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Star Wars: What Lies Beneath

von

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Deep Drive

Rauch, Dreck, Düsternis und Treibstoff.

Das waren die vier Stichworte die ihr als erstes einfielen, wenn sie eine Kneipe auf Ord Mantell betrat. Und zu jener Cantina, deren Eingang mit bunten Leuchtreklamen dekoriert war, passte diese Beschreibung ohne jeden Zweifel.

Nur ein kurzer Blick in die Runde genügte der attraktiven rothaarigen Frau, um die Situation im Yard Palace zu überschauen:

Die Theke war der Schauplatz eines allgemeinen Saufgelages. Wer nicht von dort wich, war bereits im Suff vergammelt.

Wenige hatten es jedoch eilig wegzukommen; Manche davon unauffällige Droiden, die Getränke aller Art für Spezies aller Art in die kleinen, dunklen und verschwiegenen Nischen brachten.

Fahle Lichter schimmerten durch den Dunst der Kneipe.

Lichter von Spielkarten.

Sieh mal an, ein kleines, illegales Casino! Wie kuschelig! dachte sie belustigt.

Aber die Tatsache überraschte sie nicht besonders.

Einen Moment blieb sie am Fuß der Treppe stehen und nahm noch einmal einen tiefen Atemzug der von fremden Düften geschwängerten Luft.

Mara Jade befand sich in einem er Außenbezirke der Hauptstadt zwischen den ausgedehnten Schrottplätzen des Planeten und dem Ten Mile Plateau. Der Dunst, der vom Ödland ausging schien sogar bis in die letzte Nische dieser Cantina zu dringen. Doch Mara gab sich große Mühe, ihn zu ignorieren.

Sie war im Auftrag von Talon Karrde und der Schmugglerallianz hier und vor weniger als vier Stunden hatte sie ein paar neue Sensorsysteme für ihre Kampfschiffe auf die Jade’s Fire verladen und hatte anschließend auf dem Schrottplatz nach Dingen gesucht, die es möglich machten, sich effektiver gegen Piraten zu verteidigen.

Ihre Suche war jedoch nicht besonders erfolgreich gewesen. Aber nach einem längeren Holocom-Gespräch hatte Karrde ihr versichert, dass er einen Kontakt zu einem ominösen Subjekt herstellen konnte, der ihnen in dieser Beziehung sicher weiter helfen konnte. Er sollte angeblich momentan ein sehr florierendes Geschäft in diese Richtung betreiben. Das war vor etwa 3 Stunden gewesen.

Einige Zeit später hatte Karrde sie erneut kontaktiert und ihr mitgeteilt, dass ihr Kontaktmann sich östlich des Schrottplatzes und dessen Müllverbrennungsanlagen aufhielt und durch die Kneipen tingelte. Also hatte sich Mara an seine Fersen geheftet und fast weitere zwei Stunden damit zugebracht, jeden verdächtig aussehenden Geschäftsmann zu überprüfen, der ihren Weg kreuzte - jedoch ohne Erfolg. Sie musste gestehen, dass es ihr langsam auf die Nerven ging, sich in jeder Kneipe umsehen zu müssen, selbst wenn ihre Jedi-Sinne ihr die Arbeit ein wenig erleichterten.

Und diese Spelunke hier gehört wohl zu den schlechtesten, die Mara bisher betreten hatte. Sie war wahrscheinlich sogar noch schlimmer also so manches Lokal, dass sie in den unteren Ebenen von Coruscant besucht hatte, um ihre Geschäfte abzuwickeln. Aber es wurde Zeit, sich wieder der Arbeit zu widmen!

Mara brachte unter dem weißen Mantel eine Hand zum Vorschein und warf einen Blick auf das Chronometer an ihrem Handgelenk.

22 Uhr, Standardzeit.

Sieht so aus, als käme ich wohl pünktlich zur Prime Time! schoss es ihr durch den Kopf, Das könnte lustig werden!

Sich der Macht bedienend, sah sie sich etwas eingehender in den Nischen um.

Viele menschliche und nichtmenschliche Präsenzen streiften ihre Sinne, manche davon mehr oder weniger bekannt.

Sie fühlte zum Beispiel die Präsenz der drackmanischen Kriegsherrin Omogg, einer berühmten und reichen Spielerin. Sie saß am anderen Ende der Bar und atmete wie üblich Methan durch ihren dichten Helm. Ihr gegenüber saßen zwei Gotal, ein Bothan und ein Rodianer. Mehrere Twi-Leks gruppierten sich schaulustig um die Spielerrunde.

Unwillkürlich lächelte Mara und legte ebenso unwillkürlich unter dem Mantel eine Hand an die Gürteltasche, wo etwa eine halbe Million Credits ruhten. Die bescheidene Summe, dass sie für die neuen Abwehrsysteme verwenden würde.

Nein, noch nicht! sagte sie sich, Noch nicht!

Nachdem sie mit ihrer Überprüfung fertig war und ihre Sinne sich wieder fokussiert hatten, trat sie zu den Menschen und Nichtmenschen an der Bar, drängelte sich dazwischen und hob die Hand.

Ein Humanoide mit grünbläulicher Haut tauchte unmittelbar vor ihr auf. Seine roten Augen glühten im Dämmerlicht und seine Hände ruhten auf der Theke.

„Oh, junge D-D-Dame, wie k-k-k-kann ich Ihnen he-he-helfen?“, sagte er ruhig und musterte sie eingehend.

Klasse, ein Barkeeper mit Sprachfehler!

„Ein Mal...“, sie warf einen flüchtigen Blick auf eine verschmierte Tafel, dann auf den Barkeeper, „Corellianischer Brandy.“

„Ein sehr st-st-st-starkes Getränk!“ sagte der Barkeeper, „Ein D-d-d-d-doppelter-r?!“

Mara nickte schlicht, sagte aber nichts.

Gerade in diesem Moment drang ein weiterer, sehr betrunkener Rodianer durch die Menge an der Bar und säuselte eine Bestellung, bevor er Mara von ihrem Platz verdrängen wollte. Doch sie war schneller!

Mara machte sich noch nicht mal die Mühe, ihren Blaster aus dem Holster an ihrem Unterarm zu ziehen: gekonnt hob sie einen Arm und traf mit ihrem Ellbogen die rüsselartige Schnauze des Rodianers, der ermattet nach hinten sank und verschwand.

Der humanoide Barkeeper pfiff durch seine spitzen Zähne.

„Sie sind wir-wir-wir-wirklich ri-ri-risikofreudig, junge D-D-Dame!“

Dann machte er sich an die Arbeit und goss den Brandy ein und richtete Maras Getränk her.

Sie lehnte sich lässig gegen die Theke und betrachtete gelangweilt die blasse Leuchtschrift über der Bar, die Werbung aller Art darbot.

Ihre Gedanken richteten sich mit dem Aufschlag ihres Glases auf den Tisch auf den Barkeeper.

Mara öffnete den Mund um etwas zu antworten, als sich eine dunkelhäutige, menschliche und gepflegte Männerhand auf ihrer Schulter platzierte und jemand rief: „Den bezahle ich!“

Eine Creditmünze flog an Maras Gesicht vorbei zum Barkeeper und im selben Augenblick wusste sie mit unumstößlicher Sicherheit, wer ihr Gönner war. Sie wirbelte herum.

„Calrissian!“ rief sie aus, als sie sein Gesicht fixierte, „Was, zum Teufel, machen Sie denn hier?!“ und mit einem seiner charmanten Lächeln hob Lando Calrissian ihre Hand und küsste diese sanft.

„Ich freue mich auch Sie zu sehen, Mara!“ erwiderte er.

Nach dem ersten Schock beruhigte sich ihre Miene und sie setzte ein herausforderndes Lächeln auf.

„Sie wollen wohl wieder versuchen mich rumzukriegen, was, Calrissian?“ fragte sie und hob eine Augenbraue, „Na los, sagen Sie schon, wie Sie mich gefunden haben!“

Calrissian runzelte verwirrt die Stirn und studierte einen Augenblick ihr Gesicht.

„Komisch, irgendwie hatte ich den Eindruck, Sie hätten mich gefunden!“

Nun war es an Mara, sehr verwirrt drein zu blicken! Doch sie gewann schnell wieder die Kontrolle.

Und dann dämmerte es ihr…

„Sagen Sie bloß nicht, dass Sie Karrdes Kontaktmann sind?“ fragte sie und unterdrückte ihre Frustration. Warum hatte Karrde ihr das nicht sofort gesagt? Ein Mann wie Calrissian war wesentlich leichter zu finden als ein großer Unbekannter.

„Nun, ich fürchte, es ist ein wenig schwieriger, aber im Grunde bin ich ihr Kontaktmann, ja“, begann Calrissian und führte Mara sanft von der Bar weg. Seine Hand glitt sanft über ihre Schultern und den Rücken hinab. Doch er blieb höflich, „Allerdings ich bin eher der Kontaktmann des Kontaktmannes.“

Er machte eine kurze Pause und spähte über seine Schulter, als wolle er sichergehen, dass ihnen niemand zuhören konnte. Dann zogen sie sich in eine der hinteren Nischen zurück und Mara sank auf die Bank, die in die Wand eingearbeitete worden war. Calrissian stellte gerade ihre Getränke auf dem Tisch ab, als Mara die Verschlüsse ihres Mantels löste und diesen dann von ihren Schultern gleiten ließ.

„Einer meiner Arbeiter sollte mich über die Schiffe und deren Besitzer informieren, die momentan auf Ord Mantell angelegt haben. Schließlich muss man immer ein Auge auf die Konkurrenz haben und noch mehr auf seine potentiellen Kunden. Jedenfalls fand ich auf der Liste in meinem Datapad die Jade’s Fire und da war mir klar, dass Sie nicht weit sei konnten, oder? Und einen kurzen Anruf bei Karrde später wusste ich auch, was Sie hier wollen!“

„Und voll ritterlichem Edelmut haben Sie entschlossen, der hilflosen Maid beizustehen?“ fragte Mara sarkastisch.

Gleichwohl bemerkte Calrissian hinter ihren Worten die Saat des verletzten Stolzes, doch sein freundliches Lächeln blieb unverändert und seine weißen Zähne schimmerten im gedämmten Schwarzlicht der Bar.

„Ritterlicher Edelmut?“ fragte er mit einer Spur von Belustigung, „Unsere Namen fangen zwar mit dem gleichen Konsonanten an, aber noch haben Lukes Ideale nicht zu sehr auf mich abgefärbt! Nein, ich habe Karrde selbst ein Geschäft unterbreitet. Nennen wir es einen Tauschhandel! Die Abwehrsysteme die Sie haben wollen sind kostspielig und sicher nicht in einem galaktischen Loch wie Ord Mantell zu finden. Es tut mir außerordentlich Leid, dass man Sie nicht zuvor darüber informiert hat.“

„Ich hoffe nur, dass das, worüber wir jetzt sprechen werden, all die Unannehmlichkeiten vergessen macht“, kommentierte Mara und nippte an der bräunlichen Flüssigkeit, die wie Sirup am Glas zu haften schien.

Ihr Gegenüber betrachtete ihr Gesicht über den Rand seines Bechers hinweg. Mara konnte sehen, wie sich seine Mundwinkel vage in die Höhe zogen.

„Nun, ich denke, dass wir uns sehr einig sein werden!“
 

~*~*~
 

Die Fäulnis in der Spelunke war kaum zu ertragen und als eine Gruppe dürrer Twi’Lek-Mädchen bei der rückwärtigen Seite des Yard Palace zu altmodischer Jizz-Musik zu tanzen begannen, kochten auch die Säfte der vielen Spezies auf und ließen May angewidert die Nase rümpfen.

Wie schon so oft an diesem Abend fragte sie sich, wie sie sich nach den Jahren harter, militärischer Ausbildung und unzähligen, ehrenvollen Einsätzen an einem Ort wie diesem wieder finden konnte. Eine imperiale Garnison voller gelangweilter Sturmtruppler und deren sexistischen Vorgesetzten wäre ihr lieber als der armselige kleine Mann mit seinen zwei gamorreanischen Leibwachen am Nebentisch, der nun zum dritten Mal versuchte, sie als Bettgespielin für eine Nacht zu gewinnen. Laz und Avarice, Die beiden Kerle, die man ihr als Begleitschutz und Tarnung zur Seite gestellt hatte, erwiesen sich nicht gerade als eine große Hilfe. Beide hatten dem Gizerbier schon reichlich zugesprochen und zählten mittlerweile ihre übrigen Credits.

„’Ne gute Runde Sabacc un’ wir könn’n uns vom Gewinn ’ne Flasche vom guten ylesianischen Rum kauf’n!“ nuschelte Avarice. Laz grunzte betrunken eine Erwiderung.

„Den Blutroten?“

„Jupp, den blutroten Rum!“

Flachpfeifen! dachte sie.

May seufze stumm und wandte ihren Blick wieder auf die Bar. Sie streckte die Beine aus und legte die Füße auf einen Hocker, doch entspannte sie ihre Muskeln keine Sekunde. Man konnte nie vorsichtig genug sein. Ihr schwarzer, mit mikroskopisch-feinen Plastahlfäden durchwirkter Lederanzug schimmerte silbrig in der dumpfen Beleuchtung und rabenschwarzes Haar umrahmte ihr lang gezogenes Gesicht. Ihre blasse Haut, die hohen Wangenknochen und nicht zuletzt ihre lange dünne Nase verliehen May einen Ausdruck disziplinarischer Strenge, die so manchen schon das Fürchten gelehrt hatte. Und wenn ihr Verehrer am Nebentisch nicht bald Ruhe gab, würde auch er herausfinden wie tödlich sie sein konnte.

Doch dann wurde all ihre Frustration mit einem Male beiseite gewischt und als hätte man ihr pures Adrenalin injiziert, zuckten ihre Muskeln nervös und voller Energie. Es rang ihr einige Mühe ab, trotzdem alledem ruhig sitzen zu bleiben.

Da war sie, voller Stolz und Anmut, wie sie die Cantina betrat und sich das rotgoldne Haar zurückwarf. Es war mehr als zwölf Jahre her, dass May sie zuletzt gesehen hatte, aber Mara Jade hatte sich seither kaum verändert. Zwar vermochte May selbst durch die trügerischen Schatten zu erkennen, dass Mara an Reife gewonnen, aber nichts von der würdevollen Eleganz verloren hatte, mit der sie schon früher auf Coruscant herumgeschlichen war.

Mara sah sich um und als May die Intensität des Blickes beinahe greifen konnte, bündelte sie ihre Gedanken und richtete sie nach innen, wie bei einer einfachen Barriere. Zur Bewerkstelligung eines solchen Geistestricks musste man nicht einmal ein Jedi sein (eine Imperiale Ausbildung reichte vollkommen).

„Hey, May!“ rief Avarice und wischte sich vergeblich den Bierschaum aus dem Bart, „Willste das noch trinken?“

Er deutete mit einer verschmutzten Hand auf ein Glas billigen Wein, das vor May auf dem Tisch stand. Sie hielt sich seit fast 2 Stunden daran fest und verspürte keinen Durst.

„Nur zu!“ sagte sie leichthin und wedelte abwehrend mit einer behandschuhten Hand. Und kaum, dass sie sich’s versah, leerten die beiden auch schon den Becher.

Als sie wieder zu Mara sah, hatte diese gerade Gesellschaft bekommen.

Gut. Calrissian hatte Mara also gefunden. Sehr gut.

Als sich die beiden af der anderen Seite ebenfalls in eine der Nischen zurückziehen wollten, befürchtete sie einen flüchtigen Moment lang, das Warten und die sorgfältige Vorbereitung wären umsonst gewesen, doch dann schob sich die mäßige Gestalt von Omogg durch ihr Sichtfeld und May hatte eine Idee.

Wortlos schwang sie die Beine vom Hocker und stand auf, worauf Avarice und Laz sich überrascht verschluckten.

„Braucht ihr das noch?“ fragte sie, doch griff im selben Augenblick schon nach den Credits, die die beiden auf dem Tisch ausgebreitet hatten.

Und sprachlos sahen sie zu, wie May sich das Geld nahm, hinüber ging und sich an einen Tisch direkt neben Maras Nische setzte.

„Du! Droide!“ rief sie barsch und die gesellige Spielerrunde sah zu ihr auf, „Ich spiele! Wie hoch ist der Einsatz?“

Sie zog einen Stapel der elektronischen Sabacc-Karten aus der Tasche und legte sie neben das Interferenzfeld des Tisches. Der Kartengeben-Droide klickte mehrmals und teilte durch einen elektrischen Impuls die Werte der Karten aus. Und dann wurde gespielt.

Allerdings versäumte May es keine Sekunde, ein Ohr offen zu halten und das Gespräch der beiden am Nachbartisch bis in die späte Nacht zu verfolgen.
 

~*~*~
 

In dieser Nacht war Mara nicht mehr zur Ruhe gekommen. Nach dem Treffen mit Calrissian war sie zur Landbucht der Jade’s Fire zurückgekehrt, immer noch aufgekratzt von den Ereignissen des Tages. Und anstatt zu schlafen hatte sie ihr Schiff startklar gemacht und Kontakt zur Starry Ice aufgenommen, die im entfernten Orbit um einen der Monde von Ord Mantell kreiste.

Faughn und der Rest der Crew schienen es zu begrüßen, dass Mara bald wieder zu ihnen stoßen würde, doch hatte diese ihre weiteren Pläne noch nicht enthüllt.

Sie konnte sich gut vorstellen, dass alle an Bord darauf spekulierten zur Heimbasis zurück zu kehren, um danach für die getane Arbeit bezahlten Urlaub zu bekommen. Aber dem war nicht so.

In der Tat war Mara mit Calrissian übereingekommen, auch wenn sie einige Verhandlungen hatten führen müssen.

Lando hatte ihr im Yard Palace enthüllt, dass er gegenwärtig mit einem kleineren Konvoi von Schiffen im System K11-J17RTS operierte. Offenbar baute er - ähnlich wie auf Bespin und Nkllon - ein Metall ab, das sich in diesem entlegenen Outer Rim-System fand.

Nebenbei erwähnte er, dass er dies für ein Projekt auf Coruscant brauchte, ging jedoch nicht weiter darauf ein. Vielmehr drehte sich ihr Gespräch um einen gewissen MEELAM - denn so hatte er ihn betitelt. Anscheinend wusste niemand so genau, wer sich hinter diesem Namen verbarg.

Calrissian wusste wohl nur soviel, dass diese ominöse Person neuerdings an eine Menge Geld gekommen war und damit die Hardware und Software-Bestände kleinerer Programmierer-Firmen aufgekauft hatte.

„Ja, aber es hat das mit meinem Anliegen für Karrde zu tun?“ hatte Mara gefragt.

Es stellte sich heraus, dass MEELAM wohl ein neuwertiges Abwehrsystem entwickelt hatte und durch eine Scheinfirma mit dem namens M.L.M. Systems vertrieb. Allerdings schien es wohl ein Firmentradition zu sein, dass sich MEELAM seine Kunden aussuchte, und nicht umgekehrt.

Mara war in diesem Moment klar geworden, dass dieser Auftrag etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, als sie gehofft hatte, doch sie hatte sich schnell damit abgefunden.

„Wir haben kürzlich ähnliche Anlagen von ihm erstanden“, hatte Calrissian mit schicksalsschwerer Stimme erklärt, während er noch ein Getränk für Mara geordert hatte, „Allerdings stellt er Anforderungen, die nicht immer monetärer Natur sein müssen.“

„Schön und gut“, sagte Mara und hatte ihn ins Auge gefasst, „Und wo kommen Sie da ins Spiel?“

Eigentlich hatte sie sich schon denken können, was Calrissian sagen wollte, aber sie wollte ihm die Illusion lassen, dass er sie noch mit seinem Wissen beeindrucken konnte.

Calrissian hatte daraufhin ein verschlagenes Grinsen aufgesetzt.

„Nun, ich könnte Karrde und Ihnen den Gefallen tun, und Ihnen den Kontakt zu M.L.M. Systems herstellen. Schließlich habe ich mich als zuverlässiger Kunde herausgestellt!“

„Und was erwarten Sie für eine Gegenleistung?“

Calrissians Grinsen war breiter geworden und seine weißen Zähne schienen im Dämmerlicht gerade zu leuchten.

„Ein kleines Geschäft. Wie ich schon sagte: Ein Tauschhandel!“

„Mit wem?“ hatte sie nach gehakt, „Karrde?“

„Ich liefere ihm MEELAM und im Gegenzug bekomme ich ein bisschen Rabatt auf einige seiner Waren - und das uneingeschränkte Recht, Ihrer Zusammenkunft mit MEELAM beizuwohnen!“

Mara musste zugeben, dass er sie doch noch verblüffen konnte!

Allerdings war sie sich sicher, dass Calrissian doch einen Hintergedanken gehabt hatte, denn wenig später hatte er sie gebeten, mit samt ihrer Crew sein neues Projekt zu besichtigen und sein Flaggschiff Lady Luck gleichzeitig als neutralen Ort für eine Treffen mit M.L.M. Systems zu nutzen. Keine schlechte Idee, aber wenn sie genauer darüber nachdachte, würde Lando die gemeinsame Zeit wohl für neuerliche Annäherungsversuche nutzen. Daher konnte Mara sein privates Flaggschiff kaum als neutralen Ort bezeichnen.

Es entlockte ihr ein Lachen, wenn sie sich ausmalte, wie Calrissian sich um ihr Wohl sorgen würde. Aber auch der Gedanke an die verdutzten Gesichter ihrer Mannschaft amüsierte schon jetzt.

Ein helles Aufleuchten neben dem Communit lenkten dann jedoch ihre Gedanken wieder zurück in das Hier und Jetzt. Per Knopfdruck öffnete sie den Komkanal, durch den auch sogleich die kratzte Stimme eines Nichtmenschen ächzte, der ganz offensichtlich Mühe damit hatte, Basic zu sprechen.

„Starterlaubnis erteilt“, donnerte und dröhnte die Stimme aus dem Lautsprecher und verging dann röchelnd, ehe Mara noch etwas erwidern konnte.

Ihr war es recht, also aktivierte sie die Repulsoren und ließ die Jade’s Fire sanft vom Boden abheben und dann in den rotbraun getränkten Morgenhimmel über Ord Mantell aufsteigen.

Magical Mystery

“Doch, In der Tat, ich bin beeindruckt!” sagte Mara zu Lando, nur wenige Tage nachdem die Jade’s Fire auf dem Weg zu ihrem geheimen Treffen zusammen mit der Starry Ice über Ord Mantell in den Hyperraum gesprungen war.

Auch wenn die Crew Maras Befehlen anfangs nur äußerst widerwillig Folge geleistet hatte, war das Gejammer schon bald nach ihrer Ankunft verstummt. Und in jenem Moment, da Mara das Treiben von Calrissians Privatflotte durch die verstärkten Plastahlfenster der Brücke betrachtete, erfreuten sich Karrdes Schmuggler an exotischen Getränken und der amüsanten Gesellschaft der zweiten Besatzung der Daybreak.

Landos Flotte schwebte zurzeit zwischen drei Sternen dahin, deren Licht von farbintensiven Nebeln überschattet wurde. Das leuchtende Rot, Gelb und Grün der fernen Nebel vermischte sich zu einem Farbenspiel, das beinahe romantisch wirkte. Überall glänzten und glitzerten Gesteinsbrocken und Felsen wie kleine Sterne, bis sie von Landos Sammler-Schiffen aufgelesen und stumm davon getragen wurden.

Der dichte Sternenstaub war, wie Lando ihr erklärt hatte, der Rest einer bereits jahrhunderte alten Supernova, deren Nachwirkungen noch immer fortlebten.

Die Strahlung und nicht zuletzt die undurchdringlichen Nebel ließen das Projekt unter dem Deckmantel der Diskretion verschwinden. Ohne Landos genaue Anweisungen hätten Karrdes Schmuggler nicht einmal den einen Pfad zwischen den Systemen gefunden, der sie nach K11-J17RTS geführt hatte. Die Tarnung war nahezu perfekt!

Auf der Brücke lief es ausgesprochen ruhig zu. Viele von Calrissians Angestellten waren Nichtmenschen, einer von ihnen der Twi’Lek-Bordverwalter Iyldic, dessen Lekku ständig nervös zuckten, sobald jemand an seinem Becher Kaffee aus dem Speiseprozessor schlürfte.

Hastig eilte er von einer Kontrollstation zu nächsten und speicherte Informationen auf seinem Datapad, als gäbe es nichts Dringenderes zu tun.

Schlussendlich gesellte er sich zu Lando, den er um fast einen Kopf überragte, während dieser schweigend neben Mara stand und hinaus in die farbenerfüllte Leere des Weltalls hinaussah. Als Lando keine Anstalten machte, auf Iyldics Erscheinen zu reagieren, zog auch er es vor zu schweigen und Landos Blick zu folgen.

Das Projekt bestand aus mehreren Sammlern, wie Calrissian sie schon auf Nkllon benutzt hatte, deren Trägerschiffen, mehreren kleineren Wartungsschiffen, drei mittelgroßen Transportern, die wie umgebaute und stark modifizierte Sternzerstörer der Victory-Klasse aussahen, und dem übergroßen Flaggschif, der Daybreak.

„Ich denke, es ist wohl das Beste für meine Gesundheit, wenn ich nicht frage, woher Sie schon wieder astronomischen Geldbeträge haben, um all das hier zu bezahlten, oder?“ fragte Mara und brach damit die Stille. Sie machte eine ausholende Geste, die das gesamte Privatprojekt vor den Sichtfenstern der Daybreak umfasste.

„Nun, Sie würden mir auch nicht Ihre Firmengeheimnisse verraten, oder?“ stellte Lando die Gegenfrage.

„Nein, vermutlich nicht.“

Daraufhin flackerte wieder ein Grinsen über sein Gesicht und das genügte ihr als Antwort.

Sie wandten sich vom Fenster ab und Lando entschloss Mara die Steuerungskonsole und die neue Software in Augenschein nehmen zu lassen, die er selbst von Meelam erstand hatte, um ihr die Zeit bis zur Ankunft der Nightflight zu verkürzen. Wieder einmal stellte sie fest, dass Calrissian, als auch Karrde einen Sinn für Stil hatten.

„Sehr imposant, effektiv und relativ leicht in der Anwendung. Man muss sich nur erstmal an die neuen Symbole gewöhnen“, kommentierte sie, als sie sich aus dem überdimensionalen Sessel erhob und dem zuständigen Sullustaner wieder seinen Platz überließ. „Aber ich kann mich nicht erinnern, dass die Installation von sechs Turbolasern an Bord eines zivilen Schiffes als zulässig gilt“, fuhr sie scherzhaft fort.

„Nun...“, begann er, „Ich kann wohl von Glück reden, dass wir hier außerhalb des Restriktionsgebietes der Neuen Republik sind, vom kläglichen Rest des Imperiums ganz zu schweigen.“

"Calrissian, Sir!" donnerte Iyldic plötzlich los, die Stimme mit Entsetzen gefüllt, "Die Nightflight ist soeben aus dem Hyperraum getreten!"

Verwirrt warfen sich Mara und Lando vielsagende Blicke zu.

"Und?"

"Ich bin mir nicht sicher, aber laut Protokoll sollte die Nightflight doch alleine kommen, oder?"

Unheil verkündend deutete der Verwalter auf den Sensorschirm.

"Was reden sie denn da?" fragte Lando unwirsch. als er sich mit ungehaltener Miene von der Fensterfront entfernte.

"Transponder-Codes werden abgerufen", schallte es von Seiten des Navigationscomputers, als sich der Sullustaner über seine Konsole beugte und hastig die Tasten anschlug.

Mit zusammen gekniffenen Augen starrte Mara an Calrissians Schulter vorbei auf den Sensorschirm und versuchte der andersartigen Darstellung die Fakten zu entlocken.

Wenn sie das richtig sah, dann befanden sich statt einem zwei Schiffe im parallelen Anflug auf die Daybreak und schienen sich in einander verkeilen zu wollen.

Calrissian selbst war mitten in der Bewegung erstarrt, als hätte ihn die Erkenntnis wie ein Blitzschlag getroffen, noch bevor eine unbekannte Stimme an Maras Ohr drang.

"Die Nightflight wird angegriffen! Anscheinend haben sie schon mehrere Treffer zu verzeichnen und die Antennen sind ausgefallen. Wir erhalten von ihnen nur Statik!"

Na, herrlich! Es wäre auch wirklich unrealistisch gewesen, wenn einmal alles nach Plan verläuft! dachte Mara und eilte an Landos Seite, der eine Monstrosität von Schiff beobachtete, das sich längsseits der Nightflight genäherte hatte.

"Es ist die Pirate!" murmelte er konzentriert und strich sich abwesend mit den Fingerspitzen über seinen Schnauzbart, "Was, bei allen Sternen, tun die hier?"

"Bitte Wer?" fragte Mara unverhohlen in die düstere Stille hinein, die sich langsam über den Raum senkte wie ein giftiger Vjun-Nebel.

"V-vielleicht", begann Iyldic und klang dabei so angespannt wie Lando aussah, "Sind sie Meelam gefolgt und wollen ihn erpressen. Für diesen Abschaum wäre es nicht schwer, einen Funkpeilsender am Schiff anzubringen, die Signale zu orten und ihnen nach zufliegen!"

"Das glaube ich nicht! Dafür ist Meelam zu clever", sagte Lando kühl.

"Wie können Sie da so sicher sein, Sir?"

"Ich schlage vor, Sie holen unsere Arbeiter und Droiden nach hause und fahren die Schilde inklusive der neuen Abwehrmechanismen hoch Noch interessiert sich die Pirate nur für Meelam, aber wer weiß, ob sich das nicht doch noch ändert", befahl Lando mit der strengen Stimme eines Generals ohne dabei auf Iyldics Frage einzugehen. Er wandte sich vom Sichtschirm ab und sah Mara offen ins Gesicht.

"Das könnte etwas rau werden!"

Völlig verdattert starrte sie ihm nach, als er davon schritt und gab sich Mühe die aufkeimende Frustration zu verbergen.

"Hätten Sie die Güte mich aufzuklären!" verlangte sie gereizt, auch wenn das nicht ihre Absicht gewesen war, "Was passiert da draußen?"

"Was da vor sich geht muss ich wohl nicht erklären, oder?"

"Sparen Sie sich die Witze, Calrissian!" mahnte sie, doch dann klang sie wieder ruhig und unterkühlt.

"Bleiben Sie sachlich und geben Sie mir eine Grundlage, um angemessen zu reagieren. Wenn es wirklich zu einem Angriff auf Ihre Schiffe kommt, hängen meine Leute da auch mit drin!"

Lando verstummte und sah Mara tief in die smaragdgrünen Augen, ehe er mit bedachten Worten wieder zu sprechen begann.

"Wir haben nicht viel Zeit, daher müssen Sie sich mit der Kurzversion begnügen. Bei dem angreifenden Schiff da draußen handelt es sich um die Pirate of the Perlemian, die ihren Namen sicherlich nicht grundlos bekommen hat. Seit etwa einem Jahr plündern, rauben und morden diese Bastarde entlang der perlemianischen Handelsroute, aber bisher ist wenig über die Besatzung und Angriffstärke der Pirate bekannt... was wohl auch daran liegt, dass sich nur wenige ihrem Griff entziehen konnten."

"Die perlemianische Handelsroute?" fragte Mara, "Dann sind diese Burschen entweder sehr weit vom Kurs abgekommen oder sie hatten Meelam schon länger im Visier. Jemand, der in kürzester Zeit an eine Menge Geld durch dubiose Machenschaften gelangt und potentielle Opfer mit einer besseren Verteidigung ausrüstet, würde mir als Pirat auch sauer aufstoßen."

Lando nickte.

"Aber ihre Anwesenheit gefährdet mein ganzes Projekt. Noch scheinen sie nicht auf die Sammlerschiffe aufmerksam geworden zu sein. Aber wenn..."

"... werden sie es sich alles unter den Nagel reißen", ergänzte Mara mit einem kalten Blick aus dem Fenster, "Ich habe schon verstanden."

Mit einer fließenden Bewegung zog sie ihr CommUnit aus der Gürteltasche und öffnete die Frequenz zu Corvus, dem Kommunikationstechniker der Starry Ice. Lautes Gezeter und Fetzen von Musik ertönten, als er antwortete.

"Was gibt's, Jade?"

"Wir haben Besuch bekommen. Gib den anderen Bescheid und macht euch auf den Weg zur Starry Ice. Die Daybreak wird jede Kanone gebrauchen können, die sie kriegen kann."

Corvus fragte gar nicht erst nach weiteren Instruktionen, sondern bellte die Nachricht der vergnügten Runde zu.

Mit einem Klicken schaltete sie das Unit aus und verstaute es wieder an ihrem Gürtel.

"Eigentlich schade, Calrissian, dass keines Ihrer Projekt ohne einen solchen Zwischenfall auskommt!"

"Ich sollte das wohl zu meiner neuen Firmenphilosphie ernennen", erwiderte er trocken.

Sie tauschten noch einen letzten Blick aus, ehe sich Mara auf dem Absatz herumdrehte und zum Turbolift eilte.
 

~*~*~
 

Als es Shirlee Faughn, Captain der Starry Ice, endlich geschafft hatte mit Corvus, Torve und dem Rest wieder auf ihr Schiff überzusetzen und die magnetischen Verkabelungen zur Daybreak zu lösen, war die Jade’s Fire längst im Anflug auf die Angreifer. Mara war klar gewesen, dass die anderen eine ganze Menge Zeit brauchen würden die Systeme der Ice komplett hochzufahren und das Schiff in die Nähe der Pirate of the Perlemian zu bringen. Daher war ihre Aufgabe ganz klar: Sie musste Zeit schinden, bis sie mit doppelter Feuerkraft ihren Widersachern entgegen treten konnten.

Erleichtert stellte sie an den vertrauten Kontrollen fest, dass die Nightflight noch über zwei Laserbatterien verfügte, die auf die Reflektorschilde der Pirate einhämmerten. Doch der Schaden, den die Piraten bereits angerichtet hatten, machte Meelams Schiff nicht gerade manövrierfähiger.

Offenbar musste das Schiff schon vor dem Start sabotiert oder beschädigt worden sein, denn anders konnte Mara sich nicht erklären, wie die hoch gelobten Abwehrsysteme von M.L.M. Engineering versagen konnten.

Hastig band sie ihre Haare zurück, während die Fire der Ice voraus flog und mit maximaler Geschwindigkeit den Raum zwischen sich und dem Piratenschiff verkleinerte.

Erst jetzt, da sie allein war und die Anspannung ihre Nerven zum flirren brachte, fragte sie sich, warum die Macht sie nicht schon früher gewarnt hatte. Warum hatte sie nicht kommen sehen, dass so etwas passieren würde?

Anscheinend bin ich doch noch keine so gute Jedi, wie Skywalker immer behauptet, dachte sie bitter, wird wohl wieder Zeit für eingehende Meditationen, wenn das hier vorbei ist!

Andererseits war dies nicht das erste Mal, dass ihre Jedi-Ahnungen sie im Stich ließen.

Hastig überprüfte sie die Schilde und leitete zwei Drittel der verfügbaren Energie in die Waffen. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie sich Landos Leute in Sicherheit brachten und Schutz im Schatten der unförmigen Daybreak suchten.

Die Hände fest an den Kontrollen steuerte sie auf die Angreifer zu und öffnete einen Kommkanal, durch den zunächst nur Statik prasselte und setzte ein Headset auf. Offenbar störten die Piraten den gesamten Funkverkehr um die Nightflight.

Es gab keinen Grund für Mara, länger zu warten. Die Finger auf dem Feuerknopf schoss sie ein paar schwache Salven auf die Pirate ab, ohne zu erwarten, dass sie wirklich etwas ausrichten würden. Und genau so geschah es auch, denn die Schüsse prallten an den Schilden der Pirate ab. Der Feind stellte das Feuer ein und es kam ihr so vor, als hätte sie einen schlafenden Krayt-Drachen geweckt.

„Los, kommt schon“, flüsterte sie, „Hier bin ich! Kommt und holt mich doch!“

Wie auf Kommando feuerten die vorderen Turbolaser der Pirate blindwütig auf die Stelle, an der sich die Jade’s Fire aufgehalten hatte. Wie ein Eidechse, die durch die mächtigen Massassi-Bäume auf Yavin 4 sprang, flog Mara Saltos und Überschläge, um den todbringenden grünen Strahlen zu entgehen, die durch das farbenfrohe Weltall zuckten und lenkte die Aufmerksamkeit der Pirate weg von der quälend langsamen Nightflight.

„Verkabel... löst“, vernahm sie Corvus’ raue Stimme aus dem CommUnit, „60 Proz... Sys... online!“

Auf dem Scanner sah sie, wie die Starry Ice Fahrt aufnahm und überall an der Außenhülle Lichter aufflackerten. Allerdings blieb die Daybreak stumm.

Jetzt zeigen Sie mal, was Ihr Kasten auf Lager hat, Calrissian!

Aber warum wunderte es sie überhaupt? Für Calrissian war es klüger einen Angriff bis zum letzten Moment hinauszuzögern. Der Schaden, den er und sein Projekt davon tragen würden wäre sicherlich um einiges größer als der, den Meelam verzeichnen durfte. Wäre sie an seiner Stelle gewesen, hätte sie es wahrscheinlich genauso gemacht. Trotzdem wünschte sie sich nichts sehnlicher als ein X-Wing-Geschwader der Neuen Republik oder Solos YT-1800-Frachter herbei.

