetzt zu denken hatte. Seine Zeichen waren eindeutig. Sie würde ihn nie wieder sehen, genauso wenig ihre Tochter. Wenn sie Glück hatte, dann wurde sie gleich am ersten Tag im Gefängnis umgebracht.

Ein schwaches Lächeln huschte über ihr Gesicht, aufgrund ihres schwarzen Humors und sie schloss die Augen. Sie sollte sich besser nicht so viele Gedanken darüber machen, doch es funktionierte nicht wirklich. Sie atmete tief ein und hielt die Luft an, versuchte dadurch ihre wirren Gedanken zu vertreiben. Sie spürte wie sie unruhig wurde, das Verlangen die angehaltene Luft aus ihrem Mund entfliehen zu lassen, um schnell frischen Sauerstoff einzuatmen wurde immer größer, ihre Hände zuckten unruhig, sie kniff die Augen zusammen, lange würde sie das nicht mehr aushalten. Ob sie es schaffen könnte sich selbst durch verweigern des Atmens zu ersticken?

"Was tun sie?"

Erschrocken fuhr Celleste zusammen und schnappte hektisch wieder Luft, sie hatte niemanden bemerkt! Ihr langes, rotes Haar verteilte sich großzügig auf dem Boden ihres Gefängnisses. Sie begann zu husten und konnte daher nur sehr schwer den Blick auf die Person hinter den Gittern richten.

Eigentlich hatte sie ihn schon an der Stimmlage erkannt, doch ihn nun wirklich hinter den Gittern ihres Gefängnisses stehen zu sehen, erschien ihr sehr unwirklich. Kurz überlegte sie ob sie es womöglich doch geschafft hatte sich zu ersticken. Dann schüttelte sie belustigt den Kopf, so ein Unsinn.

Auf das Runzeln seiner Stirn hin, beschloss Celleste nun doch endlich etwas zu sagen.

"Etwas ausprobieren,..."

"Sie werden sich nicht selbst ersticken können."

Unterbrach der schwarzhaarige Detektiv sie sofort und darauf musste Celleste dann doch schmunzeln.

"Vermutlich nicht."

Eigentlich sollte sie fragen, was ihn hier her führte, wieso war er hier, bei ihr? Doch aus irgendeinem Grund schaffte sie es nicht. Dieser Blick den er ihr zuwarf, die Gitter die sie beide trennten. So viel lag zwischen ihnen. Natürlich verstand sie es nicht, doch hatte sie das Recht zu fragen? Solche lächerlichen Gedanken machte sie sich und dennoch kam kein Wort über ihre Lippen.

Nach einigen Minuten des Schweigens, zuckte sie doch tatsächlich zusammen, weil er die Hände in die Hosentaschen seiner einfachen Jeans gleiten ließ und dann mit nichts außer sie anzustarren fortfuhr.

Sein Blick war trüb und irgendwie machte er mit jeder verstrichenen Minute, in der er einfach nur so dastand und sie ansah einen immer verloreneren Eindruck. Was sollte das verdammt?! Celleste wurde immer unruhiger, es kam ihr vor als würde er sie mit seinem Blick an Ort uns Stelle halten, denn sie hockte nach wie vor in derselben unbequemen Position auf dem Boden. Langsam, ganz langsam kehrte Ruhe in sie. Ihre Augen fragten ihn nicht mehr ununterbrochen nach Fragen, die er ihr nicht beantworten würde und sie gewöhnte sich an seine Anwesenheit.
 

- - -
 

Nachdem Matsuda sich dazu entschlossen hatte, sich auf die nächste Parkbank zu setzen und völlig entnervt den Kinderwagen vor sich zum Stillstand gebracht hatte, wurde seine schlechte Stimmung von einem fröhlichen Laut des Kindes unterbrochen. Mit einem schwachen Lächeln hob er den Kopf und richtete seinen Blick wieder auf das Kind, das mit strahlenden Augen auf seine Hand starrte.

Eine Schneeflocke hatte sich auf dieser niedergelassen und war dabei sich durch die Körpertemperatur des Kindes zu verflüssigen. Mit freudigem Blick wendete sich die Kleine an Matsuda und präsentierte ihm stolz die Hand, auf der sich inzwischen nur noch ein kleiner Tropfen Wasser befand.

Als wäre damit das Startsignal gegeben, drängten sich plötzlich immer mehr Schneeflocken in Matsudas Blickfeld. Das Ergebnis war ein wahrlich herzerweichendes Bild eines lachenden Kindes, das, nachdem es von Matsuda auf die Arme genommen worden war, fröhlich die einzelnen Schneeflocken aus der Luft zu greifen versuchte.

Nach einigen ausgelassenen Minuten, in denen jeder Zuschauer der zwei alles übel dieser Welt vergaß, lenkte eine Frau freundlich winkend die Aufmerksamkeit der beiden auf sich.
 

