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What is Happiness?

Of pain, comfort and bets
von

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Anticipation is on the way!

Zwischen den hellgrauen Wolken drangen einzelne Lichtstrahlen durch und erleuchteten die Welt in einen fahlen, aber goldschimmernden Licht. Sakuras Augen loderten wie grünes Feuer und ihr Herz hüpfte in der Brust auf und ab. Mit Vorfreude schaute sie aus dem Fenster. Am liebsten könnte sie ihre Leidenschaft laut in die Welt hinausschreien. Ein warmer Frühlingswind wehte ihr entgegen und umschmeichelte ihr Gesicht liebevoll, wie der Kuss einer geliebten Person. Sie kicherte verlegen, als sie an diese besondere Person denken musste. Es füllte ihr Herz mit Glück.

»Heute vor zwei Jahren wurden wir ein Paar.« Das Lächeln auf den kirschroten Lippen passte zum Strahlen ihrer Augen. Im Zimmer spielte ihr Handy das Lied »There Is A Light That Never Goes Out« ab und sie summte fröhlich mit. Sie trug ein weißes Seidenkleid mit gestrickten Rosenmuster, dass ihre feinen Kurven umrundete und mit einem transparenten Stoffgürtel um die Taille gebunden war. Als Accessoires entschied sie sich für ein grünes Halstuch mit weißen Verzierungen und goldene Ohrringe mit Smaragden. Dafür hatte sie sehr lange gearbeitet. Babysitting, Hundesitting, Zeitung austragen, sogar Rasenmähen, eben typische Nebenjobs einer Jugendlichen.

 

Aus der Ferne kreischte ein Mäusebussard, der am Himmel seine Kreise zog und nach einer Beute Ausschau hielt. Sie legte den Zeigefinger auf die Lippen und dachte darüber nach, dem Beispiel des Raubvogels zu folgen. Liebe verlieh ihr Flügel und den Mut, ihm endlich diese eine romantische Frage zu stellen. Genz genau! Sakura zeigte die Initiative.

»Sakura, meine Kirschblüte, könntest du bitte die Musik etwas leise schalten?«, schrie die frohgemute Stimme ihrer Mutter durch das Zimmer. »Ich möchte in Ruhe meinen Yogakurs fortsetzen.« Sie erstarrte und schnellte herum. Ein peinlichen »Mutter!« ertönte aus ihrer Kehle und ihr Kopf glich einer reifen Kirsche. Mebuki lachte herzhaft. Mit der Hand hielt sie sich den Bauch und hatte generell keine andere Reaktion ihrer verliebten Tochter erwartet. Für sie blieb sie immer ihr kleines Mädchen, dass ihrem Herzen und Verstand parallel folgte. »Ruhigblut meine Liebe. Meine Lippen bleiben fest versiegelt.«

Sakuras Augenbraue zuckte gefährlich und sie spannte die Muskeln an. Wieso konnte sie in diesem Haus keine Privatsphäre haben? Sakura schnaubte wütend, Mebuki dagegen lächelte zuckersüß. Ihre Mutter war schon immer so entspannt und offenherzig drauf. Diese Eigenschaft hatte sie nicht von ihrer Mutter geerbt. Wofür sie sehr dankbar war. Die Medizinstudentin seufzte und massierte sich die Schläfe. »Ich muss gleich los. Kannst du bitte meine Zimmer verlassen?«, bat sie ihre Mutter darum.

 

Ein Nicken erfolgte von Mebuki und zwinkerte ihrer Tochter zu. »Sei bitte vorsichtig, Sakura. Dein Horoskop warnt dich vor einem Frühlingssturm.« Sakura rollte mit den Augen, doch sagte kein Wort dazu. Denn in ihrer Stimme hörte sie einen besorgten Unterton und erblickte die traurigen, grünen Augen ihrer Mutter. Als die Tür ins Schloss fiel, war Sakura auf einmal nicht mehr so fröhlich drauf. Sie murrte verärgert und sprang auf das Bett, auf dem sie mit dem Rücken landete.

