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The one that got away

von

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Prolog

Es war eine angenehme Nacht in der karibischen Hafenstadt Port Royal. Die Sonne war schon lange hinter dem Horizont verschwunden und ein angenehm kühler Wind wehte durch die Straßen.

Die Geschäfte waren längst geschlossen und nur aus wenigen Schenken drang noch laute Musik, begleitet von den lauten Stimmen einiger Männer.
 

Doch nicht alle Männer in diesen Schenken waren laut. Betrunken, das mit Sicherheit, aber nicht laut.

Jack Sparrow – Captain! – war einer der Männer, der eine dieser Gaststädten zu jener Stunde verließ. Er hatte seiner Crew einen kurzen Aufenthalt gegönnt und es sich nicht nehmen lassen, einige Becher Rum mit ihnen zu trinken.
 

Zumindest so lange, bis ihm jemand aufgefallen war. Einige Männer hatten getuschelt und er war sich sicher gewesen den Titel ‚Commodore‘ gehört zu haben. Und aus Reflex, aus Gewohnheit, oder was auch immer es gewesen war, hatte er begonnen, das Gasthaus mit den Augen abzusuchen. Gehetzt, beinahe panisch und doch fürchterlich interessiert. Sein Hut war dabei tief in sein Gesicht gezogen und er hoffte, dass besagter Mann ihn nicht sehen und verhaften würde.
 

Seine Absichten in Port Royal waren dabei deutlich ehrenhafter als bei den letzten Malen. Er hatte nicht vorgehabt, irgendwelche Unruhen zu veranstalten oder gar ein Schiff zu kapern – nichts dergleichen. Er hatte Will und Elizabeth, das frisch verlobte Paar, besuchen wollen. Stimmen hatten ihm zugetragen, dass der Schmied sich endlich getraut hatte, seine Angebetete zu fragen und wer wäre er, wenn er nicht gratulieren würde?
 

Doch seine Aufmerksamkeit lag in diesem Moment nicht mehr bei seinen beiden Freunden. Diese waren vergessen, als er am anderen Ende der Schenke die leicht schwankende Figur des Commodores entdeckte. Norrington.

Seine Augen verengten sich kurz, folgten jedem Schritt des deutlich größeren Mannes, ehe dieser die Kaschemme bereits allein – seit wann war er so unvorsichtig? – verließ.
 

Jack entschuldigte sich amüsiert bei seiner Crew, teilte ihr mit, dass er noch etwas zu erledigen hatte, ehe er sich eiligst erhob und Norrington folgte.

Jener torkelte ein wenig, als er die Straße entlang ging und Jack schaffte es geschickt, sich immer wieder hinter Hauswänden zu verstecken und dennoch nicht den Anschluss zu verlieren.

Warum er ausgerechnet James Norrington nachts durch die Straßen folgte?

Nun, es gab viele Piraten, die James ‚den schnellen Tod‘ Norrington auf ihrer Abschussliste hatten. Und er wollte es nicht riskieren, seinen einzigen, wahren Herausforderer nachts betrunken als Opfer eines Anschlags zu sehen.
 

Plötzlich fuhr Norrington herum und Jack presste sich gegen die nächste Wand, wobei er den Atem anhielt – etwas, das völlig unnötig war. Es war ausgeschlossen, dass Norrington ihn auf diese Entfernung atmen hören konnte.

Und tatsächlich, auch wenn Jack die aufmerksamen Augen sah, die die Straße absuchten, fuhr der Commodore bald wieder herum und setzte seinen Weg fort. Und so folgte auch der Pirat weiter, leise, bedächtig und unauffällig.
 

Doch bereits nach wenigen Schritten drehte sich der Commodore erneut herum. Jack tat es wie zuvor und presste sich an eine Hauswand, stocksteif und so still, wie ihn selten jemand zu Gesicht bekam. Es fiel ihm normalerweise schwer, seine Hände auch nur wenige Sekunden still zu halten, aber nun, wo es wichtig war, konnte auch er sich zur Ruhe zwingen.
 

„Ich weiß, dass ihr es seid, Sparrow“, sprach der Commodore laut, wobei seine Stimme deutlich von Alkohol belegt war. Ein Grinsen schlich sich daraufhin auf Jackes Züge, doch er gab keinen Laut von sich.

Er konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie Norrington sich den Rücken seiner Nase rieb. Offensichtlich hatte er nicht so viel Spaß an ihrem kleinen Spielchen, wie Jack es hatte, was diesen beinahe ein wenig reumütig stimmte – aber nur beinahe.

„Ich werde euch nicht verhaften, wenn ihr einfach wieder in der nächsten Schenke verschwindet“, seufzte der Commodore, ehe er sich wieder abwandte.
 

Seine folgenden Schritte waren schneller, doch nicht weniger schwankend. Auch Jack wurde schneller.

Und dieses Mal fuhr der Commodore zu schnell herum, sodass sich beide gegenüber standen. Jack biss sich daraufhin einmal auf den Fingernagel und blickte den Größeren an.

„Sparrow, dort vorne ist mein Haus. Lasst ihr mich in Ruhe, wenn ich euch meinen besten Rum gebe?“, fragte der Commodore.
 

Auf Jacks Zügen breitete sich nun ein Grinsen aus. Das klang doch deutlich besser, als einfach umzukehren. Außerdem schien es wie eine nützliche Information, zu wissen, wo Norrington wohnte. Welcher Pirat konnte schon von sich sagen, dass er den Wohnort des ‚schnellen Todes‘ kannte?

Vermutlich keiner, außer ihm.

Ein Privileg, so winzig es war, dass dem Piraten ein noch breiteres Grinsen entlockte.

„Abgemacht, Commodore~“, summte der Pirat.
 

Genervt verdrehte Norrington die Augen – Jack konnte es genau sehen – ehe sie den Weg weiter fortsetzten.

„Müsst ihr so nah bei mir laufen, Sparrow? Ich habe einen Ruf zu verlieren“, tadelte der Offizier, was dem Piraten ein amüsiertes Glucksen entlockte.