- - -
 

„Es tut mir leid.“

Lange hatten sie geschwiegen, sich tief in die Augen gesehen, ohne dass einer der beiden es gewagt hätte die Stille zu unterbrechen. Als könnten sie alles das, was zwischen ihnen lag einfach verschweigen und tatsächlich so tun als wäre es niemals gewesen.

Es war auch so schon kompliziert genug. Ja, das war es, was Celleste sich wünschte und das spiegelten auch ihre Augen wieder. Doch sie war auch realistisch und je länger sie ihm in die Augen sah, desto stärker wurde der Drang wegzusehen. Dem ganzen, was hätte sein können wenn, den Rücken zu kehren und die Stille zwischen ihnen zu unterbinden.

Doch er rührte sich nicht. Als wären ihre Worte in der Stille untergegangen und hätten ihn nie erreicht. Sie wendete den Blick ab und endlich eine Reaktion. Als hätte sich der Detektiv in dem grün ihrer Augen verloren und erst jetzt, da sie ihm diesen Anblick verwehrte, kehrte er zurück, hier in diesen Raum.

„Es tut mir leid.“, wiederholte sie. Doch auch jetzt antwortete er ihr nicht. Was sollte er auch schon sagen. Sie spürte seinen Blick auf sich.

Er sah sie an, er sah sie richtig an. Ihre zusammengesunkene Gestalt auf dem Boden dieser Zelle. Die Hand- und Fußschellen, die man ihr umgelegt hatte, um ihr den Aufenthalt zu erschweren. Das rote Haar lag lang und seidig gefächert, verstreut um ihren Kopf herum auf dem Boden.

Sie drehte den Kopf zu ihm, sah ihn wieder an. Der Blick voller Schmerz und Trauer, ein falsches Lächeln auf dem Gesicht.

„Es tut mir leid, sagte ich.“

Keine Antwort erwartend winkelte sie die Beine an, richtete sich auf, kam auf die Füße. Sie näherte sich den Gitterstäben und umfasste zwei mit den Händen. Tränen schimmerten in ihren Augen, doch ihre Stimme war fest.

„Sprichst du nicht mehr mit mir?“ ein schwacher Scherz. Sie senkte den Blick und ein müdes Lachen, nicht länger als 2 Sekunden, verließ ihre Kehle..

„Sie hat bald Geburtstag. Heute oder morgen, ich weiß es nicht genau. Mein Zeitgefühl ist etwas durcheinander. Matsuda gibt ihr an meiner Stelle mein Geschenk für sie. Hast du dir schon eins überlegt?“

Keine Antwort.

„Naja dann halt dich besser ran. Ich werde dir bestimmt keine Tipps geben. So ein Geschenk muss schon von Herzen kommen!“

Wieder keine Antwort. Auch konnte sie sein Gesicht nicht sehen. Sie sah nur den Boden auf dem sie stand und ihre Füße, mit den Schellen. Eine heiße Träne rann ihre Wange hinab, fand ihren Weg zum Kinn und wartete dort kurz, bis sie schwer genug war, um sich von dort zu lösen. Sie landete auf dem kalten Metall, hinterließ dort eine wässrige Spur und einen winzigen Wasserfleck auf ihrem Hosenbein.

„Du darfst sie nicht weggeben. Kümmere dich um sie, ich bitte dich. Ich weiß ich kann nichts von dir verlangen, aber sie kann nicht zu Fremden, bitte sie braucht dich, sie braucht eine Familie auch wenn ich nicht mehr dazugehören kann. Ich will nicht, dass sie eine Verbrecherin zur Mutter hat und dazu wird es auch nie kommen. Wenn sie vielleicht eines Tages nach mir fragt, bitte sag ihr dass ich tot bin. Nicht... ein Frau die dazu fähig war 3 Menschen umzubringen und von dir ins Gefängnis gesteckt wurde. Ich liebe sie, ich werde sie immer lieben, sie ist meine Tochter. Sie ist...“,

sie hob den Kopf und sah ihn wieder mit ihren grünen Augen an. Nur waren sie ganz rot unterlaufen und nass und ihre Trauer und Angst ließen den Glanz, der ihm immer so gefallen hatte verblassen.

„Sie ist unser Kind!“

Als würde sie es eine unglaubliche Überwindung kosten diese Tatsache auszusprechen, presste sie diese 4 Worte in einer, für die vorangegangene Stille, relativ lauten Stimmlage heraus. Hecktisch, verzweifelt suchten ihre Augen in seinen. Nach irgendeiner Antwort, einem Anhaltspunkt, warum er nicht sprach, nichts sagte, nichts tat.

Während sie ihm in die Augen sah entging ihr, wie er seine Hand bewegte und in die Hosentasche griff. Erst das rascheln eines Schlüssels ließ sie aufmerksam werden. Die Zellentür wurde aufgeschoben. Als er vor ihr stand, sah sie ihm wieder in die Augen, öffnete den Mund um etwas zu sagen. Doch als sie seine Finger an ihrer Hand spürte, schloss sie ihn wieder. Ihr Blick wanderte zu seinen Händen, mit denen er die Schellen an ihrer Hand und anschließend die an ihren Füßen aufschloss.