Hinter ihr explodierten die Laserstrahlen der Pirate in der Ionenspur, die Maras Schiff im All zog und rüttelten sie kräftig durch, aber ihre Schilde hielten Stand. Noch.

„79...“, hörte sie Corvus durch das Knacken und Rauschen aus dem Kommkanal.

Doch sie hatte keine Zeit darauf zu achten. Unmittelbar vor ihr verwandelte sich etwas in gleißend blaues Licht. Die Schockwelle warf Mara hart in die Gurte des Pilotensessels und presste ihr die Luft aus den Lungen.

Autsch!

Sie riss den Steuerknüppel nach hinten und zwang die Fire in einen engen Salto, als eine zweite blauweiße Explosion ihre Scanner überflutete und die Alarmsirenen aufheulen ließ.

Seismische Bomben...

Zum ersten Mal flackerten ihre Schilde und Mara zog sämtliche Energie von den Waffen ab und brachte die Schildleistung auf 100 Prozent. Sie musste es nur noch ein bis zwei Minuten aushalten und die Pirate würde die gesamte Feuerkraft der Starry Ice zu spüren bekommen. Sie durfte sich nur nicht von diesen Bomben erwischen lassen. Auf kurz oder lang würden die ihren robusten Kopfjäger zerlegen.

Wieder einmal hatte Mara das Gefühl mit der Jade’s Fire zu verschmelzen, während das Schiff all ihren Vorgaben aufs Strengste Folge leistete und eine Reihe ausgeschmückter Manöver flog. Verbissen darauf konzentriert keine Treffer einzufahren, bemerkte sich nicht mal das kleine Rinnsal kalten Schweißes, der ihr auf die Stirn trat und den Haaransatz befeuchtete.

Selten waren ihr ein paar Minuten so endlos lang vorgekommen.

Dann, endlich, durchzuckten vier rote Strahlen am Sichtfenster vorbei und brachten die nächste Bombe zur Detonation ohne die Jade’s Fire zu behelligen.

Irritiert schreckte Mara auf.

„Schönen Tag auch!“ drang eine neue, vertraute Stimme völlig frei von jeder Störung durch die Hörer ihres Headsets, „Sieht so aus, als könnten Sie Hilfe gebrauchen, Jade.“

Perplex starrte Mara auf die Displays und entdeckte zwei silberne Punkte, die sich langsam grün färbten und pfeilschnell näher kamen. Die beiden benutzten eine militärische Frequenz, die nur wenige Schiffe in diesem Sektor entschlüsseln konnten. Damit erklärte sich auch, warum die Statik so plötzlich erstarb. Ihre Augenlider senkten sich und sie griff hinaus in die Macht. Vorsichtig streifte sie das Bewusstsein der beiden Piloten, die sich ihrem Kampf angeschlossen hatten und ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht Anscheinend hatte man ihre Gebete erhört.

„Hallo, Katarn! Hallo, Skywalker“ rief sie heiter, „Ja, ich könnte tatsächlich ein paar helfende Hände gebrauchen!“

„Dafür sind wir da“, erklang nun Luke Skywalkers beruhigende Stimme.

„Irgendwelche strategischen Vorschläge, Jade?“ fragte Kyle Katarn.

„Wichtig ist nur, dass die Pirate von hier verschwindet!“ sagte Mara, „Sonst nichts!“

„Darin sind sie Weltklasse“, kommentierte Luke, „Wir sind schon seit Brentaal hinter ihnen her. Aber bisher hatten wir leider nicht sehr viel Glück.“

„Warum stecken Sie schon wieder in Schwierigkeiten, Skywalker? Ist die Jagd auf solche verruchten Piraten nicht Aufgabe der republikanischen Militär-Korps?“

Obwohl Mara sein Gesicht nicht sah, konnte sie sich sein jungenhaftes Grinsen nur zu gut vorstellen.

„Ich will doch nicht Ihre Erwartungen enttäuschen, Mara. Aber den Rest erkläre ich Ihnen später!“

Und damit war der Smalltalk vorerst beendet.

Mara flog eine Schleife und reihte sich zwischen Katarns und Skywalkers X-Wing ein, so dass sie wie eine Miniatur-Phalanx auf die Pirate of the Perlemian zuflogen.

"Leite alle Energie in die Frontdeflektoren", sagte Luke, "Wir müssen erst mal nahe genug an sie heran kommen, um kritische Treffer zu erzielen."

Ohne weiteren Kommentar tat Mara es ihm gleich und über den Kommkanal hörte sie Kyles Bestätigung.

Die Pirate nahm die drei Schiffe ins Kreuzfeuer, die nun mit synchronisierter Leichtigkeit den Attacken auswichen.

"Alle Systeme online", bellte Corvus, der sich nun ebenfalls auf der Frequenz von Skywalker und Katarn eingeklinkt hatte, um der Funkstörung zu entgehen, "Wir sind in 57 Sekunden in Reichweite und bereiten ein paar Protonentorpedos vor."

"Das wird ein prächtiges Feuerwerk!" schallte es fröhlich aus dem CommUnit und Mara erkannte Torves Stimme, "Seismische Bomben sind 'n Witz dagegen!"

"Halt die Klappe und mach deine Arbeit!" schrie Faughn und rief ihre Männer zu Ordnung.

Obwohl die Lage ernst war und der Beschuss das Äußerste von der Jade's Fire abverlangte, huschte ein unwillkürliches Lächeln über Maras Gesicht.

Skywalker und Katarn scherten zu beiden Seiten aus, als eine breit gefächerte Salve auf sie zu kam und Mara zwang ihr Schiff in einen radikalen Sturzflug.

"Wir kommen näher", sagte Kyle und hielt kurz inne, "Werft mal einen Blick auf eure Sensoren. Täusche ich mich oder stimmt was mit der - wie war das? - Nightflight nicht?"

Beunruhigt lenkte Mara ihre Aufmerksamkeit auf die Messgeräte und schaltete mit einem simplen Knopfdruck durch die verschiedenen Modi. Was sie selbst am Anfang als Schaden durch den erheblichen Beschuss interpretiert hatte, der die Nightflight nur minimal vorankommen ließ, erwies sich nun als etwas ganz anderes. Die starken elektromagnetischen Strömungen zwischen Meelams Schiff und der Pirate konnten nur eines bedeuten...

"Ein Traktorstrahl", meinte Luke, als hätte er Maras Gedanken gelesen.

"Sie dürfen die Nightflight nicht bekommen!" sagte sie entschlossen und steuerte auf die Backbordseite von Meelams Schiff. Die Schilde waren zusammen gebrochen und an der Hülle machten sich deutlich mehrere Risse bemerkbar, durch die das Sauerstoffgemisch der Lebenserhaltungssysteme ins All entwich. Die letzten beiden Geschütze waren zu schwarzen Durastahl-Klumpen geschmolzen worden und lieferten das Schiff der Piratenbande schutzlos aus.

Hoffentlich hatte Meelam genug Raumanzüge dabei.

Hinter ihr erhellten die ersten Protonentorpedos der Starry Ice den Raum, während die beiden X-Wings unaufhörlich rotes Feuer auf die Pirate nieder regnen ließen. Doch Mara wusste mit unumstößlicher Sicherheit, dass das nicht genügen würde.

„Jade, warten Sie!“ donnerte Katarn, „Das ist doch Wahnsinn!“

Doch sie hörte ihn nicht mehr. Während die Nightflight immer näher den Hangartoren ihres Widersachers entgegen driftete, holte Mara noch einmal alles aus ihren Triebwerken heraus. Wenn die Piraten das Tor öffnen würden, brauchte sie vielleicht nur ein oder zwei gezielte Schüsse und würde die Wirkung des Traktorstrahls aufheben.

„Das werden Sie nicht rechtzeitig schaffen, Mara!“, stimmte Skywalker mit ein, als er ihre Absicht erkannte, „Der Spalt zwischen den Schiffen ist zu klein!“

„Ich weiß, was ich tue, Skywalker!“ presste sie hervor.

„Aber Sie könnten die Nightflight treffen und...“

Beiläufig nahm sie mit einer Hand das Headset ab und warf es in eine Ecke des Cockpits, wo es plärrend liegen blieb. Sie war nicht umsonst mehrere Standardtage durch den Hyperraum zu diesem galaktischen Loch geflogen, um sich alles von ein paar jämmerlichen Piraten vermasseln zu lassen! Sie blendete die blinkenden Dioden und Displays auf dem Armaturenbrett aus, schottete ihren Geist von allen Eindrücken aus und starrte verbissen aus dem Sichtfenster. Völlig in ihren Gefühlen und ihrer Intuition versunken vergas sie Skywalker, Katarn, sogar die Starry Ice.

Mit eiserner Konzentration zwang sie sich selbst zur Ruhe.

Ohne es zu registrieren, breitete sich hinter ihr neues, weißblaues Wetterleuchten aus.

Die sind wahnsinnig so nah an ihrem Beuteschiff noch wild rumzuballern! dachte sie und schwenkte nach backbord, die Hände so fest um den Steuerknüppel geklammerte, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.

Besessen von dem Gedanken, die Nightflight nicht in gegnerische Hände fallen zu lassen, machte sie einen ihrer wenigen Torpedos scharf und senkte den Blick auf das Fadenkreuz.

Bei "Drei" wird geschossen, Jade, also streng dich an!

Sie war nun so dicht an die beiden Schiffe heran geflogen, dass sie glaubte, das Metall der Nightflight ächzen zu hören. Ihr blieben nur noch wenige Sekunden.

Eins.. Zwei...

Das Fadenkreuz auf dem Display leuchtete grün auf, als es genau über der Öffnung des Hangars schwebte.

...Drei!

Wie von Geisterhand betätigte sie die Kontrollen und schickte die Protonenladung aus. Sie wartete, machte eine rasche Kehrtwende und verfolgte auf dem Sensor, wie der Torpedo sich durch die Schilde fräste und die Pirate gewaltig durchrüttelte. Sie selbst konnte es in ihrer Magengrube spüren.

Doch ehe sie sich dem Gefühl des Triumphes hingab sah sie hinüber zur demolierten Nightflight. Schockiert stellte sie fest, dass die Wirkung des Traktorstrahls nicht aufgehoben worden war.

Verdammt!

Sie kämpfte gegen die aufsteigende Wut. Tief und kontrolliert ausatmend versuchte sie das Gefühl loszulassen.

Dann, als sie sich derart der Macht geöffnet hatte, spürte sie wie Bilder in ihren Geist drangen, Bilder, die ihr jemand schickte und die soviel sagten wie: Kommen Sie zurück! Sie können jetzt nichts mehr tun!

Es konnte nur Skywalker sein, der die Dreistigkeit und Unverfrorenheit besaß, ihr eigens errichteten Geistesbarrieren einfach so zu überwinden, sobald sie ein wenig nachgab.

Widerwillig musste sie mit ansehen, wie die Nightflight immer weiter ihrer Nemesis entgegen gezogen wurde. Die Tore der Hangarbucht standen offen, wie das weit aufgerissene Maul eines Rancors, der jeden Moment seine Beute verschlucken würde.

Das Feuer wurde von beiden Seiten eingestellt, das Gefecht kam zu Stillstand.

Und nur wenige Sekunden später verschwand die Pirate of the Perlemian im Hyperraum mit ihrer wertvollen Fracht an Bord.
 

~*~*~
 

Mays Gesicht wurde lediglich vom blaugrünen Licht der Taktik-Konsole erhellt.

„Macht die Hangarbucht dicht! Hier sind wir fertig!“

Draußen hämmerten noch immer die Laserstrahlen der Starry Ice mit kläglichem Erfolg auf die Schilde der Pirate ein, während die Jade’s Fire wütend aus allen Rohren feuerte.

Doch auf der Brücke blieb alles ruhig.

Mit enormer Gelassenheit richtete sich May auf, rückte ihre Kleidung zurecht und leckte sich die vollen Lippen - das einzige Anzeichen ihrer heftigen Erregung. Allein die Gewissheit, dass sie Mara Jade soeben eine Lektion erteilt hatte, versetzte sie in einen Zustand geistiger und körperlicher Ekstase. Und du weißt nicht einmal, dass ich es war, Jade! dachte sie vergnügt. Doch dann zwang May sich zur Ruhe, damit dieses berauschende Gefühl sie nicht völlig einnahm und ihre Konzentration gefährdete.

„May!“ rief Laz von seinem Platz aus, „Sprungpunkt ist berechnet und eingespeist.“

Sie warf einen Blick über die Schulter und starrte den devorianischen Navigator durch das Halbdunkel der Brücke hindurch an. Dieser gab eine Reihe unverständlicher Laute von sich.

„Er sagt, dass Schiff ist bereit und willens in den Hyperraum zu springen!“ dolmetschte ein grüner Twi’lek mit tätowierten Lekku. May vergaß ständig seinen Namen.

„Dann los!“

Sie winkte Avarice zu, der darauf eine Reihe von Hebeln umlegte. Vor dem Sichtfenster explodierten die Farben und die Sterne verformten sich zum bizarren Linienspiel des Hyperraums.

„Gut Arbeit, Leute! Schickt mir eine Einheit runter in den Hangar. Die sollen die Nightflight sichern und alles erschießen, was sich regt.“ Ihre Absätze klackten laut auf dem Durastahlboden.

„Wo willst’n hin?“ fragte Avarice.

„Irgendjemand muss doch dem Captain Bescheid sagen, oder?“

Er grunze dümmlich und ging nicht weiter darauf ein. Niemand in der Crew beneidete May um ihren Rang als erster Offizier und würde freiwillig mit ihr tauschen wollen. Denn der Captain – der von allen nur ehrfürchtig „der König“ genannt wurde – war ein sehr reizbarer und exzentrischer Mensch und keiner wollte sich seinem Zorn aussetzen. May hingegen spürte keine Angst, denn sie hatte in der Vergangenheit schon größeren Scheusalen ins Gesicht gesehen. Dagegen wirkte der König fast lahmfromm. Manchmal gab sie sich sogar der Vorstellung hin, wie der König und Captain Z’Rya, ihr Mentor an der imperialen Akademie und Vorgesetzter beim I.I., aufeinander trafen. Es wäre interessant zu wissen, welcher der beiden als Sieger hervorgehen würde.

Sie stieg in den Turbolift, nannte die Decknummer und der Aufzug sank schwerfällig in die Tiefe.
 

~*~*~
 

Mit grimmigem Gesichtsausdruck entstieg Mara der Jade’s Fire und verriegelte das Schiff. Obwohl sie dagegen ankämpfte, drohte sie das Gefühl der Niederlage zu übermannen.

Lang und tief einatmend schloss Mara die Augen und erinnerte sich an eine von Skywalkers Meditationsübungen, die er ihr auf Yavin 4 beigebracht hatte. Sie versuchte die Macht fließen zu lassen und ihren aufgewühlten Geist zu beruhigen, doch das Ergebnis war alles andere als zufrieden stellend.

Mit dem altbekannten Brüllen und Jaulen der Ionentriebwerke sanken die beiden X-Wing-Jäger auf das Landedeck der Daybreak. Leise surrend gingen die Repulsoren aus und die Verdeckung der Pilotenkapsel des Jägers, der Mara am nächsten war, glitt auf.

Sie beobachtete Skywalker, wie er sich dem Helm vom Kopf zog und langsam aus deinem Cockpit kletterte, während zwei Techniker herbei eilten, um seiner R2-Einheit aus dem Sockel hinter der Pilotenkanzel zu helfen. Als Luke sich dann in ihre Richtung drehte, entdeckte sie ein schmales, Verzeihung heischendes Lächeln auf seinen Lippen.

„Der Notstand wurde wieder aufgehoben“, hörte sie Calrissian rufen, als dieser mit Kyle auf sie zukam.

Mara sah ihnen freudlos entgegen.

„Wir hätten die Nightflight nicht verlieren dürfen“, sagte sie ohne Einleitung.

Keiner der Männer erwiderte etwas. Es schien mehr, als würden sie alle drei angestrengt nachdenken.

„War dieser Job denn wirklich so wichtig?“ fragte Kyle und klemmte sich seinen Helm unter den Arm.

„Er ist wichtig“, korrigierte Mara, „Karrde hat diesem Auftrag die zweithöchste Priorität eingeräumt. Andernfalls hätte er mich nicht persönlich geschickt. Aber diese verfluchten Piraten haben unsere Pläne durchkreuzt und es wird mehr als genug Zeit beanspruchen, sie zu finden!“

„Keine Sorge“, klinkte sich Luke nun ein und kämmte sich mit einer Hand das dunkelblonde Haar zurück. Mara schnaubte angesichts seiner typischen Jedi-Gelassenheit.

„Erfreulich ist jedoch, dass die Daybreak trotz mehrer Querschläger und Streifschüsse noch vollkommen intakt ist. Ich kann nicht glauben, dass Meelams Schiff trotz seiner bewährten Technologie so leicht geentert werden konnte!“, sprang Lando bei. „Das Schiff muss vor dem Start sabotiert worden sein“, vermutete Kyle, „Anders kann ich mir diesen Zwischenfall nicht erklären.“

„Allerdings habe ich den Schatten der dunklen Seite gespürt. Das Ganze ist mir nicht geheuer!“ fügte Skywalker ernst hinzu. „Du spürst viel, wenn der Tag lang ist, Luke!“ kommentierte Kyle mit einem humorlosen Lächeln, „Und dieser Tag war verdammt lang.“

Skywalker schürzte die Lippen, offensichtlich nicht sehr angetan von Katarns Erwiderung.

„Sie denken also, das könnte eine Falle sein?“ fragte Mara an den Jedi-Meister gewandt. „Ich weiß es nicht“, gab Luke zu, „Vielleicht ist dieser Meelam von einem seiner Kompanions verraten worden. Es wäre nicht das erste Mal, dass Freihändler und Piraten übereinander herfallen wie ein Schwarm Tsac-Fliegen.“

Sie nickte stumm. Wenn Skywalker bereits Probleme hatte die Hintergründe dieses Ereignisses mit Hilfe der Macht zu erspüren, konnte niemand genau sagen, was dies zu bedeuten hatte.

„Warum seid ihr zwei eigentlich hinter diesen Piraten her?“ fragte Lando und griff damit die Frage auf, die Mara bereits während des Gefechtes eingeworfen hatte.

„Sagen wir einfach, die Neue Republik ist zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um Teile ihrer Flotte im Inneren Rand abzukommandieren, um eine Piratenbande zu jagen. Entlang der Grenze zu den Imperialen Restwelten sind in letzter Zeit immer wieder Kämpfe aufgeflammt und halten die Flotte in Atem. In die Werften über Obroa-skai werden ständig republikanische Schiffe angeliefert, die zur Reparatur ins Dock müssen. Die Jedi machten allerdings das erste mal Bekanntschaft mit der Pirate of the Perlemian, als sie eines unserer Versorgungsschiffe angegriffen haben, das Waren von Talasea zur Akademie befördern sollte“, erklärte Luke. „Ich weiß nicht mehr, wie lange wir gebraucht haben, endlich einen Unteroffizier zu sprechen, der uns dann mitteilte, dass Wedge und Admiral Ackbar weder das geld noch über die Schiffe verfügen sich darum zu kümmern. Und so sind wir selber aufgebrochen. Wir haben auf Brentaal begonnen, waren auf Rhinnal, Rallthir und verschiedenen anderen Welten, bis die Piraten von ihrem Territorium abwichen und hierher kamen.“

Maras Augenbraue glitt fragend nach oben: „Und womit habt ihr sie verfolgt? Die Macht kann dafür nicht ausgereicht haben!“

„Sie würden sich wundern, was alles möglich ist, Mara“, sagte Luke. Wie oft habe ich mir diesen Satz jetzt schon von ihm angehört?, schoss es ihr durch den Kopf.

„Hiermit“, sagte Kyle und griff mit einer behandschuhten Hand in eine Tasche am Gürtel seiner Pilotenmontur. Er warf Mara ein kleines, flaches Datapad zu. Sie klappte den Holoschirm auf und betrachtete eine schier endlose Anreihung von Zahlen und Symbolen, die sich immer wieder erneuerte. Ein gieriges Glimmen funkelte in Maras Augen.

„Ein Hyperwellen-Sender“, murmelte sie erfreut. Manchmal schien Erfahrung beim Geheimdienst durchaus hilfreich. „Damit haben Luke und ich die Pirate of the Perlemian verfolgt. Ich habe den Peilsender einem Crew-Mitglied untergeschoben, als eine kleine Gruppe auf Esseles Landgang hatte.“

Luke warf Kyle einen wissenden Blick zu.

„Sie können ihn haben, Mara“, begann Luke langsam. „Aber nur“, er machte eine schwerwiegende Pause, als wähle er seine Worte mit Bedacht, „wenn ich Sie begleite.“

„Das heißt dann wohl, dass ich zurück zur Akademie fliegen und dort nach dem rechten sehen soll, nicht wahr?“ hakte Kyle nach. Luke nickte bloß.

Mara sah auf und blinzelte irritiert.

„Glauben Sie etwa, ich brauche ein Kindermädchen?“

„Nein“, meinte er mit beschwichtigender Miene, „Aber es ist doch so, dass auch die Jedi darin verwickelt sind. Außerdem wäre es viel zu auffällig mitsamt der Starry Ice jedes Sternensystem abzuklappern. Die Pirate hätte Sie wahrscheinlich bereits erkannt, bevor sie in die Atmosphäre eintreten.“

Da war etwas Wahres dran, wie Mara zugeben musste.

„In Ordnung!“ sagte sie schließlich, „Wir sind Partner. Aber wenn Sie irgendwelche Anstalten machen meine Gouvernante zu spielen, werde ich Sie höchst persönlich aus meinem Schiff werfen – ohne Raumanzug.“

Luke schmunzelte.

„Ich werde es versuchen.“

Artifical Hallucination

Die Musik aus dem Nebenzimmer drang diffus an Maras Ohr, als sie langsam aus der Dusche der Erfrischungseinheit stieg und ihren Körper in ein Handtuch wickelte. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die ruhige, altbekannte Melodie.

Sie liebte dieses Lied. Während ihrer Zeit auf Coruscant, als sie Palpatine treu ergeben war und als Agentin des Imperiums gehandelt hatte, hatte sie es das erste Mal bei einem Auftrag in einer kleinen Cantina gehört. Allerdings war sie erst Jahre später dazu gekommen, den Titel und den Namen der Band heraus zu finden.

Leise summend trat sie vor den Spiegel und trocknete sich das rote Haar.

Jetzt, da die Jade’s Fire mit Überlichtgeschwindigkeit durch den Hyperraum raste, den Piraten auf der Spur, die Meelam in ihrer Gewalt hatten, war ihre Anspannung mit dem warmen Wasser fort gespült worden. Mit Hilfe des Funkpeilsenders hatte Skywalkers Astromech-Droide einen ungefähren Vektor und die Sprungzeit der Pirate of the Perlemian berechnen können. R2-D2 hatte die Analyse der Daten auf den Bordcomputer von Maras Schiff überspielt und die Suche auf den Belderone-Sektor eingegrenzt. Dieser war recht dünn besiedelt und es gab nur eine Hand voll Sternensysteme, die dem Abschaum der Piraterie als guter Unterschlupf dienen konnten. Noch bevor Luke und Mara den Hangar der Daybreak verlassen und sich auf den Weg gemacht hatten, war die Liste auf lediglich drei Planeten zusammen geschrumpft.

Calrissian hatte die Jade’s Fire auftanken lassen, ihnen noch ein wenig Proviant mit gegeben und alles Gute gewünscht. Katarn hingegen hatte genau das getan, worum Skywalker ihn gebeten hatte und war vermutlich schon auf dem Rückweg nach Yavin 4. Skywalker hatte sein Schiff an die Außenhülle der Jade’s Fire gekoppelt und war anschließend in einem Raumanzug an Bord geklettert. Seitdem saß er in der Messe und meditierte. Mara hingegen hatte sich ein wenig ausgeruht und anschließend diese lange, äußerst wohltuende Dusche gegönnt.

Mit halb getrocknetem Haar schlüpfte sie in neue Unterwäsche, dann in eine weite, bequeme Hose und ein eng anliegendes Oberteil aus ithorianischer Baumwolle, ehe sie ihre Kabine verließ und sich zu Skywalker in die Messe gesellte. Als sie eintrat ließ seine R2-Einheit ein kurzes Pfeifen hören, von dem sich Mara nicht sicher war, ob es sich dabei um eine Begrüßung handelte oder ob er bloß seinen Meister über ihr Erscheinen in Kenntnis setzen wollte.

So oder so, Mara blieb im Türrahmen stehen und beobachtete Luke, der im Schneidersitz und mit geschlossenen Augen eine Hand breit über dem Boden schwebte. Er hatte die Jedi-Tunika, die er unter seinem orangefarbenen Raumanzug getragen hatte, gegen einen noch schlichteren, schwarzen Overall eingetauscht. Seine kniehohen Stiefel standen neben R2 in einer Ecke.

"Sie meditieren ja immer noch", stellte sie fest als sie des Wartens überdrüssig wurde, aber im Grunde war sie nicht wirklich überrascht. Zuerst schien Luke sich gar nicht zu regen, doch dann bemerkte sie, wie das Kräuseln in der Macht nachließ und er langsam zu Boden glitt.

"Und Sie hören bestimmt schon zum hundertsten Mal das selbe Lied", konterte er mit einem kleinen Lächeln und schlug die blauen Augen auf. "Wie kann ich Ihnen helfen, Mara?"

Perplex zog sie die Augenbrauen zusammen.

"Helfen? Wie kommen Sie darauf, dass ich Hilfe bräuchte?"

"Nun ja, weil sie schon seit ungefähr fünf Minuten einfach nur da stehen und mir zusehen", erwiderte Luke, "Wenn es etwas Belangloses wäre, hätten Sie sich mit dringlicheren Dingen beschäftigt und wären später zurück gekommen, um mich dann zu fragen."

Als sie ihn immer noch fragend anstarrte, fügte er milde lächelnd hinzu: "Sie sind in dieser Galaxis nicht die einzige Person mit einer guten Beobachtungsgabe."

"Scheint wohl so", gab sie zu und schüttelte den Kopf.

"Also: Sie wollten mich etwas fragen?" begann Luke von Neuem, erhob sich vom Boden und sah sie aufmerksam an. Mara hingegen machte eine wegwerfende Geste der Beiläufigkeit: "Ich mache mir nur so meine Gedanken über diese Mission, bevor wir erstes auf Belderone landen."

Er streckte und dehnte sich, um seine starren Muskeln zu entspannen.

"Und was für Gedanken sind das?"

"Nun, Katarn hat ein Crewmitglied erwähnt, dem sie den Peilsender untergeschoben haben. Ich frage mich erstens, wer und was er beziehungsweise sie, ist, und zweitens, wie sie sich sicher sein können, dass die Person den Sender nicht abgenommen hat."

Im Sprechen war sie zu einer Sitznische rechts von ihr gegangen und hatte sich dort auf der eingearbeiteten Bank niedergelassen. Mit einem erwartungsvollen Blick wartete sie nun auf ihre Antworten. Luke kam, immer noch barfuss, zu ihr hinüber und setzte sich ans andere Ende der Sitzbank.

"Er war ein Twi'lek. Hellgrüne Haut, tätowierte Lekku. Kyle hat ihn als Enyth Kostryka vorgestellt", erzählte er und sein Blick schien in die Ferne zu gleiten während er sich die Ereignisse in Erinnerung rief.

"Enyth Kostryka?" wiederholte Mara den Namen als wolle sie sich seinen Geschmack auf der Zunge zergehen lassen. "Irgendwie kommt mir der Name bekannt vor."

"Sollte er auch", stimmte Luke zu, "Soweit wir das herausgefunden haben, wollte Kostryka früher einmal für Karrde arbeiten.

"Sie wollen alle für Karrde arbeiten", kommentierte Mara trocken und verzog den Mund, "Aber wie genau haben Sie nun den Sender angebracht?"

"Nun", begann Luke erneut, "Eigentlich war das allein Kyles Verdienst. Er hat - woher auch immer, ich habe nicht weiter danach gefragt - diesen Mikrosender aufgetrieben. Diese Dinger sind etwa so dick und lang wie eine Bacta-Kapsel, werden in eine Art Injektor eingespannt und dicht unter die Hautoberfläche der Zielperson geschossen."

Mara runzelte fragend die Stirn.

"Dann müssen Sie beide auf Esseles ziemlich nah an den Twi'lek herangekommen sein. Aber eine solche Injektion muss doch schmerzhaft sein. Wie konnte er da den eindringenden Fremdkörper nicht bemerken?"

"Ich weiß es nicht genau", gab Luke zu, "aber er schien im Allgemeinen sehr schmerzresistent."

"Vermutlich hatte unser Twi'lek-Freund ein paar Killersticks zuviel oder was man sich in der Branche sonst noch für tödlichen Dreck reinzieht", kommentierte Mara humorlos. Sie erinnerte sich mal an einen von Karrdes Söldner auf Myrkyr, der eines Abends bei der Wachablösung meinte, dass Gewürze das Leben erst wirklich lebenswert machten. Zwei Tage später hatte man ihn tot aufgefunden, die letzte Dosis Glitzerstim noch in seiner kalten Hand. Sie kannte solche Gestalten wie Kostryka besser als ihr lieb war, und sie wusste genau, wo die Schwachstellen waren und wie man sie angehen konnte, um zu bekommen, was man haben wollte.

"Was auch immer es war, bisher hat es uns einen Vorteil verschafft", erwiderte Luke.

"Dennoch wird er unberechenbar sein, so wie alle Süchtigen", sagte Mara, "aber mir wird schon noch etwas einfallen."

Luke zog fragend die Braunen zusammen und eine Falte bildete sich in vertikaler Richtung auf seiner Stirn. "Ihnen wird etwas einfallen?" hakte er nach.

Mara wedelte mit einer Hand.

"Ich bin es gewohnt im Schatten zu agieren. Ungesehen auftauchen, den Job erledigen und wieder verschwinden. Sie hingegen sind so auffällig wie ein bunt geschecktes Bantha, selbst wenn Sie sich mit Hilfe der Macht tarnen. Außerdem habe ich Kostryka noch nicht Angesicht zu Angesicht gegenüber gestanden, was uns einen weiteren Vorteil verschafft und ich kann die Macht ebenfalls bedingt einsetzen." Sie deutete mit einem Daumen auf ihre Brust: "Ich habe also die eindeutig besseren Voraussetzungen."

"Ja, schon", stimmte Luke zu, das Gesicht immer noch merkwürdig verzerrt, "Aber haben Sie schon irgendeine Idee, wie sie Kostryka auf sich aufmerksam machen wollen?"

Mara grinste ihn herausfordernd an. Die Aufmerksamkeit des Twi'lek zu erregen würde sicherlich das kleinste Problem sein.

"Sie werden schon sehen, Skywalker. Sie werden schon sehen."
 

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"Sie... Sie sehen aus wie eine...", stammelte Luke mit einer Mischung aus Empörung und Fassungslosigkeit in der Stimme. Sein R2-Astromech stieß gegen sein Bein und gab ein Heulen von sich, dass schon fast wehleidig klang, während Luke sich mit einer Hand an den Rahmen des äußeren Schotts der Jade's Fire klammerte. Sein Mund stand leicht offen und seinen Augen hatten sich geweitet, als Mara aus ihrer Kabine getreten war und sich zu ihm gesellte hatte.

Sie waren vor nicht weniger als drei Standardstunden aus dem Hyperraum getreten und am äußeren Stadtrand von Beldankhali, der ehemaligen Hauptstadt des Planeten Belderone, gelandet. Die Sonne sank bereits dem Horizont entgegen und tauchte die Landebucht in gelbgoldnes Licht, dass durch das offene Schott hineinflutete und Maras Haare glänzen ließ wie flüssige Seide.

Nachdem sie sich vollkommen sicher gewesen waren, dass der Empfänger die Anwesenheit des Piraten Enyth Kostryka auf Belderone bestätigt hatte, war Skywalker zur Hafenbehörde gegangen, um dort die Ankunft der Equinox Spirit – ein der vielen Decknamen der Jade's Fire - und ihr Begleitschiff anzumelden. Luke hatte sich dort als der Halter des Schiffes, Mara als seine Geschäftspartnerin ausgegeben und hatte sie anschließend beide bei der Behörde unter falschen Namen eingecheckt. Aber auch Mara war nicht untätig gewesen. Während Skywalker sich der Macht bediente, um sich zu tarnen, so hatte Mara die vergangenen drei Stunden genutzt, um sich eine sehr viel wirklichere Tarnung zu verschaffen.

Und so stand sie nun vor ihm: Das rote Haar, das nun unter einer dunkelbraunen, fast schwarzen Färbung verschwunden war, hatte sie sich zu einem komplizierten Dutt nach oben geknotet hatte. Ihren grünen Augen hatte sie mit blauen Kontaktlinsen eine andere Farbe verliehen, bevor sie ihr Gesicht mit einer Menge Puder und Make-up bedeckt hatte. Das dunkelblaue Kleid, das sie am Leib trug, ließ tief genug blicken, um Lust auf mehr zu machen und zeigte doch nicht genug, um den Appetit zu stillen. Als sie am Ende ihrer Verwandlung in den Spiegel gesehen hatte, hätte sie sich bald selbst nicht erkannt.

"Na los!" rief Mara mit einem gefährlichen Blitzen in den Augen, als Luke sie noch immer anstarrte wie eine Erscheinung. Sie schloss die Finger fester um die schwarze Lederjacke in ihrer Hand "Sagen Sie's schon, Skywalker!"

Ihr Gegenüber öffnete und schloss seinen Mund mehrere Male, und Luke überlegte sich seine Worte zweimal, ehe er schließlich sagte: "Sie sehen aus als wären Sie... nun ja... leicht zu haben."

Mara seufzte und schüttelte den Kopf.

"Manchmal frage ich mich ernsthaft, ob Sie wirklich so naiv sind, Skywalker."

Lukes Brauen zogen sich zusammen und seine Lippen waren geschürzt, was Mara als eine Mischung aus Verwirrung und Missfallen deutete. Doch ansonsten blieb er stumm, ganz so, als erwarte er von ihr eine Erklärung für ihr neues Erscheinungsbild.

Wieder seufzte sie.

"Wir beide wissen doch, dass Twi'lek - genau wie Menschen - sich bei der Wahl ihrer Partner nicht nur auf ihre eigene Spezies beschränken. Männliche Twi'lek würden ebenso auf eine menschlichen Frau einlassen. Ob das an der anatomisch ähnlichen Beschaffenheit oder an der erhöhten Paarungsbereitschaft beiden Spezies liegt, sei dahin gestellt", erklärte Mara sachlich, "Dennoch bleibt es eine Tatsache, dass sich mehr als die Hälfte aller Twi'lek auch zu Menschen hingezogen fühlt."

Sie sah Luke offen in die Augen und er schien zu begreifen.

"Das heißt", meinte er langsam, "Sie wollen sich diese Tatsache zu nutzen machen, und unserem Twi'lek-Freund so ein paar Informationen entlocken?"

Sie nickte.

"Ganz genau."

"Und welche Rollen wollten Sie mir bei diesem Theater angedeihen lassen?" fragte er und verschränkte die Arme voller Erwartung vor der Brust.

"Da ich Sie sowieso nicht davon abhalten kann, können Sie mir heimlich Deckung geben, falls es wider Erwarten brenzlig werden sollte", erwiderte sie beinahe gelangweilt, "Allerdings bezweifle ich, dass mir ein zugedröhnter Pirat großartig gefährlich werden könnte. Solange er seine Drogen hat dürfte er so zahm wie ein Schmusetier." Behände schlüpfte sie in ihre Jacke und richtete sich den Kragen. "Ach ja", rief sie beiläufig und zupfte ihr Kleid zurecht, "ich bestehe auf einhundert Meter Sicherheitsabstand Ihrerseits, Skywalker."

"Was ist mit Ihrem Lichtschwert? Oder Ihrem Blaster?"

"Beide sind zu groß und zu auffällig", erwiderte Mara, "deshalb habe ich das hier."

Sie drehte das linke Bein auswärts und brachte damit für einen Sekundenbruchteil die Halterung eines Vibromessers zum Vorschein.

An seiner vernarbten Wange zuckte ein Muskel und sie konnte ihm ansehen, dass er damit absolut nicht einverstanden war. "Das gefällt mir nicht. Sie rennen im knappsten und kürzesten Outfit, das mir seit Langem untergekommen ist, durch die Stadt, sind nur minimal bewaffnet und wollen sich so an die Fersen eines Verbrechers heften? Ich habe kein gutes Gefühl bei dieser Sache, Mara."

"Kommen Sie", rief sie mit einem ironischen Lächeln auf den Lippen, "Ich habe halbnackt für Jabba den Hutten getanzt, nur um an Sie heranzukommen. Viel schlimmer kann es nicht mehr kommen."

Mit diesen Worten drehte sie sich herum, stieg die Rampe der Jade's Fire hinab und machte sich auf den Weg, doch ihr entging keineswegs das rote Glühen, dass schlagartig auf Lukes Wangen zu brennen schien.

"Farmjunge", murmelte sie amüsiert und lächelte noch ein wenig breiter.
 