Natürlich hatte Norrington das, was Jack auch dazu brachte, sich ein paar Schritte zurück fallen zu lassen, wobei sie nach wenigen Minuten des Schweigens bereits an der Tür des Commodores ankamen.
 

Jener öffnete sie, wobei er sich mit einem drohenden Blick – welcher dank des Alkohols scheiterte – noch einmal zu Jack wandte.

Der Pirat war in dem Moment fasziniert von den Blautönen in Norrigtons Augen und der Uniform. Er sah sie, sah die Perücke und wandte den Blick kurz ab, um sich zu fangen.

Er hatte etwas übrig für blaue Augen, weiße Perücken und Uniformen.

„Stellt nichts Dummes an, während ich-“, begann James, doch Jack hatte sich bereits gefangen, gelöst von den Gedanken und ignorierte die Worte völlig.

„Es ist überaus freundlich, dass ihr mich einladet, Commodore~“, säuselte der Pirat, ehe er sich bereits an James vorbei in die Wohnung schob.

Das erste, was Jack in der Wohnung auffiel, war, wie ordentlich sie war. Nicht, dass er in der Dunkelheit viel sah.

Er folgte James, welcher resigniert vorgegangen war, in ein Zimmer, wo dieser einen Kamin entzündete.

Jack ließ dabei seine Hände über einige Regale und seine Augen über einige Bücher wandern. Er hatte nicht geglaubt, dass Norrington so viele Sachen besaß.

Kleine Antiquitäten aus unterschiedlichen Ländern, wie es aussah. Und so fürchterlich viele Bücher.
 

„Ich hole euch den Rum, dann verschwindet ihr“, verkündete James, wobei er nur halbherzig von Jack wahrgenommen wurde.

Als jener dann alleine war, überlegte er, irgendetwas aus dem Zimmer in seinen Taschen verschwinden zu lassen. Es gab so viele schöne Dinge in den vielen Regalen und so viele Bücher, die sicher spannend für ihn waren.

Doch bevor er die Gelegenheit hatte, kam Norrington zurück.

In seiner Hand, das erkannte Jack sofort, war eine der teuersten Flaschen Rum, die es in Port Royal gab.
 

Der Pirat nahm die Flasche an sich, jedoch machte er keine Anstalten, so bald wieder zu gehen. Wenn James Norringtons Haus eine Festung war, hatte er gerade die höchste Mauer überwunden und den Erfolg würde er auskosten. Alleine, um dem Commodore hinterher unter die Nase zu reiben, dass er in seiner Bleibe gewesen war.

So streifte sich der Pirat bloß seinen Mantel ab und ließ sich auf das weiche Sofa fallen, wo er die Flasche entkorkte und an die Lippen führte.

„Setzt euch, Commodore“, grinste er so breit, dass seine Goldzähne unter dem Licht des Kamins leuchteten.

Er sah, wie James sich erneut den Nasenrücken massierte. Anscheinend haderte er mit sich selbst – ob er nun Alarm auslösen und Wachen rufen sollte oder ob er sich einfach setzte.
 

Anscheinend war der Alkohol ein schlechter Einfluss, denn der ‚schnelle Tod‘ goss sich etwas in ein Glas, was Jack für Brandy hielt und ließ sich dann möglichst weit von diesem auf dem Sofa nieder.

Er trank in Stille sein Glas aus, während auch Jack aus seiner Flasche trank.

Jener achtete fürchterlich auf die Sicherheit in der Situation, auch wenn er sich sicher war, dass von einem betrunkenen Commodore wenig Gefahr ausging.
 

„Ich hätte nicht gedacht, mit euch einmal hier zu sitzen und zu trinken, Sparrow“, gestand der Größere, wobei er den Blick nicht von den Flammen abwandte. Ein weiteres Grinsen seitens des Piraten folgte.

„Ich hätte eher mit dem Galgen gerechnet“, stimmte der Dunkelhaarige zu.
 

Wieder legte sich Stille über sie. James trank noch ein wenig mehr und auch Jack genoss den Rum, welcher zugegebenermaßen besser war, als das meiste, was er auf der Pearl hatte.
 

Doch mit steigendem Alkoholpegel regten sich auch immer mehr die Lebensgeister in dem Piraten. Irgendwann war er dazu übergegangen, James zu beobachten, welcher davon gar nichts mitzubekommen schien.

Irgendwann hob er seine Hand, stockte jedoch.

Er wollte wissen, welche Haare sich unter der Perücke verbargen. Er wollte sehen, ob sie lang und dunkel waren. Er war sich beinahe sicher, aber er hatte nie die Chance gehabt, dies auch mit eigenen Augen zu sehen.

Lange, braune Haare, wie sie zu einem Commodore gehören.
 

Nach einigen Augenblicken des Zögerns beugte sich der Pirat vor und zog dem Commodore die Perücke vom Kopf, nur um im nächsten Augenblick die Augenbrauen fest zusammen zu ziehen. Das Haarband hätte er bei langen Haaren erwarten müssen und doch enttäuschte es ihn.
 

James‘ endzürnten Blick bemerkte er dabei kaum, war er doch viel zu vertieft in das, was er tat. Jedoch wusste auch der Pirat, dass es manche Grenzen gab, die ihn, wenn er sie überschritt, an den Galgen führen konnten.

„Was denkt ihr, was ihr da tut, Sparrow?“, wollte Norrington wissen. Doch unpassend zu seinem wütenden Blick war seine Stimme samtig vom Alkohol.

Sofort zog Jack seine Hände zurück und wackelte kurz mit den Fingern, welche er dabei genau ansah.

„Nichts. Gar nichts“, war seine sofortige Antwort, wobei er erneut seinen Fingernagel an seinen Mund führte und kurz darauf biss.
 

Er sah nur aus dem Augenwinkel wie James den Kopf schüttelte. Anscheinend hatte sich dieser bereits damit abgefunden, dass er den ruhigen Abend, den er geplant hatte, vergessen konnte.

Nicht, dass dem Piraten nichts egaler sein konnte.