„Da sie geständig sind, sind diese nicht mehr nötig.“

Er richtete sich auf, wieder trafen sich ihre Blicke. Er stand nun direkt vor ihr. Keine Gitterstäbe die sie trennten, keine Handschellen, die sie hinderten sich zu bewegen. Zwar war es laut ausgesprochen und die Entscheidung gefallen, doch nur jetzt, genau in diesem Moment schien absolut nichts mehr zwischen ihnen zu stehen.

„Wirst du es tun?“ wieder blickten ihre Augen hektisch zwischen seinen umher.

„Hai.“

Seine dunklen Augen waren auf sie gerichtet. Tränen der Erleichterung sammelten sich in ihren Augen.

„Ich danke dir.“ flüsterte sie erstickt.

Ihre Arme schnellten nach vorn und zogen den starren Detektiv fest an sich. Sie versteckte ihr Gesicht in seiner Halsbeuge. Wie damals, sickerten ihre Tränen durch den Stoff seines Shirts und berührten seine Haut, verbrannten diese als wären sie Tropfen heißen Öls. Endlich löste er sich aus seiner Starre. Trauer fraß sich in sein Herz und stechender Schmerz breitete sich aus. Er legte den Kopf etwas zurück, blickte etwas hilflos an die Decke. Von Schmerz und Trauer überrannt legten sich auch seine Arme um sie und während sei haltlos weinte, löste sich eine Träne aus seinen Augen.

Alles das wir geben

Alles das wir geben
 


 

Eine lange Zeit standen die beiden noch in dieser Umarmung. Während Celleste einfach nur versuchte sich in seinen Armen vor der bitteren Wahrheit, zumindest für diesen Moment, zu verstecken, war das Gehirn des Detektivs schwer am Arbeiten.

Mal wieder hatte es diese Frau geschafft, dass er mit sich selbst uneins war. Seine Gefühle spielten verrückt. Einerseits wollte er seine Pflicht erfüllen, aber auf der anderen Seite brachte genau dieser Wunsch einen großen Schwung an negativen Gefühlen mit sich. Im Normalfall könnte er sich ganz einfach für seine Pflicht entscheiden, doch es funktionierte einfach nicht.

Plötzlich spürte er wie erneut Druck auf seinen Brustkorb ausgeübt wurde. Die Frau rührte sich und trat ein wenig von ihm zurück.

„Danke.“ flüsterte sie kaum hörbar und drehte ihm den Rücken zu.
 

Unglücklich betrachtete er ihren Rücken. Erst das Klingeln seines Handys holte ihn in die kleine Zelle zurück, in der er sich gerade befand. In üblicher Manier nahm er ab und führte das Gerät mit zwei Fingern zu seinem Ohr.

„Ja?“

„Ryuuzaki! Das Kind ist verschwunden! Matsuda ist überwältigt worden und die haben das Kind mitgenommen. Einer Nachricht zur Folge handelt es sich um Cellestes Verfolger. Sie fordern das übrige Geld, von ihrem letzten Auftrag, ansonsten werden sie Naomi töten!“
 

Mit einem Mal legte sich eine tonnenschwere Last auf dem Detektiv ab. Ein unangenehmes Gefühl begann sich in rasender Geschwindigkeit in seinem Körper auszubreiten. Seine Augen weiteten sich, seine Atmung wurde flacher und sein Puls stieg an. Sorge um sein eigen Fleisch und Blut wucherte in ihm auf, wie ein Krebsgeschwür. Den kleinen Fakt, dass mittels dieses unschönen Umstands nun der endgültige Beweis für die Schuld Celleste's erbracht war schipperte für einen kurzen Moment auf einem Papierschiff den Strom seiner Gedanken entlang und ging dann einfach unter.

Zu groß war der Schock über die plötzlich auf ihn hereinbrechenden, unbekannten Gefühle und zu gering die Aufmerksamkeit.

Bei dem Ton den Mogi am Telefon angeschlagen hatte und den Worten 'Nachricht' und 'Kind', war auch Celleste erst vor Schreck zusammengezuckt, doch schnell hatten sich ihre mütterlichen Instinkte gemeldet und sie in die Realität zurückgeholt. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen. Sie wusste ja wieder wo sie das Geld versteckt hatte und das hieß... sie konnte etwas für ihre Tochter tun!

Plötzlich beherrschte sie nur noch dieser Gedanke und bevor Ryuuzaki reagieren, oder sich ihr eigener Verstand einschalten konnte, hatte sie ihm schon die Schlüssel aus der Hand gerissen. Mit einem kräftigen Stoß, schaffte sie es ihn aus ihrer Reichweite zu befördern und zur Zellentür hinaus zueilen.

Als die Tür abgeschlossen war, hielt sie inne.

