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Green Eyes

von

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Die erste Begegnung

Thor´s POV:
 

Der Tag, an dem ich Loki zum ersten Mal sah, veränderte mein Leben und erschütterte meine Welt.

Ich war damals noch sehr klein, gerade einmal vier Jahre alt und wegen des Krieges mit Jotunheim hatte ich meine Eltern lange nicht gesehen. Umso überraschter war ich, als mein Vater mich in einer wichtigen Angelegenheit rufen ließ:
 

Die Gänge des Palastes kamen mir heute wieder unerträglich lang vor. Wieso auch mussten die Gemächer meiner Eltern fast am anderen Ende des riesigen Gebäudes liegen, welches in seinem goldenen Glanz über ganz Asgard emporragte.

Meine Schritte flogen durch die Gänge und endlich erreichte ich die schwere Holztür der Gemächer meiner Eltern. Das dunkle Steineichenholz war mit Szenen aus Asgards Entstehung geschmückt und trug auch das Emblem der königlichen Familie.

Yggdrasil, den Weltenbaum.

Zwei Wächter flankierten die Tür und als mich der Erste erblickte klopfte er laut an.

Erst als die tiefe Stimme meines Vaters erklang öffnete er die Tür und ich durfte die luxuriösen Gemächer betreten.

Sie bestanden aus einem kleinen Salon mit einer Sitzgruppe und einem großen, marmornem Kamin und eine Tür führte auf den weitläufigen Balkon. Schlaf- und Badezimmer waren durch zwei weitere, geschlossene Türen von dem ,,öffentlichen” Bereich getrennt, doch ich hatte keinen Blick für die Gemälde an den Wänden oder die teuren Teppiche. Einzig mein Vater, welcher in der Mitte des Raumes stand, interessierte mich und sobald er sich zu mir umgedreht hatte warf ich mich ihm an den Hals.

„Papa!”, schluchzte ich und war froh mein Gesicht, das auf diesen unmännlichen Tonfall eine gesunde Röte annahm, an seiner Schulter verbergen zu können.

„Mein Sohn!”, sagte er sanft. Ich hatte das Gefühl, als würde auch er seine Rührung verbergen, indem er mich in eine lange Umarmung zog.

Nach einer Weile löste er sich von mir und legte mir die Hände auf die Schultern um mich ansehen zu können. Erst jetzt nahm ich die Augenklappe wahr, die sein rechtes Auge verbarg, doch bevor ich auch nur eine einzige Frage stellen konnte, schüttelte er den Kopf.„Alle deine Fragen “, sagte er:„Werde ich dir später beantworten, Thor. Erst einmal möchte ich dir jemanden vorstellen.”

Mein Vater drehte sich um und mit einer Hand auf meinem Rücken schob er mich zu meiner Mutter, die ich erst jetzt bemerkte. Frigga saß auf einem Sessel bei der Sitzgruppe und hielt ein, in weißes Leinen gewickeltes, Bündel auf dem Arm. Ihre Augen sahen in meine und große Freude und bedingungslose Liebe fand sich in ihrem Blick.

Ich stand nun genau vor meiner Mutter und mit einer sanften Bewegung drehte sie das Bündel so, dass ich es perfekt betrachten konnte. In den weißes Tüchern befand sich ein Baby! Es hatte blasse und zugleich rosige Haut. Schwarzer Flaum bedeckte das Köpfchen und als es die Augen öffnete, sahen mich die klarsten, grünen Augen an, die ich jemals gesehen hatte. Wie zwei lupenreine Smaragde bohrten sich die Seelenspiegel in meine und als ich das kleine Händchen, welches sich aus dem Stoff befreit hatte sanft ergriff, begann das kleine Wesen zu giggeln.

„Er mag dich!”, sagte meine Mutter und mit großen Augen sah ich zu ihr auf. Sie lächelte glücklich und als ich mich halb zu meinem Vater umdrehte, das Händchen des Kleinen immer noch im Griff, sah ich auch Odin voller Freude lächeln.

„Das, Thor “, sagte mein Vater mit feierlicher Stimme:„Ist Loki! Dein kleiner Bruder.”

Eine Entscheidung

Odin´s POV:
 

Drei Tage später wurde Loki dem Volk vorgestellt und die Reaktion war durchweg positiv, doch konnte ich auch leise Stimmen vernehmen, die sich fragte wie Frigga denn noch einmal schwanger hatte werden können, wo ich doch mitten im Krieg gesteckt hatte.

Diese Gerüchte besorgten mich, denn obwohl ich wusste, dass die Asen niemals laut etwas gegen meine Frau ausgesprochen hätten, war mir auch klar das Thor irgendwann einmal Fragen stellen würde und ich hoffte, dass ich dann eine Antwort für ihn hatte.
 

Thor´s POV:
 

Die Jahre vergingen wir im Flug und als ich das sechste Lebensjahr erreichte, sorgte mein Vater dafür das ich eine umfangreiche Ausbildung erhielt.

Ich wurde in der Entstehungsgeschichte und der Mythologie unterrichtet, lernte Lesen und Schreiben und musste auch das Rechnen erlernen. Die Lehrer waren streng aber fair und obwohl ich dem ganzen „Zeug“, wie ich es nannte, nichts abgewinnen konnte, versuchte ich trotzdem mein bestes zu geben, denn ich wollte ein gutes Vorbild für Loki sein.

Überhaupt begann sich mit dem ersten Treffen alles in meiner Welt nur noch um meinen kleinen Bruder zu drehen. Ich war dabei, als er seine ersten Schritte machte und als er sein erstes Wort sprach. Meine ganze Freizeit verbrachte ich bei ihm, sodass mein Vater eines Tages in meinen Gemächern stand und ein ernsthaftes Gespräch mit mir führen wollte. „Thor. Ich möchte mit dir über etwas wichtiges reden.“, begann er und ich versuchte in seiner unbewegten Miene eine Gefühlsregung zu erkennen.

„Nur zu Vater. Ich bin ganz Ohr!“, sagte ich und mein Vater ließ sich auf einem der Stühle nieder, die um einen runden Tisch in meinem Zimmer standen. Meine Gemächer waren wesentlich kleiner, als die meiner Eltern. Ich hatte nur ein Schlafzimmer mit eben diesem runden Tisch und einem großen Himmelbett. Eine Tür führte in das Badezimmer und große Fenster ließen die untergehende Sonne hell in mein Zimmer scheinen.

„Thor“, fuhr mein Vater fort und riss mich somit aus meinen Gedanken: „Du weißt, dass du in den nächsten Jahren allerlei Unterricht und Training erhalten wirst. Du bist mein Erstgeborener und musst somit darauf vorbereitet werden später einmal meinen Thron zu besteigen. Das ist dir doch klar.“

Ich nickte und versuchte hinter die Bedeutung seiner Worte zu kommen. Das waren alles Informationen die mir schon meine Lehrer um die Ohren gehauen hatten, als ich mal wieder geistig den Unterricht verlassen hatte.

„Thor ich möchte das du ab heute dich vor Allem auf deine Studien konzentrierst. Deinen Bruder wirst du noch viele Jahre haben, aber jetzt musst du erst einmal lernen. Deshalb habe ich beschlossen dich nach Midgard zu schicken, zusammen mit deinen Lehrern. Auf der Erde wirst du hoffentlich konzentrierter deinen Studien nachgehen.“

Einen Weile sprach niemand mehr. Völlig schockiert saß ich auf meinem Stuhl und versuchte die Worte meines Vaters in meinem Kopf zu ordnen.

Ich sollte fort von hier? Sogar auf einen anderen Planeten? Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein! Doch der Blick meines Vaters ließ meine kleine Hoffnung , auf den schwachen Versuch eines Witzes seitens Odin´s, zerplatzen wie eine Seifenblase.

„Aber Vater,“, rief ich: „Was soll ich denn da. Ich meine dort gibt es nichts außer wertlosen Menschen und-“

„Thor Odinsson, diese Worte will ich nicht gehört haben!“, donnerte mein Vater und ich zuckte unter seinem harten Blick zusammen.„ Du bist nicht besser als die Menschen, nur weil du ein Kind Asgards bist und du musst lernen auch die anderen Welten zu respektieren.“

Diese Worte machten mich unendlich wütend, doch ich verbiss mir einen Kommentar. Wohl wissend wie mein Vater auf den Einspruch „Jotunheim“ reagieren würde. Ich hielt also den Mund und wartete bis mein Vater sich wieder beruhigt hatte, bevor ich wieder zu ihm aufsah. Der Blick seines verbliebenen Auges war in weite Ferne gerichtet und ich fragte mich woran er dachte, als er scheinbar aus seinen Erinnerungen zurückkehrte und mir wieder in die Augen sah.

„Du wirst morgen in aller Frühe aufbrechen. Geh deine Mutter und deinen Bruder verabschieden und pack deine Sachen. Morgen Früh hole ich dich ab und begleite dich zum Bifröst.“ Und mit diesen Worten rauschte er aus dem Zimmer.

Der Weg zu meiner Mutter war heute besonders schwer, denn auch wenn ich sie manchmal tagelang nicht sah, weil sie zusammen mit meinem Vater politische Besuche tätigte oder einen Ausflug unternahm, war ich noch niemals selbst so weit weg gewesen und ich fühlte mich elend.

Wieder standen zwei Wachen vor der Tür und nachdem der Wächter geklopft hatte, betrat ich das Zimmer ohne eine Antwort abzuwarten. Meine Mutter saß mit Loki auf dem Schoß vor dem Kamin und hielt ein großes Buch in den Händen. Ich selbst kannte es noch sehr gut. Es war ein Kinderbuch, welches mit bunten Bildern Asgards Entstehungsgeschichte veranschaulichte. Auch Odin und Frigga hatten mittlerweile Einzug in das Buch gehalten und als Loki´s große, grüne Augen das Bild unseres Vaters entdeckten, tippte er mit seiner Hand darauf und sagte: „Papa!“

Dabei lächelte er fröhlich und ich musste an mich halten den Kleinen nicht sofort in den Arm zu nehmen. Er sah einfach zu süß aus!

In diesem Moment bemerkte mich meine Mutter und ich konnte an ihren Augen sehen, dass sie bereits über den Entschluss meines Vaters informiert war. Sanft setzte sie Loki auf den weichen Teppich und legte das Buch beiseite, bevor sie aufstand und zu mir kam. Sie zog mich in ihrem Arme und ich spürte wie ihr schmaler Körper von unterdrücktem Schluchzen zitterte.

„Ach Thor.“, sagte sie: „Nun ist es also soweit.“ Sie löste sich von mir, sodass ich ihre blauen Augen sahen, die leicht wässrig waren und ich schüttelte sanft den Kopf.

„Weine nicht, Mama. Es ist ja nicht für immer. Vielleicht ist es auch ganz gut. So kann ich neue Kulturen kennen lernen und ein starker Krieger werden, genau wie Vater.“ Mit diesen Worten ließ ich sie ganz los und trat auf meinen kleinen Bruder zu. Seine grünen Augen bohrten sich in meine und einen Moment hatte ich das Gefühl, das der Zweijährige ganz genau wusste, was hier gerade vor sich ging.

Ich schüttelte den Kopf um diesen absurden Gedanken loszuwerden. Es konnte gar nicht sein das Loki bemerkte was uns bedrückte. Und doch setzte ich mich zu ihm auf den Boden und zog ihn an mich.

„Hör zu, kleiner Bruder! Ich muss morgen sehr weit weggehen und deshalb überlasse ich dir den Plast. Pass gut auf Mama auf und tu immer was Vater sagt. Wenigstens bis ich wieder da bin. Und vergiss mich nicht!“

Damit ließ ich ihn wieder los und verließ das Zimmer, ohne mich noch einmal umzudrehen. Loki´s Weinen folgte mir bis in meine Gemächer.
 

Der nächste Morgen kam viel zu früh und als mich mein Vater abholte, um mich zum Bifröst zu bringen, war ich alles andere als bereit. Ich schlurfte neben ihm her durch den Palast, auf dem Weg zu den Stallungen und vereinzelt sah ich Diener und Krieger innehalten und mich beobachten. Scheinbar schienen alle zu wissen das ich Asgard für eine Weile verlassen musste.

„Wie lange werde ich fort sein, Vater?“, fragte ich und betrachtete Odin von der Seite. Er trug nur eine dünne Rüstung über einer tiefblauen Tunika und sein roter Umhang raschelte leise auf dem Boden. Er warf mir einen kurzen Blick aus seinem gesunden Auge zu, bevor er antwortete: „Das wissen nur deine Lehrer. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen dir alles beibringen, was du für dein Leben brauchen wirst. Und das Leben ist kompliziert.“

Ich senkte den Blick und versuchte meine Trauer zu verbergen. Wie sollte ich bloß auf einem fremden Planeten zurecht kommen und das nur mit ein paar trockenen Lehrern.

„Mach dir nicht so viele Sorgen, Junge. Wir werden dich besuchen kommen und auch du wirst Gelegenheit haben nach Asgard zu kommen. Dies ist keine Verbannung. Ich will nur das Beste für dich.“

Wir erreichten den Stall, bevor ich antworten konnte und ich hätte auch nicht gewusst, was ich noch sagen sollte. Ein Stallbursche führte Odin´s achtbeiniges Ross Sleipnir und einen hübschen Fuchs heraus, auf dem ich heute zum Bifröst reiten sollte.

„Deine Lehrer sind schon vorgegangen und bereiten auf Midgard alles für deine Ankunft vor und nun sitz auf.“, sagte Odin und schwang sich selbst in den Sattel. Schnell tat ich es ihm gleich und musste voller Ironie feststellen, dass Vater mich nie auf einem großen Pferd hatte reiten lassen. Bis zum heutigen Tag.

Mit einem letzten Blick auf den Palast gab ich meinem Pferd die Sporen. Ich wollte Odin keinen Grund geben, mich zu ermahnen. Mit geübten Bewegungen brachte Vater Sleipnir auf gleiche Höhe mit meinem Ross und schlug den langen Weg zum Bifröst ein. Doch selbst dieser kam mir heute bei weitem nicht lang genug vor.

Am Ende der ausladenden Straße erwartete uns Heimdall mit seiner üblichen, stoischen Miene. Erst als mein Vater von seinem Pferd stieg, bewegte sich der Wächter des Bifröst und verneigte sich vor seinem König.

„Mein Herr, es ist alles bereit. Wenn ihr wünscht, kann es sofort beginnen.“, sagte Heimdall und als er sich aufrichtete, glänzte seine goldene Rüstung in der Sonne. Odin gab ihm das Zeichen schon einmal in die riesige Metallkuppel zu gehen und drehte sich zu mir um. Ich sah ihm an, dass er sich nun von mir verabschieden würde und bereitete mich innerlich auf alles vor.

„Thor…mein Sohn.“, begann er bevor er mich in seine Arme zog: „Sei ein guter Junge und lerne fleißig. Denk daran. Je schneller du lernst, desto eher darfst du wieder nach Hause.“ Er ließ mich los und sah mir ein letztes Mal in die Augen, bevor er mir einen Kuss auf die Stirn drückte und flüsterte: „Werde ein Mann auf den Asgard stolz sein kann.“

Mit diesen Worten löste er sich endgültig von mir und ging zurück zu Sleipnir. Durch eine einzige fließenden Bewegung schwang er sich in den Sattel und verschwand, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Traurig sah ich ihm hinterher und warf einen letzten Blick auf Asgard, bevor auch ich den Bifröst betrat und mich vor den Durchgang stellte. Heimdall´s unergründlicher Blick lag auf mir, während er auf der Erhöhung stand, sein Schwert bereits zur Hand.

„Ich wünsche dir viel Glück, Thor Odinsson. Sei versichert, dass ich immer ein Auge auf dich haben werde.“, sagte der Schwarze und ich nickte ihm zu, als Zeichen, dass ich die leichte Drohung verstanden hatte.

Dann steckte er sein langes Schwert in den Schacht und der Bifröst entfaltete seine ganze Macht. Mit angehaltenem Atem und pochenden Herzen wartete ich auf das unvermeidliche und mein letzter Gedanke, bevor mich der Sog der Regenbogenbrücke mit sich riss, galt Loki.

Midgard

Die Landung auf Midgard war alles andere als sanft. Ungeübt wie ich nun mal war landete ich mit dem Gesicht voran in hohem, saftiggrünem Gras. Als ich mich mühsam wieder aufrappelte ließ ich meinen Blick über die Ebene schweifen, auf der ich gelandet war.

Ich stand auf einem kleinen, Moosbewachsenem Hügel umgeben von einer weiten Graslandschaft. Hinter mir ragte ein dunkler Wald auf und vor mir, in weiter Ferne, konnte ich Berge erkennen. Die Luft war frisch, aber nicht kühl und ich roch den beginnenden Sommer in der Luft. Und obwohl dies hier ein wirklich hübsches Fleckchen Erde war, sehnte ich mich schon jetzt nach Asgard, mit den goldenen Türmen der Stadt und den nahezu endlosen Weiten dahinter.

Eine tiefe Stimme riss mich aus meinen trüben Gedanken und ich sah, wie mein Lehrer den Hügel heraufkam und dabei scheinbar meinen Namen rief.

„Prinz Thor!“, sagte er sobald er mich erreicht hatte: „Da seid Ihr ja endlich. Wir haben Euch schon erwartet. Folgt mir“

Wieder drehte sich mein Lehrer um und ich beeilte mich den langen Schritten zu folgen. Mein Lehrer war Balder, ein adliger Freund meines Vaters und Gelehrter am königlichen Hof. Er stand auch als Berater meinem Vater zur Verfügung, was man ihm bei seinem groben Aussehen gar nicht zutraute.

Er war groß und kräftig gebaut, mit langen Beinen und breiten Schultern. Seine Haare, die früher einmal strohblond waren, wie mein Vater mir berichtete, waren nun schiefergrau und seine dunkelgrauen Augen huschten immer flink umher, als könne er sich nicht satt sehen an seiner Umgebung. Er trug eine dunkle Tunika, lange Hosen und kniehohe Stiefel. An seinem linken Bein hatte er einen langen Dolch gebunden, den ich, als wir uns kennen lernten, neidisch bewundert hatte.

Doch auf die Frage ob ich ihn mal anfassen durfte hatte er stets dieselbe Antwort.

„Dafür bist du noch zu klein.“

Das ich später ein großer Krieger sein würde, wie ich ihm stolz erzählte, interessierte ihn wenig. Balder war ein strenger Lehrer, aber er hatte auch sanfte Momente, in denen er mir von den Schlachten erzählte in den er gekämpft hatte. Ein ums andere Mal lauschte ich gespannt seinen Schilderungen von den anderen Planten und interessierte mich dabei besonders für Einen. Jotunheim!

Ich wusste selber nicht, wieso mich gerade dieser unwirtliche Planet so unglaublich faszinierte. Als ich Vater von meiner Leidenschaft erzählte, sah dieser mich nur mit einem unergründlichen Blick an und der Ausdruck seiner Augen machte mir klar, dass ich mich lieber zurück halten sollte, was Fragen über Jotunheim anging.

Also wartete ich immer gespannt darauf, dass Balder wieder in die Stimmung kam um mir Geschichten zu erzählen, aber mittlerweile war auch das sehr selten geworden.

Plötzlich hielt Balder inne und riss mich somit aus meinen Gedanken. Verwundert sah ich zu ihm auf, bevor ich den Blick nach vorne wandte und mir der Atem stockte. Dort vor mir, in einem grünen Tal, stand ein wunderschönes, kleines Schloss. Es war schneeweiß, mit blauen Giebeln auf den Dächern und vier Türme ragten in den Himmel. Es war quadratisch gebaut und stand direkt an einem Fluss. Die Sonne beschien diesen idyllischen Ort und für einen Moment vergaß ich sogar mein Heimweh.

„Willkommen auf Briarwood Hall. Hier werdet ihr leben und lernen, Prinz Thor.“, sagte Balder und ich sah zu meinem Lehrer auf.

„Wie lange…?“ Ich konnte den Satz nicht beenden. Die plötzliche Angst, die mich befiel ließ mich verstummen und ich musste wieder an Asgard denken. Und an Loki!

Balder sah mich mitfühlend an und ich konnte fast hören wie er dachte: Da steht er, der kleine Prinz und hat jetzt schon Heimweh.

Aber diese Genugtuung wollte ich ihm nicht geben. Ich straffte die Schultern und fragte, diesmal mit kräftiger Stimme: „Wie lange werde ich hier bleiben?“

Balder sah mich überrascht, aber scheinbar erfreut an und erwiderte: „Solange es nötig ist. Ihr werdet eine Menge lernen müssen. Um später mal den Thron Eures Vaters besteigen zu können, gehört mehr dazu, als das was ich Euch beibringen kann, weshalb Euer Vater noch andere Lehrer hierher geschickt hat.“

Nun war es an mir überrascht zu sein. Ich hatte zwar damit gerechnet das noch andere hier sein würden, aber das ich noch mehr Lehrer brauchte als Balder, war mir nicht klar gewesen. Wie sollte ich das nur überstehen?
 

Einige Wochen später kannte ich die Antwort. Nämlich gar nicht!

Wie Balder gesagt hatte waren noch andere Lehrer auf Briarwood Hall und wenn ich geglaubt hatte Balder wäre streng, hatte ich scheinbar noch niemals wahre Strenge erfahren. Denn gegen die anderen Lehrer und Ausbilder war Balder ein sanftes Lämmchen.

Keiner von den neuen Lehrern war so geduldig wie Balder und am meisten hasste ich die Mathematikstunden. Der Lehrer, Braig, ein langer, sehr dünner Mann mit blassem Gesicht und einer riesigen Adlernase, konnte mich eindeutig nicht leiden.

Natürlich sagte er niemals etwas, dass mich in meiner Vermutung bestätigt hätte, doch allein sein Verhalten gab mir Antwort genug. Er war unfair und scheute sich nicht, von der Rute gebrauch zu machen, wenn ich mal wieder geistig abwesen war oder eine Aufgabe nicht lösen konnte. Meistens war mein Rücken nach solchen Stunden grün und blau geschlagen und ich konnte mich kaum dazu aufraffen auch den anderen Unterricht zu besuchen.

Am schlimmsten wurde es allerdings, als nach ein paar Monaten auch mein Kampftraining begann. Dies war der Unterricht den ich am meisten mochte. Der Lehrer war ein durchtrainierter Hüne mit einem langen, tiefbraunen Zopf und dunklen, beinahe schwarzen Augen. Er war früher einmal Ausbilder der königlichen Leibwache gewesen, musste den Dienst allerdings wegen einer schweren Verletzung im Krieg gegen Jotunheim niederlegen. Sein Name war Aren.

Die erste Kampfstunde fand an einem sonnigen Nachmittag statt und obwohl ich mich seit zwei Wochen auf diese erste Stunde freute, war mein Körper ganz und gar nicht damit einverstanden, denn ich hatte an diesem Tag einen besonders schweren Fehler, in den Augen meines Mathelehrers begangen, weshalb ich gleich mal die doppelte Menge an Stockschlägen kassiert hatte. Dementsprechend war ich demotiviert, als ich auf den freien Hof in der Mitte des Schlosses heraustrat und meinen Ausbilder erblickte. Dieser schien mir meinen Gemütszustand scheinbar aus dem Gesicht ablesen zu können und sagte mit einem breiten Lächeln im Gesicht: „Mach dir keine Sorgen, junger Prinz. Zwei Monate Training mit mir und du wirst die Stockschläge nicht mal mehr spüren.“

Ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob mich diese Worte beruhigen sollten.

Aren war ein fantastischer Lehrer. Er begann damit mir die einzelnen Waffen zu zeigen und ihre besonderen Fähigkeiten zu erläutern. Er legte mir Schwerter, Keulen, Äxte und Bögen in die Hand und erklärte mir, wie man diese Waffen gebrauchen konnte. Ich stellte mich nicht einmal besonders ungeschickt an, obwohl ich das Ziel mit dem Bogen nicht auf Anhieb traf und mir mit der Axt selbst auf den Fuß hieb. Zum Glück war sie nicht scharf.

Das Schwert war schon so eher meins und als ich zum ersten Mal ein Lob von meinem Lehrer erhielt, ließ ich die letzte Waffe links liegen und beschloss spontan, dass ich fortan nur noch mit dem Schwert kämpfen würde. Ein Irrtum, welcher sich viele Jahre später aufzeigen würde!

Ab diesem Tag begann ein noch härteres Training als bisher! Morgens wurde ich von einem Diener geweckt, frühstückte und begab mich dann zum Unterricht. Ich wurde in Geschichte und Sprachen unterrichtet, bekam die Gesetze der Natur eingebläut und musste rechnen was das Zeug hielt. Auch wurde mir die Astronomie nahe gelegt und ich bekam Unterweisungen in Anatomie und später sogar in Politik.

Nachmittags ging es dann an das Kampftraining, was aber nicht immer nur aus Schwertkampf und Bogenschießen bestand. Ich lernte auch den Nahkampf ohne Waffen, das Jagen und die Kriegsstrategie und merkte schnell, dass alles was mit Kämpfen zutun hatte mir sehr gut lag. Auch wenn meine Strategie zumeist daraus bestand draufzuhauen.

Ungefähr ein Jahr nach meiner Ankunft, an meinem siebten Geburtstag, bekam ich das erste mal Besuch von meiner Familie.
 

Der Tag begann friedlich und völlig normal. Wären nicht die Diener hektisch durch das Schloss gelaufen, ich hätte wahrscheinlich nicht mal eine Veränderung bemerkt. Auch schienen meine Lehrer unauffindbar und verwirrt ging ich in den Innenhof. Dort traf ich endlich auf Aren und fragte: „Was ist denn heute los? Warum sind alle so hektisch?“

Aren zuckte erschrocken zusammen, was mich noch mehr verwunderte, denn noch nie hatte ich es geschafft ihn zu erschrecken. Er drehte sich zu mir um und warf mir ein kurzes, aber breites Lächeln zu, bevor er sagte: „Deine Eltern kommen.“

Diese Worte brauchten ganze zwei Minuten um in mein Gehirn vorzudringen und als ich sie endlich verarbeitet hatte, begann ich wie wild auf und ab zu hüpfen.

„Ist das dein Ernst?“, fragte ich und sah freudestrahlend in sein wettergegerbtes Gesicht.

„Aber ja. Sie kommen extra zu deinem Geburtstag.“

An dieser Stelle hielt ich kurz inne. Mein Geburtstag! Den hatte ich ja völlig vergessen. Ich war so beschäftigt mit lernen gewesen, dass ich darüber gar nicht nachgedacht hatte.

Scheinbar konnte Aren mir mal wieder meine Gefühle und Gedanken im Gesicht ablesen, denn er brach in schallendes Gelächter aus und wuschelte mir durch die blonden Haare.

„Du bist mir schon einer. Wenn du jetzt schon zu beschäftigt bist, um an deinen eigenen Geburtstag zu denken, wie soll das dann erst mit dir werden wenn du König bist.“ Damit ging er zurück ins Schloss und ich ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen. Ich hatte wirklich in den letzten Monaten erstaunlich wenig an mein Zuhause gedacht und plötzlich überkam mich Scham, als ich mich an Loki erinnerte. Wie hatte ich nur vergessen können an meinen kleinen Bruder zu denken?

Innerlich gab ich mir einen kräftigen Tritt in den Hintern, bevor ich selbst ins Schloss eilte um mich auf den Besuch vorzubereiten. In meinem Zimmer angelangt, durchwühlte ich den Schrank auf der Suche nach Kleidung, die nicht ganz so menschlich aussah, doch das einzige was ich finden konnte war die Kleidung, die ich am Tag meiner Abreise getragen hatte. Und diese passte beileibe nicht zu so einem Anlass.

Leise fluchend entschied ich mich letztendlich für eine rote Menschentunika und dunkle Hosen. Lange Stiefel und ein schwerer, schwarzer Umhang vervollständigten das Gesamtbild und als ich in den Spiegel sah musste ich feststellen, dass ich mich in diesem kurzen Jahr sehr verändert hatte.

Meine goldblonden Haare reichten mir bis ans Kinn und mein Gesicht begann seine Rundlichkeit zu verlieren. Klare, blaue Augen sahen mir aus dem Spiegel entgegen und ich fragte mich unwillkürlich, wie ich aussehen würde wenn ich mal erwachsen war.

Gut!, war die Antwort die mir mein Geist zurief und ich musste grinsen. In diesem Moment erklangen schwere Schritte im Hof und der Schall der goldenen Trompeten von Asgards königlicher Leibwache erklang.

Meine Familie war angekommen!

Besuch

Odin´s POV:
 

Als ich den Schlosshof betrat, empfing mich das übliche Aufgebot von Dienern und Wachen. Thor´s Lehrer standen im Halbkreis im Innenhof. Alle trugen vornehme Kleidung und waren mit Schmuck angetan. Nur Aren, den ich noch von früher sehr gut kannte, hatte sich nicht herausgeputzt. Er tat es nie!

Die Stimme meines Erstgeborenen riss mich aus meinen Gedanken und als ich meinen Blick auf das Eingangsportal des Schlosses richtete, kam mir ein Wirbelsturm aus Goldblond und Kaminrot entgegen.

„Vater!“, rief Thor und fiel mir stürmisch um den Hals. Ein sanftes Lächeln schob sich auf mein Gesicht, als ich den Kleinen in den Armen hielt.

„Mein Junge.“, sagte ich und schob ihn auf Armslänge von mir um ihn zu betrachten. In dem einen Jahr war er ein gutes Stück gewachsen und seine Haare waren länger geworden. Die tiefblauen Augen hatten ihre Kindlichkeit verloren und sahen nun mehr aus wie die eines Prinzen.

Thor trug menschliche Kleidung, doch sie sah an ihm so natürlich aus wie die asische Seide, aus der seine normale Kleidung bestand und ich war stolz meinen Sohn so zu sehen.

Thor´s Augen suchten meine für einen Moment, bevor er sich komplett von mir löste und den Blick hinter mich richtete. Ich trat zur Seite und in diesem Moment stürmte Thor auch zu seiner Mutter, von der er in eine feste Umarmung gezogen wurde. Dabei gar nicht bemerkend, das er aus tiefen, grünen Augen sehr genau beobachtet wurde.
 

Thor´s POV:
 

Die Freude meine Eltern wiederzusehen, ließ mich allen Frust und die Demütigungen des letzten Jahres vergessen. Als ich in Frigga´s Armen lag, spürte ich ihre Liebe und Zuneigung wie einen warmen Kokon, der mich umhüllte und einen Moment konnte ich mich nicht dazu überwinden, sie loszulassen, bis sie mir mit ihrer sanften Stimme ins Ohr flüsterte: „Du solltest noch jemanden begrüßen.“

Ich ließ sie los und sie trat einige Schritte zur Seite, womit ich einen wunderbaren Blick auf einen kleinen, schwarzhaarigen Jungen hatte. Er trug eine grüne Tunika, schwarze Hosen und Stoffschuhe und ein kleiner silberner Reif schmückte seinen Kopf. Und er starrte mich aus smaragdgrünen Augen an, ein geheimnisvolles Lächeln dabei auf seinen Lippen.

„Loki.“, flüsterte ich, bevor der Kleine scheinbar aus einer Art Trance erwachte und mit dem hellen Lachen eines Kindes seine Arme um meinen Hals schlang. Ich hielt ihn fest und spürte Tränen über meine Wange laufen, weshalb ich mein Gesicht in seinen Haaren verbarg und tief den Loki immer anhaftenden Geruch von Milch und Honig einzog.

Als ich mich von ihm löste, sah ich, dass auch er Tränen in den Augen hatte und mit einer sanften Handbewegung wischte ich die salzigen Tropfen von seinen blassen Wangen. Dann nahm ich ihn an die Hand und bedeutete meinem Vater mir zu folgen. Es wurde Zeit meinen Geburtstag zu feiern.
 

Die Feier dauerte bis spät in die Nacht und als ich mich zum Schlafen zurückzog fand ich einen, noch wachen Loki in meinem Bett vor.

„Was tust du denn hier, kleiner Bruder? Solltest du nicht schon längst schlafen?“, fragte ich und erntete ein leises Kichern. Loki betrachtete mich aus seinen grünen Augen, während ich mir meine Schlafsachen anzog und erst als ich bei ihm unter der Decke lag, antwortete er mir: „Ich wollte noch ein bisschen mit dir reden, Bruder. Wir haben uns lange nicht gesehen.“

Seine Stimme ließ mich erschaudern, denn obwohl sie noch kindlich hoch war, wie für einen Dreijährigen üblich, hatte sie schon jetzt eine seltsame Anziehungskraft und ich fragte mich unwillkürlich wie sie klingen würde, wenn Loki einmal erwachsen war. Doch darüber wollte ich mir heute nicht den Kopf zerbrechen. Ich legte den Arm um Loki und zog den kleinen, schmalen Körper an mich. Erst als er seinen Kopf auf meine Schulter gebettet hatte fragte ich: „Worüber möchtest du denn reden?“

Einen Moment blieb es still in dem dunklen Zimmer, bevor Loki´s Stimme wieder erklang: „Hast du mich vermisst?“

Diese Frage kam so unerwartet, dass ich im ersten Moment lachen musste. Ich spürte wie er sich verspannte und zog ihn noch näher, bevor er sich aus meiner Umarmung befreien konnte.

„Ich lache dich nicht aus, Loki! Das würde ich nie tun. Und ja, ich habe dich vermisst. Schrecklich!“

„Ich habe dich auch vermisst, Bruder!“
 

Die ganze Nacht redeten wir noch über unsere Erlebnisse im letzten Jahr und als wir letztendlich einschliefen, wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie sehr ich den Kleinen wirklich vermisst hatte.

Der nächste Tag kam schnell und als Loki und ich in den Speisesaal traten, saßen Vater und Mutter schon an einer der langen Tafeln. Vater redete mit meinen Lehrern und ich musste unwillkürlich das Gesicht verziehen, als ich daran dachte, dass sie über mich sprachen. Frigga saß daneben und schenkte uns ein aufmunterndes Lächeln, bevor sie sich mit Rinda unterhielt, meiner einzigen weiblichen Lehrerin.

Odin hatte sie für meine künstlerische Ausbildung hierher geschickt, denn er meinte man sollte seinem Geist auch mal eine Pause von dem strengen Unterricht und dem harten Training geben. Rinda war eine talentierte Künstlerin und auch eine begeisterte Musikerin, doch ich hatte für die schönen Künste keinerlei Talent. Auf meinen Bildern erkannte man selten das Dargestellte und ich hatte nicht die Geduld um ein Instrument zu erlernen, aber Rinda blieb hartnäckig.

Loki´s Zupfen an meinem Ärmel ließ mich aus meinen Gedanken hochfahren und gemeinsam mit ihm ging ich zu einer der Tafeln und begann gleich darauf zu essen. Mein kleiner Bruder schüttelte nur den Kopf und wenn ich es nicht besser gewusst hätte, würde ich seinen Gesichtsausdruck glatt als resigniert bezeichnen.

Das Frühstück verlief ruhig und nach dem Essen wollte mein Vater mit mir sprechen, weshalb wir einen Ausritt machten. Mittlerweile kam ich sehr gut mit Pferden klar und hatte auch schon die ein oder andere Jagd begleitet, weshalb ich mühelos mit meinem Vater Schritt halten konnte.

Lange Zeit sagte er nichts, bis wir den Wald erreichten und in den Schatten der hohen Bäume eintauchten. Erst dann erhob Odin seine dunkle Stimme und ich schenkte ihm meine Aufmerksamkeit.

„Ich habe mit deinen Lehrern gesprochen, Thor.“, begann er und ich verspannte mich leicht. „Sie haben mir nur Gutes berichtet und vor Allem Aren hatte nur Lob für dich übrig. Und ich bin stolz das zu hören.“

Mit einem unmerklichen Seufzer entspannte ich mich wieder, bevor ich anfing zu grinsen und sagte: „Hast du denn etwas anderes erwartet Vater!“

Odin warf mir einen strengen Blick zu und ich zügelte mein Temperament.

„Thor, ich werde mir nachher deine Fortschritte ansehen und dann vielleicht einen Zeitraum festlegen, den du noch auf der Erde bleiben sollst. Außerdem habe ich, auf Anraten deiner Lehrer vor, dir ein paar Klassenkameraden zur Verfügung zu stellen. Gerade Balder war der Meinung das du Umgang mit Gleichaltrigen brauchst und auch ich bin dieser Ansicht.“

„Aber Vater! Sollte ich mir meine Freunde nicht selber aussuchen dürfen?“, fragte ich und spürte wie die Wut, die mich schon damals heimgesucht hatte, wieder in mir zum Vorschein kam.

„Thor“, sagte mein Vater und seine Stimme klang kühl und befehlend: „Ich möchte das du mit den richtigen Leuten Umgang pflegst und ich spüre immer noch, dass du zu sehr auf deinen Bruder fixiert bist. Du darfst dich nicht so leicht ablenken lassen.“ Ich wollte widersprechen, doch mein Vater unterbrach mich, diesmal mit sanfterer Stimme: „Ich weiß, dass das eine schwere Situation ist. Aber glaub mir, dass ich nur das Beste für dich will.“

Mit diesen Worten gab er seinem Pferd die Sporen und preschte wieder aus dem Wald. Ich folgte ihm und grübelte dabei über seine Worte nach.
 

Am Abend hatte mein Vater alle meine Stunden besucht und ich war mir fast sicher, dass mir sein Urteil nicht gefallen würde. Erschöpft vom Training und angespannt wegen des bevorstehenden Urteils saß ich zusammengesunken in dem großen Salon, der den privaten Unterredungen diente. Ich saß in einem weichen Sessel vor dem Kamin und Loki leistete mir Gesellschaft. Er schien zu spüren, dass gleich etwas wichtiges passieren würde und versuchte mich so gut es ging abzulenken, doch ich hatte für seine Versuche nur ein schwaches Lächeln übrig.

„Mach dir keine Sorgen, Bruder. Alles wird gut!“, sagte er in dem Moment, als mein Vater und meine Mutter den Salon betraten. Ich wollte mich erheben, doch mit einer Handbewegung hielt Odin mich davon ab. Mutter ging zielstrebig auf Loki zu, nahm ihn auf den Arm und verließ wieder den Raum. Alles ohne mich einmal anzusehen und ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass, wenn sie es tat, sie in Tränen ausbrechen würde.

Mein Vater nahm auf dem Sessel mir gegenüber Platz und unwillkürlich spannte ich alle meine Muskeln an, wie eine Raubkatze bereit zum Sprung.

Ohne groß drum herum zu reden kam mein Vater gleich zum Thema und sagte: „Ich habe beschlossen, dich bis zu deinem zehnten Geburtstag auf Midgard zu lassen.“

Die Stille, die auf seine Worte folgte war unheimlich und fast zum Greifen nahe. Ich spürte wie meine Augen sich weiteten und in meinem Kopf spukten die Worte: Drei Jahre!, umher.

Unbeirrt fuhr mein Vater fort: „Ab nächste Woche werde ich dir vier Kinder in deinem Alter schicken. Sie werden dich begleiten, mit dir zum Unterricht gehen und mit dir spielen. Hast du mich verstanden?“

Einen Moment saß ich noch geschockt da, bevor ich meine Miene wieder unter Kontrolle hatte und meinem Vater starr in die Augen blickte, bevor ich sagte: „Ja, Vater!“

Die Rückkehr

Thor´s POV:
 

Meine Familie brach am nächsten Morgen in aller Frühe auf und ich hatte kaum Zeit mich zu verabschieden. Loki weinte und seine Tränen machten mich unendlich wütend auf meinen Vater. An diesem Tag beschloss ich zu dem stärksten Krieger Asgards zu werden, um irgendwann einmal meinen Vater im Kampf zu besiegen und ihm zu zeigen, dass ich es würdig war, der neue König von Asgard zu werden.
 

Drei Tage später kamen wie angekündigt meine neuen Weggefährten und auch wenn ich immer noch sauer auf meinen Vater war, konnte ich nicht leugnen, dass mir die vier Kinder sympathisch waren. Die kleine Gruppe bestand aus drei Jungen und einem Mädchen.

Der erste der Jungen war groß und stämmig gebaut. Er hatte krauses, rotes Haar und stellte sich als Volstagg vor. Sein Leibesumfang ließ ohne jeden Zweifel darauf schließen, dass er dem Essen nicht abgeneigt war, doch auf Späße, die man über sein Gewicht machte, reagierte er selbst mit seinem lauten Lachen.

Der nächste Junge hieß Hogun. Er war ein stiller Junge mit glatten schwarzen Haaren und mandelförmigen, schwarzen Augen. Sagen tat er nicht viel und wenn er sprach, tat er das mit einem undefinierbarem Akzent. Er war ein guter Kämpfer und ich spürte instinktiv, dass ich einen Rivalen bekommen hatte.

Der letzte Junge hieß Fandral und war eindeutig der Sohn von einem der adligen Speichellecker meines Vaters. Er war schlaksig und blond, hatte blau-graue Augen und achtete penibel auf sein Äußeres, doch als ich, wie es meine Art war, meine Meinung über seine Eltern kundtat, bewies er einen ziemlich starken rechten Haken. An diesem Tag wurden wir Freunde.

Das einzige Mädchen in der Runde hieß Sif. Sie hatte lange schwarze Haare und dunkle Augen und war ziemlich nett. Erstaunlicherweise kannte sie sich sehr gut aus, was den Umgang mit Waffen anging und als ich sie fragte, woher sie das alles konnte, sagte sie, sie wolle einmal die stärkste Kriegerin in Asgard werden.

Ich glaube es beeindruckte sie damals, dass ich als einziger von den Jungen nicht lachte und als sie mir ihre Freundschaft anbot, nahm ich dankend an.

Doch ein Gedanke ließ mich immer noch nicht los: Dein Vater hat diese Freunde für dich ausgesucht! Es war schrecklich darüber nachzudenken, doch mit der Zeit vergaß ich meine Sorgen.

Der Unterricht beanspruchte den Großteil unserer Zeit. Nach den ersten Stunden stellte sich heraus, dass Hogun ein fabelhafter Mathematiker und Astronom war und innerhalb von Sekunden seinen Standpunkt bis auf wenige Zentimeter genau einschätzen konnte. Eine Fähigkeit, die uns vor allem auf der Jagd sehr nützlich war.

Volstagg war ein Kämpfer, der vor keiner Herausforderung zurückschreckte und sich auch nicht scheute mit mir einen meiner heißgeliebten Trainingskämpfe abzuhalten, aus dem wir beide meist mit blauen Flecken und heftigem Muskelkater heraus gingen. Fandral wiederum hatte großes Talent in den schönen Künsten, was mich nicht weiter überraschte. Er konnte malen, singen und tanzen und Rinda war völlig begeistert von dem blonden Jungen. Glück für mich, denn sie vergaß dabei immer mal wieder meine eigenen Arbeiten zu benoten.

Sif setzte sich allerdings in den Kopf ebenfalls an dem Waffentraining teilnehmen zu dürfen und aus einem, mir unerfindlichen, Grund heraus setzte ich mich bei Aren für sie ein. Unsere Mühen wurden belohnt, denn irgendwann war Aren so genervt von unserem Betteln, dass er Sif erlaubte an einer seiner Stunden teilzunehmen. Mit überraschendem Ergebnis.

Sif war eine wirklich gute Kämpferin, die sowohl mit dem Schwert, als auch mit dem Bogen umgehen konnte, sodass Aren irgendwann gar nicht mehr daran dachte sie aus dem Unterricht zu entfernen.
 

Auf diese Weise vergingen die drei Jahre wie im Flug. Wir lernten und spielten, jagten und kämpften und als der Tag unserer Rückkehr kam, konnte ich kaum glauben, dass ich wirklich wieder nach Hause durfte.

Am Abend vor unserer Abreise saß ich in meinem Zimmer und hatte mit einem heftigen Problem zu kämpfen, welches mir den Schlaf raubte. Denn ich hatte Loki in den letzten drei Jahren nicht einmal gesehen. Aus irgendeinem Grund hatte Vater ihn nicht mehr mit auf die Erde genommen und auch wenn Mutter mir immer wieder von Loki berichtete, kam ich mir wie ein Verräter vor.

Ich wusste, von Frigga´s letztem Besuch, dass Loki bereits im letzten Jahr angefangen hatte sich selbst lesen und schreiben beizubringen um nicht hinter mir zurück zu stehen und ich fragte mich insgeheim, ob dieser Lerneifer nicht noch einen anderen Grund hatte.

Das Klopfen an meiner Zimmertür riss mich aus meinen Überlegungen und mit einem gebrummten: „Herein!“, öffnete sich die Tür und Sif trat ins Zimmer.

„Thor, kann ich kurz mit dir reden?“, fragte sie und ich nickte. Sie schloss die Tür und setzte sich dann neben mich auf das Bett.

„Was gibt es?“, fragte ich und ich sah wie das Mädchen unwillig auf seiner Unterlippe herumkaute, bevor sie sich wieder im Griff hatte und mir in die Augen sah.

„Du schienst heute so abwesend beim Abendessen und ich wollte fragen, ob dich etwas bedrückt.“

Verblüfft sah ich sie an, bevor ich meinen Kopf wegdrehte und stattdessen aus einem der Fenster starrte.

„Bitte, Thor!“, sagte sie: „Du kannst mit mir reden. Ich bin besorgt um dich, mein Freund.“

Ich seufzte und drehte den Kopf so, dass ich diesmal auf die Bettdecke starren konnte. Dann antwortete ich leise: „Ich mache mir so meine Gedanken, Sif. Seit drei Jahren habe ich meinen Bruder nicht gesehen und die Angst nagt an mir, dass er mich vergessen hat oder noch schlimmer, dass ich ihm egal geworden bin.“

Sif neben mir rutschte auf dem Bett hin und her und neugierig hob ich den Kopf um ihr in die Augen zu sehen. Ihr Blick schweifte durch das Zimmer und als sie mir antwortete, kam es einem Flüstern gleich: „Was wäre wenn ich dir sagte, dass dein Bruder dich ganz bestimmt nicht vergessen hat, geschweige denn das du ihm egal bist?“

Misstrauisch zog ich die Augenbrauen zusammen und erwiderte: „Das kannst du mir nicht sagen. Du kennst ihn nicht.“

Nun sah Sif mir wieder in die Augen und ich sah in ihrem Blick den Kampf, den sie scheinbar mit ihrem Inneren austrug. Als sie antwortete war ihre Stimme brüchig, wie Pergament und ich musste mich stark konzentrieren, um alles zu verstehen.

„Ich mag deinen Bruder nicht kennen, aber meine Mutter kennt ihn sehr gut. Sie ist eine von Frigga´s Zofen und hat sich auch immer wieder um Loki gekümmert. An dem Tag als deine Familie zurückkam, war meine Mutter bis spät Abends fort und als sie am Abend zurückkam war sie kreidebleich. Sie erzählte mir das Frigga heftig mit Odin gestritten hätte, wegen deiner Lehrzeit hier auf Midgard und meine Mutter passte derweil auf Loki auf, weshalb sie alles mitbekam. Sie sagte zu mir: „Weißt du, Sif, diese Familie ist schon etwas besonderes, denn als der Streit verstummte sagte Prinz Loki zu mir ich solle meine Tochter mit nach Midgard schicken.“ Zwei Tage später kamen ein paar Wachen, die mich zum Bifröst brachten, zusammen mit Hogun, Volstagg und Fandral. Wie dein Bruder es geschafft hatte mich hier einzuschleusen ist mir, bis heute, ein Rätsel.“

Diese Geschichte erstaunte mich. Ich hatte ja auch an meinem Geburtstag mitbekommen, dass Loki sich innerhalb eines Jahres stark verändert hatte, doch das er es bereits schaffte Odin zu so einem Schritt zu bringen, erschien mir fast undenkbar und wieder musste ich an Loki´s Stimme und seine Worte denken. Ich kam nicht umhin mich zu fragen, wozu Loki wohl später einmal in der Lage sein würde und die Antworten machten mich alle nicht glücklich.

Sif blieb noch eine Weile und als sie sich zurückzog war mir ein wenig leichter ums Herz.
 

Am nächsten Morgen standen fünf aufgeregte Kinder im Hof und ich glaube ich war am aufgedrehtesten. Ich war am Morgen sehr früh aus dem Bett gesprungen und so schnell mit allem fertig gewesen, dass ich noch eine ganze Stunde warten musste bis auch meine Freunde endlich auf dem Platz standen. Danach ließen unsere Lehrer nicht mehr lange auf sich warten und als wir uns auf den Weg zu dem Hügel machten, auf dem ich damals gelandet war, begann mein Herz wie wild zu klopfen.

Oben auf dem Hügel warteten wir angespannt auf die Reise durch die Brücke und als Aren nach Heimdall rief und dieser den Bifröst aktivierte, war ich so verkrampft, dass Hogun mich bei der Landung stützen musste, sonst wäre ich sehr unköniglich auf der Nase gelandet.

Begrüßt wurden wir von dem schweigsamen Wächter der Brücke und nachdem er sein Schwert wieder aus dem Schacht gezogen hatte, folgten wir ihm alle aus der metallenen Kuppel. Draußen angelangt sah ich in der Ferne schon die Türme Asgards aufragen und ich musste einige Tränen zurückhalten. Doch eine ruhig Stimme, sanft wie Seide und doch scharf wie Glas riss mich aus meinen Gedanken als sie sagte:

„Willkommen zu Hause, Bruder!“

Ankunft

Loki´s POV:
 

Ich verkniff mir ein Lachen, als Thor zu mir herumwirbelte und mich mit großen, blauen Augen anstarrte. Sein Mund stand leicht offen und auch seine Freunde sahen überrascht zu mir. Scheinbar hatte keiner von Ihnen erwartet mich hier zu treffen.