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Belderone war, wie Mara feststellen musste, während sie ihren Marsch durch die ehemalige Hauptstadt fortsetzte, kein bisschen anders als Ord Mantell. Obwohl das System einen nicht annähernd so schlechten Ruf hatte wie die galaktische Schrottpresse Ord Mantell, so war der Planet übersät mit den Zeichen der Zeit. Vor allem der Angriff der Separatistenarmee vor fast 35 Jahren hatte einen Großteil der früheren Hauptstadt in Schutt und Asche gelegt, als unerbittliche Salven aus rotem und grünen Licht aus dem Weltraum auf die Planetenoberfläche hernieder gesenkt waren. Belderones Einwohner hatten nicht einmal durch einen Konvoi gerettet werden können, doch nur wenige Berichte in den imperialen und republikanischen Archiven kündeten noch von den unzähligen Toten.

Wie es schien, hatte sich das System seit diesem Tiefschlag nicht mehr erholen können.

Es reihten sich Spelunken und andere billige Schankhäuser unaufhörlich aneinander, nur hier und da wurde die Kette von den verblassten Leuchtbuchstaben vor einem Motel oder einem Nachtclub unterbrochen. Über die alten Bordsteine torkelten bereits die betrunkenen Gestalten. Aus dem Augenwinkel sah Mara, wie drei Devorianer völlig von Sinnen aufeinander eindroschen. Immer darauf bedacht nicht aufzufallen, nutzte Mara die zunehmende Dunkelheit wie einen Tarn-Harnisch und zog den Kragen ihrer schwarze Jacke mit einer Hand enger zusammen. Gelegentlich musste sie ausweichen und schlüpfte auf ihren hohen Stiefel so schnell es ging zur Seite, doch die Betrunkenen um sie herum waren nicht das einzige Problem – wie sie sehr bald feststellte. Am Rinnstein floss eine ölige, braune Flüssigkeit ab, in der Fetzen von Flimsiplast und anderem Abfall schwammen und die einen Geruch zu ihr aufsteigen ließ, der ihr beinahe die Sinne raubte.

Und in den Sternenkarten wird Belderone als friedlich eingestuft, dachte Mara mit trockenem Humor.

Nach einer Weile duckte sie sich in eine kleine Seitengasse und hockte sich zwischen zwei quadratische Müllcontainer, um die Anzeige auf dem Display des Hyperwellen-Empfängers zu überprüfen, den Katarn ihr überlassen hatte.

Kostryka konnte nicht mehr allzu weit entfernt sein. Die Frequenz, mit der der Empfänger die Nähe zum Sender angabt, war nun schneller als noch vor wenigen Minuten. Auf dem Bildschirm zeichnete sich nun ein dichtes Geflecht an Straßen ab und sie versuchte sich das Bild auf dem Display sehr genau einzuprägen.

Rechts, zweimal links, die Dritte rechts... rechts, zweimal links, die Dritte rechts, wiederholte sie den Weg in ihren Kopf. Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Rechts, zweimal links, die Dritte rechts.

Dann schlug sie die Augen wieder auf und ließ den Empfänger mit einer raschen Bewegung in der Innenseite ihrer Jacke verschwinden, ehe sie wieder auf die belebte Straße hinaustrat.

Zu ihrer Linken bemerkte sie eine flüchtige Bewegung, wie ein Schatten, der sich zwischen zwei Häusern versteckte, in der Hoffnung nicht gesehen zu werden.

Mara gestattete sich ein Schmunzeln.

Skywalker...

Sie hatte ihn die ganze Zeit über hinter sich gespürt, wie ein allgegenwärtiger Beschützer, der bereit war, sich auf angreifende Wildtiere oder andere Ungetüme zu werfen. Allerdings war seine Präsenz nicht durch körperliche Nähe bestätigt, sondern eher durch ein diffuses Kribbeln an ihrem Hinterkopf; ein Kribbeln, das ihr äußerst missfiel. Es erinnerte sie an ihre Zeit als Palpatines Hand. Wann immer ihr Meister durch die Macht mit ihr in Kontakt getreten war, hatte sie das selbe Kribbeln gespürt.

Sie schüttelte den Kopf leicht, um diesen lästigen Gedanken loszuwerden, wandte sich nach rechts und marschierte weiter der Straße hinunter.

Einige Straßen weiter fand die sich vor einem Nachtclub wieder. Als sie Halt machte, um die mit Leuchtfarbe bemalten Torbögen am Eingang näher zu betrachten, wandten sich bereits die ersten Köpfe nach ihr um.

Im Inneren schlug ihr eine Flut süßlich-schwerer Gerüche entgegen und sie fühlte sich ein wenig benommen, während sie sich durch die Menge hindurch zur Garderobe drängte und ihre Jacke abgab, ehe sie sich an der Theke elegant auf den letzten freien Barhocker hinaufzog. Der Barkeeper nahm ihre Bestellung auf und Mara unterdrückte einen plötzlichen Würgreflex, als eine besonders intensive Duftwolke an ihr vorüber schwebte. Sie hustete kurz, doch das Geräusch wurde von Musik übertönt.

Ich muss mich korrigieren, dachte sie, das Junk Palace ist angenehm, im Gegensatz zu diesem Ort.

In aller Ruhe an ihrem Drink nippend, begann sie den Raum zu sondieren.

Durch die Schar von Lebewesen, die sich an der Bar, in den Sitznischen und auf der Tanzfläche drängten, war es schwierig, einzelne Personen auszumachen. Das gedämpfte, farblich ständig wechselnde Licht machte es ihr allenfalls schwerer, etwas zu erkennen und die Musik verschluckte jedes Geräusch. Es fiel ihr sogar schwer, den Barkeeper zu verstehen, der irgendwann lautstark sein Geld einforderte. Mit einem Seufzen ließ sie sich von ihrem Barhocker gleiten und leere ihr Glas in einem Rutsch.

Es war wohl das beste, wenn sie sich ganz diskret in den Nischen umsah.

Durch die Masse von hin und her wabernden Körpern, drängte sie auf die rückwärtige Wand und die eindeutig dunkelste Ecke des Nachtclubs zu. Sich der Macht öffnend, versuchte sie menschliche und nichtmenschliche Präsenzen zu selektieren und vielleicht einen Hinweis zu erhalten, der ihr sagen würde, welcher der anwesenden Twi'lek genau der war, den sie suchte.

Sie hörte ein leises Knallen, dass trotz der Musik an ihr Ohr drang, und im selben Moment sah sie ein violettes Leuchten, das durch die Dunkelheit schimmerte...

Und der Lichtblitz des Glitzerstims erhellte das Gesicht eines Twi'lek mit tätowierten Lekku, der sich sogleich begierig über die schwarze Hülse lehnte und sich einen Faserstrang der knisternden Droge auf die Zunge legte.

Jackpot, dachte sie mit einem sardonischen Lächeln.

Mara atmete tief durch und rief die Macht erneut zu sich. Die bewusstseinserweiternde Wirkung des Glitzerstim konnte ihr gefährlich werden, wenn sie ihren Geist nicht vollkommen von ihm abschottete. Allerdings würde sie dadurch auch die Fähigkeit, Kostrykas Absichten zu sondieren, verlieren.

Nun war schauspielerisches Talent gefragt.

Sie trat aus der tanzenden Menge heraus und schritt langsam einige Stufen zu der Sitzecke aus purpurfarbenem Leder hinauf, wo sich der Twi'lek gemeinsam zwei menschlichen Männern niedergelassen hatte. Alle drei sahen heruntergekommen und abgehalftert aus. Schmutzige Finger kratzten an einem Glas voll corellianischem Whiskey, abgetragene Stiefel scharrten über den Boden und der Geruch von Kühlflüssigkeit lag in der Luft. Einer der beiden Männer trug eine Weste, wie Mara sie von Solo kannte, doch diese wies mehrere dunkle Streifen auf, als hätte er das Kleidungsstück an diesen Stellen verbrannt. Alle drei waren mit Blaster bewaffnet, die genauso schmutzig und zerkratzt waren, wie sie selbst.

Kostryka hielt in seinem genüsslichen Kauen inne, als Mara sich neben ihm auf die weiche Lederpolster sinken ließ, und auch die beiden Männer starrten sie mit glasigem Blick an.

"Hi", sagte sie und setzte die Maske eines strahlenden Lächelns auf.

Die Männer sahen sie immer noch dümmlich an, doch Kostryka grinste und entblößte einen tiefen, vernarbten Riss in seiner Unterlippe und die verfärbten Zähne eines Glitzerstim-Junkies.

"Hallo, meine Schöne", sagte er mit rauer, kratziger Stimme. "Was kann ich für ein so zauberhaftes Wesen wie dich tun?"

Mara rutschte näher zu ihm hin, bis sich ihre Knie leicht berührten, und beugte sich kokett nach vorn.

"Weißt du", sagte sie langsam und strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über Kostrykas bloßen Unterarm, "du bist mir gleich aufgefallen, als ich herein kam. Die starken Muskeln, diese verwegene Narbe... und da dachte ich, ich versuch mal dich anzusprechen."

War das wirklich sie, die all diese zuckersüßen Dinge sagen?

Nach all den Jahren als Palpatines Attentäterin war dies Etwas, an das sie sich noch nie hatte gewöhnen können. Jedes Mal fühlte sie sich, als stünde sie neben sich und blickte kopfschüttelnd auf ihren Körper herab, einen Körper, der sich vollkommen zu verselbstständigen schien und eine eigene Dynamik entwickelte. Ihre Lehrmeister hatten immer gesagt, dass es so sein müsste. Man musste sich von sich selbst entfremden, um die Rolle eines anderen zu spielen. Und Mara war gut darin, jemand anderes zu sein, und dennoch bereitete es ihr kein Vergnügen, insbesondere nicht, wenn sie sich in die Rolle eines absoluten Dummchen versetzen musste.

"Es ist dir geglückt, meine Schöne. Mein Name ist Enyth", sagte Kostryka und lächelte Mara an, als wäre sie sein neues Spielzeug. "Das hier sind Laz und Avarice."

Die beiden Männer nickten knapp und wandten sich wieder dem Alkohol zu. Offenbar waren sie mit ihren Gedanken ganz woanders.

"Ich bin Derya."

Mit dem schönsten Augenaufschlag, zu dem sie fähig war, sah Mara zu dem Twi'lek auf und rückte noch ein wenig näher heran. Es schien ihm nichts auszumachen. Sie beugte sich vor, um in sein Ohr zu sprechen.

"Stimmt es, was man sich über dich erzählt?" fragte Mara leise, doch sie wusste, dass er sie hören konnte.

"Was erzählt man sich denn?" fragte er zurück und sie spürte, wie er versuchte, sie mental zu traktieren.

"Dass...", sie machte eine kurze Kunstpause, "dass du ein Pirat bist."

Seine Lekku zuckten einmal.

"Der König wäre sicherlich nicht sehr erfreut, wenn ich mit dir darüber sprechen würde."

Der König? ging es Mara durch den Kopf. Welcher König?

Sie zog eine Schnute: "Schade."

Wieder entblößte er seine Zähne, schob eine Hand unter Maras Schultern und presste sie fest an sich. Doch er schien ihr nicht nur körperlich nahe zu sein. Sie spürte, wie sich seine mentalen Fühler, die ihm das Glitzerstim verliehen, nach ihr ausstreckten und nach einem Eingang in ihr Bewusstsein suchten. Zum Glück war sie besser als das und ihre Schutzbarriere hielt stand.

"Du könntest es herausfinden, Schätzchen", schlug er vor und platzierte seine freie Hand auf ihrem Oberschenkel. Plötzlich schien sein forciertes Drängen in der Macht schwächer und Mara sah die Begierde in seinen Augen aufleuchten.

Das war schon mal nicht schlecht für den Anfang. Der Trick war es nun nur noch, ihn auf diesem Abstand zu halten.

Sie sahen einander für eine Weile schweigend an und langsam spürte sie, wie die Wirkung des Glitzerstims nachließ – doch das war sicherlich kein Grund zu übermäßigen Freude.

Mit einem Nicken in Richtung Ausgang gab Kostryka Laz und Avarice zu verstehen, dass sie verschwinden sollten und die beiden wankten davon. Dann wandte sich der Twi'lek wieder Mara zu und strich mit rauen Fingern über ihr nacktes Knie. Seine Lekku zuckten immer häufiger.

"Derya, Schätzchen, wie wäre es, wenn wir diesen Ort verlassen?" schlug er vor. "Und es wo anders gemütlich machen?"

Mara nickte und grinste ihn dümmlich an, ehe er und Mara beim Aufstehen behilflich war beim Barkeeper seine Rechnung beglich. Auf dem Weg nach draußen rempelte er einen Rodianer beiseite und zückte den Blaster aus seinem Hüftholster, als dieser Widerworte gab. Mara zwang sich zu einem Lachen und klammerte sich an Kostrykas Arm. Sie holten ihre Jacken von der Garderobe und traten nach draußen auf die belebte Straße.

Kostryka führte Mara nach rechts, die Straße hinunter, und schon bald wurde die Musik aus den Nachtclubs und Wirtshäusern leiser. Egal, was er ihr auch erzählte, sie lachte kreischend, um ihm das Gefühl zu geben, dass er ganz besonders attraktiv war, auch wenn Mara sich im tiefsten Inneren ihres Wesens gegen die Nähe des Twi'lek sträubte.

Sie lachte gerade über einen äußerst anzüglichen Witz, als sie eine Gruppe Menschen passierten, die sich keinen Deut für sie zu interessieren schien, doch Kostryka warf einen prüfenden Blick über die Schulter.

Plötzlich blieb er stehen.

"Ehrlich, ich habe noch nie so gelacht", sagte Mara in glockenhellem Ton und drehte sich zu Kostryka um. Dieser stand da wie angewurzelt, starrte sie mit einem Blick an, der Carbonit geschmolzen hätte, eine Hand an seinem Blaster...

...und Mara begriff.

Leider kam ihre Erkenntnis eine halbe Sekunde zu spät.

"Schluss mit diesem Theater, Jade!" rief Kostryka barsch und schaltete seinen Blaster von Betäuben auf Töten, ehe er ihn auf Mara richtete. "Hände hoch und langsam umdrehen!"

Also wusste Kostryka, wer sie war. Und wenn er das wusste, war ihm auch klar, warum sie zu ihm gekommen war. Sie verfluchte sich, dass sie davon abgesehen hatte, ihre BlasTech-Pistole im Ärmel ihrer Jacke zu verstauen. Adrenalin rauschte durch ihre Blutbahn, während sie fieberhaft an einer Lösungstrategie arbeitete. Die winzige Sekunde, die sie bräuchte, um an das Messer auf der Innenseite ihres Oberschenkels zu kommen hatte sie nicht, bis dahin hatte man sie wahrscheinlich längst erschossen. Außerdem war die Distanz zwischen ihnen zu groß, als das sie eine Nahangriffstechnik des Teras Käsi hätte anwenden können, schließlich wollte sie ihn lebend, nicht tot. Kostryka bewahrte noch zu viele Geheimnisse, die er Mara preis geben konnte.

Dir wird schon was einfallen, Mara, dachte sie und versuchte ihr wie wild schlagendes Herz zu beruhigen.

Wo war Skywalker, wenn man ihn brauchte?

Kostryka gestikulierte heftig in Maras Richtung und sie ging mit erhobenen Händen rückwärts, bis sie mit den Schultern gegen eine raue Wand stieß. Hinter dem Twi'lek erschienen zwei Silhouetten, die sich gegen die matte Straßenbeleuchtung absetzten, und sie erkannte Laz und Avarice. Beide trugen Repetier-Blaster bei sich und richteten sie auf Maras Brust. Es war nur allzu offensichtlich, das die drei Piraten ihr eine Falle gestellt hatten und sie schluckte einige wüste Verfluchungen an sich selbst hinunter, weil sie diesen Hinterhalt nicht hatte kommen sehen. Sehr töricht und anmaßend.

Der Twi'lek kam auf sie zu, die Mündung des Blasters immer noch auf ihr Gesicht gerichtet, und fingerte an der Innenseite von Maras Jacke herum, bis er den Empfänger in einer der Taschen gefunden hatte. Mit einer abfälligen huttischen Bemerkung steckte er ihn an seinen Gürtel.

"Wo ist Meelam?" verlangte Mara zu wissen und ließ ihre Maskerade damit endgültig fallen.

Kostryka rümpfte die Nase und seine Lekku zuckten erneut, während Laz und Avarice ein gemeinsames Grunz-Lachen von sich gaben.

"Sind Sie wegen ihm hier?" fragte Kostryka ungläubig. "Sie sind echt verdammt bescheuert."

Zu ihrer Linken huschte eine weitere Männergestalt von Hauseingang zu Hauseingang und versuchte sich unbemerkt anzuschleichen – zumindest so unauffällig wie es einem Jedi-Meister mit einem Lichtschwert möglich war.

Maras Herz machte einen Sprung. Sie hätte nie gedacht, dass sie sich einmal so über Skywalkers Anwesenheit freuen würde.

"Nichtsdestotrotz war ihre kleine Vorstellung ganz amüsant. May sagte, dass Sie gut sein würden", erklärte Kostryka, ließ Mara dabei jedoch keine Sekunde aus den Augen.

May?

Das Wort klang Mara in den Ohren nach und ihre Gedanken begannen sich zu jagen.

Sie kannte diesen Namen....

"Offensichtlich war ich nicht gut genug", ergänzte sie trocken.

Wieder grunzten die beiden Kerle hinter Kostryka vor Schadenfreude – Mara wartete nur noch darauf, dass sie sich gegenseitig dafür gratulierten, dass sie noch gerade stehen konnten – und auch Kostryka gestattete sich ein kehliges, fast hämisches Lachen.

Dann geschah mehrere Dinge gleichzeitig. Es gab ein grünes Aufblitzen und das Summen von Skywalkers Lichtschwert erfüllte die Luft. Mit dem typischen Zischen, wenn die Energieklinge auf Durastahl traf, durchschnitt Skywalker die Läufe der Repetier-Blaster und entwaffnete Laz und Avarice, ehe sie bemerkten, was geschah. "Drei gegen Einen, das nenne ich wirklich Fairness", kommentierte Skywalker trocken, als die beiden Piraten nach ihren Stiefelholstern griffen und jeder eine zweite Waffe zu Vorschein brachten. Blasterschüsse zischten durch die Nacht und prallten an der grünen Klinge ab.

Durch Skywalkers Erscheinen abgelenkt, wandte Kostryka seine Aufmerksamkeit von Mara ab und verschaffte ihr damit die Sekunde, die sie gebraucht hatte. Mit aller Kraft stieß sie sich von der Wand hinter ihr ab und stürzte sich auf den Twi'lek. Ein Handkanten-Schlag und ein gut gezielter Fußtritt raubten Kostryka den Atem, ließen ihn taumeln und die BlashTech-Pistole entglitt seinem Griff und rutschte mit dem dunklen Schlick davon. Er keuchte und hieb mit beiden Fäusten auf sie ein. Sie duckte sich unter dem ersten Schlag hindurch, spürte dann jedoch etwas, das sie wie ein Stein in die Magengrube traf. Glitzerstim hin oder her, seine Körperkraft war kein bisschen geschwächt.

Das Sirren von Skywalkers Lichtschwert, das das rote Blasterfeuer zurückwarf, erfüllte noch immer die Luft, als sie sich, mit dem Kopf voran, auf Kostryka warf und ihn zu Boden rang. Seine Lekku zuckten wieder nervös, als seine schmutzigen, Schlamm bespritzen Finger ihren Weg zu Maras Kehle suchten. Mara warf sich herum, wälzte sie beide durch den dickflüssigen Schlamm auf der Straße, und drückte Kostryka auf den Permabeton. Vom Gewicht ihres Körpers auf seiner Brust zu Boden gepresst, gab der Twi'lek jedoch nicht auf, sondern versuchte sich aus Maras Griff zu befreien. Zumindest bis er die kühle Klinge des Vibromessers an seiner Kehle spürte.

"Okay, das reicht jetzt", sagte Mara, der ebenfalls der ölige Schlick aus dem braungefärbten Haaren tropfte und über ihr Gesicht herab lief. "Wo ist Meelam?"

Ein feines Rinnsal Blut sickerte aus der Nase des Twi'lek. Er atmete heftig ein und aus, als hätte er Angst zu Ersticken, doch der Ausdruck in seinem Augen blieb unleserlich.

"Was ist? Wo ist er?" wiederholte sie, diesmal strenger, forcierter.

Der Kampf zwischen Skywalker und Kostrykas Kameraden verklang in Maras Ohren wie fernes Rauschen. Sie blendete alles andere aus und konzentrierte sich voll und ganz auf den Twi'lek.

Schließlich begann er ganz leise zu sprechen, als fürchtete er, dass ihnen jemand zuhörte. Mara beugte sich tiefer hinunter, bis ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter von einander getrennt waren.

"Sie... sollten... sich in Acht nehmen", flüsterte er. "Sonst werden Sie in noch mehr Fallen tappen."

Mara blinzelte ihn perplex an, sagte jedoch nichts.

"Meelam ist niemand anderes..."

Etwas streifte Maras Wange, nadeldünn und glühend heiß. Sie zuckte überrascht zurück, die Augen fest geschlossen, und spürte, wie ihr eigenes, warmes Blut sich mit dem Dreck in ihrem Gesicht vermischte. Kostrykas gab ein abscheuerregendes Gurgeln von sich und bäumte sich unter Mara auf, dann wurde er still, nahezu himmlisch ruhig.

Plötzlich erstarb die Kampfhandlung um sie herum. Der einzige, alles durchdringende Laut schien von Skywalkers Schwert auszugehen.

Laz und Avarice gaben beide einen erstickten Schrei von sich. Ihre Blaster landeten geräuschvoll auf dem Straßenbelag und ihre Schuhe kratzten über den Boden.

"Los, lass uns abhauen!" rief Avarice.

"K-ka-keine schlechte Idee!" stimmte Laz hinzu.

Skywalker sah den beiden nach, wie sie sich beide eilig aus dem Staub machten, folgte ihnen jedoch nicht.

Mara hingegen, die das Vibromesser immer noch an Kostrykas Kehle hielt, starrte fassungslos zu dem Twi'lek hinunter, der mit aufgerissenen Augen da lag und ins Leere starrte. Seine Atmung war zum erliegen gekommen und seine Hände waren plötzlich erschlafft. Leblos hingen sie an seinen Armen, die wie erlegte Dewbacks links und rechts von ihm ausgestreckt da lagen.

Ein dünner, silbrig glänzender Pfeil, der etwa so lang war wie Maras kleiner Finger, hatte zwischen seiner Nase und dem linken Auge ins Fleisch gebohrt. Zweifelsohne war er vergiftet worden.

Als sich die Erkenntnis in ihr Gehirn fraß, sprang Mara hastig auf und berührte den Schnitt in ihrem Gesicht. Mit geschlossenen Augen ließ sie die Barrieren ihres Geistes so weit fallen, um die Macht zu sich zu rufen, und ihr Blut von dem Gift zu befreien. Mit mikroskopischer Präzision presste sie den winzigen Tropfen, den sie selbst abbekommen hatte aus der Wunde und ein neuer, warmes Schwall der roten Flüssigkeit ergoss sich über ihre Wange.

Sie atmete tief durch.

Allerhand Sinneseindrücke kamen zurück in ihr Bewusstsein und das Herz schlug nun so gewaltsam in ihrer Brust, als wolle es aus ihrem Körper ausbrechen.

"Skywalker..." begann sie, "lassen Sie uns..."

Doch sie kam mit ihrem Vorschlag nie zu Ende.

Luke starrte über Mara hinweg, den Blick auf die Dächer der flachen, klotzigen Bauten hinter ihr gerichtet. "Schauen Sie", meinte er dann abwesend und reckte das Kinn.

Verwunderte wandte Mara sich um und folgten seinem Blick.

Da hockte jemand. Am Rand des Daches kauerte eine schwarze, menschliche Gestalt, von der Mara nicht genau sagen konnte, ob sie männlich oder weiblich war. Wilde Strähnen schwarzen Haares fielen der Person ins Gesicht, doch mehr war gegen den Nachthimmel nicht zuerkennen.

Die Gestalt erhob sich und berührte das rechte Handgelenk. Mara vermutete, dass sich dort die Abschussvorrichtung für den vergifteten Pfeil befand.

Ein Schauer kroch Maras Rücken hinab und verteilte sich in ihrem Gliedern, als sie die schlanke Silhouette über sich mit prüfenden Blicken bedachte. Ihr war, als empfinge sie unterschwellig, ganz subtil, eine Botschaft aus der Vergangenheit. Sie war sich sicher: Sie kannte diese Person.

Die Gestalt richtete sich auf, streckte den anderen Arm nach vorn und öffnete die Hand. Etwas, das aussah wie schwarze Splitter, fielen augenblicklich dem Erdboden entgegen.

Als hätte ihn eine seiner Jedi-Ahnungen gewarnt, packte Luke ihren Oberarm und zerrte Mara einige Schritte zurück. Sie ließ es geschehen. Jeder Muskel in Maras Körper war angespannt, wartete auf den Moment des Einschlags.

Es gab ein Geräusch, wie wenn Münzen auf Asphalt auftreffen, als die schwarzen Splitter einer nach dem anderen zu Boden fielen. Klirrend verteilten sich um Kostrykas Leiche wie ein Blütenregen und glitzerten in der Dunkelheit wie herabfallende Sterne. Luke und Mara drängten beide einen weiteren Schritt zurück. Sie konnte die Anspannung in ihm spüren als wie ihre eigene.

Doch Sekunden vergingen und nichts geschah.

Eilig wandte Mara ihren Blick wieder zum Dach hinauf, um zu sehen, was dies zu bedeuten hatte, darauf gefasst ein hämisches Lachen zu hören oder zu sehen, wie jemand einen Fernzünder betätigte.

Die schwarze Gestalt war verschwunden.
 

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Laz und Avarice warteten bereits am vereinbarten Treffpunkt auf sie und beide sahen ein wenig mitgenommen und aufgekratzt aus. Völlig unbewaffnet – von zwei Stiefelmessern, einer Ersatz-Vibroklinge und je einem Thermaldetonator mal abgesehen – standen sie der Kreuzung unter einer flimmernden Straßenlaterne, die fahle und verschwommene Schatten an die Hauswände warf. Sie schenkten jedem, der die Laterne passierte, einen mürrischen Blick, als hoffte sie, dass sich jemand finde, der sich freiwillig von ihnen verprügeln ließ.

May glitt wie eine Kreatur der Nacht ganz lautlos auf die zwei Nichtsnutze zu und ließ die jüngsten Ereignisse noch einmal Revue passieren.

Sie war ein wenig überrascht gewesen, als sie Luke Skywalker als Maras ständigen Begleiter und Schoßhund ausgemacht hatte. Ihr war bewusst gewesen, dass... wie war noch gleich sein Name? ... Enyth dumm genug gewesen war, sich auf Esseles Jedi-Gesellschaft an die Fersen zu heften, doch sie hatte nicht erwartet, dass es direkt der Meister des Ordens sein würde, der dem verlausten, nun mehr toten, Twi'lek hinterher jagte. Doch letztendlich hatte sich der Jedi-Meister als überaus nützlich erwiesen. Immerhin hatte der Jade nach Belderone geführt – was er auch wieder nur Enyths Dummheit verdankte – und war anschließend brav, jedoch auffällig wie eine leuchtende Reklametafel, hinter Jade hergelaufen. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er selbst einen Verfolger hatte, so sehr war er auf Jade fixiert gewesen. Nur hin und wieder war er für einen kurzen Augenblick in die Macht abgetaucht und damit aus Mays Blickfeld verschwunden, doch es hatte nie besonders lange gedauert, bis er wieder auftauchte. Für einen Moment fragte May sich, ob Skywalker wohl besondere Gefühle für Jade hatte, doch irgendwie schien ihr der Gedanke absurd. Wer könnte Mara Jade schon lieben? Jetzt hoffte May nur, dass ihre Gegenspielerin das nächste Rätsel, dass sie ihr praktisch vor die Füße geworfen hatte, entziffern und dem Hinweis nachgehen würde.

May trat in den schummrigen Lichtkegel der Straßenbeleuchtung. Laz und Avarice strafften im selben Moment die Schultern und May bemerkte, dass sie beide wieder einmal nach Alkohol rochen.

"Gar nicht mal übel, Jungs.", kommentierte sie humorlos, "Hättet ihr euch noch ein bisschen mehr in die Hosen gemacht, wärst ihr von Skywalker filetiert worden."

"Ey, Mann, ey, May, hö' ma', echt, wir ham ja nich' geahnt, dass sie 'nen Jedi dabei hat!" rief Avarice und hob abwehrend die Hände. May unterdrückte ihrerseits ein frustriertes Seufzen. Wenn sie nicht schon Pläne für diese beiden Nichtsnutze hätte, wären sie auf der Stelle von ihr umgeblastert worden. Dann wäre zumindest ein Problem gelöst, in diesem Falle gestorben. Aber was nütze es, sich aufzuregen. May hatte erreicht was sie wollte, und das allein war wichtig. Abgesehen davon hatte sie nie wirklich erwartet, dass Laz, Avarice und Kostryka erfolgreich Plan A erfolgreich umsetzen würden.

"Aber muss'est du gleich den arm'n Enyth wegpusten?" fragte Laz und deutete mit dem Finger auf sie. "Das war nich' nett!"

"Haltet die Klappe", herrschte sie Laz und Avarice an, "Seid froh, dass ich vor euch stehe und nicht der König. Der hätte Enyth erschossen und anschließend auf seinem Grab getanzt."

"Du meins', schreiend un' brüllend un' so?" fragte Laz mit Abscheu in der Stimme.

"Dem hätt' ich in'n Arsch getreten!", meinte Avarice. "Enyth war'n guter Mann."

"Wie auf immer.", sagte May und machte eine beiläufige Geste, "Er ist im Dienste der Pirate gestorben. Sehr erstrebenswert. Und jetzt werden wir das Shuttle nehmen und zurück zum Sammeltreffpunkt fliegen. Danach haltet ihr neue Weisung."

Laz und Avarice tauschten nervöse Blicke aus, wagten es aber nicht, irgendetwas zu erwidern. Immerhin hatten sie gerade den 'König' beleidigt. Und so trotteten sie May hinterher, die das kleine Trio durch das unübersichtliche Straßengeflecht führte, als wäre sie hier zuhause.

Sie verließen die Stadt und mittlerweile schimmerten die ersten Anzeichen des bevorstehenden Sonnenaufgangs am Firmament. Vor ihnen erstreckte sich eine Landschaft von karger Schönheit. Nur wenige Schwarzdorn-Akazien säumten den sandigen Boden, aus dem hier du da ein kleiner Busch empor wuchs. May man ihr Fernglas vom Gürtel und überprüfte die Umgebung, fand jedoch nichts, eins eine Schlange, die in der Nähe auf einem Felsen döste.

Sie seufzte zufrieden, als der frische Wind durch ihre kinnlangen, schwarzen Haare strich.

"Es ist nicht mehr weit", informierte sie Laz und Avarice und ging dann zügig weiter. Die beiden schienen mittlerweile ziemlich groggy zu sein, denn sie stützten sich gegenseitig oder rüttelten den jeweils anderen kräftig durch, wenn er kurz davor war einzuschlafen.

Schließlich machten sie Halt. Hier war der Sand sprödem, aufgesprungenem Lehmboden gewichen, der am Tage der Sonne schutzlos ausgeliefert war.

"Sin' wir endlich da?" fragte Laz träge.

May betätigte ihr Comlink. "Wir sind zurück", sagte sie ein wenig ungeduldig. Einige Sekunden vergingen, dann erlosch die Tarnvorrichtung des Shuttles mit einem leisen Surren. May scheuchte die beiden Piraten hinein – die sich sofort in der Messe breit machten und laut schnarchend in einen komatösen Zustand hinüber glitten – und machte sich auf den Weg zum Cockpit. "Wir können los", verkündete sie ohne Einleitung und ließ sich auf den Copilotensitz fallen.

Der devorianische Pilot gab eine Reihe unverständlicher Laute von sich, hämmerte auf die Konsole ein und eine Sekunde später erwachten die Repulsoren zum Leben.

Zufrieden lehnte May sich zurück, griff in die Brusttasche ihres Anzugs und zog eine lange, silbrig weiße Kette hervor, an der ein kreisrundes Geflecht aus selbigem Material hing. Sie drehte den Anhänger zwischen ihren Fingern und bewunderte die kunstvolle Fertigung. Haardüne Fäden aus Perlmuttkristall waren so dicht miteinander verwebt, dass das Geflecht mehr wie eine Medallie oder eine Münze wirkte.

Seltsam, dass etwas so kleines ein so großes Geheimnis bewahren kann, dachte sie und strich sanft über das Medaillon.

Ein kalten Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie daran dachte, dass Mara Jade eben jenes Geheimnis für sie entschlüsseln würde. Und dann würde sie endlich Rache üben, würde ihre Genugtuung bekommen, in vielerlei Hinsicht.

Von diesem glücklichen Gedanken erfüllt, schloss May die Augen, spürte, wie das Shuttle in den Himmel über Belderone aufstieg, und ließ sich vom Schlaf übermannen.
 

-------
 

"Hier, bitte schön."

Mara starrte den dampfenden Becher an, den Skywalker ihr hinhielt.

"Was ist das?"

"Heiße Schokolade", erwiderte er und zog die Augenbrauen voller Verwunderung nach oben. "Wieso? Haben Sie Angst ich könnte Sie vergiften?"

Mara verzog ungehalten den Mund, nahm den Becher dann jedoch schweigsam an und trank einen Schluck. Skywalker ließ sich mit einem Seufzen neben sie in den Copilotensessel fallen und starrte gedankenverloren auf die Umrisse der alten Hauptstadt hinaus. Streifen von Purpur und Lavendel zeigten sich am Horizont und kündeten den neuen Tag an, während sie schweigend neben einander saßen. Und so blieb das Cockpit der Jade's Fire, bis auf R2-D2s mechanisches Tuten und Gurren, ruhig. Der Astromech hatte sich in die Output-Buchse des Bordcomputers eingeklinkt und durchsuchte die öffentlichen Archive und das HoloNet nach Informationen über die schwarzen Splitter, die Luke und Mara aufgesammelt hatten.

Beide waren verwundert gewesen, dass die Jade's Fire bei ihrer Rückkehr absolut unberührt geblieben war. Niemand hatte während ihrer Abwesenheit besonderes Interesse an dem Schiff bekundet, noch versucht sich gewaltsam Zugang zu verschaffen. Das hatte nicht nur Maras eindringliche Untersuchung ihres geliebten Schiffes ergeben, auch die Aufzeichnungen der Hafenbehörde hatten dies bestätigt. Erst nachdem sie sich einhundertprozentig sicher waren, dass alles in Ordnung war, hatte Mara einer Dusche zugestimmt.

Und so saßen sie nun da: Sie mit einem Becher heißer Schokolade und die nassen Haare in ein Handtuch gewickelt, er in seinem schwarzen Overall, einen Splitter zwischen den Fingern drehend, den Blick in die Ferne gerichtet. Mara hatte immer noch das Gefühl nach einem Abflussrohr zu riechen, obwohl sie fast eine Stunde lang den Schlamm von sich herunter geschruppt hatte.

Immerhin, dachte sie, habe ich so die Tönung wieder aus den Haaren bekommen.

Mara spürte einen unangenehmen Knoten in ihrem Magen, als wollte sich etwas darin seinen Weg ins Freie suchen. Ihr war, als müsste sie etwas zu ihrem grandios misslungenen Plan und zu ihrer Verteidigung sagen, auch wenn Skywalker weder durch seine Haltung, noch durch eine einzige Silbe danach verlangt hätte. Aber vielleicht war es gerade das, was ihr so missfiel. Auf der anderen Seite wurde sie das Gefühl nicht los, dass dies nicht länger eine Mission der Schmugglerallianz oder der Jedi war. Irgendetwas schien sie, Mara persönlich, in diese Ereignisse verstricken zu wollen, doch sie konnte beim besten Willen nicht sagen was.

Sie nahm einen weiteren Schluck Schokolade. Es war wirklich frustrierend.

"Ich hoffe, R2s Analyse hilft uns weiter", sagte sie und sie wusste, es war ein lahmer Versuch Konversation zu machen. Schließlich mussten sie sich nun beratschlagen, wie diese wilde Banthajagd weiter gehen sollte. Skywalker brummte eine Zustimmung und betrachtete weiter den Splitter in seiner Hand, als könnte er dadurch das Rätsel lösen.

"Ist Ihnen aufgefallen, dass die Splitter nicht aus Metall sind?" fragte er beinahe beiläufig, als Mara ihren Becher fast ganz geleert hatte.

"Woraus sollten sie sonst sein, wenn nicht aus Metall?" fragte sie und platzierte das Trinkgefäß vorsichtig auf der abgeschalteten Navigationskonsole neben sich.

Luke zuckte mit den Schultern und sprach ohne sie anzusehen: "Keine Ahnung, aber es fühlt sich nach keinem Metall und keiner Legierung an, dass ich kenne."

"Die Galaxis ist groß, Skywalker", meinte sie und klang dabei mürrischer, als sie wollte. Aber das reichte wohl, um seine Aufmerksamkeit wieder auf sie zu lenken. Er sah sie mit seinen blauen Augen durchdringend an.