„Was tust du?!“ brach es aus dem überrumpelten Detektiv heraus und ihre gehetzten Blicke trafen aufeinander. Kurz umklammerte sie mit ihren Händen das Türschloss und warf ihm einen halb entschlossenen, halb unsicheren Blick zu. Er konnte in ihren Augen lesen, dass sie sich alles andere als sicher war, ob das, was sie im Begriff war zu tun, auch das Richtige war, doch ebenso fühlte sie sich gezwungen genau so zu handeln.

„Ich...ich weiß wo das Geld ist und wo sie mit Naomi warten werden! Bitte, ich laufe nicht weg, aber ich muss das tun. Es tut mir leid.“, mit diesen Worten verließ sie so schnell sie konnte den Raum und ließ ihn, ohne eine Antwort abzuwarten, einfach zurück.
 

L fackelte jedoch nicht lange. Mit dem Handy kontaktierte er Watari, damit dieser ihn auf schnellsten Weg aus dieser Zelle herausholte. Als sein grauhaariger Gefährte endlich die Schlüssel für die Zellentür heraus kramte, konnte dieser jedoch nicht sagen, dass er über diese Entwicklung besonders erfreut war. Natürlich hatte er bereits auf den Aufzeichnungen der Videoüberwachung gesehen, was in der Zelle vorgefallen war, das war ihnen beiden klar. Daher ahnte der schwarzhaarige bereits, dass seinem alten Freund etwas auf der Seele lag.

„Ich war unaufmerksam. Sie hat mich abgelenkt.“ rechtfertigte er sich darum unaufgefordert.

„Ich weiß.“, ohne ein Wort dazu zu verlieren, schob Watari die Zellentür auf und trat beiseite. Etwas anderes hatte nun definitiv Priorität und die beiden Männer eilten hoch in die Zentrale.

Erstaunlicherweise schien die Entflohene es tatsächlich aus dem Gebäude geschafft zu haben. Sofort meldete sich L's Verstand. Hier stimmte etwas nicht. Wie konnte sie das Gebäude so schnell verlassen? Es gab eine Menge Sicherheitsvorkehrungen hier, wie konnte sie die alle so schnell umgangen haben? Gar nicht, das war unmöglich. Jemand musste ihr geholfen haben. Im Moment hatten jedoch ihre Verfolgung und besonders die Rettung des Kindes eindeutigen Vorrang. Er würde sich später darum kümmern müssen.
 

Den Gedanken im Hinterkopf behaltend, blickte der Detektiv beherrscht in die Runde. Vor ihm Light, neben ihm Watari, und zur Tür hereingestürzt kam Matsuda. Mit einem Eisbeutel in der Hand, drückte er sich durch die Tür und kam schnaufend vor ihnen zum Stehen.

„Was tun sie hier Matsuda? Wo ist Mogi? Laut ihm sind sie überwältigt worden.“ meldete sich als erstes Light zu Wort. Und warf Matsuda einen zweifelnden Blick zu. Ihm wäre es eindeutig lieber gewesen, in diesem Moment Mogi dabei zu haben.

„Ja..Nein. Er... ich war nur kurz Ohnmächtig, wir sind gemeinsam hierhergekommen. Es tut mir so leid Ryuuzaki. Ich habe versagt.“ stotterte er sich zusammen und warf einen verzweifelten Blick auf den Detektiv.

„Schon gut Matsuda. Doch sagen sie, wo haben sie Mogi gelassen?“ erwiderte dieser jedoch schnell. Innerlich könnte er über Matsudas Inkompetenz nur wieder die Augen verdrehen, doch selbst das würde im Moment einfach zu viel Zeit kosten. Er brauchte jetzt alle Informationen die nötig waren, um einen perfekten Plan aufzustellen. Jetzt, sofort. Er wollte keine Entschuldigungen sondern voran kommen, jetzt verdammt nochmal!

„Ja, es ist so, als wir hierher fuhren, meinte Mogi unsere Verdächtige, mit 'nem Affenzahn in Richtung der nächsten Bahnstation rennen zu sehen und dann ist er einfach hinterher!“

„Sehr gut. Kontaktieren sie ihn sofort. Wenn er an ihr dran ist, können wir sie schneller lokalisieren.“

Am besten sie verfolgten sie bis zu den Entführern und sammelten sie dann samt den Verbrechern ein und dieser Fall hatte endlich ein Ende. Ein Flug von Erleichterung kam, bei diesem Gedanken, in dem schwarzhaarigen auf und als hätte Light seine Gedanken gehört unterbreitete er dem Rest der Gruppe eben diese Idee. Sie erreichten Mogi als dieser Gerade die Ringbahn verließ. Anscheinend hatte er es geschafft sie nicht aus den Augen zu verlieren.

„Was jetzt, soll ich sie verhaften? Nach dem neusten Stand ist sie ja schuldig.“

„Nein. Bleiben sie bitte an ihr dran. Lassen sie sich von ihr zu den Drahtziehern führen. Wir haben sie auf dem Schirm, Verstärkung ist auf dem Weg.“

„Verstärkung?“ fragte Matsuda und schaute den Detektiv erstaunt an. Auch Watari wurde bei der erwähnten Verstärkung stutzig. Genauso Light, wobei dieser bereits eine Ahnung hatte. Natürlich wäre es unverantwortlich Mogi da allein hineinstürmen zu lassen, doch Light war sich sicher da steckte noch etwas anderes hinter.