Jener wollte auch das Schweigen nicht wieder aufkommen lassen – musste aber nichts tun, immerhin war James es, der im nächsten Moment sprach.
 

James blickte ihn an, mit seinen blauen Augen und sein Blick war neutral, beinahe prüfend. Da war nichts Herabwürdigendes.

„Warum schminkt ihr euch wie eine Frau?“, wollte er aus heiterem Himmel wissen.

Im ersten Moment wusste Jack gar nicht, wie ihm geschah. Er konnte für einen Moment nur starren, ehe sich ein Schmunzeln auf seine Züge schlich.

„Das betont die Augen“, erklärte er, wobei er mit seiner Flasche einmal gegen James‘ Glas stieß.

Darauf tranken sie beide.
 

„Und warum flechtet ihr euch Perlen in euer Haar?“, folgte sogleich die nächste Frage.

In dem Moment stellte Jack fest, dass egal, was im Glas des Commodores war – er war sich immer noch sicher, dass es Brandy war – es diesen zu einem deutlich angenehmeren Zeitvertreib machte.

Jack umfasste als Folge der Frage einer der Strähnen seiner Haare und strich über jedes einzelne Teil, das sich darin befand.

„Erinnerungen, Freund. An Menschen, an Dinge, die das alte Herz eines Piraten ein wenig haben weich werden lassen“, seufzte der Pirat beinahe melancholisch.

„Alles hat eine Geschichte“, fügte er dann noch an.
 

So vertieft in die Gedanken an manche der Perlen und die damit verbundenen Erinnerungen versunken merkte er kaum, wie James‘ Hand sich ebenfalls um eine der Strähnen schloss.

„Würdet ihr mir eine erzählen?“, wollte er wissen.

Mittlerweile war sich Jack auch sicher, dass der Alkoholpegel des Commodores über ‚angeheitert‘ hinaus gegangen war.

Aber lange Zeit hatte er nicht mehr das Gefühl gehabt, dass sich jemand so ehrlich und aufrichtig für ihn interessiert hatte.

„Welche möchtet ihr hören, Freund?“, fragte er seinen Gegenüber, als sich ihr Blick wieder traf.
 

Er folgte James‘ Blick mit den Augen, überlegte, welche der vielen klimpernden Gegenstände er sich wohl aussuchen würde, da schlossen sich die Finger des Commodores um einen kleinen Knopf. Einen goldenen Knopf.

„Diese“, erklärte er knapp.

Sofort verengten sich Jacks Augen, welcher den Knopf zwischen seine Finger nahm und kurz drückte.

Er war sich sicher, dass er sein Wort halten sollte, aber er wollte nicht von dieser Erinnerung sprechen. Wollte nicht erklären, was einst gewesen war – alles in Verbindung mit dem kleinen, goldenen Schatz.

„Das ist nichts, was für die Ohren eines Commodores bestimmt ist. Singapur“, erklärte der Pirat schnell und deutlich zu auffällig, aber dem betrunkenen Offizier schien das nicht aufzufallen.
 

James blickte stattdessen wieder konzentriert auf die vielen Andenken. Die nächste, die er wählte, war eine schwarze, gläserne Perle.

Eine Geschichte, die Jack gerne erzählte.

„Am ersten Tag, als ich mein Mädchen bekommen hab, fand ich diese Perle an Deck. Ein Geschenk meiner Pearl an mich. Hab gehört, das passiert nur, wenn das Schiff einen als Captain anerkennt“, erzählte der Pirat zufrieden und mit einem breiten Grinsen.
 

Der Ausdruck auf James‘ Gesicht war daraufhin beinahe unleserlich. Er blickte ihn an und schien zu grübeln.

„Ihr liebt euer Schiff wirklich“, sprach er dann etwas unzusammenhängend, was dem Piraten ein erneutes Glucksen entlockte.

„Meine erste und einzige Liebe, Freund“, stimmte Jack zu.
 

„Liebe“, seufzte der Commodore darauf folgend, wobei er sich einmal durch die Haare fuhr, was das Band aus jenen löste.

Sofort noch etwas interessierter betrachtete Jack die braunen Strähnen. Lockig. Kurz zog er die Augenbrauen zusammen, dann machte er einen Laut, der James dazu animieren sollte, weiter zu sprechen.
 

„Ich dachte einst, ich hätte meine Liebe in Eliz- Miss Swann gefunden und nun heiratet sie den Schmied“, murmelte der Größere vor sich hin, was Jack dazu brachte, James‘ Gesicht mit einer Hand zu sich zu drehen.

„Wenn etwas für euch bestimmt ist, müsst ihr niemals darum betteln, klar soweit?“, gab er zu bedenken.
 

Kurz blickten sie sich einfach nur an und Jack fragte sich, ob er mit der Berührung zu weit gegangen war, dann lachte James plötzlich. Lachte einen Moment, wobei es eher bitter als ehrlich war.

„Was erzähle ich ausgerechnet euch davon? Ihr seid ein Pirat. Ich sollte euch hängen lassen und doch sitze ich hier und trinke Brandy und schütte euch mein Herz aus“, amüsierte er sich über sich selbst.

Brandy, war der einzige Gedanke in Jacks Kopf. Er hatte Recht gehabt.
 

„Manchmal ist das, was man sucht, genau dort, wo man es nicht erwartet. Ein gutes Herz steckt nicht immer unter dem Mieder einer schönen Frau“, schmunzelte der Pirat.
 

Erneut traf sich ihr Blick.

Und ob es der Alkohol war oder die allgemeine Verzweiflung wusste Jack nicht genau, aber im nächsten Moment pressten sich die Lippen des Commodores unnachgiebig auf seine. Sie wirkten unerfahren, tastend und doch so fürchterlich sicher.

Wenn das ein Test war, war Jack durchgefallen, denn im nächsten Moment schloss er seine Augen und erwiderte den Kuss.

‚Commodore‘ war sein Gedanke, gefolgt von dem Gedanken an braune Haare und diese piekfeine Uniform.
 