"Ich habe Ihnen gleich gesagt, dass ich es für keine gute Idee halte", meinte er ruhig, "aber was geschehen ist, ist geschehen."

Sie spürte, wie sich der Knoten in ihrem Magen enger zog und Zorn in ihr hoch wallte. Und offensichtlich konnte er es auch spüren, als sie sich ihm plötzlich zuwandte und seinen Blick offen erwiderte.

"Schon gut! Sie hatten Recht, ich Unrecht. Ich hätte auf den großen, weisen Jedi-Meister hören sollen, anstatt auf mein inneres, einfältiges, törichtes Stimmchen oder weibliche Intuition. Zufrieden? Kein Grund mich daran zu erinnern!", schleuderte sie ihm entgegen.

"Zufrieden?" fragte er und klang weniger beleidigt, als mitfühlend. "Ganz und gar nicht."

Er schüttelte den Kopf. "Ich halte Sie weder für einfältig oder töricht. In der Tat haben sich ihre Instinkte in der Vergangenheit als äußerst zuverlässig erwiesen. Dieses Mal haben Sie sich bloß verschätzt."

"Eine Fehleinschätzung kommt in meiner Branche einem Todesurteil gleich", kommentierte sie.

"Jeder macht Fehler", beharrte Skywalker.

"Dann häufen sie sich bei mir in letzter Zeit. Und zwar auffallend."

"Könnten Sie bitte aufhören, sich selber fertig zu machen?"

"Und was ist wenn ich gerade Lust dazu habe?" konterte Mara, doch sie wusste in einer entfernten Ecke ihres Bewusstseins, dass sie sich für ihn wie ein bockiges Kind anhören musste. Aber im Moment wollte sie nichts mehr, als ein bisschen Dampf ablassen, und wenn er das nicht ertragen konnte, stand es ihm frei zu gehen. Sie wäre die Letzte, die versuchen würde ihn davon abhalten. "Halten Sie lieber die Luft an, sonst klingen Sie gleich noch, wie einer dieser romantisch unterbelichteten HoloNet-Prediger, die einem weismachen wollen, sie könnten mit Göttern reden."

Sie hörte, wie er einen tiefen, kontrollierten Atemzug tat und sich dann wieder schweigend zurück lehnte, um die Landschaft zu betrachteten. Die purpurnen Flecken breiteten sich immer weiter aus und machten Platz für ein helles, klares Blau, vermischt mit den ersten, gelbgoldnen Strahlen der Sonne.

Mara folgte seinem Blick, ein wenig enttäuscht, dass er so schnell nachgegeben hatte, und starrte auf die Stadt hinaus.

"Was finden Sie nur an diesem Ausblick?" fragte sie nach einer Weile. Unter anderen Umständen hatte sie den Sonnenaufgang vielleicht als hübsch empfunden, aber sie fühlte sich taub, als könnte sie die Schönheit nicht mehr wahr nehmen.

Er verzog den Mund zu einem sardonischen Lächeln.

"Sie haben wohl nicht viel für Romantik übrig, oder?"

"Ich habe in meinem Leben keine Zeit für Romantik und ich lege auch keinen besonders großen Wert darauf", sagte sie streng, "Sie hingegen sind noch zu sehr mit Ihrer Callista beschäftigt, um..."

Sie hielt inne, als sie sah wie sich seine Miene kaum merklich verfinsterte, und wusste, dass sie einen empfindlichen Punkt getroffen hatte.

"Sie halten mich also auch für romantisch unterbelichtet, ja?" fragte er und die Verärgerung schwang deutlich in seiner Stimme mit.

"Ich sage nur, dass Sie immer noch Ihrem Mädchen nachtrauern, auch wenn sie nach Nam Chorios was anderes behauptet haben", konterte sie. "Sie machen sich etwas vor und trösten sich mit lächerlichen Poesiealbums-Sprüchen darüber hinweg, dass das Leben nicht fair ist. Vielleicht verbringen Sie deshalb so viel Zeit den Solo-Kindern, weil Sie so Ihre zerstörten Familienträume kompensieren können. Und vielleicht brauchen Sie sogar das Praxeum, um ihr Ego zu stärken."

Sie sah, wie sich Fassungslosigkeit auf seinem Gesicht ausbreitete, und er starrte sie an, als hätte sie ihn soeben geohrfeigt. Seine Wangen röteten sich und er lehnte sich in seinem Stuhl vor.

"Passen Sie auf, was Sie sagen, Jade", meinte er hitzig. Offensichtlich verlangte es ihm gerade all seine Jedi-Geduld ab, um sein eigenes Temperament im Zaum zu halten.

Ein Funkeln trat in Maras Augen. "Das hier ist doch eine freie Galaxis, also darf ich ja wohl auch meine Meinung äußern, oder?" Auf eine nahezu sadistische Art und Weise amüsierte sie seine Verärgerung. Es war einfach köstlich zu sehen, dass sich Luke Skywalker immer noch aus der Reserve locken ließ.

"Ja, schon", gab er zu und schob das Kinn trotzig nach vorne, sichtlich um Diplomatie bemüht, "Aber..."

Mara hätte gern noch gehört, welches Gegenargument Skywalker zu seiner Verteidigung hervorzubringen gedachte. Dank R2-D2 kam es nie dazu.

Der Astromech-Droide war jedoch schneller und schob sich mit größter Beharrlichkeit zwischen die Sitze der beiden Streithähne und übertönte seinen Meister mit einer Reihe von aufgeregten Piepern und Heulern. Skywalker verzog den Mund und legte R2-D2 beruhigend eine Hand auf die blaue Kuppel. "Schon gut, R2."

"Was hat er gesagt?" verlangte Mara zu wissen.

"Das er mit der Analyse fertig ist", erwiderte Skywalker trocken, doch sie wusste, dass das nicht alles gewesen sein konnte.

"Und weiter?" bohrte sie.

Skywalker warf ihr einen Blick zu. Seine Wut schien wieder verflogen, was zurück blieb war bloße Resignation.

"Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie verdammt anstrengend sein können?" fragte er trocken und wandte sich wieder R2 zu, wodurch er Maras tödlichem Blick entging. Er beugte sich vor, löste die Abdeckung des Mainframe-Prozessors und verband R2 über ein Kabel mit einem der freien Ports.

Mara hingegen presste die Lippen aufeinander. Vielleicht sollte sie es fürs Erste dabei belassen.

Auf dem Holo-Bildschirm erschien eine exakte, detailgetreue Abbildung eines Splitters, kurz darauf erschienen die Titel mehrerer Einträge dazu im HoloNet. Skywalker bat seinem Astromech-Droiden, den ersten Eintrag aufzurufen.
 

Die 'Steinerne Blume' (mandalor.: Oriaans, selk.: Xchulthu) zählt zur Pflanzengattung der Blüten-Gewächse und ist ausschließlich in der Steppe des Planeten Dantooine zu finden. Ihren Namen verdankt sie einer ihr eigenen Fähigkeit bei der Reproduktion. In ihrer Keimzeit während eines milden Frühlings ist die Blüte ungeöffnet, Stiel und Blätter erscheinen weiß. Während ihres Wachstums entwickelt sich das Chlorophyll entlang des Stiels, die Blüte öffnet sich. Die Farbgebung der Blüte kann unterschiedlich sein, je nachdem, mit welcher Untergattung die Spender-/Eltern-Generation gekreuzt wurde. Gelbrote und blaugrüne Verläufe zählen zu den am häufigsten auftretenden Blütenfarben. Am Ende des Herbstes beginnt der Degenerationsprozess und damit die Reproduktion, bei der Stiel und Blätter eine gelbliche Farbe annehmen. Die Blüte bleibt geöffnet, verändert jedoch ihre genetische Struktur. Primäre Merkmale wie die Form bleiben erhalten, jedoch ereignet sich ein spontaner Wandel in der Decodierung der DNS. Die pflanzeneigenen Proteine zersetzen die zellularen Membranen und Zellwände und bauen sie neu zusammen, so dass sich eine wetterresistente, feste Außenhülle bildet. Ist ein Blütenblatt vollständig umgewandelt, wird es abgeworfen. Im Inneren ist die Erbinformation sicher abgespeichert.

Bereits während der Mandalorianischen Kriege wurden die gehärteten Blütenblätter bei zeremoniellen Bestattungsriten, als Schmuck und als Werkzeugbestandteil verwendet. Durch Plünderer und mandalorianische Söldner verbreiteten sich einzelne Arten auch auf Mandalore und im Manaan-System, wo sie jedoch rasch wieder ausstarben.

Aufgrund ihrer außerordentlichen Seltenheit und der schwachen Reproduktion der Pflanze in der freien Natur von Forschungsbeauftragten und Paläobotanikern der Neuen Republik als äußerst gefährdet eingestuft...
 

Als sie beide geendet hatten, warf Skywalker ihr einen fragenden Blick, als warte er darauf, dass sie ihre Meinung kundtat.

Mara biss sich auf die Lippen und dachte angestrengt nach. Also waren die schwarzen Splitter keine Metallfragmente, sondern verwelkte Blütenblätter. Aber warum sollte jemand nach einem Attentat mit Blütenblättern um sich werfen? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es sich dabei um einen 'zeremoniellen Bestattungsritus' handelte. Auch hatte die Gestalt keins der typischen Merkmale eines Mandalorianers gezeigt, was vielleicht eine andere Verbindung zur Oriaans-Pflanze hergestellt hätte.

Nein, es war etwas anderes.

Sie erinnerte sich an den Schauer, der über ihren Rücken gekrochen war, als sich ihre Blicke getroffen hatte. Sie kannte diese Person und sie war hinter Mara her.

"May sagte, dass Sie gut sein würden."

Es durchzuckte sie wie ein heftiger Energiestoß, als sie sich an Kostrykas Worte erinnerte.

Konnte das sein? Die Person auf dem Dach, konnte es sein, dass es May Lynn Montross gewesen war?

Hatte Kostryka von ihr gesprochen?

Wenn ja, was wollte May Montross von ihr? Welchen Nutzen zog sie daraus, Meelam in ihrer Gewalt zu haben?

"Was ist los?" hörte sie Skywalker entfernt fragen. Sie blinzelte und ihr Herz nahm wieder seine Arbeit auf, nachdem es für eine Sekunde stehen geblieben war.

Luke sah Mara mit einer Mischung aus ernsthafter Sorge und Verwunderung an.

"Es ist ein Hinweis", meinte sie nur. "Die Blütenblätter sind ein Hinweis. Wer auch immer Meelam in seine Gewalt gebracht hat, sie will, dass wir ihr folgen. Sie wusste, dass wir die Splitter anaylsieren würden, genauso, wie sie gewusst hat, dass wir hierher kommen würden. Das bedeutet, sie wollte, dass wir diesen Eintrag finden, um uns zum nächsten Ziel zu locken."

"Ich weiß nicht, ob das klug ist, immerhin können wir so leicht in einen Hinterhalt geraten", warf Skywalker ein und studierte noch einmal den HoloNet-Eintrag. "Andererseits", seufzte er, "haben wir sowieso keine andere Wahl."

"Das hier ist meine Mission, Skywalker", erklärte Mara. "Sie müssen mich nicht begleiten."

"Ich habe gesagt ich komme mit Ihnen, also werde ich auch bleiben", sagte er ruhig, aber bestimmt.

Sie nickte bloß. Sie konnte ihn nicht zwingen zu bleiben, aber sie konnte ihn ebenso wenig dazu zwingen zu gehen. Nun, so musste sie wenigstens nicht allein durch diesen Schlamassel und vier Augen sahen bekanntlich mehr als zwei.

Mara spürte ein seltsames Kitzeln in ihrer Magengrube. Sie waren nach Belderone gekommen, um Antworten zu finden, doch sie hatten nur noch mehr Fragen gefunden. Es blieb ihnen nur übrig dem einzigen, stichhaltigen Beweis nachzugehen: Dem Herkunftsort der 'Steinernen Blume'.

Also fasste Mara einen Beschluss. Es war egal, was an ihrem Ziel auch lauern musste oder welches Übel May Montross ihr vielleicht zufügen wollte, sie durfte jetzt nicht aufgeben. Immerhin musste sie Karrdes Auftrag zu Ende bringen. Und die Antworten würden schon noch kommen, auf die ein oder andere Weise.

Sie wandte sich der Konsole zu und tippte den Kenncode ein, mit dem sich die Triebwerke der Jade's Fire starten ließen, wobei Luke sie aufmerksam beobachtete.

"Dantooine?", fragte er.

Wieder nickte sie.

"Dantooine."

A Dive Into the Heart

Skywalker stocherte schweigsam in seinem Rohkostsalat aus Rupyine-Bohnen und Elion-Paprika herum, die vom Küchenchef in der einheimischen Variante einer Vinaigrette ertränkt worden waren. Mara hingegen hatte ihr Nerf-Filet noch nicht einmal angerührt. Es stand immer noch da und wurde langsam kalt und Luke hatte es aufgegeben, sie zum Essen zu bewegen.

Sie saßen auf der Dachterrasse eines kleinen, familiär wirkenden Restaurants ganz in der Nähe ihrer Landebucht. Die Siedlung lag friedlich zu ihren Füßen da und die Sonne tauchte die Häuser und Straßen in ein Licht von sanftem Gelb und Rosa. Die Luft war klar und trug noch die Kühle des vergangenen Winters mit sich. Auf dem Platz vor dem Restaurant fuhr gelegentlich ein Speeder vorbei und übertönte damit das leise Stimmengewirr auf der Straße. Der pastellblaue Himmel über Dantooine wurde nur vom Schleier kleiner Quellwolken bedeckt. Die Idylle hätte direkt aus einem Hotelzimmer-Gemälde stammen können.

Mara, ganz versunken in die Lektüre eines Reiseführers, biss sich konzentriert auf die Unterlippe und versuchte das Szenario auszublenden, obwohl es angenehm war nach all den verkommenen Welten wie Ord Mantell und Belderone solch natürliche Harmonie zu genießen.

„Und?“, fragte Luke, der gerade eine weitere Gabel Bohnen in Essig-und-Öl-Sauce herunter geschluckt hatte. „Schon Etwas gefunden, das uns weiter helfen könnte?“

„Nein“, sagte Mara gedankenverloren und wechselte die Karten in ihrem Datapad.

Vorhin waren sie die einzigen Reisenden in dem winzigen Hafenbüro gewesen und eigentlich war seit dem alles ruhig und vollkommen normal verlaufen, auch wenn Skywalkers Erscheinen bei dem kleinen gedrungenen Mann hinter der Ladentheke fast einen Herzinfarkt verursacht hatte. Der Hafenleiter selbst – ein schlaksiger Mann zwischen dem fünfzigsten und sechzigsten Lebensjahr, wie Mara schätzte – war daraufhin erschienen, um sie in Solely City zu begrüßen und sie mit seiner Ehrerbietung zu überschütten. Nachdem Luke ihm eine ganze Weile die Hand geschüttelt hatte, war er dann gewillt gewesen, ihnen einige elektronische Reiseführer und Landkarten der Umgebung zu verkaufen. „Ich kann Ihnen auch nur herzlichst die umfangreiche Medienbibliothek unserer Stadtverwaltung empfehlen. Unsere Geschichte reicht immerhin fast fünftausend Jahre zurück und selbst die alten Jedi hatten hier einst eine Enklave!“ hatte er sich, wild gestikulierend, ausgelassen. „Wir nehmen die hier, danke!“, hatte Mara entschlossen interferiert und die Credits passend auf die Ladentheke geknallt, ehe Skywalker sich zu irgendwelchen historischen Ausflügen hinreißen ließ.

Sie hörte, wie Luke seinen Teller leerte und sein Besteck ordentlich beiseite legte. Der Polsterbezug des Stuhls quietschte, als er sich zurücklehnte.

„Mein letzter Besuch hier war nicht besonders erfreulich“, sagte Skywalker mit ernster Miene. „Dabei hatte ich gedacht, dass Gantoris' Leute hier sicher wären. Kaum zu glauben, wozu Daala fähig gewesen ist.“

Mara sah von ihrem Datapad auf und zog verwundert die dünnen Brauen nach oben. Die Unterhaltungen zwischen Luke und ihr waren seit ihrem Streit auf Belderone genau so unterkühlt gewesen wie die Frühlingsbrise, die gerade durch die Gassen wehte. Sie waren beide höflich, aber distanziert geblieben und hatten nur miteinander gesprochen, wenn es zwingend notwendig gewesen war. Die meiste Zeit war Mara ihm aus dem Weg gegangen und hatte sich in ihrer Kabine mit dem Papierkram für die Schmugglerallianz beschäftigt oder Nachrichten in ihrem Holo-Postfach beantwortet. Sie hatte es als Vereinbarung mit beidseitigem Einverständnis aufgefasst, als Skywalker keinerlei Anstalten machte, das Gespräch mit ihr zu suchen. Offenbar hatte sie falsch gelegen, denn nichts anderes war diese Äußerung: Der Versuch, ein Gespräch zu beginnen.

„Wenigstens sind sie für ein paar Tage wirklich glücklich gewesen“, kommentierte Mara, die sich nochgut an die Schreckensbericht über die Vernichtung der Eol Sha erinnerte. Sie selbst war hatte vor zwei Jahren die Nachrichten zu Skywalkers Jedi-Akademie gebracht.

Mara lege das Datapad beiseite und beschloss, ihr nun mehr lauwarmes Nerf-Filet endlich zu essen. „Vielen Lebewesen ist nicht einmal das vergönnt. Sie sollten sich deswegen keine Vorwürfe machen.“

Mara wartete nur auf sein „Das tue ich doch gar nicht!“, doch zu ihrer Überraschung nickte Skywalker bloß und ließ es dabei bewenden.

„Wir haben also keine näheren Hinweise?“ hakte er nach.

Mara spülte einen trockenen Bissen Fleisch mit einem Schluck Wasser hinunter. „Nein, haben wir nicht.“

„Aber es muss doch irgendetwas in diesem Reiseführer gestanden habe, oder?“

„Ja, das schon", erwiderte Mara und spießte einige Kartoffelscheiben auf ihre Gabel auf, „zum Beispiel, dass Solely City eine von drei befestigten Städten auf Dantooine ist; dass 67 Prozent der Festlandvegetation aus Steppe besteht und dass zwischen dem fünften und dem achten Monat die Regenzeit einsetzt. Ansonsten ist Dantooine hauptsächlich von Nomaden bevölkert. Die zerstörte Rebellenbasis, die Ruine einer alten Jedi-Enklave und ein dunkler Hain aus Steinen zählen zum galaktischen Kulturerbe der Alten Republik und einmal alle vierundzwanzig Monate findet eine traditionelle Iriaz-Jagd statt. Wollen Sie noch mehr hören?“

Er blinzelte sie an.

„Äh, nein... danke“, sagte er langsam, als müsse er die ganzen Informationen erst einmal abspeichern. „Haben Sie denn auch schon eine Idee, was wir als nächstes tun sollen?“

„Zu erst“, antwortete sie zwischen zwei Bissen, „werde ich aufessen. Dann werden wir unsere Rechnung bezahlen. Und danach bin ich für jeden Vorschlag offen, den Sie mir anbieten können.“

Seine Mundwinkel zogen sich kaum merklich nach oben.

Und so wartete er geduldig, bis sie ihre Mahlzeit ebenfalls beendet hatte, dann beglichen sie beim Wirt ihre Rechnung und traten hinaus auf den kleinen, runden Platz. Einige der Passanten warfen ihnen prüfende Blicke zu, da sie als Einzige nicht in blass gefärbte Leinenstoffen gewandet waren wie die Einheimischen. Skywalker kam mit seiner sandfarbenen Jedi-Robe dem lokalen Kleidungsstil schon nahe, doch Mara in ihrem schwarzen Bodysuit fiel völlig aus der Reihe.

Sie wandten sich nach links und bogen in eine breite Fußgängerzone ein. An kleineren Ständen und in den Läden wurden importierte Waren von allen Welten des Middle und Outer Rim angeboten. Gelegentlich stand eine Hand voll Menschen vor einem der Stände und unterhielt sich angeregt.

„Erinnert mich an Anchorhead“, warf Skywalker beiläufig ein, „nur nicht ganz so staubig und trocken. Wenn die Ernte auf der Feuchtfarm vorbei war, sind Onkel Owen und ich immer in die Stadt gefahren, um Geschäfte zu machen. Das waren in meiner Jugend die besten Tage des ganzen Jahres.“

„Auf gewisse Weise sind doch alle Hinterwäldler-Systeme irgendwie ähnlich, oder nicht?“ fragte Mara, blieb stehen und besah sich einen Korb voll Barabelfrüchte. „Sie sind oft isoliert, haben eine schwache Infrastruktur und Industrie... aber das gehört wohl zu ihren Charme.“

„Charme?“ wiederholte Luke ungläubig. „Ich wüsste nicht, was an Tatooine charmant sein sollte, auch wenn es weit schlimmere Orte in dieser Galaxis gibt.“

„Sie sind dort aufgewachsen, Sie können das nicht verstehen“, meinte Mara und zählte ein paar Creditmünzen in die Hand des Obsthändlers. „Für jemanden, der auf Coruscant groß geworden ist, kann diese Ruhe und Abgeschiedenheit sehr erholsam sein. Zumindest gelegentlich.“

Sie nahm zwei Barabelfrüchte vom Obsthändler entgegen und drückte Luke eine davon in die Hand, als sie weitergingen.

„Und ich dachte immer, Sie bräuchten ständig Action und so weiter“, sagte Skywalker, „schließlich haben Sie es auch nicht lange auf Yavin 4 ausgehalten.“

„Ich kann es nicht ertragen völlig von der Außenwelt abgeschnitten zu sein, wenn ich genau weiß, dass ich da draußen sein sollte, um mit anzupacken. Ich kann nicht tatenlos daneben stehen, während die gesamte Republik sich in einem politischen Dilemma verstrickt“, erklärte Mara ruhig und biss ins saftige, violette Fleisch der Barabelfrucht. „Das ist etwas vollkommen anderes, als sich in Zeiten des Friedens für ein paar Tage zurück zu ziehen und seinen Kopf frei zu bekommen.“

„Ich verstehe, was Sie meinen“, stimmte Luke mit einem humorlosen Lächeln zu, „nur, dass es selten eine Zeit des Friedens gibt, in der man sich ausruhen könnte.“

Mara nickte: „Das ist das Problem. Und wir sind ja auch nicht hierher gekommen, um Urlaub zu machen, oder? Auch wenn ich beim besten Willen nicht sagen kann, was genau wir hier vorfinden sollen.“

Der Gedanke geisterte ihr schon seit dem Moment, da sie ihr Schiff verlassen hatte, durch den Kopf.

Welchen Sinn sah May darin, sie hierher zu locken?

Oder machte sich Montross nur einen abgöttischen Spaß daraus, Mara ohne Sinn und Verstand umherirren zu sehen?

Sie bogen in eine weitere, noch breitere Straße ein. Zwischen den Häusern waren hier kleine Bäumchen gepflanzt worden, die das Stadtbild ein wenig auflockerten.

„Scheint die Hauptstraße zu sein“, vermutete Luke und sah nach oben.

Entlang der Straße waren Girlanden aufgespannt worden, die über und über mit Blüten besetzt waren. Die Farben und Formen waren zahllos. Selbst an den Bäumstämmen und an den Eingangstüren der Läden ringelten sich Blumengirlanden und ergaben ein farbenfrohes, aber dennoch geordnet wirkendes Durcheinander.

Vor ihnen jagten sich sechs Kinder, drei Jungen und drei Mädchen, gegenseitig über die Straße und warfen mit Blütenblättern um sich. Alle Erwachsenen drehten die Köpfe und schauten den Kindern mit einer Mischung aus Staunen und Wohlwollen hinter.

Mara blieb stehen und sah interessiert dabei zu, wie eines der Mädchen zu einer älteren Frau hinging und ihr eine einzelne Blume anbot. „Danke dir, mein Kind“, sagte die Frau mit knarrender Stimme. „Richte deiner lieben Mutter einen Gruß von mir aus.“

Das Mädchen grinste breit und hüpfte dann weiter die Straße entlang, kam langsam in Maras und Lukes Richtung.

Erst als sie knappe drei Meter von ihnen entfernt war, blieb das Mädchen stehen und starrte erst Luke, dann Mara an und taxierte sie von Kopf bis Fuß. Der Grinsen auf ihrem Gesicht erstarb.

„Euch hab' ich hier aber noch nie gesehen“, stellte das Mädchen fest. „Seid ihr beide Außenweltler?“

Mara zog die Augenbrauen hoch und warf Skywalker einen prüfenden Blick zu.

Dieser lächelte sanft und ging in Knie, um mit dem achtjährigen Mädchen auf Augenhöhe zu sein.

„Ja, wir sind nur zu Besuch hier“, bestätigte Luke und bot dem Mädchen seine Hand an. „Ich bin Luke und das hier ist...“, er machte eine Pause, als suche er nach der richtigen Bezeichnung, als was genau er die Frau neben sich vorstellen sollte, „das hier ist meine Kollegin Mara. Wie ist dein Name?“

Bedächtig musterte sie Luke eingehend, unterzog dann erneut Mara einer gründlichen Prüfung und schüttelte schließlich Lukes Hand.

„Ich bin Seena.“

„Hallo, Seena“, antwortete Skywalker und lächelte noch breiter. „Das ist wirklich ein hübscher Name.“

Mara verzog angesichts von Skywalkers rührigen Worten belustigt den Mund und verbarg ihre Grinsen hinter einer vorgehaltenen Hand. Wenn er den Kinderflüsterer spielen wollte würde sie ihn nicht davon abhalten.

Das Mädchen kicherte verlegen und schwang mit dem Blumenkorb hin und her.

„Kennst du dich gut mit Blumen aus, Seena?“ fragte Luke und nickte in Richtung Korb.

Seena nickte äußerst enthusiastisch.

„Jedes Jahr nach der Ernte gibt es ein großes Fest und überall werden Blumen aufgehängt. Das ist viel Arbeit, ich helfe immer.“

„Dann hast du doch sicher schon einmal so etwas hier gesehen, oder?“ fuhr Skywalker fort und fingerte eins der 'versteinerten' Blütenblätter aus seiner Gürteltasche. Seena starrte die Blatt eine Weile an, musterte es genauso intensiv und eindringlich wie Luke und Mara.

„Wer solche Blumen haben will“, sagte Seena schließlich, „der muss zu Sarzamin Saia gehen.“
 

~*~*~
 

Die sandsteinfarbene Fassade und die einfache runde Architektur ließen das Haus und damit Sarzamin Saias Geschäft ungewöhnlich klein aussehen, doch als Mara, Skywalker und Seena den Laden schließlich betraten, blieb sie einen Moment lang voller Verblüffung stehen. Der Blumenladen entpuppte als ein einziger, riesiger Garten, der viel breiter zu sein schien als das Gebäude von außen vermuten ließ. Die Wände waren so voll mit Blumen, Büschen, Sträuchern, Gestecken und anderen botanischen Kunstwerken, so dass die Regale, auf denen sie standen, nicht mehr zu erkennen waren. Die Luft war nun feuchter und dicker als auf der Straße und war mit vielen, exotischen Düften geschwängert, die Mara unentwegt die Nase kitzelten, während das Mädchen sie zwischen Tischen voller Blumensträuße und Topfpflanzen durch den Laden führte. Seena schlich durch die Regalreihen, als wären sie ihr Zuhause.

Skywalker setzte sich in Bewegung und folgte dem Mädchen auf Schritt und Tritt, Mara schlenderte als Schlusslicht hinter ihnen her. Sie passierten eine Glastür und fanden sich in einem Gewächshaus wieder. Flache, breite Tische voll Blumenerde, Dünger und Kräuterbeete schienen vom Eingang bis zur rückwärtigen Wand zu reichen. Mittendrin hockten drei Frauen und ein älterer Mann und jäteten Unkraut. Alle vier trugen khakifarbene Tuniken, dicke Gärtnerhandschuhe und einen Strohhut, der sie vor der künstlichen Bestrahlung von der Decke schützte.

„Sarza!“ rief das Mädchen und ruderte heftig mit beiden Armen, um auf sich aufmerksam zu machen. „Sarza, ich hab' Besuch mitgebracht!“

Die vier fleißigen Gärtner hielten in ihrem Tun inne und richteten sich langsam, fast mühselig auf. Der Mann rückte sich den Strohhut zurecht, wodurch seine dichten, buschigen, grauen Augenbrauen zum Vorschein kamen. Dann flüsterte eine der Frauen – klein und ein wenig dicklich – den anderen etwas zu, worauf sie ihre Arbeit mit akribischer Genauigkeit fortsetzten.

Sarzamin Saia wirkte wie eine strahlend schöne Blume, die sich langsam dem Herbst ihres Lebens näherte. Um die Augen und den Mund herum waren die ersten Fältchen zu erkennen und auch einige silbrig-weiße Strähnen hat sich wie Fäden durch ihren brauen Schopf gezogen. Doch obwohl sie wie eine Frau wirkte, die in ihrem Leben viel gelacht hatte, sah sie nun ernst und forschend drein, während sie sich ihren Weg durch die Beete zu ihnen bahnte. Anders als die beiden Männer von der Hafenbehörde, schien sie durch die Anwesenheit Skywalkers, des wohl prominentesten Jedi dieser Tage, ganz und gar nicht aus dem Häuschen zu geraten.

Seenas Laune hingegen schien sich durch nichts trüben zu lassen und sie herzte Saia heftig, als sie das wartende Grüppchen erreichte. Mara warf Skywalker einen flüchtigen Seitenblick zu und wartete darauf, dass er etwas sagte, doch er lächelte nur selig vor sich hin.

Dann wandte Sarzamin Saia ihre Aufmerksamkeit den beiden Jedi zu. Mit einer Hand nahm sie den Strohhut ab und zog dabei die Augenbrauen so heftig zusammen, dass sich auf ihrer Stirn eine senkrechte Furche bildete. Sie schien nicht besonders erfreut über ihren Besuch.

„Guten Tag“, sagte Mara schließlich. „Ich hoffe, wir stören Sie nicht bei der Arbeit. Seena hat uns geraten, uns an Sie zu wenden. Ich bin…“

„Schon gut“, erwiderte Saia und wedelte mit einer behandschuhten Hand, „ich weiß, wer Sie beide sind. Man hat sie bereits angekündigt. Kommen Sie, lassen Sie uns in meinem Büro weiter reden.“

Die Blumenhändlerin wandte sich kurz noch einmal dem Mädchen zu und flüsterte ihr etwas zu, worauf Seena nickte und zu den anderen drei Gärtnern im Gewächshaus hinüber hüpfte. Das Lächeln war von Skywalkers Gesicht verschwunden, als Mara ihm einen weiteren Blick zu warf. Man hatte sie angekündigt?

Wenn dem so war, dann gehörten ihre Nachforschungen hier zum Puzzle, das man für sie angefertigt hatte. Das brauchte sie der Lösung zwar nicht näher, allerdings wussten sie nun, dass sie auf dem richtigen Weg waren.

Schweigend folgten sie Saia, die sie nun zurück in den Geschäftsbereich und dann links einen kleinen Gang hinunter führte. In ihrem Büro angekommen, welches mit Kisten und kleineren Fachtcontainern mit Düngemittel voll gestellt war, bat sie die beiden Jedi vor ihrem Schreibtisch Platz zu nehmen. Hastig sammelte sie einige Rechnungen und Bestellformulare von der Schreibtischplatte auf und verstaute sie in einer Kommodenschublade, ehe auch sie sich mit einem schweren Seufzen auf den einfachen Holzstuhl hinter ihrem Tisch fallen ließ und ihre Gärtnerhandschuhe abstreifte. Unruhig leckte Mara sich über die Lippen und beobachtete Saia sehr genau.

„Nun“, sagte Saia und rieb sich müde die Augen, „ich hatte eigentlich später mit Ihrem Eintreffen gerechnet, obwohl ich nicht gedacht habe, dass Sie einen Jedi-Meister dabei haben würden. Aber, ich schätze, dieser Zeitpunkt ist wohl so gut wie jeder andere auch, nicht wahr? Ich würde Ihnen ja etwas zu trinken anbieten, aber unser Lieferant ist spät und wir haben zurzeit nur Leitungswasser im Angebot. Zwei Jedi wie Sie sind sicherlich Besseres gewohnt.“

Sie lehnte sie mit den Ellbogen auf die Kante des Schreibtisches und ließ ihre Blicke von Luke zu Mara und wieder zurück wandert. „Wie kann ich Ihnen also zu Diensten sein?“

Wieder flackerten Maras Blicke zu Skywalker hinüber, der mit unleserlicher Miene da saß und darauf zu warten schien, dass sie das Wort ergriff. Wahrscheinlich hatte sie ein wenig zu oft betont, das dies hier ihre Mission war und nicht seine.

„Da Seena von Ihnen als Expertin für Pflanzenkunde empfohlen hat“, begann Mara, „möchten wir uns mit ein recht simplen Frage an Sie wenden. Was wissen Sie über die Steinerne Blume?“

Saia schmunzelte freudlos.

„Ich denke, alles Wissenswerte, das es über Orianna-Blumen zu wissen gibt, finden Sie sich auch im HoloNet, oder? Immerhin sind doch Sie diejenigen in diesem Raum, die Bekanntschaften zu den angesehen Persönlichkeiten der Galaxis pflegen.“

„Oh, derartige Recherche haben wir bereits hinter uns“, erwiderte Mara. „Uns locken weniger die Einzelheiten über die Pflanze hierher, als der Umstand, dass Sie die einzige, in der Hemisphäre bekannte Exporteurin eben jener Pflanze sind. „

„Dann erhoffen Sie sich also Informationen bezüglicher meiner Kunden“, sagte Saia. Es war keine Frage. „Dann muss ich Sie enttäuschen, aber ich werde niemandem, nicht einmal zwei Jedi, derartige Firmeninterna verraten.“

„Es geht auch nicht um all Ihre Kunden“, beharrte Mara, „sondern nur um einen, um einen ganz speziell. Die gleiche Person, die erst vor kurzem eine Handvoll dieser Blumen – Orianna nannten Sie sie, ja? – bei Ihnen in Auftrag gegeben hat. Die gleiche Person, die, wie ich vermute, auch unser Eintreffen angekündigt hat. Und wenn es so ist, wie ich denke, wird diese Person Sie ebenfalls angewiesen haben, uns gerade soviel preiszugeben, dass wir wissen, wohin wir als nächstes gehen müssen, aber nicht, was uns dort erwartet. Abgesehen davon erwarte ich nicht, dass Ihre Kundenliste im Bezug auf dieses spezielle Produkt so ausgeprägt ist, dafür sind diese Pflanzen in der restlichen Galaxis zu exotisch und zu unbekannt.“

Fahrig strich sich die ältere Frau durch den dichten Haarschopf und ihre Augenlider begannen vor Nervosität zu flattern.

„Glauben Sie uns“, warf Skywalker mit sanfter und wohl tönender Stimme ein, „wir sind nicht hier, um Ihnen Schaden zuzufügen. Ganz im Gegenteil, wir sind hier, um ihn zu verhindern. Diese Person, von der meine Kollegin eben sprach, hat eine Geisel genommen und zusammen mit einer Gruppe von Piraten bereits viel Ärgern in den Regionen des Middle Rim gemacht.“

Saia betrachtete ihre Fingernägel und kratzte dann mit der rechten Hand den Handrücken ihrer linken, ehe sie langsam und flüsternd zu einer Antwort ansetzte. Sie beugte sich nach vorn und sah sich noch einmal im Zimmer um, als befürchtete sie belauscht zu werden.

„Ja, dieser Person, von der sie sprechen, war hier. Ich kann nicht genau sagen, ob es sich dabei um einen Mann oder eine Frau handelte, sie sah irgendwie androgyn aus. Jedenfalls kam sie in meinen Laden marschiert und machte sich nicht einmal die Mühe, den Blaster an ihrer Hüfte zu verbergen. Sie orderte ein Dutzend Orianna. Ich sagte ihr, dass wir erst in drei Wochen zur Ernte hinaus fahren, was sie ein wenig wütend machte. Sie bestand darauf, dass wir auf der Stelle diese Blumen besorgen, sie wollte dafür einen Aufpreis bezahlen. Des Weiteren bestand sie darauf mich zu dem Feld zu begleiten, wo die Blüten gepflückt werden.“

„Und Sie sind dieser Bitte nachgekommen?“ hackte Mara nach.

„Ja, wenn auch ein bisschen widerwillig. Diese… Person war mir nicht geheuer. Um ehrlich zu sein habe ich befürchtet, dass sie mir gleich den Laden in Schutt und Asche legt. Ihre Körpersprache war sehr beherrscht, aber sie hatte dieses Funkeln in den Augen, wissen Sie was ich meine?“

Nun lächelte Mara humorlos.

„Sie meinen Blutdurst?“

„Ja, so könnte man es ausdrücken.“

„Was passierte dann?“ fragte Skywalker.

„Ich bat sie, bis zum Ladenschluss zu warten, dann trafen wir uns am Stadtrand und ich brachte sie zu der Aue, auf der die Orianna wachsen. Ich sammelte die Blüten und sie bezahlte bar. Sie sagte, ich würde schon bald Besuch von einer Frau namens Mara Jade bekommen, die ebenfalls nach den Pflanzen fragen würde. Dann fuhr sie auf einem Speederbike davon.“

Stille trat ein und die Blumenhändlerin stieß erneut ihre Fingernägel in ihren Handrücken, während Mara als auch Luke versuchten, aus dem eben Gehörten eine logische Schlussfolgerung zu ziehen.