»Ich glaube an die Wissenschaft und nicht an die Wahrsagerei«, flüsterte sie und spürte ein Herzhämmern in der Brust. Ihre Beziehung sah rosig aus und sie waren ein Herz und eine Seele. Mit diesem Gedanken kehrte die Wärme zurück. Ein Schmunzeln schlich sich auf ihre Lippen und freute sich auf das Treffen in ihrem Lieblingscafé. Dann schloss sie die Augen und lauschte der Musik im Hintergrund. Bald kam auch sie zu diesem Ort. Niemand konnte sie aufhalten!

 

 

Take me out tonight

Take me anywhere, I don't care, I don't care, I don't care

And in the darkened underpass

I thought "Oh God, my chance has come at last"

But then a strange fear gripped me and I just couldn't ask

Take me out tonight

Oh, take me anywhere, I don't care, I don't care, I don't care

Driving in your car

I never, never want to go home

Because I haven't got one, la-di-dum, oh, I haven't got one

Oh, oh …

Comforting made easy?

Sakura blickte sehnsüchtig auf den Garten von Schloss Feuerblüte hinaus. Es glich einem Flammenmeer. Die Blätter der exotischen Glutlaubbäume trugen blutorangefarbene Gewänder und die Gräser färbten sich im Sonnenlicht gelb oder limettengrün. Durch das offene Fenster schlich der Duft sich blühender Pflanzen. Sie genoss zeitweise den Traum und schloss die Augen mit trübem Blick. Romantik entsprach nicht in der Realität. Die junge Frau seufzte und wandte sich von dem Gemälde an der Wand ab.

Als sie die Augen wieder öffnete, stieg der aromatische Geruch ihres Kaffees in die Nase und ein flaumiges Gefühl breitetet sich im Magen aus. »Seltsam. Ich hasse diese Kaffeesorte und trinke die Brühe trotzdem«, munkelte sie enttäuscht. »Aber er schon.« Sie starrte den schwarzen Kaffee unglücklich an. Einfach so holte sie Luft und blies gegen den warmen Dampf, der durch die Luft wirbelte und Kreise zog.

 

»Sakura, wie lange willst du noch auf ihn warten?«, fragte Ino behutsam und legte ihre Hand auf Sakuras Schulter. Ihre beste Freundin arbeitete als Kellnerin im Café Sonnenblumen und war auch mit dem Besitzer Kiba Inuzuka frisch verlobt. Von Sakura kam bloß ein freudloses »Verstehe« und schaute unaufmerksam in das Spiegelbild des Kaffees. Ino zog die Lippen zu einem schmalen Strich. So kannte sie die Medizinstudentin nicht und dachte nach, wie sie ihre Freundin aufmuntern konnte. Jedoch war ein gebrochenes Herz beinahe unmöglich zu heilen. »Ich hole dir einen Kirsch-Vanille-Cappuccino. Süß und fruchtig, genau dein Geschmack.«

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als Sakura den Kopf hoch und zaghaft nickte. Mit einem Schwung schnipste sie und zwinkerte, bevor sie zur Theke ging. Das Herz wog wie ein Bleigewicht und drückte ihr Glücksgefühl in die Tiefe. »Danke, Ino. Ich …« Sie brach ab. Wie niederschlagend konnte sie nur sein, wenn sie nicht in der Lage war, ein Dankeschön für ihre hilfsbereite Freundin zu formulieren. Ihre Brust zog sich bei dem Gedanken zusammen, dass das Entgegenkommen einseitig war.

Dem Anschein nach lag es an ihrer Situation oder der widerwärtige Kaffeegeruch benebelte sie. Erst rümpfte sie die Nase, dann schob sie Tasse und Unterteller weiter weg. Die schwarze Flüssigkeit wippte hin und her. Um sie herum hörte sie reges Treiben und heiteres Lachen. Die anderen Gäste hatten ihren Spaß und besuchten das Café nicht lange. In diesem Moment spannte sie die Kiefer an und hörte nebenbei, wie die Eingangstür geöffnet wurde.

 

Ein Windspiel aus silbernen Blüten ertönte, glockenklar und hell wie eine Sterneschnuppe am Nachthimmel. Aus einem bestimmten Grund folgten ihre hellgrünen Augen dem Geschehen. Ein großer, drahtiger Mann stand zwischen den Palmen und sah sich im Raum um. Ihre rutschte das Herz in die Hose und ihre Augen wurden sehr groß. »WAS?«, schrie Sakura laut.