So schnell, wie der Kuss begonnen hatte, endete er wieder. Gerade, als Jack begonnen hatte, seine Finger über die Uniform des anderen wandern zu lassen, schob James ihn von sich.

„Kommt“, forderte er und Jack glaubte, aus der Wohnung geworfen zu werden. Stattdessen führte James ihn in einen dunklen Raum, der bloß vom Mondlicht erhellt wurde.

Er erkannte eine Kommode und ein Bett und übernahm im nächsten Moment die Kontrolle.
 

Er kam James wieder näher, wobei er seine Hände beinahe tastend auf die Hüfte des anderen legte und ihn etwas näher zog.

„Zeigt es mir“, forderte James im nächsten Moment.

Beinahe verwirrt blickte Jack hinauf in die Augen, die im Mondschein immer noch so fürchterlich blau waren und legte den Kopf etwas schief.

„Zeigt mir, dass es mehr gibt, als Elizabeth“, erläuterte der Commodore.
 

Und Jack war bereit dazu. Mehr als das.

Er brachte ihre Lippen wieder zusammen, auch wenn er sich ein wenig strecken musste und war dieses Mal nicht bloß tastend. Er küsste James verlangend und dirigierte ihn zum Bett, auf welches sie sich beide fallen ließen.

Nicht sicher, wie weit er gehen konnte, begann er langsam damit, die Uniform des anderen zu öffnen und von seinen Schultern zu streichen. Das Hemd, das er darunter trug, folgte bald darauf.
 

Zu Anfang lag James nur da, erwiderte seine Küsse und hatte die Hände in Jackes Hemd gekrallt, doch nach und nach fiel die Zurückhaltung von ihm ab. Er öffnete das Hemd des Piraten.

Ihre beider Hände erkundeten den Oberkörper des anderen während ihre Lippen sich immer wieder trafen. Sie ertasteten Wunden und Narben aus vergangener Zeit, die Fragen in Jack aufwarfen, welche er nicht aussprach.
 

Dafür war ein anderes Mal Zeit, falls das alles nicht nur einmal passieren sollte. Etwas, wo sich der Pirat nicht einmal sicher war. Aber gerade waren all diese Fragen unangemessen.

Das meiste, was er fühlen konnte, war eindeutig. Narben aus Kämpfen mit Piraten wie er einer war.

Er wollte nicht daran denken und doch war es eine Abwechslung zu den Gedanken, die tief in seinem Hinterkopf ihre Kreise drehten.
 

Langsam glitten Jacks Hände tiefer, wobei James eine von ihnen festhielt, als er über dessen Hosenbund strich.

„Nicht“, beschwerte sich James zwischen zwei Küssen, was Jack ein beruhigendes Seufzen entlocke.

„Ich tue nichts, was du nicht willst, Schatz~“, wisperte der Pirat, als er dem anderen langsam die Hose abstreifte.
 

Er wollte nicht zwingend mit ihm schlafen. Er wollte warme Haut an seiner eigenen spüren und er wollte das Gefühl genießen, das ihn bereits seit dem Gespräch zuvor beschlich. Vertrautheit. Ruhe.

James zögerte noch, das wusste er. Und er würde ihm alle Zeit der Welt geben.

So behielt Jack seine Hände auch auf der Brust des anderen, als sie sich weiter küssten, bis James bereit war, ebenfalls den nächsten Schritt zu gehen.
 

Jack wusste nicht, wie viel Zeit verging, bis James mit seinen Händen ebenfalls tiefer wanderte. Es war auch nicht wichtig – die Zeit verging so oder so viel zu schnell.

„Ich will nicht, dass der Morgen kommt“, erklärte James atemlos, während er Jack von seiner Hose befreite.

Jener seufzte bloß, antwortete jedoch nichts.

Gerade, in diesem Moment, wollte er auch nicht, dass der nächste Morgen kam.
 

Es war James, der seine Hand als erstes zwischen die Beine des Piraten wandern ließ. Jener tat es ihm jedoch im selben Augenblick gleich.

Sie berührten sich nicht bloß oberflächlich, sondern bis tief unter die Haut.

Ihr von Lippen ersticktes Keuchen erfüllte den Raum, als sie sich streichelten und massierten, bis sie beide ihren Höhepunkt erreichten.
 

Einige Augenblicke lagen sie danach schwer atmend nebeneinander. Jacks Gedanken rasten, drehten sich um so viele Dinge, die er niemals aussprechen würde.

Er hielt die Augen fest geschlossen und bemühte sich, seine Ruhe zu behalten, bis er die ersten Sonnenstrahlen erblickte. Er musste gehen, das war ihm bewusst, auch wenn er viel lieber noch einige Zeit in der Dunkelheit gelegen und die Nähe genossen hätte.
 

Dennoch erhob er sich, als die Strahlen zweifellos und unbarmherzig heller wurden.

Er blickte noch einmal auf James, welcher ihn ebenfalls anblickte, ehe er sich seine Hose und sein Hemd überzog.

Ohne einen weiteren Blick zurück wollte er die Flucht antreten, da schlangen sich plötzlich von hinten zwei Arme um ihn.

„Versprich mir, dass du nicht gefasst wirst“, murmelte James an seinen Nacken, welchen er noch einmal küsste.

„Ich schwöre es, Schatz“, grinste der Pirat, ehe er kurz eine der Hände drückte, die auf seinem Bauch lagen – dann löste er sich aus der Umarmung.
 

Eilig verschwand er in das Wohnzimmer, wo er seinen Mantel suchte – und er konnte es sich nicht verkneifen, eine der hübsch aussehenden Münzen aus einem Regal zu entwenden. Dann verließ er James‘ Wohnung.

Im Leben von Captain Jack Sparrow gab es zwei Momente, die er niemals vergessen würde. Einer von ihnen war jener, als er seine Pearl bekommen hatte. Der glücklichste Moment seines bisherigen Lebens.

Der zweite Moment war keinesfalls so schön. Oder amüsant. Oder im Geringsten positiv.
 