„Wo genau ernten Sie die Blüten?“ fragte Mara.

„Die Aue auf der die Blume wächst gehört zum alten Anwesen der Matales.“

„Und Sie haben einen Pachtvertrag, dass Sie das Grundstück einfach so betreten dürfen?“

„Mir gehört das Grundstück“, antwortete Saia und ihre Mundwinkel zogen sich für einen kurzen Moment nach oben, als sie Maras verwunderten Gesichtsausdruck sah. Es lag eine unterschwellige Traurigkeit in ihrem Lächeln. „Ich war mit der letzten Erbin der Matale-Familie gut befreundet. Sie hat es mir vermacht, kurz bevor sie starb.“

Saia seufzte und der Ausdruck in ihren Augen ließ vermuten, dass ihre Gedanken für eine Sekunde in weite Ferne glitten. „Wie lange ist das jetzt her? 25, fast 30 Jahre.“

Die Blumenhändlerin schüttelte sachte den Kopf und strich sich vorsichtig die Haare aus der Stirn, ehe sie sich mit angestrengter Miene wieder auf ihre Besucher konzentrierte.

„Ich nehme an, dass Sie es sehr begrüßen würden, wenn ich Sie zu dem Platz führe, an dem ich mit ihrem Verdächtigen war.“

„Da liegen Sie verdammt richtig“, erwiderte Mara mit einem entschlossenen Nicken, konnte jedoch nicht umher, die ältere Frau mit einem gutmütigen Lächeln zu bedenken.
 

~*~*~
 

Gelbgoldnes Gras wiegte sich in der lauwarmen Nordost-Brise, die über die Ebene wehte und durch Maras Haare strich. Die untergehende Scheibe der Sonne entflammte den Himmel mit allen Nuancen von Violett und Dunkelblau, ein scharfer Kontrast zu der blutroten Erde, die sich unter dem Gelb des Grases barg.

„Ich habe selten einen so schönen Sonnenuntergang gesehen“, murmelte Mara leise und sog erneut die süßliche Luft ein. Es roch ein bisschen nach frisch gemähtem Gras und frischen Lilien.

In mitten dieses farbengewaltigen Hinterlandes, am Fuß der Ebene, stand ein alter und gebrandschatzter Gebäudekomplex. Doch selbst die Folgen des verheerenden Brandes, der das Anwesen heimgesucht hatte, verblassten angesichts des nagenden Zahnes der Zeit, die im Begriff war, ihr altes Territorium zurück zu erobern. Selbst Pla- und Durastahl konnte der Macht der Natur nicht widerstehen. Irgendwann kehrte alles zu der Erde zurück, der es entstammte.

„Ja, er ist nicht schlecht“, erwiderte Skywalker halb im Scherz, während er den A-1 Deluxe Speeder sicherte, den sie am Hafen gemietet hatten. Mara sah in kurz an und verzog den Mund, als sie sein ironisches Schmunzeln bemerkte.

„Wissen Sie“, meinte Sarzamin Saia, die nun an Maras Seite trat und einen Blick über die Ebene warf und zuckte nur mit den Schultern, „wenn man lange genug auf Dantooine war, gewöhnt man sich daran.“

„Mag sein“, gab Mara zu, „aber so schön das Szenario auch ist, irgendwie ist es mir hier zu ruhig. Viel zu ruhig.“

„Was meinen Sie?“ fragte Saia.

„Nun, es ist zu ruhig. Die Starkstrom-Barrieren waren vollkommen intakt, kein Zeichen von Manipulation, Beschädigung oder sonstigen Sabotageakten, das Gleiche gilt für das Aggregat, an dem wir vor ein paar Minuten vorbei gekommen sind. Nachdem sich unsere kriminellen Freunde sich solche Mühe gegeben haben, uns hierher zu locken, lässt dieser Umstand vermuten, dass sie entweder noch nicht hier eingetroffen sind – was ich bezweifle – oder noch sich noch etwas sehr viel Schlimmeres als eine Sprengladung am Sicherheitszaun haben einfallen lassen.“

„Nun, dann sollten Sie nicht unbewaffnet in das Haus gehen“, meinte Saia, „wobei ich mir eher Gedanken darüber machen würde, dass man die Kath-Hunde heute nicht schon aus der Ferne jaulen hört. Es ist ungewöhnlich, wenn diese Biester mal Ruhe geben.“

„Glücklicherweise“, betonte Luke, „verlassen wir fast nie das Haus ohne mindestens eine Waffe am Körper zu tragen.“

Wie um seine Worte zu unterstreichen, legte eine Hand sachte auf den Griff seines Lichtschwertes, dass wie eh und je an seinem Gürtel baumelte.

„Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich hier beim Speeder auf Sie warte und die Gegend im Auge behalte. Für den Fall der Fälle.“

„Ist mir recht“, kommentierte Mara und überprüfte das Holster an ihrem Unterarm. Gut, die Batterien waren voll aufgeladen. „Skywalker, sind Sie soweit?“

„Bereit und willens“, sagte Luke. „Lassen Sie uns hoffen, dass das hier nicht so endet wie Belderone.“

„Wollen wir etwas andeuten?“ fragte Mara scharf ohne den Jedi-Meister anzusehen, was Saia dazu brachte, verwirrt von ihr zu Luke und wieder zurück zu blicken.

Skywalker ließ ein frustriertes Seufzen hören. „Lassen Sie uns gehen, Mara.“

Ihren Abstieg hinunter zum alten Anwesen verbrachten sie schweigend. Gelegentlich nahm Mara ihr Fernglas vom Gürtel und suchte die Ebene nach potentiellen Bedrohungen ab, fand jedoch nichts weiter als eine Gruppe kleinerer Nagetiere, die auf ihrem Erdhügel standen und sich neugierig umsahen.

„Die Aue, von der Sarzamin gesprochen hat, befindet sich auf der anderen Seite des Anwesens“, stellte Luke schließlich fest. Er hielt einen Moment inne und seine Lider senkten sich ein kleines Stück, während er sich nach der Macht ausstreckte und mit seinen mentalen Fühlern die Gegend erkundete.

„Können Sie Etwas spüren?“ fragte Mara mit neutral-professionellem Geschäftston.

„Ja“, antwortete Skywalker langsam, „zwei menschliche Präsenzen im Anwesen. Sieht so aus, als warten die beiden Männer, die Kostryka auf Belderone begleitet haben, in einem der Räume des Anwesens.“

„Laz und Avarice“, informierte sie ihn und taxierte das mit dunklem verkohltem Staub bedeckte Gebäude vor ihnen. „Ich hätte erwarten müssen, dass May mal wieder ihre Sandalenburschen schickt.“

„May?“ fragte Luke verblüfft. „Sie haben diesen Namen auf Belderone auch schon einmal benutzt. Gibt es irgendetwas, dass ich wissen sollte?“

Mara winkte ab. „Nicht jetzt.“

In leicht geduckter Haltung schlich Mara die letzten Meter der Grasbewachsenen Anhöhe hinunter, eilte mit katzenhafter Eleganz zu einem rechteckigen erhöhten Blumenbeet, das etwa zehn Meter vom Eingang des Anwesens entfernt war, und lauschte in die Stille der Wildnis hinein. Mit geschlossenen Augen versuchte sie alle Naturgeräusche herausfiltern, blendete das Rauschen des Windes in den Grashalmen oder das Knirschen der roten Erde unter ihren Füßen vollkommen aus. Und da war es, so leise, dass es wie ein heiseres Flüstern klang. Klick, Klick, Klick.

Blinzend schlug sie die Augen erneut auf und richtete ihre Fokus auf den Rahmen des alten Eingangs zum Vorgebäude des Anwesens. Das Material war uneben von vielen verkohlten Ornamenten, die einst in den Durastahl gearbeitet worden waren. Vorsichtig suchte sie die mattgraue, schwarz befleckte Oberfläche ab, bis sie schließlich fand, wonach sie suchte. Direkt oberhalb des Rahmens, nicht einmal so groß wie ihre geballte Faust, sah sie eine Ausbuchtung, die nicht zu dem alten Kunstmuster im Rahmen passen wollte.

„Was sehen Sie?“ hörte sie Skywalker plötzlich hinter ihr sagen. Er hatte die Stimme zu einem Flüstern gesenkt, als befürchtete er belauscht zu werden.

„Einen Bewegungssensor“, erklärte Mara angespannt, „mit einer ziemlich kurzen Reichweite. Sobald wir uns der Tür nähert wird höchst wahrscheinlich ein Alarm ausgelöst und unsere Kumpels wissen, dass wir hier sind.“

„Hm“, machte Luke, „das ist, in der Tat, ein Problem. Irgendwelche Vorschläge?“

„Bis jetzt noch nicht“, erwiderte Mara, ihre Blicke immer noch starr auf den Sensor oberhalb des Türrahmens gerichtet. „Diese Dinger sind wirklich schwer zu umgehen.“

Unbehagliches Schweigen trat ein, während sie beide fieberhaft eine kluge Taktik zu überlegen versuchten, mit der sie in das Haus eindringen konnten ohne von diesem oder anderen elektonischen Überwachungsgeräten erfasst zu werden. Und Mara ging davon aus, dass dies nicht der einzige Sensor war, den die Piraten am Gebäude angebracht hatten. Vermutlich war jedes einzelne der zerborstenen Fenster mit einem solchen Detektor versehen.

Doch während sie noch überlegte, wie sie am geschicktesten an diese Sache heran gingen – sie überlegte sogar, ob Skywalker sie nicht beide auf das Dach levitieren konnte, damit sie sich ihren Weg ins Innere mit ihren Lichtschwertern frei schnitten – kamen ihr von Zweifel erfüllte Gedanken. May wusste, wozu Mara fähig, wusste, welche Fähigkeiten sie während ihres Trainings unter Palpatine erworben hatte. Sie kannte das Schema, nach dem Mara all ihre Mission erfüllte, egal, ob als Hand des Imperators oder Karrdes erster Offizier. Es war wie eine Doktrin, die man ihr seit dem Tage ihrer Geburt anerzogen hatte. Und eben jenes Wissen würde sie sicherlich zu ihrem Vorteil nutzen. Es war mehr als wahrscheinlich, dass sie Mara dazu zwingen wollte, nach diesem alt bekannten Muster zu agieren, um sie wohl möglich in eine sehr tödliche Falle zu locken.

Rasch wandte sie den Kopf und musterte Skywalkers Gesicht für einen Moment. Er selbst war so tief in Gedanken versunken, dass ihm die Konzentration in jeden Gesichtszug geschrieben stand und einen flüchtigen Moment lang fragte sie sich, was wohl in seinem Kopf vorgehen mochte. Doch sie hatte sich bereits eine Lösung für ihr Problem überlegt.

Um dieser Falle zu entgehen, musste sie einfach nur aus ihrem Muster ausbrechen.

Sie inhalierte die süßliche Luft Dantooines mit einem scharfen Atemzug und spürte, wie sich die Muskeln in ihrem Körper sich anspannten.

Dann trat sie hinter dem Blumenbeet hervor, hinaus auf den gepflasterten Bereich vor dem Eingangstor.

Wenige Sekunden später hörte sie, wie der Sensor surrend zum Leben erwachte und die Wärme ihres Körpers und den Schall, den ihre Schritte erzeugten, berechnete. Nur einen Herzschlag später vernahm sie ein rasches, hoch taktiertes Piepen und eine kleine rote Diode flammte am oberen Teil des Sensors auf.

Gut, Mays Handlager waren nun gewarnt. Doch dann mischte sich ein neues Geräusch unter die anderen. Ein tiefes, fast brummendes Rauschen, wie sie es früher schon oft gehört hatte.

„Mara!“ rief Skywalker, der nun völlig vergas seine Stimme zu senken. „Kommen Sie da weg!“

Abrupt hielt sie inne und ließ ihren Fokus von der Diode am Sensor zu den Rändern des Eingangsschotts wandern. Die Stelle, an der die Tür in den Rahmen überging, mit ihm verschmolz, schien mit einem Mal weiß-glühend aufzuleuchten.

Sie hatte weder die Zeit, sich wieder in den Schutz des Blumenbeetes zu begeben, noch sah sie eine näher liegende Möglichkeit, um in Deckung zu gehen. Also drehte sie sich hastig herum, sprang und ließ sich dann flach und mit dem Bauch gen Erde fallen.

Gerade rechtzeitig, als die Tür in tausend Teile zerbarst.

Schrapnell polterte mit einem Mal über den Vorplatz und der beißende Geruch von Rauch stieg ihr in die Nase. Das melodische Surren von Skywalkers Lichtschwert verriet ihr, dass er sein bestes Tat, die umher segelnden Splitter abzuwehren, während Mara sich mit verkrampften Muskeln fester gegen den Pflasterstein drückte und hoffte, von herumfliegenden, scharfkantigen Durastahlstücken verschon zu werden.

Dann, so plötzlich wie die Explosion gekommen war, verstummte sie und hinterließ nichts weiter als Stille. Kein Blasterfeuer, kein aufgeregtes Rufen, kein Drohen. Alles was sie hörte waren Skywalker ungewöhnlich dumpfe Schritte, als er zu ihr hinüber eilte.

„Ist alles okay?“ fragte er ernst. „Sie sind Sie unverletzt?“

„Ja“, bestätigte Mara, die nun vor dem Hindernis stand, dass ihre verkrampften Muskeln ihr nur widerwillig gehorchen wollten, als sie sich aufsetzte. „Ja, ich bin in Ordnung.“

„Was, bei allen Sternen, haben Sie sich bloß bei dieser Aktion gedacht?“ fragte Luke und beäugte sie voller Verwirrung, sein Lichtschwert immer noch einsatzbereit in einer Hand.

Doch Mara kam nicht dazu, ihm zu antworten.

Während sie sich in eine sitzende Position kämpfte und sich den Staub der Detonation von ihrem Bodysuit klopfte, bemerkte sie unwillkürlich einen schwarzen Schemen, der sich von der maroden Finsternis im Inneren des Hauses abhob. Erst glaubte Mara, dass die dunkle Silhouette nichts weiter war als ein Streich, den ihre Sehkraft ihr spielte, doch dann sah und spürte sie die raschen Bewegungen des Schattens gleichermaßen.

„Skywalker!“ rief sie und reckte das Kinn in Richtung Tor, als der Schatten in die Hocke ging und rasch eine Hand ausstreckte. Luke wirbelte herum, das Lichtschwert in Defensivhaltung erhoben.

Doch wieder erklang kein Blasterfeuer und keine roten Energiestrahlen ionisierten die Luft um sie herum. Alles, was sie hörte war das sanfte metallene Klingen als hätte jemand eine einzelne Creditmünze zu Boden geworfen. Rasch versuchte Mara die Macht zu sich zu rufen und richtete die mystische Energie auf den Schemen im Schatten. Doch sie spürte keine Gefahr, erhielt nicht einmal einen Hinweis auf die Absichten ihres schattenhaften Gegenübers. Alles was ihr zuteil wurde war ein kurzes Aufflackern der Zufriedenheit.

Skywalker, der wohl genau wie sie eine Granate oder ähnliches erwartete hatte, versteifte sich kurzzeitig, ehe er lossprintete und wenige Meter vor dem Tor wieder zum Stehen kam. Er streckte eine Hand aus und rief mit Hilfe der Macht ein glänzendes flaches Objekt in seine Hand, das für Mara im ersten Augenblick tatsächlich wie eine Creditmünze aussah.

„Sithspucke“, fluchte sie und stemmte sich wieder auf ihre Füße, bereit, dem dunklen Schatten im Inneren des Hauses hinterher zu spurten.

Doch als sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Dunkelheit jenseits des Eingangstor richtete, war er verschwunden.
 

~*~*~
 

„Wären Sie nun gewillt, mir zu erläutern, wer May ist?“ fragte Skywalker und bedachte Mara mit einem durchdringenden, jedoch keineswegs bösartigen Blick.

„Wenn Sie mir das Amulett geben, verrate ich es Ihnen vielleicht“, erwiderte Mara leicht gereizt.

„Sie bekommen es, wenn Sie mir gesagt haben was Sie wissen, Mara.“

Die Nacht war mit einer beinahe abrupten Endgültigkeit über Solely City gefallen und das Licht von drei Monden tauchte nun die malerische Landschaft in einen silbrigweißen Schein, der die Idylle Dantooines noch unwirklicher erscheinen ließ. Und das flache, runde, münzenartige Amulett in Skywalkers Hand schien das Licht aufzusaugen und wie eine Aureole zurück zu werfen.

Sie saßen auf einer kleinen Veranda hinter Sarzamin Saias Haus, welche dem Balkon des Restaurants, in dem sie am Mittag gespeist hatten, sehr ähnlich war. Der kühle Wind, der nun durch die Straßen und über die Steppe wehte, ließ die Fackeln flackert, die ihre Gastgeberin im Garten entflammt hatte. Hin und wieder drang das knisternde Rauschen der Flammen an Maras Ohr und verschaffte dem Moment eine seltsame deplatzierte Lagerfeueratmosphäre.

Nachdem sie zu ihrem Speeder zurückkehrt waren, hatte die Blumenhändlerin darauf bestanden, ihnen zumindest für diese Nacht ein ruhiges Quartier anzubieten. „Kommen Sie. Ich habe so selten Gäste in meinem Haus. Für mich allein ist es ohnehin zu groß, daher freue ich mich, wenn es mit ein wenig Leben gefüllt wird“, hatte Saia gesagt und damit Skywalkers und Maras Aufmerksamkeit von ihrem neuerlichen Streit fort gelenkt. Denn Luke hatte Mara nur unter großer Mühe davon überzeugen können, dass es klüger war, sich diesem neuen Puzzleteil zu widmen, dass er vor dem Tor aufgelesen hatte, anstand das Anwesen nach den Piraten zu durchsuchen. Mara, die nun mehr als versessen darauf war, May Montross zur Rede zu stellen, war von dieser Idee nur wenig begeistert.

„Womit haben wir nur solche Großzügigkeit verdient?“ hatte Mara auf Sarzamins Einladung hin gefragt, doch die Worte hatten bitterer und schärfer geklungen, als sie es beabsichtigt hatte. Doch Sarzamin Saia hatte Maras Sarkasmus einfach übergangen und so getan, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Stattdessen hatte sie nur ein kühles, beinahe herablassendes Lächeln aufgesetzt.

„Sie wollen genauso sehr wie ich, dass dieses Gesindel bekommt, was ihm zusteht.“

Daraufhin war Maras Ärger ein wenig verpufft und sie und Skywalker hatten einstimmig Sarzamins Einladung angenommen. Zumindest in diesem Punkt waren sie sich einig gewesen.

Dennoch ließ die friedliche Nacht sie ihren Eifer, endlich hinter des Rätsels Lösung zu kommen, nicht vergessen. So saßen sie nun hier und versuchten einander in diplomatischem Ton die Gedanken des anderen abzuringen. Doch obschon Skywalkers Gestalt größtenteils mit dem nächtlichen Schatten um sie herum verschmolz, glitzerten seine Augen wachsam.

„Nun gut“, seufzte Mara und fügte sich in das Ferienausflugsambiente um sie herum. Er wollte eine Lagerfeuergeschichte hören, er würde sie bekommen.

„May, beziehungsweise May Lynn Montross ist… nennen wir es eine alte Bekannte, wobei wir uns nie besonders nahe standen und eigentlich weiß ich nicht sehr viel über sie, nur das, was in ihrer Akte stand. Und selbst die kam mir nur unter die Augen, weil es in ihrer Abteilung Probleme gegeben hat.“

„In ihrer Abteilung?“, fragte Skywalker und seine Stimme klang nun wieder weich, weniger fordernd als zuvor. Voll aufrichtigem Interesse beugte er sich vor und stützte sich mit einem Arm auf die Tischplatte ohne dabei das Amulett aus der Hand zu legen.

„Sie warf eine Spionin beim Imperialen Geheimdienst, dem Imperial Intelligence, allerdings war sie dort nie ein so großes Licht wie es Daala und Isard bei der Imperialen Flotte waren.“

Skywalker gestattete sich ein freudloses Lächeln. „Und da soll noch einmal jemand sagen, dass Imperium hätte nichts für Frauen im Militärdienst übrig gehabt.“

„Ganz so einfach war ihr Fall leider nicht. Erinnern sie sich, dass Sarzamin sagte, sie konnte nicht sagen, ob die Person, die in ihrem Laden war männlich oder weiblich war, dass sie irgendwie androgyn wirkte? In der Tat ist es so, dass sie die Akademie nur bestand, weil man sie damals für einen Mann hielt. Und nicht nur auf der Akademie, auch eine ganze Weile danach hat sie es geschafft, ihre Vorgesetzten davon zu überzeugen, dass sie ein Mann wäre. Allerdings brachte es sie in entsprechend große Probleme, als man ihr Täuschungsmanöver durchschaute. Lieutenant Z’rya von der Abteilung für Interne Angelegenheiten hat den Vorfall gemeldet, weswegen sie wegen arglistiger Täuschung vor Gericht gestellt wurde.“

„Was geschah dann?“

„Ich weiß nur noch, dass sie unehrenhaft aus dem Dienst entlassen wurde, was eine ungewöhnliche milde Strafe ist, wenn man bedenkt, wie schnell manche Herzblut-Imperiale mit einem Todesurteil bei der Hand waren.“

„Klingt ganz so, als hätte jemand einen schützende Hand über sie gehalten“, kommentierte Skywalker.

„Ja, das glaube ich auch. Nun, ich, für meinen Teil, bin ihr nur einmal begegnet. Ich gehörte zu der kleinen Einheit, die sie in ihrer Wohnung auf Coruscant festnehmen sollte, was wir auch getan haben. Von der Gerichtsverhandlung habe ich keine wirkliche Erinnerung und danach hat man auch nichts mehr von ihr gehört. Zumindest bis jetzt. Es war mir jedenfalls eine zu belanglose Angelegenheit, als das ich dieser Sache große Beachtung geschenkt hätte“, schloss Mara.

Wieder lächelte Skywalker knapp: „Dann ist es ein Wunder, dass Sie sich nach all diesen Jahren noch an ihren Namen erinnern.“

„Ich vergesse niemals ein Gesicht.“

Halb sah sie, halb spürte sie, wie seine Augenbraue für einen kurzen Augenblick lang nach oben zuckten. Sicherlich erinnerte er sich daran, wie versessen Mara darauf gewesen war, ihn zu töten. Sein Gesicht würde sie wohl ihren Lebtag lang nicht mehr vergessen.

„Zufrieden?“ fragte sie nach einer Weile und lehnte sich auf dem spartanischen Holzstuhl zurück, die Arme gebieterisch auf die Lehnen geschmiegt.

„Absolut“, erwiderte Skywalker, legte die flache Münze auf den Tisch und schnippte sie quer über die Platte in Maras Richtung. Sie schlitterte die Zentimeter mühelos zu ihr hinüber, blieb dann jedoch neben ihrer Tasse Kräutertee liegen.

„Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment“, erklärte Skywalker dann und erhob sich von seinem eigenen Stuhl. „Ich werde sehen, dass ich R2 auf der Jade’s Fire erreiche. Vielleicht kann er uns ein paar Informationen darüber beschaffen, was May Lynn Montross noch ihrer Suspendierung noch so getrieben hat – und warum sie so versessen darauf ist, mit Ihnen Katz und Maus zu spielen.“

Ohne ihre Antwort abzuwarten, wandte er sich ab und trat durch die transparente Tür in das bescheid eingerichtete Wohnzimmer von Sarzamin Saias Haus.

„Ja, das wüsste ich auch gern“, murmelte Mara in die Stille, während ihre Blicke für einige Sekunden an ihm hängen blieben.

Doch der Schein, der auf der Münze lag wie ein milchiger Nimbus, forderte gleich seinen Tribut und zwang sie dazu, das Amulett mit fragenden Blicken zu bedenken. Welchen Sinn nur sah May darin, ihr diesen Nippes zukommen zu lassen?

Sie streckte die Hand nach dem Anhänger aus, konnte das eingefangene Mondlicht unter ihren Finger spüren, als wäre es ein lebendes Ding…

… und wurde sogleich von einer Welle der Benommenheit überrollt, als ihre Haut das Metall berührte. Einen Moment lang glaube sie sich erbrechen zu müssen, während ihre Sicht immer weiter davon schwamm und sich farbige Linien in die Dunkelheit der Nacht mischten. Angestrengt zwang sie ihren Körper dazu, Luft in ihre Lungen zu pumpen, obgleich ihre Brust wie zugeschnürt schien. Wenn es sich so anfühlte, wenn Skywalker eine seiner Jedi-Ahnungen hatte, wollte sie nicht mit ihm tauschen.

Beinahe zwanghaft klammerten sich ihre Finger um das Amulett, das plötzlich eine ungewöhnliche Hitze auszustrahlen schien. Doch selbst die Befürchtung, sich an dem Metall zu verbrennen, konnte sie nicht dazu bringen, die Münze loszulassen.

Bei allen Sternen…, stöhnte sie stumm und schloss ihre Augen so fest sie konnte, um wieder Herr ihrer Sinne zu werden. Doch die Farben tanzten immer noch vor ihr, bildeten zunächst abstrakte Muster, verwoben sich dann miteinander und begannen ein Bild vor ihr zu malen wie ein altes alderaanisches Moos-Gemälde. Und ohne zu ahnen, was sie erwartete, ließ sie los, ließ die Macht walten und gab sie sich der Vision, die ihren Weg aus der Vergessenheit suchte, voll und ganz hin:
 

Es war kurz vor Sonnenaufgang und der rot strahlende, mit Purpur befleckte Himmel über der weiten Steppe, erweckte den Planeten zum Leben. Die Luft war erfüllt vom fernen Geheul der Kath-Hunde, als ein aufgeschrecktes Iriaz sich majestätisch und auf mächtigen Schwingen in den Himmel erhob. Die Wärme der ersten Sonnenstrahlen streichelte zärtlich ihr Gesicht, wie aus weiter Ferne. Sie setzte sich langsam auf, blinzelte gegen das helle Licht an. Dann ließ sie die abdunkelnde Tönung der Fensterscheiben mit einem Knopfdruck erlöschen, strich sich eine lockige Strähne aus dem Gesicht und trat ans Fenster, um den neuen Tag zu begrüßen.

Sie lächelte.

Doch es war ganz so, als wäre sie nicht sie selbst. Maras Seele war nun gefangen im Inneren eines Gefäßes - eines Körpers - der nicht ihr gehörte. Jeder Atemzug kam ihr vor, als tät ihn jemand anderes und nicht sie.

„Orianna!”

Die Stimme einer Frau drang an ihr Ohr, gefolgt vom Donnern eiliger Schritte auf den Treppenstufen.

„Orianna!”

Es war ihre drei Jahre ältere Schwester Casseia, aufgeregt und stürmisch wie immer.

Schwester? dachte Mara, Welche Schwester?

Die Schritte näherten sich, bis die magnetische Versiegelung ihrer Zimmers klickte und die Tür mit beharrlichen Zischen auf glitt. Casseias tiefbraunes Haar fiel ihr in voluminösen, fülligen Wellen über die Schultern und rahmten ihr rundliches Gesicht mit den großen Augen und den vollen Lippen ein, wie ein antikes Gemälde.

Offenbar war Casseia auch noch nicht lange wach, denn sie trug noch ihr cremefarbenes Nachtgewand, das im Licht der aufgehenden Sonne glänzte.

Orianna drehte sich zu ihr um, das Lächeln auf ihrem Gesicht schmolz dahin und erstarb als eine freundliche Maske.

„Orianna!“ keuchte Casseia atemlos, „Oh, wie schön, ich habe dich nicht geweckt! Ich sage dir, ich konnte kaum schlafen! Ich bin ja so aufgeregt!“

Nach Atem ringend sank sie auf Oriannas Bett, den Blick auf ein altes Hologramm der beiden Schwestern an der Wand gerichtet.

Casseia hatte erst vor kurzem die Volljährigkeit erlangt, um die Orianna sie täglich beneidete.

„Bithras ist noch gestern Abend mit Vater auf die Jagd gegangen!“ informierte Casseia ihre kleine Schwester, die nach einem Streit mit ihren Eltern direkt nach dem Abendessen auf ihr Zimmer geschickt worden war. „Hoffentlich stimmt Vater der Verlobung zu!“

Orianna konnte sich allzu gut vorstellen, wie ihr Vater den jungen Bithras mit abschätzigen Blicken bedachte und überlegte, welche Mitgift er ihm zusammen mit seiner Tochter vermachen sollte – und ob sich das Geschäft lohnen würde.

Bithras Marjumdar, Casseias potentieller Verlobter, war ein Abkömmling der alten Sandral-Familie. Als Orianna und Casseia noch sehr kleine Mädchen gewesen waren, hatte ihre Mutter ihnen jede Nacht die alte Geschichte von der viertausend Jahre alten Blutfehde der Sandrals mit dem ebenso vermögenden Clan der Matales erzählen müssen, die durch eine geheime Romanze ebenso angefacht, aber schließlich beendet wurde.

Aber Orianna wusste, dass die Zeiten mittlerweile sehr geändert hatten.

Heute fürchtete sich der alte Cailetet Matale kaum davor, Casseia in die Hände eines Sandrals zu geben.

Mara – oder war es Orianna? – betrachtete ihre Schwester, deren Wangen sich von Aufregung und Anstrengung rosig färbten.

Ihre Mundwinkel zogen sich freudlos noch oben.

Wieso konnte sie sich nicht einfach auf die beinahe sichere Hochzeit ihrer Schwester freuen?

Da musste noch mehr sein! dachte sie und Mara wusste nicht, ob der Gedanke ihr selbst entsprang oder der jugendlichen Orianna.

„Sieh nur!“ rief Casseia aus, als sie an Orianna vorbei aus dem Fenster sag. „Die Sonne steht schon so hoch am Himmel! Lass uns hinunter gehen und die Droiden das Frühstück zu bereiten lassen! Vater und Bithras werden sich sicher freuen, wenn sie wieder nach Hause kommen!“

Orianna nickte und schloss die Augen für einen Moment.

Plötzlich wurde alles stumm und Mara erfuhr nicht, wie der Tag für das junge Mädchen weiter ging. Erst als sie wieder die Augen auftat drangen neue Sinneseindrücke auf sie ein. Leichtes Kopfweh plagte sie und wollte einfach nicht weg gehen.

Orianna hatte nie viel von Medikamenten gehalten und würde die Schmerzen tapfer ertragen.

Dumpfes Gemurmel rauschte durch die Korridore, vermischt mit dem Klang alter Musik. Es klang fast so wie Jizz, aber nicht ganz genau so.

Orianna saß ruhig vor ihrem rahmenlosen Spiegel, das rotblonde Lockenhaar zu einer komplizierten Frisur aufgesteckt und geschmückt mit kristallenen Haarnadeln und Perlenketten. Sie war dezent geschminkt, so zart, dass man es nur erahnen konnte. Viel mehr als das hätten ihre Eltern ohnehin nicht gestattet.

Prüfend strich sie sich über die Lippen, ihre Finger glitten an ihrem langen Schwanenhals hinab und berührten das flache Medallion, während sie ihre kindliche Erscheinung in der spiegelnden Fläche über dem Schminktisch ihrer Mutter betrachtete.

Sie war schlanker als Casseia und ihr fehlten die rundlichen Züge, die ihrer Schwester eigen waren. Die weiblichen Rundungen ihrer Taille und Hüfte ließen sich bisher nur erahnen und ihr Busen würde, wie Orianna hoffte, in den kommenden Monaten noch ein wenig wachsen.

Nur der Ausdruck in ihren dunklen Augen ließ sie älter wirken, als sie war.

Dennoch, trotz all dieser Dinge, fand sich Orianna in ihrem kobaltblauen Gewand an jenem Abend vor langer Zeit wirklich schön und erwachsen. Möglicherweise schöner als ihre frauliche Schwester.

Manche der Gäste mochten sie vielleicht noch immer für ein kleines Kind halten, doch sie wollte sich nur an die halten, die sie ihrem Alter gebührend behandelten.

Wie töricht, dachte Mara beinahe belustigt, doch Orianna nahm keine Notiz davon. Die naiven Träume einer Fünfzehnjährigen.

Die schrille Stimme ihrer Mutter rief sie, sie solle endlich heraus kommen und sich unter die Gesellschaft mischen. Orianna erhob sich, öffnete die Tür und trat hinaus auf den Flur zu ihrer Mutter.

„Liebes! Geht es dir etwas besser? Los, komm, deine Tante würde dich gern sehen!“

Mit wachsendem Desinteresse schüttelte sie alternden Freunden ihrer Eltern und entfernten Verwandten die Hände.

Niemand schien ihr große Aufmerksamkeit zu schenken.

Aber was hatte sie auch anderes erwarten sollen?

Alle waren schließlich wegen der lang ersehnten Verlobung von Casseia Matale mit Bithras Marjumdar aus dem Haus der Sandrals gekommen.

Ihre Schwester strahlte glücklich und ihre pausbackigen Wangen waren erneut von sanftem Rosa überschattet, während sie ihrem zukünftigen Gemahl hungrige Blicke zuwarf, die er glühend erwiderte. Doch beide wahrten höflichen Abstand zu einander und niemand schien die offensichtliche Liebe zwischen ihnen zu bemerken – außer Orianna.

In ihrem Herzen spürte sie wieder ein diffuses Schmerzen nach dem Armen eines starken Mannes, der sie beschützte und liebte.

Orianna ahnte nicht, dass eben dieser Mann sie bereits aus den Augenwinkeln beobachtete. Verzückt von Oriannas lieblicher und zerbrechlicher Erscheinung wandte er erst de Blick von ihr, als Bithras ihn mit lautem Gebaren begrüßte.

„Casseia, schau!“ tönte er und führte den Mann hinüber zu seiner Verlobten, „Das hier ist mein alter Freund Ilya. Wir kennen uns von der Universität auf Corellia.“

„Ja, und Dantooine ist wahrlich so schön, wie er es mir immer erzählt hat!“ sagte Ilya mit tiefer, sanfter Stimme, die wie Balsam in Oriannas Ohren widerklang.

Überrascht sah sie von ihrem Glas Wasser auf, das sie sich gerade an die Lippen führen wollte, als habe sie der Schlag getroffen.

Sie sah sich um und hörte ihn lachen, als Bithras einen bizarren Scherz machte und Orianna entdeckte ihn in der Menge,

Er war groß und schlank. Sie reichte ihm vielleicht bis zu Schulter und sein langes, braunes Haar war schlicht zurück gebunden. Nur eine einzige Strähne fiel ihm ins Gesicht, im starken Kontrast mit seinen blassgrünen Augen.

Offenbar bemerkte er Oriannas fasziniertes Starren, denn nun spürte sie das ganze Gewicht und die Intensität seines Blicks auf sich. Scheu wandte sich Orianna ab und nippte am Wasserglas. Sie schloss die Augen so fest sie konnte, ihre Finger spielten wieder mit dem Anhänger um ihren Hals.

Wenn sich der Augenblick doch nur für immer in ihr Gedächtnis brennen würde, so dass sie ihn niemals vergessen konnte. Sie wünschte es sich so sehr, dass es wehtat...
 

„Mara!“ hörte sie Skywalker überrascht rufen und spürte seine Hand auf ihrem Oberarm. Er musste zurückgekommen sein, während sie den machtvollen Bildern erlegen war, die das Medallion eingegeben hatte. „Mara! Was ist los?!“

Sie riss abrupt die Augen auf und mit einem dumpfen Poltern fiel der Anhänger aus ihrer Hand rollte klirrend über den Tisch und fiel schließlich mit einem melodischen Klingen zu Boden. Weder sie, noch Luke, sahen ihm nach.

„Was ist passiert?“ fragte Luke noch einmal mit milder und sorgenerfüllter Stimme.

„Ihre Erinnerungen waren so mächtig, dass sie dem Medallion immer noch anhaften“, sagte Mara ohnmächtig und wunderte sich, wie schwach ihre eigene Stimme klang. Obwohl sie Oriannas Gefühle und Erinnerungen wie durch Watte empfunden hatte, war sie noch immer von den Eindrücken überwältigt.

Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie die Benommenheit verscheuchen, und sah Luke offen an. Noch immer voller Sorge, blickte Luke sie mit seinen treuen, blauen Augen an und ihr war bewusst, dass ihre kurze Antwort ihn nicht zufrieden stellte. Doch Mara wusste, dass er sie nicht dazu zwingen würde, ihm mehr zu berichten. Zumindest jetzt nicht.

„Schon gut, Skywalker!“

Ihre Beine zitterten wie bei einem Anfall plötzlicher Schwäche, als sie sich von ihrem Stuhl erhob und sich dabei Halt suchend auf den Tisch stützte. Für einen kurzen Moment verschwamm alles in ihrem Blickfeld und färbte sich an den Rändern schwarz. Die Welt um sie herum schien sich wie auf einem Karussell zu drehen und sie fühlte sich wie jemand, der zu schnell zu viele Gizerbiere getrunken hatte.

„Ich… bin müde“, sagte sie schlicht und übte sich darin, Skywalkers fragenden Gesichtsausdruck zu ignorieren, während sie sich zur Tür hinüber schleppte. Ihr war immer noch ein wenig übel und sie wurde von plötzlicher Müdigkeit übermannt, als hätten die Erinnerung der jungen Orianna ihr alle Kraft entzogen.