„Loki!“, flüsterte mein Bruder und im nächsten Moment hatte er mich schon an sich gezogen. Ich erwiderte die stürmische Umarmung und hätte gerne gelacht, wenn der Blonde mir nicht gerade sämtliche Luft aus den Lungen gepresst hätte. Nur Sif´s Kommentar, dass Thor mich doch bitte nicht erwürgen sollte, hatte ich es zu verdanken, nicht bereit nach Walhall gefahren zu sein.

„Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Bruder!“, sagte ich und spürte wie Thor mir eine Hand in den Nacken legte und mir tief in die Augen sah.

Er war in den letzten drei Jahren ziemlich groß geworden, selbst für einen Zehnjährigen. Sein Körper begann Muskeln anzusetzen und ich konnte schon jetzt sehen, dass er mal ein sehr schöner Mann werden würde.

Um weitere solcher Gedanken aus meinem Geist zu halten, blickte ich zu Thor´s Freunden und als ich Sif sah, musste ich schmunzeln.

Damals vor drei Jahren, als Odin und meine Mutter über Thor´s Zukunft stritten, hatte ich Sif´s Mutter gesagt, sie müsse ihre Tochter mit auf die Reise schicken. Meine ganze, lächerlich kleine, Überredungskunst hatte es gekostet, Odin davon zu überzeugen, das Mädchen mit auf die Reise nach Midgard zu lassen. Diese Situation war auch der Grund gewesen, warum ich bereits jetzt mit dem Lernen begonnen hatte. Ich wusste, Thor würde einmal ein großer Krieger sein und somit ein Held für die Asen, doch er brauchte jemanden an seiner Seite, der sein Temperament zügeln und mit seinen Feinden verhandeln konnte. Und niemand würde mich davon abhalten dieser Jemand zu sein!

„Loki?“ Erschrocken fuhr ich aus meinen Gedanken und sah das Thor mich schon besorgt musterte, weshalb ich mein strahlendstes Lächeln aufsetzte und sagte:

„Vergib mir, Bruder. Ich war in Gedanken. Nun lasst uns endlich zum Palast aufbrechen. Vater und Mutter erwarten dich schon.“

Damit wandte ich mich zu den mitgebrachten Pferden um und schwang mich in den Sattel einer braunen Stute. Odin hatte mir erst heute erlaubt, auf einem großen Pferd zu reiten, aber anstatt mir eines der edlen Rösser seiner Zucht zu überlassen, hatte der Stallmeister mir die älteste und langsamste Stute gegeben, die er zur Zeit beherbergte, weshalb ich nun Thor´s Blicken auswich. Doch Thor sagte kein Wort und stieg stattdessen selbst auf eines der Pferde. Auch seine Freunde saßen einer nach dem anderen auf und dann machten wir uns auf den Weg nach Hause.
 

Im Palast angekommen, wurden Thor und seine Freunde von einer großen Willkommensfeier überrascht und während Thor von allen Seiten umschwärmt wurde, ging ich zu Mutter, welche auf einem der beiden goldenen Throne des großen Saales saß und ließ mich zu ihren Füßen nieder. Von meiner nun erhöhten Position aus, hatte ich einen guten Blick über den Saal und konnte Thor eingehend beobachten.

Er hatte sich in den Jahren nicht nur äußerlich verändert. Seine gesamte Haltung strahlte schon jetzt Autorität aus und in seinen Augen las man dieselbe Entschlossenheit, wie in Odin´s Augen.

Eben dieser betrat nun den Saal und alle wurden still. Der Allvater ging auf seinen Sohn zu und als die beiden sich direkt gegenüber standen, schloss er Thor in die Arme. Ich lächelte, doch irgendwie hatte ich auch das Gefühl, das diese Geste nicht richtig war und als die beiden sich wieder voneinander lösten, wusste ich auch wieso. Denn Thor war damals sehr wütend auf Odin gewesen und ich glaubte auch jetzt noch den Trotz in den blauen Augen Thor´s zu sehen, was diese Geste für mich zu einer scheinheiligen Farce machte.

Odin riss mich allerdings aus meinen Gedanken, bevor ich den Faden weiterspinnen konnte, indem er sagte: „Meine Freunde. Heute ist ein Tag der Freude, denn mein Sohn ist endlich wieder zurückgekehrt.“, dann sah er Thor an und legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Thor, mein Erstgeborener, erfülle Asgard und mich mit Stolz und werde zu einem ehrbaren Mann!“

Mit diesen Worten löste er sich komplett von Thor und badete einen Moment in dem, seiner kleinen Ansprache folgenden, Applaus, bevor er die Treppenstufen zu dem Thron erklomm und sich auf dem goldenen Sitz niederließ. Dabei warf er auch mir einen Blick zu, den ich mit einem Lächeln erwiderte, doch das Lächeln fühlte sich falsch an. Seit Odin erschienen war, hatte ich das unbestimmte Gefühl, dass ich etwas tun müsste, doch wollte mir einfach nicht einfallen was es sein könnte. Wie ein Wort, das einem auf der Zunge lag und doch nicht auszusprechen war.
 

Die Feier dauerte bis spät in die Nacht. Ich hatte mich früh, unter dem Vorwand von Kopfschmerzen, zurück gezogen und nun saß ich in meinem Gemach und wartete auf Thor. Ich wusste das er kommen würde, denn ich hatte seinen Blick bemerkt, als ich den Saal verlassen hatte. Seine Augen waren für mich wie ein Buch, in dem es zu lesen galt, doch scheinbar schienen das die anderen nicht zu begreifen.

Thor war leicht zu entschlüsseln, man musste nur genau hinsehen. Es war seine Stirn, die ihn verriet, wenn er nachdachte und sie sich dabei in Falten legte. Es war sein Mund, der ihn verriet, wenn er wütend war und dieser dabei zu einem schmalen Strich wurde. Und es waren seine Augen, die ihn verrieten, wenn er glücklich war und die dabei strahlten, wie die hellsten Sterne am Firmament.

All das konnte man sehen, doch sowohl seine Freunde, als auch unsere Eltern konnten dies nicht wahrnehmen und das machte mich glücklich. Denn zu wissen, dass ich Thor besser kannte, als sie alle, war eine wahre Genugtuung.

„Worüber denkst du so angestrengt nach, kleiner Bruder?“

Erschrocken zuckte ich bei der Stimme zusammen und starrte mit weit aufgerissenen Augen zur Tür.

„Verdammt Thor. Hast du in Midgard nicht gelernt zu klopfen? Du hättest mich beinahe zu Tode erschreckt.“, sagte ich und Thor lachte, während er komplett eintrat und die Tür hinter sich schloss. Das Geräusch seines Lachens ging mir durch Mark und Bein und am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen.

„Vergib mir, Loki!“, sagte er und ich erschauerte unter der Art, wie er meinen Namen sagte. „Ich wollte dich nicht erschrecken, doch als ich klopfte, erhielt ich keine Antwort und dann öffne ich die Tür und sehe dich ins Lehre starren. Also! Worüber hast du nachgedacht?“

Er hatte mein Bett erreicht und ließ sich neben mir nieder. Seine Hand legte sich wieder in meinen Nacken und er begann sanft diese eine Stelle dort zu kraulen, von der nur er wusste, dass sie meine Schwachstelle war. Wenn er das tat, war es um mich geschehen und ich erzählte ihm einfach alles. Vor drei Jahren hatte er es das letzte Mal getan, weshalb ich die Berührung gerade umso mehr genoss, bevor ich meinen Kopf zu ihm drehte und ihn mit meinen grünen Augen ansah.

„Worüber ich nachgedacht habe, Bruder? Über das Einzige, was mich wirklich interessiert. Dich!“

Der Streit

Thor´s POV:
 

Die Jahre gingen auf und ab. Es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen im Palast und mit der Zeit bemerkte ich die Veränderungen, die mein Körper durchlief.

Mädchen fand ich plötzlich gar nicht mehr so blöd und auch sie schienen nichts gegen mich zu haben und trotzdem war ich die meiste Zeit bei Loki.

Denn ich war sehr unsicher, ob diese Mädchen wirklich mich wollten oder nur darauf aus waren mit dem Kronprinzen Asgards anzubändeln. Loki jedenfalls hatte mich ein gesundes Misstrauen gelehrt und irgendwie war es für mich gar nicht so schlimm, noch keine Freundin gehabt zu haben, auch wenn meine Freunde mich deswegen aufzogen.

Ich war achtzehn, als ich das erste Mal mit Loki stritt. Und dieser Streit wurde in Asgard berühmt, denn zum ersten Mal zeigte sich ganz deutlich, wie abhängig wir voneinander waren.

Es hatte alles ganz harmlos angefangen. Meine Geburtstagsfeier war mit großer Pracht begangen worden, denn Vater hatte sich in den Kopf gesetzt die Menschen zu imitieren und die Volljährigkeit ein wenig vorzuverlegen. Anstatt mit dreißig, wurde man jetzt schon mit achtzehn erwachsen und musste dann eine Prüfung ablegen, die den weiteren Lebensweg bestimmte.

Wochenlang war ich auf diese Prüfung vorbereitet worden und als ich am Morgen meines großen Tages in der Ahnenkammer des Tempels kniete und auf eine Eingebung wartete, fühlte ich mich so bereit wie noch nie in meinem Leben.

Die Ahnenkammer, war im Grunde keine Kammer, sondern eine große Halle, deren Decke von Kriegs- und Enstehungsszenen Asgards geschmückt war und deren Kristallwände die Namen gefallener Krieger zierte. Der Boden war mit einem Mosaik geschmückt, wobei man immer das Gefühl hatte, dass das Muster lebendig war.

Ich kniete seit mehreren Minuten auf dem Boden, als mich plötzlich eine Kälte erfüllte und ich das Gefühl hatte, dass sich Nadeln in meinen Kopf bohrten, bis sich aus den Schmerzen langsam Bilder kristallisierten. Ich sah die Berge von Hel, dem Totenreich, schwarz und gewaltig und zwischen ihnen eine riesige Schlange.

Jörmungandaal! Die Midgardschlange!

Sie war der größte Feind der Asen und Wächter über das Reich Hel, welches die Menschen als die Hölle bezeichneten.

Die Vision endete und gerade, als ich, verzweifelt über diese unmöglich scheinende Aufgabe, die Ahnenkammer verlassen wollte, erschien noch ein Bild in meinem Kopf. Das Bild eines silbernen Hammers.
 

Die Aufgabe zehrte an meinen Kräften und als ich spät in der Nacht nach Asgard zurückkehrte und als Beweis meines Sieges einen riesigen Giftzahn heimbrachte, wurde ich mit allen Ehren eines Kriegshelden empfangen.

Es gab eine große Feier mit einem riesigen Bankett und als der Alkohol in Strömen floss, warf auch ich meine Manieren über Bord und tat mich am Schnaps gütlich. Die Stimmung wurde ausgelassener, die Witze schlechter und als die Nacht ihre dunkelste Stunde erreichte, stand mir plötzlich der Sinn nach anderer Gesellschaft, als meinen Freunden.

Loki hatte sich schon lange verabschiedet und plötzlich kamen mir seine Ermahnungen, was die Frauen betraf, gar nicht mehr so wichtig vor, weshalb ich das nächste hübsche Mädchen, welches an mir vorbeilief auf meinen Schoß zog und küsste. Ich hörte noch meine Freunde pfeifen, doch ich schenkte dem keine Beachtung. Der Kuss wurde immer heißer und mittlerweile hatte auch meine Hand den Weg unter das Kleid der namenlosen Schönheit gefunden, weshalb ich enttäuscht knurrte, als sie sich mir entzog.

„Wir sollten in deine Gemächer gehen.“, sagte sie und ich folgte ihr willig, als sie mich auf die Beine zog. Den ganzen Weg zu meinem Zimmer verbrachten wir mit Necken und Küssen und als wir meine Gemächer erreichten, war ich angeheizt und wollte wilden, hemmungslosen Sex.

Ich stieß die Tür auf und einen Moment war ich geblendet, denn jemand hatte das Licht in meinem Zimmer angestellt. Ich hörte ein erschrockenes Einatmen und als ich die Augen öffnete sah ich Loki auf meinem Bett sitzen, ein Buch in der Hand.

Ich wusste nicht was in mich fuhr, doch plötzlich war ich stinksauer. Ich hörte das Mädchen neben mir lachen und irgendwas von: „Das gibt Ärger!“, faseln und der Alkohol tat sein übriges.

Mit einem Satz stand ich neben meinem Bett und zog Loki grob am Kragen aus den Kissen. Er versuchte sich zu wehren, doch der Vierzehnjährige hatte nicht den Hauch einer Chance.

Mit einem Ruck riss ich die Zimmertür wieder auf und warf Loki so heftig aus dem Zimmer, dass er an die gegenüberliegenden Wand knallte.

„Verschwinde, und komm nie wieder!“, brüllte ich und als ich die Tür zudonnerte, ignorierte ich die Tränen, die in seinen schmerzverzerrten Augen glitzerten.
 

Am nächsten Morgen brummte mein Kopf und ich hatte einen widerlichen Geschmack auf der Zunge. Das Mädchen war verschwunden und langsam kehrten die Erinnerungen an die vergangene Nacht zurück.

Mein Grinsen angesichts meiner Eroberung verblasste als ich mich plötzlich wieder an Loki erinnerte. Ich sprang blitzschnell aus dem Bett, zog eine Hose über und stürmte in Loki´s Zimmer. Sein Bett war gemacht und sah unberührt aus und besorgt lief ich wieder in den Flur.

Den ganzen Morgen rannte ich durch den Palast, doch niemand wollte meinen kleinen Bruder gesehen haben und als ich ihn im Garten, unter unserem Lieblingsbaum fand, war er blass und hatte tiefe Ringe unter den Augen.

„Oh, Loki.“, sagte ich und musste mit ansehen, wie er erschrocken zusammenzuckte:

„Es tut mir so Leid! Alles was ich gestern Abend gesagt und getan habe. Ich war betrunken.“

Wütende, smaragdgrüne Augen sahen mich an und ich spürte Loki´s Enttäuschung fast körperlich.

„Das soll also deine Entschuldigung sein?“, fragte er und seine Stimme war getränkt mit Zorn und Kummer: „Du hast mich an eine Wand geworfen und mir gesagt ich solle mich nie wieder blicken lassen und das alles wegen einer namenlosen Hure!“

Er war aufgesprungen und seine Augen schienen Funken zu sprühen, doch seine Worte machten auch mich wütend.

„Verdammt Loki, ich habe mich Entschuldigt für das was ich tat, doch meine Bettgeschichten gehen dich nichts an. Ich bin achtzehn Jahre alt. Es wird erwartet!“

„Erwartet?“, rief er und ich zuckte unter dem scharfen Klang seiner Stimme zusammen: „Es wird also erwartet, dass du irgendein Weib von deiner Feier entführst, damit die anderen Krieger erkennen, dass du ein Mann bist? Das sind doch die Worte deiner nichtsnutzigen Freunde und-“

„Beleidige meine Freunde nicht! Sie haben nichts damit zutun!“

Ich war unglaublich sauer. Wie konnte Loki es wagen so mit mir zu sprechen. Ich war der Kronprinz von Asgard.

Loki´s Augen wurden schmal, als ich ihm meine Gedanken an den Kopf schleuderte und plötzlich straffte er die Schultern und sein Blick glich grünem Eis.

„Dann, Bruder, werde ich dir nicht länger im Wege stehen. Ich hoffe Ihr werdet glücklich, Euer Hoheit!“

Und mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand.

Auftrag

Loki´s POV:
 

Seit zwei Wochen hatte ich nicht mehr mit Thor gesprochen und langsam bemerkten die Asen, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Thor hatte zu seinem Geburtstag von Vater eine eigene Kampftruppe bekommen in der, welch Wunder, auch Sif, Volstagg, Hogun und Fandral untergebracht waren.

Seit unserem Streit allerdings schien Thor seine Männer härter den je ranzunehmen. Er ließ sie extra lange Gewaltmärsche absolvieren, trainierte Tag und Nacht und nahm jeden Auftrag an, den er in die Finger bekommen konnte. Seine Einheit wurde immer ungehaltener, aber gegen den Kronprinzen Asgards konnte man schlecht das Wort erheben, sodass ich an einem Abend, an dem ich noch in der Bibliothek saß, plötzlich von Sif und den drei, meiner Meinung nach, Vollidioten, gestört wurde.

„Was wollt ihr?“, fragte ich ungehalten und versuchte mich, trotz ihrer Anwesenheit, auf den Text vor mir zu konzentrieren. Seit kurzem studierte ich die Eigenheiten der Magie und versuchte mir so einen Vorteil gegenüber Thor herauszuspielen, denn das ich es an Körperkraft niemals mit ihm würde aufnehmen können, war mir klar.

„Wir wollen das du dich wieder mit Thor verträgst.“, sagte Sif und ich hob den Blick um sie eiskalt anzusehen. Sie zuckte kurz zusammen, bevor sie sich wieder fasste und fortfuhr: „Bitte, Loki! Seit Wochen ist Thor unerträglich. Er scheint allen Ernstes vorzuhaben uns in den Tod zu treiben, mit seinem Training und, beim Allvater, ich habe noch keine Muße nach Wallhall zu fahren.“

Volstagg, Hogun und Fandral nickten und ich überlegte kurz. Allerdings hatte ich keinesfalls die Absicht, mich bei Thor zu entschuldigen. Er hatte mich, auf mehr als eine Weise verletzt und ich wollte, dass er genauso litt wie ich.

Allerdings wollte ich mir es auch nicht mit den Vieren verscherzen, denn sie zum Feind zu haben, könnte mir später einmal zum Verhängnis werden.

Nachdem ich also ausreichend meine Möglichkeiten abgewogen hatte, schlug ich mein Buch zu und stand auf. Ich sah wie Sif und die Anderen erleichtert ausatmeten und Sif fragte: „Du willst also mit ihm reden?“

Diesmal konnte ich mir nicht verkneifen sie ungläubig anzusehen und antwortete: „Nein! Thor hat mich beleidigt und verletzt und solange er sich nicht bei mir entschuldigt hat, werde ich ganz sicher nicht mit ihm reden.“

Und mit diesen Worten verließ ich die Bibliothek.

Das mein Plan schon zwei Tage später scheitern sollte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen, doch als es so weit war hätte ich mich am liebsten in meinem Zimmer verkrochen und die Decke über den Kopf gezogen.
 

Odin hatte mich an diesem Tag zu sich in den Thronsaal rufen lassen und als ich dort ankam, sah ich auch Thor mit seinen Freunden dort stehen. Ich musste zugeben, dass die Vier wirklich alles andere als gut aussahen und auch Thor wirkte gereizt und überspannt, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und als ich vor dem Thron stand, deutete ich eine Verbeugung an und sagte: „Vater. Du hast mich rufen lassen?“Odin nickte und unterschrieb noch ein Dokument, bevor er uns seine ganze Aufmerksamkeit widmete.

„Thor, Loki. Ich habe für euch beide einen wichtigen Auftrag.“, begann er und ich versuchte mir meinen Missmut nicht anmerken zu lassen, dass mein erster Auftrag mit Thor sein sollte. Doch mein Bruder hatte sich mal wieder wenig unter Kontrolle und sagte sogleich: „Wenn dieser Auftrag so wichtig ist, Vater, warum muss ich dann ein Kind mitnehmen?“

Ich ballte die Hände zu Fäusten und bat innerlich um Ruhe und Geduld. Odin selbst sah Thor aus seinem verbliebenen, eisblauen Auge streng an und erwiderte: „Genau deswegen, Thor! Du bist impulsiv und leicht zu reizen und auch wenn es dir nicht gefallen mag, Loki hat weitaus mehr Selbstbeherrschung als du. Doch bevor das hier in eine sinnlose Diskussion ausartet, hört lieber was ich zu sagen habe.“

Thor, der schon den Mund geöffnet hatte um zu widersprechen, schloss ihn wieder und verschränkte die Arme. Ein Zeichen, dass er ganz Ohr war.

„Ich habe schlechte Nachrichten aus Nornheim bekommen.“, begann Odin und plötzlich sah der mächtigste Mann Asgards sehr müde aus: „Wie es scheint planen die Nornen ein Komplott gegen Asgard. Um das zu verhindern, habe ich um eine Audienz bei ihrem Fürsten Dareos gebeten, doch er hat mir zu verstehen gegeben, dass er auf meine Anwesenheit in seinem Reich keinen Wert legt. Somit blieb mir nichts anderes übrig als um eine Audienz für Asgards Kronprinzen zu bitten. Diese Bitte konnte er nicht ausschlagen und aus diesem Grund schicke ich dich dorthin, Thor. Finde heraus was dieser Dareos plant und berichte mir alles was dir verdächtig erscheint. Sollte es wirklich zu einem Krieg kommen, wirst du die erste Einheit führen, doch tut alles um das zu verhindern. Ich will keinen Krieg mit ihnen.“

Thor und ich nickten ernst und als Odin uns mit einer Handbewegung entließ, standen wir kurz darauf zusammen mit seinen Freunden vor dem Thronsaal.

„Das hört sich nicht gut an.“, sagte er und ich konnte nur nicken. Es waren die ersten Worte, die Thor und ich seit unserem Streit sprachen und als ich zu ihm aufblickte, sah ich, dass seine himmelblauen Augen auf mir lagen und mich traurig musterten.

Sif und ihre drei Anhängsel verschwanden unauffällig, während Thor und ich noch in dem Gang standen. Er war wie leer gefegt. Kein Diener oder Wächter auf dem Weg zum Thronsaal und irgendwie ließ mich das Gefühl nicht los, dass Odin etwas damit zutun hatte.

„Es tut mir Leid.“

Erschrocken sah ich zu Thor, der auf seine Stiefelspitzen starrte und bevor ich auch nur einen Ton sagen konnte, fuhr er fort: „Ich hätte nicht so hässliche Dinge sagen dürfen. Ich war im Unrecht und es tut mir wahnsinnig Leid. Bitte vergib mir, Bruder.“ Und als er mich wieder anblickte, war meine ganze Wut und die Enttäuschung verflogen und als ich wieder nickte, riss mich Thor in seine Arme.

Es war ein wundervolles Gefühl, wider in Thor´s Armen zu liegen und ich wünschte mir unbewusst, dass dieser Moment nie enden würde, doch mein Wunsch wurde natürlich nicht erhört.

Als er mich losließ, wischte sich Thor kurz, aber verräterisch über das Gesicht und sagte dann zu mir: „Wir sollten uns jetzt vorbereiten, Bruder. Wir sehen uns morgen am Bifröst.“

Er erschwand schnell und ich lächelte. Endlich hatte ich meinen Bruder wieder.
 

Am nächsten Morgen standen wir in aller Früh bei der Regenbogenbrücke und auch wenn man es mir nicht ansehen konnte, war ich trotzdem nervös. Dies war meine erste Reise in eine der anderen Welten und das Wissen um meine Aufgabe lastete schwer auf meinen Schultern.

„Mach dir keine Sorgen, Bruder. Ich werde dich beschützen.“, sagte Thor, als er neben mich trat. Im Gegensatz zu mir trug er eine schwere, silberne Kriegsrüstung. Der rote Umhang betonte seine muskulösen Schultern und als ich auf seinen Gürtel sah, stellte ich erstaunt fest, dass er nicht das Schwert trug, welches er sonst immer für den Kampf verwendete. An seinem Gürtel baumelte Mjölnir, der Kriegshammer, der in einem sterbenden Stern geschmiedet worden war.

Thor bemerkte scheinbar meinen Blick und grinste mich an: „Ich habe vor meiner Prüfung eine Vision von Mjölnir erhalten und dachte ich könnte ihn mal ausprobieren.“ Ich nickte, doch da fuhr er schon fort: „Aber sag mal, Bruder, glaubst du wirklich, dass so eine dünne Rüstung ausreichend Schutz bietet?“

Theoretisch hatte Thor Recht. Die dunkelgraue Rüstung die ich trug, war sehr dünn und leicht. Eine Rüstung, die man zu Besprechungen mit dem Kriegsrat trug, doch

ich blickte ihn herausfordernd an und sagte: „Wenigstens einer von uns muss so aussehen, als hätte er wirklich friedliche Absichten.“

Thor lachte und als auch seine vier Freunde endlich da waren, konnten wir die Metallkuppel betreten und stellten uns vor den Durchgang. Ich hörte, wie Heimdall sein Schwert in dem Schacht versenkte und spürte wie die Macht durch die stählerne Kugel floss, bevor mich ein heftiger Sog erfasst und fortriss. Auf dem Weg in eine andere Welt.

Nornheim

Thor´s POV:
 

Die Landung in Nornheim war nicht ganz so holperig, wie meine Landung damals auf Midgard, doch ich musste schnell die Arme ausstrecken, um Loki aufzufangen, der daraufhin einige bunte Flüche ausstieß, die mich zum Grinsen brachten.

„Also wirklich, Bruder. Vater würde bei deiner Wortwahl rot anlaufen, könnte er dich hören!“, sagte ich und ließ Loki los. Die Kälte, die ich dabei empfand, ignorierte ich einfach gekonnt und sah mich stattdessen um. Wir standen auf einer weiten Ebene, die mit gelblich grünem Gras bewachsen war, nur ab und zu von einigen spitzen, braunen Felsen unterbrochen. In der Ferne sah ich eine große Stadt, die bei weitem nicht so schön war wie Asgard. Die Häuser waren aus grauem Stein erbaut und erstreckten sich strahlenförmig um das gigantische Schloss. Alle Hauptverkehrsstraßen führten auf den Prachtbau zu und dieser machten den Eindruck von zu viel Macht und einem selbstverliebten Herrscher.

„Das sieht nicht gut aus.“, sagte in diesem Moment Loki, der meinem Blick gefolgt war und seine grünen Augen über die Stadt schweifen ließ. Sif, Volstagg, Hogun und Fandral hatten sich, jeweils zu zweit, neben Loki und mich gestellt und Fandral fragte:

„Was meinst du damit? Ich meine ja, die Stadt ist nicht so schön wie Asgard, aber-“ „Das meine ich nicht.“, unterbrach Loki den Blonden: „Diese Stadt spiegelt den Charakter des Königs wieder. Und ich glaube nicht, dass dieser uns wohlgesonnen ist.“ Er deutete in Richtung Stadt und in diesem Augenblick bemerkte ich eine braune Staubwolke, die sich als eine Schar von Reitern entpuppte. Sie trugen Rüstungen und waren schwer bewaffnet und automatisch stellte ich mich ein wenig vor Loki um ihn abzuschirmen. Ich verstand nun langsam warum Vater so besorgt war.

Als die Reiter uns erreichten wurden wir von ihrem Anführer barsch begrüßt und darüber informiert, dass König Dareos uns bereits erwarte. Man hatte uns Pferde mitgebracht, doch es waren nur fünf Tiere, weshalb Loki zusammen mit mir auf einem reiten musste und ich wusste, dass ihm diese Situation nicht passte. Mir war es allerdings ganz Recht, denn ich hatte das unbestimmte Gefühl von Gefahr im Blut und deswegen keinerlei Muße, Loki auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen.

Die Hauptstraße zum Schloss war gepflastert und ich musste an mich halten nicht das Gesicht zu verziehen, angesichts der Unterschiede, die in diesem Reich herrschten. Von schrecklicher Armut bis zu übertriebenen Reichtum war alles vertreten und ich spürte wie Loki sich hinter mir verspannte. Er hasste Unterdrückung mehr als alles andere und das was hier mit den Bürgern getrieben wurde, war mehr als übel.

Wir erreichten das Schloss und wurden, nachdem wir alle abgesessen hatten, von einem der Wächter durch den Palast zu Thronsaal geführt.

Auch das Innere des Palastes schien auf Machtdemonstration abzuzielen. Alle fünf Schritte stand ein Wächter, bewaffnet mit einem Speer und das gesamte Schloss strahlte eine unheimliche Kälte aus. Meine Freunde sahen sich misstrauisch um und ich versuchte mir mein Unbehagen nicht anmerken zu lassen.

Wir erreichten den Thronsaal und betraten einen Raum, der starr war von jahrelanger Unterdrückung und Angst. Der Mann auf dem Thron war hochgewachsen, aber fett und so von sich überzeugt, dass ich ihm das selbstverliebte Grinsen, das er bei unserem Eintritt aufgelegt hatte, am liebsten aus dem Gesicht geschlagen hätte.

„Thor Odinsson.“, sagte er mit schnarrender Stimme: „Willkommen in Nornheim. Ich hoffe Eure Reise war angenehm.“

Ich musste bei der Falschheit in seiner Stimme ein Schaudern unterdrücken und sagte stattdessen: „Danke, König Dareos. Sie war annehmbar.“ Ich gab mir keine Mühe irgendwie Freundlichkeit zu heucheln und sah wie sich die Augen des fetten Königs verhärteten, doch bevor er etwas sagen konnte, trat Loki vor und sprach: „Bitte vergebt Thor seine Unhöflichkeit, Majestät. Die Reise mit dem Bifröst ist immer sehr nervenaufreibend für ihn. Ich denke-“

„Wer bist du unwürdige Kreatur, dass du es wagst mit mir zu sprechen!“, donnerte da Dareos und ich wäre fast auf ihn losgegangen, hätte Loki nicht mein Handgelenk gepackt und mich zurückgehalten. Seine Finger waren eiskalt auf meiner Haute und als ich ihm aus den Augenwinkeln einen Blick zuwarf, sah ich das seine Augen dunkel, wie die stürmische See waren, vor Zorn. Trotzdem blieb er ruhig und ich atmete tief durch um auch mein Gemüt wieder unter Kontrolle zu bringen, bevor ich an seiner Statt antwortete: „Dies, König Dareos, ist Loki Odinsson. Zweiter Prinz von Asgard.“
 

Nach dieser Vorstellung wurde Dareos blass und entließ uns, wie mein, mit Genugtuung erfülltes, Ego feststellte, sehr hektisch. Diesem Möchtegernkönig war also bewusst, was es bedeutete einen Prinzen Asgards zu beleidigen.

In unseren Gemächern angekommen, entspannte ich erstmal meine Muskeln und sank erschöpft auf einen Stuhl.

„Was denn, Bruder, schon müde? Dabei hat es doch noch gar nicht begonnen.“, sagte da Loki und ich sah ihn an. Er selbst sah aus wie immer, wenn er in der Öffentlichkeit war. Kühl und distanziert, mit einer Berechnung im Blick, die Odin´s Maske würdig war.

In diesem Moment verstand ich und straffte ebenfalls wieder die Schultern.

Loki ging davon aus, dass wir überwacht wurden und auf seine Intuition konnte ich mich immer verlassen. Einen Moment später klopfte es an der Tür und Sif und die anderen betraten den Raum, doch auch sie schienen davon auszugehen, dass wir nicht allein waren, denn ansonsten hätten sie mir sofort Fragen gestellt. Ich sah Sif kurz in die Augen, dann zu Loki und sie folgte meinem Blick und als sie meinen Bruder sah, hatte sie die Bestätigung für ihre Vermutung. Auch Volstagg, Hogun und Fandral waren Sif´s Blick gefolgt und ich musste leicht schmunzeln als ich Hogun´s zusammengekniffene Lippen sah. Er wusste was eine dauerhafte, feindliche Beobachtung erforderte und hasste es. Genauso wie ich!

Schon auf Midgard hatten wir gelernt, dass es im Feindesland niemals sichere Orte gab und man deshalb Strategiebesprechungen und Lagepläne immer hinter einem Code verstecken musste. Wir kannten diesen Code auswendig und hatten während unserer Studienzeit mehr als einmal auf unsere Lehrer geflucht, dass sie uns so etwas beibringen mussten. Doch heute erkannten wir alle, welchen Nutzen dieses Wissen für uns hatte. Gleichzeitig sah ich zu Loki, der zwar ebenfalls Unterricht bekam, doch eher auf den Gebieten der Politik und der Heilung unterrichtet wurde als der Strategie. Allerdings war Loki ein Genie und mich würde es nicht wundern, wenn er den Code schon beherrscht hatte, als ich noch dachte Midgard wäre eine Scheibe.

„Ich freue mich bereits auf das Abendessen, Bruder. Du auch?“, fragte ich und überprüfte somit seinen Wissensstand, denn diese Frage bedeutet eigentlich nichts weiter als: » Kennst du den Code?«

„Aber natürlich, Thor, was denkst du denn.“, erwiderte er und ich spürte, wie meine Freunde an sich halten mussten um nicht laut loszulachen, denn in der Kurzfassung bedeutete es: » Fahr zur Hölle!«
 

Das Abendessen war steif und mit übertriebenen Pomp veranstaltet. Alle hohen Würdenträger des Landes waren versammelt, auch wenn diese eher wie gut gekleidete Nachttopfhalter wirkten. Das Gespräch mit dem König enthielt nur Belangloses und ich konnte beinahe fühlen, wie frustriert er war, dass er noch nichts von unseren wahren Plänen erfahren hatte.

Nach seinem Fauxpas am Nachmittag war er schon fast aufdringlich zuvorkommend zu Loki und ich hätte liebend gern meinen kleinen Bruder weit von hier fortgebracht, denn mir entgingen auch nicht die lüsternen und gierigen Blicke, die dieser fette, schmierige Speichellecker von einem König Loki plötzlich zuwarf.

Ich wusste das Loki´s Aussehen über Asgards Grenzen hinweg berühmt war, denn Loki war der einzige Ase mit nachtschwarzem Haar und die Farbe seiner Augen war in allen neun Welten einzigartig. Ich hatte zwar bereits Menschen mit grünen Augen gesehen, doch diese sahen immer verwaschen und blass aus, im Gegensatz zu Loki´s strahlendem Grün, welches an lupenreine Smaragde erinnerte.

Als das Abendessen für beendet erklärt wurde, lud uns Dareos noch in sein Arbeitszimmer ein um mit uns über Politik zu diskutieren und dies war die Chance auf die wir den ganzen Tag gewartet hatten. Ich gab meinen Freunden also ein Zeichen sich zurück zu ziehen und folgte Dareos, zusammen mit Loki, tiefer ins Schloss. Unsere Aufgabe hatte begonnen.

Die Flucht

Loki´s POV:
 

Das Arbeitszimmer des Königs war nichts besonderes. Ein großer Raum, mit einem riesigen Fenster, einem schweren, hölzernen Schreibtisch und hohen Bücherregalen, denen ich sofort ansah, dass die Bücher nie gelesen worden waren. Dareos bedeutete uns auf zwei Stühlen an einem, scheinbar gerade erst hereingebrachten, runden Tisch platz zu nehmen, auf dem Wein und Früchte platziert waren. Die Früchte ignorierte der fette König, aber dem Wein sprach er nicht ab und goss sowohl sich, als auch uns ein. Sobald meinen Kelch nahm um ihn zu füllen, spürte ich schon wieder seinen Blick auf mir und wäre angesichts der Begierde in seinen Augen am liebsten schreiend aus dem Raum gelaufen. Was ich natürlich nicht tat! Ich hatte hart an meinem Ruf gearbeitet, in der Öffentlichkeit keinerlei Gefühle zu zeigen und auch jetzt beherrschte ich meinen Ekel.

Stattdessen konzentrierte ich mich gedanklich auf Thor, der schon den ganzen Abend scheinbar mit dem Gedanken spielte wie er diesen schmierigen Schleimer von einem König am besten töten konnte. Auch als Dareos mir den Weinkelch hinhielt und sagte: „Dieser Wein ist aus eigenem Anbau und das beste was das Land zu bieten hat.“, sah ich kurz zu meinem Bruder. Obwohl man es mir nicht ansehen konnte, war ich verunsichert. Odin hatte mir verboten Wein zu trinken, doch Thor machte keine Anstalten nach dem Kelch zu greifen, weshalb ich Dareos das silberne Gefäß abnahm. Dabei berührte er meine Hand und ich musste ein Würgen unterdrücken als ich den Ausdruck von kranker Gier in seinen Augen sah.

Um mich selbst zu beruhigen nahm ich einen Schluck Wein und ignorierte einfach Odin´s Anweisung. Ich war vierzehn Jahre alt und wusste das Thor in diesem Alter schon einmal betrunken gewesen war, da konnte Odin mich nicht für einen Schluck Wein verurteilen, sagte ich mir in Gedanken. Als die rote Flüssigkeit meine Zunge berührte musste ich an mich halten, nicht das Gesicht zu verziehen. Der Wein war stark und würzig und hatte einen sehr seltsamen Nachgeschmack, den ich nicht zu identifizieren vermochte.

Thor selbst rührte seinen Kelch nicht an, schließlich hatte ich ihm das Aus-Höflichkeit-Trinken abgenommen. Stattdessen sah er Dareos abschätzend an und sagte: „Nun, ich denke wir sollten wirklich über etwas reden, Majestät. Unserem Vater, Odin, ist zu Ohren gekommen, dass es scheinbar Probleme hier im Reich gäbe.“

„Nicht das es uns etwas anginge!“, warf ich schnell ein. Mir war seltsam schwindelig, doch ich schob das Gefühl beiseite und versuchte mich auf das Gespräch zu konzentrieren: „Was mein Bruder sagen will ist, dass Odin sich sorgt. Er möchte natürlich nicht, dass sein Freunde in Schwierigkeiten stecken.“

Dareos Miene war angespannt, trotz meine Worte und ich wusste, dass er gedanklich alle Möglichkeiten abwog. Er mochte fett und unerträglich sein, doch er war nicht dumm. Wäre er es, hätte er sich nicht so lange auf dem Thron Nornheims halten können.

„Ich danke Odin Allvater für seine Besorgnis.“, antwortete er und warf mir einen Blick zu als würde er auf etwas warte: „Doch dazu besteht keinerlei Veranlassung. In meinem Reich gibt es keinerlei Probleme und ich wäre Euch sehr verbunden wenn Ihr Ihm das ausrichten könntet, Prinz Thor.“

Normalerweise wäre ich nun wütend geworden, dass er mich scheinbar nicht für voll nahm und lieber meinen Bruder einbezog, doch der Schwindel, der von meinem Kopf Besitz ergriffen hatte, wurde immer schlimmer und ich musste alle meine Kräfte aufwenden, um mir nichts anmerken zu lassen. Hatte der Wein mir wirklich so zugesetzt? Ich hätte auf Odin hören sollen.
 

Ich folgte dem Gespräch zwischen Thor und Dareos mittlerweile gar nicht mehr, denn ich war nicht mehr dazu in der Lage. Der Schwindel wurde von Minute zu Minute schlimmer und als sich auch noch Kopfschmerzen dazugesellten und es mir immer schwerer fiel Luft zu holen, wusste ich, was mit mir geschah. Wie konnte ich nur so töricht sein.

„Thor!“, keuchte ich, als mein Bruder seinen Kelch hob um einen Schluck zu trinken und nahm meine ganze Kraft zusammen um ihm den Kelch aus der Hand zu schlagen. Erschrocken blickte er mich an, bevor seine Augen mit Sorge erfüllt wurden.

„Loki? Was hast du? Was ist mit dir?“, fragte er, doch ich konnte nicht antworten. Das Atmen war mir fast unmöglich und der Schwindel war nun so stark, dass ich immer wieder die Augen schließen musste, um wieder klar zu sehen.

„Was haben Sie mit meinem Bruder gemacht?“, hörte ich Thor brüllen, der meinen Rücken umfasst hatte und mich so aufrecht hielt. Die Antwort des Königs hörte ich nicht mehr, doch ich kannte sie ohnehin. Gift! Er hatte etwas in den Wein geschüttet. Es hätte mir gleich seltsam vorkommen müssen, dass er selbst von diesem ach so guten Wein nichts trank und würde es mir nicht so schlecht gehen, ich hätte mir selbst Vorwürfe für meine Dummheit gemacht.

Plötzlich brach ein unglaublicher Tumult los. Die Tür wurde aus den Angeln gerissen und Sif, Volstagg, Hogun und Fandral stürmten in den Raum. Sie riefen etwas und ich spürte ihre entsetzten Blicke auf mir, doch Thor brüllte ihnen einen Befehl zu und hob mich dann auf die Arme.

„Mach dir keine Sorgen, Bruder!“, sagte er und ich gab mir alle Mühe seine Worte zu verstehen: „Ich werde dich hier rausholen.“
 

Die Kämpfe, die um uns herum tobten, spürte ich mehr, als das ich sie sah. Da Thor mich auf den Armen trug konnte er nicht ins Kampfgeschehen eingreifen, doch gleichzeitig spürte ich auch, wie ich immer schwächer wurde. Das Gift war schon zu lange in meinem Körper und auch wenn ich versuchte mit meiner Magie gegen die Lähmung anzukämpfen, wusste ich, dass ich nicht mehr lange durchhalten würde. Ich spürte wie Thor etwas rief und im nächsten Moment wurde ich an Fandral und Hogun übergeben, die mich zwischen sich hielten, meine Arme um ihre Schultern gelegt um mich zu stützen.

Thor wiederum zog nun zum ersten Mal Mjölnir und trotz meiner Schmerzen, trotz meines schwächer werdenden Körpers, musste ich mit Faszination zusehen, wie mein Bruder einen Gegner nach dem anderen mit der mächtigen Waffe besiegte. Er kämpfte wie ein Besessener und ich spürte seine Stärke bis in meine Knochen. Doch es waren zu viele Gegner. Von allen Seiten strömten Wachen zu unserer Gruppe und stellten sich uns in den Weg. Wir hatten den Palast noch nicht einmal verlassen und wir mussten auf einen freien Platz, damit Heimdall den Bifröst aktivieren konnte. Ich spürte, wie meine Magie langsam aufgab. Was immer das für ein Gift war, es war stark und ich wusste mit mir würden sie es nicht schaffen rechtzeitig zu entkommen, weshalb ich mich zu Hogun beugte. Er war schon immer der Vernünftigste von allen gewesen und ich wusste, er würde meinen Plan verstehen.

„Ihr seid zu langsam mit mir. Wenn ihr weiterhin Rücksicht auf mich nehmt, werdet ihr alle sterben.“, flüsterte ich ihm ins Ohr und spürte wie er erstarrte. Ich wusste, dass er Angst vor der Macht der Manipulation hatte, doch in diesem Moment konnte ich keine Rücksicht darauf nehmen: „Lasst mich zurück und rettet eure Leben. Erzählt Odin von den Vorgängen hier. Sorgt dafür, dass der Frieden wieder einkehrt.“

„Das kann ich nicht tun, mein Prinz! Thor würde mich umbringen, ließe ich Euch zurück.“, erwiderte er und ich musste leise und keuchend lachen.

„Nenn mich endlich Loki, Hogun. Schließlich bist du ein Freund meines Bruders. Und er wird dir nichts tun, denn wenn er mein Verschwinden bemerkt wird es schon zu spät sein. Ich sterbe, Hogun, ich spüre es in jeder Faser meines Körpers, doch bevor ich nach Walhall fahre werde ich alles tun um Thor zu retten. Ich werde jetzt Nebel heraufbeschwören, du wirst mich loslassen, zusammen mit Fandral Thor pack und auf den Platz hinaus stürmen. Ruft nach Heimdall und lasst Thor nicht los. Das ist ein Befehl!“ Und mit diesen Worten riss ich mich von den beiden los, gab ihn einen Stoß in den Rücken und begann Worte zu murmeln, die ich noch vor wenigen Tagen in einem der Lehrbücher gelesen hatte. Ich betete zu allen mir bekannten Göttern, dass es funktionieren würde, nahm meine letzt Kraft zusammen und beschwor einen grünen Nebel, der so dicht war, dass man die Hand vor Augen nicht mehr sehen konnte. Ich hörte Thor schreien, als Hogun und Fandral ihn packten, doch ich war zu sehr damit beschäftigt den Nebel aufrecht zu erhalten, als das ich auf seine Worte lauschen konnte.

Mit einer allerletzten Kraftanstrengung wob ich den einzigen Schutzzauber um Thor den ich kannte und lächelte selig, als ich spürte wie die Macht des Bifröst Thor und seine Freunde davon riss und mich eine allumfassende Schwärze umschloss.

Krieg

Thor´s POV:
 

„NEIN! LOKI!“

Der verzweifelte Schrei, der durch die goldene Kuppel des Bifröst hallte, war so laut, dass er in meinen Ohren schallte, wie der verzweifelte Ruf eines zum Tode Verdammten. Dann erst bemerkte ich, dass der Schrei von mir selbst stammte und sich in ein hilfloses Schluchzen verwandelte.

Hogun und Fandral hielten mich immer noch an den Armen fest, während ich auf Knien beobachtete, wie die Metallkuppel sich immer langsamer drehte, bis sie schließlich still stand. Ich spürte meine Freunde hinter mir, ich hörte wie sie auf mich einredeten, doch ihre Worte konnte ich nicht verstehen. Sif hatte sich vor mir ebenfalls auf die Knie sinken lassen und hielt mein Gesicht umklammert. Sie redete auf mich ein und ich sah Tränen in ihren hellen Augen schimmern, doch nichts davon berührte mich.

Ich hatte das Gefühl, als würde mein Herz stillstehen. Noch immer sah ich Loki´s zusammen gesunkene Gestalt im Nebel verschwinden, ein undeutliches Lächeln auf den blassen Lippen. Der Schmerz, der mich anhand dieser Erinnerungen übermannte brannte tief in meiner Brust und ich spürte nur undeutlich eine große, warme Hand auf meiner Schulter. Als ich den Kopf umwandte sah ich Heimdall neben mir knien. Sein langes Schwert steckte noch immer im Energieschacht und seine undefinierbaren, bernsteinfarbenen Augen hatten zum ersten Mal einen traurigen Schimmer in ihnen.

„Verzweifelt noch nicht, junger Prinz. Noch ist nicht alles verloren. Euer Bruder ist stark.“

Diese Worte gaben mir Hoffnung. Hieß es nicht, dass Heimdall alle Welten beobachten konnte!

„Siehst du ihn, Heimdall? Kannst du Loki sehen?“, fragte ich und hätte ihn am liebsten am Kragen gepackt, doch Sif hielt mich zurück.

„Sehen kann ich ihn zur Zeit nicht, doch ich habe auch nicht das Gefühl, dass er tot ist. Glaubt mir ich würde es spüren. Und wenn ihr in Euer Innerstes lauscht, Thor, dann werdet auch Ihr wissen, dass Loki noch lebt.“

Ich nahm mir seinen Ratschlag zu Herzen und lauschte in mich, während meine Freunde gespannt den Atem anhielten. Es gab viele Gerüchte und Legenden zu Seelenverbundenheit, doch noch Niemandem war es gelungen dies zu beweisen. Doch als ich an Loki dachte, spürte ich eine leichte Wärme in meinem Herzen, als würde eine fremde Energie in mir leben und ich wusste unwillkürlich, dass diese Energie Loki gehörte.

Als ich die Augen wieder aufschlug, sahen mich meine Freunde gespannt an und ich sagte: „Er lebt. Ich spüre es. Doch wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir müssen meinen Vater benachrichtigen.“
 

Der Ritt zum Palast dauerte, meiner Meinung nach, viel zu lange und als wir endlich Odin´s goldene Hallen betraten herrschte dort ein reges Treiben. Soldaten kreuzten in großen Gruppen unseren Weg und ich sah auch den ein oder anderen hohen Offizier auf dem Weg zum Thronsaal.

Auch in diesem herrschte Hochbetrieb. Mein Vater stand in seiner goldenen Rüstung vor einem wuchtigen Tisch, auf dem eine riesige Karte ausgebreitet war und diskutierte heftig mit Jodan, seinem ersten General. Als er uns allerdings entdeckte unterbrach er den grauhaarigen Hünen und auch alle anderen Anwesenden wurden sofort totenstill.

„Thor, was ist passiert?“, fragte Odin mit ernster Miene, bevor er sich besorgt umsah: „Und wo ist Loki?“

Ich senkte den Kopf, bevor ich die Schultern straffte und antwortete: „Wir wurden verraten, Vater. Dareos… er hatte von Anfang an vor uns anzugreifen. Er vergiftete Loki und wir konnten nur entkommen, weil mein Bruder… weil er zurück blieb um uns zu decken. Er ist immer noch in Nornheim und wir müssen uns beeilen. Wir müssen ihn retten!“

Alle Soldaten in dem Saal sahen betroffen zu Boden und Odin kam um den Tisch herum, um mir eine Hand auf die Schulter zu legen.

„Bist du dir sicher, dass dein Bruder noch lebt?“, fragte er und ich blickte entschlossen zu ihm auf.

„Ja, Vater! Ich bin mir ganz sicher, dass er noch lebt.“

Daraufhin drehte sich Odin wieder zu seinen Soldaten und rief: „Ab sofort befinden wir uns im Krieg mit Nornheim. Dareos hat meine Söhne angegriffen und ich werde nicht zulassen, dass Loki etwas passiert. Blast zum Appell.“

Einen kurzen Moment herrschte Hektik in dem großen Saal, aber innerhalb von wenigen Minuten waren alle aus dem Raum verschwunden und Vater drehte sich wieder zu mir um. Sein Blick war todernst und ich wusste, dass er mir nun einen Kriegsbefehl erteilen würde.

„Du sammelst ebenfalls deine Truppe und bringst sie zum Appell. Ich werde sie General Jodan unterstellen. Du wirst auf alles hören was er sagt und wenn es dir nicht gefällt. Hast du mich verstanden?“, fragte er und ich nickte schnell.

„Wegtreten!“, sagte er und in Windeseile verließ ich mit meinen Freunden den Thronsaal.

„Ihr werdet alle zusammenrufen und zum Exerzierplatz bringen. Wir treffen uns dann dort. Ich muss noch etwas holen.“

Mit diesen Worten ließ ich drei verblüffte junge Männer und eine protestierende Sif zurück und eilte in Richtung der Gemächer meines Bruders. Dort angelangt stieß ich die Tür auf und bat Loki innerlich um Verzeihung, dass ich einfach so sein Zimmer ohne seine Erlaubnis betrat. Doch ich brauchte dringend etwas aus diesem Raum. Einen Moment sah ich mich unschlüssig in dem ordentlichen Zimmer um.