Eigentlich hatte Jack noch an diesem Tag aus Port Royal verschwinden wollen. Er hatte vor gehabt, sich in einer der vielen Küchen noch etwas Proviant zu besorgen – und die Köchin übersehen.

Es war für einen Piraten keinesfalls ehrenhaft, mit einer Pfanne niedergeschlagen zu werden.
 

Die dröhnenden Kopfschmerzen waren die erste Strafe für seine unvorsichtige Handlung, als er im Kerker aufwachte.

Die Realität traf ihn wie ein erneuter Schlag mit der Pfanne. Er war gefangen worden. James würde ihm das niemals verzeihen. Er würde niemals wieder in seine Nähe kommen, ihn niemals wieder seine nach Brandy schmeckenden Lippen küssen lassen.
 

Aufgeregt, trotz der Kopfschmerzen, lief Jack in der kleinen Zelle auf und ab. Es gab nur eine Möglichkeit: Er musste entkommen, bevor James auftauchte.
 

Die Zeit verging jedoch leider viel zu schnell, und bald hörte der Pirat Schritte. Seinen Hut zog er daraufhin tief ins Gesicht und er ließ sich resigniert auf dem Boden nieder.

Als die Schritte verstummten hob er den Blick und seine Augen tragen den eiskalten Blick des Commodores. Er war allein.

„James, ich-“, begann Jack unter wildem Gestikulieren, wobei er gleich unterbrochen wurde.

„Commodore“, berichtigte James sofort. Ein Schauer lief über Jacks Rücken. Das.. hatte er nicht hören wollen.

„Ich konnte doch nicht ahnen, dass-“, versuchte der Pirat es erneut, wobei er wieder unterbrochen wurde.

„Dass ihr gefasst werden würdet? Oh bitte. Ihr seid ein Pirat. Man reicht euch den kleinen Finger und ihr nehmt gleich den ganzen Körper“, erklärte James kalt, wobei er die Arme hinter dem Rücken verschränkte und seine Hände ineinander schloss.
 

„Ihr habt am Morgen eine Verabredung mit dem Galgen“, erklärte der Größere noch. Sofort erhob sich daraufhin Jack und trat an die Stäbe heran, um nach einer der Hände seines Liebhabers zu greifen – ohne Erfolg. Vermutlich war es auch mehr als nur optimistisch, sie als Liebhaber zu bezeichnen. Als hätten sie nun noch irgendwas.
 

James‘ Blick, der erneut den von Jack traf, war noch ein wenig kälter geworden.

„Ich wusste, ich kann euch nicht trauen. Am Ende seid ihr doch nicht mehr als ein Krimineller, der seinen Vorteil aus jeder Situation ziehen will“, zischte der Commodore, was Jack dazu brachte, erneut zu greifen.
 

Kurz überlegte der Pirat, ob er irgendetwas sagen konnte, um die Dinge in Ordnung zu bringen. Ob er irgendetwas tun konnte, um aus diesem Gefängnis zu verschwinden.

Doch als sich James mit schnellen Schritten von seiner Zelle wegbewegte, blieb Jack für einige Augenblicke mit seinen Gedanken allein.
 

Zumindest so lange, bis er einen dumpfen Schlag und viel zu viele durcheinandergehende Schritte hörte. Was war nun passiert?

Ein Blick aus dem kleinen Gitterfenster der Zelle offenbarte ihm die Pearl, die unweit vom Hafen lag.

Seine Crew war gekommen, wie es verabredet war, obwohl er nicht am vereinbarten Platz gewesen war. Sie waren gute Männer – und Anamaria – das musste man ihnen lassen.
 

„Was hasd du dir dabei gedachd, Jack Sparrow?“, hörte er gleich die Stimme der jungen Frau, als jene seine Zelle aufschloss und dann wieder verschwand.

Eilig folgte der Pirat, wobei seine Augen sich geschockt weiteten, als er Anamaria mit einer Schaufel über James stehen sah – bereit, ihm den Schädel einzuschlagen.

„Nein, nicht gut, nicht gut!“, ging er sofort dazwischen.

„Was glaubst du, was du da tust? Man schlägt keinen Mann, der bereits am Boden liegt“, verteidigte er ausgerechnet den Commodore.
 

„Er isd unser Feind. Warum sollde ich ihn nicht töten?“, forderte sie zu wissen, woraufhin sie ein Nicken seitens Pintel und Ragetti erhielt. Sofort schüttelte Jack den Kopf.

„Schweigt. Bereitet alles für die Flucht vor“, war der Befehl des Captains.
 

Erst als seine Crew die Treppen wieder hinaufgelaufen war, beugte er sich zu James hinab.

„Du wirst den Tag niemals vergessen, an dem du Captain Jack Sparrow beinahe geschnappt hättest, Schatz~“, säuselte der Pirat, ehe er sich erhob und ebenfalls einige Treppen hinauf lief.

Auf halbem Wege traf ihn jedoch sein schlechtes Gewissen.

Er konnte den Mann nicht blutend dort liegen lassen.
 

Es war eine Qual gewesen, die Crew davon zu überzeugen, einen Commodore mit auf das Schiff zu nehmen. Dass Anamaria nicht mit der Schaufel auf Jack losgegangen war, konnte man wohl als Wunder bezeichnen.

Doch jeder von ihnen wusste, dass sie sich den Befehlen ihres Captains nicht widersetzen konnte.

Natürlich war Jack ein kooperativer Captain, aber wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, wusste ein jedes Crewmitglied, dass es unmöglich war, ihn davon abzubringen.
 

Zurück auf der Pearl ließ Jack James in seine Kajüte bringen, ehe er sich selbst ans Steuerrad begab und sein Mädchen aus der Bucht steuerte.

Er fragte sich, wie groß das Donnerwetter wohl werden würde, wenn James aufwachte.
 

Seine schlimmsten Befürchtungen und jeglicher Zorn der Göttin Calypso wäre ein Segen gegen James Norringtons Laune gewesen.