Was war der Sinn? Sie verstand es nicht. In der Tat wurde das Rätsel, das May ihr aufgab, immer komplexer, immer undurchschaubarer. Vielleicht hatte May sie deshalb für diese Banthajagd ausgesucht, vielleicht hatte sie gewusst, dass dies geschehen würde. Sie musste gewusst haben, dass das Amulett eine Geschichte in sich trug, eine Geschichte, die sich nur Mara offenbaren konnte. Doch warum? Zu welchem Zweck?

Und während sie sich auf dem Bett ausstreckte, in dem Zimmer, dass Sarzamin ihr zur Verfügung gestellt hatte, fühlte sie plötzlich eine klaffende Leere in ihrem Innern. Eine Leere, die nur darauf wartete gefüllt zu werden.

Was geschah nur mit ihr?

Dearly Beloved

Am nächsten Morgen fühlte Mara sich immer noch ein wenig krank, schwach und von der Vision und der Anstrengung dieser Hetzjagd ausgelaugt. Eine Weile blinzelte sie angestrengt gegen das Sonnenlicht an, das durch die nicht abgetönten Fensterscheiben in das Gästezimmer flutete. Ihr Kopf fühlte sich seltsam taub an und die Welt um sie herum schien sich erneut im Kreis zu drehen, als sie sich mühselig in eine sitzende Position hinauf stemmte. Ruhe, dachte sie und versuchte ihre Gedanken auf die Macht zu richten, so wie Skywalker es sie in seinem Praxeum immer wieder gelehrt hatte. Sie rief die zeitlosen Lebensenergien zu sich und ließ sich von ihnen durchströmen und reinigen, bis der stumpfsinnige Nebel, der ihre Wahrnehmung trübte, durch kühle und gläserne Klarheit ersetzt wurde.

Mit einem langen kontrollierten Atemzug löste sie ihren mentalen Griff und gestattete es der Macht wieder nach ihrem eigenen Willen zu fließen, ehe sie an sich hinunter sah und sich fragte, wann sie in der Nacht ihre Stiefel ausgezogen hatte. Und während sie so darüber nachdachte, bemerkte sie, dass die Augenblicke nach ihrer Vision hinter einem dunstigen Schleier verschwunden waren, der ihr nur wenige, farblose Eindrücke davon gab, was sie getan hatte. Zumindest vergewisserten diese kurzen Momentaufnahmen ihr, dass sie keine allzu großen Dummheiten gemacht hatte.

Mit seinem Seufzen schwang Mara ihre Beine über die Bettkante und spürte den ausgekühlten Keramikboden unter ihren bloßen Füßen. Vorsichtig betastete sie ihre Schenkel. Die Beinmuskeln fühlten sich schwer und müde an.

Auf einem Hocker neben dem Nachtisch entdeckte sie ihren Reisekoffer, von dem sie sich sicher war, ihn an Bord der Jade's Fire zurück gelassen zu haben, ehe sie am vorherigen Tag zu dieser neuerlichen Eskapade in der Steppe aufgebrochen waren. Ein unwillkürliches Lächeln der Dankbarkeit stahlt sich auf ihr Gesicht. Skywalker musste zum Raumhafen zurück gefahren sein, um neue Kleidung für sie zu holen.

Sie nahm ihren Gürtel samt ihren daran befinden Habseligkeiten ab und begann sich langsam aus ihrem Bodysuit heraus zu schälen. Was sie jetzt am dringendsten brauchte, waren Wasser und Seife.

In einen grob gewebten Bademantel gekleidet, den Sarzamin ihr am Vorabend gegeben hatte, trat Mara aus dem Gästezimmer und wurde auf dem Flur von dem Geruch gebratener Eier begrüßt, der sich von der Küche aus im ganzen Haus zu verteilen begann. Sie hielt inne, lauschte dem leisen Prasseln von Bratfett und schlich dann beinahe lautlos den Gang hinunter zu einer kleinen Erfrischungszelle.

Als sie eine Dreiviertelstunde später mit feuchten Haaren zurück zu ihrem Quartier ging, stieg ihr der rauchig-würzige Duft von Speck in die Nase und das leise Säuseln eine Entsafters erklang wie aus weiter ferne. Interessiert schnupperte sie, sog den appetitlichen Geruch tief ein und versuchte sich den Geschmack auf ihrer Zunge vorzustellen. Von ihrem Hunger angetrieben, schlüpfte sie in frische Unterwäsche, eine dunkelgrüne Hose und streifte anschließend eine einfache weiße Bluse über.

Dem immer intensiver werden Geruch des Essens folgend, verließ sie das Gästezimmer, bog am Ende des Ganges nach rechts ab und durchmaß mit wenigen Schritten die sich dort befindende Wohneinheit. Als sie schließlich zur Kücheneinheit kam, die geschickt hinter einen kleinen Durchreiche verborgen lag, entdeckte sie Sarzamin, die geschäftig in einer Pfanne rührte. Mara musste nicht einmal die Macht einsetzten, um zu spüren, wie sehr sich die Blumenhändlerin über ihren Besuch freute.

„Guten Morgen“, sagte Mara und schritt zu einer freistehenden Küchentheke hinüber, vor der zwei Hocker standen. Überrascht wandte sich Sarzamin nach ihr um, die Stirn vor Verwunderung gerunzelt.

„Oh, guten Morgen, Miss Jade“, gab sie zurück, „wobei Morgen in diesem Fall eine gelinde Übertreibung ist.“

Sie deutete mit dem Kinn auf einen digitalen Chronometer, der in die Wand über der Kocheinheit eingelassen war. Es überraschte Mara nicht, dass es fast Mittag war.

„Ich hoffe dennoch, dass Sie gut geschlafen haben?“ fuhr Sarzamin fort und beäugte Mara dabei skeptisch, „Meister Skywalker meinte, Sie hätten sich gestern Abend auf einmal nicht mehr besonders wohl gefühlt.“

„Gestern war ein langer Tag“, erwiderte Mara schlicht. Sie sah keinen Grund, die genaue Ursache für ihre vorübergehende Erkrankung mit der älteren Frau zu diskutieren.

„Dann können Sie eine Stärkung sicherlich gebrauchen, nicht wahr?“ meinte Sarzamin und schaufelte aus der Pfanne eine große Portion Rührei auf einen Teller, welchen sie Mara hinschob. Diese setzte sich auf einen der beiden Hocker und ließ sich von ihrer Gastgeberin Messer und Gabel reichen.

„Wo ist Skywalker eigentlich? Haben Sie ihn heute morgen schon gesehen?“ fragte Mara zwischen zwei hastigen Bissen. Nun, da sie vor einem gefüllten Teller saß, spürte sie ihren Hunger immer deutlicher.

„Er war bereits wach als ich heute bei Morgengrauen aufgestanden bin“, gab Sarzamin zu „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er überhaupt geschlafen hat. Jedenfalls sagte er nur, dass er zum Hafen zurückfährt und noch einmal nach Ihrem Schiff, seinem X-Wing und seinem Astromech-Droiden sieht. Wollen Sie ein Glas frischen Barabelfruchtsaft?“

„Ja, sehr gern.“

Sarzamin beeilte sich, ein längliches Glas aus einem der Schränke zu fischen, ehe sie zum Entsafter eilte und eine tief violette, leicht trübe Flüssigkeit in das Glas laufen ließ. Sobald sie das Getränk vor Mara abgestellt hatte, sah diese ihrer Gastgeberin direkt in die Augen und fragte: „Müssen Sie heute nicht in Ihren Laden zurück?“

„Dyue und La'mhak kommen auch einen Tag ohne mich zurecht.“ Sarzamin schaltete die Kocheinheit manuell ab, zog dann den zweiten Hocker neben der Theke zu sich heran und setzte sich. Ihre Blicken schweiften eine Weile im Raum umher, sahen alles an, nur nicht Mara, als wäre es der älteren Frau unangenehm sie anzusehen.

„Wissen Sie“, begann sie langsam, „Sie erinnern mich an jemanden. Jemand, den ich sehr gut kannte und der vor sehr langer Zeit gestorben ist. Eigentlich haben Sie nicht besonders viel Ähnlichkeit mit ihr, weder vom Aussehen, noch vom Auftreten, und doch... Es kommt mir vor als wäre eine Ewigkeit vergangen seit sie von uns ging. Die Republik ist gestürzt, ebenso das Imperium. Nun versucht sich die Neue Republik in die Graslegende der Geschichte einzuschreiben.“ Sarzamin seufzte.

Maras Augenbrauche zogen sich verwundert nach oben. „Darf ich so kühn sein und fragen, an wen ich Sie erinnere?“

Sarzamin lächelte sie für einen Moment voller Traurigkeit an, dann sagte sie: „Ich habe sie Ihnen gegenüber bereits erwähnt. Ihr Name war Orianna Matale.“

In Maras Innerem bereitete sich ein Gefühl aus, als hätte sie sich soeben einen Eimer voll Eiswasser in den Magen geschüttet. Orianna-Blüten. Orianna Matale. Das alte Anwesen der Matales, dass Sarzamin von Orianna geerbt hatte. Konnte es sein, dass Sarzamin ihre alte Freundin in ihr erkannte, weil sie jene Vision gesehen hatte? War vielleicht ein Teil von Orianna auf Mara übertragen worden? Eine Art Abglanz oder Aura? Sie machte sich im Geiste die Notiz Skywalker danach zu fragen, wenn er wieder auftauchte.

„Sagen Sie“, fragte da Sarzamin und raubte ihr damit die Möglichkeit zum Nachdenken, 2sind Sie auf Dantooine geboren worden? Oder vielleicht eines ihrer Elternteile?“

„Ich weiß es nicht“, antwortete Mara wahrheitsgemäß und erstach einen Streifen Speck mit ihrer Gabel. Dies war eines der Mysterien ihrer Vergangenheit, mit denen sie sich nie befasste. Was kümmerte es sie, wer sie in die Welt gesetzt hatte? „Wie kommen Sie darauf?“

„Nun, wie Sie schon bemerkt haben, fühlen sich alle Lebewesen auf Dantooine sehr mit der Natur verbunden. Deshalb geben Eltern ihren Kindern hier gerne die Namen von einheimischen Gewächsen – wie Orianna, zum Beispiel.“

„In Ordnung, aber was hat das mit mir zu tun?“

Mara schluckte den letzten Bissen Rührei hinunter und nippte an ihrem Glas voll violettem Fruchtsaft. Die Kälte in ihrem Inneren schien sich nur langsam und beschwerlich zu erwärmen.

„Es gibt hier eine Pflanze, die in der restlichen Galaxis als Suyx bekannt ist. Hier nennen wir sie Mara, was soviel wie Bitterblüte bedeutet. Sie ist ein Ausdruck tiefer Traurigkeit und großer Verbitterung. In vielen volkstümlichen Sagen dieses Sektors heißt es, dass sie mit Vorliebe auf Blut getränkten Schlachtfeldern wuchs und sich vom Tod ernährte. Man sagt, wer eine Bitterblüte am Revers trägt, hat vor kurzem ein geliebtes Familienmitglied in einer Schlacht verloren.“

Mara lächelte freudlos. „Das klingt ja nicht besonders erheiternd.“

Sarzamin machte eine wegwerfende Geste. „Oh, ich wollte Sie nicht beleidigen. Und keine Sorge, das ist alles bloß metaphorischer Unsinn, den die Mandalorianer über die Jahrhunderte hinweg immer weiter aufgeblasen haben, bevor sie Dantooine verließen. Im Bezug auf Kriegsgeschichten hatten die schon immer die blühendste Fantasie. Trotzdem hält sich dieser Volksglaube seitdem, daher kam mir irgendwie der Gedanke, dass Sie auch ein Sprössling Dantooines sein könnten.“

„Mag sein“, sagte Mara bedächtig und strich sanft mit einem Finger über den dünnen Rand ihres Glases. Sie musste zugeben, dass ihr Name, Mara, in der Galaxis nicht besonders verbreitet war. Andererseits war sie auch noch niemandem begegnet, der ebenfalls Luke oder Lando hieß.

Ein sanftes, tiefes Klingen erfüllte plötzlich das Haus, nur um dann erneut wieder abzubrechen.

„Wenn Sie mich entschuldigen würden“, sagte Sarzamin, „einer muss ja die Tür öffnen.“

„Warum haben Sie eigentlich keine Droiden hier, wenn Ihr Geschäft so gut läuft?“ fragte Mara.

„Ich kann sie nicht ausstehen“, antwortete die Blumenhändlerin, die bereits auf dem Weg zur Tür war. „Sie erinnern mich irgendwie an die schrecklichen Taten der Handelsförderation. Diese verfluchten Neimodianer!“

Mit diesen Worten überließ sie Mara sich selbst. Entfernt hörte diese, wie Sarzamin Skywalker begrüßte und diesem seinen Jedi-Mantel abnahm. R2-D2s ließ sein beinahe vergnügtes Quietschen vernehmen. Doch Mara blieb stumm sitzen, drehte das Glas mit dem Barabelfruchtsaft zwischen ihren Fingern und starrte zu einem Punkt in weiter Ferne, der jenseits der Mauer von Sarzamin Saias Heim lag. Das Schmerzen ihrer Muskeln lag wie eine Last auf ihr, die ihr das Atmen schwer werden ließ. Wilde Gedanken und Erinnerungen drangen an die Oberfläche ihres Bewusstseins.

Sie wurde einfach nicht schlau aus alledem: Meelam, May, Orianna, Dantooine. Was genau suchte sie an diesem verlassenen Flecken Galaxis? Alles, was sie gewollt hatte, waren ein paar Abwehranlagen für die Wild Karrde, mehr nicht! Was für ein Schlamassel und irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, dass sie selbst daran schuld war, schließlich ließ sie sich immer wieder ablenken. Fokus, Konzentration, Präzision, das war es, was sie brauchte, doch je mehr sie sich bemühte ihre Gedanken zu ordnen und ihre Emotionen in den Griff zu bekommen, um so mehr schien sie sich selbst zu entgleiten – zum Leidwesen ihrer Umwelt. Doch es gab kein Heilmittel für dieses Chaos, nicht einmal die Macht. Ihre einzige Hoffnung war die Lösung, das Ende dieses Rätsels.

Schritte näherten sich und sie konnte Skywalker voll aufrichtiger Höflichkeit lachen hören.

„Ich danke Ihnen sehr, aber ich denke nicht, dass dies nötig sein wird“, betonte er, „wir Jedi haben unsere eigene Art derartige Dinge zu regeln.“

Doch dann stockte er und seine Schritte erlahmten. Peinliche und deplazierte Stille trat ein, als Mara sich auf ihrem Hocker halb herumdrehte und Skywalker ein ermattetes Lächeln schenkte. „Ich habe mich schon gefragte, wo Sie wohl ab geblieben sind.“

Es dauerte eine Weile, bis er in der Lage war, die Begrüßung und damit Maras Verfassung einzuschätzen und eine Erwiderung zu formulieren. Sie sah es an der Art, wie er sich bemühte nicht die Stirn kraus zu ziehen. „Hallo“, sagte er langsam.

Sarzamin, die halb hinter Skywalker stand, drängte sich nun an dem Jedi-Meister vorbei und begann das von Mara benutzte Geschirr beiseite zu räumen, während sie etwas von „das Fleisch einlegen“ murmelte.

Lukes Blick flackerte einen Moment zu der Blumenhändlerin hinüber und Mara verstand. Offensichtlich zog er es vor, sich unter vier Augen mit ihr zu unterhalten, ganz gleich, wie vertrauenswürdig Sarzamin auch sein mochte.

Mara glitt lautlos von ihrem Hocker herunter, stürzte die Rest des Fruchtsaftes hinunter und bedeutete Skywalker mit einer Geste ihr voraus zu gehen. „Ich denke, ein Spaziergang würde mir jetzt gut tun“, verkündete Mara laut, richtete die Äußerung jedoch nicht an Skywalker oder Sarzamin persönlich.

Im Wohnbereich war sich R2 in eine Ecke neben dem CommUnit gerollt und in einen mechanischen Schlummer gefallen, bis Mara und Luke ihn auf ihrem Weg passierten. Nun war es Skywalker, der seinem Astromech mit nur einer Handbewegung mitteilte, dass er bleiben sollte, wo er war.

Mara fand ihre Stiefel sorgsam neben einer Eingangstür und schlüpfte hinein. Ein Teil von ihr hatte fast schon erwartet, dass Skywalker die Schuhe auch noch geputzt hatte, doch unter der Sohle haftete noch immer die rotbraune und fruchtbare Erde Dantooines. Luke verzichtete darauf, seinen Mantel erneut überzuwerfen, sondern reichte Mara nur ihre Jacke, ehe sie gemeinsam auf die Straße vor dem Haus traten. Wobei es sich dabei weniger um eine Straße, als viel mehr um einen verwilderten Naturpfad handelte. Steile, fast senkrechte, von Vegetation überfüllte Erdhänge, die beinahe doppelt so hoch waren wie Mara, begrenzten den Weg entlang des Südpfades, der zurück in die Stadt führte.

Mit großzügigen Schritten marschierten sie durch einen schmucklosen Vorgarten und traten durch ein einfaches Tor in einer alten hüfthohen Mauer, die den Garten begrenzte.

„Wie fühlen Sie sich?“ fragte Skywalker behutsam, doch Mara erahnte, wie lange ihm die Frage wohl schon auf der Zunge gelegen haben musste.

„Besser“, meinte sie.

„Besser, aber nicht gut, hm?“

Ihre Blicke erforschten Skywalkers Gesicht, das für einen Augenblick mit einem sehr schmalen und sehr sorgenvollen Lächeln gezeichnet war. „Ja“, sagte sie mit einem langsamen Nicken.

Ohne genau zu wissen, wohin ihre Füße sie trugen, wanderten sie den Südpfad in Richtung Solely City entlang. Die Gegend war genau so stumm wie am Tag zuvor und nur dass Flüstern der Natur schien über Fels und Gras zu streichen wie eine leise behutsame Melodie. Unter anderen Umständen hätte Mara diesem Lied ewig lauschen können ohne seines jemals müde zu werden. Doch ihr Herz und ihre wirren Gedanken drängten sie weiter, wollten Worte formen und aus ihr heraus brechen. Wie lange gingen sie nun schon schweigend nebeneinander her?

„Luke, hören Sie...“

Erst begriff sie nicht, warum er mit einem Male langsamer wurde und sie mit einem Ausdruck der tiefsten Verblüffung anblinzelte. Doch dann verstand sie und auch ihre Schritte verlangsamten, bis sie schließlich inne hielt. Mit aller Deutlichkeit konnte sie beobachten, wie sich ein weiteres Lächeln seinen Weg auf seine Gesichtszüge stahl, doch dieses Lächeln war warm und gütig. Hatte sich ihr schlechtes Gewissen bereits ihres Sprachvermögens bemächtigt, dass sie ihn nun beim Vornamen nannte?

„Offenbar haben wir endlich die feine Grenze zwischen Skywalker und Luke hinter uns gelassen“, sagte er, während seine Mundwinkel sich weiter sanft nach oben zogen.

„Provozieren Sie mich nicht!“ raunzte sie, doch sie beide wussten, dass sie es nicht ernst meinte.

„Entschuldigung“, meinte er vergeblich um ein ernstes Gesicht bemüht. „Was wollten Sie sagen?“

Mara nahm einen langen kontrollierten Atemzug.

„Ich wollte mich bei Ihnen bedanken... und mich entschuldigen. Ich weiß, wie schwer es Ihnen gefallen ist, sich auf Nam Chorios endgültig von Callista zu trennen. Nur weil es mir nicht gefällt Herr der Lage zu sein... Ich wollte Sie nicht kränken.“

Er bedachte sie mit einem fragenden Blick, dann lachte er kurz und macht eine wegwerfende Geste. „Es gibt nichts zu vergeben. Immerhin hatten Sie Recht, doch mit geht es wohl nicht anders als Ihnen: Es ist schwer zu ertragen, wenn einem die eigenen Fehler mit einem Spiegel vorhalten werden.“

Nun war es an ihr, verwirrt dreinzuschauen: „Was?“

„Lassen Sie uns diese Sache einfach vergessen, in Ordnung?“ wiederholte er und bot ihr eine Hand an.

Zögernd starrte Mara seine behandschuhte rechte Hand an.

„Um des Friedens willen“, sagte Mara und gewährte ihm einen kurzen Händedruck.

„Um der Freundschaft willen“, korrigierte Luke und seine blauen Augen glitzerten.

Sie blinzelte perplex, doch das sanfte Lächeln, das seine Lippen kräuselte, verschwand noch immer nicht.

„Sie irritieren mich, Skywalker“, warf sie ein, doch sie spürte wie ihre Wangen krampfhaft ein Lächeln zu unterdrücken versuchten.

„Oh, das tut mir leid. Es war keine Absicht“, erwiderte Luke unverblümt. Die Heiterkeit seines jungenhaften und aufrichtigen Grinsens ließ die eisige Kälte in ihrem Inneren für einen Augenblick dahin schmelzen.

Nun gestattete auch Mara sich ein kurzes Lachen, dann entwand sie ihre Hand vorsichtig seinem Griff.

„Sie sollten häufiger lächeln“, meinte Luke, „das macht Sie irgendwie aufgeschlossener und freundlicher.“

„Wollen Sie jetzt etwa mit mir flirten?“ fragte Mara ironisch und stemmte spielerischen die Hände in die Hüften. „Nur, weil ich Sie einmal Luke genannt habe, heißt das nicht gleich, dass ich Sie heiraten werde.“

„Das habe ich auch nicht erwartet“, sagte er, doch zu ihrer Überraschung schlich sich ein Hauch von zarter Röte auf seine Wangen. Es bereitete ihr immer eine diebische Freude, diese peinlich berührte Miene an ihm zu sehen.

„Was genau ist eigentlich letzte Nacht passiert?“ fragte er dann sehr beherrscht und lenkte damit ihre Unterhaltung in eine andere Richtung. „Nachdem ich mit R2 gesprochen hatte und wieder auf die Veranda kam, waren Sie leichenblass und haben von Kopf bis Fuß gezittert. Ich dachte, Sie werden gleich ohnmächtig oder Schlimmeres! Und während der Nacht haben Sie sich ziemlich oft im Bett herum gewälzt, wie im Fieberwahn gesprochen und...“

„Moment mal“, unterbrach Mara ihn, „soll das heißen, Sie haben die ganze Nacht neben meinem Bett verbracht?“

„Nicht ganz. Kurz bevor die Sonne aufging, habe ich Ihre Reisetasche mit der Kleidung geholt und als ich mir später sicher war, dass Ihre Unpässlichkeit vorüber ist, habe ich R2 eingesammelt.“

Sie beäugte ihn kritisch, doch nichts an seiner Haltung, seiner Mimik oder seiner schillernden Präsenz in der Macht deutete daraufhin, dass es nicht so gewesen war, wie er gesagt hatte. Er war also wirklich die ganze Nacht lang über sie gewacht, hatte ihr die Stiefel und den Gürtel ausgezogen und sie zugedeckt.

„Nun“, begann Mara, „wie viel konnten Sie denn aus dem schließen, das ich im Schlaf von mir gegen habe?“

„Nicht besonders viel“, sagte Luke und zuckte mit den Schultern, „Ilya, das ist das Einzige, das ständig über Ihre Lippen kam. Ist das ein Name?“

Mara nickte: „Ja, es ist ein Name. Der Name eines Mannes, um genauer zu sein.“

Skywalkers Augenbrauen zogen sich fragend zusammen.

„Welcher Mann? Hat er etwas mit May Montross zu tun?“

„Nein, leider nicht“, sagte Mara und schüttelte den Kopf, „Ilya ist Teil einer Erinnerung, einer Vision oder irgendetwas in der Art.“

Und damit begann sie zu erzählen. So gut es ging, versuchte sie sich aller Details ihrer Vision zu entsinnen und ihm davon zu berichten, in der Hoffnung, dass er daraus vielleicht schlau werden würde. Doch sie wurde enttäuscht, denn alles, denn da war nur ein tiefes Stirnrunzeln auf seinem Gesicht, das nicht gerade Anlass zur Hoffnung gab.

„Seltsam, dass die Vision sich Ihnen offenbart hat, mir aber verschlossen blieb, wenn sie doch in dem Amulett abgespeichert war“, meinte Luke als sie schließlich geendet hatte.

„Das dachte ich auch erst. Nichtsdestotrotz ist es wohl so, dass May dies gewusst hat. Sie wusste, dass nur ich in der Lage bin die Erinnerungen zu entschlüsseln und vielleicht will sie, dass ich genau das tue, damit ihr Plan von Erfolg gekrönt ist. Das Problem ist nur“, sagte Mara trocken, „dass wir wahrscheinlich diese Erinnerung entschlüsseln müssen, um ihren Plan zu durchkreuzen.“

„Fühlen Sie sich denn bereit dazu? Würden Sie es noch einmal versuchen?“

„Ich fürchte, ich habe keine Wahl, oder?“ erwiderte sie mit einem resignierenden Seufzen.

„Keine Sorge“, meinte Skywalker und zog das silbrige Amulett aus einer Gürteltasche, „diesmal lass ich Sie nicht damit allein.“
 

~*~*~
 

Drei Jahre lang hatte sie ihn nicht mehr gesehen und das Herz schlug ihr voller Eifer und Aufregung bis zum Hals, als sie am Morgen hinaus ging und den Flug der Iriaz beobachtete. Drei Jahre erfüllt von sehnsüchtigem Warten und es war nicht ein Tag vergangen, an dem sie nicht an Ilya gedacht hatte.

Ob er sich wohl sehr verändert hatte?

Der frische Wind fegte über die weite Steppe hinweg und schob triste Regenwolken vor die wärmenden Strahlen von Dantooines Sonne, doch Orianna stand einfach nur da und starrte in den Himmel.

Mara spürte, dass die Zeit Orianna verändert hatte. Nicht nur, dass sie zu einer jungen Frau geworden war; die tyrannische Herrschaft ihrer Schwester über das Matale-Anwesen seit dem Tod ihres Vaters hatte sie härter gemacht und ihr beinahe jedes bisschen kindlicher Naivität geraubt – beinahe.

Als die ersten Regentropfen zu fallen und das trockene Gras unter ihren Stiefeln zu tränkten begannen, ging Orianna zurück ins Haus. Bithras saß im Wohnbereich und hatte sich im Lieblingssessel seines verstorbenen Schwiegervaters breit gemacht, um die neusten Wirtschaftsnachrichten aus dem HoloNet zu studieren. Auf einem Beistelltisch neben dem Sessel qualmte eine dünne Zigarre fröhlich vor sich hin - eine lästige Angewohnheit, die er sich mit der Eröffnung seines eigenen Geschäfts in Solely City zugelegt hatte. Und wie jeden Morgen wunderte sie sich, wie er an die Datacards kam, die er gerade voller Aufmerksamkeit und Konzentration las, schließlich hatten die immer noch andauernden Klonkriege viele Welten des Outer und Middle Rim vom HoloNet abgeschnitten. „Ich habe halt Beziehungen“, rechtfertigte er sich jedes Mal, wenn sie ihn danach fragte, und die Art wie er das Wort Beziehung auseinander zog wie klebrige Kaumasse, machten Orianna nur zu deutlich klar, dass es bei Bithras' Geschäften nicht mit rechten Dingen zuging.

Casseia scheuchte derweil die Droiden durch die Gänge, um alles für Ilyas Ankunft vorzubereiten. Orianna konnte ihre Schwester in hektischem Tonfall herum schreien hören, woraufhin Bithras nur genervt die Augen verdrehte, an seiner Zigarre zog und sich wieder seinem Studium widmete.

Da ihr Schwager sie ohnehin keines Blickes würdigte, beschloss Orianna nachzusehen, was ihre Schwester schon wieder in helle Aufregung versetzte. Als sie die Küche betrat, war Casseia gerade dabei einen der Haushalts-Droiden beiseite zu schubsen und den Speiseprozessor manuell zu programmieren.

Auch Casseia hatte sich verändert. Seit dem ersten Jahr ihrer Ehe mit Bithras, in dem sie allen Anscheins nach glücklich gewesen war, versuchte Casseia unentwegt schwanger zu werden, doch ihre Bemühungen waren bisher nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Voller Frustration und immer neuen Streitigkeiten mit ihrem Ehemann, hatte sich Casseia ihrem Freund, dem Essen, zugewandt, und seither deutlich an Gewicht zugelegt. Neben ihr wirkte Orianna mittlerweile noch zerbrechlicher und feingliedriger, als sie ohnehin schon war.

„Da bist du ja!“ sagte Casseia in schnarrendem Ton, der Orianna unentwegt an ihre Mutter erinnerte. „Steh' nicht so unnütz herum, sondern sieh' zu, dass du dich frisch machst. So kann man dich doch keinesfalls unter Menschen lassen.“ Sie gestikulierte voller Empörung in Oriannas Richtung. Diese sah an sich herunter und fragte sich, was Casseia an dem cremefarbenen Hosenanzug und den hellbraunen Stiefeln auszusetzen hatte.

Sie unterdrückte ein genervtes Seufzen und sagte nur: „Mir gefällt es so.“

Casseia öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch keine der beiden Schwestern kam dazu einen Streit vom Zaun zu brechen.

Mit einem Mal schlug der Türsummer an und ließ Casseia vor Schreck zusammen zucken. Einige Sekunden des Schweigens vergingen, dann rief sie Orianna barsch zu: „Na los, geh' und mach' die Tür auf!“ Diese ließ es sich nicht zweimal sagen, auch wenn ihr Herz schmerzhaft schnell gegen ihre Rippen schlug.

Der Türmelder summte noch ein zweites Mal, ehe sie die Eingangshalle durchqueren und ihn mit einem Knopfdruck einlassen konnte.

Ilya hatte sich kaum verändert. Seine Gesichtszüge waren zwar weniger jungenhaft und weich, sondern von Strenge und Reife gezeichnet, doch seine grünen Augen waren so schön wie damals. Immer noch stattlich und hoch gewachsen, sah er verblüfft auf Orianna hinunter und dann, ganz langsam, zeichnete sich ein Lächeln auf seinen Lippen ab.

„Seid gegrüßt, Mylady“, sagte er und beugte sich vor, um ihre Hand zu küssen. Ihre Finger kribbelten, als seine Lippen ihre Haut berührten. „Gleichfalls, Sir“, erwiderte sie ein bisschen zittrig und flatterhaft.

Just in diesem Moment stolperte Casseia um die Ecke und schob sich unwirsch einige Strähnen ihres Haars aus dem Gesicht. „Hallo, Ilya“, begrüßte sie ihn im herzlichsten Tonfall, zu dem sie fähig war – was in Oriannas Ohren immer noch wie eine Verwünschung klang – und umarmte ihren Gast knapp. „Nur so wenig Gepäck?“ fragte sie und stierte auf eine gut abgesicherte Aktentasche, die Ilya bei sich trug.

Er lächelte.

„Ich habe mir ein Zimmer in der Stadt gemietet. Ich erwarte heute Abend selbst noch Besuch.“

„Oh“, machte Casseia mit zerknirschtem Gesichtsausdruck. „Warum setzt du dich nicht schon mal ins Speisezimmer, Orianna wird dich hinführen. Ich hole derweil meinen lieben Mann.“

Ilya nickte nur und Casseia verschwand ebenso schnell, wie sie gekommen war. Schweigend führte Orianna ihn durch die Eingangshalle, durch den Flur im westlichen Flügel und zum Speisezimmer auf der Nordwest-Seite des Anwesens mit Blick über die Ebene.

„Ein bezaubernder Anblick. Natur ist etwas, dass man auf Coruscant selten erlebt“, kommentierte er, als er seine Tasche einem Droiden übergab und den Blick aus dem Fenster wandte. Orianna gesellte sich zu ihm hinüber.

„Ja, aber leider sind Sie in der Regenzeit hier eingetroffen. Bei Sonnenschein ist es noch viel schöner.“

Er verzog seine schmalen Lippen zu einem schiefen Lächeln.

„Das kann ich mir denken. Aber tut mir den Gefallen und nennt mich bei meinem Vornamen, Orianna.“

Sie unterdrückte die plötzliche Hitze auf ihren Wangen. „Gut“, flüsterte sie. „Wenn du das selbe für mich tust.“

„Selbstverständlich.“

Wieder verfielen sie in Schweigen und Orianna überlegte fieberhaft, wie sie die Konversation endlich ins Rollen bringen konnte. Doch es war nicht sie, die als Erste wieder das Wort ergriff.

„Wie geht es deiner Mutter?“ fragte er mit einer seltsamen Ernsthaftigkeit. „Ich habe gehört, es ginge ihr seit Cailetets Tod nicht besonders gut.“

Orianna schüttelte den Kopf.

„Wir haben sie in der Stadt in ein Med-Zentrum gebracht, wo man sich rund um die Uhr um sie kümmert. Casseia und ich wären einfach mit ihr überfordert gewesen und es sieht nicht gut aus. Ich denke, sie leidet unter Vaters Tod, immerhin kannten sie sich bereits ein ganzes Leben lang. Sie waren wie Seelenverwandte.“

„Das sieht man im Tierreich oft. Wenn ein Partner stirbt, wird es der andere ihm bald nachtun. Solche Dinge sind von niemandem bestimmt, nur vom Herzen, und dagegen lässt sich leider nichts machen“, erklärte er und Orianna bewunderte seine weltmännische Art. „Es tut mir leid.“

„Schon gut“, sagte Orianna und machte eine wegwerfende Geste. Auch wenn sie nie eine besondere Verbindung zu ihrer Mutter gespürt hatte, so kam sie doch nicht umher Trauer angesichts ihres nahenden Todes zu empfinden.

Casseias und Bithras' Erscheinen machte weitere Bemerkungen überflüssig. Ilya half Orianna in den Stuhl und nahm dann links von ihr am einen Ende der Tafel Platz, direkt gegenüber von Bithras. Casseia setzte sich an die übrig bleibende Längsseite des Tisches und starrte ihrer jüngeren Schwester unmittelbar ins Gesicht. Diese hielt ihren Blick fixiert auf das Frühstück, dass von den Droiden aufgetragen wurde.

Sie aßen in schweigsamer Atmosphäre und erst nach einer Tasse frisch gebrühten Kaffees, den Bithras sich immer von Chandrila importieren ließ, taute die Stimmung ein wenig auf. Ilya machte höfliche Komplimente über Casseias Äußeres, die Oriannas dickliche Schwester immer wieder erröten ließen, ehe sie kichernd rief: „So ein Charmeur.“

Doch Oriannas Blicke hingen immerzu an Ilya, an seinen Augen, an seinem Mund, an seinen Fingern, die immer wieder rhythmisch gegen den Pokal seines Trinkkelches trommelten, an seinen breiten Schultern und an seinen Hals. Nach einer Weile fühlte sie sich ganz benommen und versank ganz und gar in ihrer Fanastiewelt, in der es nur sie und ihn gab. Mehrere Male bemerkte sie es nicht einmal, dass Ilya sie tatsächlich angesprochen hatte, doch er grinste nur.

Es war bereits Mittag, als Bithras beschloss seinen alten Freund in sein Büro zu führen, um sich ums Geschäft zu kümmern und Orianna sah ihm mit sehnsüchtigen Blicken hinterher.

„Hoffentlich kann Bithras ihn dazu überreden uns zu helfen“, philosophierte Casseia herum, während sie beobachtete, wie die Droiden das restliche Geschirr zusammentrugen. Sie machte eine Pause und erwartete offensichtlich eine Antwort von Orianna, doch diese blieb aus.

„Schlag' ihn dir aus dem Kopf!“ schnaubte Casseia da. „Er ist viel zu alt für dich. Außerdem will ich nicht, dass du Bithras Karriere ruinierst, nur weil deine Hormone verrückt spielen?“

Orianna kehrte schlagartig in die Realität zurück und wusste erst nicht, was sie empfinden sollte: Scham, weil ihre Schwester und sicherlich auch Bithras und Ilya sie ertappt hatten oder Wut, weil Casseia ihre Träume auf so rüde und plumpe Art zunichte machen wollte.

„Was geht dich das denn an? Außerdem: Wäre dein Mann nicht so ein Versager, müsste er nicht seinen alten Kumpel von der Universität beknien, damit er ihm hilft. Ihr seid beide so erbärmlich“, fauchte Orianna zurück und gab sich nicht einmal Mühe, ihre Stimme zu senken, ehe sie sich erhob und schnellen Schrittes das Zimmer verließ.

Was für eine Familie, dachte Mara nur.

Orianna wanderte zunächst ziellos durch die Gänge des Anwesens, ging dann in die Küche, um sich einen Trinkschlauch voll Mineralwasser aus der Kühlanlage zu nehmen und hinaus zu gehen.

Er regnete in Strömen und nach wenigen Minuten war sie bis auf die Haut durchnässt. Der cremefarbene Anzug färbte sich dunkel, ihre Stiefel versanken in der aufgeweichten Erde und ihre roten Locken klebten an ihrem Kopf. Doch sie genoss den Regen und hoffte, dass er einen Teil ihrer Gefühle fortspülen würde.