Einige Gäste schauten sie neugierig an, genauso wie der Gast mit der schwarzen Sonnenbrille. Erstaunt blinzelte sie und bereute sofort ihren Ausbruch. »Was macht er den hier?« Aus Kummer wurde Unsicherheit. Instinktiv duckte sie sich, obwohl er sie bereits im Visier hatte. Ein Versuch war es wert. Bei jedem Schritt lauscht sie dem Sekundenzeiger der Wanduhr. Es vergingen fünf Sekunden, bis er vor ihrem Tisch stand und die Sonnenbrille abnahm. Zwei tiefschwarze Augen durchbohrten ihre Seele.

 

Ohne zu wissen, was sie tun sollte, zog sie die Kaffeetasse mit Unterteller zu sich zurück und trank einen Schluck davon. Ihr Körper zitterte bei dem ungesüßten Geschmack. »Hallo Sakura.« Erneut durchfuhr ein Blitz ihre Glieder und sie musste vor Nervosität husten. »Itachi?« Sie mied seinen Blick und guckte betroffen in die Tasse. In einem Zug hatte sie den Kaffee leer getrunken. Ein Räuspern holte sie aus den Gedanken. »Wie geht’s dir?« Die Frage war wie ein Schlag in den Magen. Es waren nicht die Worte selbst, die sie verletzten, sondern der schuldbewusste Tonfall ohne jede Freude. »Ist die Frage nicht überflüssig, Itachi?«, zischte sie und sah ihn aufgebracht an. »Warum konnte Sasuke nicht kommen? Welche Ausrede denkt er sich heute aus?«

Der Uchiha zögerte. Nach zwei oder drei Wimperschläge schüttelte er den Kopf und nahm ihr gegenüber Platz. Man erkannte seine innerliche Anspannung, aber auch seine äußerliche ruhige Aura. »Dieses Mal gibt es keine Ausrede. Nur eine Entscheidung seinerseits.«

 

Sakura starrte ihn an, ohne die Bedeutung seiner Reaktion ganz zu begreifen. »Aber heute … ist unser … zweiter Jahrestag … Itachi«, brachte sie mit ängstlicher Stimme hervor. Mitleid leuchtete in Itachis Augen. Jetzt dämmerte es in ihr. Die Stiche in ihrer Brust rammten sich in ihr Herz. Verzweiflung ergoss sich mit einem Schluchzen aus ihren Augen. »Nein!« Sie vergrub das Gesicht in ihren Handflächen, um die Tränen und Schmerzen zu unterdrücken.

»Sakura, vergiss ihn einfach. Er hat dich nicht verdient und du warst doch unglücklich in dieser Beziehung«, versuchte Itachi, sie aufzuheitern. Schon sein ganzen Leben kannte er seinen jüngeren Bruder, doch manchmal konnte er sein egoistisches Verhalten nicht verstehen. Insbesondere wenn es um Liebe und Freundschaft ging. Da hatte Sasuke weder Respekt noch Grenzen. Daher schmerzte es ihm sehr, Sakuras Leid durch Sasukes Schuld mit anzusehen.

 

Schnelle Schritte eilten zum Tisch und zwei Hände schlugen auf die Tischplatte ein. Das Geschirr klirrte und das Poltern erschütterte das Café. »Was ist hier los? Itachi? Was machst du denn hier?«, erzürnte Ino und warf ihn einen tödlichen Blick zu. »Ich habe jemand anders erwartet.«

Unbehaglich rieb Itachi seinen Nacken. Offenbar überlegte er sich, wie er am besten antworten konnte, damit Ino nicht gleich auf ihn losging. Weder Angst noch Unmut spiegelten sich in seiner Mimik und Gestik wider. Er respektierte ihre Fürsorge und Loyalität gegenüber Sakura. »Sasuke hat Sakura … verlassen.« Am Ende entschied er sich für eine einfache und schnelle Erklärung.

Daraufhin riss Ino ihre Augen weit auf, öffnete den Mund, ohne ein Wort zu sagen und erstickte den Wutanfall im Keim. Eine weitere Szene brauchte das Café voller Gäste nicht. Itachis Mund formte ein stilles »Dankeschön«. Wenigstens besaß Itachi genügend Höflichkeit im Gegensatz zu diesem lästigen Frauenschwarm Sasuke.