Es war nicht viel größer als meines, doch durch die herrschende Ordnung und Sauberkeit wirkte es wesentlich imposanter.

Ich schaute mich immer noch um, bis mein Blick plötzlich auf einer mittelgroßen Schatulle auf dem Nachtisch hängen blieb. Es war eine, mit feinen Intarsien verzierte, Holzkiste und als ich sie öffnete blitzten mir ein Dutzend feiner, schlanker Silberdolche entgegen. Sie waren perfekt gearbeitet und extra für Loki angefertigt worden. Ich hatte noch zu gut sein wütendes und enttäuschtes Gesicht vor Augen, als Vater ihm die Dolche zum vierzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Er hatte auf ein Schwert oder einen Bogen gehofft, doch Vater hatte nur gütig gelächelt und gemeint, dass ein Schwert nichts für Loki wäre und ein Bogen ihn nur einschränken würde. Mittlerweile wusste jeder in Asgard, dass die Dolche absolut perfekt für Loki waren und niemand wagte es seine Kampfkunst in Frage zu stellen, auch wenn er sich trotzdem lieber auf Strategie und Taktik, als auf reine Körperkraft verließ. Diese Gedanken versetzten mir einen Stich im Herzen und mit einer schnellen Bewegung nahm ich alle Dolche an mich und verschloss die leere Kiste wieder.

„Mach dir keine Sorgen, kleiner Bruder. Ich werde dich da rausholen!“, flüsterte ich in den leeren Raum, bevor ich auf dem Absatz kehrt machte und zum Exerzierplatz eilte.
 

Auf dem Exerzierplatz hatten sich mittlerweile sämtliche Abteilungen des Heeres versammelt und warteten nun auf meinen Vater. Ich spürte mitleidige Blicke auf mir ruhen, doch ich hatte nicht vor mich von ihnen runterziehen zu lassen. Ich wusste, dass mein Bruder noch lebte und ich würde ihn retten. Koste es was es wolle!

In diesem Moment trat mein Vater vor das Heer und alle nahmen Haltung an. Odin´s starrer Blick glitt über seine Männer und er rief: „Dies ist keine Übung und auch kein Scherz. Nornheim hat einen unverzeihlichen Fehler begangen und uns mit der Entführung meines Sohnes den Krieg erklärt. Und Asgard wird antworten.“

Damit schwang er sich auf Sleipnir und preschte an der Spitze seiner Armee auf den Bifröst zu. Auch wir sprangen schnell auf unsere Pferde und folgten Jodan, der dicht hinter meinem Vater ritt.

Die Regenbogenbrücke aktivierte sich schon, als wir noch auf dem Weg zur Kuppel waren und zum ersten Mal wurde ich mitsamt eines Pferdes in die Weiten Yggdrasils geschleudert.

Als ich auf der anderen Seite wieder auftauchte, hörte ich schon die ersten Kampfgeräusche und musste mich sofort mit einem Krieger Nornheims auseinandersetzen, doch ich zögerte keine Minute. Loki war irgendwo in der Stadt und ich würde unter allen Umständen zu ihm kommen.

Rettung

Loki´s POV:
 

Als ich aus meiner tiefen Ohnmacht erwachte, schmerzte mein Körper, als hätte ich ein Training mit Thor hinter mir. Meine Knochen fühlten sich an wie Gummi, meine Lungen brannten und mein Kopf dröhnte.

Ich lag auf einem kalten und harten Untergrund und als ich es endlich schaffte die Augen zu öffnen, sah ich steinerne Wände und eine schwere Eisentür. „Kerker!“, sagte mir mein erschöpftes Gehirn und ich versuchte mich von dem Steinboden aufzurappeln, auf dem ich lag, doch meine Arme zitterten so heftig, dass ich sofort wieder zurück sank.

Langsam stieg Panik in mir auf, auch wenn ich versuchte diese zu unterdrücken. Doch die Fragen in meinem Kopf ließen mich nicht los. Hatten Thor und die anderen die Flucht geschafft? Ging es ihnen gut? Und vor Allem: Würden sie kommen und mich retten?

Doch ich hatte keine Zeit mir den Kopf über die Fragen zu zerbrechen, denn plötzlich wurde die Eisentür aufgestoßen und Dareos betrat, gefolgt von zwei Wachen, die Zelle. Die Wachen liefen zu mir, packten mich grob und zogen mich nach oben, sodass ich kniend vor dem fetten König hockte. In meinem Kopf drehte sich alles und ich gab mir große Mühe, mich nicht auf Dareos´ Schuhe zu übergeben.

„Du bist wirklich stark, junger Prinz!“, sagte er da und seine Stimme schallte laut in der Zelle: „Ich hätte nicht gedacht, dass du dieses Gift überlebst. Aber mir wurde ja bereits eingehend berichtet, dass du über sehr mächtige Magie verfügst.“

Er hatte seine Finger unter mein Kinn gelegt und sorgte so dafür, dass ich ihm ins Gesicht sehen musste. Seine trüb blauen Augen waren gefüllt von unterdrückter Gier und ich erschauderte unwillkürlich. Als er sich zu mir runterbeugte, riss ich ruckartig meinen Kopf nach hinten und zischte: „Fass mich nicht an!“

Ein schallendes Geräusch und brennender Schmerz in meiner Wange waren die Folge und meine Übelkeit nahm nach diesem Schlag erheblich zu.

„Du solltest ganz vorsichtig sein, was du von dir gibst. Zur Zeit bist du auf meine Gunst angewiesen, Loki Odinson. Außerdem weiß ich doch, dass du es mit jedem treibst. Schließlich hast du Odin Allvater ja auch ein Pferd geschenkt, welches dein Sohn ist.“

Obwohl mir nicht danach war, sah ich ihn an und lachte. Der Ton, der aus meiner Kehle kam, war nicht mit meinem sonstigen Lachen zu vergleichen, denn er war rau und erstickt, doch um so vieles abwertender.

„Wenn sie so vieles wissen, Majestät,“, ich spuckte das Wort aus, als wäre es Gift: „Dann wüssten sie auch, dass Sleipnir älter ist als ich!“

Ich wusste, noch bevor er mir den ersten Schlag in die Magengrube verpasste, dass er wütend war. Seine Augen blitzten voller Hass und mit jeder Minute die verging, spürte ich die Schmerzen weniger. Ich lag bereits in meinem eigenen Blut, welches mir aus unzähligen Wunden an Armen, Oberkörper und Gesicht floss, als er mir einen letzten Tritt verpasste. Das Knacken meiner Rippen nahm ich nur als lautes Geräusch wahr, doch spüren tat ich es nicht mehr. Der letzte Gedanke, der mir kam, als Dareos die Zelle verließ, galt Thor.
 

Als ich wieder erwachte spürte ich die Schmerzen in meinem Körper und wünschte mich sofort zurück in die Ohnmacht. Ich stöhnte leise und versuchte erst mal tief Luft zu holen, doch meine, scheinbar gebrochenen, Rippen ließen dies nicht zu. Ich zitterte vor Schmerz und Kälte. Mein Kopf fühlte sich zu leicht an und ich wusste, dass ich auf keinen Fall wieder einschlafen durfte, wenn ich nicht sterben wollte.

Das Geräusch von einem Schlüssel, der in einem Schloss gedreht wurde, ließ mich erstarren und mit großen Augen sah ich zur Tür. Ich verfluchte mich innerlich selbst dafür, dass man mir meine Gefühle wahrscheinlich vom Gesicht ablesen konnte, doch ich hatte einfach keine Kraft um meine übliche Maske aufrecht zu erhalten.

Die Tür wurde dieses Mal wesentlich sanfter aufgezogen und herein kam auch nicht, wie ich erwartet hatte, Dareos um sich noch einmal an mir auszutoben, sondern drei junge Mädchen. Sie waren sehr hübsch, doch als sie weit genug in der Zelle standen, damit ich sie gut sehen konnte, merkte ich, dass sie wahrscheinlich wesentlich älter waren als sie aussahen.

Obwohl ihre Körper ihnen das Aussehen von vielleicht sechzehnjährigen Mädchen gaben, waren ihre Augen alt und so tief, wie der tiefste See Asgards. Aus ihrem Blick sprach Weisheit und eine tief verborgene Trauer.

„Wer seid ihr?“, fragte ich und erschrak selbst über meine brüchige Stimme. Das erste Mädchen ließ sich auf die Knie nieder und zog meinen Kopf sanft auf ihren Schoß. Sie hatte lange, blonde Haare, tiefblaue Augen und trug ein königsblaues Kleid aus einem edlen Stoff. Sie zog etwas hinter ihrem Rücken hervor, was sich als Wasserschlauch herausstellte und hielt mir diesen an die Lippen. Gierig nahm ich die kühle Flüssigkeit auf und obwohl ich erst wenige Stunden zuvor vergiftet worden war, wusste ich, dass diese Mädchen mir kein Leid zufügen wollten.

„Ich bin Urd.“, sagte da plötzlich das blonde Mädchen und sah dann zu ihrer Freundin, die sich ebenfalls neben mich kniete. Sie hatte lange, braune Haare und ebenfalls tiefblaue Augen. Sie zog einen Holztiegel und einen feuchten Lappen aus den Tiefen ihres gelben Kleides hervor und begann meine Wunden zu versorgen.

„Ich bin Verdandi.“, sagte diese und sah zu dem letzten der Mädchen.

Diese hatte rotes Haar und dieselben tiefblauen Augen, wie die anderen beiden. Sie zog einen dünnen Brotfladen aus der Tasche ihres grünen Kleides und steckte mir nach und nach geduldig die weichen Brotteile in den Mund, sodass mit jedem Stück meine Kraft wiederkehrte.

„Ich bin Skuld.“, sagte die dritte.

„Wir sind die Nornen.“, sagten sie dann plötzlich wie aus einem Mund und dann wusste ich wer sie waren. Die Schicksalsgöttinnen. Die Frauen, welche seit jeher das Schicksal eines Jeden, sei es Gott oder Mensch, bestimmten. Urd die Gewordene, Verdandi die Werdende und Skuld die Werdensollende.

Odin hatte oft von diesen Frauen gesprochen. Sie waren mächtig und halfen nur denen, die es verdienten. Ehrfurchtsvoll sah ich jeder einzelnen in die Augen, bevor ich mich aufsetzte und den Kopf neigte.

„Ich danke Euch.“, sagte ich und dann spürte ich zum zweiten Mal an diesem Tag Finger unter meinem Kinn. Doch dieses Mal waren sie sanft und vorsichtig. Als ich den Kopf hob sah ich in Skuld´s Augen und sie sagte: „Verzweifle nicht, junger Prinz, deine Rettung naht bereits. Doch möchte ich dich warnen! Deine Zukunft ist geteilt von Liebe und Leid. Hab Acht auf deine Seele!“

Und mit diesen Worten verschwanden sie, als seinen sie niemals in der Zelle gewesen.

Der Klang von Metall auf Metall unterbrach meine Gedanken und mühsam rappelte ich mich auf. Ich hörte Schreie und Kampfgeräusche und mit jeder Minute wurde der Lärm lauter, bis ich plötzlich schwere, schnelle Schritte hörte. Angstvoll presste ich mich gegen die hintere Kerkerwand und wartete mit angehaltenem Atem. Die Schritte waren vor meiner Zellentür verstummt und mit einer lauten Fluch wurde die Tür gewaltsam aus den Angeln gerissen. Staub wirbelte auf und ich bedeckte meine Augen mit einer Hand um sie zu schützen. Als sich der Staub legte und ich die Hand sinken ließ, sah ich erst einmal nur helles Licht, bis ich die Umrisse einer Person in der Tür ausmachte.

Doch es erforderte nur ein Wort, um mich aus meiner Starre zu reiße und mich in die Arme dieser Person zu treiben: „Bruder!“

Thor!

Sieg

Thor´s POV:
 

Als ich Loki in den Armen spürte, ließ meine ganze Anspannung nach. Es war als hätte jemand einen Schalter in meinem Kopf umgelegt und ich wusste, jetzt würde alles wieder gut werden.

Ich blieb einen Moment mit meinem Bruder so stehen, bevor ich ihn sanft von mir schob, um ihn zu betrachten. Wut überkam mich, als ich sein Gesicht sah und ich wollte nicht wissen wie der Rest seines Körpers zugerichtet war.

Sein Gesicht war totenbleich und einige Schweißperlen rollten ihm über die Schläfen, was mir verriet, dass die Vergiftung noch nicht ganz ausgestanden war. Seine Augen waren blutunterlaufen und er hatte eine heftige Blessur auf der linken Wange. Seine Unterlippe war aufgeplatzt und aus seiner Nase tröpfelte immer noch Blut.

Knurrend zog ich ihn noch einmal an mich und flüsterte: „Er wird für alles bezahlen, was er dir angetan hat. Das schwöre ich, Bruder!“

Als ich mich wieder von ihm trennte, lächelte er leicht und sagte: „Wir werden sehen. Aber lass uns erst mal von hier verschwinden. Ich war lange genug im Kerker.“

Diesen Worten folge leistend, bedeutete ich meinen Männer die steile Steintreppe, die in die tiefen Gewölbe des Palastes führte, wieder hinauf zu steigen.

„Seit achtsam! Man könnte uns bereits bemerkt haben.“, sagte ich, während ich mit der einen Hand Mjölnir hielt und mit der anderen die schmale Schulter meines Bruder umfasst hatte, um ihn ja nicht wieder zu verlieren. Das Gewicht des Streithammers beruhigte meine angespannten Nerven und ließ mich wieder klar denken. Das erste Mal, seit Jodan mir den Befehl erteilt hatte, nach Loki zu suchen.

Nun wieder konzentriert, fiel mir auch ein, dass ich Loki ja etwas mitgebracht hatte und kurz löste ich mich von ihm. Er sah mich verwundert an, bis ich die Dolche aus einer meiner Taschen zog und ihm reichte.

„Ich dachte, die könntest du gebrauchen.“, sagte ich und sah lächelnd auf Loki´s freudiges Gesicht. Seine langen Finger glitten sanft über die scharfen Klinge, als wären es lang vermisste Liebhaber und ich kam nicht umhin mir vorzustellen, wie Loki mit diesen Finger Frauen berühren würde wenn er alt genug war.

Aus irgendeinem Grund machte dieser Gedanke mir schwer zu schaffen und ich versuchte mit aller Macht ein Stirnrunzeln zurück zu halten.

„Danke, Bruder.“, sagte Loki, doch ich hatte keine Zeit zu antworten, denn in diesem Moment hatten wir die Tür, die zu den Kerkern führte, passiert und fanden uns mitten in einer stürmischen Schlacht wieder. Ich sah Jodan und seine Krieger, gegen eine Truppe von Dareos bewaffneter Leibgarde kämpfen, doch den fetten König konnte ich nirgendwo entdecken. War ja klar, ein Feigling!, dachte ich bei mir und nahm einen festen Stand ein.

„Bleib immer hinter mir, Loki.“, sagte ich, bevor sich der erste Krieger auf mich stürzte. Mit einem gezielten Hieb wehrte ich den Schlag seines Schwertes ab und ließ Mjölnir im nächsten Moment auf seine Brust krachen. Röchelnd brach der Soldat zusammen, doch ich hatte keine Möglichkeit mich zu vergewissern, dass er tot war, denn der nächste Krieger ließ nicht lange auf sich warten und eine ganze Zeit war ich damit beschäftigt uns einen Weg aus dem Schloss zu bahnen. Ich hatte den Befehl, nachdem ich Loki gefunden hatte, sofort mit meiner Einheit zum Bifröst zurück zu kehren und nach Asgard zu gehen und auch wenn ich sonst gegen solch einen Befehl protestiert hätte: Loki war in keiner guten Verfassung und eine Schlacht würde er wahrscheinlich nicht überleben.

So von meinen Gedanken abgelenkt, bemerkte ich gar nicht wie der Soldat, den ich als erstes zu Boden geschickte hatte, sich wieder aufrichtete und mit dem Schwert auf mich losging. Erschrocken drehte ich mich um, doch da hatte er schon einen Dolch in der Kehle stecken und ich sah zu meinem Bruder. Der Jüngere hatte sich kaum bewegt, doch eine kleine Bewegung seiner Hände schickte die Dolche zielsicher zu unseren Feinden. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er mir bereits seit geraumer Zeit den Rücken deckte. Vor Allem die Bogenschützen, die sich mittlerweile in dem Rundgang im ersten Stock postiert hatten, stellten ein Problem dar, doch Loki mähte sie mit seinen „Zahnstochern“ nieder, als würde er jeden Tag nichts anderes tun. Er verzog dabei keine Miene und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ihm das ganze sogar Spaß machte.

„Wann hast du das gelernt?“, fragte ich, während ich den nächsten Gegner ausschaltete und hörte das leise surren der Dolche, die durch die Luft schnitten und einen weiteren Bogenschützen fällten.

„Ich werde nicht im Kampf unterrichtet. Laut Odin solle ich mich lieber auf Heilung und Strategie konzentrieren, doch weil er nicht drum herum kam mir ebenfalls Waffen zum Geburtstag zu schenken, man stelle sich die entsetzten Blicke von Vaters Speichelleckern vor, wenn sie herausfinden sollten, dass der zweite Prinz von Asgard keine Waffen beherrschte, habe ich mir einfach mal selbst beigebracht mit den Dolchen umzugehen.“, erwiderte er.

In diesem Moment warf er wieder einen Dolch und ich sah keinen Augenblick später, wie sein Gürtel, an dem er die Dolche befestigt hatte, grün aufleuchtete und den Dolch zurückerhielt, der gerade eben noch in einer der Wachen gesteckt hatte.

„Die Dolche…“, ich konnte den Satz nicht beenden, denn ein weiterer Krieger stürzte sich auf mich und einen Moment war ich damit beschäftig, mit dem schwarzen Hünen zu kämpfen, bevor ich es schaffte einen sicheren Schlag gegen dessen Kinn zu treffen.

„Sie kehren zurück.“, beendete Loki meinen Satz und duckte sich unter einem Pfeil, der auf ihn abgeschossen worden war.

Mit einem wütenden Schrei warf ich Mjölnir nach dem Bogenschützen, der es gewagt hatte, auf meinen kleinen Bruder zu schießen, um den Streithammer daraufhin wieder aufzufangen und weitere Schläge auszuteilen.

Plötzlich erklang eine schrille Stimme hinter uns und als Loki und ich herumwirbelten, sahen wir Dareos in einer protzigen Rüstung die Treppe zu seinen Gemächern hinunterstürmen und sich in das Kampfgetümmel werfen.

Das er nicht sofort von unseren Schwertern durchbohrt wurde lag weniger an seiner, eher fragwürdigen, Kampfkunst, als viel eher an seinen Leibwächtern, die jeden Gegner von ihrem König fern hielten, der auch nur ansatzweise stark war. Dareos schien das noch nicht mal zu bemerken. Er stürzte sich lieber auf die verletzten und geschwächten Soldaten und mit jedem Schlag, den er mit seinem vergoldeten Schwert tat, wurde ich wütender.

Gerade als er einen jungen Krieger, der zu meiner Truppe gehörte und bereits verletzt am Boden lag, mit seiner Waffe erstechen wollte, wollte ich auf ihn zustürmen und seinem Leben ein Ende bereiten. Der Griff Loki´s, der mich an meinem Gürtel zurück hielt, ließ mich fast meinen eigenen Bruder schlagen, doch er wollte nicht Dareos´ Leben bewahren. Nein!

Er nahm drei seiner Dolche, wartete den Moment ab, bis Dareos sein Schwert hob, um es auf den Krieger niedersausen zu lassen und warf dann die Dolche so zielsicher, dass sie sich direkt in die Kehle des fetten Königs bohrten und diesen umwarfen wie eine Eiche.

Das Klirren der reich verzierten Rüstung Dareos´, als dieser auf dem Boden aufkam, ließ alle Krieger, sei es nun Freund oder Feind, inne halten und einen Moment war es tödlich still in dem großen Palast.

Dann brach plötzlich lauter Jubel aus und mit weit aufgerissenen Augen sahen wir, Asgards Krieger, wie die Soldaten Nornheims den Tod ihres Königs feierten.

Ein Blick zu Loki sagte mir, dass auch er völlig verblüfft war und als er meinen Blick bemerkte, sah er mich an und zuckte mit den Schultern.
 

Die nächsten Stunden wurden damit verbracht die Verwundeten und Toten einzusammeln und in kleinen Gruppen durch den Bifröst zu transportieren. Vater hatte die Nornen aufgesucht, welche sich nach dem Besuch Loki´s, von dem er Odin und mir berichtet hatte, in ihren Tempel zurück gezogen hatten um sich um die Frauen und Kinder zu kümmern, während die Schlacht tobte.

Auch dort ließ die Nachricht vom Tode Dareos die Menschen in heillose Freudentänze ausbrechen und nachdem Odin mit den Nornen einen wirklich guten Friedensvertrag geschlossen hatten, füllten sich die Straßen der Stadt mit Menschen allen Ranges, die ausgelassen feierten, als ob sie einen Sieg errungen hätten.

Der Palast wurde von den Nornen besetzt und sie meinten sie würden das herrliche Gebäude als neuen Tempel nutzen und den restlichen Reichtum der Stadt zu Gute kommen lassen.

Odin war zufrieden und bedeutete mir zu gehen und endlich Loki nach Asgard zurück zu bringen. Dieser war immer noch in ein Gespräch mit einer der Nornen verwickelt und als ich zu ihnen trat, sah diese mich seltsam durchdringend an, als würde sie auf etwas warten. Ihre blauen Augen trafen meine und dann warf sie plötzlich ihr langes, rotes Haar zurück, deutet eine kleinen Knicks an und verschwand im Palast.

„Komm Loki!“, sagte ich und versuchte meine Verwirrung über diesen Auftritt beiseite zu schieben: „Lass uns nach Hause gehen!“

Volljährigkeit

Loki´s POV:
 

Die nächsten vier Jahre vergingen ohne irgendwelche Komplikationen. Unsere Rückkehr aus Nornheim war der Anlass für ein rauschendes Fest und Thor wurde als Kriegsheld verehrt.

Ich hingegen widmete mich ganz meiner Magie. Die Tatsache, das ein einfaches Gift mich so schnell handlungsunfähig gemacht hatte, fraß sich tief in meine Seele und einmal mehr bemerkte ich meine Schwäche.

Mit jedem Tag der verging trieb ich mich weiter an meine Grenzen. Ich wollte stark sein. Für Asgard. Für Odin. Aber vor Allem für Thor!

Nie wieder wollte ich ihn im Stich lassen und deshalb trainierte ich bis zum Umfallen. Immer wieder wurde ich in den Heilflügel gebracht, weil ich einmal mehr über meine Grenzen gegangen war und den Preis bezahlen musste. Meiner Familie sagte ich von diesen unfreiwilligen Ausflügen nichts, denn es hätte ihnen nur Sorge bereitet.

Auch mit meinen Dolchen konnte ich immer besser umgehen.

Nachdem Jodan meinem Vater davon berichtet hatte, dass nicht nur Thor im Kampf brillierte, hatte auch ich endlich richtiges Kampftraining erhalten.

Thor´s alter Kampflehrer Aren wurde mein Trainer und er war erstaunlich geduldig für einen ehemaligen Krieger. Seine braunen Haare waren mittlerweile von grauen Strähnen durchzogen, was ihm ein seltsam würdevolles Aussehen verlieh, doch er war fit wie eh und je.

In der ersten Kampfstunde sollte ich ihm beweisen, dass ich mit meinen Dolchen umgehen konnte, indem ich ihn überwältigte, doch was ich auch tat, ich konnte ihn beim besten Willen nicht treffen.

Der Mann bewegte sich wie eine Raubkatze. Geschmeidig über den sandigen Boden des Übungsplatzes fliegend und es sah so aus als würde seine Füße nicht einmal den Boden berühren. Ich hingegen begann von Minute zu Minute müder zu werden und noch immer hatte keiner meiner Dolche sein Ziel erreicht. Deshalb war ich mittlerweile so frustriert, dass ich, ohne es zu bemerken, einen Zauber wirkte, welcher den sandigen Untergrund in Schlamm verwandelte und den überraschten Ausbilder so aus dem Gleichgewicht brachte.

Plötzlich lag der, eben noch so elegante, Kämpfer im Dreck und mit einem triumphalen Grinsen wollte ich ihm den Rest geben, indem ich einen meiner Dolche in seine Rüstung bohrte, doch in diesem Moment hob er den Kopf und sah mich aus seinen dunklen Augen an. Ich zögerte und diesen Moment nutzte der erfahrene Krieger um meine Beine mit den Armen zu schnappen und mich zu Fall zu bringen. Mit einem erschrockenen Aufkeuchen fiel ich hintenüber und landete neben Aren im Schlamm.

Völlig entgeistert starrte ich ihm in die Augen und er seufzte, drehte sich auf den Rücken, ohne dabei auf den Dreck zu achten und legte seinen Kopf so, dass er mir bequem ins Gesicht sehen konnte.

„Du bist gut!“, sagte er und ich hob ungläubig eine Augenbraue. Wollte er mich zum Narren halten? Ich hatte verloren.

Er lachte und setzte sich auf, seine Arme locker auf die angewinkelten Knie gelegt und den Kopf nun so, das er in den blauen Himmel sehen konnte.

„Ich meine das mit völligem Ernst. Du bist gut. Deine Magie unterstützt deinen Kampfstil, du kannst mit deinen Waffen umgehen und du hast Ahnung von Strategie. Mit ein bisschen Übung könntest du deinen Bruder vielleicht sogar übertreffen.“ In diesem Moment sah er mir wieder in die Augen und sein Blick war so ernst, wie ich ihn noch nie gesehen hatte: „Aber ich gebe dir einen guten Rat. Gib das Kämpfen auf!“

Diese Worte brauchten lange, um von meinem Gehirn erfasst zu werden. Ich sollte das Kämpfen aufgeben? Aber es war die ehrenvollste Aufgabe für die Männer Asgards zu kämpfen und im Kampf Ruhm und Ehre zu erlangen. Wie sollte ich da das Kämpfen aufgeben.

„Ich kann das Kämpfen nicht aufgeben. Es ist schließlich meine Pflicht-“, sagte ich, aber mit einer Handbewegung unterbrach mich Aren.

„Es ist nicht deine Pflicht zu kämpfen, sondern am Leben zu bleiben.“, erwiderte er und langsam spürte ich wie Wut in mir aufstieg. Zornig sprang ich auf die Füße und sah von oben auf den sonst so großen Krieger hinab.

„Wie könnt Ihr so etwas sagen? Ich bin Loki, zweiter Prinz von Asgard und meine Aufgabe ist es meinem Vater und meinem Bruder in jeder Krise beizustehen. Auch im Krieg!“

Mit jedem Wort war ich immer lauter geworden, sodass ich am Ende schrie und ich wusste das meine grünen Augen gerade wahrscheinlich dem schlimmsten Gift ähnlich sahen, doch es war mir egal. Wie konnte dieser Kerl mir sagen ich sollte das Kämpfen aufgeben?

Auch Aren hatte sich mittlerweile erhoben, sodass er mich wieder überragte und ich versuchte unseren Größenunterschied durch meine Magie wett zu machen, die ich langsam meinem Körper entströmen ließ, wodurch uns ein grüner Nebel immer weiter einhüllte.

Doch es schien ihn nicht zu kümmern. Er sah mich ruhig aus seinen fast schwarzen Augen an und sagte: „Deine Aufgabe ist es deinen Vater und deinen Bruder zu unterstützen, da hast du Recht!“

Triumphierend verschränkte ich die Arme und ließ den Nebel wieder abklingen, doch seine nächsten Worte ließen allen Triumph den ich verspürte, wie eine Seifenblase zerplatzen.

„Doch du sollst ihnen nicht in den Krieg folgen. Jeder Kampf fordert seine Opfer. Dein Vater weiß das und auch dein Bruder ist sich dessen bewusst, doch du… du weißt es nicht. Dein Zögern eben hat mir gezeigt, dass das Kämpfen nicht deine Stärke ist. Ein Krieger muss auf dem Schlachtfeld alle Gefühle zu Hause lassen können. Ein Krieger darf keine Gnade mit seinen Feinden kennen. Ein Krieger darf nicht zögern. Wenn du jetzt in einem Übungskampf zögerst, dann wirst du auch auf dem Schlachtfeld zögern und dann wirst du sterben. Dein Vater und dein Bruder können diesen Fluch, der auf allen Kriegern lastet, akzeptieren und wenn sie auf dem Schlachtfeld fallen sollten, dann müssen sie sicher sein, dass Asgard in guten Händen ist und aus diesem Grund darfst du nicht sterben.“

Einen Moment ließ ich seine Worte auf mich wirken. Ich spürte das er Recht hatte. Ich wusste, dass ich wahrscheinlich niemals jemanden umbringen könnte, der schon am Boden lag. Und ich ahnte, dass diese Schwäche mein Todesurteil bedeuten würde. Aus diesem Grund drehte ich mich um und verließ den Trainingsplatz, ohne einen Blick zurück zu werfen.
 

Die nächsten Jahre trainierte ich alleine weiter. Ich wusste, dass jeder Lehrer mir dasselbe sagen würde wie Aren, weshalb ich alle Lehrer ablehnte, die mein Vater mir zur Verfügung stellen wollte. Odin sah dies zwar nicht gerne, aber er schien zu bemerken, dass ich wohl nur auf diese Weise lernte, was es hieß ein Krieger Asgards zu sein und deshalb ließ er mich in Ruhe.

Ich war so beschäftigt mit meinem Training, dass ich gar nicht bemerkte, wie der Tag meiner Volljährigkeit immer näher rückte und als es nur noch drei Tage bis zu meinem Geburtstag waren, begannen im Schloss hektische Vorbereitungen.

Thor war hierbei am meisten beteiligt, denn für meinen „großen Tag“, wie er es nannte, sollte alles perfekt sein.

Ich persönlich sah dem ganzen Spektakel eher skeptisch entgegen, denn der wichtigste Teil der Volljährigkeitsfeier waren nicht die rauschenden Feste, sondern die Prüfung, die jeder Ase, ob nun Mann oder Weib, bestehen musste.

Der Gedanke daran, dass ich mein Können unter Beweis stellen sollte, erfüllte mich mit einer seltsamen Mischung aus Vorfreude und Sorge und als der große Tag letztendlich kam, hatte ich das Gefühl bereits um hundert Jahre gealtert zu sein.

Am Morgen meines achtzehnten Geburtstages wurde ich von einem Diener in aller Früh geweckt und für die Zeremonie im Tempel vorbereitet.

Wie Thor vier Jahre vor mir, bekam ich prächtige Gewänder gereicht, die meinen Status symbolisierten. Eine lange, eng anliegende schwarze Hose aus feinstem Leder, eine tiefgrüne Tunika, die mit silbernen Fäden durchwirkt war, ein leichter silberner Brustpanzer mit dem goldenen Familienwappen, dem Baum Yggdrasil, darauf, schwarze, kniehohe Lederstiefel und ein langer, fast schwarzer Umhang aus Elfenleinen. Seine richtige Farbe vermochte ich nicht zu deuten, denn sie wirkte mal blau, mal grün, doch als ich in den Spiegel blickte war mir das auch völlig egal.

Ich hatte mir nie viel auf mein Aussehen eingebildet, denn ich war der einzige Ase, der schwarzes Haar und grüne Augen hatte und oftmals hatte ich meinen Bruder um seine goldene Haarpracht und seine tiefblauen Augen beneidet, doch als ich nun in den Spiegel sah kam ich nicht umhin festzustellen, dass ich gut aussah.

Meine schwarzen Haare waren nach hinten gekämmt und mit einigen unscheinbaren, schwarzen Spangen festgemacht. Eine vorwitzige Strähne hatte sich auf der linke Seite gelöst und hing mir leicht in die Augen, was allerdings eher verwegen wirkte und perfekt in das Gesamtbild passte. Meine blasse Haut und die langen Wimpern untermalten gekonnt meine grünen Augen und selbst meine hohen Wangenknochen kamen mir heute weniger weiblich vor.

Mit einem zufriedenen Nicken löste ich mich von meinem Spiegelbild und folgte dem Diener, der geduldig auf mich gewartet hatte, durch den Palast bis zum Thronsaal. Zusammen mit meinem Vater, meiner Mutter und meinem Bruder würden wir mit einer kleinen Prozession, bestehend aus den Beratern Odin´s und einigen ausgewählten Kriegern, wie vier Jahre zuvor, zum Tempel reiten, wo ich meine Aufgabe in empfang nehmen durfte.
 

Als die Türen zum Thronsaal sich öffneten war ich kurz geblendet von der Dekoration, die man schon für die anschließende Feier aufgebaut hatte, doch dann sah ich meine Familie und auf Thor´s Gesicht lag ein ungläubiger Ausdruck. Meine Mutter sah aus, als müsste sie mit den Tränen kämpfen und als ich zu Odin blickte, sah ich das erste Mal seit langem wieder Stolz in seinem verblieben Auge.

Ich trat zu meiner Familie und sofort riss mich Thor an seine breite Brust.

„Alles Gute zum Geburtstag, kleiner Bruder!“, sagte er: „Du siehst fantastisch aus. Wie ein wahrer Prinz!“

Ich lächelte ihn glücklich an, nahm auch die Glückwünsche Odin´s, Frigga´s und der restlichen Anwesenden entgegen und folgte dann meinem Vater zu den Pferden.

Die Prozession durch die Stadt führte Odin mit einer fast freundlichen Miene an und der Weg zum Tempel war, trotz der frühen Stunde, mit unzähligen Schaulustigen gepflastert. Sie sagten kein Wort und doch konnte ich ihren Mienen bereits die Erwartung auf meine Prüfung ansehen und plötzlich kehrte die alte Anspannung zurück.

Als wir das prächtige, palastähnliche Gebäude erreichten, welches den Tempel darstellte musste ich stark an mich halten, nicht sofort das Pferd zu wenden und zurück zum Palast zu reiten.

„Mach dir keine Sorgen, Bruder.“, sagte da Thor, als wir abgestiegen waren: „Es ist gar nicht so schlimm. Glaub mir! Hinterher bist du froh es getan zu haben.“

Mit diesen Worten gab er mir einen Stoß in den Rücken und ich ging die Treppen hinauf zum Eingang und hatte dabei das Gefühl das mich weit mehr hinter dem großen Portal erwartete, als nur eine Prüfung.

Die Prüfung

Thor´s POV:
 

Als Loki an diesem Morgen den Thronsaal betrat, war ich einen Moment völlig abgelenkt, von der erhabenen Gestalt, die da durch die Tür trat. Sollte das wirklich mein kleiner Bruder sein?

Er sah einfach fantastisch aus und ich kam nicht umhin, zu bemerken, dass einige junge Dienerinnen Loki kichernd und mit roten Wangen musterten, sodass ich seltsam froh war, als wir uns auf den Weg zum Tempel machten.

Ich spürte, dass Loki mit jeder Minute, die wir uns dem heiligen Gebäude näherten, immer unruhiger wurde und ich verstand seine Gefühle. Mir ging es vor vier Jahren ähnlich, denn obwohl ich mich lange und intensiv auf die Prüfung vorbereitet hatte, war es ein seltsames Gefühl, dann plötzlich vor dem einschüchternden Gebäude zu stehen und zu wissen, dass alle Augen auf dich gerichtet waren.

Das Orakel, welches die Prüfung auswählte, war nämlich in sich selbst schon eine Prüfung. Man testete dort die Seele des Prüflings! Wenn man eine schwache Seele hatte, bekam man eine leichte Aufgabe, doch diese bedeutete gleichsam Schande für das Elternhaus, weswegen schon so mancher die vorgeschlagene Prüfung verweigert hatte, um eine Schwerere zu absolvieren. Selten ging das gut aus.

Als wir endlich vor dem Tempel standen warf ich wieder einen Blick zu meinem Bruder, der sichtlich mit seiner Entschlossenheit haderte, sodass ich ihm einen sanften Stoss in den Rücken gab und ihn die Treppen zum Eingangsportal hinaufschickte.

Innerlich betete ich dabei zu all meinen Ahnen, dass sie eine angemessene Prüfung für Loki auswählen würden.
 

Loki´s POV:
 

Nachdem ich das hohe Eingangsportal passiert hatte, befand ich mich in einer riesigen Halle, die über und über mit goldenen Statuen lang verstorbener Könige und edlen Kunstwerken verziert war, dabei Macht und Reichtum ausstrahlte und doch spürte ich dabei schon beim Betreten des Tempels, die Anwesenheit eines sehr alten Bewusstseins. Die Priester, die an der Seite des Saales standen, hatten einen dunklen Gesang angestimmt und schwenkten silberne Behältnisse, aus denen wohlriechende Dämpfe entwichen.

Plötzlich öffnete sich auf der anderen Seite des Saales eine weitere, diesmal wesentlich kleinere Tür und ohne zu zögern ging ich darauf zu. Ich konnte jetzt ohnehin nicht mehr umkehren.

Als ich den Raum hinter der Tür betrat, hörte ich kaum wie das Portal ins Schloss fiel, so gefangen war ich von dem dunklen Saal.

Dieser war bei weitem nicht so groß, wie die Eingangshalle, doch sie enthielt eine fremde Präsenz, die sich im Raum ausbreitete, wie die Düfte der draußen geschwenkten Behälter. Als ich weiter in den Raum trat, bemerkte ich, dass die Wände, die Decke und der Boden gar nicht schwarz waren, wie ich zuerst angenommen hatte, sondern eher den Eindruck einer klaren Sternennacht vermittelten. Überall sah ich große und kleine Lichtpunkte über die Wände tanzen und sie schienen mich neugierig zu umfliegen, als wollten sie wissen, wer es wagte ihre Ruhe zu stören.

Dann nahm ich plötzlich das Geräusch von Stimmen wahr, die sich in meinem Kopf ausbreiteten. Sie waren mal laut, mal leise und schienen alle durcheinander zu reden, bis sich eine Einzige Stimme in dem Chaos erhob.

Sie war tief und voll, sanft und bestimmend und so vertraut, dass mir Tränen in die Augen traten, als würde ich die Stimme eines lang verstorbenen Freundes vernehmen.

„Loki Odinsson, du bist heute hier her gekommen um deine Prüfung zur Volljährigkeit zu absolvieren. Ist das richtig?“, fragte die Stimme und ohne zu zögern sagte ich: „Ja!“

Einen Moment war es still, doch ich hatte das Gefühl, als wäre die Stimme zufrieden mit meiner Antwort, dann fuhr sie unvermittelt fort: „Du bist mutig und loyal gegenüber deiner Familie. Du kämpfst aus den richtigen Gründen und du bist klug.“ Wieder ein Moment der Stille.

„Schwierig, äußerst schwierig!“, sagte sie und hörte sich auf einmal sehr nachdenklich an: „Du wurdest schon vom Leben in vielen Sachen geprüft. Verlust, Angst, Trauer, Wut und Einsamkeit.“

Die Stille, die nun folgte, war länger und durchdringender, als würden sich alle Stimmen zurückziehen um zu beraten und einen Moment fürchtete ich, dass ich nicht mal eine Prüfung erhalten würde, als die eine Stimme plötzlich so laut und so intensiv in meinem Kopf erklang, dass es mich beinahe in die Knie zwang.

„Du wirst nach Niflheim gehen, zu der Quelle Hvergelmir. Dort triffst du auf den Drachen Nidhöggr. Du wirst ihm drei seiner kristallenen Schuppen abnehmen und als Geschenk an Asgard, Yggdrasil und deine Familie mitbringen.“

Und mit diesen Worten, verschwand die Stimme endgültig aus meinen Gedanken und ließ mich geschockt zurück. Ich stand alleine, in dem nun dunklen Saal und meine Gedanken rasten.

Nidhöggr, der Schlangendrache, der die Toten in der Unterwelt quälte und als das schrecklichste Ungeheuer in allen neun Reichen galt?

Mit mühsamen Schritten drehte ich mich um und verließ den Saal, vor dem ich auf eine Horde besorgter Priester stieß.

„Mein Prinz. Geht es euch gut? Ihr wart so lange fort!“, sagte einer, ein alter Mann mit langem Bart und einer typisch weißen Priesterrobe.

Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: „Es ist alles in Ordnung. Ich habe meine Prüfung empfangen. Ich soll nach Niflheim und dem Drachen Nidhöggr drei seiner Schuppen stehlen.“

Erschrockenes Einatmen folgte auf meine Worte und ich verstand gut den Schock, den ich auf einigen der Gesichter, der jüngeren Priester sah. Eine tiefe Stimme riss alle aus ihrer Starre, als sie sagte: „Was steht ihr noch hier herum? Verkündet die Prüfung!“

Als ich mich zu der Stimme umdrehte stand ich einem erstaunlich kleinen Mann gegenüber. Er war scheinbar uralt, denn sein Gesicht war von tiefen Falten zerfurcht und seine Augen waren trüb, als wäre er Blind, doch gleichzeitig schien mich bis auf den Grund meiner Seele zu betrachten. Er trug ebenfalls weiße Priesterroben, doch über ihr lag ein blauer, mit goldenen Stickereien verzierter, Mantel und eine königsblaue Tätowierung mitten auf der Stirn ließ mich wissen, dass ich einem der drei Hohepriester gegenüber stand.

„Folge mir mein Junge.“, sagte der Hohepriester mit dieser seltsam tiefen Stimme: „Bis du dich für deine Prüfung vorbereitet hast, wirst du in einem der Gemächer des Tempels bleiben.“

Ich folgte dem Mann, denn ich wusste, dass Widersprechen zwecklos gewesen wäre. Der alte Mann führte mich zu einem kleinen Zimmer, in dem ein runder Tisch mit zwei Stühlen, ein kleiner Kamin und ein Sofa standen und als er die Tür hinter mir schloss, fragte ich mich wie ich mich hier vorbereiten sollte.

Widerwillig ließ ich mich auf einem der Stühle nieder und starrte aus dem großen Fenster, welches fast die ganze, hintere Wand einnahm. Die Sonne stand noch nicht hoch am Himmel und selbst der Mond war noch zu sehen und ein leicht melancholisches Lächeln schlich sich auf meine Lippen.

Das Bild, welches sich mir bot, erinnerte mich fatal an Thor und mich selbst. Thor, die strahlende Sonne Asgards, die jeder zu erblicken wünschte und ich! Der Mond, vor dem sich die Menschen in den Häusern versteckten um dem Schrecken der Nacht zu entfliehen.

Oftmals hatte ich das Gefühl, dass die Asen Angst vor mir hatten. Sie wussten, dass ich ein mächtiger Zauberer war und das machte sie misstrauisch, denn noch nie hatte ein Zauberer Gutes bedeutet. Die Asen schienen mich zu ignorieren und konzentrierten sich lieber auf meinen Bruder, weshalb ich versuchte sie mit meinen Streichen auf mich Aufmerksam zu machen, doch stets wusste ich, wo die Grenze von einem guten Streich zu einer Straftat lag.

Doch all mein Wissen und all meine Raffinesse konnte mir in der jetzigen Situation nicht helfen. Ich erinnerte mich noch zu gut an Thor´s Prüfung und wäre damals schon fast umgekommen vor Sorge um seine Person, doch nun, angesichts meiner eigenen Prüfung, erschien mir das fast sinnlos.

Wie sollte ich nur einen Drachen töten? Ich war kein starker Krieger wie Thor oder Odin. Ich würde wahrscheinlich nicht einmal eine der Schuppen aus Nidhöggr´s Panzer entfernen können, geschweige denn drei. Meine Situation war also aussichtslos
 

Ich wusste nicht, wie lange ich dem kleinen Raum saß, doch es konnte nicht länger als eine Stunde vergangen sein, als ich den Entschluss fasste, mich meinem Schicksal zu stellen. Diese Prüfung war eine große Ehre für das Hause Odin´s und ich hatte nicht vor meiner Familie Schande zu bringen, indem ich die Prüfung verweigerte.

Als hätte er meine Gedanken gehört, öffnete der Hohepriester wieder die Tür und bedeutete mir, ihm zu folgen.

Wir gingen denselben Weg, den wir gekommen waren und auf einmal stand ich wieder vor dem Eingangsportal. Gerade als ich hindurchgehen wollte, hielt mich die knorrige Hand des Alten zurück: „Das Orakel hat noch nie eine Prüfung verteilt, die nicht dem Können des Prüflings entsprach.“, sagte er und ich nickte um zu zeigen, dass ich verstanden hatte. Dann trat ich hinaus in den grellen Sonnenschein.

Einen Moment war ich wie geblendet von dem Licht, doch dann hörte ich plötzlich die laute Stimme meines Vaters: „Präsentiert die Waffen!“, rief er und als sich meine Augen an den Sonnenschein gewöhnt hatten, sah ich, dass die gesamte Armee in Paraderüstung vor dem Tempel stand und die Speere in den Himmel streckte. Mein Bruder und mein Vater standen in gold verzierten Rüstungen ganz vorne, Odin mit seinem funkelnden Speer Gungnir und Thor mit Mjölnir in der Hand. Beide sahen ernst aus und dann rief Odin: „Asgard wünscht seinem Prinzen fiel Glück bei der Prüfung!“ Und dann sah ich, dass nicht nur die Armee, sondern das ganze Volk Asgards vor dem Tempel versammelt waren. Dadurch hatte ich auf Einmal das Gefühl einer Totenwache. Diese Leute waren hier, um sich von mir zu verabschieden und als ich einen Blick auf Frigga erhaschte, sah ich Tränen der Trauer, die über ihre Wangen liefen.
 

Ich sagte kein Wort, während ich zu meinem Pferd ging und mir ein Diener schnell eine richtige Rüstung anlegte und mir meine Dolche reichte. Sie kamen mir heute wirklich winzig vor und ich fragte mich mit einem Anflug von Galgenhumor was ich mit diesen Spießchen machen sollte. Nidhöggr zu Tode kitzeln vielleicht.

Als ich mein Pferd bestieg, ignorierte ich bewusst alle Blicke um mich herum und gab dem schwarzen Tier ohne zu zögern die Sporen. Würde ich nur einen Moment inne halten, dass wusste ich, könnte ich mich nicht überwinden meinen Weg anzutreten.

Die Massen an Asen bildeten schnell eine Gasse, durch die ich mit vollem Galopp preschte, auf dem schnellsten Weg zum Bifröst.
 

Je näher ich der Regenbogenbrücke kam, desto leerer wurden die Straße und als ich das goldene Stadttor passierte, war ich allein.

Der Weg zu Heimdall erschien mir heute bei weitem nicht so lang wie sonst, doch es lag wahrscheinlich an meinen, immer wieder abschweifenden, Gedanken und als ich den schwarzen Hünen erreichte, fühlte ich mich ausgelaugt.

Ich saß ab und ging auf Heimdall zu und als ich ihm in die bernsteinfarbenen Augen sah, konnte ich zum ersten Mal eine Gefühlsregung erkennen. Mitleid! Und dieses Mitleid machte mich wütend.

Auch wenn ich nicht so stark war wie mein Bruder, irgendwie musste ich ja die achtzehn Jahre meines Lebens durchgekommen sein, in denen ich immer wieder von Thor in die ein oder andere Gefahr geschleift worden war und ich hatte nicht vor mich jetzt aufzugeben.

„Heimdall!“, sagte ich daher und war selbst über die Festigkeit meiner Stimme überrascht: „Ich muss nach Niflheim.“

Heimdall nickte und drehte sich um, um die Metallkuppel zu betreten. Ich hingegen, drehte mich noch einmal nach Asgard um und sog den Anblick meiner Heimat in mich auf wie ein trockener Schwamm, bevor ich Heimdall folgte und die riesige Kugel betrat.

Mit langen Schritten ging ich zu dem Durchgang, durch den ich gleich in eine andere Welt reisen würde und hörte kurz darauf, wie das Schwert Heimdall´s in den Schacht gesteckt wurde und sich daraufhin die Brücke aktivierte.

„Viel Glück!“, hörte ich noch den Ruf des Wächters, als der Bifröst seine maximale Geschwindigkeit erreicht hatte und es war das letzte was ich vernahm, bevor mich der Sog erfasste.
 

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An dieser Stelle möchte ich mich bei all meinen Lesern bedanken. Dies ist mein fünfzehntes Kapitel und ohne euch würde ich das alles nicht schaffen. Vielen Dank!
 

Ihr seid meine Inspiration und ich danke euch von Herzen.
 

LG Kajia

Nidhöggr

Loki´s POV:
 

Ich landete auf einer riesigen, vereisten Fläche. Ein wenig benommen von der Geschwindigkeit des Bifröst war ich einen Moment völlig desorientiert, bis ich meine Gedanken soweit sortiert hatte, dass ich mich eingehend umschauen konnte.

Die Fläche, auf der ich stand, stellte sich als eine Art Plattform heraus, die an einem Berghang lag. Generell schien Niflheim vor Allem aus weiten Ebenen, leblosen grauen Gesteins und Bergen zu bestehen.

Von meinem Plateau aus konnte ich die gigantische Ebene vor mir perfekt überblicken und einen Moment lang fragte ich mich, wo hier eine Quelle sein sollte, bis ich in der Ferne ein grünliches Schimmern ausmachte. Selbst mit meinen Augen konnte ich nicht erkennen was sich hinter der Erscheinung verbarg und auch wenn es gegen meiner Natur entsprach, einfach ohne Plan loszustürmen, wie es mein Bruder so gerne tat, wusste ich, dass ich keine andere Wahl hatte, wenn ich diese Prüfung einmal beenden wollte.