Sie entfernte sich immer weiter vom Anwesen, passierte die elektromagnetische Barriere, die das Grundstück abgrenzte und marschierte immer weiter in Richtung Stadt. Der Südpfad, wie die Einwohner ihn nannten, war jedoch verwaist. Nur die kleine Sarzamin, die auf einer niedrigen Mauer nahe ihrem Elternhaus saß, schien sich vom heftigen Regenschauer nicht beirren zu lassen. Orianna sprach ein wenig mit dem zehnjährigen Mädchen, doch sie wurden jäh vom Jaulen der Kath-Hunde unterbrochen. Mit verängstigten Blicken schaute Sarzamin sich um, rutschte von der Mauer hinunter und rannte zurück ins Haus und Orianna sollte es ihr gleicht tun. In letzter Zeit hatte waren die Kath-Hunde wieder besonders aggressiv und schreckten weniger den je davor zurück, jemanden anzugreifen.

Sie ging den Weg, den sie gegangen war, zurück, doch ein Blick auf das Chronometer sagte ihr, dass mehr Zeit vergangen war als sie gedacht hatte. Die zunehmende Dunkelheit hatte sie den immer stärkeren Regenfällen zugeschrieben, doch in der Tat neigte sich der Tag bereits dem Ende zu und der Abend war hereingebrochen. Wenn sie nicht vor Einbruch der Nacht wieder auf dem Grundstück der Matales war, steckte sie in gewaltigen Schwierigkeiten.

In der Ferne hörte sie erneut die Kath-Hunde jaulten und Angst kroch in ihre Glieder. Unruhig spielte sie mit dem Medallion und der Kette an ihrem Hals. Ihre Schritte beschleunigten sich und schließlich rannte sie, bis ihre Lungen rannten und der Regen die Bilder vor ihren Augen verschwimmen ließ. Es war nicht mehr weit..

Sie rannte immer weiter, bis schließlich das diffuse, blaue Leuchten der Begrenzungsfelder zwischen dem Grau um sie herum auftauchte. Ein letzter Spurt und sie hatte es geschafft. Erschöpft hielt sie eine Sekunde inne und rang nach Atem. Nun war sie wieder in Sicherheit.

Überall im Haus brannten die Lichter, um die erstickende Dunkelheit und den tristen Regen abzuhalten. Von Kopf bis Fuß durchnässt, tropfte es von ihren Haaren, ihrer Nase und den Fingerspitzen, als durch den Hintereingang schlüpfte und ihre Stiefel aus zog.

„Wo ist sie nur wieder hingegangen?“ hörte sie Casseia in wütendem Ton fragen. „Es würde mich nicht wundern, wenn sie eines Tages wirklich von den Kath-Hunden zerfleischt wird!“ Orianna schnaubte und wandte sich nach links, weg von der Stimme ihrer Schwester und ihres Schwagers. Diese beiden waren das letzte, was sie heute sehen wollte. Wieder spielte sie mit ihrem Anhänger und warf einen Blick über ihre Schulter, ehe sie um die Ecke ging...

... und gegen jemand stieß.

Erschrocken wich sie zurück und erkannte voller Entsetzen, dass es Ilya war, dessen Anzug sie mit ihrem nassen Haar beschmutzt hatte. Doch sie brachte keine Entschuldigung hervor, sondern rief überrascht: „Du bist ja noch da! Hattest du nicht etwas von einem Termin gesagt?“

Er starrte sie verdutzt an und es war ihr unmöglich seine Mimik zu deuten. Was dachte er wirklich? Das Einzige, was sie mit Sicherheit wusste, war, dass ihr Puls erneut in die Höhe schnellte und ihr Körper und ihre Seele, ihr ganzes Sein, sich nach ihm verzehrten.

Plötzlich packte er ihre Schultern, so fest, dass es wehtat, zerrte sie weiter von Casseias Stimme fort und presste sie plötzlich gegen die nackten Korridorwand aus orangefarbenem Durastahl. Sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht und er ging genauso schnell und stoßartig wie ihr eigener.

„Ich konnte nicht…“, sagte er atemlos. „Ich konnte nicht gehen, ehe du nicht wieder in Sicherheit bist. Was hast du dir nur gedacht?“

Schmerz jagte durch Oriannas Körper, als ihr Herz in ihren Hals zu springen schien. Sie zweifelte an der Realität des Augenblicks. Ihr Verstand weigerte sich zu glauben, dass dies wirklich passierte, doch der Rest von ihr wollte nicht, dass dieser Traum endete.

Sie schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken, bot sich ihm an und lauschte seinem aufgeregten Atmen. Seine Hände zitterten, als er ihre Schultern losließ und seine Finger über ihren Körper gleiten ließ. Das Nächste was sie spürte, war, wie seine Arme kraftvoll ihre Taille umfassten und sich seine Lippen begierig und fordernd auf ihre senkten.
 

Erst war Skywalkers mentaler Fühler nur ein sanftes Zwicken an der Oberfläche ihres Geistes, während er sie zurück in das Hier und Jetzt zu locken versuchte. Ein leises, fast zärtliches Echo aus weiter Ferne, das sie nach hause rief.

„Ich glaube, Sie brauchen eine Pause, Mara“, hörte sie ihn wie durch Watte sagen. „Kommen Sie zurück.“

Doch sie konnte nicht. Sie fühlte nur, wie ihr Geist zwischen den Bildern und Skywalkers Rufen hin und her geworfen wurde wie ein Boot, das vom Sturmwind erfasst worden war und im Begriff die Richtung zu verlieren.

Das Zwicken schwoll an zu einem Stechen in ihrem Kopf und wurde immer lauter und eindringlicher wie ein donnerndes Stakkato, das unaufhörlich gegen ihre mentalen Barrieren prallte.

„Moment!“ stieß Mara keuchend hervor. Ihr stand Schweiß auf der Stirn. Sie konnte die Feuchtigkeit an ihren Schläfen spüren.

Atmen, dachte sie, atmen...

Und mit einem Ruck warf sie Oriannas Erinnerung von sich fort, war sie ab wie einen alten Tarnmantel. Erneut von Schwäche übermannt, konnte sie an nichts anderes denken, als Luft in ihre Lungen zu pressen. Hätte Skywalker sie nicht festgehalten, sie wäre wohl einfach umgefallen. Daher überließ sie sich seinen Armen und rang einen Moment lang wie eine Ertrinkende um Atem.

„Ganz ruhig“, sagte Skywalker und sie empfand ein warmes Prickeln als er die Macht um sie herum strömen ließ, damit Mara sich mit ihrer Kraft stärken konnte.

„Danke“, murmelte Mara, während sich ihre Atemzüge wieder verlangsamten und der Schweiß auf ihrer Stirn immer kälter wurde. „Es geht schon wieder.“

Langsam und zögerlich lockerte Skywalker den Griff um ihre Schultern und führte seine Hände zurück zu ihren Schultern, wo sie anfangs beruht hatten.

„Entspannen Sie sich, Mara“, sagte er von hinter ihr. „Ihr Geist ist ziemlich... nun ja... unstet.“

„Was meinst Sie mit unstet?“ fragte sie und warf sich die Haare unwirsch über die Schulter, doch ihre Blicke klebten regelrecht an dem glänzenden runden Ding, das vor ihr, direkt zwischen ihren Knien im Gras lag.

„Äußerlich betrachtet sind Sie ruhig, entspannt oder zumindest weniger angespannt als gewöhnlich. Aber in den Bereichen darunter spüre ich ein hohes Maß an Verwirrung und mentalen Turbulenzen. Als wollten ihre Gedanken und Gefühle einfach nicht zur Ruhe kommen.“, erklärte Luke. „Das ist natürlich nur eine oberflächliche Feststellung, aber wenn Sie Ihre Barrieren für mich senken würden und mich…“

„Ah!“ machte sie und schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab, „die tiefen meines Geistes sind kein Ort für Sie, Luke. Keine Diskussion.“

„Aber wohlmöglich ist das der Grund, warum sie so tief in diese Visionen hinein gesogen werden. Es fehlt Ihnen an der nötigen inneren Ausgeglichenheit…“

„Erzählen Sie mir nichts über meine innere Ausgeglichenheit. Wenn ich mich noch mehr entspanne, lösen sich meine Moleküle in ihre Bestandteile auf“, erwiderte Mara bestimmt, „und jetzt Schluss damit!“

„Schon gut!“ gab Skywalker hastig zurück und drückte besänftigend ihre Schultern. „Also, was haben Sie gesehen?“

Es dauerte einen Augenblick, ehe sie ihm antwortete. Stattdessen nahm sie noch einige köstliche Züge der süßlichen Luft und ließ ihre Blicke über die Ebene schweifen. Es war kaum zu glauben, dass Sarzamin Saias Haus direkt hinter dem Hügel vor ihnen lag, so unbelebt schien ihr die Gegend. Ihre Knie schmerzten ein wenig von den alten Grashalmen und Stöckchen, die sich dort und in die Schienbeine drückten, doch sie würde sich nicht vor Skywalker darüber beklagen.

Wieder begann sie zu erzählen und wieder hörte er ihr mit großer Aufmerksamkeit zu. Es war ihr schon ein bisschen unheimlich, sogar Karrde lauschte ihr derart angestrengt und konzentriert.

„Dann war Ilya also Oriannas Geliebter, so weit, so gut“, wiederholte Luke schließlich. Obwohl sie ihn nicht sah, konnte sie spüren wie er lächelte. „Ist doch sehr beneidenswert.“

„Wenn Sie meinen“, erwiderte Mara nur, „wir werden ja sehen, was aus den beiden geworden ist.“

„Was machen Sie denn?“ rief Skywalker als sie sich vorbeugte. „Mara, ich denke wirklich, dass Sie noch ein wenig Ruhe brauchen. Wir können später immer noch weiter machen.“

„Versuchen Sie mich aufzuhalten“, meinte sie schnippisch und streckte die Hand erneut nach dem Amulett aus.
 

Der Regen prasselte bereits seit Stunden gegen die Scheiben und ließ die Welt außerhalb des kleinen Herbergszimmers wie einen diffusen Traum verschwimmen. All das Leid, das die Klonkriege über die Galaxis gebracht hatten, schienen hier in Raum und Zeit entrückt und Orianna fand es gut so.

„Sei so gut und schließ das Fenster, ja?“ sagte Ilya mit mürrischer Stimme. "Dieser Regen macht mich noch wahnsinnig."

Ein wenig widerwillig löste Orianna sich aus seiner Umarmung, warf die Bettdecke beiseite und eilte, nackt wie sie war, zum Fenster hinüber und schloss es. Sie beeilte sich, wieder unter die Decke zu huschen und seine warme Haut an ihrer zu spüren. Begierig kuschelte sie sich an ihn, schlang einen Arm um seine Brust und Schultern und drückte ihm einen Kuss auf den Hals.

„In diesem Laden gibt es nicht einmal eine Stimm-Codierung, damit man die Fenster vom Bett aus schließen kann“, murmelte Ilya genervt und rieb sich mit zwei Fingern den Schlaf aus den Augen. „Stört dich der Regen etwa nicht?“

„Nein“, meinte Orianna nur und liebkoste weiter seinen Hals. „Er erinnert mich immer an den Tag, als wir uns das erste Mal geküsst haben. Es hat in Strömen geregnet, genau wie heute. Ich war ganz nass, als ich nach hause kam. Und da hast du gestanden, ganz aufgeregt und hast mich an die gepresst und geküsst.“

Er lachte freudlos.

„Du redest, als wäre das eine Ewigkeit her, dabei ist seitdem erst ein Standardjahr vergangen.“

„Aber seitdem hat sich soviel verändert“, sagte sie. „Dantooine ist von der Außenwelt abgeschnitten und jeden Tag geht es uns hier schlechter. Und alles nur, weil sich die Separatisten und die Republik nicht einigen können.“

„Ich weiß, Orianna, ich weiß“, erwiderte er. „Ich lebe auf Coruscant, schon vergessen?“

Sie wurde still. „Nein, natürlich nicht.“

Warum hatte er es erwähnen müssen? Wann immer etwas mit Coruscant zu tun hatte, erinnerte es sie unweigerlich daran, dass Ilya nicht bleiben würde, dass er zurück in die Hauptstadt musste, zu seinen Geschäften und seinen Pflichten. Sie wusste, nur so konnte er seinen Lebensunterhalt verdienen und nur so war es ihm möglich ihren Schwager Bithras monetär zu unterstützen, und doch fand sie es schreiend ungerecht. Nur etwa alle drei Monate war es ihr vergönnt in seiner Nähe zu sein und sich ihrer gemeinsamen Liebe hinzugeben. Und selbst dann schrumpfte ihre Zeit zu wenigen, kostbaren Momenten zusammen.

Nach ihrem ersten verhängnisvollen Kuss hatte Orianna darauf bestanden, Bithras und Casseia nichts von alle dem zu erzählen. Ilya hatte nicht protestiert. Es war besser so, schließlich würde ihre Schwester sich lediglich mit dem Argument brüsten, dass Ilya zu alt für sie sei. Vermutlich würde sie sogar, im Namen ihres Vaters, anführen, dass Ilya gefälligst um ihre Hand anzuhalten hatte, bevor er Orianna berühren durfte. Es war also das Beste für alle Beteiligten und am Einfachsten für die beiden Liebenden, wenn sie sich heimlich trafen, ohne die kritischen Blicke irgendwelcher Anverwandten.

Sie spürte, wie er sich neben ihr bewegte und ihr Kinn mit einer Hand seinem Gesicht entgegen hob. Willig ließ sie es geschehen, als er sie fest umarmte und ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen drückte.

„Ich liebe dich“, sagte er dann, als sie bereits mit einem seligen Lächeln in seinen Armen lag und seinem Herzschlag lauschte. Er strich ihr sanft durch den dichten Lockenschopf.

Orianna wagte nicht, etwas zu erwidern. Ihr war bewusst, dass Ilya wegen der ernsten Lage in den Kernwelten ziemlich angespannt war und vielleicht sogar um seine Existenz fürchten musste. Die kritische Lage des Handels im Middle Rim macht ihm Kopfzerbrechen, wie er ihr immer wieder in seinen Holonachrichten berichtete. „Es ist nur eine Frage der Zeit“, hatte er einmal mit ernsthafter Miene gesagt; „bis die Separatisten Coruscant angreifen. Count Dooku und General Grievous werden sicher nicht eher ruhen, bis Palpatine und die Republik geschlagen sind. Wenn das passiert wird meine Firma wahrscheinlich längst pleite sein und ich werde die Passagen nach Dantooine nicht mehr bezahlen können. Ich versuche ein paar Credits beiseite zu schaffen, aber es ist nicht einfach.“

Orianna hatte keine weiteren Fragen gestellt, obgleich auch die Zukunft ihrer eigenen Familie durch den verheerenden Krieg gefährdet war. Wenn Bithras keine Unterstützung mehr durch Ilya bekam, würde er sein Handel mit den Kernwelten zum Erliegen kommen. Er würde mit Glanz und Glorie untergehen und Casseia und Orianna gleich mit. Dennoch galt ihre ungeteilte Aufmerksamkeit der Aufgabe, Ilya einen Teil seiner Last abzunehmen oder sie ihn zumindest für ein paar Augenblicke vergessen zu lassen.

Viele Minuten vergingen, in denen sie bloß schweigend dalagen, den Körper des anderen zärtlich streichelnd und liebkosend. Erst als es draußen deutlich dunkler zu werden schien, setzte Orianna sich erneut auf und blickte auf ihren Chronometer.

„Ich muss gehen“, stellte sie in bedauerndem Ton fest. „Ich habe Casseia gesagt, ich wäre zum Abendessen wieder zuhause.“

Er rollte sich auf die Seite und spähte über ihre Schulter auf den Chronometer. Dann schlang sich sein kräftiger Arm um ihre Schultern und drückte sie zurück in die Kissen. Einen Atemzug später spürte sie das Gewicht seines Körpers auf ihrem und er küsste sie so lange und intensiv, als wollte er den Moment anhalten. Seine Hände schienen plötzlich überall zu sein und sie erwiderte seinen Kuss voll fiebriger Begierde. „Das ist noch mehr als genug Zeit“, erwiderte er.

Sie wollte ihm widersprechen, wollte ihm sagen, dass sie des Todes wäre, wenn sie nicht pünktlich käme. All diese Heimlichkeiten wären ganz umsonst gewesen. Doch sie war völlig machtlos, denn die Bedürfnisse ihres Körpers ließen keine andere Meinung mehr zu. „Ilya“, keuchte sie und öffnete sich ihm, gab sich ihm hin, um ihn, wie schon so oft, in ihren Körper einzulassen...
 

Mara spürte wie ein unangenehm warmer Schauer ihren Rücken hinab kroch, während sich ihr Geist erneut mit aller Gewalt zurück in die Gegenwart kämpfte und die Verbindung zu Skywalker aufs Neue abbrach. Zitternd drängte sie die Bilder von Orianna und Ilya zurück und unterdrückte einen Laut der Abscheu, doch sie fühlte sich nun nicht mehr so schwach und halb erstickt wie eben noch.

„Alles in Ordnung?“ fragte Skywalker, dessen warme Finger immer noch sacht auf ihren Schultern ruhten.

„Wie man es nimmt2, erwiderte Mara und schloss für einen Moment die Augen, um den Nebel aus Erinnerungen in ihrem Kopf zu lichten. „Ich glaube, ich muss mich nachher mit Desinfektionsmittel übergießen.“

„Wieso? Was ist denn passiert?“ fragte Skywalker nun und Mara konnte sich bildlich vorstellen, wie er sie mit einer Mischung aus Neugierde und Argwohn ansah. Also schilderte sie ihm, was sie gesehen hatte, doch obwohl ihr keine Schamesröte auf die Wangen trat, fühlte sie sich schmutzig, als hätte sie diese intime Liebesszenerie zwischen Orianna und Ilya wie ein Voyeur betrachtet. Sie selbst wollte nicht, dass irgendjemand solch private Details aus ihrem Leben kannte, daher war sie auch nicht darauf erpicht, die Intimitäten anderer zu erfahren.

„Oh“, sagte Skywalker nur, „das muss, in der Tat, unangenehm gewesen sein.“

„Nicht nur das, ich weiß nicht einmal welche Relevanz diese Erinnerung hat“, betonte Mara.

„Nun, vielleicht war sie für Orianna etwas Besonderes“, vermutete Luke, „oder sie signalisiert eine Art Wendepunkt in ihrer Beziehung. Sie haben doch sicherlich auch derartige Erinnerungen an einen Mann?“

Die Stirn zur fragenden Grimasse verfurcht, drehte sie sich halb zu ihm um und starrte ihn an. „Nein, aber wenn es so wäre, würde ich es Ihnen sicherlich nicht verraten.“

Seine blauen Augen schienen einen seltsamen Glanz zu bekommen. War das etwa Mitleid?

„Das tut mir leid“, sagte er nur.

„Wie auch immer“, sagte Mara düster und strich sich erschöpft übers Gesicht. „Trotzdem werde ich dieses unglaublich miese Gefühl nicht los, dass uns das Schlimmste noch bevorsteht…“
 

*************************************

…to be continued...
 

Anmerkung der Autorin: Nachdem ich den ganzen Dezember über kein einziges Wort zustande gebracht habe, haben mich die letzten Passagen dieses Kapitels ganz schön ausgelaugt *uff*. Aber das war auch zu erwarten, weil es wirklich viel Laberei ist und die Geschichte um Orianna und Ilya erst einmal weiter aufbauen musste. Daher ist der Plot um Luke und Mara erstmal in den Hintergrund getreten. Ich hoffe jedoch, das was vorkam, war nicht zu viel Fluff für ein Kapitel *g*

Nun, dann werde ich wohl mal zur Tat schreiten – noch 3 Kapitel übrig!
 

coming soon: "6: Cries In the Dark"

Cries in the Dark (1)

Gleich einem Flederhabicht, der in den unendlichen Straßenschluchten Coruscants aus vielen Kilometern Höhe mit scharfem Blick seine Beute erspäht, starrte May wachsam hinunter auf das hektische Treiben auf der Hauptstraße, auf der Menschen und Nichtmenschen gleichermaßen ihre Einkäufe für das bevorstehende Erntefest tätigten. Alle waren so sehr mit ihren Vorbereitungen oder freundlichem Geplänkel beschäftigt, dass niemand auch nur im Entferntesten den bohren Blick Mays eisblauer Augen im Nacken erahnte.

Sie hatte sich bereits vor zwei Tagen in dem kleinen Motel im Stadtzentrum, dem Solely Inn, eingemietet, einem Etablissement, das sich ganz und gar nach den kargen Wünschen der wenigen Handelsreisenden richtete, die sich hin und wieder nach Dantooine zu verirren schienen. Die Zimmer und Korridore wirkten so steril und anonym wie eine Med-Station, nur gelegentlich heiterte eine farbige Holoprojektion – meist nur Kopien berühmter Kunstwerke – die grau-weiße Tristesse auf. Es erinnerte sie ein wenig an die guten alten Zeiten beim Imperial Intelligence. Jedes Hallen ihrer Schritte in den langen Fluren, jedes reservierte Räuspern, wenn zwei Gäste sich im Gang begegneten, gefolgt von einem knappen Nicken der Kenntnisnahme: Es war genau wie in ihrem alten Büro in Imperial City, bloß, dass hier keine Sturmtruppen patrouillierten.

In mitten all dieser klinischen Sauberkeit wären Laz und Avarice aufgefallen wie zwei bunt gescheckte Wompratten. Die anständigen und gutbürgerlichen Siedlern, die idyllische Ruhe Dantooines, all das machte nur zu deutlich klar, das dies kein Ort für zwei solch raubeinige Gundarks war. Es war allerdings nicht leicht gewesen, nach dem Einbruch ins Anwesen der Matales und Jades anschließendem Auftritt, die beiden dazu zu bewegen, einige Kilometer südlich des Grundstücks ihr Lager aufzuschlagen, anstatt mir ihr in die Siedlung zurück zu kehren. In der Tat hatte es ziemlichen Protest gehagelt, warum sie wie vogelfreie Banditen zwischen Felsen und Bäumen schlafen mussten, während sich May ein bequemes Zimmer in der Stadt leistete. „Weil ihr Banditen seid“, hatte sie gesagt, „und ihr werdet gefälligst hier bleiben und euch sofort mit mir in Verbindung setzen, sollte Jade noch einmal zurückkommen, um das Haus zu durchsuchen. Das ist ein Befehl!“

Es war ihr von Anfang an klar gewesen, dass die beiden Männer ihren Plan nicht verstehen würden, dafür fehlte es ihnen an der nötigen Finesse, dem Fingerspitzengefühl und der Fähigkeit zum strategischen Denken. Sie waren es zu sehr gewohnt, nach Belieben ihre Blaster zu zücken und jeden um zu pusten, dessen Gesicht ihnen gerade nicht gefiel. Es war etwa so als würde jemand versuchen ein filigranes Ornament mit einem Vorschlaghammer in Durastahl zu meißeln. Im Grunde hatte sie Laz und Avarice nur mitgenommen, damit sie ihr beim Anbringen der Bewegungssensoren und der Thermalsprengsätze halfen und diese Aufgabe hatten sie gemäß ihren Wünschen erfüllt. Außerdem – so hatte May vermutet – würde die Vertrautheit ihrer Auren in der Macht Jade sicherlich noch stärker anziehen als die Präsenzen zweier Fremder. Sie kannte die angeborene Neugierde der Hand des Imperators, die es ihr gebot, dieser mehr als heißen Spur nachzugehen.

Und Mara Jade war ihr nachgegangen, ganz so, wie May es geplant hatte.

Das bewusste Auslösen des Alarms durch den Bewegungssensor und die anschließende Zündung der Sprengsätze, hatte ihr ganz von allein verraten, wo Jade genau war und May damit die perfekte Gelegenheit gegeben, ihr Orianna Matales Amulett in die Hände zu spielen.

Der Gedanke, dass Palpatines gefürchtete Agentin nun im Beisein ihres Jedi und ihrer neuen Freundin Sarzamin Saia da saß und mehr und mehr an Mays Geisteszustand zu zweifeln begann, brachte ihr Lippen zum Kräuseln. Ich bin nicht verrückt, dachte sie bitter, aber wenn das alles hier vorbei ist, wirst du es sein, Jade. Dafür werde ich schon sorgen.

Ein Prickeln rann wie ein warmer Schauer ihren Rücken hinab, während ihre eigenen Gedanken in ihrem Kopf widerhallten und sich ewig fortzusetzen schienen. Sie schloss die Augen, sperrte das Licht des Tages und die Stimmen der Lebenden aus und versuchte die Empfindungen zu erkunden, die plötzlich über sie hinweg zogen wie eine gewaltige Woge des Ozeans.

Da war wieder diese Erregung. Eine fiebrige heiße Erregung, die sie immer überkam, wenn sie dem sich dem Sieg und der Rache so nahe fühlte. Aber da war auch Furcht, eine elementare Angst vor dem Versagen und dem Verlust, auch wenn es für sie nichts mehr zu verlieren gab. Sie war tiefer gesunken als ein Imperialer Agent jemals hätte sinken können. Sie hatte die tiefen schwarzen Abgründe ihrer eigenen Seele erblickt und sich ihnen gestellt. Doch wohin hatte sie dies gebracht? Sie umgab sich mit Abschaum, wertlosem Piratenpack. Sie selbst war eine Piratin geworden. Und von allen Emotionen, die nun für den Bruchteil einer Sekunde die Oberhand über ihr Sein gewannen, war die Sehnsucht nach der Vergebung für ihre unwürdigen Taten die stärkste. Und mit der Sehnsucht kam die Bitterkeit und mit ihr wiederum der Schmerz und die Wut... Sein Gesicht, wie es geisterhaft durch die Dunkelheit ihres Geistes aufblitzte.

„Nein!“ keuchte sie und riss die Augen auf. Das Sonnenlicht schlug sie einen Augenblick mit Blindheit, doch sie begrüßte den Schmerz, der über ihre Sehnerven wie eine Vibroklinge in ihren Kopf vordrang, denn er vertrieb alle zehrenden Gedanken und brachte ihre Gefühle zum schweigen. Sie schluckte, entließ die Luft in ihren Lungen mit einem langen und kontrollierten Atemzug. Erinnerungen durften nicht so real und lebendig sein wie die Wirklichkeit! Und doch war sie wegen eben jener Erinnerungen an diesen Ort gelangt. Dabei wollte sie nichts weiter, als einen einzigen Moment des Triumphes. Ein Triumph, dessen glückseliger Nachhall andauern würde, bis sie eines Tages starb. Einen Sieg, denn sie als May Lynn, nicht als Meelam errungen hätte.

„Manchmal bist du wirklich ein erbärmliches Geschöpf, May Montross“, ermahnte sie sich selbst und ließ die Anspannung mit einem freudlosen Lachen ihrer Kehle entweichen.

Ein durchdringendes Zirpen, welches von dem Nachttisch zu ihr hinüber hallte, tat das Übrige, um ihre düsteren Gedanken zu verbannen. Ohne Umschweife trat sie neben das Bett, nahm ihr persönliches Comlink vom Nachttisch und öffnete die Frequenz.

„Montross“, antwortete sie und zu ihrer Zufriedenheit klang sie so militärisch-streng wie man es ihr all die Jahre an der Akademie gezeigt hatte.

„Wir sind im System“, meldete sich eine fiebrig klingende Männerstimme. „Ich habe gerade alle Daten der Hafenbehörde auf meinem Schirm.“

„Bist du sicher, dass die Leitung sauber ist?“

„Absolut. Nicht mal der GNR würde die Spur verfolgen können. Oder das ISB.“

„Gut“, sagte sie und strich sich mit einer Hand den kurzen schwarzen Schopf zurück, „es reicht mir schon einen Jedi in meine Planungen mit einzurechnen. Check' alle Landeplätze nach der Jade's Fire und entriegel die Startrampe, damit wir freien Zugriff auf das Schiff haben.“

„Nichts leichter als das. Aber was ist mit den internen Sicherheitsmechanismen? Nicht mal ein tölpelhafter Hinterwäldler würde hier sein Schiff einfach so stehen lassen.“

„Entriegel die Startrampe der Landebucht und lass' den Rest meine Sorge sein. Ich will, dass ich ungestört an ihr Schiff komme, wenn ich beim Raumhafen eintreffe.“ May durchquerte das Zimmer mit wenigen Schritten, hinüber zu einer Kommode, über der ein Spiegel in äußerst simplem Design angebracht worden war und starrte für einen Moment ihr blasses Ebenbild an. „Danach will ich, dass du auf die Aufzeichnungen der Landungen und Starts der letzten zwei Wochen zurückgreifst. Irgendwo in den Einträgen ist die Ankunft der Pride of Vengeance verzeichnet.“

Es vergingen einige Momente der vollkommenen Ruhe, dann gluckste der Mann eine Bestätigung. „Hab' sie gefunden.“

„In Ordnung. In exakt einer Stunde löschst du die Transpondercodes, die wir von der Pirate aus eingespeist haben. Zwei Standardstunden später fährst du einen Reset und setzt die Einstellungen des Transponders zurück.“

„Wie bitte? Aber dann wird der...“

„Tu’ es einfach!“

„J-ja. Verstanden.“

May unterdrückte ein Seufzen. Natürlich wusste sie, was dann passieren würde. Wenn die gefälschten Transpondercodes des Schiffes gelöscht wurden, wäre die Pride of Vengeance zwei Stunden lang ohne Identität. Wenn die Daten des Schiffs das nächste Mal überprüft wurden – und selbst die Großrechner einer drittklassigen Hafenbehörde taten dies etwa alle halbe Stunde – würde dies für genug Verwirrung sorgen, um ihr unbemerkten Zugang zu Jades Schiff zu verschaffen.

„Sonst noch irgendwelche Anweisungen, May?“

„Bringt die Pirate außerhalb dieses Sektors und wartet bei Aquilae auf meine Rückkehr“, sagte sie. „Und kümmert euch um Ersatz für den Twi'lek.“

„Ja, selbstverständlich.“

„Montross, Ende.“

Sie wartete gar nicht auf eine weitere Erwiderung, sondern schaltete ihr Comlink ab und hakte es wieder in die Halterung an ihrem Gürtel, dann schritt sie zur Garderobe neben der Zimmertür und schlüpfte in einen aschgrauen Mantel. Während sie den Kragen umschlug und ein paar eingeklemmte Strähnen nach außen warf – sie ermahnte sich, bald wieder ihre Haare kürzen zu lassen – starrte sie ein kleines rechteckiges Päckchen an, welches auf der Kommode lag. Sie nahm es in die Hand, starrte es eine Weile gedankenverloren an, ehe sie es in eine Tasche ihres Mantels gleiten ließ und zur Tür ging.

Es wurde Zeit, dass Mara Jade erfuhr, wer sich hinter Mays Geißel Meelam in Wahrheit verbarg.
 

Sie kam gerade aus der Stadt zurück, als es passierte.

Droiden halfen Orianna die Einkäufe vom Skipper zu laden und ins Haus zu bringen. Voller Frohsinn sie blickte auf den vergangenen Tag zurück, während sie eine Tüte mit neuen Kleidern aus dem Laderaum des Skippers hob und zum Haupteingang hinüber schlenderte. Nachdem sie früh am Morgen zum Med-Zentrum gefahren war, um nach ihrer Mutter zu sehen, mit ihr gemeinsam zu frühstücken und den Medis dabei zu helfen sie zu waschen und anzukleiden, hatte sie sich am Mittag mit der mittlerweile dreizehnjährigen Sarzamin nahe der alten Jedi-Enklave getroffen. Während sie über die belebte Hauptstraße gewandert und sich die Auslagen der Händler an den Ständen angesehen hatten, hatten sie sich über dies und das unterhalten und kindliche Scherze gemacht. Es war für Orianna eine willkommene Abwechslung gewesen. Keine wilden Streitereien zwischen Bithras und Casseia, keine angespannten Mienen wegen neuer Kriegsmeldungen oder abgesprungenen Kunden. Nein, mit Sarzamin konnte sie vollkommen unbeschwert ihren Tagträumen nachhängen. Hin und wieder sah Orianna in ihr die Schwester, die Casseia niemals gewesen war und dank ihr konnte sie sogar ihre Sorge um Ilya einen Moment lang vergessen.

Sechs Monate waren vergangen seit sie Ilya das letzte Mal gesehen hatte. Zwar hatte er, um die Zeit und die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken, immer wieder Holonachrichten geschickt, doch seit zwei Standardwochen fehlte jede Spur von ihm. Er war unerreichbar für sie geworden, antwortete weder auf ihre, noch auf Bithras' Nachrichten und Orianna träumte jede Nacht aufs Neue, dass sie ihn nie wieder sehen würde.

Selbst Casseia und Bithras spürten ihren wachsenden Unmut, auch wenn sie den Grund dafür nicht kannten. Vielleicht lag es daran, dass sie ebenfalls um Sorge um Bithras' alten Freund waren, doch vielleicht waren sie auch einfach selbst in so niedergedrückter Stimmung, weil ihr gemeinsames Leben nicht den Kurs genommen hatte, den sie sich gewünscht hatten.

Orianna brachte die Tüte mit den Kleidern in ihr Zimmer, schlüpfte in ihre Hausschuhe und machte sich auf den Weg in die Küche. Der lange Einkaufsbummel hatte sie hungrig gemacht. Auf dem Weg dorthin konnte sie eine laute Stimme aus dem Wohnzimmer vernehmen. Einen flüchtigen Augenblick lang spielte sie mit dem Gedanken, Bithras zu fragen, ob er langsam schwerhörig wurde, dass er das HoloVid so laut abspielen musste. Doch dann hörte sie Worte, die ihr wie ein Faustschlag in die Magengrube schmerzten.
 

°... sollen Truppen der Separatisten unter dem Kommando der Cyborg General Grievous in die Hauptstadt eingedrungen und den Obersten Kanzler entführt haben. Das Senatsviertel, Republica 500 und East Port wurden durch das gewaltsame Eindringen und den Beschuss durch Kanonenboote teilweise zerstört und unterliegen dem Ausnahmezustand. Im Orbit bieten sich die planetarischen Streitkräfte eine unerbittliche Schlacht, während die Armee der Republik auf Verstärkung aus dem Inneren Rand wartet. Die Jedi...°
 

Weiter konnte sie dem Bericht nicht folgen. Erstarrt stand sie im Korridor und spürte förmlich, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. Ihre Knie fühlten sich an, als würden sie das Gewicht ihres Körpers nicht mehr lange tragen können.

Coruscant stand unter Beschuss. East Port war den Schergen der Separatisten zum Opfer gefallen. Ilya arbeitete in East Port!

Wie ein Geist, ein Schatten ihrer selbst, folgte sie der Stimme, die weiter über die Zerstörungen in der Hauptstadt berichtete. Bithras saß vor dem HoloVid im Sessel ihres Vaters und war ebenso kalkweiß wie sie. Seine Lippen zitterten und er strich sich fahrig mit den Fingerspitzen übers Kinn. Erst als Orianna neben ihm stand, bemerkte er ihre Anwesenheit.

„Das... das ist schrecklich...“, brachte sie hervor ohne den Blick von dem farbigen Hologramm zu nehmen, dass nun über die Peripherie des Senatsviertels schwenkte und mächtige Rauchsäulen zeigte, zwischen denen todbringendes Blasterfeuer aufflammte.

Bithras nickten knapp. „Ich habe viele Berichte über die bisherigen Krisengebiete gelesen, derentwegen die Handelsrouten verlegt wurden, doch dieser Stich ins Herz der Republik.“ Er seufzte. „Entweder wird der Senat alle Handelsstraßen in den Kern umleiten oder aber das Chaos, dass ohne Palpatines Führung entstehen würde, bringt die Wirtschaft außerhalb der Kernwelten völlig zum Erliegen.“

Orianna presste die Lippen zusammen. War das alles, woran er dachte? Wirtschaft und Geld? Was war mit all dem Leben, dass auf Coruscant ausgelöscht worden war? Was war mit Ilya?

„Wo ist Casseia?“ fragte sie dann, um sich selbst als auch Bithras vom Thema des Krieges weg zu locken.

„Schlafzimmer“, brummte ihr Schwager ohne sie anzusehen. „Offenbar hat es wieder nicht geklappt mit dem Baby.“

Orianna wusste nicht recht, was sie schlimmer finden sollte: Dass er keinen Gedanken an Ilya, seinen Partner, verschwendete oder dass es ihm egal war, ob seine Frau traurig war oder nicht. Wie viele male hatte Casseia nun schon versucht Bithras Kind zu empfangen? Sie wusste es nicht mehr. Und obwohl sie keine allzu sanften Gefühle für ihre Schwester hegte, so bedauerte sie Casseia doch für ihre Kinderlosigkeit, wo sie sich doch so sehr danach sehnte.

Als Bithras schließlich wieder in Schweigen verfiel, wandte Orianna sich von ihm ab und verließ das Wohnzimmer. Ihr Hunger war nun vollkommen verflogen, also beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie schließlich die letzten Meter des Flurs bis zu ihrem Gemach rannte. Sie verriegelte die Tür hinter sich, stieß die Tüte mit ihren Einkäufen von einer Kante des Bettes und ließ sich auf die weiche Matratze fallen. Bittere Tränen überkamen sie, Tränen der Trauer und des Verlustes, und sie gab sich ihnen willenlos hin. Der Gedanke, dass sie ihren Liebsten wohlmöglich während der Kämpfe auf Coruscant gefallen war und sie nie mehr wiedersehen würde, raubte ihr alle Kraft, alle Hoffnung, wenn nicht sogar ihren Verstand. Und so lag sie auf ihrem Bett, weinte und schrie den Schmerz in ihrem Inneren heraus, bis irgendwann eine kühle Dunkelheit Besitz von ihr ergriff...
 