 

Inzwischen wischte Sakura sich die Tränen mit den Handrücken weg. »Das ist meine Schuld.« Ihre Worte ertranken und die Stimme klang, als hätte sie Kreidestaub verschluckt. Es gab nur wenige Dinge, denen Sakura nicht gewachsen war, und dazu gehörten auf jeden Fall Gefühle. Wieder spürte sie ein dumpfes Pochen in der Magengrube, doch dieses Gefühl rührte woanders her. Erneut schluchzte sie.

Der Schock stand in Inos Gesicht geschrieben. Wütend ballte sie die Hände zu Fäusten. Itachi hingegen blieb besonnen, dennoch schluckte er einen dicken Kloß im Hals herunter. Ein Raunen erregte seine Aufmerksamkeit. Ino neigte mit dem Kopf auf Sakura und forderte ihn auf, etwas zu unternehmen.

Völlig perplex hob er eine Augenbraue und fuhr mit der Hand über das Gesicht. Dann zeigte sie auf ihn und klatschte ihre Faust in die Handfläche. Itachi zauderte mich sich selbst. Ständig wechselte er mit dem Blick zwischen Ino und Sakura hin und her. Sollte nicht lieber eine Frau eine andere Frau bei Liebeskummer trösten?

Über Inos Lippen huschte ein Zischen und der Augenkontakt wurde zu einem gefährlichen Spiel, denn sie runzelte die Stirn und ein dunkler Schatten streifte über ihr Gesicht. Sie fuchtelte wild mit den Händen und zeigte wiederholt auf Sakura. Die Kellnerin schnaubte und sah dann von Itachi zu Sakura und von Sakura zu Itachi zurück. Ihre Miene wirkte etwas milder, doch ihre Nasenflügel bebten.

Itachi hielt die Arme wie ein Kreuz vor der Brust. Die Kellnerin verdrehte die Augen, holte das Handy aus der Hosentasche, schrieb etwas darauf und zeigte es Itachi direkt vor der Nase. Erst las er widerwillig den Text, dann entglitt ihm ein Keuchen. Selbstbewusst grinste Ino und streckte die Zunge heraus. Er schnalzte mit der Zunge, sie gab ihm einen Luftkuss. Diese Schlacht hatte Itachi verloren. »Ich bestelle Eiscreme für uns zwei«, sagte er und legte die Sonnenbrille auf dem Tisch ab.

Zufrieden nickte Ino, hob den Daumen hoch und ging summend weg. Der Triumph steigerte ihre gute Laune und schon nahm sie mit einem Strahlen im Gesicht die nächste Bestellung auf. Genau wie Sakura konnte Ino unheimlich sein, wie eine Blume mit süßen Nektar.

 

Itachi atmete tief durch und richtete seinen Blick auf Sakura. Tränen quollen über ihre Wangen und mündeten salzig auf ihre Zunge. Der Uchiha stand auf, kurz hielt er inne. Eine Frau zu trösten, könnte selbst für ihn eine wahre Herausforderung sein. Unmerklich schritt er auf sie zu und legte seine Hand auf ihre Schulter. Ihr Körper bebte beim Weinen. Innerlich verflucht er seinen kleinen Bruder.

»Es tut mir leid, Sakura«, fing er behutsam an. »Es ist nicht deine Schuld. Sasuke ist nun mal ein rücksichtsloses Arschloch.« Sakura sprang auf, drückte sich an ihn und verbarg das Gesicht in der Mulde über seinem Schlüsselbein. Seine Wärme berührte ihre schmerzende Seele und linderte den Schmerz. Bedauern ergriff Itachis Herz wie eine kalte Faust. »Lass einfach alles raus. Lass einfach alles los.«

Ein Schniefen unterbrach das Schluchzen und sie begann, sich zu beruhigen. Itachi drückte sie sanft. Trotz der ungewohnten Berührung umfassten ihre Arme seinen Brauch und Rücken. Er verkrampfte sich leicht, denn mit der Bewegung ihrerseits hatte er nicht gerechnet. Alles ging viel zu schnell, selbst für ihn. Unbeholfen streichelte er über ihr Haar, wie eine Frühlingsbrise, warm und zärtlich. Früher konnte seine Mutter ihn damit stets Trost spenden.