Also machte ich mich an den Abstieg und spürte, mit jedem Meter, den ich mich weiter der Ebene näherte, die Kälte, die scheinbar hier vom Boden aufstieg. Unwillkürlich musste ich an Geschichten denken, die Odin, Thor und mir an manch einem kühlen Winterabend vor dem Kamin erzählt hatte. Er berichtete uns oft von den Abenteuern, die er erlebt hatte, als er noch jünger gewesen war und eines Abends, als die Sterne Asgards von einem der seltenen Unwetter verdeckt wurden, berichtete er uns auch von Niflheim, dem Eisreich. Sofort musste ich damals widersprechen, denn schließlich wusste jedes Kind, das doch Jotunheim das Reich des ewigen Eises war doch Odin sagte nur: „Du irrst dich Loki. Früher war Jotunheim ein blühender Ort voller Leben. Auch die Eisriesen lebten noch nicht dort, doch dann kam Nidhöggr und nahm Niflheim, die alte Heimat der Eisriesen, in seine Gewalt. Die Eisriesen flohen nach Jotunheim, die Heimat aller Riesen, doch sie wurden dort nicht akzeptiert und dann forderte der König der Riesen, den König der Eisriesen heraus und provozierte so einen Krieg, den die Eisriesen gewannen. Deshalb ist Jotunheim heute die Heimat der Eisriesen.“

Seine Erklärungen zu diesen Ereignissen und seine Beschreibung von Nidhöggr bescherte mir damals heftige Albträume.

„Und heute sollst du gegen dieses Ungeheuer kämpfen, welches ein ganzes Volk, hartgesottener Krieger vertrieben hat. Super gemacht, Loki!“, murmelte ich, während ich die letzten paar Meter des Abhanges herunterrutschte. Die Stille um mich herum machte ich fertig und ich fragte mich plötzlich, ob man durch Einsamkeit wahnsinnig werden konnte.

„Denk lieber nicht über so was nach. Aber es wäre schon interessant! Nein wäre es-“ Erschrocken hielt ich mit sämtlichen Bewegungen inne. Hatte ich gerade mit mir selbst geredet? Wütend schüttelte ich den Kopf und biss mir auf die Zunge um meine eigenen Gedanken nicht zu kommentieren. Ich würde nicht mit mir selbst reden, nur weil ich einmal allein einen Auftrag übernehmen musste.

Um mich von mir selbst abzulenken, betrachtete ich kurz meine Umgebung, denn mittlerweile hatte ich es geschafft, den Berg hinter mir zu lassen und befand mich nun auf der weiten Ebene. Sie war mit kleinen, grauen Steinen bedeckt und Reif bildete sich an den scharfkantigen Steinbrocken. Nirgendwo sah man Pflanzen oder wenigstens Gras, nur eine triste, graue Landschaft, die von einem noch tristeren, grauen Himmel überspannt wurde.

Ich wusste, würde ich noch länger hier stehen bleiben, würde es wahrscheinlich schneller Nacht werden, als mir lieb war und ich hatte eigentlich nicht vor, in dieser Einöde zu übernachten. Also ging ich entschlossen los, auch wenn es mir nicht behagte, den schützenden Berg zu verlassen.
 

Je weiter ich mich von der Felswand entfernte, desto kleiner fühlte ich mich, denn ich schien das einzige Lebewesen an diesem trostlosen Ort zu sein und ohne es zu bemerken, beschleunigte ich meine Schritte.

Der grüne Schimmer, den ich noch von der Plattform aus sehen konnte, war nun vollends verschwunden und ich war dankbar für die anderen Berge, welche die Ebene begrenzten, denn ohne sie wäre ich wahrscheinlich im Kreis gelaufen.

Als meine Beine langsam zu schmerzen begannen, weniger wegen des Laufens, sonder viel eher wegen der eisigen Temperaturen, die durchgehend gleich blieben, da es hier ja scheinbar auch keine Sonne gab, sah ich endlich wieder einen grünen Flecken in der Ferne und ich betete innerlich zu allen mir bekannten Göttern, dass dies keine Illusion war, denn meinem überanstrengten, gestressten Gehirn traute ich mittlerweile alles zu.

Doch mit jedem Schritt, den ich näher an das undefinierbare Grün herantrat, kam dieses auch näher und bald darauf ließ ich die letzte grauen Steine hinter mir und stand kurz darauf an einem… Sumpf?

„Ach komm schon.“, murmelte ich und ignorierte dabei geflissentlich, dass ich schon wieder Selbstgespräche führte: „Das kann doch nicht euer Ernst sein. Erst eine Eistundra und jetzt ein Sumpf?“

Wütend vor mich hinmurmelnd ging ich am Rande des Sumpfes auf und ab, denn diesmal ohne Plan loszulaufen, könnte mich das Leben kosten, also besah ich mir Bodenbeschaffenheit und Pflanzenwachstum um einen geeigneten Weg zu finden, bis ich plötzlich auf einen kleinen Pfad traf, der, verborgen unter allerlei Sumpfpflanzen, scheinbar durch das Moor führte.

Vorsichtig stellte ich einen Fuß auf den schlammigen Weg und stellte fest, dass er scheinbar noch benutzbar war, also machte ich mich misstrauisch und äußerst angespannt auf den Weg durch den Sumpf.
 

Es stellte sich als schwieriger heraus, als gedacht, denn der Pfand war mit Schlamm bedeckt und wenn man nicht genau aufpasste, konnte man ausrutschen und wäre mitten in die morastigen Seen gefallen. Wieder musste ich an Thor denken und ein leichtes, wehmütiges Lächeln umspielte meine Lippen, als ich daran dachte, dass auch diese Aufgabe ohne mich in einer Katastrophe geendet wäre.

„Scheinbar hat man diese Prüfung nicht nur wegen meiner strategischen Erfahrung ausgesucht.“, sagte ich. Mittlerweile erschien es mir völlig sinnlos zu unterdrücken, dass ich mit mir selbst sprach. Es war keiner da um es zu hören und ich würde die Tatsache, das ich mich bereits nach wenigen Stunden allein, einsam fühlte, sicher niemanden unter die Nase reiben.

Eine plötzliche Bewegung in meinem Augenwinkel riss mich aus meinen Gedanken und als ich herumwirbelte, die Hand bereits am Gürtel um die Dolche zu ziehen, sah ich mich einer gigantische Schlange gegenüber. Unwillkürlich erkannte ich, dass es sich scheinbar um einen Basilisken handelte, denn die Schlange war beinahe zwanzig Meter groß und ihre Giftzähne so lang wie mein ganzer Arm.

Mit einem aggressiven Zischen stürzte sich das riesige Reptil auf mich und ich konnte im letzten Moment den Giftzähnen mit einem beherzten Sprung nach hinten ausweichen. Jetzt stellte sich der Schlamm als besonders knifflig heraus, denn ich hatte keine Zeit mir einen festen Stand zu suchen und der Schlange schien der glitschige Untergrund nichts auszumachen. In Sekundenschnelle war sie wieder zum Angriff bereit und ich hatte alle Hände voll damit zu tun, nicht in den Sumpf um mich herum, zu fallen.

In dem Moment, als die Schlange wieder den Kopf hob, um mich kurz darauf wieder anzugreifen, hatte ich einen Gedankenblitz und blieb still stehen. Erst im allerletzten Moment sprang ich nach hinten und schleuderte im selben Moment eine Feuerkugel, die ich beschworen hatte, auf den Kopf des Tieres. Der rotglühende Ball explodierte in einer Supernova direkt am linken Auge des Tieres und vor Schmerz zischend, zog sich das hässliche Vieh zurück.

Als ich sicher sein konnte, nicht noch einmal angegriffen zu werden, drehte ich mich wieder um und bemerkte zu meinem Erstaunen, dass ich scheinbar das Ende des Sumpfes erreicht hatte. Ich stand auf einem Ring aus trockenem Boden, der einen riesigen See umschloss. Das Wasser des Sees war glasklar und in der Mitte des Gewässers, auf einer kleinen Insel, stand ein wunderschöner Baum.

Der Baum hatte bläulich schimmernde Blätter und aus seinen Wurzeln floss klares Wasser in den See. Hvergelmir die Quelle aller Flüsse und Seen. Es hätte ein atemberaubend schöner Ort sein können, wäre da nicht der riesige Drache gewesen, der sich am anderen Ende des Sees zusammengerollt hatte.

Er war gigantisch! Sein riesiger, dreieckiger Kopf lag auf, mit Krallen, so lang wie Schwerter, besetzten, Klauen, die so groß waren, wie ein ganzer Schrank. Der überdimensionale Körper war am Rücken mit scharfen Zacken bewehrt, die in den langen Schwanz übergingen und an der Spitze eine Speerähnliche Verformung bildeten. Die Augen, die ungefähr so groß waren, wie die Schilde der Eisriesen, waren geschlossen und auch sein Maul verbarg noch die scharfen Zähne, welche mit einem einzigen Biss, ein Pferd durchtrennen konnten.

Mein entsetzter Blick fiel auf die Schuppen des Tieres und überrascht stellte ich fest, das diese sogar eine ziemlich schöne Farbe hatte. Im ersten Moment hatte ich geglaubt, das Nidhöggr´s Schuppen einfach nur schwarz waren, doch nun, wo ich genauer hinsah, konnte ich sehen, dass sie scheinbar die Farbe wechselten, wie ein gefangener Regenbogen.

Ein lautes Grollen, welches klang wie Thor´s Donner, riss mich aus meinen Gedanken und ich blickte wieder zu dem Ungetüm. Er schien zu schlafen und unwillkürlich musste ich grinsen. Scheinbar waren meine Ahnen mir doch wohlgesonnen, denn wenn ich es schaffte Nidhöggr von drei seiner Schuppen zu befreien, ohne das er erwachte, hätte ich meine Aufgabe erledigt und das sogar ohne, höchstwahrscheinlich tödliche, Verletzungen.

Mit einem gemurmelten Spruch machte ich mich unsichtbar und begann mich mit lautlosen Schritten der Bestie zu nähern. Die Unsichtbarkeit hielt nicht lange und wenn ich diese Schuppen haben wollte musste ich mich beeilen.

Je näher ich dem Drachen kam, desto heftiger wurde der Gestank von verwestem Fleisch und ich musste an mich halten, nicht zu würgen. Den grässlichen Geruch so gut es ging ignorierend, versuchte ich so leise wie möglich zu sein und als ich endlich vor dem Drachenkopf stand, raste mein Herz wie wild.

Vorsichtig schob ich mich seitlich an dem Wesen vorbei und versuchte mich daran zu erinnern, wo die Schuppen am leichtesten zu entfernen waren. Drachen waren in dieser Hinsicht nämlich wie Schlangen und häuteten sich, um zu wachsen. Zwar warfen Drachen ihre Schuppen nicht auf einmal ab, doch es gab immer Stellen, bei denen sich die Schuppen leicht lösten. Die Flügel zum Beispiel!

Ich stand neben Nidhöggr´s Schulter, als mir dies einfiel und als ich die Kopf hob, um zu sehen, wo die Flügel saßen, konnte ich nur mühsam ein Aufstöhnen unterdrücken, denn um an die Flügel zu kommen, musste ich mich wohl oder übel auf den Rücken des Drachens begeben.

Innerlich vor mich hin fluchend, suchte ich eine gute Stelle zum Hinaufklettern und fand diese in zackenähnlichen Ausbuchtungen am Ellbogen des Vorderlaufs. Behutsam berührte ich die Schuppen an dieser Stelle des großen Körpers und als der Drache sich nicht rührte, begann ich vorsichtig mit dem Aufstieg. Nidhöggr schien gar nicht zu bemerken, dass ihm gerade jemand auf den Rücken kletterte und ich flehte meine Ahnen an, dass dies so bleiben möge.

Als ich den Rücken endlich erreicht hatte, schien mein Herz aus meinem Brustkorb springen zu wollen, mein Mund war staubtrocken und ich schwitzte, doch ich durfte jetzt nicht innehalten. Ich saß auf dem Rücken des größten Drachens aller neun Welten und wenn ich nicht wollte, dass ich immer noch dort saß, wenn dieser erwachte, musste ich mich jetzt beeilen.

Vorsichtig, immer einen Schritt nach dem anderen setzend, näherte ich mich der anliegenden Flügelmembran. Dort, wo der Flügel in den Körper des Drachen überging, gab es nämlich Tellergroße Schuppen und ich sah schon von weitem, das einige bereits halb abgeworfen waren.

Als ich die Stelle erreichte, lauschte ich einen Moment, doch scheinbar war Nidhöggr durch meine Aktion nicht aufgewacht. Der gleichmäßige Atem des Drachen vibrierte durch seinen Körper und er hatte sich auch noch keinen Millimeter bewegt. Langsam ließ ich mich auf ein Knie sinken und betrachtete die Schuppen vor mir. Ungefähr ein dutzend schien schon gelockert zu sein und als ich meine Finger unter einer dieser Schuppen schob, spürte ich, dass sie nur noch von den darunter bereits nachgewachsenen Schuppen gehalten wurde. Mit langsamen und präzisen Bewegungen, eines Uhrmachers gleich, löste ich die erste Schuppe vom Panzer und als diese sich mit einem leichten Zischen lösten, wartete ich einen Moment. Nidhöggr schien von der ganzen Prozedur immer noch nichts mitzubekommen und so machte ich mich an die anderen beiden Schuppen.

Als ich endlich die dritte gelöst hatte, atmete ich erleichtert auf, steckte sie in meine mitgebrachte Satteltasche, die zur Zeit als eine Art Rucksack fungierte und machte mich vorsichtig wieder an den Abstieg.

Ich hatte kaum wieder festen Boden unter den Füßen, da begann ich schon schnell loszulaufen, mit dem einzigen Gedanken an Asgard im Kopf. Doch als ich mich gerade an Nidhöggr´s Kopf vorbeigeschlichen hatte, spürte ich plötzlich ein unheilvolles Kribbeln im Nacken und resigniert schloss ich die Augen. Als ich mich dann umdrehte, sah ich in blutrote Augen, mit geschlitzten Pupillen und der letzte Gedanke, bevor ich die Beine in die Hand nahm war: Nidhöggr war wach!

Risiko

Thor´s POV:
 

Es war zum Haare raufen. Seit Stunden lief ich nervös auf und ab, und meine Freunde waren mittlerweile mehr als genervt von mir, aber was sollte ich schon dagegen tun? Mein Bruder war in dem unwirtlichsten aller neun Reiche, hatte eine Aufgabe bekommen, die selbst hartgesottene Krieger in die Knie zwingen würde und war auch noch völlig allein.

Die letzten Vorbereitungen für Loki´s Fest waren in vollem Gange, doch statt der fröhlichen Stimmung, die ein Geburtstag sonst immer hervorrief, glich die Stimmung im Schloss eher einer bevorstehenden Trauerfeier. Ich war mittlerweile sogar so weit, jedem, der glaubte Loki würde nicht lebend heimkehren, mit Peitschenhieben zu drohen, sollte er oder sie noch einmal so etwas behaupten.

Odin schien weit weniger besorgt zu sein, doch wenn ich genau hinsah, sah ich die Anspannung, die von seinem Kiefer, bis zu seinen Händen ging. Er sprach auch nicht mit Frigga, gab nur kurze Anweisungen und schien sonst völlig in Gedanken versunken zu sein.

Ich selbst konnte diesen Anblick nicht länger ertragen und ging, ohne auf Sif zu achten, die mir folgen wollte und von Fandral aufgehalten wurde, in den Schlossgarten. Mein Weg führte mich zu einem kleinen Teich, in dem Fische schwammen, die uns einst von einem asiatischen Gott zum Geschenk gemacht worden waren. Die Fische waren wunderschön, in prächtigem Rot und Gold, Blau und weiß. Doch es gab einen Fisch, der sich von den anderen abhob. Er war der kleinste in dem Teich und seine Schuppen waren tiefschwarz, mit einem irritierend grünem Muster.

Als ich den Fisch das erste Mal erblickte, hatte ich Loki damit aufgezogen und gesagt: „Schau genau hin, kleiner Bruder. Das dort ist dein Fischgewordenes Ich!“

Loki, der damals gerade zwölf geworden war, hatte den Fisch kühl gemustert und gemeint: „Er hebt sich wenigsten von den anderen Fischen ab. Wenn ich dir einen Fisch nennen würde, könntest du ihn gar nicht finden.“

Mit diesen Worten hatte er sich umgedreht und war von dannen gezogen. Ich hatte noch Tage später über seine Worte nachgegrübelt, denn oftmals verbarg Loki einen tieferen Sinn hinter seinen Worten. Irgendwann allerdings, war mir die Geduld ausgegangen und ich war frustriert zu Odin gegangen.

Vater hatte schon immer ein Händchen dafür bewiesen, Loki´s Aussagen zu deuten und auch diesmal enttäuschte er mich nicht, auch wenn seine erste Reaktion schallendes Gelächter war.

Einen Moment hatten seine Gemächer von seinem Lachen gedröhnt, bis er sich wieder beruhigt hatte und mir, immer noch mit einem Schmunzeln in seinem verbliebenen, blauen Auge, sagte: „Thor, Loki´s Ausspruch ist sehr einfach zu deuten. Er bezieht sich auf Asgard und die Menschen die hier leben.“ Verwundert blickte ich meinen Vater an und dieser seufzte, bevor er mir einen Platz, in einem der Sessel vor dem Kamin zuwies, Tee und Früchte auf dem Tisch zwischen uns platzierte und dann fortfuhr: „Mein Sohn, dir ist doch sicher einmal aufgefallen, dass Loki anders aussieht, als alle anderen Asen?“ Ich nickte, während ich mir eine Blaubeere in den Mund schob.

„Alle Asen,“, sagte Odin: „Haben meist blonde oder braune Haare und blaue oder braune Augen. Sie sehen zwar alle anders aus, und niemand würde dich mit, sagen wir, unserem blonden, blauäugigen Waffenschmied verwechseln, aber im großen und ganzen ist deine Haar- und Augenfarbe nichts besonderes.“

Einen Moment dachte ich über seine Worte nach und beobachtete meinen Vater dabei, wie er bedächtig jedes Glied einer Brombeere abtrennte, um sie sich dann einzeln in den Mund zu stecken. Nachdem er alles verspeist hatte, wischte er sich die Hände ab und fuhr fort: „Loki hingegen ist der einzige Ase den ich kenne, und damit meine ich auch unter den Asen, die lange vor eurer Geburt gelebt haben, der schwarze Haare und grüne Augen hat. Diese Farben gab es niemals in Asgard und das macht ihn zu etwas besonderem. Deinen Spruch hat er also damit abgetan, dass sein Fisch etwas besonderes ist, im Gegensatz zu den anderen Fischen.“

Erstaunt hatte ich Odin damals betrachtet und als Loki und ich zwei Tage später auf die Jagd gingen, erklärte er mir, dass er dem Fisch einen Namen gegeben hätte.

„Und? Wie hast du ihn genannt?“, fragte ich neugierig, nachdem er eine Weile schweigend neben mir hergeritten war.

Er sah mich aus seinen strahlenden Augen an, lächelte und antwortete: „Donar!“, bevor er seinem Pferd die Sporen gab und davon preschte.
 

Nun saß ich an dem klaren Teich und beobachtete Donar, der ruhig seine Runden schwamm und dabei von allen anderen Fischen umkreist wurde. Er sah aus wie der Mittelpunkt eines Universums und schien gleichzeitig so allein zu sein, dass mir wieder einmal bewusst wurde, wie treffend Loki den Namen gewählt hatte.

Donar war nämlich die Verkörperung unser beider Individuen. Der Außenseiter, der in seiner Einzigartigkeit die Besonderheit definierte und der Mittelpunkt, den die Massen umschwärmen, um sich in seinem Glanz zu sonnen.

„Ich hoffe es geht dir gut, Loki!“, flüsterte ich in die Leere und wünschte mir, dass genau in diesem Moment ein Diener um die Ecke geeilt kommen sollte, der mir berichtete, dass Loki wohlbehalten seine Prüfung überstanden hatte.

Als plötzlich wirklich ein Diener auf mich zugeeilt kam, sah ich hoffnungsvoll zu ihm, um kurz darauf Herzrasen zu bekommen, als ich seinen panischen Blick sah.

„Eure Majestät, Ihr sollt sofort mit Eurer Familie beim Tempel erscheinen.!“, keuchte er, als er mich erreicht hatte und ohne ein Wort ließ ich ihn stehen und eilte zu den Ställen.

Schon von weitem sah ich Vater und Mutter bei drei gesattelten Pferden stehen und ich versuchte Mutters besorgten Blick zu ignorieren. Ich grüßte mit einem Nicken um keine Zeit zu verlieren und schwang mich auf mein Pferd. Odin und Frigga taten das selbe und so schnell es uns möglich war, ritten wir zum Tempel.

Die Asen, die sich zu diesem Zeitpunkt auf den Straßen befanden, hechteten schnell beiseite und aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich sofort kleine Grüppchen bildeten. Wahrscheinlich um zu debattieren, ob Loki schon tot war.

Dieser Gedanke erfüllte mich mit solchem Grauen, dass ich das Pferd noch schneller antrieb. Odin und Frigga hatten bereits Probleme, mir zu folgen, aber da Vater nichts zu meinem halsbrecherischem Tempo sagte, dachte ich auch gar nicht daran langsamer zu werden.
 

Sobald ich den Tempel erreicht hatte, sprang ich vom Ross und hechtete die Stufen zu dem Gebäude empor. In der Eingangshalle hatte ich keinen Blick für die Pracht der Kunstwerke und entlockte stattdessen einem zutiefst erschrockenen Tempeldiener den Grund für unser Rufen.

Odin und Frigga gesellten sich zu mir, als der, mittlerweile völlig verängstigte, Diener mir sagte, dass die Hohepriester uns im Kristallraum erwarteten.

Der Kristallraum war ein großer Saal, der aussah, als wäre er aus einem Regenbogenfarbenen Stein geschnitzt worden. In der Mitte stand eine etwa kopfgroße, schwarze Kugel, die in etwa dieselben Funktionen hatte, wie Heimdalls Augen. Allerdings konnten nur die Hohepriester sie verwenden und diese taten es äußerst selten, denn es hieß die Kugel würde die Lebenszeit verkürzen.

Ich persönlich hielt das für Schwachsinn, denn schließlich sah Heimdall seit vielen hundert Jahren mit seinen Augen in die verschiedenen Welten und hatte sich bis jetzt über kein Problem beklagt.

Nun allerdings standen die drei, wirklich alten, Männer über die Kugel gebeugt da und sahen alles andere als glücklich aus. Der erste, der uns bemerkte war auch gleichzeitig der kleinste der Drei. Seine Haut war runzelig, sein Bart lang und seine Augen gleichsam trüb und so durchdringend, dass es mir sofort Gänsehaut bereitete.

„Odin Allvater, Frigga Allmutter und Thor Odinson. Gut, dass Ihr so schnell erschienen seit. Es gibt ein Problem!“

Seine Worte jagten mir kalte Schauer über den Rücken und am liebsten hätte ich den kleinen Mann am Kragen gepackt und geschüttelt, doch sowohl die Hand meines Vaters, als auch die beruhigende Stimme des größten Hohepriesters, ließen mich, mich zusammenreißen und stattdessen fragen: „Was für ein Problem?“

Meine Stimme zitterte vor Sorge und ich ignorierte den mitfühlenden Blick des mittleren Priesters.

„Nun ja,“, begann der Kleinste wieder: „Bis jetzt ist die Prüfung erstaunlich gut verlaufen. Prinz Loki macht seiner Familie alle Ehre und auch die drei Schuppen konnte er problemlos stehlen.“

Erleichtert seufzte ich auf. Das hörte sich schon mal so an, dass Loki nicht verletzt war, doch die ernste Miene der drei Alten, nahm mir meine gute Laune wieder.

„Eure Erleichterung über Loki´s körperliche Unversehrtheit ist gerechtfertigt, denn noch geht es ihm gut. Doch Nidhöggr ist erwacht und macht nun Jagd auf Euren Bruder. Er flieht vor ihm, denn gegen Nidhöggr zu kämpfen wäre Wahnsinn, doch wir können ihn nicht zurückholen.“

„Wieso nicht?“, brüllte ich und hätte Odin´s Hand am liebsten abgeschüttelt: „Er hat die Prüfung doch erfüllt. Heimdall muss ihn nur mit dem Bifröst zurückholen.“

„Nein Thor.“, sagte da plötzlich Odin und entgeistert drehte ich mich zu ihm um: „Solange Nidhöggr ihn verfolgt, können wir ihn nicht zurückholen. Das Risiko, dass wir versehentlich den Drachen mit transportieren ist einfach zu groß. Loki ist auf sich allein gestellt.“

Liebe

Loki´s POV:
 

Keuchend duckte ich mich hinter dem großen Felsen und versuchte meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen. Nidhöggr hatte ich kurzzeitig ablenken können, indem ich eine, mehr schlecht als rechte, Illusion von mir schaffte.

Der Zauber kostete mich in, meinem jetzigen Zustand, enorm viel Kraft, denn mein ganzer Körper musste mittlerweile übersäht sein von blauen Flecken und tiefen Kratzern vom ständigen Stürzen. Meine Augen tränten heftig, da Nidhöggr nun auch Feuer spie und die Luft dadurch trocken und heiß war.

Ich hatte mir bei einem Sturz den Knöchel verletzt und war nun bei weitem nicht mehr schnell genug, um dem wütenden Drachen zu entkommen und ahnte, das es mir nichts bringen würde, nach Heimdall zu rufen.

Ich kannte die Gesetze Asgards nur zu genau und der Wächter der Regenbogenbrücke war dazu angehalten, einem Gott den Zutritt zu verweigern, sollte er oder sie Gefahr für das Reich bedeuten. Und ein riesiger, zorniger Drache war, meiner Meinung nach, ein ausreichender Grund, von Gefahr zu sprechen.

Das plötzliche Grollen von Nidhöggr´s Brüllen ließ mich erkennen das er die Illusion scheinbar durchschaut hatte, was für mich wiederum hieß, die Beine in die Hand zu nehmen.

Ächzend rappelte ich mich auf und begann wieder damit über die Ebene zu rennen. Mein Ziel, war der Berg, auf dem ich zu Beginn der Prüfung gelandet war und obwohl dies kaum mehr zwei bis drei Stunden her sein dürfte, fühlte ich mich jetzt schon, als wäre ich seit Jahren auf der Flucht vor der Bestie.

Doch obwohl mein Körper immer mehr schmerzte und ich die Erschöpfung in meinen Gliedern spürte, hatte ich nicht vor, aufzugeben. Thor wartete darauf, dass ich diese Prüfung bestand und ich wollte ihn nicht enttäuschen.

Der Gedanke an meinen Bruder gab mir unvermittelt neue Energie und als ich Nidhöggr´s Brüllen näher kommen hörte, beschleunigte ich meine Schritte, obwohl mein linker Knöchel höllisch schmerzte und mir das Atmen langsam aber sicher schwer viel.

Ein erneuter Feuerstoß ließ mich ein weiteres mal zu Boden gehen und ich fühlte die unsägliche Hitze nur knapp meinen Kopf verfehlen.

„Verdammt!“, murmelte ich und sprang auf, sobald der Feuerstrahl endete. So schnell es mir, in dem geschwächten Körper, möglich war, rannte ich über die weite Ebene und versuchte dabei nicht, auf den Felsen auszurutschen.

Als ich mich umsah, um abzuschätzen, wie viel Zeit mir blieb, um ein günstiges Versteck zu finden, musste ich entsetzt feststellen, dass Nidhöggr sich in die Luft erhoben hatte und nun wie ein grausamer Todesengel über mir kreiste.

Das er mich trotz der Höhe wahrscheinlich so klar sah, wie, wenn ich direkt vor ihm stehen würde, half mir bei dieser Situation wenig und leicht panisch sah ich mich nach allen Seiten um. Bis zum Berg waren es noch gute fünfhundert Meter und dann musste ich auch erst einmal hinauf klettern, um wieder das Plateau zu erreichen. Ein weiterer Blick nach oben genügte, um mir zu sagen, dass diese Idee zur Zeit wahrscheinlich wenig bringen würde.

Einen Moment lang überlegte ich, mich noch einmal unsichtbar zu machen, doch meine Energie war so gut wie aufgebraucht und ich würde wahrscheinlich gerade einmal dreißig Sekunden verschwunden sein.

Was ich brauchte, war ein gutes Versteck und ein wenig Zeit, um mir einen Plan auszudenken, doch das konnte ich vergessen. Die Landschaft bestand ausschließlich aus kargen Felsen und eiskalter Erde.

„Ich hätte mich einfach ins Moor stürzen sollen, als ich noch die Gelegenheit dazu hatte.“, murmelte ich und dann kam mir ein Gedanke.

Diese Welt war einmal die Heimat der Eisriesen gewesen und Riesen lebten in Höhlen. Laut Odin´s Erzählungen taten sie das auch heute noch und Nidhöggr war vor vielen hundert Jahren hier aufgetaucht, also war die Wahrscheinlichkeit eine Höhle zu finden, in der ich mich verstecken konnte, relativ groß.

„Aber wo?“, murmelte ich und war gerade sehr dankbar, dass Nidhöggr vom ständigen Feuerspeien scheinbar auch eine kurze Pause brauchte.

Hektisch sah ich mich um. Ich wusste, dass ich nicht viel Zeit hatte und als ich wieder einen Blick in den grauen Himmel warf, konnte ich sehen, dass der Drache sich scheinbar wieder zum Angriff bereit machte.

Mit fliegenden Augen sah ich mich um, betrachtete jede noch so kleine Unebenheit, jeden Felsen und dann sah ich es!

Ein schwacher Felsspalt in der Bergwand, ungefähr dreihundert Meter über der Erde, die von weitem aussah wie ein einfacher Riss.

„Ein Versuch ist es wert!“, wisperte ich in die Stille, warf einen letzte Blick in den Himmel und rannte dann los.
 

Nach Atem ringend und mit versenkter Kleidung kam ich bei der Felsspalte an. Die Hetzjagd, den Berg hinauf, hatte mich mein letztes bisschen an Kraft gekostet und nun stand ich vor dem Riss und keuchte erleichtert, als ich sah, dass es sich wirklich um den Eingang in eine Höhle handelte.

Ohne zu zögern ging ich durch die schmale Öffnung und befand mich in einer winzigen, natürlichen Felshöhle. Sie schien nicht wirklich für Riesen geeignet zu sein, aber das war mir herzlich egal.

Stöhnend ließ ich mich an der Wand sinken und setzte mich auf den harten Steinboden. In der kleinen Kammer war es kalt und die Luft roch leicht moderig, doch der eisige Wind von draußen fehlte und das wichtigste: Ich hatte einen Schutz vor Nidhöggr.

Einen Moment blieb ich erschöpft sitzen, bevor ich meine Arme ausstreckte und mit einem schmerzhaften Zischen mir den Stiefel vom linken Fuß zog.

Der Knöchel, der darunter zum Vorschein kam, war dunkelblau, fast lila, angeschwollen und als ich meine kalten Finger vorsichtig auf die Stelle legte, hätte ich fast gewinselt.

Mein Gehirn informierte mich unnötigerweise darüber, dass der Knöchel nicht gebrochen war, doch die Schmerzen und die Schwellung deuteten auf eine heftige Verstauchung.

Kurz überlegte ich, ob ich noch genug Kraft hatte, einen einfachen Heilzauber zu wirken, doch die Chancen, dass ich eine erfolgreiche Heilung zustande brachte standen schlecht. Eher würde ich es noch schlimmer machen und ich musste meine Kräfte aufsparen.

Wütend über mich selbst und meine eigene Schwäche zog ich den Stiefel wieder an und versuchte ein gequältes Aufstöhnen zu unterdrücken. Ich wusste, dass ich den Fuß am besten nicht noch mehr belasten sollte, doch was hatte ich schon für eine Wahl!

Nachdem der Schuh wieder richtig saß, packte ich meinen, achtlos in die Ecke geworfenen Rucksack, und nahm die drei Schuppen zur Hand.

Sie hatten die Größe von kleinen Tellern und glitzerten im Zwielicht der Höhle wie ein Regenbogen. Wäre ihr ehemaliger Besitzer nicht so eine Bestie, könnte man glatt glauben, die Schuppen wären magisch.

Von meinen verworrenen Gedanken überrascht, schüttelte ich energisch den Kopf und versuchte wieder klar und logisch zu denken. Ich brauchte einen Plan, wie ich Nidhöggr loswerden konnte. Heimdall brauchte zwei Minuten, um mich wieder zurück nach Asgard zu holen, aber wie sollte ich es schaffen einen Drachen zwei Minuten abzulenken, ohne dabei zu sterben.

In meinen Erinnerungen ging ich jedes Lehrbuch, jede Schriftrolle, jedes noch so kleine Detail durch, welches ich in den letzten paar Jahren angesammelt hatte.

Ich hatte Wissen über alle möglichen Bereiche, von der Anatomie, bis zur Astronomie, doch nichts davon konnte mir helfen.

Meine Magie gezielt gegen Nidhöggr war nutzlos, denn scheinbar absorbierten seine Schuppen meine Zauberkraft einfach und ein frontaler Angriff wäre purer Selbstmord.
 

Ich hatte das Gefühl, Stunden lang in der Höhle zu sitzen und trotzdem hatte ich keine einzige Idee. Die Kälte machte mir immer weniger zu schaffen und ich wusste, das ich kurz vor einer Unterkühlung stand.

Die Schuppen hatte ich wieder im Rucksack verstaut und abgesehen von einer Feldflasche mit Wasser und einem Kompass trug ich nichts bei mir. Ich wusste nicht einmal, wieso ich ausgerechnet einen Kompass eingepackt hatte, denn auf meinen Orientierungssinn hatte ich mich, bis jetzt, immer verlassen können.

Wütend schubste ich den Rucksack von mir und lehnte den Kopf wieder an die harte Steinwand. Meine Gedanken begannen langsam abzudriften und ich dachte an Thor und wie wir bei einem Jagdausflug zu weit von der Gruppe fortgeritten waren, um uns am Ende im Wald zu verirren, da Thor niemals auf den Weg achtete und ich damit beschäftigt gewesen war, ihn nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir waren ewig in dem Wald herumgeirrt! Thor als pubertierender Sechzehnjähriger, der alles besser wussten, als sein zwölfjähriger Bruder, und ich, der einfach nur hinter dem blonden Prinzen hergelaufen war und sich innerlich diebisch darüber gefreut hatte, mal wieder völlig allein mit seinem Bruder zu sein.

Irgendwann war es dunkel geworden und nachts im Wald kamen die seltsamsten Kreaturen zum Vorschein.

Thor war besorgt, da einige dieser Wesen gefährlich waren und hatte nach einem passenden Versteck Ausschau gehalten, während ich fasziniert die verschiedenen Tiere betrachtet hatte.

Unseren Unterschlupf für die Nacht fanden wir auf einer kleinen Lichtung, die umgeben war von hohen Sträuchern und in deren Nähe ein kleiner Bach floss.

„Immer auf fließendes Wasser achten, Loki!“, hatte Thor gesagt: „Dies kann nicht vergiftet sein.“

Ich hatte ihm nicht gesagt, dass ich selbst über dieses Wissen verfügte. Stattdessen hatte ich einfach nur seiner Stimme gelauscht und jedes Mal, wenn er meinen Namen sagte, floss ein Schauer über meinen Rücken.

Damals hatte ich mir nichts dabei gedacht und war auch ohne zu zögern zu ihm unter die Decke gekrochen, hatte mich an seine breite Brust geschmiegt und die Ruhe genossen, die dieser Moment für uns bereit hielt.

Wenn ich heute an diesen Moment dachte, dann ergriff Traurigkeit mein Herz, denn das ich diese Gefühle nicht für meinen Bruder empfinden sollte, war mir in dem Moment klar geworden, als Thor das erste Mal einem Mädchen hinterher gesehen hatte.

Der Stich, der mein Herz dabei ergriffen hatte, war getränkt von Eifersucht und Wut, und einen Moment war ich versucht gewesen, dem Mädchen Warzen, oder einen heftigen Ausschlag anzuzaubern, doch im nächsten Moment war ich entsetzt gewesen von meinen Gedanken.

Lange hatte ich über diese und andere Situationen nachgedacht und kam irgendwann zu dem einzigen Schluss, der in das ganze Gefühlschaos erklären konnte: Ich war in meinen eigenen Bruder verliebt!

Diese Erkenntnis traf mich seltsam unvorbereitet und ich begann mich immer mehr Thor zu entziehen. Er sollte nichts von den Gefühlen mitbekommen, denn dann hätte er mich wahrscheinlich ausgelacht, oder noch schlimmer, verachtet.

Auch meinen Eltern erzählte ich nichts davon, auch wenn Frigga mich an einem Tag zu sich rief und mit mir über die Liebe sprechen wollte. Ich sagte ihr sehr deutlich, dass ich nicht darüber sprechen musste und ließ kurz darauf auch Odin auflaufen, als er ein Gespräch von Vater zu Sohn führen wollte.

Thor fand diese ganze Situation sehr lustig, doch auch ihm sah ich an, dass er mit mir reden wollte.

„Tja und jetzt werden wir vielleicht keine Möglichkeit mehr dazu haben.“, flüsterte ich, in das langsam dunkler werdende Zwielicht und als mir die Augen zufielen, träumte ich bereits davon, wie es wäre mit Thor zusammen zu sein.

Regeln

Thor´s POV:
 

Vaters Worte hatten mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Natürlich kannte ich die Regel, die besagte, dass Heimdall die Brücke, im Falle einer drohenden Gefahr geschlossen halten musste und trotzdem hätte ich Odin niemals zugetraut diese Regel aufrecht zu erhalten, wenn es um einen seiner Söhne ging.

Nach dem Gespräch im Tempel war ich zurück in den Palast geritten und ging nun stürmisch in einem der kleinen Salons auf und ab. Sif, Volstagg, Hogun und Fandral hatten sich zu mir gesellt und nachdem ich berichtet hatte, was vorgefallen war, hatten sich alle in brütendes Schweigen zurück gezogen.

„Kannst du deinen Vater nicht bitten, eine Ausnahme für Loki zu machen?“, fragte Volstagg und versuchte dabei nicht zu auffällig auf den Honigkuchen zu starren, den ein paar Diener zusammen mit leichtem Wein auf dem Tisch, zwischen den drei Sofas, platziert hatten: „Ich meine immerhin geht es um seinen Sohn!“

Ich schüttelte den Kopf und blieb vor einem der mannshohen Fenster stehen, um einen Blick auf Asgard zu werfen. Es war bereits später Nachmittag und das ganze Volk wartete auf Loki´s Rückkehr, ohne zu ahnen, dass dieser eventuell gar nicht wiederkehrte.

Wütend strich ich mir durch meine, fast schulterlangen, Haare und sagt: „Das kann Odin nicht tun. Er muss sich an die Gesetze halten, auch wenn es um seinen Sohn geht, egal wie schwer es ihm fällt.“

Volstagg seufzte auf meinen Kommentar hin und gab den Kampf gegen seinen unbändigen Appetit auf. Einen kurzen Moment entlockte mir dieses Verhalten ein leichtes Lächeln, ehe die Sorge um Loki mit voller Wucht zurück kehrte und ich frustriert aufstöhnte.

„Was wäre denn, wenn Odin einen Rettungstrupp schicken würde?“, fragte da Sif und ich drehte mich zu ihr um.

„Ich meine, Loki hat seine Prüfung erfüllt und die Art wie er zurück kommt ist doch völlig egal, oder!“

Diesmal war es Hogun, der den Kopf schüttelte und sagte: „Würde Odin eine offizielle Rettungsmission erlauben, könnte das Orakel Loki´s Prüfung als nicht bestanden werten. Es würde nur gehen, wenn ohne das Wissen des König und seiner Berater ein Team zu Loki´s Rettung aufbrechen würde. Da der Prinz vor seinem Geburtstag die Prüfung nicht kannte, kann man ihm kein Mogeln vorwerfen, wenn jemand ihm zu Hilfe eilt.“

Mit jedem Wort, welches Hogun sprach, wurde ich aufmerksamer. Wenn das wirklich der einzige Weg war, dann…

„Wir werden Loki retten.“, sagte ich und Volstagg verschluckte sich auf meine Worte hin an seinem Kuchen. Fandral sah mich entsetzt an, Sif schüttelte ungläubig den Kopf und Hogun´s sonst so stoische Miene spiegelte eine Mischung aus Überraschung und Frustration über seine eigene Dummheit wieder.

„Wenn Loki wirklich nur von Freiwilligen gerettet werden kann, dann werden wir eben gehen und meinen kleinen Bruder zurück holen!“

Und mit diesen Worten drehte ich mich zur Tür und wollte gehen, doch Sif´s Stimme hielt mich noch einen Moment zurück.

„Thor, denk bitte gut über deine Worte nach. Wir könnten wahnsinnig Ärger bekommen, wenn das jemand raus findet.“

Ich blieb, mit dem Rücken zu meinen Freunden, stehen und erwiderte: „Das ist mir gleich! Ich werde meinen kleinen Bruder retten, koste es was es wolle.“

„Na dann haben wir wohl keine andere Wahl.“, hörte ich da Fandral´s Stimme und einen Moment später, spürte ich seine Hand auf meiner Schulter.

„Mach dir keine Sorgen, mein Freund.“, sagte der Blonde: „Wir werden deinen kleinen Bruder zurückholen. Auf uns kannst du zählen!“
 

Eine halbe Stunde später befanden wir uns auf dem Weg zum Bifröst.

Wir hatten den Wachen erzählt, einen letzten Ausflug in die Stadt zu machen und anhand der im Palast herrschenden Anspannung waren diese auch nicht weiter darauf eingegangen.

Doch ich ahnte bereits, dass wir Heimdall höchstwahrscheinlich nicht so leicht an der Nase rumführen konnten. So sehr ich den ruhigen Krieger auch respektierte, manchmal teilte ich Loki´s Auffassung, dass dieser bei weitem zu viel sah.

Als wir den Eingang zum Bifröst erreichten und von den Pferden sprangen war Heimdall´s Miene unbewegt wie eh und je, und noch bevor ich etwas sagen konnte, sprach er mit seiner durchdringenden Stimme: „Ich wusste, dass du kommen würdest, Thor Odinson. Niemals würdest du deinen kleinen Bruder im Stich lassen.“

Ich nickte und trat einen Schritt auf den dunkelhäutigen Hünen zu.

„Wirst du uns passieren lassen?“, fragte ich und spürte das aufgeregte Zittern meiner Hände. Heimdall war der Einzige, neben Odin, der die Brücke öffnen konnte und wenn er es nicht tat, dann war mein kleiner Bruder verloren.

Der Blick der bernsteinfarbenen Augen war fast zu viel für mich und als er antwortete, hielt ich unwillkürlich die Luft an: „Ich werde euch passieren lassen, denn an einer Forschungsmission habe ich nichts auszusetzen.“

Ich stieß erleichtert den angehaltenen Atem aus und versuchte ein Grinsen, wegen seiner Wortwahl, zu verbergen.

„Doch eines möchte ich dir sagen, Thor Odinson. Das Objekt, welches du suchst befindet sich in einer Höhle, doch wenn du dich nicht beeilst, gibt es nichts mehr zu erforschen.“

Heimdall´s Worte waren wie eiskaltes Wasser, dass mir über den Rücken floss und schnell nickte ich. Wir durften keine Zeit mehr verlieren.
 

Hintereinander betraten wir die große Metallkuppel und warteten ungeduldig, bis Heimdall sein Schwert in den Energieschacht gesteckt hatte und die Kuppel begann, sich zu drehen.

Als der Sog mich erfasst, waren meine Nerven bis zum zerreißen gespannt und der kurze Flug mit dem Bifröst fühlte sich an, wie ein stundenlanger Ritt.

Die Landung kam plötzlich, aber nicht unerwartet und sofort duckten wir uns hinter einem großen Felsen.

Nidhöggr schwebte in seiner ganzen grausamen Pracht über uns, doch er schien uns entweder nicht bemerkt zu haben, was ich durch den Energiestrahl für unwahrscheinlich hielt, oder er ignorierte uns ganz bewusst.

Meine Freunde sammelten sich um mich und Volstagg fragte: „Irgendeinen Plan, wie wir unbemerkt an dieser Bestie vorbeikommen sollen?“

Einen Moment überlegte ich, doch dann hatte ich einen Plan.

„Ich brauche ein Ablenkungsmanöver. Die Höhle, von der Heimdall sprach, wird sich in wahrscheinlich in der nähren Umgebung befinden, denn sonst würde Nidhöggr ja nicht mehr hier herumfliegen. Volstagg, Hogun, Fandral! Ihr werdet für Ablenkung sorgen, während Sif und ich Loki suchen werden. Haltet uns dieses Ungetüm solange wie möglich vom Leib.“

Die drei Männer nickten, doch ich sah auch, dass Sif protestieren wollte, weil sie, ihrer Meinung nach, wieder einmal den leichtesten Job bekommen hatte.

„Ich werde darüber jetzt nicht diskutieren, Sif!“, sagte ich mit unüberhörbarer Wut in der Stimme: „Ich brauche jemanden mit ansatzweise medizinischer Kenntnis.“

Sif nickte verstehend und enthielt sich jeden Kommentars und damit verschwanden die drei Krieger, den Bergrücken hinunter, währen Sif und ich noch einen Moment abwarteten.

Erst als lautes Brüllen, sowohl vom Drachen, als auch von Volstagg und den anderen erklang.

Mit schnellen Bewegungen rappelten wir uns auf und begannen den Berg nach Unebenheiten abzusuchen. Auch dem felsigen Untergrund war das gar nicht mal so leicht und mit jeder verstrichenen Minute machte ich mir größere Sorgen um meine Freunde.

„Thor!“, rief da plötzlich Sif und hektisch drehte ich mich zu ihr. Sie deutete auf eine Felsspalte, kaum erkennbar auf dem grauen Grund, doch sogleich erkannte ich, dass es sich um den Eingang, zu einer Höhle handelte.

So schnell es uns möglich war, kletterten wir zu dem Eingang und als ich den letzten Meter überwunden hatte und in die Höhle sah, wäre ich fast ohnmächtig geworden vor Erleichterung.

Loki saß an der Höhlenwand gelehnt da und schnell eilte ich zu ihm. Erst als ich direkt vor ihm stand, nahm ich seinen Zustand bewusst wahr.

Er war kreidebleich und seine Lippen waren blau angelaufen. Tiefe Kratzer zierten sein Gesicht und seine Hände und besorgt legte ich meine Hände um sein schmales Gesicht.

„Bruder.“, flüsterte ich, um kurz darauf lauter: „Loki!“, zu rufen. Völlig verzweifelt sah ich zu Sif, die mich energisch zur Seite drängte und mit geübten Bewegungen erst Loki´s Puls fühlte, um kurz darauf seine Augelider anzuheben.

„Er ist unterkühlt und wahrscheinlich vor Erschöpfung bewusstlos.“, sagte sie und sah mich einen Moment kalkulierend an.

„Zieh deinen Umhang aus und hülle ihn darin ein. Wir bringen ihn sofort hier raus. Ich nehme seine Sachen.“

Ohne zu zögern gehorchte ich ihren Worten und riss mir den roten Umhang von den Schultern. Vorsichtig wickelte ich Loki darin ein, bevor ich ihn auf die Arme hob und aus der Höhle trug.

Ich spürte kaum sein Gewicht, doch allein die Tatsache, ihn wieder in den Armen zu halten, gab mir neue Energie und mit schnellen Schritten verließ ich die dunkle Höhle und bahnte mir, mit Sif´s Hilfe, einen Weg zurück zur Plattform, auf der wir gelandet waren.

Sie hatte Loki´s Rucksack über die Schulter geworfen und gab dann Volstagg, Hogun und Fandral ein Zeichen zurück zu kommen.

Jetzt musste es sehr schnell gehen! Die drei begannen ohne zu zögern einzeln auf uns zuzurennen und verwirrten somit den Drachen.

Dunkel erinnerte ich mich daran, dass dies die einzige Methode war, einen Drachen lange genug zu irritieren, um entkommen zu können. Es war die erste Lektion, die wir auf Midgard gemeinsam gelernt hatte.

Sobald Hogun, der als letzter zu uns kam, die Plattform erreicht hatte, rief ich nach Heimdall und sah mit tiefer Befriedigung, wie wir zurück nach Asgard gezogen wurden, während Nidhöggr immer noch verwirrt im Himmel kreiste.

Gespräch

Loki´s POV:
 

Als ich langsam aus meinem Dämmerzustand erwachte, war es warm um mich herum. Ich lag auf einem weichen Untergrund, also nicht mehr in der Höhle, und hatte das Gefühl von Geborgenheit, das mich umgab.

Meine Augenlider waren schwer, doch ich zwang mich, sie wenigstens einen Spalt breit zu öffnen.

Das erste, was ich erblickten, war der dunkle Stoff einer Tunika. Verwirrt öffnete ich die Augen komplett und hob leicht den Kopf, um mich umzusehen.

Ich lag auf jeden Fall in meinem Bett, um mich eine warme Decke geschlungen, und mein Kopf ruhte auf Thor´s Schulter.

Bei diesem Gedanken wäre ich beinahe zusammen gezuckt, doch ich konnte jedes Zeichen seitens meines Körpers unterdrücken und betrachtete stattdessen das schlafende Gesicht meines Bruders.

Seine goldblonden Haare waren ein wenig zerzaust und seine Wangen vom Schlaf ein wenig gerötet. Er hatte seinen rechten Arm um mich geschlungen und hielt mich fest, als hätte er Angst ich könnte verschwinden.

Ein Blick aus dem Fenster sagte mir, dass es tiefste Nacht in Asgard war. Die Sterne leuchteten am Himmel und unwillkürlich fragte ich mich, wie lange ich nicht bei Bewusstsein gewesen war.

Das plötzliche Verändern von Thor´s Atmung sagte mir, dass er langsam erwachte und ich richtete meinen Blick wieder auf ihn, um zu beobachten, wie sich seine strahlen blauen Augen erst ganz langsam und dann, als er bemerkte das ich wach war, sehr schnell öffneten.