Kapitel 4
 

Jack stand noch immer am Steuer seiner Pearl, als er hörte, wie sich die Tür seiner Kajüte öffnete. Ohne einen Blick in Richtung der Person zu werfen, die gerade mehr schlecht als Recht an Deck taumelte, richtete er den Kurs.

Er wusste, dass ein Donnerwetter folgen würde. Er spürte fast die Blitze aus Wut, die James in seine Richtung feuerte – allein mit Blicken.

„Was denkt ihr, was ihr hier tut, Sparrow?“, folgte auch gleich die messerscharfe Stimme des Commodores.

Wo hatte er das nur schon einmal gehört?
 

Sofort setzte der Pirat sein breitestes Grinsen auf, welches seine Goldzähne in der strahlenden Sonne der Karibik blitzen ließ. Er übergab das Steuer an Mr. Cotton, um die Stufen hinab auf Deck zu gehen.

Als er James einen Arm um die Schulter legen wollte, um in Ruhe mit diesem zurück in die Kajüte zu gehen, wurde jener sofort weggeschlagen.

Mit einem deutlichen Grinsen beobachtete der Pirat, wie der Commodore nach seinem Degen suchte.
 

„Nichts für Ungut, Schatz, aber ich habe geahnt, dass du in dieser Laune sein würdest“, schmunzelte der Pirat, was ihm einen Blick einbrachte, der ebenfalls als der „schnelle Tod“ hätte bezeichnet werden können.

„Nennt mich nicht so, Sparrow. Und bringt. Mich. Zurück!“, forderte James, wobei er seine Stimme bloß am Ende ein wenig hob.

Und Jack ahnte bereits, dass er aus dieser Sache nicht so schnell herauskommen würde, wie er hineingerutscht war.

Dabei hatte er es bloß gut gemeint.
 

In Gedanken hob der Pirat seinen Finger an seinen Mund, um sich kurz auf den Nagel zu beißen. „James, ich kann dir das erklären“, seufzte der Pirat, wobei er sich bemühte, ein wenig seines Grinsens aufrecht zu erhalten.

Der finstere Blick seines Gesprächspartners ließ darauf schließen, dass dieser keine Erklärung wollte. Vermutlich nicht einmal eine Entschuldigung.
 

„Komm, wir reden woanders“, meinte der Pirat dann, als er die finsteren Blicke seiner Crew bemerkte. Diese war immer noch mehr als unbegeistert über den Fakt, dass sie ausgerechnet den Commodore der British Royal Navy auf ihrem Schiff mitnehmen mussten – und das nur, weil ihr Captain mal wieder eine der Phasen hatte, wo er etwas stehlen musste, wovon er am besten die Finger lassen sollte.

Bisher waren das bloß verfluchte Schätze gewesen. Nun war es jemand, der sie alle am liebsten am Galgen gesehen hätte.
 

Dennoch ließ James sich, wenn auch sichtlich missmutig, zurück in Jacks Kajüte schieben. Dort bekam er einen Platz von dem Piraten angeboten, ehe jener sich an seinem Schreibtisch nieder ließ.

„Ich wollte dich wirklich nicht mitnehmen. Hätte ich auch nicht, wenn Anamaria nicht... Nicht, dass ich dich nicht wirklich mitnehmen wollte. Aber nicht ohne deine Zustimmung!“, erklärte der Pirat, wobei seine Stimme am Ende immer schneller wurde.

Leider hellte sich James Blick durch das Geständnis absolut nicht auf. Wäre auch zu einfach gewesen.
 

„Sparrow. Wenn ihr nicht sofort den Kurs ändert und mich zurück bringt, sehe ich mich gezwungen, euch an Ort und Stelle zu erschießen“, zischte der Commodore, welcher sich immer noch nicht gesetzt hatte. Stattdessen lief – oder eher torkelte, wegen der wahrscheinlichen Gehirnerschütterung – er am anderen Ende des Tisches auf und ab.

Die Drohung wurde nicht bloß mit Worten ausgesprochen. Wäre es möglich, jemanden mit Blicken zu erdolchen, wäre Jack bereits drei Mal verblutet.
 

„Ich kann dich jetzt nicht zurück bringen, Schatz. Die Crew-“, begann der Pirat, wobei er durch einen Schlag auf den Tisch zum Schweigen gebracht wurde.

„Nennt mich nicht Schatz, Sparrow. Ich bin nicht euer Schatz! Ihr könnt mich weder tragen, noch einfach mitnehmen. Und am wenigsten werde ich euch gehören. Jemals“, stellte der Piratenjäger wütend klar.
 

Sofort hob Jack seine Hände abwehrend vor seinen Körper.

„Dennoch, die Crew ist äußerst unbegeistert von eurer Anwesenheit“, beendete der Pirat, wobei er sich dazu zwang, wieder die förmliche Art des Ansprechens zu verwenden. Vielleicht stimmte er James damit ein wenig freundlicher. Man wusste es nicht.

„Kommt mit nach Tortuga. Eine Nacht. Ich schwöre, so wahr ich hier sitze, dass ich euch danach zurück bringen werde“, bot der Pirat so etwas wie einen Deal an, wobei er seine Hand in James' Richtung ausstreckte.
 

Jener schien zu zögern. Er rieb sich den Nasenrücken und straffte seine Haltung. Er lief zügiger, jedoch umso zielloser durch die Kajüte.

„Eine Nacht?“, hakte er nach.

„Habe ich euch jemals angelogen?“, forderte Jack amüsiert zu wissen, wofür er einen erneuten Todesblick bekam. Kurz zog er den Kopf ein wenig ein.

„Eine Nacht“, versicherte der Pirat dann, wobei er ein wenig mit seinen Fingern wackelte, als könne er so James' Hand anlocken.
 

James seufzte daraufhin tief, ehe er ergeben die Hand des Piraten nahm und schüttelte. Und es war ihm anzusehen, wie sehr es ihm missfiel, auch nur eine Sekunde länger den Kontakt aufrecht zu erhalten. Sofort wurde die Hand zurückgezogen.