Die erste Berührung seiner Finger lösten bei ihr eine Gänsehaut aus, doch Sakura zog ihren Kopf nicht zurück. »Danke, Ino«, murmelt sie. Itachi legte seine Stirn in Falten. »Sehe ich Ino ähnlich? Also außer wegen der langen Haare?«, hinterfragte er ihre Dankbarkeit. Dann schob er sie von sich, hielt sie auf einer Armlänge, um sie anzuschauen. Ihre Augen hatten einen klaren Ausdruck, der hinter den feuchten Iris hervorzutreten war und sie blinzelte verwirrt. »Oh!« Die Wangen färbten sich unter dem freundlichen Lächeln rosarot.

Ice cream for the two of us?

Itachi bemerkte, wie Sakura mit sich selbst rang und mehrmals den Mund öffnete und schloss, doch bevor sie etwas sagen konnte, ergriff er das erste Wort: »Schon gut, Sakura. Du bist aufgewühlt und verletzt.«

Ihre geröteten Augen lächelten ihn dankbar an, aber ihre Lippen waren nach unten gebogen. Das Schuldgefühl stach bis tief in sein Herz. Seit Kurzem wusste er von Sasukes Plänen, sich von Sakura zu trennen und zeitig mit einer neuen Beziehung anzufangen, doch er unternahm nichts. Schließlich führte er keine Beziehung mit ihr und hatte daher nicht das Recht, dazwischen zu gehen. Nach kurzer Zeit bedauerte er diese Entscheidung.

Mit einem Schritt entfernte Sakura sich von ihm und blickte verlegen auf den Marmorboden. Erst beendete Sasuke ihre Beziehung, schickte deshalb extra seinen älteren Bruder zu ihr und dann klammerte sie sich mit blutendem Herzen an dessen Brust. Diese Situation erreichte einen neuen Rekord an Peinlichkeit. Die letzten Tränen brannten in ihren Augen und sie hob den Kopf seufzend.

»D-Danke für dein Verständnis, Itachi. Deine Güte lindert meinen … Herzschmerz«, bedankte sie sich.

Plötzlich hallte ein Getuschel durch das Café. Manche Gäste schauten sogar neugierig herüber und selbst die Mitarbeiter stockten in ihrer Arbeit, um vorsichtshalber nachzusehen, ob alles in Ordnung war. Die ganze Stimmung kippte. Eine Anspannung schnitt wie ein scharfes Messer durch die Luft und die ungebundenen Fäden lösten sich auf.

 

Erneut stieg die Hitze in Sakuras Gesicht, denn schaulustige Blicke hatten sie im Visier.

»Lass uns jetzt unauffällig sein. Die Aufmerksamkeit geht mir auf die Nerven.«

Ein letztes Mal wischte sie mit dem Handrücken über ihre Augen und setzte sich wieder. Wie gerne hätte sie jetzt diesen süßen Vanille-Kirsch-Muffin, den Ino ihr versprochen hatte. Infolgedessen knurrte ihr Magen und erregte ihr Interesse.

»Ich lade dich ein, Sakura.«

Auch Itachi nahm seinen Platz ein und durchblättere die Menükarte. Eiscreme lindert den Liebeskummer, aber stillte nicht den Appetit einer Person. Außerdem wollte er sie nicht in Stich lassen und ohne ein weiteres Wort aus ihrem Leben verschwinden. Eigentlich mochte er Sakura.

Von Sakura kam ein leises Schniefen, dass sie rasch unterjochte, und stimmte Itachis Vorschlag nickend zu. Zunächst hatte sie vor, das Angebot abzulehnen, da ihr die Lage zwischen ihm und Sasuke mehr als peinlich war. Allerdings konnte sie seinem charmanten Lächeln nicht widerstehen. Itachi blieb bei ihr und bot ihr hilfsbereit seine Hand an. Vielleicht bekam sie die Chance, sich bei ihm erkenntlich zu zeigen. Im Vergleich zu ihrem Ex-Freund hegte sie keinen Groll ihm gegenüber. Diese Sympathie herrschte seit ihrer ersten Begegnung.

»Dann sind wir im Geschäft.«

Hinter der Speise- und Getränkekarte formte sich sein Mund zu einer Mondsichel. Kulinarische Vielfalt hatte abermals den Erfolg, die hitzigen Gemüter und verletzten Gefühle zu besänftigen. Diese Tatsache erwarb er beim Lesen von Fachbüchern.