„Loki!“, sagte er und ich verzog das Gesicht, aufgrund seiner lauten Stimme: „Du bist endlich erwacht. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“

„Sprich leiser, Bruder.“, murmelte ich und fuhr mir mit der rechten Hand durch die Haare. Meine Linke war unter Thor´s Körper eingeklemmt, doch das störte mich wenig.

„Verzeih.“, flüsterte er und seine linke Hand auf meine Wange: „Wie geht es dir?“

Einen Moment lang konnte ich nicht antworten. Seine Berührung machte mir erst jetzt bewusst, wie wir in diesem Bett lagen.

Vorsichtig wollte ich mich von ihm lösen, doch er zog mich nur näher an sich.

„Nicht!“, sagte er und ich sah tiefen Kummer in seinen Augen. Erschrocken griff ich nach seiner Hand, die immer noch auf meiner Wange lag, und umfasste seine kräftigen Finger mit meinen. Von ihnen ging eine Hitze aus, die mich mit sorgloser Wärme überflutete.

„Was hast du denn?“, fragte ich besorgt: „Es ist doch alles in Ordnung.“

Energisch schüttelte er den Kopf und als er mir wieder in die Augen sah, schienen seine blauen Iriden eine Spur der Härte zu enthalten, die er sonst nur seinen Untergeben zeigte.

„Nichts ist in Ordnung, Loki!“, erwiderte er: „Du wärst fast gestorben. Die Ärzte sagen deine Magie war so geschwächt, dass sie dich nicht mehr vor der Kälte schützen konnte. Die Brandwunden waren entzündet und als ich dich fand war deine Atmung so schwach, dass ich einen Moment glaubte, ich hätte dich verloren. Es war der schlimmste Moment meines Lebens!“

Seine Worte ließen mein Herz höher schlagen und ich versuchte mir nichts davon anmerken zu lassen. Er durfte nichts von meiner Liebe zu ihm wissen, denn dann hätte er mich verlassen und wäre nie wieder zurück gekommen.

Auch die Tatsache, dass ich beinahe erfroren wäre, machte mir zu schaffen, denn normalerweise konnte ich mit Kälte besser umgehen, als die anderen Asen.

Die Asen lebten in andauerndem Sonnenschein und Schnee und Eis waren für Asgard Fremdwörter, doch trotzdem wurde mir mochte ich den Schnee irgendwie.

Wenn es allerdings wirklich heiß wurde, dann konnte man mit mir nichts anfangen, denn ich bekam schneller einen Hitzschlag, als kleine Kinder.

Stumm schüttelte ich den Kopf, um die unsinnigen Gedanken zu vertreiben und konzentrierte mich wieder auf meinen besorgten Bruder.

„Thor.“, sagte ich: „Wir werden immer wieder in solche Situationen kommen. Wir sind Krieger und Gefahren gehören zu unserem Leben.“

Trotzig drehte er den Kopf und murmelte etwas, dass ich nicht verstand.

„Was hast du gesagt?“, fragte ich deshalb und als er mich wieder ansah konnte ich ihm an den Augen ablesen, dass er nicht gewollt hatte, dass ich mitbekam, wie er vor sich hin schimpfte.

„Ich habe gesagt, dass du kein Krieger sein musst. Du könntest hier sein, in Sicherheit. Dann müsste ich nicht immer befürchten, dass du in schon wieder in Gefahr schwebst.“

Wütend verengte ich die Augen und ich wusste, dass ich, wenn ich es denn könnte, gerade Blitze aus meinen grünen Iriden schoss.

„Und du weißt, dass ich nicht hierbleiben kann, solange du dich in Schlachten wirfst, die dein Leben kosten könnten. Ich bin genauso ein Krieger Asgards, wie du einer bist!“

Wütend senkte Thor den Kopf und nahm auch seinen Arm von meiner Hüfte. Sofort wurde es merklich kühler, obwohl ich immer noch unter der wärmenden Decke lag, doch ohne Thor´s Körperwärme fühlte es sich nicht mehr richtig an.

Erst jetzt fiel mir auch auf, dass ich kurz nach der Sache in Nornheim, Thor gebeten hatte, ab sofort nur noch getrennt zu schlafen. Für meinen hormongesteuerten Bruder war diese Regelung leicht gewesen, doch ich hatte noch Wochen nach dem Schrecken der Schlacht Albträume gehabt. Ich hatte lange gebraucht um mich an die Einsamkeit und Stille in dem weitläufigen Zimmer zu gewöhnen, und obwohl Thor´s Zimmer nur wenige Türen entfernt war, fühlte es sich an, als würden Welten zwischen uns liegen. Nun, da ich ihn wieder an meiner Seite spürte und es sich so richtig anfühlte, fragte ich mich ob es ihm genauso ging. Oder hatte es für ihn keine Bedeutung? Wollte er nur seinem kleinen Bruder beistehen?

Je länger ich darüber nachdachte, desto deprimierender wurden die Antworten, die mein Geist auf die Fragen fand. Unsicherheit überkam mich und ich wünschte mir plötzlich, ich könnte einfach ganz weit weg sein. Weg von Thor und den Gefühlen, die so falsch waren und sich trotzdem so richtig anfühlten.

Thor´s Bewegungen rissen mich aus meinen Gedanken und ich beobachtete ihn dabei, wie er sich aufsetzte und seufzend durch seine Haare fuhr. Er brachte sie damit nur noch mehr in Unordnung und als seine Finger in einigen verknoteten Strähnen hängen blieben und er leise fluchte, während er versuchte seine Haare gewaltsam zu lösen, musste ich leise lächeln.

„Halt still.“, murmelte ich und setzte mich ebenfalls auf. Geduldig löste ich seine Finger und begann dann damit seine Haare zu entwirren. Strähne um Strähne löste ich die Verknotungen und als seine Haare wieder weich über seine Schultern fielen, strich ich trotzdem weiter durch sie hindurch. Ich wusste, wie sehr er es genoss, wenn ich das tat und schon kurz darauf hörte ich ein entspanntes Seufzen.

Ich dehnte meine Bewegungen weiter aus und strich ihm sanft über den Nacken, die Schultern und die Arme. Ich löste seine Verspannungen und als ich wieder seine Schultern erreichte, ergriff Thor meine Hände und zog meine Arme nach vorne.

Ich hatte mich hinter ihm aufgehockt, sodass ich ihn nun umarmte und er seinen Kopf einfach an meine Schulter legen konnte.

„Ich weiß, dass ich dir nicht verbieten kann ein Krieger zu sein.“, sagte er und seine Stimme klang dabei zu gleichen Teilen traurig, wie auch erschöpft.

„Und ich weiß auch,“, fuhr er fort: „Das ich dir Unrecht tue, indem ich dir vorwerfe ständig in Gefahr zu geraten, doch du bist mein kleiner Bruder und mein bester Freund!“

Er wirbelte so plötzlich herum, dass ich mich nur noch an seinen Schultern festhalten konnte, um nicht umzufallen. Nun saß er mit dem Gesicht zu mir und starrte mir tief in die Augen, die ich weit aufgerissen hatte.

„Verdammt, Loki, du bist alles für mich!“

Es dauerte eine ganze Weile, bis seine Worte mich wirklich erreicht hatten und ich sah in seinen Augen Ehrlichkeit, Vertrauen und eine grenzenlose, aber brüderliche Liebe.

Diese Erkenntnis raubte mir fast den Atem und mit aller Macht versuchte ich meine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Mein Herz schmerzte, als hätte jemand eine Klinge hinein gebohrt und ich atmete tief ein und aus, um mich zu beruhigen.

Als ich mich wieder gefasst hatte, sah ich ihn an und lächelte tapfer.

„Du bist auch alles für mich, Thor.“, sagte ich und hoffte, dass er nicht bemerkte, was hinter meinen Worten lag: „Und ich würde alles für dich tun. Das weißt du hoffentlich. Ich-“

Ein Gedankenblitz unterbrach mich und plötzlich wurde aus meinem Lächeln ein ausgewachsenes Grinsen. Für den Moment vergaß ich sogar den Schmerz in meinem Herzen.

„Ich kenne diesen Blick.“, sagte Thor und sah gleichzeitig misstrauisch und neugierig aus: „Was hast du geplant?“

Euphorisch ergriff ich sein Gesicht und sagte: „Ich könnte in deine Einheit kommen. Wenn ich in deiner Nähe bin, Bruder, dann hast du keinen Grund dich zu sorgen und auch ich kann ein Auge auf dich haben. Wir wären Team, Thor.“

Einen Moment schien er sich meine Idee im Kopf herum gehen zu lassen, doch dann grinste auch er und ich brauchte keine Antwort, um zu wissen, dass er einverstanden war.

Liebe ist Freundschaft

Thor´s POV:
 

Die Entscheidung unserer Zusammenarbeit wurde von allen Seiten mit Wohlwollen aufgenommen. Vater war begeistert von der Idee und auch Mutter schien erleichtert zu sein. Mein Team nahm es ebenfalls gut auf, denn Loki war ein guter Arzt und ein noch besserer Zauberer. Mit dieser Fähigkeit rettete er uns ein ums andere Mal das Leben.

Auf diese Weise vergingen Jahrhunderte und ohne es zu bemerken veränderte sich etwas zwischen Loki und mir.

Das erste Mal bemerkte ich es, als wir Svartalfheim waren und aus dem Hinterhalt angegriffen wurden. Die Elfenkrieger brachten uns zu ihrem Stammesoberhaupt und dieser, zwar schön von Gestalt, aber hart in der Seele, verlangte unsere sofortige Hinrichtung. Nur Loki´s Verhandlungsgeschick und seinen bezaubernden Worten verdankten wir unsere Freilassung.

Dies war der Tag an dem Loki den Spitznamen „Silberzunge“ erhielt.

Der Name passte, doch er brachte mich auch zum Nachdenken. Loki war ein Genie. Er war klug, gerissen und so schön, dass die jungen Damen und die Dienstmädchen sich kaum auf ihre Aufgaben konzentrieren konnten, wenn er in der Nähe war.

Auch junge Männer begannen sich für meinen hübschen Bruder zu interessieren, war dazu führte, dass Loki sich regelmäßig in der Bibliothek verschanzte, oder gefährliche Missionen herbeisehnte, um den lüsternen Blicken zu entkommen.

Auch unseren Eltern blieb die Situation nicht verborgen und besonders Mutter war besorgt um ihren Jüngsten.

Die Jahre zogen ins Land und mit jedem Tag, welcher verging wurde die Stimmung um Loki´s Person ungehaltener. Die Mädchen beschwerten sich, dass er sie regelmäßig abwies und ich ahnte, dass es bald zu Handgreiflichkeiten kommen würde, da auch die jungen Männer sich zurück gestoßen fühlten.

Dies führte zu dem Gespräch, welches ich an dem Krönungstag von der sterblich Victoria von England mit ihm führte.

Loki interessierte sich in dieser Zeit für menschliche Politik und Kolonialisierung, weshalb er sich von den Priestern eine Seherkugel hatte anfertigen lassen. Die Warnung der alten Männer schlug er einfach in den Wind und verbrachte lieber stundenlang damit, in seinem Zimmer zu sitzen und die Sterblichen zu beobachten. Auch an diesem Tag saß er über die kopfgroße Kugel gebeugt, als ich das Zimmer betrat. Fasziniert starrte er in das klare Bild und sagte: „Sieh dir das an, Bruder. Diese Frau wird England, Europa und die ganze Welt verändern.“

Kurz spähte ich über seine Schulter hinweg und erblickte das Bild einer jungen Frau, die gerade auf dem Thron platz nahm.

Doch ich war nicht hier, um mir die Krönung einer sterblichen Königin anzusehen und sagte stattdessen: „Ich muss mit dir reden, Loki!“

Der Schwarzhaarige blickte auf und runzelte die Stirn. Er kannte mich besser, als unsere Mutter und wusste, dass es etwas ernstes war, wenn ich ihn bei seinem Namen nannte.

Kurzerhand löste er den Zauber, der auf der Kugel lag, und bedeutete mir zu den zwei Sesseln vor dem Kamin zu gehen. Mit einer Handbewegung seinerseits erschien ein Diener, der Tee und Früchte brachte, bevor er verschwand und uns allein in dem großen Zimmer ließ.

Ich blickte zu Loki, der mich mit seinen smaragdgrünen Augen musterte und unwillkürlich musste ich schlucken, denn meine Kehle war plötzlich staubtrocken.

„Hör zu, Loki,“, begann ich und senkte den Blick, um einen klaren Kopf zu behalten: „Du weißt, dass die Stimmung im Palast immer gereizter wird.“

Ich sah sein Nicken aus den Augenwinkeln und holte noch einmal tief Luft, bevor ich fortfuhr: „Weißt du, es liegt daran, dass die jungen Damen am Hofe langsam ungeduldig werden. Du weist sie seit langer Zeit ab, nimmst die stattdessen aber auch keinen Geliebten und langsam machen wir uns alle Sorgen. Du solltest dir wirklich einen Partner suchen, und sei es nur, um Gelüste zu befriedigen.“

Als ich geendet hatte war es lange Zeit still im Raum. Ich blickte wieder zu ihm, doch er starrte in die tanzenden Flammen des flackernden Kaminfeuers und ich rechnete damit, jeden Moment aus dem Zimmer geworfen zu werden.

Doch als mit seiner ruhigen Antwort hatte ich nicht gerechnet: „Ich weiß, dass ihr euch Sorgen macht, Thor“

Er blickte mich wieder an und seine Augen glühten regelrecht vor unterdrückten Emotionen.

„Doch glaub mir, es gibt einen Grund, warum ich mir keinen Gefährten suche.“, sagte er. Wieder starrte er in die Flammen, bis er mich plötzlich fragte: „Kennst du die Sagen und Lieder, welche die Sterblichen über uns geschrieben haben?“

Seine Frage verwirrte mich und ich schüttelte den Kopf. Er blickte mich wieder an und fuhr fort: „Die Menschen schreiben:

Loki ist schmuck und schön von Gestalt,

aber bös von Gemüt und sehr unbeständig.

Er übertrifft alle andern in Schlauheit und in jeder Art von Betrug.

Außerdem sind sie der Meinung, dass Odin´s Pferd Sleipnir mein Sohn ist. Überhaupt scheine ich der Vater von allerlei Monstern zu sein. Auch Fenrir, Jörmungandaal und Hel, die Todesgöttin, gehören dazu. Die Menschen halten mich für die Hure Asgards.“

Entsetzt starrte ich ihn an und versuchte seine Worte zu begreifen. Ich hatte nie von diesen Geschichten gehört und nun verstand ich auch Loki´s Gefühle.

Für Götter war die Jungfräulichkeit, egal ob bei einem Mann oder einer Frau, etwas Heiliges. Oftmals dauerte es Jahrhunderte bis sie ihre Keuschheit aufgaben, was bei unserer Lebenserwartung nicht viel war. Sie gaben ihre Reinheit nicht jedem und ich wusste, dass gerade Loki niemanden freiwillig in seine Nähe ließ. Er ertrug die Berührungen anderen Personen nur sehr sporadisch. Ausschließlich Mutter und ich konnten ihn immer berühren, ohne das es ihn störte. Nicht einmal Vater hatte dieses Privileg und ich fragte mich plötzlich, wieso nicht.

„Ist das der Grund warum du alle abweist?“, fragte ich und er nickte betrübt.

„Ich will niemandem eine Angriffsfläche bieten, denn ich weiß, dass diese Lieder irgendwann bekannt werden und schon allein die Passage, dass ich mit Sigyn verheiratet sein soll, reicht für Spott für die nächsten Jahrhunderte.“

Ein eiskalter Schauer rieselte mir über den Rücken, als ich das hörte. Sigyn war eine Dame, welche am Hofe lebte. Ihr Vater war ein Berater Odins und vor einigen Jahrzehnten hatten unser und ihr Vater kurzzeitig überlegt, Loki und Sigyn miteinander zu vermählen. Doch Sigyn war nahezu obsessiv geworden, als sie von den Plänen erfuhr.

Sie verfolgte Loki auf Schritt und Tritt, brach in sein Zimmer ein und platzte sogar in sein Magietraining, weshalb er sich beinahe selbst entzündet hätte.

Völlig fertig mit den Nerven stand er eines Abends vor meiner Zimmertür und bat um Zuflucht, da er sich nicht traute sein Zimmer zu betreten, aus Angst Sigyn könnte wieder auf ihn warten.

In dieser Nacht schliefen wir das erste Mal seit vielen hundert Jahren wieder in einem Bett und es sorgte dafür, dass ich am nächsten Morgen aufwachte und das Gefühl hatte, dass die Welt nun perfekt war.

Diesen Gedanken hatte ich damals schnell unterdrück und glücklicherweise entschied sich Vater gegen eine Vermählung. Die Berichte der Dienerschaft und Loki´s anstehender Nervenzusammenbruch rieten von einer Hochzeit ab.

Sigyn war daraufhin wutschnaubend aus dem Palast verschwunden und bis jetzt war mir eine weitere Begegnung gnädigerweise erspart geblieben.

Ein leises Klirren riss mich aus meinen Gedanken und ich beobachtete Loki dabei, wie er Tee in eine Tasse goss und sie dann mit den Händen umklammerte, immer wieder einen Schluck dabei von der heißen Flüssigkeit nehmend.

Er sagt blass aus und besorgt bemerkte ich den trüben Ausdruck in seinen Augen. Es tat mir in der Seele weh, ihn so zu sehen und spontan stand ich auf, um mich vor ihm auf die Knie sinken zu lassen.

„Sag mir, Bruder, gibt es denn niemanden, mit dem du eine Beziehung wenigstens versuchen würdest? Irgendjemanden den du lieben könntest?“

Loki lächelte traurig und löste eine seiner schlanken Hände von der zierlichen Tasse. Vorsichtig legte er seine kühlen Finger auf meine Wange und strich über mein Gesicht, als müsse er sich die Züge so einprägen.

„Es gibt jemanden, den ich bereits seit langer Zeit liebe, doch er würde mich verstoßen, sollte er von meiner Liebe erfahren.“, sagte er und die Tatsache, dass er von einem Mann sprach, überraschte mich weniger, als es sollte.

Gleichgeschlechtliche Beziehungen waren nicht verboten und da Loki der zweite Prinz Asgards war konnte er frei wählen und irgendwie hatte ich schon immer geahnt, dass Loki sich für einen Mann entscheiden würde. Er einfach nicht für Frauen geschaffen.

Ich hob die Hand und bedeckte seine, die immer noch auf meiner Wange lag, mit meiner.

„Du hast es doch sicher noch nie versucht. Woher willst du wissen, dass er dich zurückweisen würde, wenn du ihm deine Liebe gestehst? Niemand könnte das, Loki.“ Sein Lächeln wurde noch eine Spur melancholischer und plötzlich senkte er seinen Kopf, bis seine Stirn an meiner ruhte.

„Liebe ist Freundschaft.“, sagte er und sah mir dabei tief in die Augen: „Also sag mir, mein Freund… mein bester Freund, würdest du unsere Freundschaft zerstören, wenn ich dir sagen würde, dass du es bist, der mein Herz in seinen Händen hält. Was würdest du tun, wenn ich dir hier und jetzt sagen würde: Ich liebe dich!“

Und plötzlich spürte ich seine Lippen auf meinen. Hauchzart, seidenweich und so verboten, dass ich nichts tun konnte, außer aus weit aufgerissenen Augen meinen Bruder anzustarren, der mir gerade seinen ersten Kuss schenkte.

Zeit

Loki´s POV:
 

Thor´s Lippen auf meinen zu spüren hatte ich mir schon so lange gewünscht. Und es fühlte sich noch besser an, als in meinen Träumen.

Die Lippen des Donnergottes waren weich und warm. Der leichte Bart, den er sich wachsen ließ, kitzelte mich ein wenig, doch ich wollte dieses Gefühl um nichts in den neun Welten aufgeben.

Gleichzeitig wusste ich, dass Thor, sobald er seine Überraschung überwunden hatte, mich wahrscheinlich von sich stoßen würde, weshalb ich mich langsam von ihm löste.

Seine Reaktion war völlig anders, als ich erwartet hätte!

Seine linke Hand griff mir plötzlich in den Nacken und nahm mir so die Möglichkeit, mich von ihm zu lösen. Seine rechte wiederum umschlang meine Hüfte und zog mich näher an Thor´s starken Körper, bis ich breitbeinig auf seinem Schoß saß.

Meine Verblüffung schnell ignorierend, begann ich den, bis jetzt, noch sanften Kuss zu vertiefen und als seine Zunge meine Lippen berührten, öffnete ich liebend gern den Mund.

Sein Geschmack nach Sonnenlicht und irgendetwas Dunklem, Tiefgründigem erfüllte meinen Mund.

Thor erwiderte den Kuss genauso leidenschaftlich und hatte die, vorher noch weitaufgerissenen, Augen geschlossen.

Er verführte meine Zunge zu einem sinnlichen Tanz und als auch noch seine Hand, die immer noch an meiner Hüfte lag, begann über meinen Rücken zu wandern, ließ ich auch meine Hände über seinen muskulösen Oberkörper gleiten.

Ich begann bei den Schulter und glitt dann mit meinen Fingern nach vorne zu seiner Brust. Sobald ich die Bänder erreichte, die seine Tunika zusammen hielten, begann ich sie geschickt zu öffnen und einen Moment hielt Thor inne.

Ich glaubte, nun wäre ich zu weit gegangen, und stoppte ebenfalls meine Bewegungen.

Angsterfüllt löste ich den Kuss und als ich in seine blauen Augen sah, erblickte ich allerdings nur Lust und eine unterdrückte Gier, die mir einen warmen Schauer über den Rücken rieseln ließ.

Kurz sah er mich an, bevor er mich wieder an sich zog und in einen weiteren, leidenschaftlichen Kuss zog. Seine Hände nahmen wieder ihre Bewegungen auf und ohne zu zögern schob er seine Rechte unter meine Tunika.

Ein leises Keuchen entkam meinem Mund, als seine glühenden Finger auf meine kühle Haut trafen und begannen, diese zu liebkosen.

Jede Stelle, die Thor berührte, brannte wie Feuer und meine Knochen fühlten sich an wie Butter. Ich schmolz regelrecht auf seinem Schoß und sehnte jede noch so kleine Berührung herbei, wie ein Verdurstender den ersten Tropfen Wasser.

Doch ich blieb auch nicht untätig. Während Thor mich mit seinen Berührungen zum erbeben brachte, begann ich wieder ihm die Bänder seiner Tunika zu öffnen.

Meine Bewegungen waren dabei bei weitem nicht mehr so kontrolliert, wie noch vor wenigen Momenten, und als ich endlich das letzte Band geöffnet und ihm das lästige Stück Stoff von den Schultern gestreift hatte, stöhnte ich zufrieden auf.

Dabei musste ich den Kuss lösen, doch dies gab mir genug Zeit um die breite Brust meines Bruder ausgiebig zu betrachten und obwohl ich Thor schon des Öfteren entblößt gesehen hatte, war es ein völlig anderes Gefühl.

Thor ließ mir einen Moment Zeit, bevor er, immer noch mit glasigen Augen, seine Lippen auf meinen Hals lehnte und sie über die sensible Haut wandern ließ. Als er die Stelle hinter meinem Ohr erreichte, keuchte ich unwillkürlich auf und eine Gänsehaut überlief meinen Körper.

Ich spürte Thor´s süffisantes Grinsen an meiner Haut, doch bevor ich etwas sagen konnte, streifte er mir plötzlich mein Oberteil über den Kopf um mich danach rücklings auf den Boden sinken zu lassen.

Das er nun zwischen meinen gespreizten Beinen lag, trieb mir doch die Röte ins Gesicht, doch Thor schien es wenig zu kümmern, denn er nahm seine Arbeit an meinem Hals sofort wieder auf.

Doch nicht nur mein Hals kam in Bekanntschaft mit seinen Lippen, sondern auch mein restlicher Oberkörper,

Er wanderte erst über den delikaten Punkt an meiner Kehle, küsste sich dann einen Weg zu meiner Brust und verweilte dort an meinen Brustwarzen. Neckisch knabberte er an den rosigen Knospen und mein Keuchen wurde immer lauter.

Seine Hände blieben dabei die ganze Zeit auf Wanderschaft und als seine Linke meinen Hosenbund erreichte konnte ich mir ein gestöhntes: „Thor!“, nicht mehr verkneifen.

Der Blonde brachte mich noch um den Verstand und als er dann plötzlich seine Rechte, die ich völlig vergessen hatte, auf die bereits sichtbare Ausbuchtung in meiner Hose legte, um meine Erektion zu streicheln, konnte ich nichts anderes tun, als meinen Kopf in den Nacken zu werfen und hemmungslos zu stöhnen.

Es war dieser sinnliche Moment, der alles veränderte. Eben noch waren Thor´s Lippen über meinen erhitzten Körper gewandert und im nächsten Moment erstarrte er in all seinen Bewegungen.

Als ich den Kopf zu ihm drehte, um ihm in die Augen zu sehen, sah ich blankes Entsetzen in seinen blauen Seelenspiegeln und ein eisiger Stich fuhr mir ins Herz.

„Thor.“, murmelte ich halb fragend, halb flehend, denn ich spürte bereits die Hitze, die immer weiter in meinen Lenden anstieg.

Doch mein Bruder schien wieder klar denken zu können und seine Gedanken signalisierten nur eines: Flucht!

Ich konnte gar nicht reagieren, so schnell war er aufgesprungen und aus dem Zimmer gerannt. Alles was er hinterließ war dieser wunderbare Geruch und die schreckliche Leere, die plötzlich von meinem Inneren Besitz ergriff.
 

Irgendwie schaffte ich es mich vom Boden zu erheben und ins Badezimmer zu schleppen und als ich in den Spiegel sah, blickte mir einen Tränenüberströmtes Gesicht entgegen. Das ich weinte, spürte ich nicht, denn mein Inneres war gefüllt von Schmerz und Einsamkeit. Bittere Enttäuschung machte sich in mir breit und verdrängte sogar die letzten Reste der Erregung.

Und plötzlich fühlte ich noch etwas anderes.

Kälte!

Eine gnadenlose, alles verzehrende Kälte die sich in meinem Körper breitmachte und alles auslöschte, was gut war. Jeder Funken Hoffnung, der mit dem Kuss aufgeflammt war, starb in der Kälte, wie die Asenkrieger in Jotunheim und der Schmerz, der auf den Tod der Hoffnung folgte, war so groß, dass er mich in die Knie zwang und mir die Luft zum Atmen raubte.

Ich wusste nicht, wie lange ich auf den kalten Fliesen saß und meinen Kummer herausweinte. Vielleicht waren es nur Minuten, es konnten aber auch Stunden gewesen sein.

Doch als ich die Kraft fand mich aufzurichten, fühlte ich mich kein Stück besser und ich fragte mich auf einmal, wie ich meinem Bruder je wieder in die Augen sehen konnte. Ich hatte alles zerstört. Thor würde mich hassen und mich nie wieder in seiner Nähe dulden.

Ich schaffte es noch bis zum Bett, bevor ich wieder zusammen brach und meinen Tränen freien Lauf ließ. Diesmal spürte ich die heißen Tropfen, die über meine Wangen rollten und als mich die Erschöpfung in den Schlaf zwang, träumte ich nicht, wie sonst, von Thor und den glücklichen Tagen.

Nein! Ich träumte von tiefer, alles verzehrender Finsternis und einer Macht, die meinen einzigen Lichtstrahl zerstörte und mich allein und zitternd in der Kälte zurückließ.
 

Als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich mich völlig erschlagen. Mechanisch machte ich mich fertig und vermied dabei jeden Blick in den Spiegel. Ich ahnte, wie ich aussah.

Die Albträume hatten mich in der Nacht mehrmals aus dem Schlaf gerissen und ich fühlte die Augenringe fast. Mein Körper fühlte sich steif und kalt an und in meinem Inneren herrschte eine trostlose Leere.

Sobald ich mein Zimmer verlassen hatte, sah ich den Blicken der Dienerschaft an, dass ich wahrscheinlich noch schlimmer aussah, als ich dachte, doch ich ignorierte sie alle. Jeden Gruß nahm ich völlig emotionslos entgegen und als ich Thor´s Freunden begegnete, ignorierte ich geflissentlich ihre Versuche, mich in ein Gespräch zu locken.

Ich hatte keine Lust auf ihre Albernheiten und wusste, wenn ich bei ihnen blieb, würde auch irgendwann mein Bruder kommen und ich ahnte, dass ich seinen Anblick heute nicht ertragen würde.

Jeder Gedanke an ihn erfüllte mich mit neuer Trauer und so lief ich durch den Palast, ohne wirkliches Ziel und suchte einfach nur nach ein bisschen Frieden.

Mein Weg führte mich in Mutters Garten, zu dem kleinen Teich, in dem immer noch die Fische des asiatischen Gottes schwammen.

Donar war ziemlich gewachsen und wenn Fische einen König hatten, dann war er es mit absoluter Sicherheit.

Der große Fisch bewegte sich elegant durch das klare Wasser und wieder einmal musste ich lächeln, als ich sah, wie die anderen Fische Abstand von ihm hielten.

Im Schneidersitz setzte ich mich auf den Boden und beobachtete die Tiere eine Weile.

Schnelle Schritte holten mich nach einer Weile aus meinen Gedanken und als ich mich umdrehte, sah ich Sif vor mir stehen.

Es war ein seltener Anblick, die Dunkelhaarige ohne ihre drei Anhängsel zu sehen und ich ahnte, worauf das hinauslaufen würde, denn ich hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass das einzige Mädchen in Thor´s Einheit ganz genau wusste, wie ich für meinen älteren Bruder fühlte.

„Also, Loki.“, begann sie, während sie sich auf dem Platz neben mir sinken ließ: „Wieso siehst du aus wie eine wandelnde Leiche und wieso, in Odins Namen, hatte Thor heute die Idee eine extra Trainingseinheit zu absolvieren, bei der die Hälfte der Einheit danach zu den Heilern gehen durfte?“

„Das geht dich nichts an.“, sagte ich und Sif schüttelte energisch den Kopf.

„Es geht mich sehr wohl etwas an, denn Thor ist mein Freund und ich kann einfach nicht mit ansehen, wie er sich innerlich zerfleischt. Und das es ihm, und vor Allem dir nicht gut geht, sieht ein Blinder.“

Wütend blickte ich ins Wasser und versuchte den langsam wieder aufkeimenden Schmerz zu ignorieren.

„Wieso interessiert es dich. Es ist nicht deine Angelegenheit und du würdest es sowieso nicht verstehen.“, sagte ich trotzig, auch wenn ich das Zittern meiner Stimme nicht verbergen konnte.

Sif selbst warf mir einen ungläubigen Blick zu, das konnte ich aus dem Augenwinkel erkenn und sie schüttelte wieder den Kopf.

„Glaubst du wirklich ich weiß nicht was es heißt, unglücklich verliebt zu sein?“

Diesmal war es an mir, ungläubig zu ihr zu blicken und sie starrte in den Teich.

„Ich weiß genau, was es bedeutet.“, sagte sie: „Und wenn ich raten müsste, dann würde ich sagen, dass du Thor gesagt hast, was du für ihn fühlst und er hat etwas getan, dass sein Weltbild zerstört hat, nicht wahr!“

Es war eine Feststellung keine Frage und betrübt nickte ich. Meine Augen richteten sich wieder auf das klare, blaue Wasser, dass mich so stark an Thor´s Augen erinnerte und plötzlich kämpfte ich wieder mit den Tränen.

Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter und dann sagte Sif: „Hör mir zu, Loki. Du weißt hoffentlich, dass Thor dich mehr liebt, als sein Leben, doch du musst ihn auch verstehen! Er ist verwirrt und glaubt etwas falsches zu tun, wenn er dich liebt und begehrt. Er wird lange brauchen, um zu verstehen, dass ihn niemand für diese Gefühle verurteilen wird und wenn du meinen Rat annehmen willst, dann lass ihm diese Zeit. Geh ihm nicht aus dem Weg und versuche Geduld mit ihm zu haben.“

Sif´s Worte waren seltsam beruhigend und mit einem zögerlichen Nicken gab ich ihr zu verstehen, dass ich ihren Rat beherzigen wollte.

Thor brauchte Zeit und ich würde warten. Egal wie lange es dauern würde!

Krönung

Thor´s POV:
 

Es vergingen 174 Jahre, bis ich zum ersten Mal wieder an den Kuss dachte. 174 sind für Götter eine kaum nennenswerte Zeitspanne. Denn wenn man die Ewigkeit hat, erscheint die sterbliche Zeitrechnung lächerlich.

Doch obwohl so wenig Zeit vergangen war, hatten sowohl Loki, als auch ich uns sehr verändert. Nachdem ich damals aus Loki´s Gemächern geflohen war, hatte ich ihm lange Zeit nicht ins Gesicht sehen könne. Es erschien mir falsch, was vorgefallen war und erst Sif´s Standpauke und ein ernstes Gespräch mit meinem Vater, bei dem ich allerdings den Grund für Loki´s und mein Auseinanderleben nicht weiter erläuterte, sorgten dafür, dass ich wieder mit meinem Bruder sprach.

Doch ab diesem Tage versteckte ich meine Unsicherheit Loki gegenüber hinter hochtrabender Arroganz und leichtsinnigem Wagemut, und irgendwann vergaß ich, warum ich das tat und wurde im Grunde meines Wesens genau das. Arrogant und Selbstverliebt.

Loki hingegen machte eine Entwicklung in eine völlig andere Richtung durch. Zwar stand er immer noch an meiner Seite, doch zunehmend gewannen sein Listenreichtum, seine Lügen und seine Intrigen die Oberhand über seine Seele und mit jedem Jahr, welches verging, wurde Loki mehr gemieden.

Das Misstrauen schien ihm allerdings wenig auszumachen. Stattdessen nutzte er seine neu erworbene Freizeit dazu, seine Magie auf ein völlig anderes Level zu heben.

Er war schon immer ein begnadeter Zauberer gewesen, doch seine Illusionen schienen so perfekt, dass selbst ich es zuweilen nicht vermochte, die Wahrheit zu erkennen.
 

Die Jahre zogen weiter und irgendwann stand der Tag meiner Krönung an. Die Entscheidung Odin´s, sich nun zur Ruhe zu begeben, kam völlig unerwartet und kurzerhand wurde ein rauschendes Fest organisiert, um dieses Ereignis zu feiern.

Odin selbst erklärte seinen Entschluss nicht und ich hatte auch nicht vor, ihn deswegen zu behelligen, denn seit einigen Jahren träumte ich bereits davon, die Krone Asgards auf dem Haupt zu tragen.

Das Loki seinerseits ebenfalls Anspruch auf den Thron hatte, schien niemanden zu kümmern und auch ich dachte keine Minute daran, meinem jüngeren Bruder diese Macht in die Hand zu legen.

Dieser schien auch wenig erpicht darauf zu sein, die „Bürde“, wie er es nannte, anzunehmen und deshalb beteiligte er sich an den Vorbereitungen und als der Tag gekommen war, fühlte ich mich zu gleichen Teilen aufgeregt, wie angsterfüllt.

Ich hatte meine Paraderüstung aus Gold und Silber angelegt und ein roter Umhang wallte über meine breiten Schultern. Seit meiner Volljährigkeitsprüfung hatte Mjölnir seinen festen Platz an meinem Gürtel und als ich den Gang zu den Pforten des Thronsaales beschritt spürte ich eine ungewohnte Nervosität in mir aufkeimen. Energisch hielt ich einen der herumeilenden Diener an und nahm mir einen Kelch von dem Tablett, welches der junge Bursche trug. Zu meinem Glück war das silberne Gefäß mit dem dunklen, roten Wein gefüllt, für den Asgard berühmt war und ich nahm einen kräftigen Schluck, während ich die Tür aufstieß, die zu dem Bereich vor dem Thronsaal führte.

Das schwere Portal gab ein krachendes Geräusch von sich, als es gegen die Wand schlug und nachdem ich den Kelch in einem letzten Zug geleert hatte und ihn in einer heftigen Geste in das Feuerbecken vor mir geschleudert hatte brüllte ich: „Noch einen!“, bevor ich meinen Platz in dem Gang einnahm.

Jetzt hieß es warten, doch eine leichte Bewegung in meinem Augenwinkel erregte meine Aufmerksamkeit und ich erblickte meinen Bruder, der hinter einer Säule gestanden hatte.

Er sah wahrlich majestätisch aus. Sein grüner Waffenrock schwang leicht, als sich neben mich stellte und der lange, grüne Umhang betonte seine schlanke, hochgewachsene Gestalt. Seine tiefschwarzen Haare wurden von einem schweren Helm verdeckt, der zwei gigantische Hörner auf dem Kopf trug und als er zu mir blickte, sah ich seine grünen Augen schelmisch funkeln.

„Nervös, Bruder?“, fragte er mich und seine tiefe, samtene Stimme glitt über mich wie warme Milch. Umschmeichelnd und lockend wie Sirenengesang.

„Hast du mich jemals nervös erlebt?“, stellte ich die Gegenfrage und grinste dabei breit.

Loki´s Lächeln wurde erlosch und stattdessen trat ein gespielt ernster Ausdruck in seine Augen, als er antwortete: „Ach, ich erinnere mich an eine Situation in Nornheim-“

„Das war keine Nervosität, Bruder.“, unterbrach ich ihn: „Das war Kampfeslust. Wie sonst hätte ich uns einen Weg durch hundert Krieger bahnen können.“

Loki hob eine seiner fein geschwungenen Augenbrauen an und erwiderte: „Wenn ich mich recht erinnere habe ich uns in Nebel gehüllt, damit-“

Ich lachte und Loki hielt inne.

„Tja,“, sagte ich: „Manche kämpfen und manche verwenden Tricks.“

Das nervöse Lachen eines Diener erklang, als dieser gerade mit einem weiteren Kelch des teuren Weines auftauchte. Ich konnte Loki´s Stimmungsumschwung im Augenwinkel sehen und als er eine leichte Handbewegung durchführte, krochen plötzlich Schlangen aus dem Kelch.

Erschrocken ließ der Diener das Tablett fallen und ich hörte Loki´s schelmisches Lachen.

„Loki!“, sagte ich, weniger wütend, als belustigt: „Das war Verschwendung von gutem Wein.“

„Ach das war nur ein wenig Spaß.“, sagte mein Bruder allerdings nur: „Nicht wahr, mein Freund.“

Ich lachte, um die angespannte Stimmung zu lösen und der Diener sammelte schnell das Tablett wieder auf, um zu verschwinden. Sein Missmut war ihm deutlich anzusehen, doch ich kümmerte mich nicht weiter darum. Stattdessen lauschte ich Loki´s fröhlichem, leisem Lachen, bis mir ein weiterer Diener meinen neuen Helm reichte.

Ich hatte das gute Stück noch nie zu Gesicht bekommen und als ich nun den silbernen Helm in die Hand nahm, kam ich nicht umhin enttäuscht zu sein. Denn an der Seite des Helm waren silberner Feder befestigt und ich fragte mich, wer von den Schmieden auf diese Idee gekommen war.

„Nette Federn!“, sagte Loki und als ich ihn ansah, konnte ich das spöttische Funkeln seiner Smaragdaugen betrachten.

„Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel gesehen, du Rindvieh!“, erwiderte ich bissig und Loki´s Lächeln wurde tiefer. Er wusste, dass ich es nicht ernst meinte, auch wenn sein Helm wirklich etwas von einer Kuh hatte.

„Ich bin nur ehrlich.“, sagte er und ich sah ihn gespielt ungläubig an.

„Du kannst nicht ehrlich sein.“

„Ach nein!“

„Nein!“

Loki Lächeln hatte plötzlich etwas liebevolles und ich wusste mit unseren Neckereien war es nun vorbei. Er senkte die Stimme und als er weiter sprach, fühlte ich einen heißen Schauer über meinen Rücken rinnen.

„Ich habe lange auf diesen Tag gewartet. Länger als du… Mein Bruder und mein Freund. Manchmal bin ich neidisch, doch das ändert nichts daran, dass ich dich liebe!“

Es viel mir schwer mein Lächeln aufrecht zu halten, denn diese Worte riefen plötzlich weit entfernte Erinnerungen hervor und um meine Unsicherheit zu überspielen, legte ich ihm eine Hand in den Nacken, wie ich es immer tat, und sagte: „Danke!“

Einen Moment sahen wir uns tief in die Augen. Smaragdgrün traf auf Saphirblau und als Loki wieder zu sprechen ansetzte, wurde ich mir seiner Nähe wieder nur zu bewusst.

„Sollen wir uns jetzt küssen?“, fragte er und ich ließ ihn los. In seinen Augen lag neben dem Schalk auch ein Funken der altbekannten Traurigkeit, die seit Jahren ein fester Bestandteil in seinem Blick war und um diesen zu vertreiben, sagte ich: „Hör auf damit!“, und lachte.

Loki fiel mit ein und einen Moment später standen wir schweigen nebeneinander. Ich wusste, wenn ich jetzt nichts tun würde, wäre ein perfekter Moment vorbei, doch ich sagte nur zu ihm: „Geh schon mal vor.“

Loki blickte mich zweifelnd an, doch ich deutete ihm vorzugehen und sagte: „Nun geh schon! Ich bin direkt hinter dir.“

Mein Bruder nickte, lächelte noch einmal schwach und verschwand dann im Gang.

Und während ich noch einmal tief durchatmete, um dann den ersten Schritt zu machen, rasten die Gedanken in meinem Kopf und ich fragte mich, was gewesen wäre, wenn ich etwas anderes gesagt hätte.
 

In der Halle empfing mich frenetischer Jubel und ich reckte Mjölnir in den Himmel, als wäre ich von einer glorreichen Schlacht heimgekehrt. Mit wallendem Umhang ging ich durch den Gang, den eine Einheit von Odin´s Leibwache bildeten und als ich vor dem imposanten Thron angelangte, der in wenigen Minuten meiner sein würde, fiel ich auf ein Knie und blickte zu meinem Vater empor, nicht ohne vorher noch meiner Mutter zuzuzwinkern, die links auf der Treppe stand.

Loki verdrehte die Augen, dass sah ich genau, doch ich hatte keine Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen, denn die tiefe Stimme Odin´s riss die Aufmerksamkeit aller an sich.

„Thor, mein Erstgeborener. Träger des Kriegshammers Mjölnir, im Kern eines sterbenden Sterns geschmiedet, sowohl eine Waffe der Zerstörung, wie ein Werkzeug des Aufbaus. Wahrlich eine Waffe eines Königs würdig.“

Einen Moment hielt er inne, scheinbar um seinen Worten mehr Tiefe zu verleihen und ich wünschte mir, er würde endlich fortfahren.

„Auf diesen Tag hast du lange warten müssen.“, fuhr er endlich fort und ich spannte mich unwillkürlich an: „Doch heute, an diesem glorreichen Tag, kröne ich dich…“

Plötzlich hielt er inne und ich war kurz davor, jemanden anzuspringen, doch als ich Vaters Gesicht sah, wusste ich, dass es etwas ernstes war.

Ein lauter Knall ging durch die Halle, als Odin mit seinem Speer Gungnir auf den Boden stieß und im nächsten Moment rief er einen Befehl, alle Tore bewachen zu lassen.

Vergessen war der glorreiche Tag, meine Krönung, doch dies hielt mich nicht davon ab, auf die Beine zu springen und meinem Vater zu folgen. Denn den Grund für den Aufschub meiner Krönung wollte ich mit eigenen Augen sehen.

Jotunheim

Loki´s POV:
 

Es hatte alles funktioniert. Die Eisriesen waren wie geplant eingefallen und hatten die Krönung unterbrochen.

Leise und unauffällig folgte ich Odin und meinem Bruder in die Tiefen des Palastes, hinab in die Waffenkammer. Sobald wir die Kammer betraten, erblickte ich die Leichen der beiden Wachen und ein Stich der Schuld erfüllt mein Herz. Ich hatte gehofft, dies ohne Opfer zu beenden, aber scheinbar waren die Eisriesen zu voreilig gewesen.

Ohne mich zu erkennen zu geben, beobachtete ich, wie Odin und Thor sich vor die blaue Urne stellten, welche den Kopf des langen Ganges bildete. Die riesige Stahlrüstung, der Destroyer, hatte sich bereits in seinen Käfig zurück gezogen und Odin betrachtete betrübt das Werk, welches seine mächtigste Waffe angerichtet hatte. Thor´s laute Stimme hallte durch den Gang und ich konnte nur den Kopf schütteln, aufgrund seiner eigenen Dummheit.

Angreifen wollte er die Eisriesen, ihnen eine Lektion erteilen. Odin antwortete genauso ruhig, wie ich es von ihm erwartete doch Thor ließ nicht locker. Seine mächtige Stimme hallte durch den Gang, als er sagte: „Als König von Asgard-“

„Aber du bist nicht König!“, donnerte Odin und ich konnte mir ein leichtes Lächeln nicht verkneifen.

„Noch nicht.“, fuhr er fort. Der Rest des Satzes ging in den Hintergrundgeräuschen der herbeieilenden Krieger unter und schnell machte ich mich unsichtbar. Ich hatte keine Muße daran bemerkt zu werden und als Thor wutschnaubend die Waffenkammer verließ, folgte ich ihm auf dem Fuße. Ich musste ihn beruhigen. Es war zwar meine Schuld, doch ich wollte nicht, dass er wütend wurde. Die Eisriesen sollten einfach nur ein Grund sein, die Krönung abzublasen. So sehr ich Thor auch liebte, er war noch nicht bereit König zu werden. Er musste noch viel lernen!

Thor´s Schritte führten den zornigen Donnergott in den festlich geschmückten Bankettsaal. Auf dem Tisch türmten sich bereits erlesene Speisen, doch der Blonde hatte keiner Blick für den Pomp, welcher aufgefahren worden war.

Als würde der schwere, goldene Tisch keinerlei Gewicht haben, hob Thor ihn hoch und kippte ihn um. Alle Speisen fielen auf den Boden und die Tabletts krachten noch eine ganze Weile, bis sie letzten Endes still lagen.

Schnaufend ließ sich Thor auf den Stufen zur Terrasse sinken und ich materialisierte mich wieder, um mich neben ihn zu setzen.

„Nicht der beste Zeitpunkt um meine Gesellschaft zu suchen, Bruder.“, sagte Thor und ich lächelte leicht.

Ich drehte mich so, dass ich ihn direkt ansehen konnte und sagte: „Wenn es dich interessiert, ich bin ganz deiner Meinung. Die Eisriesen haben einmal den Weg in unsere Hallen gefunden, wer sagt, dass sie das nicht wieder schaffen.“

Thor nickte eifrig und erwiderte: „Ganz genau!“

Bevor ich fortfahren konnte, wurden wir von Thor´s Freunden unterbrochen. Einen Moment herrschte Chaos ob des zerstörten Banketts, doch kurz darauf hatte ich wieder Thor´s Aufmerksamkeit, als ich sagte: „Aber du kannst nichts tun, ohne dich gegen Vater zu stellen.“

Eigentlich wollte ich ihm damit den Wind aus den Segeln nehmen, doch plötzlich strahlten Thor´s Augen in diesem Licht, welches immer Ärger bedeutete.

„Nein, nein, nein! Thor das ist Wahnsinn!“, sagte ich, als mein Bruder sich erhob und auf seine Freunde zumarschierte.

„Wahnsinn?“, fragte Volstagg, der sich gerade einen lächerlich großen Berg an Speisen zusammen stellte: „Welche Art von Wahnsinn?“

„Wir gehen nach Jotunheim!“, sagte Thor schlicht und ich legte mein Gesicht in die Hände. Wie konnte man so blöd sein. Obwohl es ja eigentlich meine Schuld war. Was musste ich ihm auch unbedingt Recht geben.

Sif´s Einwände wurden fast völlig ignoriert, denn Thor begann seine Freunde mit, für mich, einfachen Phrasen zum Zustimmen zu bringen.

Schon kurze Zeit später waren die Fünf zum Kampf bereit und sahen mich herausfordernd an. Thor kam wieder ein wenig auf mich zu. Ich war gespannt, welche Erinnerung er für mich aus dem Hut ziehen würde, doch seine nächsten Worte hatte ich nicht erwartet: „Wirst du an meiner Seite stehen?“

Diese Frage allein ließ mein Herz fast überquellen vor Liebe und ich ignorierte gekonnt Sif´s wissendes Grinsen.

„Immer!“, antwortete ich stattdessen und stand auf.

Innerhalb weniger Minuten waren wir zum Kampf gerüstet und liefen in den Hof, in dem unsere Pferde warteten.

Immer noch hielt ich es für eine ganz schlechte Idee, nach Jotunheim zu gehen, doch wenn Thor sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann hielt er daran fest. Koste es, was es wolle.

Die Wachen im Hof sahen reichlich verblüfft aus, ihren zukünftigen König, mit seinem alten Team einen Ausflug unternehmen zu sehen, kaum eine Stunde nach dessen geplatzter Krönung.

Ich konnte ihre Verwirrung nur zu gut verstehen, denn normalerweise hätte Thor einen Wutanfall vom Feinsten bekommen und sich dann beleidigt für einige Tage in seinem Zimmer eingeschlossen. Auf seine Weise war er immer noch ein bockiges Kind, dass sofort sauer wurden, wenn es nicht bekommt, was es will.

Doch die wartenden Wachen brachten mich auf eine Idee und schnell lief ich zu einer. Thor war zu sehr damit beschäftigt seinen Freunden den Plan zu erklären, wie wir an Heimdall vorbei kommen sollten, doch da ich der Initiator dieses Planes war, musste ich nicht zuhören.

„Eure Majestät.“, sagte der Wächter erschrocken, als ich vor ihm stehen blieb und ich bedeutete ihm die Stimme zu senken.