„Ich warne euch, Sparrow. Wenn das hier eine Falle ist, werdet ihr sie bitter bereuen“, erklärte James, ehe er beinahe eilig die Kajüte verließ.
 

„Eine Falle, Schatz, und du wirst gar nicht aus ihr entkommen wollen~“, säuselte der Pirat zu sich selbst, nachdem James bereits gegangen war.

Kapitel 5
 

Erst am Abend des nächsten Tages kam die Pearl – endlich – in Tortuga an. Jack hatte zugeben müssen, dass es für ihn beinahe genauso eine Qual war, James an Bord zu haben, wie für den Rest der Crew.

Nicht etwa, weil der Commodore ihm die ganze Zeit deutlich machte, dass er ihn hängen wollte – nein, dazu kam es gar nicht.

Es lag daran, dass James einfach gar nichts sagte. Nichts. Und es trieb den Piraten in die Verzweiflung.

Den ganzen Tag über stand James an Deck und nachts schlief er allein an Deck.
 

Als das Schiff jedoch endlich anlegte, hoben sich wenigstens die Geister der Crew. Begeistert verließ sie die Pearl, bis nur noch ein Wachposten, der Captain und der Commodore an Bord waren.

Gerade, als James das Schiff ebenfalls verlassen wollte, hielt Jack ihn zurück.

„Kommt vorher mit“, meinte er mit einem Grinsen, das nur zum Teil aufgesetzt war.
 

Er führte James in seine Kajüte, wo er im nächsten Moment auf dessen Uniform deutete.

„Zieht die aus“, meinte der Pirat, wobei es beinahe wie ein Befehl klang.

„Wie bitte?“, kam die irritierte Nachfrage des Commodores. Jener sah Jack an, als würden diesem gerade Affen aus den Haaren klettern.

Jack deutete daraufhin erneut auf die Uniform. Kurz berührte er sie sogar, konnte er dem Drang doch nicht widerstehen.

„Zieht die Uniform aus, Commodore“, wiederholte er seine Worte.

Erneut bekam er als Reaktion nichts außer Unverständnis. Daraufhin rollte der Pirat einmal mit den Augen und fuhr sich über seinen Bart.
 

„Sehe ich das richtig, dass ihr in der Uniform eines Commodores der Royal Navy nach Tortuga gehen wollt?“, schmunzelte der Pirat, woraufhin der Groschen auch bei James zu fallen schien. Anscheinend begriff dieser jetzt erst, dass Jack nicht vorhatte, mit ihm zu schlafen, sondern nur forderte, nicht zu viel Aufsehen zu erregen.
 

Ergeben nickte der Commodore, wobei er bloß seinen Hut und sein Jackett ablegte. Er wollte bereits gehen, als Jack ihn erneut davon abhielt. Ein tiefes Seufzen folgte.

„Was noch, Sparrow?!“, forderte er grob zu wissen.

Der Pirat zog James daraufhin, wie bei ihrem letzten positiven Zusammentreffen, die Perücke vom Kopf. Kurz hielt er sie fest in den Händen, ehe er sie auf seinem Schreibtisch ablegte.

„Kommt~“, summte der Pirat dann, wobei er sich bemühte, nicht in James' wütendes Gesicht zu blicken.
 

„Nur eine Nacht, dann werdet ihr mich nie wieder ohne Uniform sehen“, stellte der Piratenjäger klar, als sie das Schiff verließen. Das Goldzahngrinsen, was Jack daraufhin zum Besten gab, konnte er nicht sehen.
 

In der Schenke „Zur Sirene“ lockerte sich die Stimmung mit jedem Becher Rum, den die Gruppe trank. James hatte am Anfang jeden Becher, der ihm hingestellt wurde, abgelehnt und an ein anderes Mitglied der Gruppe weitergegeben.

Die Stimmung wurde allein durch seine Kälte immer gedrückter, so dass Jack sich in der Aufgabe sah, etwas dagegen zu tun.

„Habt ihr etwa Angst, schneller betrunken zu sein, als ein Pirat?“, triezte Jack den Commodore ein wenig, wofür er bloß finster angesehen wurde. Kein Erfolg.

„Befürchtet ihr, jemand könnte euch grinsen sehen, wenn ihr trinkt?“, versuchte Jack es daraufhin erneut. „Ich grinse nicht“, war die kühle Antwort.

Auch so kam der Pirat nicht wirklich zu dem Erfolg, den er sich erhoffte.

„Wollt ihr etwa nicht, dass es so endet, wie beim letzten Mal, als ihr getrunken habt?“, fragte Jack dann deutlich ruhiger, wobei er sich James unweigerlich genähert hatte, damit keiner der Crewmitglieder etwas von diesem Teil der Konversation mitbekam.

James' Blick ruckte daraufhin zu Jack.

Und beinahe so, als wolle er beweisen, dass es nicht noch einmal so weit kommen würde, nahm James seinen Becher und trank. Nicht bloß den einen – es folgten weitere.

„Ich schwöre euch, Sparrow, ich könnte so betrunken sein wie der schlimmste Pirat und es würde sich nicht wiederholen“, schwor der Commodore, bevor er einen weiteren großen Schluck Rum trank.
 

Die Musik wurde langsam immer schneller und auch der Alkohol floss in höheren Mengen. Und hätte Jack nicht völlig andere Pläne gehabt, hätte er sogar fest daran geglaubt, dass James sein Wort hielt. Jener saß erstaunlich grade und steif, wobei sein Blick beinahe zügig durch die Schenke streifte.

Erst ein wenig später bemerkte der Pirat, dass das Bein des Commodores im Takt der Musik wippte. Dass das bloß am Alkohol lag, war offensichtlich, aber er würde sich nicht beschweren. Das war vielleicht seine einzige Chance, dem Abend doch noch eine andere Wendung zu geben.

Als die Musiker das nächste Lied anstimmten, erhob sich der Pirat.

„Tanzt mit mir“, forderte er von James, welchen er einfach auf die Beine zog.