Ein Versuch ist es wert, dachte er nach. Zudem schien sie Hunger zu bekommen.

Somit löste er gleich zwei Probleme auf einmal. Itachi kam gerade auf die zweite Seite an, da entdeckte er das Zittern an Sakuras Händen, die die Menükarte steif festhielten.

»Darf ich dich überraschen?«

Abrupt hörte das Zittern auf, ihr Herz hüpfte beinahe aus der Brust. Sakura wandte sich zu Itachi und sah ihn erstaunt an. Der bittere Geschmack lag noch auf ihrer Zunge, daher brachte sie keine Sätze zustande und zuckte mit den Schultern. Soeben wirbelte ein Sturm Gefühle durch ihren Körper. Das Herz nahm an Gewicht zu, der Kopf wurde weich wie Zuckerwatte und der Rachen erstickte an die gefühlte angeschwollene Zunge. Sie hatte noch mit der Trennung zu kämpfen.

 

»Da bin ich wieder«, trällerte Ino freudestrahlend und stand wie aus dem Nichts neben dem Tisch.

Das Lächeln wurde breiter, als Sakura zusammenzuckte und Itachi die Augenbraue nach oben drückte. Also hatte sie nicht viel verpasst. Erleichtert schnaufte sie und verteilte die Bestellung vor ihnen. Ein Korb mit Kirsch-Vanille Muffins, eine Schüssel Schokokekse, zwei Teller mit Bienenstich, eine Packung Eiscreme, ausreichend Besteck, zwei Flaschen Empörer rosé und zwei Weingläser.

»Bitte schön und lasst es euch gut schmecken.«

Mit einem Hüftschwung verschwand sie wieder.

Itachi konnte es nicht glauben. Diese hinterlistige Frau servierte mehr, als er tatsächlich bestellte und sogar einen sehr teuren Wein mit dazu. Als Erbe der Uchiha-Familie verfügte er über Geld, viel Geld und Ino hatte diese Chance erfasst. Jedoch lobte er ihren klugen Schachzug. Ino Yamanaka durfte er nicht unterschätzen.

Sakuras Handfläche klatschte gegen ihre Stirn. Ein tiefes Seufzen folgte daraufhin.

»Das kann nicht wahr sein«, beklagte sie sich und hielt die Lautstärke gering. »Typisch Ino!«

Mit einem schlechten Gewissen nahm sie einen Muffin und biss herzhaft hinein. Beim Genießen machte sie gleichzeitig einen zufriedenen und mürrischen Eindruck. Die Kirsche schmeckte himmlisch und die Vanille schmeichelte ihre Geschmacksknospen.

»Schmeckt gut.«

Sie verdrückte einen Muffin nach den anderen, dabei nuschelte sie erbost weiter.

 

»Das macht mir nichts aus«, lachte Itachi und probierte die Kekse aus Schokolade. »Im Leben sollte man die kleinen Momente genießen«.

Ihm entging nicht, wie Sakura über seine Worte nachdachte. Inzwischen waren sie angeschwollenen und erröteten Stellen durch das Weinen verschwunden. Die Augen glänzten jetzt wie Smaragde, nur heller und stärker. Allerdings steckte in ihrer Stimme noch ein niedergedrückter Unterton und ihre steife Haltung wies darauf hin, dass sie Sasuke mehr als 100-mal verfluchte. Zweifelslos las er sie wie ein offenes Buch. Itachi beobachtete sie und wischte sich die Krümmel mit einer Serviette vom Mund ab.

»Süß und herzhaft sind eine leckere Kombination.«

Sakuras Pupillen weiten sich aus, als Itachis Frage sie aus den Gedanken holte. Ruckartig richten sich ihre Augen auf ihn und ein Wimpernschlag entsprang zugleich mit einem verträumten; »Wie bitte?«.

Nachdem Itachi amüsiert schmunzelte, warf sie ihm einen bissigen Blick zu.

»Was ist los, Itachi?«

Der Tag durfte für sie nicht unerträglicher werden. Dafür hatte Sakura weder Zeit noch Geduld, aber es reichte für einen zweiten Muffin, um ihren Schwermut einzudämmen.

Mit einem »Krch« brach Itachi den dritten Schokoladen-Keks in zwei Teile und erfreute sich an dem zarten Geschmack. In diesem Gebäck war eine cremige Füllung.