„Prinz Thor will eine Dummheit begehen.“, sagte ich: „Geht zu meinem Vater und sagt ihm, Thor will seinen Plan in die Tat umsetzen. Und beeilt euch. Jede Sekunde zählt!“

Damit ging ich zurück zur Gruppe und schwang mich lächelnd in den Sattel. Vater würde wissen, was damit gemeint war und dann würde Thor mächtig Ärger bekommen. Aber immer noch besser, als von den Jotunen in Stücke gerissen zu werden.
 

In vollem Galopp verließen wir den Hof des Palastes und die Stadt. Die Menschen sprangen uns hektisch aus dem Weg und als wir das Stadttor passierten, erwartete ich schon fast, von den Wachen aufgehalten zu werden.

Doch sie taten nichts dergleichen und langsam begann ich an der Zuverlässigkeit des Wächters zu zweifeln. Wahrscheinlich traute er sich nicht, Odin gegenüber zu treten und je näher wir der Kuppel des Bifröst kamen, desto mehr Bestrafungen hatte ich mir für das Zögern des Wächter überlegt.

Wir hielten mit den Pferden unweit des Einganges, vor dem Heimdall wache stand und als wir uns ihm zu Fuß näherten bedeutete ich den anderen, mir das Reden zu überlassen.

„Ehrenwerter Heimdall…“, begann ich, doch der schwarze Wächter unterbrach mich sogleich: „Ihr seid nicht warm genug gekleidet.“

Seine tiefe Stimme dröhnte in meinem Kopf und ich musste den Sinn seiner Worte er noch verstehen, als Thor schon vortrat und meinte: „Heimdall, dürfen wir passieren?“

Ich wollte schon den Kopf schütteln, doch Heimdall sagte: „Ich will wissen, wie sie mich überlisten konnten.“

Überrascht starrte ich den Wächter an und irgendwie war ich erstaunt, dass er die anderen Gänge zu den Welten nicht kannte. Scheinbar war seine Gabe ziemlich eingeschränkt.

„Heißt das du öffnest uns den Bifröst?“, fragte Thor hoffnungsvoll, um sogleich enttäuscht dreinzublicken, da Heimdall den Kopf schüttelte.

„Ich kann euch die Brücke nicht öffnen, ohne den Befehl von Odin Allvater.“, sagte er und entfernte sich dann einige Schritte von uns.

„Ein schwieriger Typ!“, meinte Volstagg, doch Sif schüttelte ungläubig den Kopf und rief: „Seht!“

Und da war es. Das Schwert Heimdall´s, das einzige, was er niemals hergeben würde und es steckte in dem Schacht des Bifröst. Er hatte die Brücke geöffnet, ohne direkt anwesend zu sein.

Thor´s Grinsen wurde schnell wieder breiten und mit hastigen Schritten nahmen wir unsere Plätze ein. Ich wusste, dass ich nun keine andere Wahl mehr hatte, doch gleichzeitig wusste ich, dass ich Thor nicht allein lassen durfte.

Und so traten wir die Reise an, ins Reich der Eisriesen!

Laufey

Thor´s POV:
 

Jotunheim war ein gottverlassener Ort!

Als sich der Dunst des Bifröst um uns verzog, gab es den Blick frei auf die Definition des Todes.

Eis! Überall grenzenloses Eis. Ein Himmel, so schwarz, wie die finsterste Nacht.

Berge aus scharfkantigem Fels, die sich in den Himmel erhoben und eine Stille, die alles Leben zu erdrücken schien.

Ein Blick in die Gesichter meiner Freunde machte klar, was sie fühlten. Ich sah Angst, Zweifel und ein Stück Vorfreude in ihren Augen, doch als ich zu Loki sah, blickte ich in Augen, die so etwas wie erkennen in sich trugen.

Stirn runzelnd drehte ich mich um und sagte: „Na, dann mal los!“

Ich wollte nicht darüber nachdenken, was Loki in dieser Einöde erkannte und als wir uns in Bewegung setzten, hatte ich es fast wieder vergessen.
 

Der Weg über die unebene Landschaft war beschwerlich und eindeutig nicht für normalgroße Wesen erschaffen. Es schien eher, als hätte niemals jemand den Fuß in diese Welt gesetzt und ich fragte mich unwillkürlich wie die Eisriesen aussahen.

Odin hatte uns zwar immer wieder von dem Krieg erzählt und auch, dass die Eisriesen ein grausames und blutrünstiges Volk waren, doch er hatte niemals ein Wort über ihre Erscheinung verloren.

Plötzlich erinnerte ich mich auch an einen Tag, als Odin uns vor dem Kaminfeuer die Geschichte des ersten Jotun-Königs erzählte.
 

„Erzähl uns eine Geschichte, Vater.“, verlangte ich, kaum das Loki und ich den Raum betreten hatten. Odin saß in einem Sessel vor dem Kamin und blickte in die tanzenden Flammen.

Er trug eine einfache Hose und eine Tunika in dunklen Farben. Seine Augenklappe verdeckte das Loch, an dem einmal sein rechtes Auge gesessen hatte und er sah uns lächelnd an, als wir eintraten.

Loki war damals gerade zwölf geworden und man sah ihm die Müdigkeit an, doch trotzdem wollte er nicht ohne eine letzte Geschichte zu Bett gehen.

In der Hinsicht war er immer noch ein Kind und ich konnte es ihm nicht verdenken.

„Ihr wollt also eine Geschichte hören?“, fragte Odin und Loki und ich nickten eifrig. Der Asenkönig richtete sich ein wenig in dem Sessel auf und schnell machte wir es uns zu seinen Füßen bequem.

Es gab nichts besseres, als Abends eine von Vaters spannenden Geschichten aus alter Zeit zu hören und ich fragte mich, was er uns dieses Mal erzählen würde.

„Thor, Loki!“, begann er und sah uns mit seinem verbliebenen Auge durchdringend an: „Was wisst ihr über Jotunheim?“

Die Frage verwunderte mich, denn über Jotunheim hatten wir schon alles gehört. Sei es von unseren Lehrern, oder von Odin selbst. Was also sollte die Frage?

„Nichts!“, war Odin´s Antwort und langsam glaubte ich, Vater hätte den Verstand verloren, bis er fortfuhr: „Alles was euch bis jetzt erzählt wurde, geschah in den letzt hundert bis zweihundert Jahren. Eine kurze Zeit, für ein Volk wie das der Jotunen und auch wir sind kaum von dieser Zeitspanne betroffen.

Auch wenn es dort draußen Völker gibt, die nicht mit so viel Leben gesegnet sind. Was ich euch erzählen möchte ist allerdings schon wesentlich länger her.”

Er machte eine dramatische Pause und langsam ahnte ich, worauf das hinauslief. Eine Geschichte der aus der Zeit der Ältesten!

Die Ältesten waren diejenigen, die schon vor mehr als eintausend Jahren gelebt hatten. Götter, Riesen, Elfen und Zwerge, die seit Anbeginn der Zeit existierten und als die weisesten ihrer jeweiligen Rasse zählten.

Odin war einer dieser Ältesten und nun sollten wir etwas über seine Vergangenheit erfahren. Seine Jugend!

„Alles begann vor langer, langer Zeit.“, sagte Odin und seine Stimme klang dunkel und einlullend: „Ich war damals noch ein Junge, kaum älter als du Thor, und alles kam mir damals wie ein großes Abenteuer vor.

Der Palast war noch lange nicht fertig und mein Vater hatte alle Hände voll damit zu tun, Asgard aufzubauen, sodass ich die meiste Zeit meiner Kindheit allein verbrachte. Auch wenn ich Geschwister hatte, meine Bindung zu ihnen war nie so stark, wie die zwischen euch beiden.”

Er seufzte und sein Blick glitt in weite Ferne: „Damals war alles noch friedlich. Götter, Elfen, Zwerge und Riesen lebten zusammen in einer Einheit, doch damals machte sich langsam das Unbehagen zwischen den Völkern breit.

Die Elfen wollten nicht, dass die Zwerge mit ihren Tunneln und ihren Bergwerken die Natur zerstörten, die Götter hatten etwas gegen die Arroganz der Elfen und die Riesen standen den Göttern skeptisch gegenüber.

Der König der Riesen war allerdings ein kluger Mann und er sah den Streit, der Jahrhunderte später ausbrechen sollte, schon damals kommen. Er wusste, dass es seinem Volk trotz seiner Kampfkraft schlecht ergehen würde und deshalb entschied er sich für einen drastischen Schritt.

Er schnitt die Welt der Riesen von den anderen Welten ab!”

Erschrocken holte Loki Luft und ich sah verwirrt hin und her. Scheinbar hatte ich irgendetwas nicht mitbekommen und fragen blickte ich zu Odin. Dieser lächelte mich beruhigend an und erzählte weiter, sodass auch ich die Tat des Riesenkönigs begriff: „Durch das Trennen der Welt der Riesen von den andren Welten, erschuf er eine Grenze, die niemand übertreten konnte. Denn wer sollte den durch die Äste Yggdrasils reisen?

Er opferte bei diesem Unterfangen sein eigenes Leben, um das Leben seiner Untertanen zu bewahren.

Doch die Riesen erkannten den Plan ihres Königs nicht. Sie gaben uns die Schuld an dem Tod ihres Königs und jeder neue König der Riesen schwor Rache an den anderen Völkern.

Das war die Zeit, in der die Götter, die Elfen und die Zwerge sich zusammentaten, um einen Weg zu finden, durch die Äste des Weltenbaumes zu reisen. Wir wollten die Riesen besänftigen und als wir endlich einen Weg gefunden hatten, nannten wir diesen „Bifröst„, nach dem König der Riesen.“

Nun war es an mir die Augen aufzureißen. Die Regenbogenbrücke war einem Riesen geweiht.
 

Damals dachte ich, dass die Riesen schöne Wesen seien, denn ihr erster König trug den Namen des Regenbogens, doch nun, wo ich ihre Welt sah, fragte ich mich, ob diese Theorie wahr war.
 

Wir erreichten die zerstörte Stadt der Jotunen kurze Zeit später und die Zerstörung war jetzt noch sichtbar.

Überall lagen Gesteinsbrocken und die Häuser, die einmal gestanden haben müssen, waren eingestürzt und nichts weiter als leere Ruinen.

Eine Bewegung in meinem Augenwinkel ließ mich herumfahren und plötzlich stand ich einem wahren Berg gegenüber.

Ein gigantisches Wesen mit blauer Haut und blutroten Augen blickte auf mich herab und ich war bei weitem nicht klein. Über seine Haut zogen sich schwarze Linien und das einzige, was seine Blöße bedeckte, war ein lächerlich kleiner Lendenschurz. In der Hand hielt er eine riesige Streitaxt.

„Es war dumm von dir hierher zu kommen, Thor Odinson!“, sagte plötzlich eine Stimme und ich drehte mich leicht nach rechts.

Der Riese vor mir hatte nicht gesprochen und als ich meinen Blick auf die Dunkelheit fokussierte, sah ich einen Riesen, der den ersten noch einmal um eine Manneslänge überragte.

„Laufey!“, sagte ich, denn das es sich bei dem Eisriesen um den König Jotunheims handelte, stand für mich zweifelsfrei fest.

Laufey drehte seinen mächtigen Kopf zu mir und sah mich aus glühenden Augen an.

„Was willst du, Asensohn? Du hast hier nichts verloren.“, sagte er und seine Stimme klang wie Eis. Welch Ironie!

„Ich will wissen, wie ihr es geschafft habt, in Asgard einzufallen.“, sagte ich und umklammerte Mjölnir fester, den ich seit einer ganzen Weile in der Hand hielt.

Laufey machte keine Anstalten zu antworten und starrte stattdessen an mir vorbei. Ich wusste, dass Loki hinter mir stand, denn ich konnte seine Magie spüren. Doch in Laufey´s Augen stand eine seltsame Form der Faszination.

„Antworte!“, schrie ich und Laufey richtete seinen Blick wieder auf mich. Grinsend betrachtete er mich aus seinen stechend roten Augen und sagte: „Es gibt Verräter im Hause Odins.“

Dieser Satz ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen und ich konnte einen Moment nichts darauf erwidern.

„Du solltest jetzt gehen, Prinz Asgards, bevor ich meinen Wachen gestatte, ihre Wut an dir und deinen kleinen Freunden auszulassen.“

Diesmal wollte ich ihn wirklich beleidigen, doch Loki kam mir zuvor. Er legte mir eine Hand auf die Schulter und blickte Laufey fest in die Augen.

„Wir nehmen dein großzügiges Angebot dankend an.“, sagte er und ich riss die Augen auf.

„Komm!“, zischte er mir zu und ich sah, dass es Loki mehr als ernst war. Seine grünen Augen glühten vor unterdrückten Emotionen und widerwillig drehte ich mich um. Doch dann erklang eine Stimme, eine Stimme tiefer als Laufey, doch bei weitem nicht so mächtig und sie sagte: „Flieh, kleine Prinzessin!“

Es war das einzige was ich brauchte. Das einzige, was mich aus Loki´s Bann riss und ich wirbelte herum, Mjölnir so fest in meiner Hand, das meine Knöchel weiß hervortraten.

„Dumm! Sehr dumm.“, waren Loki´s letzte Worte, bevor ich mich mit einem donnernden Kriegsschrei in den Kampf warf.

Söhne

Loki´s POV:
 

Der Schlachtenlärm war ohrenbetäubend. Mjölnir ging auf die Eisriesen nieder, wie ein wütender Blitz und auch Sif, Volstagg, Hogun und Fandral kämpften wie die Berserker.

Aus sicherer Entfernung beobachtete ich das Geschehen und unterstützte meinen Bruder und seine Freunde gelegentlich mit Zaubern. Doch die meiste Zeit hielt ich mich heraus, denn mit meinen kleinen Dolchen konnte ich diesen Kolossen wahrscheinlich noch nicht mal einen Kratzer zufügen.

Ein knirschendes Geräusch ließ mich herumwirbeln und plötzlich stand ich ebenfalls einem Riesen gegenüber.

Sein grobschlächtiges Gesicht war zu einem höhnischen Grinsen verzogen und in der Hand hielt er eine Art Keule. Seinen roten Augen glühten bedrohlich und als er die Keule hob stolperte ich einige Schritte zurück.

Das Rollen von Steinen machte mich allerdings darauf aufmerksam, dass ich an einer Schlucht angelangt war. Als der Riese dann auch noch die Keule hochriss und auf mich zustürmte, konnte ich nicht anders, als meine Augen aufzureißen und…

Zu verschwinden, als er mich erreichte!

Sein überraschtes Gesicht konnte ich kaum genießen, als er schon die in die Schlucht fiel, während ich hinter einem großen Felsen hervortrat. Mein anderes Ich hatte sich schon längst in Luft aufgelöst und stolz lächelnd sah ich mich um, bevor ich mir mein nächstes Versteck suchte.

Es war meine Art zu kämpfen, wenn der Feind im Vorteil war. Eine Taktik, so alt wie die Welten selbst. Man versteckte sich, beschwor einen Doppelgänger oder, wenn man dazu nicht in der Lage war, legte einen Köder aus und ließ den Feind in die Falle tappen.

Bei den Eisriesen klappte diese Technik wunderbar, denn sie waren zwar unglaublich groß und stark, aber genauso dämlich, weshalb schon mehrere dieser Kreaturen auf diese Weise ihren Tod gefunden hatten.

Endlich erreichte ich wieder einen großen Felsen und duckte mich dahinter. Mein Blick wanderte zu Thor, der einen Riesen nach dem Anderen den Gar aus machte und zwischendurch auch seine Blitze zu Hilfe rief, wenn die Riesen ihn zu sehr belagerten.

Ein unerwarteter Schmerzensschrei ließ mich aus meinen Beobachtungen hochschrecken und als ich zu den anderen Vier blickte, sah ich Volstagg, der sich seinen linken Arm hielt.

„Lasst euch von ihnen nicht anfassen!“, rief er und ich wusste plötzlich, was passiert war.

Die Haut der Eisriesen war so kalt, dass sie Kälteverbrennungen hervorrief. Für einen Sterblichen wäre diese Berührungen tödlich und auch wenn Götter daran nicht starben, war sie doch schmerzhaft.

Ich erhob mich, um zu Volstagg zu gehen, denn wir konnten es uns nicht leisten einen Krieger zu verlieren. Wir waren schließlich hoffnungslos in der Unterzahl, und auch wenn Thor dies wusste, würde er trotzdem nicht aufgeben.

Doch ich konnte kaum zwei Schritte tun, bevor sich mir ein weiterer Eisriese in den Weg stellte. Diesmal war ich zu weit von den Klippen entfernt, um den selben Trick ein weiteres Mal anzuwenden, also riss ich meinen Arm nach oben, um einen Feuerzauber abzuschießen.

Ich spürte bereits, wie sich Hitze in meiner Hand sammelte, doch der Riese schien zu ahnen, was ich vorhatte und packte mein Handgelenk mit seiner eiskalten Pranke.

Erschrocken zog ich die Luft ein und wappnete mich bereits gegen den Schmerz, doch nichts geschah.

Meine Haut wurde zwar blau und gefror eindeutig, doch gleichzeitig schien sie von mir abzubröckeln, wie eine Eisschicht und hinterließ wieder blasse Haut.

Verblüfft sah ich zu dem Riesen auf, der genauso verwirrt aussah, doch ich hatte keine Zeit mir weitere Gedanken zu machen.

Der unmenschliche Schrei Fandral´s ließ mich an dem Riesen vorbeisehen und ich konnte erkennen, wie der hübsche Blonde von einem riesigen Eisstachel aufgespießt wurde.

Mit einem energischen Schrei feuerte ich nun endlich meinen Zauber ab und tötete den Riesen, bevor ich mir einen Weg zu Thor´s Freunden bahnte.

„Thor, wir müssen fliehen!“, rief Sif, dich kreidebleich dabei zusah, wie Volstagg und Hogun Fandral von dem Stachel hoben.

Der blonde Schwertkämpfer hatte dabei ein schmerzverzerrtes Gesicht und schien sich nur mit Mühe bei Bewusstsein zu halten.

Ich eilte zu ihm und begann mit einem temporären blutstillenden Zauber, während Thor rief: „Dann geht doch!“

Ich wusste, dass er in einen Kampfesrausch gefallen war und gab den anderen das Zeichen, zu verschwinden.

Thor konnten wir nun nicht mehr helfen und so sehr es mich auch schmerzte ihn allein zu lassen, wir würden alle sterben, wenn wir hier blieben.

So schnell es uns mit dem Verwundeten möglich war, liefen wir über die Eisschollen zurück, zu dem Platz auf dem wir gelandet waren.

Dabei versuchte ich es auch immer wieder mit Heilzaubern, doch meine Magie schien mir nicht mehr zu gehorchen. In meinem Kopf herrschte Chaos.

Warum hatte der Eisriese mich nicht verletzen können? Wieso war die vereiste Haut einfach von mir abgefallen? Was war mit mir los?

Diese und andere Fragen quälten mich und ich konnte mich nicht konzentrieren. Selbst der ohrenbetäubende Donnerschlag riss mich nicht aus meiner Lethargie, sodass ich das riesige Monster, welches uns plötzlich verfolgte, mit schrecklicher Angst und einer ungeahnten Verzweiflung betrachtete.

Es war gigantisch und hatte eine undefinierbare Form. Sein Atem stank nach faulem Fleisch und wir rannten so schnell wir konnten, auch wenn Thor´s Donnerschlag den Boden unter unseren Füßen langsam zum Einstürzen brachte.

Wir hatten Glück und entkamen den brüchigen Platten, doch das Wesen stürzte Odin sein dank in die Tiefe. Mit eiligen Schritten erreichten wir die Plattform, auf der wir gelandet waren und ich wollte gerade nach Heimdall rufen, als das Monster vor uns erschien. Wie aus dem nichts und bereit uns alle zu vernichten.

Ich sah mein Ende bereits kommen und flüsterte immer wieder Thor´s Namen, als, in einen Strudel aus Blitzen gehüllt, eben dieser mit Mjölnir in der Hand auftauchte und dem Vieh spontan den Kopf spaltete.

Die Freude über diesen Sieg währte nur kurz, denn nun standen wir an einer Klippe und waren umzingelt, von unzähligen Eisriesen.

Laufey an vorderster Stelle, der Thor mit einem höhnischen Blick ansah.

Ein plötzliches Dröhnen ließ uns alle verwundert inne halten und auf einmal bäumte sich auf einem Felsen neben uns Sleipnir, der achtbeinige Hengst, auf. Odin auf seinem Rücken mit seinem Speer in der Hand und seiner leuchtenden Kriegsrüstung.

„Vater!“, brüllte Thor und riss Mjölnir in den Himmel: „Wir können sie gemeinsam bezwingen!“

Odin´s eiskalter Blick traf Thor und ich zuckte unwillkürlich zusammen.

„Sei still.“, zischte er und seine Wut war fast greifbar. Dann wandte er sich zu Laufey und begann mit dem Rotäugigen zu reden.

Das Gespräch zog nur in dunklen Wolken an mir vorüber und das einzige Wort, welches ich deutlich hörte, war „Krieg“.

Erst der Riss des Bifröst holte mich in die Wirklichkeit zurück und Odin wütend Anweisungen gab, Fandral in die Heilkammer zu bringen. Heimdall warf er dessen Schwert zu und wies ihn mit einer energischen Bewegung an, zu gehen, bevor er sich uns, oder vielmehr Thor, zuwandte.

„Wieso hast du mich zurück geholt?“, fragte Thor, eindeutig sauer: „Wir hätten sie gemeinsam bezwingen können, Vater!“

„Sag mal, hörst du dir eigentlich zu!“, rief Odin seinerseits: „Weißt du, was du getan hast? Du hast über unser friedliches Volk einen schrecklichen Krieg gebracht.“

„Vater-“, versuchte ich einzulenken, doch mit einem donnernden: „Hey!“, brachte er mich zum Schweigen.

„Ich wollte nur Antworten haben und als König von Asgard-“

„Aber du bist nicht König!“, brüllte Odin: „Du bist ein habgieriger, eitler und arroganter Junge. Ganz sicher nicht das, was ein König sein sollte.“

„Und du bist feige und ein alter Mann!“, schrie Thor und seine Wut sorgte dafür, dass ich zusammenzuckte. Ich wusste, zu was er fähig war, wenn er wütend war und sah besorgt zu Odin.

Dieser schien plötzlich wieder ganz ruhig und traurig starrte er Thor an. Er schien einen Moment zu überlegen, dann sagte er: „Du hast Recht. Ich bin alt. Aber du bist kein König. Und somit…“, er riss seine Hand nach vorn und hielt auf einmal Mjölnir in der Hand: „… nehme ich dir deine Macht. Im Namen meines Vaters…“, er riss Thor´s roten Umhang ab: „… und seines Vater vor ihm…“, Thor´s Rüstung folgte: „… verbanne ich dich!“

Eine ungeheure Energiewelle zog an Thor und er flog durch den Bifröst, der sich wieder aktiviert hatte.

Odin hielt Mjölnir einen Moment an seine Lippen und schien dem Hammer etwas zuzuflüstern, bevor er auch diesen in den Strahl des Bifröst warf, bevor sich die Regenbogenbrücke wieder schloss und mein Bruder fort war.
 

Odin´s Standpauke blieb erstaunlich kurz und als er mich verließ, konnte ich endlich die Fragen sortieren, die meinen Kopf zu sprengen drohten.

Was war in Jotunheim passiert?

Diese Frage war am dringlichsten und ich lief in meinem Zimmer auf und ab, doch eine Lösung schien sich nicht zu eröffnen.

Ich ging jeden Zauber, jeden Fluch, jeder noch so unwahrscheinlich Idee nach, doch die einzigen Lösungen, die es für mein Problem gab, war erstens: Ich war immun gegen die Macht der Eisriesen, was bedeutete ich war selbst einer oder zweitens: Meine Magie hatte mich ohne mein Wissen geschützt.

Beide Antworten gefielen mir nicht, denn sie waren völlig unmöglich.

Ich konnte kein Eisriese sein. Schon allein meine Größer widersprach dieser Theorie. Zwar war ich relativ groß, doch als Riese konnte man mich wahrlich nicht bezeichnen.

„Aber was, wenn es doch wahr ist?“, fragte eine Stimme in meinem Kopf und ich versuchte sie verzweifelt zu ignorieren.

Doch es ging nicht. Ich musste eine Möglichkeit finden, mir selbst zu beweisen, dass ich ein Ase war. Der Sohn Odin´s und Frigga´s, und der Bruder von Thor.

Somit war meine Entscheidung gefallen und mit schnellen Schritten machte ich mich auf den Weg in die Katakomben des Palastes.

Die Waffenkammer war mein Ziel und unbehelligt erreichte ich den langen Gang. Zahllose Artefakte und Waffen waren dort verstaut, doch ich hatte es nur auf eines abgesehen.

Die Urne Jotunheims!

Sie stand auf einem Sockel am Ende des Ganges und beeindruckt betrachtete ich einen Moment das blaue Innenleben, welches sich wie ein Lebewesen bewegte.

Zögerlich streckte ich meine Hände nach der quadratischen Urne aus und ergriff die beiden Henkel an der Seite.

Kaum hatte meine Finger das kühle Metall berührt, floss eine unbändige Energie durch meinen Körper.

Entsetzt konnte ich beobachten, wie meine Finger, meine Hände und meine Arme blau wurde. Mitternachtsschwarze Male zogen sich über meine Haut und ich hatte keinen Zweifel, dass meine Augen nun nicht mehr dieses einzigartige Grün hatten, sonder viel eher blutrot glühten.

„Stopp!“, rief da plötzlich Odin´s Stimme und ich hob den Kopf. Ich war nicht fähig mich umzudrehen. Stattdessen flüsterte ich: „Was bin ich?“, in die eisige Stille, der Waffenkammer, bevor ich allen Mut zusammennahm und mich umwandte. Zu meinem „Vater“.
 

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Hey Leute!!
 

An dieser Stelle ein RIESEN Dankeschön an alle meine fleißigen Leser!! Wie kann ich euch nur danken.

Ich weiß, dass die Geschichte immer länger wird und einige sich sicher fragen, wann wir denn endlich zu DIESEN ganz bestimmten Stellen kommen und ich verspreche euch, dass ihr nicht mehr lange warten müsst!!

Wenn ihr mir bis dahin die Treue haltet, wäre ich natürlich unglaublich froh!!
 

LG Kajia

Jane

Thor´s POV:
 

Die Reise durch den Bifröst war für mich immer eine willkommene Abwechslung gewesen. Es fühlte sich wie ein leichtes Kribbeln an, welches durch meine Glieder zog und ich konnte stets spüren, wie die Energie durch mich floss.

Doch nun, wo ich mit Gewalt von meinem Vater in den Energiestrom gestoßen wurde, war es er ein Reißen. Ich hatte das Gefühl, jeden Moment auseinander zu brechen und als ich landete, konnte ich nur mit Mühe mein Gleichgewicht halten.

Taumelnd versuchte ich meinen Mittelpunkt zu finden, doch kaum konnte ich wieder normal laufen, rammte mich ein metallenes Etwas und ich flog zu Boden.

Benommen blieb ich erst einmal liegen.

Mein Kopf dröhnte, meine Muskel und Knochen schmerzte und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich stand kurz vor einer Gehirnerschütterung.

Schnelle Schritte auf trockenem Boden zogen meine Aufmerksamkeit an, doch ich war nicht in der Lage, auch nur den kleinen Finger zu rühren.

„Oh mein Gott!“, hörte ich eine weibliche Stimme sagen und im nächsten Moment kniete eine hübsche Frau neben mir: „Bitte sei nicht tot.“

Ich wollte ihr schon antworte, dass es weit mehr brauchte, um einen Gott zu töten, als eine seltsame Maschine.

„Wo ist der bloß hergekommen?“, fragte sie, doch ich hatte keine Zeit ihr zu antworte, denn ich spürte endlich wieder meine Glieder.

Energisch sprang ich auf, ignorierte ihren erschrockenen Gesichtsausdruck und begann im Kreis zu laufen und nach Heimdall zu rufen.

Unbewusst bemerkte ich, dass die Frau mit einem älteren Mann und einer weiteren jungen Frau zusammen war, die etwas in der Hand hielt, doch ich hatte keine Muße, mich mit diesen Sterblichen abzugeben.

Heimdall antwortete mir nicht und ich ahnte, dass Odin mich verbannt hatte. Ein brennender Stich zog sich durch mein Herz, als ich an Loki und Frigga dachte, doch das war erst einmal nicht wichtig.

Ich musste wissen, wo ich mich befand. Vielleicht konnte ich von selbst zurück kehren.

„Du da!“, sagte ich und kümmerte mich erst gar nicht um Höflichkeit: „Welche Welt ist das. Vannaheim, Nornheim?“

Die junge Frau, die ich angesprochen hatte, starrte mich verwirrt an. Sie schien gar nicht zu verstehen, was ich das sagte und antwortete stattdessen: „New Mexiko.“

Es klang wie eine Frage und ich wusste auch nicht, was dieser Name bedeutete. Loki wüsste es bestimmt.

Sie hob das seltsame Ding, welches sie in der Hand hielt, und ich erkannte es als eine menschliche Schusswaffe. „Du wagst es Thor zu bedrohen? Den Sohn Odins mit einer so mickrigen Waffe zu bedrohen?“, fragte ich wütend. Ich ging weiter auf sie zu, um mehr Informationen zu verlangen, doch im nächsten Moment jagte ein brennender Schmerz durch meinen Körper. Meine Muskeln wurden gelähmt und die Welt um mich herum wurde schwarz.
 

Als ich erwachte befand ich mich in einem weißen Raum. Einige Leute in seltsamer Kleidung standen um meine Bettstatt und ein Mann stach gerade mit einer Nadel in meinen Arm.

„Oh hallo!“, sagte er und hätte sicher freundlich geklungen, wenn sie nicht versucht hätte mich zu verletzen: „Keine Sorge. Ich nehme nur etwas Blut ab.“

Allein diese Worte reichten. Ich würde mich doch nicht von irgendwelchen Sterblichen um mein Blut bringen lassen.

Mit einem gezielten Fauststoß schickte ich den Mann zu Boden und sprang aus dem Bett. Eine Frau schubste ich beiseite und einige andere Männer, die ihren Komplizen scheinbar zu Hilfe kommen wollten, schlug ich ebenfalls nieder.

Mit großen Schritten ging ich zur Tür, doch mehrere Männer sprangen mich an. Ich brüllte und schlug um mich, doch einen Augenblick später wurde mir wieder schwarz vor Augen und ich fragte mich, ob das langsam zur Gewohnheit wurde.
 

Als ich das zweite Mal erwachte befand ich mich alleine in einem kleineren Raum. Ich wollte schon vom Bett aufspringen, doch meine Hände waren gefesselt und so sehr ich auch zog, die Fesseln ließen sich nicht lösen.

„Immer Ruhe bewahren.“, sagte plötzlich eine Stimme in meinem Kopf, die verdächtig nach Loki klang und ich atmete tief durch.

Mit Gewalt würde ich nicht weit kommen. Eher würden die seltsam gekleideten Sterblichen wieder auftauchen und mir wieder Nadeln in den Arm stechen, also begann ich mit Geduld die Fesseln zu lockern.

Es waren keine Seile und ich konnte meine Hände schon nach kurzer Zeit befreien. Allerdings tat sich nach diesem kleinen Triumph ein neues Problem auf.

Ich befand mich in einem feindlichen Gebäude und trug nur ein kurzes Kleidchen.

Misstrauisch blickte ich an mir herab und fragte mich, warum mir meine Wächter so etwas angezogen hatten.

Befand ich mich in der Gewalt von Perversen, oder kleideten sich die Menschen heute so?

Die Frage beschäftigte mich wirklich, doch die Stimme in meinem Kopf schien sich wenig dafür zu interessieren.

„Das Fenster!“, flüsterte sie und ich eilte zu dem großen Fenster im Zimmer.

Scheinbar befand ich mich im ersten Stock des Gebäudes und als ich probeweise an dem Griff des Fensters drehte, sprang dieses sogar auf.

„Dummköpfe!“, murmelte ich und sah kurz nach unten, bevor ich mich aus dem Fenster schwang.

Ich landete in einem kleinen Gebüsch und mich immer wieder umsehend, bog ich um die Ecke des Gebäudes.

Je schneller ich das Gelände verließ, desto besser.

Hinter der Ecke lag ein großer Platz, mit einer Menge dieser merkwürdigen metallenen Maschinen, die den Menschen scheinbar als Transportmittel dienten.

Einige laute Stimmen erinnerten mich daran, dass ich mich immer noch auf der Flucht befand und ich setzte mich in Bewegung.

Kaum das den Platz betreten hatte, setzte eine dieser Maschinen plötzlich zurück und rammte mich wieder zu Boden.

„Also langsam wird das peinlich!“, sagte mein Gedanken-Loki und ich hätte am liebsten die Augen verdreht.

„Es tut mir ja so leid! Ich schwöre, ich mach das nicht mit Absicht.“, sagte da eine Stimme und einen Moment später starrte ich in die Augen der Frau, die mich hierher gebracht hatte.

Sie und ihr männlicher Begleiter halfen mir auf die Beine und als sie die lauten Stimmen hörte, zog sie an meinem Arm und sagte: „Kommen sie. Schnell!“

Sie verfrachtete mich in das Fahrzeug und sobald alle Türen geschlossen waren, brauste sie los.

„Ich hab Sie gesucht.“, sagte sie und ich blickte sie in dem Spiegel an, der ihr ein Blick nach hinten gewährte: „Ich bin Jane Foster. Das sind Eric Selvig und meine Assistentin Darcie. Ich hätte da ein paar Fragen an Sie.“

Die junge Frau, Jane, schien aufgeregt zu sein und ich versuchte in ihrem Blick ihre wahren Gefühle zu lesen, doch ich konnte nur Neugier und Wissensdurst in ihnen lesen.

„Dann bringen sie mich erst mal hier weg. Vielleicht beantworte ich dann Ihre Fragen.“, erwiderte ich.

Sie nickte erfreut und erhöhte die Geschwindigkeit. Der Mann, Eric, und die Frau, Darcie, sahen mich misstrauisch an, doch ich ignorierte sie.

Sie wollte etwas von mir und dafür mussten sie erst einmal etwas tun.
 

Eine halbe Stunde später befanden wir uns in einer kleinen Stadt, am Rande, und ich sah auf einen seltsamen, flachen Bau mit riesigen Fenstern.

„Das ist mein… Labor, könnte man sagen.“, sagte Jane auf meinen verwunderten Blick hin.

„Kommen Sie. Ich gebe Ihnen erst einmal etwas zum Anziehen.“

Ihr Blick glitt interessiert an meinem Körper entlang und als sie mich einen Moment verließ, kam sie kurz darauf mit einer schwarzen Hose aus groben Stoff und einem dunklen Oberteil zurück.

Sie ließ mich allein und ich zog die Sachen schnell an. Die Kleidung war einfach, doch ich war froh aus dem Kleid heraus zu kommen.

Als ich das Bad verließ, blickte ich in beeindruckte Gesichter, wie ich es gewohnt war, doch als ich an mir herunter sah, entdeckte ich ein weißen Papierschnipsel auf der Brust.

„Was ist das?“, fragte ich und Jane riss das Papier, scheinbar peinlich berührt, ab.

Sie murmelte etwas von Exfreunden und schlechten Beziehungen, doch ich interessierte mich wenige für ihre sterblichen Probleme.

Stattdessen machte ich sie darauf aufmerksam, dass mein neuer Körper geschwächt war und nach einer Mahlzeit verlangte.

Die ungehaltenen Blicke, die Jane´s Begleiter mir immer wieder zuwarf, waren mir dabei gleich.

Zu viert gingen wir in ein kleines Lokal und innerhalb kürzester Zeit hatte ich seltsame Speisen aus Teig auf dem Tisch.

Ich aß mit großem Appetit und Darcie schien seltsame Freude daran zu haben, mit einem schwarzen Ding auf mich zu zeigen.

Als ich am Ende des Mahl auch meine Tasse leerte, rann mir eine warme, bittere Flüssigkeit die Kehle hinab. Es schmeckte und deshalb sagte ich: „Dieser Trank, er ist gut.“

„Ja toll, nicht!“, rief Darcie mit unüberhörbaren Sarkasmus, doch ich ignorierte es und warf stattdessen die Tasse auf den Boden, die auf den Fliesen zersplitterte.

„Noch einen!“, rief ich und Jane sah mich schockiert an.

„Was sollte das denn?“, fragte sie, nachdem sie die Wirtin beruhigt hatte und ich erwiderte: „Es war gut und ich möchte mehr.“

„Ja dann sag das doch. Und nichts mehr kaputt hauen.“

Ich lächelte sie an und versprach, mich zurück zu halten, doch kurz darauf wurde meine Aufmerksamkeit auf zwei wuchtige Männer am Tresen gelenkt.

Sie schienen sich über irgendwas zu unterhalten, doch als sie sagte sie hätten etwas gefunden, das vom Himmel gefallen war, erinnerte ich mich wieder an meine Aufgabe.

Und wahrscheinlich war das Mjölnir.

„Welche Richtung?“, fragte ich und die beiden Männer gaben mir verwirrt Antwort.

Ohne zu Zögern verließ ich das Lokal und lief in die mir angegebene Richtung.

„Hey, wo willst du denn hin?“, fragte Jane, die mir gefolgt war und ich sagte: „50 Kilometer nach Westen.“

„Aber der Satellit ist doch schon weg.“, erwiderte sie und ich drehte mich um.

„Es ist nicht das was die sagen, aber es gehört mir.“

Ungläubig starrte sie mich an.

„Aber wie willst du denn dahin kommen?“, fragte sie nach einer Weile und ich kam wieder auf sie zu.

„Wenn du mir hilfst, dahin zu kommen, gebe ich dir alle Antworten, die du suchst.“

Ich sah einen Funken Unentschlossenheit in ihren Augen und sie ging zu diesem Eric. Er schien ihr etwas ziemlich wichtiges zuzuflüstern, denn sie lehnte ab.

Doch es war nicht schlimm für mich. Ich würde einen Weg finden, zu Mjölnir zu kommen und hatte ich erst einmal meinen Hammer und meine Macht wieder, würde Heimdall mich wieder nach Hause holen.

„Dann Jane Foster,“, sagte ich und ergriff ihre Hand, um ihr einen kurzen Kuss auf den Handrücken zu geben, wie es Brauch war: „ Eric Selvig, Darcie. Lebt Wohl.“

Ich deutete eine Verbeugung an, die Eric und Darcie unbeholfen erwiderten, bevor ich umdrehte und ging.

Fünfzig Kilometer nach Westen.

Leidenschaft

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Gedanken

Thor´s POV:
 

„Ich liebe dich!“

Ich wusste nicht, ob ich diese Worte wirklich gehört hatte, doch mein trauerndes Herz nahm sie in sich auf, wie die Erde den Regen.

Immer wieder schallten diese drei kleinen Worte in meinem Kopf wieder, und seit mich Eric Selvig abgeholt hatte, konnte ich an nichts anderes mehr denken.

Selbst Mjölnir hatte ich vergessen und nachdem ich Jane ihr Notizbuch gebracht hatte, das Einzige was ich mitnehmen konnte, zog ich mich in das kleine Zimmer zurück, welches die junge Frau mir gegeben hatte.

Meine Gedanken rasten und obwohl der Tag lang und anstrengend für meinen menschlichen Körper gewesen war, fand ich einfach keine Ruhe.

Wieso hatte mich mit Loki geschlafen? Meinem eigenen Bruder!

Es war eine der Fragen, die mich vom Schlafen abhielt. Und je mehr ich mir den Kopf darüber zerbrach, desto deutlicher wurde die einzige, logische Antwort: Weil ich ihn liebte!

Lange hatte ich die Gefühle für meinen Bruder verleugnet.

Natürlich ich ihn schon immer geliebt, schließlich war er mein kleiner Bruder, aber seit dem Tag, an dem er mich das erste Mal geküsst hatte, ertappte ich mich immer wieder bei unzüchtigen Gedanken.

Ich wusste, dass ich seinen Körper begehrte, doch dieses Begehren war falsch. Es war Unrecht! Und am Anfang dachte ich auch, es wäre nur der Sex, den ich begehrte.

Ich begann zu experimentieren, neben meinen weiblichen Eroberungen auch Männer zu verführen, doch keiner von ihnen schaffte es, die große Leere in meinem Inneren zu vertreiben. Diese eine Leere, die immerzu nach Loki schrie.

Und heute, wo ich gefesselt in einer, von Sterblichen erbauten, Zelle gesessen hatte, konnte ich mich nicht mehr zurück halten. Seine weichen Lippen auf meinen, sein warme Haut unter der Kleidung und dieser einzigartige Geruch! Ich hatte mich nicht mehr wehren können.

Mit Freude hatte ich seinen sehnigen Körper berührt, kaum das er meine Fesseln gelöst hatte, und als er unsere Kleidung verschwinden ließ und ich seine seidenweiche Haut an meiner spüren konnte: Da hatte mein Gehirn einfach den Dienst versagt.

Egal wie laut mein Gewissen rief, dass ich ein Unrecht beging, ich hätte nicht aufhören können, selbst wenn ich gewollt hätte.

Doch auch Loki schien nicht mehr bei klarem Verstand gewesen zu sein.

Hemmungslos hatte er sich mir hingegeben und scheinbar nicht einmal den Schmerz gespürt, den mein Eindringen in seinen jungfräulichen Körper verursacht hatte.

Und das er Jungfrau war, war das einzige, was ohne sein Zutun von ihm wusste.

Lange hatte Loki versteckt, dass er trotz seines Alters immer noch nicht seine Reinheit verloren hatte und es machte mich auf der einen Seite stolz, dass er mir das Kostbarste gab, was wir Asen besaßen.

Auf der anderen Seite war ich entsetzt, denn auf diese Weise hatte ich ihm etwas genommen, was er nur seiner wahren Liebe schenken sollte.

„Doch was sollten dann diese Worte?“, die Stimme in meinem Kopf hatte einen ungesund schadenfrohen Ton an den Tag gelegt und am liebsten hätte ich sie laut beschimpft. Allerdings würde man mich wahrscheinlich für verrückt erklären, wenn ich mich selbst anbrüllte, also unterließ ich jegliche Versuche.

„Du solltest lieber still sein!“, murmelte ich stattdessen, was zwar nicht besser war, aber niemanden auf meine Situation aufmerksam machen würde.

„Ach Thor, du kannst mich nicht zum Schweigen bringen!“

Ich ignorierte den schelmischen Ton in meiner inneren Stimme und begann stattdessen in meinem kleinen Zimmer auf und ab zu laufen. Fünf Schritte nach rechts, umdrehen, fünf Schritte nach links, wieder umdrehen.

Einheitliche Monotonie, die mich ablenken und gleichzeitig müde machen sollte.

„Ehrlich gesagt hätte ich gedacht, dass du nach einem Tag wie diesem, wie ein Stein ins Bett fallen würdest.“ Erschrocken wirbelte ich herum, als ich die leise Stimme hinter mir hörte.

Eric Selvig stand an den Türrahmen gelehnt da und sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. Man konnte deutlich erkennen, dass er Kopfschmerzen hatte.

„Ich dachte, Sie müssten ihren Rausch ausschlafen.“, sagte ich und mein Blick glitt zu Boden. Der Mann hatte kluge Augen und ich befürchtete, dass er meinen Gemütszustand sofort erkennen würde.

„Es ist fast sieben!“, gab er zurück und nun sah ich erst ihn und dann das Fenster verwundert an.

Und er hatte Recht. Die Sonne stieg bereits das Himmelszelt empor und versprach einen wundervollen Tag.

„Wie lange läufst du schon hier herum?“, fragte er nun interessiert und drehte sich um, um in die Küche zu gehen. Automatisch folgte ich ihm.

Die kleine Küche war noch leer, was bedeutete, dass Jane und Darcie noch schliefen.

„Ich…“, es fiel mir schwer zu antworten, und nachdem sich Eric ein Glas Wasser und ein seltsames, weißes Plättchen aus einer Packung genommen hatte, setzte er sich an den Tisch.

„Lass mich raten!“, sagte er und löste das Plättchen in dem Wasser auf: „Du bist überhaupt nicht schlafen gegangen.“

Wieder starrte ich ihn verwundert an und nachdem Eric einen Schluck von dem, nun sprudelnden, Wasser genommen hatte, grinste er mich leicht an.

„Glaub mir, ich kann erkennen, wenn sich ein Mann die Nacht um die Ohren geschlagen hat. Meist geht es dabei um eine Frau!“

Er warf mir einen scharfen Blick zu und fuhr dann fort: „Aber aus irgendeinem Grund, glaube ich nicht, dass es bei die um eine Frau geht. Du bist niemand, der sich wegen einer Frau Probleme macht. Das kann man dir ansehen!“

„Woher willst du wissen, dass es nicht um eine Frau geht?“

Diese Frage sollte Zeit schinden. Der Mann mir gegenüber war clever und schien genau zu wissen, was in mir vorging und ich wollte nicht darüber reden, dass ich meinen eigenen Bruder geschändet hatte.

„Ich habe Jane´s Blick gesehen.“, sagte er und mir kam der plötzliche Themenwechsel völlig unlogisch vor.

„Du brauchst gar nicht so zu schauen.“, fuhr er fort und nahm noch einen Schluck von seinem Wasser: „Die Tatsache, dass dir nicht aufgefallen ist, wie Jane dich die gesamte Zeit, seit wir dich das erste Mal getroffen haben, angehimmelt hat, bedeutet entweder, dass du sehr dumm bist, oder überhaupt kein Interesse daran hast, dass sie dich fast mit ihren Blicken auszieht. Ersteres kann ich mir kaum vorstellen, denn du bist in diese militärische Anlage reinspaziert und hast dabei nicht mal einen Kratzer abbekommen, weshalb ich glaube, dass du einen Sinn für Strategie hast. Aber der zweite Grund… der zweite Grund ergibt schon mehr Sinn. Ich denke nämlich, dass du in jemanden verliebt bist und dieser Jemand nicht zum weiblichen Geschlecht gehört.“

Ich spürte, wie meine Augen sich auf Eric´s Worte hin weiteten und ein wissendes Lächeln überzog das Gesicht des Wissenschaftlers.

„Ich habe Recht, nicht wahr?“, fragte er und seine Stimme klang seltsam mitfühlend. Ich senkte den Kopf und dachte über seine Worte nach. Konnte ich riskieren, ihm meine Geschichte zu erzählen, oder würde er mich für verrückt erklären.

Geduldig wartete Eric und als ich den Kopf hob und in seine Augen sah, konnte ich erkennen, dass er mir ohne Vorbehalte zuhören würde, also begann ich zu erzählen.

Ich erzählte von Loki, meinem Bruder, den ich mehr als andere liebte, den ich verehrte, seit ich ihn das erste Mal gesehen hatte und den ich genommen hatte, weil ich mich selbst nicht beherrschen konnte.

„Und jetzt habe ich das schlimmste Verbrechen begangen, dass es in Asgard gibt. Ich habe jemanden um die Möglichkeit gebracht, seiner wahren Liebe das Wertvollste zu schenken, was wir besitzen.“

Meine Worte versiegten und eine unendliche Traurigkeit stieg in mir auf. Ich dachte an Odin, dessen Tod ich verschuldet hatte und an Frigga, die wahrscheinlich wahnsinnig enttäuscht von mir war. Doch all diese Gedanken verblassten, wenn ich an Loki dachte und an das was ich ihm angetan hatte.

„Du bist wirklich Thor, der Donnergott, nicht wahr?“, fragte Eric mich plötzlich und statt ihm zu antworten, blickte ich ihm einfach in die Augen. Und ich die Erkenntnis sehen, als sie von seinem Geist Besitz ergriff. Seine Augen weiteten sich und er schien einen Moment lang völlig überfordert zu sein, bevor er sich wieder beruhigte und sich in seinem Stuhl zurück lehnte.

„Du hast also Angst, dass du deinem Bruder die Chance auf sein Liebesglück verbaut hast, richtig?“, fragte er und ich nickte niedergeschlagen.

„Weißt du, Thor, wir Menschen haben seit jeher Legenden über alle möglichen Götter. Egal ob griechisch, ägyptisch oder nordisch, Legenden gab es schon immer, aber eines kann ich dir sagen! In unseren Legenden über die nordischen Götter, steht nirgendwo, dass Loki dein Bruder ist.“

Ruckartig hob ich den Kopf und funkelte ihn wütend an, doch bevor ich nur einen Ton herausbringen konnte, hob er die Hand und sagte: „Hör mir zu, bitte!“

Ich atmete tief durch und entspannte mich wieder, obwohl ich immer noch wütend war.

„In den Legenden heißt es, Loki sei Odin´s Blutsbruder, oder auch Adoptivsohn und das sein richtiger Vater Laufey war, der ihn verstieß, weil er zu schwach war, um das Geschlecht der… Riesen, wenn ich mich richtig erinnere, zu führen.“

Er sah mich an, als ob er Bestätigung von mir erwartete, doch ich schüttelte nur energisch den Kopf.

„Laufey ist ein Eisriese, der größte Feind der Asen und niemals Loki´s Vater. Das ist völlig unmöglich!“, sagte ich und Eric sah mich ernst an.

„Bist du dir da ganz sicher?“, fragte er.

Ich konnte seine Frage nicht mehr beantworten, denn Jane und Darcie betraten in diesem Moment die Küche, doch seine Frage ging mir nicht mehr aus dem Kopf.

Loki war mein Bruder, der Sohn von Odin und Frigga, mein Blutsverwandter!

Oder?

Sturz

Loki´s POV:
 

Nachdem ich von der Erde zurück gekehrt war, nahm die Arbeit mich völlig in Anspruch.