Natürlich spürte Jack die Gegenwehr, doch das leichte Taumeln und die wackeligen Beine hielten den Commodore davon ab, sich wehren zu können. Und als sie dann letztenendes auf der Tanzfläche ankamen, konnte auch James sich nicht mehr wirklich gegen die Stimmung wehren.
 

„Warum sollte ich mit euch tanzen?“, forderte jener trotzdem zu wissen, was Jack ein Glucksen entlockte. Er zog James an den Armen einfach ein wenig näher und drehte ihn im Takt der Musik.

„Weil ihr mir eine Nacht versprochen habt, Schatz, und ich habe vor sie zu nutzen~“, grinste der Pirat, ehe er sie schneller drehte.

Eine der Barfrauen, die Jack kannte, pfiff zwischen ihren Fingern und klatschte lachend in die Hände.

Da kam dem Piraten eine Idee. James war betrunken, und wenn er noch irgendwelches Interesse hatte, würde es ihm sicher missfallen, wenn er nun mit der netten Lady tanzte.

„Aber, wenn ich es recht bedenke, kann ich euch nicht zwingen. Geht wieder, wenn ihr wollt~“, säuselte der Pirat nah an James' Ohr, ehe er sich zu der netten Dame begab und begann, sie durch den Raum zu wirbeln und mit ihr zu tanzen.
 

Nur aus dem Augenwinkel bemerkte der Pirat, wie James zurück zu ihrem Tisch ging und noch einige große Schlucke aus der Flasche nahm. Vielleicht versuchte er auch, seine Gedanken, die Jack nur erahnen konnte, mit Alkohol zu ersticken. Oder er brauchte etwas, worauf er alles, was er tun würde, schieben konnte.

Es dauerte noch drei weitere Lieder, in welchen Jack mit irgendwelchen Frauen tanzte, bis James seinen Stolz offensichtlich ignorieren konnte und zu ihm kam.
 

Sie sprachen nicht. Kein Wort, keinen Ton. Sie gingen bloß aufeinander zu und lehnten ihre Hände aneinander, blickten sich in die Augen. Sie brauchten keine Worte und der Pirat wusste, wenn er nun triezte, war der Commodore schneller wieder verschwunden, als er gekommen war.
 

Jack sah immer noch den Hass, sah all die Wut in James' Augen kochen, während seine eigenen vor Begeisterung sprühten.

Er drehte sich, wollte James loslassen und zu jemand anderem gehen, doch er wurde festgehalten, zurückgezogen.

Erneut traf seine Begeisterung auf den ansteigenden Hass, welcher sich mit etwas anderem vermischte.

James war es, der daraufhin gehen wollte. Anscheinend hatte er seine Vernunft wiedergefunden.

Doch auch Jack ließ ihn nicht einfach gehen, wirbelte um ihn herum.

Begeisterung traf auf Verlangen. Verlangen traf auf Verlangen.

Sie blickten sich an und tanzten weiter, ohne jegliche Versuche des Rückzugs. Ohne eine Chance auf Flucht.

Sie kamen sich näher, mit jedem Schritt, mit jeder Bewegung.
 

Die gesamte Schenke schien still zu sein, obwohl die vielen Männer und Frauen immer noch eifrig feierten und tanzten. Die Musik war keinen Ton leiser, nein sogar lauter geworden.

Und doch hörten beide nur Schweigen um sie herum, sahen in dem Moment nur den anderen.
 

Und auch wenn Jack wusste, dass eine Flucht aussichtslos war, wollte er sich zurückziehen. Er wusste, wenn er nun nicht ging, würde es ihm zunehmend schwerer fallen, sich der Anziehung zu entziehen.

Er wandte sich um, nur um heftiger, ruppiger zurückgezogen zu werden, als zuvor.

Dieses Mal erwarteten ihn keine gefühlvollen Augen, aus welchen er lesen konnte. Dieses Mal trafen kühle Lippen seine. Sie teilten seinen Geschmack, schmeckten, als würde er die Schlange im Paradies küssen.

Für einige Momente erwiderte er den Kuss, konnte es sich nicht nehmen lassen, sich etwas fallen zu lassen.

Doch so schnell, wie er begonnen hatte, wies er den größeren Mann wieder ab, schob ihn sanft aber bestimmt von sich.
 

Er näherte sich seinem Ohr, flüsterte James leise zu: „Wenn du mich bei Morgengrauen noch willst, bekommst du mich, Schatz~“

James nickte, sein Atem stockweise von dem Kuss und dem vielen Tanzen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (7)

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Von:  Green-Star
2019-07-14T09:59:44+00:00 14.07.2019 11:59
Bin eben auf deine Fanfic gestoßen und bettele dich nun um weitere Kapitel an :D ich mag deinen Schreibstil total! Und natürlich das Pairing ;) würde mich sehr freuen, wenn du noch ein paar Kapitel folgen lässt :)
Von:  Becka
2014-06-01T15:09:06+00:00 01.06.2014 17:09
Spannende Story, hoffe es geht bald weiter!
LG Beka
Von:  Sorayah
2014-04-19T16:02:42+00:00 19.04.2014 18:02
Oh Gott, du musst schnell weiterschreiben. Ich möchte wissen, wie James reagiert.
Bestimmt am Anfang erst mal gereizt und danach wird er Jack verfallen sein.
LG Sorayah
Von:  Moonstar
2014-03-29T21:48:20+00:00 29.03.2014 22:48
Einfach unbeschreiblich niedlich.
Klar es geht alles etwas schnell, da sie ja eigentlich Feinde sind ... aber trotzdem *^*
Ich liebe die FF jetzt schon :D
Von:  Sorayah
2014-03-16T13:03:04+00:00 16.03.2014 14:03
das scheint wirklich interessant zu werden. ich hoffe du schreibst schnell weiter.
winke winke
Sorayah
Von:  mausilausi
2014-03-11T10:20:21+00:00 11.03.2014 11:20
sehr schön geschrieben, freue mich auf den weiteren verlauf
Von:  mausilausi
2014-03-04T23:55:09+00:00 05.03.2014 00:55
hört sich schon mal gut an hoffe schnell auf mehr



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