»Schmecken die Muffins gut?«, wiederholte er und nickte auf den Berg Muffins. »Kann ich auch einen Muffin probieren?«

Gebäck mit zarter Vanille und süßen Kirschen klangen wie Musik in seinen Ohren, obwohl er die Süßigkeit Dango bevorzugte.

 

Die Medizinstudentin hielt inne, schluckte das Essen herunter und überlegte. Ihr Blick huschte ständig zwischen Itachi und den Muffin-Korb hin und her. Itachis Lippen formten sich zu einem charmanten Lächeln, das die Herzen vieler Frauen zum Schmelzen brachte, aber sie schloss ihre Gefühle ein und wollte nicht den gleichen Fehler wie bei Sasuke machen.

»Nein.«

Sie streckte ihren Arm aus, umklammerte mit der Hand den Rand des Korbes und zog ihn von Itachi weg.

»Bist du dir sicher?«, hakte der Uchiha nach und griff ebenfalls nach dem Korb. »Viel zu langsam.«

Genau wie Sakura besaß er eine Vorliebe für süße Speisen. Bei solchen Gelegenheiten offenbarte er seine beherzte und hartnäckige Seite, die selten vorkam. Seine besten Freunde Izumi und Shisui teilten dieses Schicksal, falls sie als Gruppe unterwegs waren und Süßigkeiten kauften.

Fassungslos spitze Sakura die Lippen und hob eine Augenbraue nach oben. Itachi Uchiha wagte es tatsächlich, sie herauszufordern und ihre Muffins zu stehlen. Zwar lud er sie herzlich ein und verhielt sich wie ein wahrer Gentleman, doch diese Zuckerbomben gehörten allein ihr.

»Hände weg von meinen Muffins!«, warnte sie ihn.

Ein vergnügtes Schnauben entfuhr Itachi, als Sakura den Druck verstärkte und ihm eine Warnung zuteilte. Gleich kam es zum Krawall, denn Sakura kochte vor Wut. Bevor ein Streit zwischen ihnen ausbrach, benutzte Itachi einen kleinen Trick.

»Bitte, Sakura. Nur ein Muffin.«

Doch seine Hoffnung war vergebens gewesen, da sie mit einem Kopfschütteln seine Bitte ablehnte.

Das ging schnell, dachte er und stützte seinen Kopf mit Hand und Ellenbogen auf der Tischplatte ab. Sie wird mehr zürnen, wenn ich meinen Anteil nehme.

Etwas blitzte in Itachis schwarzen Augen auf und Sakura wusste, er plante nicht seine Niederlage, sondern seinen Sieg. Ihr blieb nichts anderes übrig, als in ihrer brennenden Reizbarkeit vor sich hin zu köcheln. Dieser Uchiha konnte nur davon träumen, ihr einen Muffin wegzunehmen, obwohl sie den Süßkram mehr brauchte als er selbst. Sie verengte die Augen und nahm ihn wie eine Raubkatze auf der Jagd ins Visier.

Sein Plan trug Früchte. Endlich bekam Itachi ihre ganze Aufmerksamkeit und diese Chance nutzte er aus. Eine Welle der Zufriedenheit durchströmte seinen Körper und formte sich zu einem kleinen Lächeln.

»Du hast einige Krümeln auf deinen Lippen.«

Und es war nicht einmal eine Lüge. Er beobachtete Sakura, wie sie ihn argwöhnisch anschaute und die Stirn in Falten legte. Nach Belieben fand Itachi ihre grüblerische Geste höchst amüsant, denn neben ihrer emotionalen Seite versteckte sie auch eine tückische Eigenschaft.

 

»Die Krümeln sind nur eine Ablenkung, damit ich die Hände von dem Korb nehme und du einer meiner Muffins stehlen kannst. Zu einfach, Itachi. Zu einfach!«, sagte Sakura, eins und eins zusammenzählend.

Seine List ging nach hinten los. Eins zu null für Sakura. Auf der anderen Seite war dieser Kampf mehr unerträglich als ehrenhaft. Heute stand ihre Welt auf dem Kopf. Missgelaunt seufzte sie. Wenn der Nachmittag endete, war ein warmes Schaumbad mit Kirschduftkerzen angesagt, weit weg von den Strapazen.