Mit wie vielen Leuten war maximal bei dieser Art des 'Austauschs' zu rechnen. Man musste bedenken, dass ihre junge Mutter nicht gerade zimperlich war, was den Umgang mit Handfeuerwaffen anging. Es war zwar nicht zu erwarten, dass sie selbst eine dabei hatte, doch bei den Entführern handelte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Personen, durch die sie überhaupt Zugang zu solchen Waffen bekommen hatte. Kurz: Die würden sicherlich bewaffnet sein.

Lights Vermutung bestätigte sich, als sich sein bester Freund aus seiner sitzenden Position erhob und ihm und Watari deutete, ihn zu begleiten. Kurze Zeit später saßen sie in einem Helikopter und machten sich zu der, von Mogis Standort aus übermittelten, Position auf. Ähnlich wie damals mit Higuchi plante L die Täter in die Enge zu treiben, in dem er selbst aus der Luft und die Polizei vom Boden aus agierten. Selbstverständlich in kleinerem Rahmen, um das Leben des Kindes so wenig wie möglich zu gefährden. Zu diesem Zweck, um jedes Risiko weitgehend ausschließen zu können, hatte er auch Watari darum gebeten sein Scharfschützengewehr mitzunehmen.
 

Ihr Weg führte sie auf das Dach ihrer Früheren Arbeitsstelle, welche inzwischen wieder ein völlig normaler Bürokomplex war. Als hätte sie sich nie in diesem Gebäude Nacht für Nacht mit Maskerade und Diebstahl beschäftigt, arbeiteten dort nun völlig normale Menschen. Nichts könnte auf ihren damaligem Arbeitsplatz hindeuten. Ihren letzten Beutezug auf dem Rücken, nahm sie den Fahrstuhl und anschließend die Feuerleiter, um auf das Dach zu kommen. Immer mulmiger wurde ihr, je näher sie dem Dach kam. Schließlich hatte sie dort keinerlei Fluchtmöglichkeiten.

Sie schulterte die schwere Sporttasche noch einmal.

Gut, dass sie sich damals doch dazu entschieden hatte, das Geld nicht zu vernichten. Bevor sie Pierre getötet hatte, hatte sie viele, um das was sie zu viel gehabt hatten, erleichtert. Praktischerweise, hatte sie den erbeuteten Gesamtbetrag immer erst am Ende des Monats an ein Schweizerkonto überweisen müssen. Sie hatte sich nie getraut, so viel Geld einfach an der Bank einzuzahlen und so hatte sie, ganz altmodisch, immer alles in einem Koffer gesammelt und es dann, am Ende des Monats, über ein gefälschtes Konto übermittelt. Den Koffer, aus dem das Geld in ihrer Sporttasche stammte, hatte sie noch vor ihrem Gedächtnisverlust gut verstecken können. Nun würde es ihr helfen, ihre Tochter zu retten. Das letzte, was sie je wieder für sie tun könnte, bevor sie im Gefängnis verenden würde. Noch einmal atmete sie tief durch und schob dann mit aller Entschlossenheit die Tür auf.
 

Frischer Wind blies ihr ins Gesicht. Als sie hinaustrat, knirschte der Schnee unter ihren Füßen. Sie konnte Fußspuren erkennen. Ihr Blick folgte den Spuren im Schnee und führte sie zu drei Personen auf dem Dach. Einer von ihnen schien etwas auf dem Arm zu haben. Sofort richtete sich Cellestes volle Aufmerksamkeit auf diese Person. Sie hatte Naomi auf dem Arm!

Sie trug einen langen, grauen Mantel und hatte kurzes, schwarzes, zum Bob geschnittenes Haar. Erst der rötliche Glanz der schmalen Lippen ließen erkennen, dass es sich bei dieser Person um jemanden des weiblichen Geschlechts handelte. Als sich braune Augen auf sie richteten, ging Celleste ein Licht auf! Sie kannte diese Person!

Die letzte Sicht

Die letzte Sicht
 


 

Sie trug einen langen, grauen Mantel und hatte kurzes, schwarzes, zum Bob geschnittenes Haar. Erst der rötliche Glanz der schmalen Lippen ließen erkennen, dass es sich bei dieser Person um jemanden des weiblichen Geschlechts handelte. Als sich braune Augen auf sie richteten, ging Celleste ein Licht auf! Sie kannte diese Person!
 

Das ihr so bekannte, sanfte Lächeln im Gesicht, wand sich ihr Sayuri zu! Ihre Haushälterin! Die Person, der sie am meisten im Leben vertraut hatte! Wie konnte das sein?

"Deiner Tochter geht es gut. Wie du siehst schläft sie ganz friedlich. Hast du das Geld?"

sprach sie in dem selben Ton, mit dem sie sie sonst angesprochen hatte. Celleste konnte es nicht wirklich fassen.