Die Situation um Laufey, meinen Vater, war nämlich anders, als ich es Thor erzählt hatte. Der König der Eisriesen war trotz Thor´s Verbannung auf einen Krieg aus und die unsere Armeen rüsteten sich bereits für den Kampf.

Ich hatte alle Hände voll damit zutun, den Nachschub und die Truppen zu organisieren, doch eigentlich galten alle meine Gedanken nur Thor.

Immer wieder sah ich sein lustverzerrtes Gesicht vor meinen Augen, oder Spürte seine Härte in mir, sodass es mir sehr schwer fiel, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren.

Doch nicht nur meine lüsternen Gedanken bereiteten mir Schwierigkeiten!

Auch Thor´s Freunde wurden immer misstrauischer. Sie glaubten, ich würde Thor nur auf der Erde lassen, weil ich den Thron für mich wollte und ich spürte, dass ich mit jedem Tag ihr Vertrauen verlor.

Auch Heimdall schien nicht mehr auf meiner Seite zu stehen, denn der Hüter der Brücke ahnte bereits, dass ich einen anderen Weg gefunden hatte, die neun Welten zu besuchen.

Immer wieder wurde ich von Wachen beobachtet, die Heimdall treu ergeben waren und ich wusste, dass ich die geheimen Pfade nicht mehr lange verstecken konnte.

Aus diesem Grund begann ich auch mit den Vorbereitungen für meine „Flucht“.

Ich wollte Asgard vor diesem Krieg bewahren, ich wollte Thor wieder zu Hause wissen und ich wollte endlich wieder frei sein.

Doch mir war bewusst, dass ich das alles nicht bekommen würde, wenn ich hier verweilen würde.

Ich begann zu planen. Schmiedete Intrigen und zog mein gesamtes Repertoire an Gaunereien, die ich über die Jahre entwickelt hatte.

Immer wieder verließ ich Asgard, streute Brotkrumen für Heimdall´s Wächter und dann kam der Tag, an dem ich Thor wieder in die Welt der Unsterblichen holen musste.
 

Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen, als ich erwachte.

Meine Glieder waren taub und eine unbekannte Übelkeit hatte von mir Besitz ergriffen.

Heute war der Tag, an dem ich mein Leben zerstören würde, um Thor´s und das aller Asen zu retten.

Der Plan war ebenso einfach, wie genial. Einfach typisch ich!

Ich hatte mich mit Laufey getroffen und ihm das Blaue vom Himmel heruntergelogen, wie sehr ich Odin und alle Asen hasste, dass ich nur den Thron wollte und das ich jemanden brauchte, der meinen Vorgänger ermordete.

Laufey war ganz begeistert von der Idee, Odin zu töten und irgendwo, tief in meinem Inneren, verstand ich seinen Beweggrund.

Odin hatte viele tausend Eisriesen abgeschlachtet, doch dadurch hatte er auch das Geschlecht der Menschen vor der völligen Vernichtung bewahrt, sodass mein Verständnis im selben Atemzug verschwand, in dem es aufgetaucht war.

Nachdem Laufey meinem Plan, mit wenigen seiner Wachen nach Asgard zu kommen und Odin zu töten, zugestimmt hatte, war ich über den Bifröst zurück nach Asgard gereist.

Wie erwartet hatte Heimdall mich misstrauisch beäugt und versuchte gleich herauszufinden, warum er mich in Jotunheim weder hören, noch sehen konnte. Mit einer Arroganz, die Thor´s früherem Auftreten alle Ehre machte, erinnerte ich ihn daran, wem er zur Treue verpflichtet war und als ich ihn verließ, konnte ich mir sicher sein, dass er meinen Plan genauso ausführen würde, wie ich es voraussah.

Der nächste Schritt war, Thor´s Freunde dazu zu bringen, meinen Befehlen nicht mehr zu gehorchen und mit einigen wohl formulierten Sätzen hatte ich die Vier soweit, dass sie sich jeder meiner Anordnungen widersetzten.

Doch der letzte und für mich schwerste Schritt stand heute bevor.

Laut meinen Berechnungen, würden Sif, Volstagg, Hogun und Fandral heute die Reise nach Midgard antreten, um Thor zurück zu holen. Sie würden ihm meine Lüge bezüglich Odin´s Tod offenbaren und mit ihm nach Asgard zurückkehren, um mich zur Rede zu stellen.

Und genau diese Konfrontation würde ich nutzen, um mich von Thor endgültig zu lösen.
 

Der Gedanke an das Bevorstehende ließ meine Hände und mein immer weiter erkalten und mit traurigem Blick starrte ich in den azurblauen Himmel Asgards.

Ich trug meine normale Kleidung, bestehend aus dem langen Ledermantel, dem grünen Waffenrock, der schwarzen Lederhose und den Stiefeln. In der rechten Hand hielt ich Odin´s Speer Gungnir. Die goldene Waffe wehrte sich schon geraume Zeit gegen meine Magie und ich wusste, dass ich ihn nicht mehr lange ruhig halten konnte. Und sobald der Speer mich abstieß, würden alle Asen wissen, dass ich nicht Odin´s Sohn war. Ein weiterer Grund heute fort zu gehen.

Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen beobachtete ich die wenigen Wolkenfetzen, die über Asgards Himmel zogen und erinnerte mich wehmütig an die Zeit, als ich mit Thor auf der Wiese im Palastgarten gelegen und die Wolken beobachtet hatte.

Thor hatte damals wenig Geduld für derlei Tätigkeiten, doch er blieb trotzdem immer still liegen und lauschte den Geschichten, die ich mir zu den Wolken ausdachte.

Es war selten gewesen und heute wünschte ich mir, mehr Zeit mit Thor verbracht zu haben.
 

Ein greller Lichtblitz riss mich aus meinen Gedanken und mit einem schweren Seufzen legte ich den Blick meiner grünen Augen auf den Horizont.

Heimdall hatte also die Vier nach Midgard geschickt und für mich wurde es nun an der Zeit, den letzten Teil meines Planes auszuführen.

Mit schweren Schritten machte ich mich auf den Weg in den Thronsaal und als ich den großen Raum erreichte, schickte ich alle Wachen fort, bevor ich mich auf den Thron sinken ließ und mit Gungnir auf den Boden schlug.

Der ganze Palast schien zu dröhnen, als sich die Pforte für den Destroyer öffnete und mit müder Stimme gab ich den Befehl: „Töte sie!“

Die riesige Maschine wusste, wen ich meinte und sprang durch eines der Tore, die ich im Vorfeld in der Waffenkammer installiert hatte.

„Viel Glück, Bruder. Ich hoffe du kannst mir irgendwann vergeben.“, murmelte ich und beobachtete, wie der Destroyer auf Midgard landete.

Eine ganze Garnison Menschen wartete auf seine Ankunft, doch die mickrigen Waffen der Sterblichen konnten einem Stahlriesen aus den Zwergenschmieden nicht einmal einen Kratzer verpassen.

Wäre die Situation eine andere gewesen, hätten mich die lächerlichen Versuche vermutlich amüsiert, doch nun trauerte ich um jedes ausgelöschte Leben, dass der Destroyer verursachte.

Mit langen Schritten ging er auf die kleine Stadt zu und zerstörte mit jedem zurückgelegten Meter die Häuser und Autos der Menschen.

Viel zu früh entdeckte ich Sif und ihre Freunde, die scheinbar versuchten Thor Zeit zu erkaufen, doch die Maschine ließ sich auch von ihnen nicht aufhalten.

Erst die Explosion eines kleinen Lokals und Volstagg´s Verletzung schickten auch meinen Adoptivbruder auf den Plan und mit einem grimmigen Gesichtsausdruck auf den sonst so freundlichen Zügen marschierte er direkt auf den Destroyer zu.

„Ich weiß nicht, womit ich dich verärgert habe, Bruder, doch es tut mir Leid. Und ich bitte dich, lass es jetzt hier enden.“, sagte er und jedes seiner Worte schnitt mir ins Herz.

„Vergib mir.“, erwiderte ich, obwohl er mich nicht hören konnte und dann rammte der Destroyer Thor mit seinem Arm zur Seite.

Ich sah den blonden Hünen durch die Luft fliegen und als er auf der Erde aufkam, verfärbte sich seine Brust bereits blutrot.

Meine Hände zitterten bei dem Anblick und ich musste mich in die Lehnen des Throns krallen, um nicht aufzuspringen und Thor zu helfen.

Mit einem Stich der Eifersucht im Herzen sah ich, wie dieses Weibstück auf Thor zueilte und sich neben ihn kniete.

Scheinbar glaubte sie ihn sterben zu sehen, denn ich konnte ihre Tränen erkennen, doch als sich dann plötzlich Blitze aus dem Himmel lösten und Thor einschlossen, gelang selbst mir ein kleines Lächeln.

Mit Wehmut sah ich, wie Thor wieder seine Rüstung anlegte und Mjölnir sich endlich wieder in die Hand seines Meisters begab.

Ab diesem Moment ließ ich den Destroyer allein. Ich wusste, dass Thor ihn vernichten würde, doch es wurde für mich an der Zeit, meinen Platz in der Nähe von Odin´s Gemächern einzunehmen.

Laufey würde in wenigen Minuten hier sein und ich wollte sicher nicht, dass er Odin doch noch umbrachte.
 

Und es dauerte wirklich nicht sehr lange, bis der Eisriese sich mit seinen Gefolgsmännern bis zu den Gemächern vorgekämpft hatte.

Angewidert sah ich zu, wie er die beiden Wachen vor Odin´s Schlafgemach tötete und dann den Raum betrat. Ich hörte Frigga´s Schreie, doch erst, als ich mir sicher sein konnte, dass sich der Eisriese über Odin beugte, stürmte ich ins Zimmer.

Mit wenigen gezielten Würfen tötete ich seine Wachen und zuletzt auch ihn. Meinen leiblichen Vater, der nun nicht mehr war, als eine Blutlache auf dem Boden.

„Loki, du hast ihn gerettet.“, rief Frigga und stürmte auf mich zu.

Fest nahm sie mich in ihre Arme und ich erwiderte die Umarmung, denn es sollte schließlich das letzte Mal sein, dass ich meine Mutter sah.

„Willst du ihr nicht die Wahrheit erzählen, Loki!“, hörte ich da schon die Stimme Thor´s und ich löste mich von Frigga, die sofort auf ihren Ältesten zustürzte.

Mit wenigen Worten erklärte er ihr, was ich getan hatte und ich verzog mein Gesicht zu einem hämischen Grinsen. Noch nie war es mir so schwer gefallen, wie in diesem Moment, meine Maske aufrecht zu halten, doch ich wusste, dass das Gelingen meines Planes nun ganz allein abhing.

Kaum das Thor das letzte Wort ausgesprochen hatte, stürzte ich mich auf ihn und mit einem kräftigen Tritt beförderte ich ihn durch die Wand des Schlafgemaches.

Ein kleiner Zauber danach und schon stand ich auf dem Bifröst.

Ich wusste, dass Thor der Sturz aus dem Plastturm nichts ausmachen würde, weshalb ich meine Energie darauf verwendete, die Regenbogenbrücke zu öffnen.

Wie erwartet hatten die Eisriesen Heimdall ausgeschaltet und so hatte ich freies Feld.

Mit Gewalt rammte ich Gungnir in den Schacht und aktivierte den Energiestrahl, ohne ihn wirklich zu fokussieren, um ihn dann zu vereisen.

So konnte sich der Strahl immer weiter aufladen und Thor würde nichts anderes übrig bleiben, als ihn zu zerstören.
 

„Halte ein, Bruder!“, die Stimme Thor´s riss mich aus meinen Gedanken und mit einem irren Grinsen drehte ich mich um.

„Wieso?“, fragte ich und legte all meinen Hohn in meine Stimme: „Das ist es doch was du immer wolltest. Das Jotunheim endgültig zerstört wird.“

Thor schüttelte den Kopf und hob leicht Mjölnir an.

„Das wollte ich bestimmt nicht.“, sagte er und ich lachte.

„Was ist mit dir auf Midgard passiert? Bist du weich geworden, Bruder?“, rief ich und das letzte Wort stieß ich mit abgrundtiefer Verachtung aus. Er musste wütend werden! Er musste wirklich gegen mich kämpfen und mich hassen, damit er sein Leben weiterleben konnte.

Aus diesem Grund sprang ich ihn danach auch an und begann mit ihm zu kämpfen. Ich wusste, dass ich keine Chance gegen ihn hatte. Er war schon immer stärker gewesen als ich.

Doch trotz alledem schaffte ich es, ihn aus der sich drehenden Metallkuppel zu schleudern.

Wir knallten auf die Brücke und mit schnellen Bewegungen rappelten wir uns beiden wieder auf. Er schlug nach mir, ich blockte so gut es ging und als ich fast über die Brücke stürzte, schaffte ich es ihn mit einer Illusion abzulenken.

Doch dann war der Kampf schon vorbei. Mit unerhörter Kraft schleuderte er mich zu Boden und als ich schwer atmend auf dem Rücken liegen blieb, legte er zusätzlich noch Mjölnir auf mir ab, um mich an der Flucht zu hindern.

„Es ist gut, Bruder. Jetzt ist es genug!“, sagte er und die Enttäuschung in seinen Augen war fast unmöglich zu ertragen.

Dann drehte er sich um und versuchte auf die Metallkuppel zuzugehen, doch mittlerweile hatte sie ihre Höchstgeschwindigkeit erreicht.

„Du kannst es nicht mehr aufhalten!“, rief ich, doch die plötzliche Erleichterung auf meiner Brust bestätigte mich in meiner letzten Vermutung.

Thor hatte Mjölnir zu sich gerufen und begann auf die Brücke einzuschlagen.

Gespielt entsetzt sah ich zu, wie er den wichtigsten Zugang zu den neun Welten zerstörte und als er seinen letzten Schlag tat, explodierte die Energie der Brücke und riss uns beide in die Luft.

Ich spürte wie ich fiel, immer noch Gungnir in meiner Hand und hatte die Augen bereits geschlossen. Doch ein plötzlicher Ruck, der durch meinen Arm fuhr, ließ mich meine Augen wieder aufreißen und erstaunt sah ich, dass Thor den Speer fest in der Hand hielt, während Odin Thor´s Knöchel umklammerte.

Ich sah Odin´s erschrockenen, fast panischen Blick und wusste, würde ich nicht auch sein Herz brechen, würde der Asenkönig mich retten. Denn ich war sein Sohn, dass konnte ich in seinem verblieben Auge lesen.

„Ich hätte es für dich tun können, Vater! Für uns alle!“, rief ich und der letzte Rest Wahnsinn, den ich aufbringen konnte, fand den Weg in meine Stimme und ich konnte sehen, wie Odin´s Auge trüb wurde vor Trauer.

„Nein, Loki.“, sagte er und fast hätte ich gelächelt.

„Ich liebe dich, Thor.“, sagte ich leise und hoffte, der Blonde würde es noch hören, denn im nächsten Moment löste mich meine Hand von dem Speer.

Thor´s verzweifelter Aufschrei klang mir dabei in den Ohren und eine bittere Träne rann über meine Wange, als ich in die Finsternis stürzte.

Visionen

Thor´s POV:
 

Schmerz hat viele Fassetten. Er kann lähmen, dich ich den Wahnsinn treiben, oder auch töten.

Als Loki fiel, starb ein Teil meiner Seele. Doch ich spürte es nicht, denn die ersten Stunden nach seinem Tod war ich wie gelähmt. Ich hörte die Leute mit mir reden, doch verstehen konnte ich ihre Worte nicht und als meine Mutter mich berührte, mit Tränen in ihren Augen, fing ich an zu schreien und um mich zu schlagen, denn ihre Berührung machte mir meinen Schmerz erst bewusst.

Die ganze Nacht und den nächsten Tag saß ich in meinem Zimmer und starrte an die Wand und ein kleiner Teil von mir wurde in dieser Zeit wahnsinnig, denn immer wieder hörte ich Loki´s Stimme. Diese Stimme, die ich so sehr liebte. Und ich sah ihn vor mir, wie er mich aus diesen unglaublichen Augen ansah.

Irgendwann kam Odin in mein Zimmer. Eine ganze Weile saß er schweigend da und wartete darauf, dass ich ihn ansehen würde und als ich meinen Blick auf ihn richtete, sah ich, dass sein gesundes Auge rot unterlaufen war. Er hatte geweint.

Und dieser Anblick ließ auch meinen Damm brechen. Seit ich ein Kind gewesen und von ihm nach Midgard geschickt worden war, hatte ich nicht mehr geweint, doch nun konnte ich die Tränen nicht mehr zurück halten.

Leise schluchzend brach ich auf meinem Bett zusammen und ich spürte wie Odin sich neben mich setzte und mein Haar streichelte, so wie er es vor so vielen Jahrhunderten schon getan hatte.

Er redete leise und beruhigend auf mich ein, doch als ich die Fassung wiedergewann, fühlte ich mich trotzdem immer noch leer.

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis ich bereit war meinem Vater zuzuhören und dann begann er mir die Geschichte des Jotunenkrieges noch einmal zu erzählen. Er erzählte von ruhmreichen Schlachten, tiefster Verzweiflung und dem Moment, als der Sieg der Asen beschlossene Sache war.

Ausführlich schilderte er mir, wie er sich einen Weg zu dem Tempel der Eisriesen bahnte, um ihnen die Quelle ihrer Macht zu rauben, und wie er in diesem, auf einem steinernen Altar ein Neugeborenes fand. Nicht größer, als ein Asenkind, mit blauer Haut, welche von schwarzen Linien durchzogen war und tiefroten Augen.

Und dann erzählte Odin, wie das Kind sich plötzlich veränderte, seine Haut weiß und rosig wurde und die Augen eine Farbe annahmen, welche die schönsten Smaragden in Asgards Schatzkammern in den Schatten stellten.

Mit jedem Wort, dass er aussprach wurden meine Augen größer, denn er berichtete, wie er heim kehrte, mit der Urne und dem Kind, und wie er es zu seiner Frau brachte, die Mitleid mit dem armen Säugling hatte, der einfach ausgesetzt worden war. Und Odin erzählte, wie sein ältester Sohn in ihre Gemächer kam und sich auf den ersten Blick in das Baby verliebte, welches seine Mutter so liebevoll auf dem Arm hielt, sodass Odin beschloss, mit diesem Kind den ersten Stein in eine friedliche Zukunft zu legen.

„Loki.“, flüsterte ich entsetzt und meine Stimme klang rau und heiser: „Er ist nicht mein Bruder.“

„Er ist mit dir aufgewachsen, Thor. Stand stets an deiner Seite, egal ob im Spiel oder im Kampf, aber nein: Er ist nicht dein Bruder.“, antwortete Odin und ich sah aufrichtiges Bedauern in seinem Auge.

„Wie konntet ihr es so lange verstecken?“, fragte ich und brennende Wut machte sich in mir breit: „Wie konntet ihr uns beide so anlügen? Wir hätten ein Recht darauf gehabt, es zu erfahren!“

Odin seufzte „Loki hat es gewusst. Nach eurem Kampf in Jotunheim, hat er die Waffenkammer aufgesucht und die Urne benutzt. Das Artefakt kann nur von einem Eisriesen verwendet werden und durchbricht jedweden Illusionszauber, selbst wenn der Benutzer diesen selbst gewoben hat. Loki konnte schon immer jede Form annehmen, die ihm beliebte, doch die Asenform hatte er bis dahin noch nie wirklich abgelegt.“

„Es muss schrecklich für ihn gewesen sein!“, murmelte ich: „Zu erfahren, dass er eines der Monster ist, vor denen du und alle anderen uns immer gewarnt haben. Er muss völlig am Ende gewesen sein und niemand war für ihn da. Ich hätte da sein müssen!“

Meine Stimme überschlug sich fast: „Wie konntest du ihn so verraten? Er ist doch dein Sohn.“

Wieder rollten mir Tränen über die Wangen, als ich mir Loki´s Einsamkeit vorstellte und ich erinnerte mich an seinen Besuch, als die Menschen mich gefangen hatten. Seine Augen waren leer gewesen! Sie waren der Grund dafür, dass ich mich nicht gegen die Küsse und Berührungen wehrte, denn ich wusste in diesem Moment, dass er mich brauchte.

„Ich weiß, dass ich euch beide enttäuscht habe, Thor!“, sagte Odin: „Doch du musst mich verstehen. Ich wollte, dass Loki ein normales und glückliches Leben führen konnte, ohne Angst haben zu müssen, von den Asen verspottet und ausgegrenzt zu werden.“

Ich schnaubte und erhob mich vom Bett, um im Raum auf und ab zu gehen.

„Dafür war es in dem Moment zu spät, als du mich nach Midgard schicktest!“, sagte ich: „Loki war schon immer anders, als alle anderen und das wusste er. Er wusste, dass du mich bevorzugst und deswegen trainierte er wie ein Besessener. Er übte sich in Magie und spielte allen Leuten Streiche, damit sie sahen zu was er fähig war. Sie sollten sich in Zeiten des Kampfes auf ihn verlassen. Aber um jemanden zu vertrauen, müssen die Leute erst einmal sehen, dass schon jemand demjenigen vertraut. Und du hast ihn doch immer nur weggesperrt!“

Odin sagte nichts. Kein Wort der Erwiderung fand den Weg über seine Lippen, denn wir beide wussten, dass ich Recht hatte.

Er mochte Loki als einen Sohn angesehen haben, doch gleichzeitig hatte er immer Angst gehabt. Angst vor der Macht, die Loki inne wohnte.
 

Nachdem das Gespräch beendet war, machte ich mich daran meine Freunde zu finden. Sie waren bei dem Angriff des Destroyers arg in Mitleidenschaft gezogen worden, und ich wollte mich vergewissern, dass es ihnen gut ging.

Ich fand Sif und die anderen in einem der kleineren Salons. Sie saßen auf den Sofas, doch als ich den Raum betrat, wurden sie still.

„Thor.“, sagte Sif und ich sah tiefes Bedauern in ihren Augen: „Wie geht es dir?“

Ihre Frage brachte mich ein wenig aus dem Konzept, denn eigentlich wollte ich doch ihren Zustand erfahren. Auch konnte ich nicht gleich antworten, denn ich wusste, würde ich sagen es ginge mir gut wäre das eine Lüge und ich konnte noch nie besonders gut lügen. Deshalb sagte ich nur: „Den Umständen entsprechend. Wie geht es euch?“

Sif´s Blick huschte zu den andren und Volstagg sagte: „Alles Bestens! So schnell wirst du uns nicht los.“

Sein breites Grinsen wirkte unecht und ich wusste, dass er mich nur trösten wollte, doch es hatte nicht den gewünschten Effekt.

„Bitte entschuldigt mich.“, murmelte ich, bevor ich aus dem Zimmer stürzte. Keine Sekunde länger konnte ich bei ihnen bleiben, denn ich wusste, irgendwann würden sie auf Loki zu sprechen kommen und es würde nicht positiv für meinen Bruder ausgehen.

„Bitte warte, Thor!“, rief Sif, die mir gefolgt war und sie packte mich am Arm. Wir standen in einem leeren Gang und ich blickte starr auf den Boden. Ich wollte ihr nicht in die Augen sehen.

„Ich weiß, es ist hart für dich. Aber willst du denn nie wieder mit uns reden?“, fragte sie und ich hob den Kopf um sie anzusehen.

„Ich habe doch mit euch geredet.“, erwiderte ich und sie gab ein freudloses Lachen von sich.

„Du fragtest wie es uns geht, dabei haben wir nur ein paar Kratzer und du eine Wunde, die schon Menschen getötet hat. Also sei ehrlich. Wie geht es dir?“

Es blieb eine Weile still zwischen uns, bevor ich den Kopf senkte und ein bitteres Lächeln um meine Lippen spielte.

„Ich habe das Wichtigste in meinem Leben verloren. Was glaubst du wie es mir geht?“, antwortete ich: „Mein Herz ist herausgerissen. Ich kann nicht schlafen, denn wenn ich die Augen schließe sehe ich ihn vor mir. Wie er über dem Abgrund hängt und eine Träne über seine Wange rollt, weil er weiß, dass er nicht überleben wird. Ich kann nicht essen, denn jeder Bissen verwandelt sich in Asche, bei dem Gedanken, dass ich nie wieder mit ihm am Tisch streiten oder lachen werde. Und ich hab das Gefühl langsam wahnsinnig zu werden. Kurz gesagt, es geht mir einfach beschissen, wie die Menschen sagen würden.“

Sif sah mich entsetzt an. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ich sah Tränen in ihnen schimmern, doch sie behielt die Fassung und zog mich stattdessen an sich.

Die Umarmung war nicht die, die ich begehrte, doch sie war seltsam tröstend und ein warmer Balsam legte sich über meine zerschundene Seele.

Lange standen wir so da, in einem leeren Gang eng aneinander geschmiegt und als wir uns lösten, lächelte mich meine langjährige Freundin an.

„Komm!“, sagte sie: „Es wird Zeit zu den anderen zu gehen.“
 

Es vergingen zwei Monate. Zwei Monate in denen sich der Alltag in Asgard langsam wieder normalisierte.

Der Bifröst wurde von den besten Handwerkern unter der strengen Aufsicht eines genesenen Heimdalls wieder aufgebaut und alles ging seinen gewohnten Gang.

Ich verbrachte viel Zeit damit, mit meinen Freunden durch die Wälder zu streifen, oder zu trainieren, denn trotz der vergangenen Zeit, konnte ich immer noch keine Ruhe finden.

Jedes Mal, wenn ich allein war, hörte ich Loki´s Stimme in meinem Kopf. Ich spürte seine Anwesenheit und immer wieder hatte ich das Gefühl, etwas zu sehen, dass gar nicht existierte.

Dunkle Felsen, Ketten und widerliche Kreaturen, die sich über eine zusammengesunkene Gestalt beugten, lachten und immer wieder ihre Peitschen schwangen.

Oftmals erwachte ich schweißgebadet aus einem dieser Albträume und spürte noch den heißen Schmerz der Peitsche auf meiner Haut. Und jedes Mal wurden die Träume schärfer und realer.

Ich sah immer mehr Einzelheiten, Konturen und dann eines Tages, sah ich auch das Gesicht des Gefolterten und aus dem blassen und eingefallenen Antlitz blickten mir leeren, smaragdgrüne Augen entgegen.

„Loki!“, schrie ich, als ich aus dem Traum hochfuhr. Mein Atem ging keuchend und ich hatte die Hand ausgestreckt, wie um jemanden zu ergreifen.

Die Tür meiner Gemächer schlug krachend gegen die Wand und zwei Wachen stürmten in den Raum. Scheinbar hatte sie meinen Schrei gehört und einer der Wächter fragte: „Was ist los, Hoheit?“

Ich starrte ihn entsetzt an, bevor ich aus dem Bett sprang, nackt wie ich immer schlief und mir in Windeseile eine Hose und eine Tunika überstreifte.

„Weckt meinen Vater und bringt ihn in den Versammlungsraum. Und sattelt mir ein Pferd.“

Völlig verwirrt befolgten die Beiden meine Befehle und ich schlüpfte schnell in meine Stiefel, um mich dann zu dem Versammlungsraum zu begeben.

Odin und Frigga standen beide in dem großen Saal, Odin in einer langen Robe und Mutter noch in ihrem Nachthemd, doch beide waren hellwach und Vater fragte: „Was ist los, Thor? Warum hast du uns wecken lassen.“

Mit schnellen Schritten war ich bei ihm und legte ihm meine Hände auf die Schultern.

„Loki lebt. Ich habe ihn gesehen!“, sagte ich und Odin runzelte die Stirn.

„Du wirst geträumt haben, Thor. Loki ist-“

„Nein!“, unterbrach ich ihn energisch: „Ich habe ihn gesehen. Seit einiger Zeit habe ich seltsame Träume von einem Mann, der gefoltert wird und heute Nacht konnte ich sein Gesicht erkennen. Es ist Loki! Ich weiß nicht wie, aber vielleicht schickt er mir diese Visionen und ruft mich so um Hilfe. Bitte glaube mir. Er wird gefangen gehalten.“

Ernst sah Odin mir in die Augen, suchte nach einem Anzeichen dafür, dass ich langsam den Verstand verlor, doch da war nichts außer aufrichtiger Sorge und dass erkannte der Allvater.

„Nun gut! Was hast du vor?“, fragte er ernst und ich seufzte erleichtert.

„Ich will zum Tempel. Ich muss in die Halle der Weissagung und dort das Orakel befragen.“, gab ich zurück.

Odin wurde blass. Er wusste, was es bedeutete, dass Orakel zu befragen, außer es ging um die Volljährigkeitsprüfung, denn das Orakel erzählte einem alles. Von den guten, als auch den schlechten Dingen und schon ein ums andere Mal, waren Asen, die das Orakel befragten, nicht wiedergekommen.

„Bist du sicher, dass das die einzige Möglichkeit ist?“, fragte Odin mich und ich hörte tiefe Sorge in seiner Stimme.

„Ja!“, sagte ich trotzdem: „Die Welt die ich sah, war keine der uns bekannten, doch wenn Loki wirklich gefoltert wird, muss ich alles riskieren. Ich werde ihn kein zweites Mal im Stich lassen.“

Odin nickte nach einem Moment des Nachdenkens und gab mir so seinen Segen.

Sofort drehte ich mich auf dem Absatz um und rannte nach draußen. Vor dem Palasttor wartete ein Pferd auf mich und so schnell ich konnte, ritt ich zu dem imposanten Gebäude, welches der Tempel darstellte.

Die Priester waren allesamt völlig überrascht mich zu sehen, doch als ich ihnen mein Anliegen vortrug, brauchte es alle drei Hohepriester, um sie zu überzeugen, mich in die Halle der Weissagung zu lassen.
 

In dem schwarzen Raum war es seltsam dunkel, als wären die Sterne der Ahnen erloschen, doch die Macht, die in der Kammer wohnte, war immer noch spürbar.

„Ich brauche eine Antwort, Orakel.“, sagte ich und meine Stimme hallte bedrohlich wieder: „Bitte! Ich muss wissen, wo mein Bruder ist.“

Lange blieb es still in dem Saal und ich spürte bereits die Wut in mir hoch kochen, doch dann hörte ich die tiefe Stimme des Orakels.

„Dein Bruder ist in der Hand der fürchterlichsten Kreaturen des Alls. Der Chitauri. Sie wollen ihn benutzen und sie werden ihn brechen, doch du kannst ihn retten. Bald schon wird er zu dir kommen und dann musst du eine Entscheidung treffen. Sei also bereit!“

Als die Stimme verstummte, sah ich Bilder von den grässlichen Kreaturen und ich musste mit ansehen, was sie Loki antaten und ich wusste, ich würde jedes einzelne dieser Ungeheuer umbringen.

Folter

Loki´s POV:
 

Als Kind eines Königs wird man darauf vorbereitet in Gefangenschaft zu geraten. Man lernt die Grundzüge der Folter kennen, erfährt alles über Befragungstechniken und muss immer mit dem Gewissen leben, jederzeit in vom Fein gefunden zu werden.

Als ich fiel, dachte ich, ich würde sterben. Verloren in den Tiefen des Weltenbaumes und einsam.

Doch ich erwachte wieder. In einer Welt, die mir zeigte, was Schmerz wirklich bedeutete.

Die Chitauri sind ein Volk, die sich auf die Kunst der Folter. Nicht nur körperlich, sondern aus geistig.

Sie schaffen es einen ausgewachsenen Krieger innerhalb weniger Stunden zu brechen.

Und für mich hatten sie Monate.
 

Sie begannen mit den üblichen Methoden.

Körperlicher Schmerz, um mich zu schwächen und für ihre eigentliche Folter noch empfänglicher zu machen.

Ich weiß nicht mehr, wie lange ich in dem kalten, dunklen Kerker saß, bis sie mich herauszerrten und ihrem Foltermeister übergaben.

Die Zelle, in der ich die Tage, oder das was man in ihrer Welt als Tage bezeichnete, verbrachte, war eisig, selbst für mich und die Finsternis war so durchdringend, dass ich manchmal das Gefühl hatte, immer noch in die Leere des Alls zu stürzen.

Wochenlang ließen sie mich dort unten und holten mich nur hervor, um ihre Instrumente des Schmerzes an mir auszuprobieren.

Doch sie hatten kaum Erfolg. Egal wie oft sie meine Haut aufrissen und das Blut über meinen Körper lief, immer wieder schaffte ich es am Ende jeder Sitzung sie auszulachen, denn meine Magie heilte die Wunden und verhöhnte gleichermaßen meine Peiniger.

Immer schlimmer trieben sie ich perverses Spiel mit mir, bis ich an einem Tag sogar in meine Jotunenform wechselte, und egal wie sehr ich diese Form hasste, sie rettete mir in diesem Moment das Leben.

Danach blieb es lange still. Mehrere Tage war ich in meiner Zelle eingeschlossen, bis sie mich wieder hervorzerrten.

Nahrung oder Wasser hatte ich schon ewig nicht mehr bekommen, doch durch meine Unsterblichkeit war auch nicht darauf angewiesen.

Das größte Problem stellte der Schlafmangel dar und dieser sollte an dem Tag noch verschlimmert werden.
 

Der Foltermeister, der mich an diesem Tag empfing, war ein Chitauri von ungewöhnlicher Gestalt.

So groß und hässlich diese Wesen waren, so klein und unterwürfig war diese Kreatur. Er schien mir kaum genug Kraft zu besitzen, um eine der zahlreichen Gerätschaften, die diese Wesen zur „Behandlung“ ihrer Opfer benutzten, auch nur anzuheben und er machte auch keine Anstalten eines davon in die Hand zu nehmen.

„Ich bin der Anführer der Chitauri.“, sagte das Wesen und ich musste trocken auflachen, auch wenn dabei mein Brustkorb schmerzte. Die letzte Foltersitzung steckte mir, trotz der Pause, noch in den Knochen.

„Dann müssen diese anderen Kreaturen noch dümmer sein, als sie aussehen.“, gab ich zurück und der angebliche Anführer der Chitauri gab ein seltsames Geräusch von sich, dass ich einfach als Lachen interpretierte.

„Du glaubst ich hätte nicht die Kraft ein Volk wie das der Chitauri zu führen, hab ich Recht Loki Laufeyson!“

Es war eine Feststellung und keine Frage, doch trotzdem entfloh ein tiefes Knurren meiner Kehle, als ich den Namen meines Erzeugers hörte.

„Ich sage dir etwas, kleiner Prinz, meine Spezialität sind nicht körperliche, sondern geistige Schmerzen.“

Mit diesen Worten legte er mir eine Hand auf die Stirn.
 

Ich wusste nicht was geschah, denn als ich wieder zu mir kam, befand ich mich wieder in meiner Zelle und zitterte am ganzen Körper und das sicher nicht vor Kälte.

Was der Anführer der Chitauri mir gezeigt hatte war grausamer, als jede körperliche Folter es jemals sein könnte.

Ich hatte Asgard brennen sehen. Odin und Frigga, erschlagen in ihren Gemächern. Sif, Volstagg, Hogun und Fandral in Käfige gesperrt, wie wilde Tiere.

Und Thor! Thor, der auf dem großen Platz der Stadt, hingerichtet wurde, während ich daneben stehen und zusehen musste.

Es war mein schlimmster Albtraum und ab diesem Tag sollte er sich endlos wiederholen.
 

Irgendwann hatte ich keine Kraft mehr, um zu kämpfen.

Ich spürte langsam, wie sich der Wahnsinn in meinem Kopf breit machte und wusste, ich würde nicht mehr lange durchhalten, also gab ich ihnen, was sie wollten.

Und das war meine Macht!

Ich ließ mich brechen und wurde somit ein Teil ihrer Maschinerie.

Sie erläuterten mir ihren Plan, die Menschenwelt zu erobern, um den Tesserakt, ein Relikt, welches ich schon lange vergessen hatte, zu bekommen. Das einzige, was ihnen fehlte, um die Macht über alle Planeten zu bekommen.

Ich wusste, sollten sie Odin´s Stein in die Hände bekommen, wäre jede Welt verloren, weshalb ich einen Plan ersann, um als Erster den Tesserakt in die Hände zu bekommen.

Ich begann den Anführer zu umschmeicheln, die einzige Fähigkeit, die sie mir nie nehmen konnten und behauptete, nur ich könnte den Tesserakt verwenden.

In Wahrheit war es dem blauen Stein völlig egal, wer ihn verwendete, und darin lag meine Idee.

Ich würde mit seiner Hilfe nach Midgard reisen, ein wenig Chaos stiften und so Thor auf mich aufmerksam machen, sodass dieser den Krieg gegen die Chitauri ausfechten konnte.
 

Ich brauchte auch gar nicht lange, um die Chitauri so weit zu bekommen, mir das Kommando zu übertragen und als ich das Tor nach Midgard öffnete, begann ich meinen Plan zu verwirklichen.

Ein wenig Geistmagie, die Entführung von Thor´s Freund Eric Selvig, der mir außerdem eine große Hilfe sein konnte und der Mord an einem Museumskurator sorgte dafür, dass ich innerhalb weniger Tage von S.H.I.E.L.D. aufgegriffen wurde.

Nachdem Thor auf die Erde verbannt worden war und wir unser kleines Stelldichein in dem Glasgefängnis gehalten hatten, hatte ich mich über die hochmoderne Organisation schlau gemacht und herausgefunden, dass sie sich seit vielen Jahren um alles Übernatürliche, wie die Menschen es nannten, kümmerten.

Aus diesem Grund vertraute ich auch darauf, dass sie meinen Bruder im dem bevorstehenden Krieg unterstützen konnten.
 

Wir saßen in einem Flugzeug, als sich die ersten Blitze zeigten.

Beunruhigt sah ich nach oben, denn ich konnte mir vorstellen, dass Thor wütend sein würde, da ich seiner Welt schon jetzt Schaden zugefügt hatte und seine Blitze manchmal ihr Ziel verfehlten.

„Was denn?“, fragte der blonde Mann, der bis eben noch mit dem exzentrischen Kerl im eisernen Anzug gestritten hatte: „Machen ein paar Blitze Ihnen etwa Angst?“

Ich rechnete es diesem Kerl hoch an, dass er trotz der Situation höflich blieb und auch eine etwas gepflegtere Aussprache hatte, als die anderen Insassen des Flugzeugs, doch trotzdem warf ich ihm einen überheblichen Blick zu und erwiderte: „Ich bin nicht sonderlich erpicht, auf das was folgt.“

Schon im nächsten Moment hörte man das dumpfe Krache, als etwas auf dem Dach der Flugmaschine landete und nur einen Moment später, als der Blonde die Schleuse nach draußen öffnete, stand Thor vor mir.

Er hatte den Andere einfach in eine Ecke geschleudert und packte mich nun grob an den Armen, bevor er mit mir aus dem Flugzeug sprang.

Wir landeten auf einem kleinen Berg und der blonde Hüne ließ mich unsanft auf den Boden fallen, was mich zum Lachen brachte.

„Hallo Thor!“, keuchte ich, sobald ich wieder Luft in den Lungen hatte und rappelte mich im selben Atemzug auf.

Kaum stand ich wieder auf den Beinen, packte er mich im Nacken und küsste mich.

Ich hatte mit Allem gerechnet!

Mit wüsten Schimpftiraden, Vorwürfen, vielleicht sogar Tränen, doch so war es mir bei weitem lieber.

Ohne zu zögern erwiderte ich den Kuss und wäre sofort weiter gegangen, doch Thor schob mich sanft von sich.

„Später, Loki! Wir haben nicht viel Zeit. Ich weiß was passiert ist! Ich habe es gesehen und wir werden alles in Ordnung bringen, doch die Menschen dürfen nichts davon wissen. Also, bitte, fang einen Streit an!“

Seine Worte gaben mir Hoffnung und ich kam seiner Forderung nach. Ich wusste, dass uns mindestens einer der Insassen des Flugzeuges folgte und das die Menschen die Technik hatten, um selbst über große Distanzen Gespräche zu belauschen, also begann ich eine Diskussion.

Feindseeligkeiten und Vorwürfe fielen und als Thor mich im Nacken packte und mich um Aufmerksamkeit bat, hörte ich bereit den Antrieb des seltsamen Anzugs, den der brünette Mann vorhin getragen hatte.

Im nächsten Moment schleuderte er Thor von mir fort und landete mit ihm in dem dichten Wald der den Berg umgab, während ich mich auf einem Felsen niederließ.

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Glasgefängnis

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Coming-out

Tony´s POV:
 

Ich rannte!

Und zwar nicht, weil ich mal wieder ein Treffen mit Pepper vergessen, oder eine meiner Luxuskarossen nicht abgeschlossen hatte.

Nein!

Ich rannte, weil ich etwas gesehen hatte, dass garantiert nicht für meine Augen bestimmt gewesen war.

Und meine Absichten waren so gut gewesen.

Nachdem der angebliche Donnergott, vor dem ich ein klein wenig Angst hatte, was ich natürlich niemals zugeben würde, sich zu seinem Bruder aufgemacht hatte, vor dem ich noch viel mehr Schiss hatte, was ich auch niemals zugeben würde, begann ich mir Sorgen um den blonden Hünen zu machen.

Denn anstatt nach zehn Minuten wieder auf der Brücke zu erscheinen und uns mit seinen großen, blauen Augen fragend, oder wütend, anzusehen, war er nicht zurück gekommen.

Irgendwann hatte Natasha Romanov die Idee gehabt, nachzusehen, denn obwohl Loki eingesperrt war, trauten wir ihm nicht.

Verständlich, nachdem er knapp zwanzig Menschen an einem einzigen Abend getötet hatte.
 

Da ich aber keinen Bock hatte, mir Fury´s Vorträge noch weiter anzuhören, darüber, wie gefährlich mein Eingreifen in Deutschland gewesen war, hatte ich kurzer Hand den Weg zu dem Glasgefängnis aufgenommen.

Ich brauchte auch keinen Begleiter, da der Helicarrier, auf dem wir uns befanden, der letzte große Armee-Auftrag von Stark-Industries gewesen war, bevor ich in Afghanistan entführt wurde.

Das SHIELD die Initiatoren dieses Auftrages waren, erfuhr ich erst durch die Akten, die mir Coulson am Abend von Loki´s erstem Auftritt gegeben hatte.

Blanke Ironie!

Auch der Glaskäfig war eine meiner Erfindungen und irgendwie brachte mich der Gedanke zum Grinsen, dass anstatt eines riesigen, zornigen, grünen Fleischbergs nun dieser schmale, ziemlich jung aussehende Mann darin gefangen war.

Leise lachend schüttelte ich den Kopf und erreichte endlich die Tür zu der Zelle.

Davor war eine der schwarz gekleideten SHIELD-Wachen postiert, doch der junge Mann spielte lieber mit seinem Handy, als wirklich Wache zu halten.

Auch als er mich sah, war seine einzige Reaktion ein Kopfnicken, bevor er sich wieder auf den kleinen Display konzentrierte.

Die Musik, welche das Gerät von sich gab, sagte mir, dass er Doodlejump spielte.
 

Ich schüttelte den Kopf, bevor ich den Knopf drückte, damit sich die schwere Metalltür öffnete und ich leise in den Raum schlüpfen konnte.

Wer wusste schon, in was für tiefgreifende Gespräche die Beiden versunken waren.

Doch kaum hatte sich die Tür hinter mir geschlossen, hörte ich schon Geräusche, die alles andere als ein Gespräch vermuten ließen.
 

Ungläubig starrte ich in den runden Glaskasten und fragte mich, ob hier irgendwo halluzinogene Gase austraten, oder ob ich wirklich gerade sah, wie der blonde, muskulöse Donnergott seinem ach so geliebten Bruder das Hirn rausfickte.

Doch weder halluzinierte, noch träumte ich, denn die Beiden trieben es wirklich miteinander und schienen mich in ihrer Leidenschaft noch nicht einmal wahrzunehmen.

Und es war eine erregende Vorstellung, welche die Beiden da lieferten.

Thor´s muskulöser, leicht gebräunter Körper bildete einen hervorragenden Kontrast zu Loki´s blasser, fast weißer Haut.

Die Haare der beiden klebten an ihren verschwitzten Körpern und immer wieder versanken sie in leidenschaftlichen Küssen.

Ich konnte hören, dass sie sich ihrem Orgasmus immer weiter näherten und spürte bereits meine Erregung aufflammen, als ich mir plötzlich meiner Gedanken bewusst wurde.

Geschockt registrierte ich, dass mich das Liebesspiel der beiden Männer weit aus mehr anregte, als es die weichen Rundungen einer schönen Frau je getan hätte und das einzige, was ich auf diesen Gedanken hin tun konnte, war weglaufen.

Weglaufen vor meinen eigenen Gedanken, die mich etwas sehen lassen wollten, was ich seit meiner Schulzeit erfolgreich unterdrückt hatte.
 

Ich stürmte aus dem Raum und ignorierte den verwirrten Blick des Wachmannes, der sich von meinem plötzlichen Abgang zum Glück nicht an seinem Spiel stören ließ, und auch die verwunderten Ausrufe der anderen Menschen, die ich bei meiner passierte, waren mir egal.

Erst als meine Lunge sich anfühlte, als würde sie gleich zerreißen, blieb ich schwer atmend, in einem menschenleeren Gang stehen.

Keuchen versuchte ich Luft zu holen, doch es dauerte lange, bis ich mich so weit beruhigt hatte, dass ich mich an der Wand sinken lassen konnte, bis ich im Schneidersitz auf dem kalten Boden saß.

Meine Hände krallte ich dabei in meine abgetragene Diesel-Jeans und ich war wirklich froh, keinen meiner Anzüge auf den Helicarrier mitgenommen zu haben.

Die würde jetzt hoffnungslos zerknittern.

Erschöpft ließ ich meinen Kopf gegen die Wand sinken und starrte auf einen Fleck an der gegenüberliegenden Wand.

Wirklich sehen tat ich ihn nicht, doch er lenkte meine Konzentration wieder auf meine Gedanken und sorgte dafür, dass ich mich das erste Mal seit knapp zwanzig Jahren fragte, was wirklich wollte.
 

Flashback:
 

Ich hasste das Internat in der Schweiz wie die Pest!

Mein Vater hatte mich hier her geschickt.

„Dort lernst du Disziplin und alles was du für dein Leben brauchen wirst.“, hatte mein Vater gesagt.

Und ich hatte wie jedes Mal nur die Augen verdreht.

Disziplin! Was war ich? Ein Soldat?

Ich war ein Kind, gerade mal zwölf, als er mich ans andere Ende der Welt abschob, um schon kurz darauf bei diesem Autounfall zu sterben.

Meine Wut auf diesen Mann war grenzenlos, doch plötzlich spürte ich auch Trauer. Trauer darüber, nicht mehr Zeit mit meinem Vater verbracht zu haben und ich blieb auf dem Internat.

Zum Einen, um der Presse zu entkommen, und zum Anderen, um das Andenken meines Vaters irgendwie zu ehren.

So viel es mir jedenfalls möglich war.

Jetzt war ich sechzehn und bereute meine Entscheidung zutiefst.

Wie sollte ich meine Jugend genießen, wenn ich in einer Schule gefangen war, auf der sich dreihundert Jungs befanden.

Denn das es sich bei dem superteuren Eliteinternat um eine reine Jungenschule handelte, war doch selbstverständlich.

Auch meine Jahrgangsgenossen waren von diesem Umstand genervt.

Jedenfalls alle, bis auf einen.

Alexander Brisbane!

Der Sohn eines reichen, adligen Großindustriellen aus England hatte überhaupt kein Interesse an dem anderen Geschlecht.

Und während meine Klassenkameraden ihn deswegen nieder machten und als Schwuchtel beschimpften, war ich eher fasziniert von dem hübschen blonden Jungen, der jedes Mädchen hätte haben können und doch kein Interesse an ihnen fand.

Irgendwann bemerkte ich auch, dass erste Mal nach vier Jahren, dass er mein Zimmernachbar war und wir kamen ins Gespräch.

Zwischen Tür und Angel unterhielten wir uns über unsere Eltern, unsere Heimat und unsere Interessen, und dreist wie ich nun mal war, fragte ich nach einer Weile: „Sag mal, Brisbane, bist du schwul?“

Einen Moment verdüsterte sich seine Miene und seine blauen Augen blitzten gefährlich auf und irgendwo konnte ich ihn verstehen.

Seit Wochen stellte man ihm diese Frage, doch ich hoffte, im Gegensatz zu den anderen, eine ehrliche Antwort zu bekommen.

Deswegen starrte ich neugierig zurück und tatsächlich seufzte er nach einer Weile auf und antworte: „Ja, bin ich!“

Die Einfachheit dieser Antwort schockierte mich dann doch, und einen Moment stand ich hilflos da und versuchte mir einen Satz zu überlegen, den ich erwidern könnte.

„Ich weiß nicht was ich sagen soll.“, sagte ich nach einer Weile und plötzlich lachte Alex.

„Die Meisten fragen mich, ob meiner Eltern das wissen und nein, sie wissen es nicht. Mein Vater würde vermutlich tot umfallen.“ , sagte er, nachdem er sich wieder beruhigt hatte.

„Aber ist das nicht schwer, mit niemandem darüber sprechen zu können?“, fragte ich und mich begann dieses Thema wirklich zu faszinieren.

Noch nie hatte ich jemanden getroffen, der auf das eigene Geschlecht stand, und anstatt mich abzustoßen, war ich eher interessiert.

Wieder betrachtete Alex mich einen Moment, dann drückte er mich in mein Zimmer und schloss die Tür.