Ein dunkles Kichern verriet Itachis Gedanken, wie sehr er über Sakuras Naivität schmunzelte. Sie war eine junge, kluge und verantwortungsvolle Frau, doch das eigene Temperament stand ihr oft im Weg. Exakt diese Erkenntnis nutzte er aus und bereitete sich mental vor, wenn Sakura gleich fuchsteufelswild wurde.

»Danke für den Muffin.«

Als Zeichen seiner Dankbarkeit zwinkerte Itachi ihr zu und lächelte sie an, bevor er herzhaft in den Muffin hineinbiss.

Die Empörung stand Sakura ins Gesicht geschrieben, denn ihr Erröten verriet sie.

»Wie hast du?«, fragte sie konfus und ihr fiel die Kinnlade herunter. »Du hast meinen Muffin!«

Sie knirschte mit den Zähnen. Zweifellos traute er sich, sie heute herauszufordern. Zu guter Letzt freute er sich über seinen Sieg, was sie wiederum sehr verärgerte. Itachi besaß das Talent, sie ständig aus der Fassung zu bringen.

 

»Das ist nicht meine Schuld. Du wolltest nicht mit mir teilen«, verteidigte Itachi sich und schaute sie enttäuscht an.

Im Herzen mochte sie ein freundlicher Mensch sein, aber Temperament und Verletzlichkeit waren eine zweischneidige Klinge. Er testet ihre Grenzen aus. Er hegte die Vermutung, dass dieses emotionale Problem teilweise daran schuld war, dass Sasuke die Beziehung beendete. Ein Seufzen entfuhr ihm und Itachis Miene wurde hart.

»Lerne deine Gefühle besser zu beherrschen. Wenn du dich nicht selbst beherrschen kannst, dann beherrschen dich andere.«

Sakura reagierte geschockt, indem sie den Muffin fallen ließ und ihn nachdrücklich anstarrte.

Wieso macht er mir Vorwürfe? Warum? Habe ich etwas Falsches getan?

Sie hatte ihn weder beschimpft noch betrogen. Ihre Hände zitterten. Also begann sie nachzudenken und sprach keinen einzigen Satz.

 

Geduld war eine Tugend. Für Itachi erfüllte es seinen Zweck, denn Sakura dachte mal über sich nach und nicht über die Meinung von anderen. Der erste Schritt ging schon mal in die richtige Richtung. Abermals biss er vom Muffin ab, genoss jede Sekunde davon, wie er zwischen dem süßen und bitteren Geschmack hin und her wechselte.

»Sasuke hatte recht. Du bist…«

Jedes Sehnen nach Tränen verschwand zu einer Welle brennenden Zorns. Ihr Blick schoss hoch, um seinen zu treffen, ohne dabei den Fokus zu verlieren. Der Stuhl stürzte nach hinten auf den Boden, als sie aufsprang, ihre Hände auf den Tisch stemmte und mit den Füßen stampfte.

»Wage es ja nicht, Itachi! Meine Grenze der Geduld wurde heute schon mehrmals auf die Probe gestellt«, fauchte sie und verzerrte das Gesicht vor Wut. »Wieso tust du mir das an?«

Augenblicklich löste sich die Strenge in Itachis Gesicht und seine Augen strahlte eine milde Ruhe aus. Zum Glück hatte er meist ein kühles Gemüt, welches ihn aus zahlreichen Konflikten half und daraus lernte er sehr viel. Er lächelte schwach.

»Weil ich dich respektiere, Sakura.«

 

Inzwischen schmolz das Eis in der Schale dahin…



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Stevy
2023-10-14T12:27:01+00:00 14.10.2023 14:27
Die kappis sind gut...
Die Richtung der Geschichte finde ich schön...

Aber man muss aufmerksam lesen damit man es richtig versteht 👍😁
Ich bin gespannt wie es weiter geht
Von:  Tara80
2023-08-30T14:30:45+00:00 30.08.2023 16:30
Bin gespannt auf mehr. Hoffentlich geht es bald weiter.
Von:  swetty-mausi
2023-05-07T16:06:27+00:00 07.05.2023 18:06
Guten Abend,

hattest du die tolle Geschichte schon mal gepostet. Diese kommt mir sehr bekannt vor.
Antwort von:  Sturmdrache
08.05.2023 19:32
Hallo swetty-mausi, nein die Geschichte habe ich nur hier hochgeladen.


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