"Sayuri? Das kann nicht sein! Wieso tust du das? Wie kannst du...?!", fing Celleste an, doch sie wurde harsch unterbrochen.

"Das Geld! Celleste." erschrocken über den plötzlich so ungewohnt rauen Ton, zuckte die rothaarige kurz zusammen. Sie erkannte diese Person vor sich nicht wieder! Das gefiel ihr nicht. Das war schrecklich, das war grauenhaft. Ein echtes Desaster. Echter Verrat!

„Oder...Oder was? Wirst du ihr dann etwas antun? Sie ist ein Kind! Wie kannst du es wagen! Schämst du dich nicht?!“, brach es aus Celleste heraus. Sie begann zu zittern, mit allem hatte sie gerechnet, nur nicht damit. Sie konnte nicht glauben, dass die Person, die sich sonst immer so rührend um ihre Tochter gekümmert hatte, eben diese jetzt als Druckmittel gegen sie einsetzte! Allein die Vorstellung einem wehrlosen Kind etwas anzutun, war für sie dermaßen weltfremd! Ungläubig schüttelte sie den Kopf.

„Ich denke nicht, dass ich mich wiederholen werde.“ sprach sie wieder mit dieser ihr fremden, kalten Stimme. Einer der beiden Männer, die Celleste für den Moment, komplett ausgeblendet hatte richtete eine Waffe auf sie. Als sie erst nicht erschrak, verzog sich sein Mund zu einem unschönen Grinsen.

Cellestes Augen weiteten sich als sie sah, wie er die Waffe ganz langsam auf Naomi richtete. Er würde doch nicht...Nein, Sayuri hatte sie doch immer noch auf dem Arm! Er würde sie auch treffen! Doch als sie bemerkte wie Sayuri leicht zusammenzuckte, war sie sich auf einmal nicht mehr so sicher, ob ihm das nicht egal war.

Eigentlich wollte sie erst Naomi in Sicherheit wissen, bevor sie diesen Mistkerlen ihr Geld gab. Aber so wie es aussah, konnte sie sich das abschminken.

Vorsichtig ging sie ein Paar Schritte auf die drei zu und nahm die Tasche von den Schultern.

„240 000 sind es.“

Sie warf die Tasche vor den dritten, der noch nichts gesagt hatte. Ohne ein Wort hockte, dieser sich über die Tasche und begann, das Geld von der Tasche in einen Koffer zu packen. Nebenbei schien er auch nachzuzählen. Als er fertig war, nickte er seinem Partner zu.

„Brav. Na los, geh.“ mit einem Wink seiner Waffe, deutete er Sayuri, mit dem Kind zu Celleste zu gehen. Mit langsamen Schritten ging diese nun durch den Schnee, hielt Naomi fest im arm. Celleste war sich plötzlich unsicher, auf wessen Seite Sayuri nun wirklich stand. Sie könnte auch von den Mistkerlen erpresst worden sein!

Als sie sie schon fast erreicht hatte, hörte sie plötzlich einen der beiden etwas sagen wie :

„Strafe muss sein.“ und dann ging alles plötzlich ganz schnell.

Einer der beiden hatte seine Waffe auf Sayuri gerichtet und war im Begriff abzudrücken, als von irgendwo anders ein Schuss kam und ihm die Waffe aus der Hand schoss. Ein Helikopter war aus dem Nichts aufgetaucht und an Bord waren L, Light und der Schütze, Watari. Die Dachtür flog auf und Mogi betrat das Dach, hinter ihm an die 2-3 Polizisten. Einer der Entführer spuckte einen heftigen Fluch aus, den Celleste aufgrund des Lärms nicht mehr ganz mitbekam. Wütend blickte er um sich und erkannte wohl, dass seine Lage ausweglos war.

„Dafür büßt du, Schlampe!“

Als hätte sie gewusst auf was der Bastard vor ihr schießen würde, bewegten sich ihre Beine ganz von selbst nach vorne, um ihren Körper schützend vor Sayuri und ihre Tochter zu werfen. Das nächste was sie spürte war Schmerz.

Der Kopf,der Hals, die Schulter, der Bauch. Der Schmerz war überwältigend und sie konnte sich nicht auf den Beinen halten und fiel auf die Knie. Sie hörte ihr Blut in den Ohren rauschen, die Geräusche um sie herum wurden ganz Dumpf. In ihr linkes Auge lief Blut. Alles tat so weh, doch nicht einmal Schreien war mehr drin. Die Typen vor ihr waren auf einmal entwaffnet.

In Sicherheit. Oder?

Ihr Blick glitt zu dem Helikopter in dem der Mann saß, der bisher auf die meisten ihrer Fragen antworten konnte. Starr waren seine geweiteten Augen auf sie gerichtet. Sie konnte keine Regung in seinem Gesicht erkennen, atmete er überhaupt?

Plötzlich drang ein sehr vertrautes Geräusch an ihr Ohr.