„Ich habe zu Hause eine Freundin, mit der ich darüber spreche, aber die größte Schwierigkeit ist nicht das nicht erzählen können, sondern das Verbergen der eigenen Gefühle.“

Während er das sagte, hatten wir uns auf mein Bett gesetzt und ich sah ihn fragen an. Ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen und er fuhr fort: „Ich kann jedem dieser Jungs ins Gesicht lachen, doch wenn ich abends auf mein Zimmer gehen, dann würde ich am liebsten heulen. Ich frage mich dann immer, ob es wirklich so schlimm ist, auf das eigene Geschlecht zu stehen.“

Schockiert sah ich an. So hatte ich das noch gar nicht gesehen und plötzlich tat er mir Leid. Es musste schwer sein, von vorneherein ausgeschlossen zu werden, nur weil man sich nicht anpasste und plötzlich wurde ich wütend.

Wütend auf eine Gesellschaft, die Individualität pries, aber Gleichheit forderte.

„Wie ist das? Einen Jungen zu küssen?“, fragte ich daher, einerseits, um den traurigen Ausdruck aus seinem Gesicht zu verbannen, andererseits, weil es wirklich wissen wollte.

„Ich hab keine Ahnung!“, sagte er und irritiert hielt ich inne.

„Was heißt das, du hast keine Ahnung?“

Er lächelte verlegen und sagte: „Ich hab noch nie einen Jungen geküsst. Als ich gemerkt hab, dass ich schwul bin, war ich hier und man kann nicht wirklich sagen, dass dieses Internat pro Homo ist.“

Verblüfft fehlten mir schon wieder die Worte. Es war irgendwie frustrierend so kurz vor einer Antwort zu sitzen, und sie dann doch nicht zu bekommen.

Lange ließ ich mir unser Gespräch durch den Kopf gehen und ich sah schon wie Alex sich bereit machte, zu verschwinden, als ich ihn am Handgelenk packte. Ich hatte eine Idee und hoffte, der blonde Junge würde sie als genauso genial empfinden, wie ich.

„Wollen wir beide das Küssen von Jungs ausprobieren?“, fragte ich daher und Alex starrte mich verwundert an.

„Ich meine,“, sagte ich und spürte, wie ich rot wurde: „Dass es mich wirklich interessieren würde und, na ja…“

Ich ließ den Kopf sinken und erwartete bereits eine Abfuhr, als ich ein leises „Okay.“, vernahm.

Freudig sah ich nach oben, in Alex hochrotes Gesicht und plötzlich wurde mir die ganze Tragweite meiner Idee bewusst.

Ich hatte noch niemanden geküsst. Wie also anfangen?

Plötzlich spürte ich Alex´ zögerliche Hand in meinem Nacken und er murmelte: „Im Film machen sie es immer so.“

Und dann legte er seine Lippen auf meine.

Es war ein sehr seltsames Gefühl, die weichen Lippen zu spüren, doch Alex hatte scheinbar eine ungefähre Vorstellung des Ablaufes und ich ließ ihn führen.

Irgendwann schloss ich sogar die Augen und begann die ungewohnte Berührung zu genießen.

Zögerlich bewegte ich die Lippen gegen seine und auch er begann mutiger zu werden.

Irgendwann spürte ich sogar seine Zungenspitze an meinen Lippen.

Kurz zögerte ich, doch dann warf ich alle Bedenken über Bord und öffnete meinen Mund.

Der erste Zungenkuss in meinem Leben war unbeholfen, feucht und ziemlich seltsam, doch ich hatte an diesem einen Tag, das Gefühl etwas richtiges zutun und obwohl Alex und ich diese Erfahrung nie wiederholten, geschweige denn weiter gingen, ahnte ich schon damals, dass ich rettungslos verloren war.

An mein eigenes Geschlecht!
 

Lange hatte ich diese Gedanken in meinem Kopf verborgen, denn als Erbe von Stark-Industries erwartete man von mir viele hübsche Frauen, Affären mit Models und Schauspielerinnen und nackte Skandale.

Doch tief in meinem Inneren wusste ich immer, dass mein Herz immer mir gehören würde.

Schließlich gab es einen Grund, warum ich immer versucht hatte, Beziehungen zu vermeiden.

Pepper hatte mir damals die Hoffnung gegeben, dass ich vielleicht doch noch zu einer Beziehung mit einer Frau fähig wäre, doch schon einige Wochen nach unserem Zusammenkommen hatten wir Beide bemerkt, dass ich einfach nicht zu einer Beziehung taugte.

Pepper hatte es mit Humor genommen und gesagt, dass ich irgendwann den oder die Richtige finden würde.

Das sie davon ausging, dass es auch ein Mann sein könnte, hatte mich im ersten Moment schockiert, doch dann hatte ich in Pepper´s Augen diesen Funken gesehen, wegen dem ich sie damals eingestellt hatte.

Nicht weil sie eine wunderschöne Frau war, nein, sondern weil sie etwas im Blick hatte, dass sagte: „Ich bin immer für dich da.“
 

Und jetzt, nachdem ich diese Szene zwischen den beiden Brüdern miterlebt hatte, konnte ich es nicht mehr vor mir selbst leugnen. Und seufzend fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare.

„Dann bin ich eben schwul!“, sagte ich laut in den Gang und zuckte heftig zusammen, als eine bekannte Stimme: „Schön für dich!“, antwortete.

Und ich sah direkt in das überraschte Gesicht von Captain Steve Rogers, welcher mir gegenüber an der Wand lehnte und gerade mein persönliches Coming-out miterlebt hatte, ohne, dass ich ihn bemerkt hätte.

Gemeinsamkeiten

Steve´s POV:
 

„Dann bin ich eben schwul!“

Dieser Satz hallte immer wieder in meinem Kopf nach, nachdem ich Stark wieder auf die Brücke befördert hatte und der exzentrische Billionär sich mit einem fast flehenden Seitenblick auf mich, zusammen mit Bruce Banner, in die Labore zurückzog.

Doch auch wenn ich den Brünetten nicht besonders gut leiden konnte, da er scheinbar gegen alle Werte war, die sein Vater vermittelt hatte, wollte ich sein Geheimnis bewahren.

Denn wenn ich eines kannte, dann waren es die Blicke anderer, wenn diese herausfanden, dass man schwul war.

Ich selbst hatte mich diesen Blicken aussetzen müssen, als ein ehemaliger Mitschüler herausfand, dass ich für den Quarterback des Schulteams schwärmte.

Niemand hatte verstanden, wie ich so „krank“ sein konnte, wie sie es nannten und irgendwann hatte ich begonnen, meine wahren Vorlieben zu verbergen.

Selbst Bucky, meinem besten Freund, hatte ich es bis zu seinem Tod nicht erzählt, aus Angst, dass er dann ebenfalls auf mich herabsehen würde.

Der Einzige, der scheinbar sofort erkannt hatte, dass ich keinerlei Interesse an Frauen hatte, auch wenn ich immer nett zu ihnen war, war Howard Stark gewesen.

Es hatte nur eine einzige Begegnung gebraucht, um ihn davon zu überzeugen, dass ich weit am anderen Ufer stand und meine halbherzigen Versuche, bei Peggy zu landen, belächelte er immer.

Doch er sprach mich nie darauf an.

Erst an dem Tag, vor meinem letzten Auftrag, besuchte er mich in meinem Quartier.

Wie immer lässig gekleidet, ein leichtes Lächeln auf den Lippen und diese umwerfende Ausstrahlung, welche die Leute so liebten.
 

Er redete lange mit mir, versicherte mir, dass er es in Ordnung fand und das er selbst experimentiert hatte.

Und dieses Gespräch sorgte dafür, dass ich auch Peggy meine wahre Ausrichtung beichtete.

Ihre Reaktion war so völlig anders, als ich es erwartete, dass ich einige Minuten brauchte, um zu verstehen, dass auch sie nichts gegen meine wahre Natur hatte.

Denn sie lachte. Laut und voller Inbrunst.

Und sie lachte mich nicht etwa aus, wie ich zuerst vermutete. Nein! Sie lachte mich an, denn Peggy Carter, die smarte Ausbilderin aus England, hatte genau wie Howard Stark sofort erkannt, dass ich schwul war.

Das Wissen, dass sie mich dafür nicht verurteilte, gab mir die Kraft, diesen letzten Auftrag anzunehmen.

Heute dachte ich mit Wehmut an diese beiden Menschen zurück, welche in der kurzen Zeit meines Dienstes, zwei meiner engsten Freunde waren.
 

Doch ich hatte keine Zeit mehr, mich in meinen Erinnerungen zu vergraben, denn plötzlich veränderte sich alles.

Denn wir erfuhren die wahre Macht eines nordischen Lügengottes.

Streit, Misstrauen und Unsicherheit suchten das Team heim, sodass wir auf den Angriff, der von Seiten von Loki´s Gehilfen gestartet wurde, nicht vorbereitet waren.

Innerhalb weniger als einer halben Stunde stand das Schiff kurz vor einem Absturz, Loki entkam und Phil Coulson starb.

Mein scheinbar größter Fan erlag einer Verletzung, die der Lügengott ihm zugefügt hatte und während Thor nicht ein Wort zu diesem Vorfall verlor, war es für die Avengers an der Zeit, endlich zusammen zuarbeiten.
 

Ein schneller Schlachtplan musste her, denn dass der Grünäugige sich nicht nur absetzen wollte, stand für jeden von uns fest.

So war die Entscheidung, endlich nach New York zu fliegen und eventuell die Erde vor einer Invasion zu retten, eine leichte.

Wir beschlagnahmten ein kleines Flugzeug und machten uns auf den Weg in die Stadt, die niemals schläft.

Stark mit seinem High-Tech-Anzug vorneweg.

„Ich an eurer Stelle, würde mal aus dem Fenster sehen!“, hörten wir seine Stimme aus den Lautsprechern, als wir uns der Metropole näherten.

Und kaum hatten wir einen Blick aus dem Flugzeug geworfen, spürte ich schon die alte Angst in mir hochkommen, denn wir waren zu spät.

New Yorks Straßen waren mit seltsamen Kreaturen bevölkert, die scheinbar wahllos auf die Menschen losgingen und von dem Dach des Stark-Towers schoss eine riesige blaue Lichtsäule in den Himmel.

„Versuchen Sie uns runter zu bringen!“, rief ich Clint zu, der am Steuer saß, doch kaum hatte ich diesen Satz ausgesprochen, wurde das Flugzeug stark durchgeschüttelt.

Im letzten Moment konnte ich einen der Haltgurte fassen, sonst hätte ich vermutlich eine Bruchlandung auf Thor gemacht, der selbst nur mit großer Mühe sein Gleichgewicht halten konnte.
 

Die Landung war eine holprige Sache, doch wir befanden uns direkt im Zentrum der Stadt, sodass wir gut agieren konnten.

Und plötzlich schienen die Avengers auch nichts mehr dagegen zu haben, dass ich ihnen Befehle erteilte.

Bruce´ dazu stoßen verschaffte uns einen ungeahnten Vorteil und plötzlich kämpfte ich an der Seite von diesen herausragenden Menschen und es war fantastisch..

Wir waren ein Team, eine Einheit und ich war zuversichtlich, dass wir die außerirdische Bedrohung zurückschlagen konnten.
 

Die Stunden des Kämpfens kamen mir später nur wie Minuten vor und alles verschwamm zu einer bunten Masse an Bilder, Farben und Formen, denn obwohl ich jeden Schritt geplant ausgeführt hatte, fiel das Kämpfen irgendwann meinen Instinkten zum Opfer.

Erst Stunden später, als die Schlacht geschlagen und der Himmel bereits dunkel war, kam ich wieder zu mir.

Loki hatte man in ein Labor von Stark´s Tower gebracht, der größtenteils unversehrt war, auch wenn das oberste Stockwerk wahrlich wüst aussah.

Thor hatte seinen Bruder begleitet, denn den schwarzhaarigen Asen hatte es ganz schön erwischt.

Clint und Natasha hatten sich in Zimmer zurückgezogen, die der Billionär ihnen zur Verfügung gestellt hatte und Bruce war dabei, sich wieder zu beruhigen.

Der Wissenschaftler war lange in seiner Hulk-Form geblieben und musste sich erst wieder akklimatisieren.

Stark hingegen hatte eine Weile mit Fury diskutiert, bis der Direktor genervt zugestimmt hatte, den Brünetten von den Aufräumarbeiten in der Stadt zu befreien und auch mir hatte er aufgetragen, mich zu erholen.

Deshalb stand ich nun auch in dem zerstörten Wohnzimmer und starrte auf die zerstörte Stadt hinab, bis mich eine wohlbekannte Stimme unterbrach.

„Solltest du nicht auch irgendwann mal schlafen, Captain, oder ist das unter deiner Würde als großer Soldat?“

Ich verdrehte die Augen und starrte Stark in das spöttisch lächelnde Gesicht, bevor ich sagte: „Ich brauche weniger Schlaf, als Sie. Deswegen sollte ich die Frage lieber zurück geben.“

Stark´s Lächeln wurde plötzlich dünn, bevor es ganz verschwand und ich nun mehr das Gesicht eines, vom Kampf erschöpften, Kriegers sah.

„Ich würde ja gern, aber ich kann nicht.“, war seine Antwort und irgendwie verstand ich ihn.

Wir hatten heute viel erlebt und es war nichts schönes, zumal Tony dabei fast drauf gegangen wäre.

„Sie werden doch niemanden was erzählen, oder?“, fragte er plötzlich: „Von der Sache…“

Ich sah die leichte Unsicherheit in seinen braunen Augen und schüttelte den Kopf.

„Es ist nicht meine Aufgabe, irgendjemandem etwas zu erzählen.“, erwiderte ich, bevor ich leise hinzu fügte: „Ich hätte es auch nicht gewollt.“

Stark´s Augen weiteten sich auf diese Worte hin und einen winzigen Moment hatte ich Angst, dass sie ihm aus den Höhlen kullern würden.

„Sie sind… Niemals!“

Dieser Ausruf irritierte mich nun doch, obwohl gleichzeitig ein Lächeln an meinen Mundwinkeln zu zupfen begann.

„Ihr Vater hat Ihnen davon also nichts erzählt?“, fragte ich und Stark schüttelte ungläubig den Kopf.

„Nein!“, gab er zurück: „Er hat immer nur erzählt, wie toll Sie waren und so. Nie hätte ich das vermutet.“

Diesmal blieb es bei mir nicht nur bei einem Lächeln, denn plötzlich musste ich lachen.

Stark klang auf einmal wie ein kleines Kind, dem man gesagt hatte, dass der Weihnachtsmann nicht existierte und dieser Gedanke erheiterte mich mehr, als die gewonnene Schlacht.

„Dann würde ich sagen,“, meinte ich, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte: „Das wir jetzt eine Abmachung haben. Sie erzählen niemanden etwas von meiner Ausrichtung und dafür behalte ich Ihre für mich.“

Ich streckte dem Braunäugigen die Hand hin und einen Moment schien Stark alle Möglichkeiten miteinander abzuwägen, bevor er meine Hand ergriff und „Deal!“ sagte.
 

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Hallo Leute!!
 

Ein neues Kapitel von Green Eyes und es wird das vor-vor-letzte sein. Meine erste Story, die ich je veröffentlicht hab, geht damit seinem Ende zu und ich bin schon jetzt fix und alle! Ich hoffe sehr, dass du Erfolg hattest!
 

LG Kajia

Erklärungen

Thor´s POV:
 

Loki sagte einmal zu mir: „Krieg ist ein Werkzeug der Feiglinge, denn es kostet weniger Mut, zur Gewalt zu greifen, als zuzugeben, dass man einen Fehler gemacht hat.“

Diesen Spruch habe ich nie verstanden. Bis zum heutigen Tag!

Ich wusste, dass Loki floh, als der Alarm auf der großen Flugmaschine losging, doch ich vertraute darauf, dass er zu mir zurück kommen würde.

Aber mein Vertrauen wurde hart auf die Probe gestellt, denn der Tod verfolgte Loki.
 

Der Erste, der fiel, war Phil Coulson.

Und es schmerzte mich sehr, gerade diesen Mann zu verlieren.

Er hatte mir einen großen Freundschaftsdienst erwiesen, als er Jane, die ich trotz aller Missverständnisse als meine Freundin ansah, fortschickte und er war bereit gewesen, mir zu vertrauen.

Doch als ich mit anhören musste, wie der Chef von SHIELD uns von dem Tod Coulson´s berichtete, spürte ich denselben Schmerz in mir, wie an dem Tag, als ich erfuhr, dass Loki mich im Bezug auf Odin´s Tod angelogen hatte.

Mein Vertrauen war erschüttert, doch die Liebe die ich für Loki empfand, zwang mich dazu, ihm zu folgen.
 

Die Kämpfe in den Straßen New York´s waren grausam und einen Moment zweifelte ich daran, dass Loki mir die Wahrheit gesagt hatte.

Doch dann sah ich, wie er sich von Hulk angreifen ließ, um uns die nötige Zeit für die Versiegelung des Portals zu geben.
 

Nach dem Kampf begannen Loki und ich zu erklären, was dort draußen passiert war.

Wir sprachen von Loki´s Fall von der Regenbogenbrücke, seiner Gefangenschaft bei den Chitauri, seiner Folterung und seinem Versprechen, den Chitauri den Tesserakt zu beschaffen.

„Soll das heißen, Sie haben diese Monster in unsere Welt gelockt, um Ihre zu retten?“, fragte Hawkeye, der auf einer Couch im Wohnzimmer des zerstörten Stark-Towers saß.

Ein kühler Wind wehte durch die kaputten Fenster, doch niemanden störte das wirklich.

Fury saß auf einem Sessel und hatte Loki fest im Blick seines verbliebenen Auges und auch Natasha Romanov ließ ihn nicht aus den Augen.

Steve Rogers stand hinter dem Sofa, während Bruce neben Clint saß und nicht gerade glücklich wirkte.

Der Einzige, der gelassen wirkte, war Anthony Stark, der es sich auf einem anderen Sessel bequem gemacht hatte.

Er hielt ein Glas mit Alkohol in der Hand und am liebsten hätte ich auch um ein Glas gebeten, doch ich wollte Loki nicht allein lassen.

„Das ist richtig. Ich musste gewährleisten, dass die Chitauri nicht nach Asgard gelangen. Deshalb hab ich sie auf die Erde gesetzt. Der Tesserakt konnte zwar ein Tor in diese Welt öffnen, doch er hätte niemals die Macht, sie nach Asgard zu bringen. Und da ich wusste, dass Thor auf meine, sagen wir „Provokation“ eingehen würde, war ich mir sicher, dass es auch hier keine großen Verluste geben würde.“, erwiderte Loki und warf mir dabei einen Blick aus seinen grünen Augen zu.

Sie waren nun wieder so klar und schön, wie ich sie in Erinnerung hatte und ich musste einfach lächeln.

„Keine großen Verluste?“, fragte allerdings Natasha Romanov scharf und sie sah aus, als wolle sie sich auf Loki stürzen: „Sie haben achtzig Menschen in zwei Tagen getötet und wer weiß wie viele hier in New York und sie nennen das keine großen Verluste.“

Loki´s Blick wanderte zu der rothaarigen Frau und seufzte leise.

„Das waren Kriegsopfer. Gerade Sie sollten das kennen. Die Chitauri wären auch ohne meine Hilfe in den nächsten zwei Jahren auf der Erde eingefallen und hätten weitaus mehr Schaden angerichtet, als unter meiner Führung. Durch mich konzentrierte sich der Angriff auf New York und diese Stadt wurde so konzipiert, dass sie leicht zu verteidigen ist.“

Agentin Romanov setzte schon zu einer Erwiderung an, als Stark sie plötzlich unterbrach. Der brünette Billionär lehnte sich in seinem Sessel nach vorne und sagte: „So ungern ich das auch zugeben, unser Ziegenpeter hat Recht. Ich war ja kurz da oben und was ich da gesehen habe waren hunderte von Kriegsschiffen und alle waren Kampfbereit. Das Portal des Tesserakts war allerdings nur groß genug um eine Handvoll dieser Viecher durchzulassen und New York ist wirklich für einen Angriff konzipiert. Oder warum glauben Sie ist der einzige Park in dieser riesigen Stadt mitten drin?“

Verwirrt starrte die junge Frau ihn an und auch der Captain und Hawkeye schienen nicht zu wissen, was er damit meinte.

Einzig Bruce Banner und Nick Fury sahen wissend zu dem Erfinder hoch.

„Ach kommt schon!“, rief Tony und verdrehte spöttisch seine Augen: „Das weiß doch jeder. Andrew Jackson Downing, der Landschaftsgestalter des Central Parks, hatte um 1848 die Idee für diesen Park. Aber nicht aus heiterem Himmel. Er wurde mit der Gestaltung beauftragt, um einen Punkt in der Stadt zu haben, an dem genug Platz für Evakuierungs- und Bergungsfahrzeuge war und von dem aus man jeden Teil der Stadt schnell errechen konnte. Ein Park war zu der Zeit die perfekte Illusion für so einen Stützpunkt.“

Verblüfft starrten Natasha, Clint und Steve zu den anderen, die nur bestätigend nickten und grummelnd verschränkte die Rothaarige die Arme vor der Brust.
 

Nachdem Tony ihr also so den Wind aus den Segeln genommen hatte, konnten wir unsere Erklärungen fortsetzen, bis wir allen erzählt hatten.

Danach herrschte Schweigen.

Alle schienen über das Gehörte nachzudenken und ich wusste, dass es von ihrer Entscheidung abhing, ob Loki und ich friedlich gehen könnten, oder ob es erneut zu Gewalttaten kommen musste.

„Was habt ihr jetzt vor?“, fragte in dem Moment Bruce und ich sah den Doktor an. Er war immer noch ein bisschen blass, da er sich erst vor Kurzem zurück verwandelt hatte, doch sein Blick war scharf und ich wusste, dass er objektiv abstimmen würde, weshalb ich sagte: „Wir werden nach Asgard zurückkehren. Odin erwartet uns. Dort wird Loki ein weiteres Mal befragt werden und der Allvater wird sein Urteil fällen.“

„Was zu seinen Gunsten ausfallen wird, hab ich Recht?“, fragte Clint spitz und sein ganzer Hass auf Loki leuchtete in seinen Augen.

„Das hoffe ich.“, erwiderte ich ernst: „Loki hat schließlich Asgard gerettet und dafür ein großes Opfer gebracht.“

Ich wusste, dass dem Bogenschützen meine Antwort nicht gefiel, doch er biss sich auf die Zunge und schwieg.

„Und wie willst du das Schneeflöckchen hier raus bringen?“, fragte Tony und ich lächelte.

Auch Loki´s Lippen verzogen sich zu einem gewieften Lächeln und er antwortete auf die Frage des Billionärs: „Mit Hilfe der Öffentlichkeit. Ihr werdet mich an einen Platz bringen, wo viele Menschen sind, natürlich gefesselt und geknebelt und von dort wird Thor mich nach Asgard bringen. So verschwinde ich als Gefangener von der Erde und die Sterblichen können wieder ruhig schlafen. Thor hat auch das passende Werkzeug dabei.“

Widerwillig zog ich die eisernen Handschellen und die Mundfessel heraus und hielt sie meinen Verbündeten hin.

Interessiert betrachteten sie die Geräte, bis sie sich mit dem Plan einverstanden erklärten.
 

Den Rest des Tages verbrachten wir mit Vorbereitungen, sodass wir am nächsten Tag an einem öffentlichen Platz erschienen und die Presse bereits vor Ort war.

Die Fotografen, wie Tony sie nannte, hatten sich schlampig hinter einigen Sträuchern versteckt und konnten zusehen, wie ich meinen „Bruder“ zu der Abreisestelle führte.

Er war in Magie bindendem Eisen gefangen und hatte die Mundfessel angelegt, die ich ihm am liebsten sofort wieder runterreißen wollte.

Es sah einfach falsch aus.

Doch es erfüllte seinen Zweck.

Noch einmal nickte ich meinen Freunden zu, bevor ich Loki das Behältnis mit dem Tesserakt hinhielt, welches er nach einem gespielt finsterem Blick ergriff.

Ruckartig drehte ich den Griff und schon spürte ich den Sog, der uns erfasste, sodass wir nur Sekunden später von der Erde verschwunden waren.

Heimat

Loki´s POV:
 

Schon das Reisen mit dem Bifröst hatte ich immer gehasst.

Es war, als würde man durch einen engen Schlauch gezogen werden, in einer Geschwindigkeit, bei der die Sterblichen buchstäblich zerreißen würden und wenn man ankam, hatte man das Gefühl, als müsste man sich übergeben.

Doch mit dem Tesserakt zu reisen, war fast noch schlimmer.

Ich spürte wie sich meine Moleküle auflösten und umhergewirbelt wurden in einer Supernova aus Farben.

Meinen Körper konnte ich weder bewegen, noch spüren und als wir ankamen war es, als würde ich neu zusammen gesetzt werden.

Es war das Schrecklichste, was ich je getan hatte und ich hoffte, dass ich niemals wieder so reise musste.
 

Wir landeten nicht auf der Regenbogenbrücke, wie ich es erwartet hatte, sonder mitten im Palastgarten. Vollkommen allein.

Die asgardische Sonne brannte von einem wolkenlosen Himmel, die Blumen standen in voller Blüte und jede Zelle in meinem Körper schien sich zu entspannen.

Heimat, in seiner vollendeten Form.

Immer noch hielt ich den kühlen Griff des Behälters, in dem der Tesserakt träge leuchtete und auch die Mundfessel machte es mir noch immer unmöglich auch nur ein Wort herauszubringen, auch wenn ich ohnehin nicht gewusst hätte, was ich sagen sollte.

Ich spürte, wie Thor sich bewegte und seinen Griff losließ, um auf mich zuzutreten und mit der rechten Hand in meinen Nacken zu greifen.

Mit gezielten Bewegungen öffnete er den magischen Knebel und sofort löste sich das Metall, welches meine Zunge fast schmerzhaft nach unten presste.

Vorsichtig zog er es mir aus dem Mund und sah mich entschuldigend an.

„Verzeih mir, Loki.“, sagte er und ich wusste, dass er diese Behandlung meinte.

Doch ich konnte ihm nicht böse sein, schließlich war es meine Idee gewesen, den Menschen etwas vorzuspielen, um mich sicher nach Asgard zu transportieren.

Satt einer Antwort umfasste ich sein Gesicht mit meinen Händen und zog es zu mir, um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen, den er sofort erwiderte.

Mein Herz raste, als er meiner Hüften umfasste und mich näher an sich zog und somit auch den Kuss intensivierte.

Ich wusste, dass es sein könnte, dass ich ihn heute für lange Zeit zum letzten Mal sah und eine unbeschreibliche Angst machte sich in mir breit und jeder Fehler, jedes Leben, welches in genommen hatte, erschien mir klar und deutlich vor Augen.

Keuchend löste ich den Kuss, als ich die brennende Stadt vor meinem inneren Auge sah und spürte wie Thor´s Blut mir über die Hand rann, als ich ihm meinen Dolch in die Seite bohrte.

Heiße Tränen flossen über meine Wangen, doch dann spürte ich, wie ich an eine starke Brust gezogen wurde.

Thor´s Arme umfassten mich fest und er murmelte beruhigende Worte.

Er hielt mich so lange, bis ich meine Fassung wiedererlangt hatte, bevor er sich von mir löste und mir tief in die Augen sah.

„Es wird alles wieder gut werden, Loki. Das verspreche ich dir. Ich werde dich nicht allein lassen!“

Und mit diesen Worten hielt er mir seine Hand hin, die ich nach kurzem Zögern ergriff, bereit aller Welt zu zeigen, dass ich nun mehr, als Thor´s Bruder war.
 

Wir betraten den Palast durch einen Seiteneingang und sofort wurden wir von Wachen aufgehalten.

Thor hielt die ganze Zeit meine Hand fest, während er mit dem Anführer redete und ich spürte, wie sein Daumen sanfte Kreise über meinen Handrücken zeichnete.

Als die Wächter endlich zur Seite traten, warfen sie mir misstrauische Blicke zu und ich versuchte die Nervosität herunterzuschlucken, während ich mich von Thor führen ließ.

Ohne den Blonden an meiner Seite, wäre ich vermutlich noch am Eingang umgekehrt und hätte mich irgendwo auf Midgard niedergelassen, doch Thor´s Anwesenheit gab mir den Mut, den ich brauchte, um einen Fuß vor den anderen zu setzen.
 

Unser Weg endete an den goldenen Flügeltüren des Thronsaales und wieder wurden wir von Wachen aufgehalten.

Während einer der Soldaten in den Saal eilte, um unsere Ankunft zu verkünden, setzte ich mein bestes Pokerface auf.

Nach außen gelassen betrachtete ich die hohen Türflügel, welche ich schon so oft betrachtet hatte und wieder einmal beeindruckten mich die filigranen Schnitzereien in dem glänzenden Metall.

Es zeigte Szenen aus der Entstehung Asgards.

Der Bau des Palastes durch den Eisriesen und sein Pferd, Kriegsszenen aus der Zeit des Kampfes gegen Jotunheim und alles so detailliert, dass man glauben konnte, die Figuren würden sich bewegen.

Schon immer hatte ich diese Türen geliebt, doch nun schien das Gold düster und bedrohlich und die Schnitzereien kalt und leblos.

Eiskalte Panik machte sich in meiner Kehle breit und erst Thor´s schmerzerfülltes Keuchen riss mich aus meinen düsteren Gedanken.

Als ich nach unten blickte, sah ich, dass meine Linke, welche Thor´s rechte Hand umklammerte, blau angelaufen war und sich langsam Reif auf der gebräunten Haut des Blonden breit machte.

Schnell atmete ich tief durch und brachte so meine Gefühle wieder unter Kontrolle.

Blasse, weiße Haut verdrängte das tiefe Blau und als ich mich umsah, stellte ich erleichtert fest, dass die Wachen meinen kleinen Ausbruch scheinbar nicht bemerkt hatte.

Das Wissen um meine wahre Herkunft wollte ich so lange wie möglich, für mich behalten.
 

Plötzlich öffneten sich die Türen und der Soldat trat wieder zu uns.

„Der Allvater wird euch jetzt empfangen, doch seine Berater und mehrere Wachen werden an seiner Seite bleiben.“

Diese letzte Worte richtete er direkt an mich und ich spürte eher, als das ich es sah, wie Thor sich anspannte, vermutlich um die Wache zu rügen, doch ich drückte seine Hand, bevor er auch nur ein Wort sagen konnte.

Ich hatte schon mehr als genug Ärger und konnte es mir nicht leisten, auch noch einen Wächter auf mein Gewissen zu laden, der nur seine Pflicht tat.

Thor schien mein Zeichen verstanden zu haben, denn er hielt den Mund, doch sein Blick war so kalt, wie es meine Haut niemals sein könnte.

Mit festen Schritten führte er mich in den Thronsaal und ich sah schon von Weitem die missmutigen Blicke der Berater Odin´s.

Schon immer waren diese gegen mich gewesen und meine Taten der letzten paar Monate hatte sie nur noch bestärkt in ihrem Hass gegen mich.
 

Doch es waren nicht nur Odin, dessen Berater und die Wachen anwesen, wie der Wächter es gesagt hatte, sondern auch Frigga saß an der Seite des Allvaters und als ich die hoch aufgerichtete Gestalt meiner Adoptivmutter sah, wurde mir mein Herz schwer.

Wie enttäuscht musste sie von mir sein, nachdem ich so viele Leben genommen und so viel Chaos angerichtet hatte.

Ich schaffte es nicht einmal, ihr in die Augen zu sehen, bis ich ein unterdrücktes Schluchzen hörte.

Verwirrt hob ich den Kopf und sah erschrocken, wie Frigga Tränen über die bleichen Wangen liefen.

Und erst jetzt fiel mir auf, wie erschöpft sie aussah.

Ihre Augen wiesen dunkle Schatten auf und ihr Gesicht war blass und eingefallen.

Sorgenfalten hatten sich in ihre Stirn eingegraben und ihre Augen glänzten.

„Loki!“, murmelte sie, bevor sie von ihrem Thron aufsprang und auf mich zustürzte.

Mit einer Kraft, die ich ihrem schmalen Körper kaum zugetraut hätte, riss sie mich in ihre Arme und begann hemmungslos zu weinen.
 

Ein wenig überfordert hielt ich sie in meinen Armen und sah fragend zu Thor, der traurig lächelte.

Es dauerte lange, bis Frigga sich wieder beruhigt hatte und sich von mir löste.

Ihre blauen Augen sahen prüfend in mein Gesicht und schienen es nach Anzeichen für Verletzungen abzusuchen, wie sie es schon so oft nach einer Schlacht getan hatte.

Ihre Sorge verwirrte mich mehr, als ich zugeben wollte, denn ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie sich scheinbar freute, mich wiederzusehen.

„Du dummer Junge.“, sagte sie plötzlich: „Du dummer, dummer Junge! Wie konntest du nur glauben, wir würden dich verstoßen oder nicht akzeptieren, so wie du bist. Wie konntest-“

„Frigga!“, unterbrach Odin seine Frau.

Der Allvater hatte sich mittlerweile auch von seinem Thron erhoben und legte der blonden Frau die Hände auf die Schultern.

„Du überforderst ihn doch völlig, siehst du das nicht.“

Seine Worte schienen Frigga wieder zu sich kommen zu lassen und seufzend stellte sie sich neben Odin, welcher den Blick auf Thor´s und meine immer noch ineinander verschlungenen Hände betrachtet und mir dann einen anerkennenden Blick zuwarf, der mich fast noch mehr schockierte, als Frigga´s Tränen.

Er machte einen Schritt auf mich zu und ich musste meine ganze Willenskraft aufnehmen, um nicht zurück zu weichen.

Dann stand der Allvater direkt vor mir und mir ging schon jedes Szenario durch den Kopf.

Ich sah mich von seinem Speer durchbohrt, in Ketten gelegt, oder auch niedergeschlagen auf dem Boden liegend, doch nichts dergleichen geschah.

Stattdessen streckte Odin die Arme aus und zog mich an sich.

Völlig entgeistert konnte ich einen Moment gar nichts tun.

Ich war erstarrt! Erstarrt in den Armen des Mannes, der mich das letzte Mal zu meinem dreizehnten Geburtstag umarmt hatte.

Doch dann drangen alle Gefühle zu mir durch, die ich versucht hatte, hinter meiner Maske zu verbergen.

Angst, Erleichterung, Unbehagen und Wiedersehensfreude ließen meinen Körper zittern, bis ich nicht mehr konnte und mein Gesicht an Odin´s Schulter verbarg, während meine Hände sich in seinen Umhang krallten.

Und ich spürte wieder die Tränen, die über meine Wangen liefen.

„Jetzt ist alles wieder gut, mein Sohn. Du bist zu Hause!“

Und er hatte Recht!

Ich war zu Hause, denn Thor´s Hand lag warm und sicher in meiner und ich wusste, dass meine Welt endlich nicht mehr in den Schatten lag, sonder von Licht überflutet wurde.
 

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Ende!!!
 

OH MEIN GOTT!! Ich habe es wirklich geschafft.

Nach einem halben Jahr ist diese Geschichte beendet und ich habe so eine tolle Zeit mit euch Lesern verbracht!

Jedes einzelne Review, jeder Leser und jeder Favoriteneintrag hat mich bestärkt in meinem Weg und ich danke euch allen!
 

Vielen Dank an euch alle!!
 

LG (zum letzte Mal) Kajia



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Kommentare zu dieser Fanfic (82)
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Von:  HikariHodako
2016-12-21T23:30:17+00:00 22.12.2016 00:30
Eine schöne ff, ich habe sie in einem Ruck durchgelesen:) besonders die Kindheit der beiden fand ich super schön beschrieben <3
Und Tony und der cap haben mich zum lachen gebracht ;)
Von:  -wolfsmoon-
2015-07-01T14:05:33+00:00 01.07.2015 16:05
Wow. Ich muss zugeben, ich habe mich immer gegen dieses Pairing gewehrt, denn diese Bruderliebe fand ich immer viel zu schön, um sie durch etwas romantisches ersetzen zu wollen, aber deine Geschichte hat mich so gefesselt, dass ich sie trotzdem durchlesen musste :D Du hast da so viele schöne Ideen eingebaut und die Filme perfekt mit integriert. Sehr gefühlvoll, sehr spannend... einfach super ;)
Von:  MissB-fly
2013-12-21T11:12:45+00:00 21.12.2013 12:12
Ich hab die FF durch zufallen bei einer Freundin in ihrer Favo liste gefunden und mir spontan auf mein e-reader gezogen und was soll ich sagen..?
Ich habe sie verschlungen!
Undglaublich wie das auch alles zu den Filmen gepasst hat *3*
Ganz ehrlich ich war, nein bin hin und weg!
Von:  Gabriel_Macht
2013-11-17T12:56:19+00:00 17.11.2013 13:56
Die fanfic ist soooo geil geschrieben und ich bedaure es, dass sie beendet ist, ich könnte immer und immer weiter lesen, was soll ich denn nun ohne tun? xD
Antwort von:  Kajia
25.11.2013 22:55
Vielen Dank erst Mal. Und dann könntest du meine anderen FFs lesen. ^^ Nur als Vorschlag. XD
Von:  Kirida
2013-10-14T21:44:16+00:00 14.10.2013 23:44
Wow wirklich eine sehr interessant Geschichte und das auf deutsch! ^^
Echt cool so was hier auf Mexx zu finden und dann auch noch so lang!
Macht richtig Spaß zu lesen und man merkt welche Mühe du in den Story-
aufbau steckst. Von dere Kindheit an bis zu Lokis Fall ist vieles wirklich
sehr ausführlich geschildert mit zahlreichen schönen Szenen. Ich liebe
besonders die Stellen wo Lokis Schönheit beschrieben wird, denn genauso
habe ich mir das immer vorgestelllt für seine Vergangenheit, mit der Aus-
nahme das Thor ihn bei dir begehrt, während bei Marvel ihn wohl alle wegen
seiner femininen Schönheit gehänselt und gemieden haben. Andererseits,
wie z.B. bei dir und Odins Gedanken zu Jagdausflügen angedeutet, auch aus
unterdrückten Begierden und einfach die Angst vor dem Fremden, weil man
es nicht versteht. ;0;

Ich mag besonders die Beziehung der Brüder und ihre kleinen Konflikte und
Versöhnungen als sie noch Kinder sind. Die Kapitel wo sie zum fremden König
sind fand ich besonders spannend. Und auch die Art und Weise, wie du das
Band der beiden zueinander beschreibst und entwickelst gefällt mir sehr gut.
Nicht einfach sofort hopla die hop von Bruderliebe hin zur mehr, aber auch nicht
dieses von Anfang an aufeinanderstehen (das macht in zu jungem Alter nämlich
wirklich keinen Sinn, eine Entwicklung muss schließlich irgendwi da sein). Man
kann als Leser richtig gut nachvollziehen, wie die Figuren fühlen bzw. daraus
dann entsprechend handeln, wobei natürlich deine dopplete Ich-Perspektive sehr
hilft. Gute stilistische Idee, aber auch sehr arbeitsaufwändig. Ich mag auch den
Aspekt sehr gerne, dass Loki sich so zurücknimmt wegen der falschen Mythen
der Menschen und Thor sozusagen das „Privileg“ genießt ihn zu bekommen.

Einzig der Übergang zwischen Kindheit und Jugend hin zu Erwachsen bzw. Film-
anfang ist mein einziger Kritikpunkt. Du gibst dir so eine Mühe und schilderst so
ausführlich verschiedenste Emotionsstationen der beiden, da wäre ein Kapitel im
Detail wie sich die beiden (besonders Thor) zum Negativeren entwickeln (der eine
noch verschlossener und mit übleren Streichen, der andere absolut arrogant und starrsinnning) und Odins Ignoranz vielleicht doch ganz angebracht gewesen. Was
dir wieder richig gut gelungen ist, ist die verkürzte Wiedergabe des Filmgeschehens
sind Kombination mit deinem Plot. Das hatte ich mir was Sorgen gemacht, dass es
zu viel reine Nacherzählung wird und mit deiner inidivudellen Story nicht harmoniert.
Aber von wegen. Gut gemacht!!! ^0^~

Nur der Aspekt warum Loki nacher abgedriftet ist, Thor den Destroyer geschickt hat,
hätte noch ausführlicher behandelt werden können bzw. im Verhältnis zu dem erlebten
in Kombination mit der Folterung der Chitauri ist er mir bei der Reunion mit Thor
etwas zu fiedel. Das Kapitel mit Thor in Gegenfangenschaft und wie Loki ihn besucht
finde ich hingegen unglaublich stark und ausdrucksvoll. Auch die Randstory mit Tony
war eine schöne Erweiterung.
Du kannst echt toll Geschichten erzählen und gibst dir in der Länge so eine Mühe echt unglaublich! Macht richtig Spaß deine FF zu lesen. Bitte mehr! Du hast ein Händchen für die beiden ^0^

Antwort von:  Kajia
19.10.2013 18:44
Ich danke dir für diesen unglaublich tollen und ausführlichen Kommentar. ^^
Es freut mich, dass dir die Geschichte so gute gefallen hat.

Ich kenne die Problematik, bei Animexx gute FFs zu finden, da die meisten Autoren relativ jung sind. Daher lese ich auch häufig bei fanfiktion.de.
Und es macht immer wieder Spaß die Kommentare hier zu lesen.

Ich bin auch sehr froh, dass dir meine Geschichte und mein Schreibstil gefallen haben.
Es war meine erste Geschichte, die ich veröffentlicht habe und auch die erste, die ich beenden konnte, da ich sonst immer sehr schnell das Interesse verliere.
Daher merkt man meinen Kapiteln noch die leichte Unsicherheit und Aufregung an.

Manchmal vergesse ich darüber auch meine eigenen Gedankengänge, was zu Sprüngen in der Handlung führt. Ich versuche diese Sprünge in meinen anderen Geschichten zu vermeiden.

Allerdings freue ich mich riesig, dass dir Thor´s und Loki´s Darstellung gefallen.
Ich wusste manchmal nicht, ob ich die Beiden gut getroffen habe.
Wenn dich die Geschichten um die Beiden sehr interessiert kann ich auch meine zweite und dritte FF (Moments und Thunder, Steel and Ice) sehr empfehlen. (Ich weiß, Eigenwerbung stinkt ^^)

Danke nochmal für deinen lieben Kommentar und viel Glück weiterhin auf der Suche nach neuen Geschichten.

LG Kajia
Von:  BloodyAugust
2013-09-30T19:05:25+00:00 30.09.2013 21:05
Ich bin ja momentan wieder auf dem Loki und Thor Trip und mir hat diese FF sehr gefallen. Vom Screibstil her, wirklich sehr schön zu lesen. Auch wenn gewisse Handlungsstränge sehr sprunghaft wieder vorbei waren, da hätte man durchaus mehr rausholen können ;-)
Antwort von:  Kajia
10.10.2013 23:38
Vielen Dank. Es freut mich, dass es dir gefallen hat. Und ich weiß leider nur zu gut was du meinst. Ein ziemlich blödes Problem bei mir. Mir fallen einfach zu viele Sachen auf einmal ein und dann vergesse ich den Handlungsstrang, den ich gerade bearbeite. Aber ich versuche mich zu bessern. ^^

LG
Antwort von:  BloodyAugust
11.10.2013 05:19
Ja das kenn ich, manchmal notiert man sich seine Gedanken auch nicht und wenn man dazu kommt das betreffende Kapitel zu schreiben, hat man es vergessen. Zumindest geht es mir so. ^^
Von:  rea_seraph
2013-08-26T20:07:39+00:00 26.08.2013 22:07
Hi Kajia,
ich kann nur sagen: ich liebe happy ends! Und Deine Story gefiel mir vom ersten Kappi an einfach nur supergut! Du hast einen tollen Schreibstil und schön ausformulierte Charas. Loki ist einfach hinreißend und auch Thor kommt langsam aber sicher in Spur. Toll, dass Du alles so fließend mit der tatsächlichen Story verwoben hast... bin jetzt ein noch größerer Thor Fan! <3
Du bist der Hammer! --(--@
glg, Rea
Antwort von:  Kajia
26.08.2013 22:15
Vielen lieben Dank. Es freut mich sehr, dass dir die Story so gut gefallen hat. Es ist immer schön, wenn man Menschen noch mehr für etwas begeistern kann. ^^

LG
Von: abgemeldet
2013-08-17T10:22:00+00:00 17.08.2013 12:22
Hach, irgendwie hatte ich ja die Hoffnung, dass dieser Ekeltyp versucht, Loki zu verknuspern :3
Komm ich doch nicht auf meine Kosten xD
Ja und ich muss mal wieder ne Zwischenmeldung geben - ich bin echt richtig begeistert vn deiner FF; deshalb kommt so wenig von mir xD

Ich wollte nur nochmal was anmerken: Nach Wallhalla kommt ein Krieger nur dann, wenn er im Kampf stirbt, nicht wenn er eines "gewöhnlichen" Todes stirbt. Dann verwechselst du manchmal Euch/Ihr und Sie, das liest sich etwas seltsam.
Das wars auch schon.

glg
Von: abgemeldet
2013-08-17T10:21:56+00:00 17.08.2013 12:21
Hach, irgendwie hatte ich ja die Hoffnung, dass dieser Ekeltyp versucht, Loki zu verknuspern :3
Komm ich doch nicht auf meine Kosten xD
Ja und ich muss mal wieder ne Zwischenmeldung geben - ich bin echt richtig begeistert vn deiner FF; deshalb kommt so wenig von mir xD

Ich wollte nur nochmal was anmerken: Nach Wallhalla kommt ein Krieger nur dann, wenn er im Kampf stirbt, nicht wenn er eines "gewöhnlichen" Todes stirbt. Dann verwechselst du manchmal Euch/Ihr und Sie, das liest sich etwas seltsam.
Das wars auch schon.

glg
Von: abgemeldet
2013-08-17T00:19:51+00:00 17.08.2013 02:19
Bisher find ich deine FF echt süß - vom Ausdruck her beinahe besser, als deine andere FF, die ich streckenweise doch als etwas holprig empfand =/
Ich bin schon gespannt, wie es weitergeht.

Ich möchte nur etwas anmerken und das auch nur, weil bei mir jedesmal, wenn ich es lese, eine Ader an der Schläfe anfängt zu pochen: In Deutschland nennt man es den sogenannten Deppen-Apostroph:
Thor's, Loki's usw. Das ist grammatikaltisch nicht korrekt. In Deutschland benutzen wir das so gut wie gar nicht und ich fänds gut, wenn du deine FFs diesbezüglich mal überarbeiten könntest, da es beim Lesen echt wehtut DX (mir zumindest 8D)
Auch schreibt man nach einer wörtlichen Rede keinen Punkt, wenn es mit einem Komma und sagte, fragte etc. weitergeht.
Das lag mir echt auf dem Herzen. Jetzt werd ich erstmal weiterlesen. Sei bitte nicht sauer, wenn nicht nach jedem Kapitel ein Kommentar von mir kommt, es ist spät und ich will grad nur das wache Fangirl in mir befriedigen, ehe ich schlafen kann :'D
Aber vielleicht hole ich das ein andermal noch nach.

LG
Antwort von:  Kajia
18.08.2013 23:12
Hey vielen Dank erstmal, dass du überhaupt einen Kommentar da lässt. Die meisten Leser auf dieser Seite sind Schwarzleser, was wirklich sehr schade ist. Und ich freue mich, dass es dir gefällt.

Allerdings muss ich zu deinem "Deppen-Apostroph" etwas sagen. Ich weiß, dass es in Deutschland unüblich ist, die Namen so zu verunstalten, aber leider kann ich es nicht leiden, wenn man die Namen wirklich Lokis, Thors oder so schreibt. Klingt als würde ich in der Mehrzahl schreiben. Ich hoffe daher, dass du trotzdem weiterlesen und die Story genießen kannst, auch wenn ich mich grammatikalisch aus dem Fenster lehne. Was den Punkt nach der wörtlichen Rede angeht, dann ist das wirklich ein Flüchtigkeitsfehler und garantiert nicht beabsichtigt. Die Story ist nämlich nicht Beta gelesen und daher manchmal ein wenig fehlerhaft.
Ich hoffe, dir gefällt die Story trotzdem weiterhin.

LG
Antwort von: abgemeldet
19.08.2013 17:53
Nunja, es spielt aber leider keine Rolle, ob du das leiden kannst oder nicht - Es ist einfach nicht korrekt. Selbst wenn es das wäre müsstest du das Apostroph verwenden: Loki's und nicht das Thor´s <- das hat in der deutschen Grammatik keinerlei Verwendung und bis auf dessen Vorhandensein auf der PC Tastatur habe ich es noch nie irgendwo gesehen.
Ich mein es echt nicht böse, aber ich denke, du solltest dich da langsam mal umgewöhnen (ist vielleicht wirklich nur ne Gewöhnungssache - vielleicht findest du es mit der Zeit ja gar nicht mehr so schlimm). Grammatik ist nicht dazu da, dass man sich aussucht, wie man was schreibt, sondern dass man sich daran hält. Ich kann dich natürlich nicht dazu zwingen, es ist immerhin deine FF, aber mir fällt es als Leser und großer Freund von korrekter Rechtschreibung sehr schwer über sowas hinwegzusehen. Wäre ich nicht so dermaßen von dem Pairing geflasht und wäre die Auswahl an FFs dazu nicht so sehr begrenzt wäre das sogar fast ein Ausschlusskriterium die FF weiterzulesen. (und ja, ich finde diesen Apostrophen tatsächlich dermaßen störend DX)

Den Punkt nach der wrtl. Rede habe ich aber um ehrlich zu sein ziemlich oft gefunden - vielleicht überarbeitest du deine Kapitel nochmal, im Eifer des Gefechts übersieht man sowas ja öfter mal =)

Inzwischen hab ich die FF auch fertig - ich werde mir auch nochmal in Ruhe Zeit nehmen um zu dem ein oder anderen Kapitel einen ausführlichen Kommentar zu schreiben, momentan bin ich nur unglaublich faul xD

LG


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