Naomi. Eine Träne löste sich aus ihrem linken Auge und vermischte sich mit dem Blut.

Naomi. Sie schreite, sie weinte.

Naomi. Sie lebte.

Plötzlich fiel ihr das Atmen schwer. Sie musste husten. Blut landete im Schnee, ihre Sicht wurde immer schwärzer. Sie wollte sie sehen, aber ihr gleichzeitig den Anblick ersparen. Sie hatte Angst. Was würde aus Naomi werden, wenn sie jetzt starb? Erneut bildeten sich Tränen in ihren Augen. Sie hatte Angst.

Wieder hob sie den Blick. Er sah sie immer noch an. Genauso wie vorhin. Er hatte sich keinen Millimeter bewegt. Schien völlig gelähmt. Sein Kopf wie leergefegt.

Denk an was du mir versprochen hast.

Versuchte sie zu sagen. Doch ihre Lippen bewegten sich nur minimal und hören tat man nur ein undefinierbares Röcheln. Irgendwie schien er sie dennoch verstanden zu haben, denn seine Augen zuckten für einen kurzen Moment. Er regte sich plötzlich, sprach irgendetwas in sein Headset. Auf einmal wurde sein Blick gehetzt, aber er schaute sie immer noch an. Nicht einmal wich sein Blick von ihr.

Ihre Sehschärfe verschlechterte sich kurz. Sie musste die Augen zusammenkneifen und sich stark konzentrieren um in der Scheibe des Helikopters, ihr Spiegelbild zu erkennen. Sie sah ziemlich fertig aus. Aber hinter ihr, nicht einmal einen Meter entfernt hielt Sayuri Naomi im Arm. Ihre grünen Augen waren mit Tränen gefüllt und ihr zierliches Gesicht war rot und nass geweint. Ihr Schreien wurde immer leiser. Hatte sie da ein Mama gehört?

Auf einmal war es ganz Still. Sie hörte nichts mehr. Der Schmerz war auf einmal auch weg und ihr wurde plötzlich ganz kalt.

Sie sah sie an. Er sah sie an.

Sie sahen sie an.

Ihre Kraft verließ sie, nur die Augen blieben offen. Hätte sie die Kraft gehabt hätte sie sicherlich gelächelt. In Zeitlupe sah er ihren Körper sich dem Schnee nähern.

Was geschah hier gerade? Natürlich wusste er es, aber er konnte diese Situation nicht einordnen. Sie starb gerade, vor seinen Augen. Er konnte nichts tun. Starr blickte er weiter auf ihren leblosen Körper, obgleich Mogi und die anderen Polizisten ihm die Sicht versperrten.
 

Starren.

Er starrte aus dem Helikopter auf die Situation auf dem Dach. Er starrte auf seine Tochter, die sich einfach nicht beruhigen ließ. Er starrte aus dem Fenster, nachdem der Fall komplett abgeschlossen und die Täter gefasst waren. Er starrte auf das Grab.

Man hatte sie neben ihrer Schwester beerdigt, in England, sozusagen ein kleines Familiengrab angelegt. Ein richtiges Gedenken gab es nicht. Keine lebenden Verwanden. Nur er und Sayuri, die Haushälterin. Sie weinte bitterlich, sie machte sich unendliche Vorwürfe. Natürlich gäbe es rein logisch gesehen Entschuldigungen für ihr Verhalten. Sie wurde gezwungen und genötigt, sie konnte nicht so weit denken. Aber..., endlich verstand er es, das würde ihr das Herz nicht erleichtern.

Genauso wenig wie sein eigenes.

Der typische Regen Englands brach über sie herein, ließ ihre Tränen weniger schlimm aussehen und verschleierte seine.
 

The End



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Kommentare zu dieser Fanfic (21)
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Von:  Kanda-Lavi
2015-09-20T15:54:42+00:00 20.09.2015 17:54
Hallöchen. Ich bin neugierig und muss hier einfach mal reinschauen. Das Bild war irgendwie cool gemacht. Ist es von dir oder wurde es aus dem Internet genommen?

Es beginnt schon interessant. Ich kann mir denken was Naomis Mutter für einen Beruf ausübt und der gefiel mir nicht. Sie tat mir Leid, ebenso wie ihre Tochter.
Ich muss dazu sagen, dass du immer wieder Fehler reingeschleudert hast, beginnend ab dem ersten Satz. Ich meine es waren nicht durchweg nur Fehler drin, aber manchmal hat das dann doch ein wenig gestört. Ab und zu hat es auch ein paar unlogische Sätze gegeben, was den Lesefluss angehalten hat. Nichts desto trotz fand ich deine Story nicht schlecht.

Der neue Fall war interessant. Mit den Verbrechen und dem Alibi. Das war spannend zu wissen wie diese Menschen das anstellten.
Spielt das zu der Zeit wo Light entlastet ist? Eigentlich ja, hast du ja schon erwähnt, aber ich frage gerne noch einmal nach. Schlechte Angewohnheit.

Celleste ist ein wunderschöner Name und passt zu dieser umwerfend tollen Frau. Ich habe sie in mein Herz geschlossen. Ihr Plan ist genial und das was sie vorhatte kann ich durchaus nachvollziehen. Dieser Pierre ist ein Bastard und Schwein, hat den Körper einer Frau nicht verdient.

Die Tagebucheinträge von Hiromi haben mir das Herz gebrochen. Ich war Tod traurig und wollte nicht mehr lesen, weil ich zu verstört war. Ich habe es dennoch getan, weil ich wissen wollte ob Celleste Pierre eine anständige Strafe verpassen wollte. Ich finde der Tod ist viel zu simpel für solch einen Arsch. Er hätte vorher noch leiden müssen. Ich fand es gut, dass sie ihn erschoss.

Zufällig begegnet Celeste bei ihrer Flucht ausgerechnet Light und drückt ihm das Kind in die Arme. Das muss ein süßes Bild sein. Er mit Baby.
Mir ist ein anderer Fehler zudem aufgefallen. Irgendwo in den ersten Kapiteln nanntest du Celleste eine 23 jährige. Im Krankenhaus sagte sie allerdings, dass sie 28 sei...

Ryusaki ist Vater. Mir blieb der Mund offen stehen als ich davon erfuhr. Das war eine schlimmere Information als die Geschichte um Celleste und ihrer Schwester. Du verstehst dich darauf es spannend zu gestalten das muss man dir lassen. Und wie du deine Leser nur Häppchenweise Informationen gibst. Immer wieder ein Lob meinerseits.

Ryusaki ist wahrlich durch den Wind. So ist das wenn einem die Liebe erwischt. Er wollte Celleste wieder küssen. Es war ein Touch Romantik dabei, wäre die Situation nicht so verrucht.
Die Sexszene... ich werd rot... war perfekt. Sie war nicht allzu doll ausgebaut und trotzdem kompellt veranschaulicht. Hat mir gefallen. Die Stimmung war auch super mit hinein interpretiert.

Das Ende. Oh man hab ich da Angst gehabt. Erst die Szene im Kerker und dann wirft Celleste sich vor Sayuri und Naomi... eine Mutter beschützt ihr Kind und stirbt. Sie ist endlich bei ihrer Schwester, doch zu welchem Preis? Naomi wird ihre Mutter nie richtig kennen lernen und Ryusaki... er hat sie geliebt, das bewiesen mehrere seiner Handlungen.

Es war ein schreckliches Ende und ich frage mich wie du auf diese Idee für diese Geschichte kamst. Das zu entwickeln kann nicht immer leicht gewesen sein.
Ich bin froh, dass ich sie bis zum Schluss gelesen habe.
Lg
Yuki-kun

Antwort von:  -Marli-x3
23.09.2015 17:24
HI Yuki-kun,
jaa das Bild ist von mir hat damals ewig gedauert , aber es scheint sich gelohnt zu haben! Vorweg, dein Kommi hat mich jetzt echt überrascht und ich bin dir mega dankbar für so ein langes feedback!
Ich bin froh, dass das wichtigste trotz den Fehlern noch rüber gekommen ist :) und das es dir alles in allem gefallen hat.
Wie ich auf die Idee gekommen bin, weiß ich ehrlich gesagt auch nicht mehr so genau, ist ja auch schon eine Weile her :DD Wie dem auch sei, ich arbeite zur Zeit auch an einer Fortsetzung mit Naomi, und die Idee dafür ist auch ziemlich abgedreht oO :D wenn du willst kannst du dir die Anfänge ja mal ansehen, ich habs bisher nur auf Fanfiktion hochgeladen, weil ich noch keine Zeit für ein Bild hatte...ich glaube dass es da auch etwas besser mit den Fehlern ist...hoffentlich :D

http://www.fanfiktion.de/s/54b0a4ff00017ecec010c75/1/Wissen-wofuer-man-lebt-

Jedenfalls, danke, danke, danke für dein Kommi, ich freue mich wirklich sehr!

grüße,
Marli
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:14:17+00:00 18.01.2015 22:14
Hey.
Die Story war echt gut. Die Gefühle und Situationen haste super beschrieben. :3
Auf eine Fortsetzung würde ich mich freuen.
LG^^Alien^^
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:12:08+00:00 18.01.2015 22:12
Oh ja. Ein geniales Kapitel.
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:11:31+00:00 18.01.2015 22:11
Ein klasse Kapitel.
Ich musste schon weinen :3
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:10:24+00:00 18.01.2015 22:10
Ein fantastisches Kapitel :)
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:09:44+00:00 18.01.2015 22:09
Super tolles Kapitel :3
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:08:53+00:00 18.01.2015 22:08
Spitzen Kapitel^^
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:08:16+00:00 18.01.2015 22:08
Das Kapitel war echt klasse.
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:05:55+00:00 18.01.2015 22:05
Ein tolles Kapitel^^
Von: abgemeldet
2015-01-18T21:03:38+00:00 18.01.2015 22:03
Ein wundervolles Kapitel^^


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