 

Mit einem Seufzen versuchte Mara sich zu entspannen und die ferne Realität der Erinnerung loszulassen. Wie ein stechender Schmerz hatten sich Oriannas Tränen in ihre eigenes Sein gebrannt, um dort eine Narbe zu hinterlassen und während die Bilder erneut an ihrem geistigen Auge vorbeizogen, ließ die Pein Mara zuckend zusammen fahren. Hastig schloss sie die Augen, konzentrierte sich, lichtete den Nebel, drängte den Schmerz zurück, bis sie ihn fast gänzlich abgeschüttelt hatte.

Das Gesicht mit einer Hand bedeckend, lehnte sich Mara auf der Couch zurück und ruhte einen Moment ihre Augen aus. Sie versuchte sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren, auf das Hier und Jetzt. So sehr Orianna auch nicht vergessen werden wollte, Mara konnte es sich nicht leisten, in der Vergangenheit zu verweilen. Und sie wollte es auch gar nicht.

Langsam wurden die mannigfaltigen Eindrücke der Gegenwart intensiver. Die alte Couch roch nach abgewetztem Leder, ein lauwarmer Luftstrom strich über die Härchen an ihren Armen und auch ohne die geräuschverstärkenden Machttechniken, die Palpatine sie gelehrt hatte, konnte sie Skywalkers R2-Einheit hören, wie sie in einer Ecke des Zimmers vor sich hin tutete.

Dann hörte sie Skywalker, wie er barfuss ins Zimmer zu schleichen versuchte. Doch es blieb auch bei dem Versuch.

„Bitte entschuldigen Sie die Kargheit des Frühstücks“, meinte Skywalker und stellte einen Teller voll belegter Brotscheiben auf den Couchtisch, „aber ich wollte Sarzamins Vorratskammer nicht wie ein dreister Dieb plündern.“

Mara warf dem Teller einen fragenden Blick zu. Deshalb war er also die letzten zwanzig Minuten verschwunden gewesen.

„Wissen Sie noch, was ich Ihnen bezüglich des Verhaltens als Gouvernante gesagt habe?“ fragte sie, richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Jedi-Meister und schob dabei fragend eine Augenbraue nach oben. Skywalker zuckte kaum merklich und setzte sich langsam und mit Bedacht in einen Sessel, den Blick stur geradeaus gerichtet, wie ein Kind, dass man gerade bei einem Streich ertappt hatte.

„Ja.“

„Gut. Gleiches gilt jetzt nämlich auch für jede weitere karitative Handlungen im Bezug auf meine Person“, gab Mara zurück. Dann beugte sie sich vor und fischte sich eines der Sandwiches vom Teller. „Trotzdem danke.“

„Keine Ursache.“

Dann verstummte Skywalker erneut.

Oh, da ist es wieder, dieses angenehme Schweigen, dachte Mara ironisch. Warum schien nur immerzu etwas Ungesagtes zwischen ihnen in der Luft zu hängen?

„Irgendwie fühle ich mich auch nicht wohl dabei, Sarzamins Mildtätigkeit zu missbrauchen“, knüpfte Mara an seine anfängliche Bemerkung an, biss in das Sandwich und kaute für eine Weile genüsslich. „Wobei ich mich immer wieder frage, warum eine so sanftmütige Frau völlig allein am Rande der Wildnis in diesem riesigen Haus lebt. Muss ziemlich trostlos sein.“

Skywalker bedachte sie mit einem durchdringenden Blick und machte ein Gesicht, als läge ihm eine Bemerkung auf der Zunge, die er nicht wagte auszusprechen. Mara schluckte ihren Bissen hinunter, hielt dann jedoch inne und sah ihn prüfend an.

„Spucken Sie's aus, Luke“, sagte sie, „bevor Sie noch daran ersticken.“

Er schluckte, beugte sich dann im Sessel vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. Für einen weiteren Moment studierte er ihr Gesicht, als legte er sich die richtigen Worte zu Recht.

„Finden Sie nicht, dass wir Sarzamin zumindest befragen sollten? Vielleicht kann sie uns Auskunft darüber geben, was jeweils zwischen den Erinnerungen passiert ist, die Sie gesehen haben“, erwiderte er dann. „Immerhin war Orianna ihre beste Freundin. Eine beste Freundin, die ihr einfach so ein riesiges Anwesen hinterlassen hat.“

„Damit würden wir sie nur unnötiger Gefahr aussetzen. Denn wenn wir sie befragen würden, würde sie uns wiederum fragen, woher wir derart intime Details aus dem Leben ihrer verstorbenen Freundin kennen. Und damit müssten wir sie auch über May Montross einweihen und ich möchte nicht das Risiko eingehen, dass sie das Opfer einer gescheiterten Imperialen Agentin wird, nur weil sie hilfsbereit war. Diese Leute vom Imperial Intel wollten von jeher selbst bestimmen, wer ihre wahre Identität kannte und wer nicht. Außerdem war May schon einmal in ihrem Laden, es wäre also es leichtes für sie, Sarzamin ausfindig und unschädlich zu machen.“

„Aber...“

„Skywalker“, schnitt sie ihm das Wort ab, „ich mag mir zwar in letzter Zeit einige Fehleinschätzung geleistet haben, aber ich kenne den Imperial Intelligence und seine Methoden besser als mir lieb ist. Vertrauen Sie mir.“

Während er sich über die Lippen leckte und Schweigen einer Erwiderung vorzog, widmete Mara sich erneut ihrem Frühstück. Obwohl sie in der vergangenen Nacht sehr lange geschlafen hatte, fühlte sie sich nicht ausgeruht. Ihre Visionen entzogen ihr mehr Kraft, als sie in einer Nacht zurück gewinnen konnte. Doch sie konnte sich nur schwer der Kraft des Medaillons entziehen. Als sie sich in der Nacht im Bett hin und her gewälzt hatte, war ihr sogar gelegentlich der Gedanke gekommen, sie würde von einer Art Sog oder Bann beeinflusst. Und diese Vorstellung missfiel ihr außerordentlich.

Sie fühlte sich die Stirn, spürte jedoch keinerlei unnatürliche Wärme, keinen Fieberschub, nur eine unendliche Schwere. Je eher sie May in die Finger bekam, umso besser.

„Sagen Sie, Luke, was ist aus den Untersuchungen geworden, die Sie ihrer R2-Einheit aufgetragen haben? Die über May?“

„Oh“, machte Skywalker und nickte R2-D2 zu, der sogleich an die Seite seines Sessels gerollt kam. Er öffnete eine kleine, unscheinbare Klappe an der Kuppel des Droiden und brachte zwei Datenkarten zum Vorschein. „Die sind hier.“

Er reichte sie ihr, stand erneut auf und eilte aus dem Zimmer, um ein Datapad zu holen. Wenige Augenblicke später kam er wieder und übergab ihr auch dies. „Ich habe die Daten nur kurz überflogen, während sie geschlafen haben. Allerdings war nicht besonders viel zu finden.“

„Das war zu erwarten. May ist immerhin eine Imperiale Agentin. Wir sind alle darin ausgebildet worden, wie ein Schatten aufzutauchen, unsere Arbeit zu erledigen und ohne Spuren zu hinterlassen wieder zu verschwinden. So waren wir in diesem Wirken am effizientesten“, erklärte Mara und schob die erste Datenkarte in das Pad. Dieses erwachte mit einem kurzer Summen und einem Aufflackern zum Leben. Skywalkers Astromech-Droide hatte lediglich drei offizielle Einträge in den ihnen zugänglichen Ressourcen finden können, allesamt Überbleibsel der alten imperialen Archive auf Coruscant. Auch dies war zu erwarten gewesen. May Montross war zu unbedeutend, um in die Annalen der Neuen Republik übernommen zu werden.

Mit einem schnellen Tastendruck öffnete sie den ersten Eintrag, einen Artikel, der vom Imperialen Nachrichtendienst verfasst worden war. Es genügte ihr, den Artikel nur kurz zu überfliegen, da er nur vor Propaganda des ISB gegen die Rekrutierungsmethoden des Imperial Intel voll gestopft war. Eine eher enttäuschende Ausbeute. Ein paar Klicks später bauten sich die Daten des zweiten Eintrags vor ihr auf. Dabei handelte es sich offensichtlich um eine Art Aktennotiz des Imperial Intelligence, die einige Monate vor dem Artikel des ISB verfasst worden war.

„Das Subjekt May Lynn Montross ist unverzüglich der Imperialen Gerichtsbarkeit zu überstellen“, las Mara gedankenverloren vor und studierte das Kürzel unterhalb der Notiz. „Gezeichnet von Ysanne Isard.“

Auch die nächsten drei Einträge waren nicht weiter hilfreich. Die einzige Spur, die May in dieser Galaxis hinterlassen hatte, war ihr recht kurzer Prozess vor dem Imperialen Gericht auf Coruscant. Ihre gnädige Bestrafung, die sie erhalten hatte, schien jedoch vor der Öffentlichkeit geschützt und unter den Teppich gekehrt worden zu sein. In all dieser spärlichen Ausbeute gab es nicht einmal ihre alte Dienstnummer, das wäre durchaus hilfreich gewesen.

„Dank der Dienstnummer hätte ich vielleicht über die Schmuggler Allianz an die alten Imperialen Archive gelangen können“, erklärte sie Skywalker, als sie das Datapad abschaltete und es neben den nun leeren Teller auf den Tisch stellte. Es fiel er schwer, ihre Enttäuschung zu verbergen.

„Wäre dies ein einfacherer Weg?“

„Einfacher, als Sie zurück nach Coruscant zu schicken, um dort Ihren Status in Waagschale zu werfen, um von den örtlichen Behörden autorisiert zu werden.“

Skywalker nickte zustimmend und seufzte. „Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht.“

Dies war der Moment, da ein leises Zirpen die restliche Stille im Raum unterbrach. Beide blinkten sie sich mit gerunzelter Stirn an, dann sagte Mara: „Mein Comlink?“

Sie erhob sich und durchquerte das Zimmer, wo auf einer Kommode ihr Comlink und all die anderen Habseligkeiten lagen, die sie gewöhnlich am Gürtel trug.

„Mara Jade?“, meldete sie sich, einen fragenden Unterton in der Stimme.

„Miss Jade“, begrüßte sie eine nervös klingende Männerstimme. „Hier spricht Captain B’laqua von der örtlichen Sicherheit von Solely City. Entschuldigen Sie die Störung, doch es hat hier… äh… einen kleinen Zwischenfall gegeben. Der Leiter der Hafenbehörde hat mich gebeten Sie zu kontaktieren.“

Ihre Blicke flogen hinüber zu Skywalker, der auf die Kante des Sessels gerutscht war und sie aufmerksam ansah. Seine Miene spiegelte ihre eigene Skepsis und Sorge wider.

„Ein Zwischenfall?“

„Ja. Es sieht so aus, als hätte sich jemand unbefugt Zugriff auf Ihr Schiff verschafft.“
 


 

Während sie fuhren verdunkelte sich Der Himmel zusehends und schließlich begann es zu nieseln, als Luke und Mara mit dem Speeder in Solely City ankamen. Ohne Umschweife steuerte Skywalker das Fahrzeug durch die engen Gassen der Siedlung. Sie hatte ihm freiwillig das Steuer überlassen. Nicht nur, dass sie körperlich ausgelaugt war, nun mischte sich in ihre Frustration auch noch eine züngelnde Flamme der Wut. War es nicht genug der Hetzjagd, musste Montross nun auch noch ihr Eigentum beschmutzen? Damit war ihre Gegnerin eindeutig zu weit gegangen.

Als schließlich beim Raumhafen ankamen, herrschte unter den anwesenden Sicherheitskräften und den Beamten der Hafenbehörde helle Aufregung. Auf ihrem Weg zum Büro des Hafenleiters passierten sie einige Zivilisten, die sich mit den Beamten stritten, während die Polizisten eine Landebucht nach der anderen untersuchten, ob auch diese von dem Überfall betroffen waren. Handelsvertreter verlangten, wieder zu ihren Schiffen gelassen zu werden oder über die genaue Lage informiert zu werden.

„Sir, in diesem Augenblick können wir Ihnen noch nichts Genaueres sagen.“

„Seien Sie unbesorgt, die Landebuchten werden so rasch wie nur möglich wieder freigegeben.“

„Ich bedauere, doch ich bin nicht befugt…“

Der Hafenleiter selbst schien nun weniger erfreut, als Skywalker und sie in das Büro eintraten. Er warf ihnen nur einen raschen, fahrigen Blick zu, während drei Männer über eine Konsole gebeugt standen und angeregt über etwas diskutierten. Schließlich drehte sich einer von ihnen um, ein kleiner, etwas untersetzter Mann, der bereits im Herbst seines Lebens angekommen war. Seine fliehende Stirn wurde von einem äußerst hohen Haaransatz abgeschlossen und sein Haar selbst schien ausgedünnt und verblichen.

„Captain B’laqua, nehme ich an“, sagte Mara, als sie den Mann erreichte. „Mara Jade.“

„Vollkommen korrekt“, erwiderte der Captain und schüttelte zu erst ihre, dann Skywalkers Hand. „Ich muss mich bei Ihnen für diesen Vorfall entschuldigen. Seit Jahren haben wir hier nicht mehr solche Unannehmlichkeiten gehabt.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Die Kühle in ihrer Stimme wurde von Skywalker mit einem befremdeten Blick belohnt. „Was ist nun mit meinem Schiff?“

B’laqua räusperte sich ausgiebig und strich sich dann sein dünnes Haar zurück. Dann erläuterte in knappen Worten, was den Aufruhr verursacht hatte: Ein Schiff, dessen Kennung und Daten einfach so vom Bildschirm und aus dem Sicherheitssystem des Raumhafens verschwunden war. Dieses ungewöhnliche Ereignis war zwar vom Computer gemeldet und an die örtliche Polizei weitergeleitet worden, weil ein Diebstahl oder ähnliches zu befürchten war.

„Doch erst später, nachdem wir das betroffene Schiff überprüft hatten, machte sich eine Person auf den Schirmen verdächtigt. Der Eindringling betrat die von Ihnen angemietete Landebucht, wie wir vermuten ohne Ihre Befugnis. Als wir unsere Männer dorthin schickten, um den Eindringling zu stellen. Wir konnten jedoch an keinem der beiden Schiffe einen Schaden entdecken Natürlich müssten Sie selbst den Innenraum Ihres Schiffes checken, aber wir konnten keine Anzeichen für gewaltsames Eindringen von Außen feststellen. Im Nachhinein zeigte sich dann, dass die Sperre für Ihre Landebucht durch einen Hacker manipuliert worden war. Man könnte sagen, die Tür stand sperrangelweit offen“, erklärte er. Mara starrte ihn einige Atemzüge lang an, ehe er sich zum Hafenleiter umwandte und diesen heran winkte. Die Männer tauschten etwas aus. Aus dem Augenwinkel sah es aus wie eine kleine, weiße Karte aus Flimsiplast.

„Ein Täuschungsmanöver?“, vermutete Luke im Flüsterton.

„Wenn ja, dann ein sehr schlechtes“, meinte Mara trocken. „Hätte May uns täuschen und über ihre Identität im Unklaren lassen wollen, hätte sie ihre Schergen angewiesen, sämtliche Landebuchten zu öffnen. Wahrscheinlich hätte sie auch einige Doppelgänger angeheuert, um die Aufmerksamkeit von sich fort zu lenken. Sie wollte, dass wir beide, Sie und ich, sehr wohl wissen, dass sie es war.“

„Woher wollen Sie das so genau wissen?“ fragte Luke, die Stirn argwöhnisch in Falten gelegt.

„Imperiale Standardprozedur.“ Sie wandte sich erneut an den Captain der Hafenaufsicht. „Haben Sie eine Ahnung, wo der Eindringling sich momentan aufhält?“

„Nein, das wissen wir nicht“, sagte er peinlich berührt. „Als wir die Landebucht durchsuchten war keine Spur mehr zu sehen. Alles war wie ausgestorben.“

Mara unterdrückt ein frustriertes Seufzen. Natürlich, die alte Imperial Intel-Masche. Eigentlich war es nicht verwunderlich, dass May den Sicherheitsleuten entkommen war, sie war für diese Leute zu gut ausgebildet. Wenn sie wollte, konnte sie nicht gesehen werden – zu einem formlosen Schatten werden.

„Allerdings“, betonte er, „fanden wir das hier. Es war an die Außenhülle des Schiffs geklebt und das nicht einmal sehr professionell.“

Mara zögerte einen Augenblick, dann nahm sie das Kärtchen von ihm entgegen. Es war auf einer Seite sehr kunstvoll beschrieben worden. Eine aalglatte Schönschrift, die nichts über die Persönlichkeit des Schreibenden ausgesagt hätte.
 

Geboren am Morgen,

Nur Leiden und Sorgen.

Nachmittagskind,

Im Leiden geschwind.

Abends entbunden,

Das Leiden schlägt Wunden.

Geboren zur Nacht,

Wird's wie morgens gemacht.*

_______________
 

Mit zusammen gezogenen Augenbrauen starrte sie das Gedicht an und fragte sich, was May damit wohl wieder bezwecken wollte. Erquickende Poesie als Ausgleich für die Nerven, die sie Mara bereits gekostet hatte? Dann drehte sie das Kärtchen und fand zu ihrem Erstaunen auch auf der Rückseite eine Notiz.
 

Café „Irinari“, 16 Uhr am morgigen Tag.

IIBS-61 661
 

„Wenigstens war sie so freundlich, uns ihre Dienstnummer zu geben“, murmelte Skywalker. Mara war sich nicht ganz sicher, ob er sie damit aufzuheitern versuchte.

„Wie hieß das Schiff, dessen Kennung der Computer als fehlerhaft meldete?“ fragte sie aus einer Eingebung heraus. Daraufhin eilte der Captain hinüber zu einem Datapad und kam damit zurück zu ihnen.

„Wollen sie den alten oder den aktuellen Namen?“

Sie runzelte die Stirn und wusste, ohne hinzusehen, dass Skywalker dasselbe tat.

„Wie bitte?“

„Nun, vor einer halben Stunde wurden die Daten des Schiffes, das von unserem Eindringling wohl als Tarnmanöver verwendet wurde, wieder in das System eingetragen. Vor dieser temporären Löschung war das Schiff als die Pride of Vengeance registriert.“ Er machte eine vielsagende Pause. „Nun ist das gleiche Schiff unter dem Namen Nightflight eingetragen.“

Augenblicklich spürte sie Skywalkers Hand in ihrem Rücken, als wollte er sie vor einem Sturz bewahren. Doch sie kämpfte gegen das gefährliche Schwanken an und sprach mit fester Stimme weiter.

„Ich danke Ihnen“, sagte sie zu B’laqua, der den Kopf vor ihr neigte und sich abwandte. Er bellte bereits zwei junge Polizisten an, die etwas unkoordiniert in der Gegen umherstreiften, während Mara erneut das Kärtchen anstarrte und gegen den bitteren Geschmack in ihrem Mund ankämpfte.

May war schon sehr gerissen, dass musste sie zugeben. Gerissen und allen Anscheins nach war auch eine Spur wahnsinnig. Der subtile Hinweis an ihrem Schiff, der Tumult im Hafenbüro, all das war eine regelrechte Einladung, eine Aufforderung zum Spiel zweier Schatten. Der Schatten des Imperiums.

Gedankenverloren wandte sie den Blick ab, ließ ihn hinüber zu einem Fenster auf der anderen Seite des Büros wandern. Die Peripherie des kleinen Raumhafens und die Welt dahinter war nun vollständig durch einen grauen Schleier verhüllt. Einen Schleier, wie sie ihn aus Oriannas Erinnerungen kannte. Der Regen fiel unbarmherzig in großen Tropfen auf die Erde und schien alle anderen Geräusche zu ersticken. Als gäbe es auf Dantooine nichts weiter als den Regen und das satte Rot und Grün der Natur...

„Und was jetzt?“ fragte Luke schließlich.

„Was wohl?“, gab Mara zurück, „ich nehme ihre Einladung an.“

Cries in the Dark (2)

Es regnete bereits seit Tagen, beständig, unaufhörlich, ununter-brochen, als würde der Himmel über Dantooine all die Tränen weinen, zu den Orianna nicht mehr fähig war. Der graue Regenschleier schien die Leere in ihrem Inneren wie ein bleierner Vorhang zu bedecken.

Es war für sie kaum vorstellbar, dass erst vor wenigen Wochen ein Krieg zu Ende gegangen war, der sie und ihre Familie nicht nur in eine finanzielle, sondern auch viele Monate lang in eine emotionale Krise gestürzt hatte. Wenig hatte sich seitdem in Solely City geändert, außer, dass man nun an jeder Straßenecke von den Neuerungen sprach, die Palpatine für sein Galaktisches Imperium vorgesehen hatte. Viele der Händler, deren Geschäfte ebenso schlecht gelaufen waren wie Bithras', waren deswegen schon in heller Aufregung.

Eine dieser Neuerungen war der neue Ausweis, der in diesem Augenblick auf Oriannas Schoß ruhte. Ein langweiliges graues Ding, nicht einmal groß genug, um ihren Handteller auszufüllen und kaum dicker als ein einfaches Stück Flimsiplast. Gelangweilt betrachtete sie die kleine Karte und versuchte sich die Markierungen am oberen Rand genau einzuprägen, was ihr allerdings nicht wirklich gelang. Seit dem Tag, als die Separatisten über Coruscant hergefallen waren, fiel es ihr schwer, sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Oft bemerkte sie weder das Kommen und Gehen ihrer Mitmenschen, noch Sonnenauf- oder Sonnenuntergang. Es konnte regnen, so wie heute, und es war ihr egal.

Mit einem sanften Ruck ließ Bithras den Speeder nach rechts in eine Seitenstraße abbiegen, während Casseia auf dem Beifahrersitz gedankenverloren aus dem Sichtfenster in den Regen starrte. Orianna stemmte sich auf ihrem Sitz hinter Bithras kurz in die Höhe, um ihr Gewicht zu verlagern. Wenig später wurden sie langsamer und hielten schließlich an.

„Wir sind da“, informierte er die beiden Schwestern und klang dabei, als würde er sich nicht ganz trauen, überhaupt etwas zu sagen. Orianna verübelte es ihm nicht; Casseia konnte in letzter Zeit öfters der Geduldsfaden reißen.

Ohne große Eile löste sie die Sicherheitsgurte und stieg aus dem Speeder, das Gesicht unter einer schützenden Kapuze verborgen. Auf der anderen Seite tauchte Casseias Kopf auf. Auch sie beeilte sich, ihre Kapuze überzustreifen, um nicht weiter durchnässt zu werden. Ausdruckslos starrte Orianna die dicken Regentropfen an, die vom Wasser abweisenden Mantel ihrer Schwester perlten. Bithras sicherte das Fahrzeug, während die beiden Schwestern bereits die Treppenstufen vor dem Haupttor des Med-Zentrum empor klommen. Es war kein fröhlicher Tag, selbst wenn Ilya daheim auf die Rückkehr der Familie gewartet hätte.

Denn endlich, nach mehr als vier langen Jahren des Leidens, war ihre Mutter auf die andere Seite der Macht übergetreten. Anfangs hatte Orianna sich gefragt, was sie wohl nun mit all der freien Zeit anstellen sollte. Sie war bereits so sehr daran gewöhnt jeden zweiten Tag – immer im ständigen Wechsel mit Casseia – in die Siedlung zu fahren, um ihrer Mutter dabei zuzusehen, wie sie langsam vor sich hin gestorben war, dass es ihr abwegig vorkam, die alte Frau könnte wirklich aus dem Leben geschieden sein. Nun gab es für Orianna nichts mehr, um das sie sich scheren musste. Das Anwesen – und damit ihr ganzes Leben – war nun so gut wie sicher in Bithras und Casseias Händen. Alles was ihr blieb waren wohl Sarzamins Besuche, wenn sie mit ihrem Vater am Ende der Woche zum Anwesen kam, um den Garten zu pflegen. Sie war ihre einzige Verbindung zu den Dingen außerhalb ihrer beschränkten kleinen Welt. Sarzamin schien manchmal aus einem anderen Universum zu stammen, aus einer wunderlichen Galaxis weit jenseits der blauen Energiebarrieren, die das Anwesen schützten.

Und doch glaubte Orianna bereits das Getuschel der Siedler hören zu können, wie sie sich beim Einkaufen darüber unterhielten, was aus dem Hause Matale geworden war, der stolzen Familie, die sich seit mehr als 4000 Jahren in die Geschichte Dantooines einschrieb.

„Die Marjumdars sind nur ganz entfernt mit den Sandrals verwandt", hörte sie die Leute sagen. „Eine ganz dünne und schwache Blutlinie. Frex Sandral wird alles von seinem Vater erben, die Marjumdars sehen von dem Geld kein Stück.“

„Natürlich nicht, darum haben sie ja auch den alten Cailetet dazu überredet, mit der älteren Matale-Tochter anzubandeln.“

„Ja, und jetzt kann sie keine Kinder kriegen und wirft das Geld ihres toten Vaters zum Fenster raus. Erst neulich hat sie eine Bestellung für sündhaft-teure Rinkenseide bei uns in Auftrag gegeben. So treiben sie sich langsam in den Ruin.“

„Nun, die Jüngere ist mir auch nicht geheuer. Die wandelt umher wie ein lebendiger Geist.“

Voll Bitterkeit dachte Orianna daran, welches Loblied die Siedler von Solely City noch auf die Heirat zwischen Bithras und Casseia gesungen hatten. Wie sie alle angekrochen waren, die Kusinen dritten Grades oder die um viele Ecke angeheirateten Tanten und Onkel. Wie viele Siedler hatten sich vor 7 Jahren noch an eine alte, entfernte und längst vergessene Verwandtschaft erinnert, nur um als Gast zur Hochzeitsfeier eingeladen zu werden?

Andererseits kam Orianna nicht umhin ihnen zuzustimmen, was Casseias Betragen betraf. Nachdem sie sich vom Essen abgewandt hatte, um nicht die Maße eines Hutts anzunehmen, war sie stattdessen dazu übergegangen, ihrem Unglück mit teuren Kleidern, Schmuck und sonstigen Luxusgütern entgegenzuwirken. Ganz gleich, ob ihr Mann angesichts der eingehenden Rechnungen kalkweiß im Gesicht wurde und zu überlegen begann, welches Erbstück sie am besten versetzen sollten, um nicht durch Casseias Konsum dem Bankrott anheimzufallen. Sie hatte eine Sucht durch eine andere ersetzt.

Orianna hatte selbstverständlich keinen Einfluss auf derartige Dinge. Der Kampf um das Erbe, das Anwesen, das Geld, einfach Alles war schon vor ihrer Geburt beigelegt worden. Casseia war nun einmal als Erste geboren worden und hatte stets das Wohlwollen und die Aufmerksamkeit der Eltern ganz für sich allein beansprucht. Schon früh hatte Orianna keinen Sinn darin gesehen, mit Casseia um die Gunst von Vater und Mutter zu wetteifern. Und nun war es ohnehin zu spät dafür...

Im Inneren des Med-Zentrums schloss Bithras wieder zu ihnen auf, wo sie vom kühlen Durastahl und dem Geruch von Desinfektionsmittel begrüßt wurden. Überall in der Eingangshalle strömten Reinigungsdroiden umher und polierten den weißen Boden auf Hochglanz; der verzweifelte Versuch, die ärmliche Ausstattung der Behandlungsräume und den Mangel an Medikamenten und qualifizierten Arbeitskräften zu vertuschen. Würde Orianna hier nicht ein und ausgehen, hätte sie vielleicht noch einen Gedanken für diese sinnlose Effekthascherei übrig gehabt.

Ihre Füße trugen sie beinahe automatisch zu den Turboliften hinüber. Bithras hielt Casseias Hand, sagte jedoch nichts. Auch die Schwester schwiegen, während der Lift zur fünften Ebene aufstieg. In der Abteilung für Innere Medizin wurden sie sogleich von einer kleinwüchsigen Pflegerein empfangen und in das Büro des leitenden Arztes geführt. „Der Leichnam ihrer Mutter befindet sich im Augenblick noch in der Pathologie. Aber wir können Ihnen versichern, dass Sie nicht gelitten hat“, sagte die Pflegerin.

Bei dem Wort „Leichnam“ ließ Casseia ein zunächst trockenes Schluchzen hören, als bräche ihre Trauer endlich aus ihr heraus, und sank dann ermattet auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch des Arztes. Doch während Bithras sich beeilte, die Hand seiner Frau zu drücken und ihr beruhigende Worte ins Ohr zu flüstern, damit sie nicht in einen hysterischen Weinkrampf ausbrach, stand Orianna am Fenster und starrte teilnahmslos aus dem Fenster. Casseia weinte zu oft, um noch glaubhaftes Mitleid in ihr erwecken zu können.

Die Pflegerin verließ das Zimmer. Wenig später erschien dann der behandelnde Arzt und begrüßte die Familie. Kaum hatte er das Wort an Casseia gewandt, gab es für diese kein Halten mehr. Hemmungslos schluchzend warf sie sich in die Arme ihres Ehemannes und ließ ihren Verstand mit ihren Tränen davon schwimmen. Bithras und der Arzt wechselten verdatterte Blicke. Mit einem „Vielleicht wäre es besser, wenn...“ schob der Arzt das Ehepaar langsam zurück zur Tür und riet ihnen, sich an die Pflegerin zu wenden, damit sie Casseia ein Beruhigungsmittel verabreiche. Er würde sich inzwischen mit Orianna unterhalten.

Diese stand noch immer ungerührt am Fenster und starrte in den Regennebel, als der Mann schließlich zurückkam. Dennoch entging ihr nicht die Erleichterung auf seinem Gesicht, als er sich hinter seinen Schreibtisch setzte und ein paar Tasten an der Konsole bediente.

„Möchten Sie etwas trinken?“ fragte er.

„Nein, danke.“

„Möchten Sie sich nicht setzen?“

Orianna antwortete nicht.

„Eigentlich ist es ganz gut, dass Ihre Schwester nicht hier ist“, gestand der Arzt und überging damit Oriannas Mangel an Reaktion, „immerhin ist manches von dem, was ich Ihnen nun anvertrauen werde nicht gerade leicht zu verdauen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Es wäre ihrem seelischen Zustand nicht zuträglich.“

„Sie ist ein schwacher Mensch“, sagte Orianna schlicht.

„Vielleicht“, erwiderte der Arzt. Seine Finger huschten flink über ein Flüssigkristalldisplay, das in die Tischplatte eingelassen war. Aus dem Augenwinkel entdeckte sie einige Akteneinträge und Befunde. „Wie dem auch sei, Ihre Mutter ist in der vergangenen Nacht zwischen 1.15 und 1.30 Uhr gestorben. Ihr Herz hat einfach aufgehört zu schlagen, während sie geschlafen hat. Ein sehr gnädiger Tod, wenn man bedenkt, wie lange sie nun schon bei uns war.“

„Warum sollte dies meine Schwester so sehr entsetzen? Uns war klar, dass sie eines Tages stirbt“, sagte Orianna sachlich.

„Das schon. Allerdings war nicht ihr Herzkreislaufsystem belastet, sondern ihre Nervenleitbahnen. Hätte sie einen Schlaganfall gehabt oder eine andere Störung im Zentralen Nervensystem, wäre sie eine schockartigen, schmerzhaften Tod gestorben. Sie waren ja dabei, als sie ihren ersten Anfall hatte.“ Er berührte einige Elemente auf dem Display mit einem dünnen Stift und blätterte durch die Patientenakte, die man für Oriannas Mutter angelegt hatte. Es dauerte eine Minute, ehe er langsam weitersprach. „Das Besondere an ihrem Tod ist, dass sie eben nicht ihrer Krankheit erlag.“

„Worauf wollen Sie hinaus?“

„Wissen Sie“, sagte er langsam, „ich habe in den vergangenen 4 Jahren einige Theorien über den Zustand ihrer Mutter aufgestellt. Die meisten davon musste ich wieder verwerfen, weil ihre Beschwerden sich einfach nicht damit in Einklang bringen ließen. Eines machte mich immer stutzig.

Ich glaube, Ihre Mutter war im Inneren zerrissen. Einerseits sehnte sie sich nach der Wiedervereinigung mit ihrem Ehemann, andererseits klammerte sie sich an einen Gedanken, der sie aufrecht hielt, der sie davor bewahrte zu sterben. Das allein ist, denke ich, der Grund dafür, dass sie einerseits so bald nach dem Tod ihres Mannes erkrankte und doch so lange weiterleben konnte.“

Langsam drehte der Arzt den dünnen Stift zwischen den Finger und starrte ihn an, damit er Orianna nicht ansehen musste, welche nun ihre Blicke vom Regen jenseits des Zimmers abwandte.

„Ihre Schwester selbst hat mir den Beweis dafür geliefert, wissen Sie. Als sie vor kurzem hier war wegen einer Untersuchung. Als man ihre Unfruchtbarkeit diagnostizierte, muss das irgendwie seinen Weg in das Krankenzimmer Ihrer Mutter gefunden haben. Zumindest würde es mit einem zusammenpassen.“

„Und was soll das sein?“ fragte Orianna, die nun aufmerksam zuhörte.

„In ihren klaren Momenten sprach Ihre Mutter oft von Casseia und Bithras. Sie sprach sogar ungewöhnlich oft davon, wie sehr sie sich einen Enkel wünsche und manchmal – so haben es mir zumindest die Pfleger gesagt – beschimpfte sie Casseia, dass sie sich nicht genug anstrenge, um ein Kind zu bekommen.“

„Und als sie dann erfuhr, dass meine Schwester aus medizinischer Hinsicht keine eigenen Kinder empfangen kann...“, führte Orianna finster fort. „Ich verstehe schon.“

„Und leider haben wir hier auf Dantooine oder in den umliegenden Systeme nicht die medizinischen Fähigkeiten, um ihre Schwester zu heilen, dafür ist ihr Problem zu selten und zu speziell. Eigentlich ist der ganze Sektor medizinisch unterentwickelt. Die wenigen modernen Einrichtungen, die wir haben, wurden entweder durch separatistische Streitkräfte zerstört oder werden weiterhin von den Kernwelten beansprucht. Ganz zu schweigen davon, dass dort exorbitante Behandlungskosten erhoben werden“, bemerkte er mit einem freudlosen Lächeln. „Daran merkt man wieder einmal, wie zurück geblieben dieser Planet eigentlich wirklich ist.“

Orianna nickte bloß. Was sollte sie dazu schon sagen? So, wie er es dargelegt hatte, ergab es durchaus Sinn. Manches hatte sie sich selbst bereits gedacht, jedoch nicht so konkret in Worte fassen können.

Es vergingen einige Augenblicke voll unbehaglichem Schweigen, bis Orianna sich von ihm abwandte und langsam zur Tür hinüber ging. „Wenn das alles ist, bitte ich Sie, mich zu entschuldigen. Ich muss nach meiner Schwester sehen und dann die weiteren Formalitäten in Angriff nehmen.“

„Warten Sie!“ Er stand so schnell aus seinem Sessel auf, dass er schon ein wenig hektisch wirkte. „Da ist noch etwas!“

Mit fragendem Blick kehrte Orianna noch einmal der Tür den Rücken zu. „Wie bitte?“

„Vor einer Woche kam ein Versorgungsschiff von Garos IV nach Dantooine. Abgesehen von den Medikamenten, die wir bestellt hatten, brachten sie auch einen neuen Patienten, einen Mann. Menschlich, 31 Standardjahre alt“, begann er zu erklären und berührte mit dem Stift erneut die interaktive Fläche seines Schreibtischs. „Seine Verletzung waren wohl recht arglistiger Natur, nun ja..“ Bei seiner Einlieferung wurde uns mitgeteilt, dass er vehement darauf bestanden hatte, nach Dantooine verlegt zu werden. Er war wohl fast einen Monat auf Aquilae im Bactatank, hat zwei weitere in der stationären Behandlung verbracht und wurde dann erst nach Garos IV und anschließend hierher verlegt. Er wäre sicherlich schon früher zu uns überwiesen worden, aber der lästige Papierkrieg dank Palpatines 'Neuer Ordnung'... Sie wissen schon...“

„Worauf wollen Sie hinaus?“ fragte Orianna, die Augenbrauen so dicht und konzentriert zusammen gezogen, dass sich auf ihrer Stirn eine senkrechte Falte bildete.

„Ich wollte Sie fragen, ob Sie ihn kennen. Er ist leider noch nicht vollständig mobil, deswegen konnte ich ihn von der chirurgischen Abteilung nicht herbestellen. Aber er hat nach Ihnen gefragt.“

Der Arzt deutete mit dem Kinn auf das Flüssigkristalldisplay seines Tisches, auf dem nun das Bild eines Mannes zu sehen war. Während Orianna sich langsam dem Tisch näherte, schien ihr Herz mit jedem Schritt ein bisschen lauter zu schlagen.

„Er hatte keinen Ausweis bei sich. Meinte, er hätte ihn bei den Kämpfen auf Coruscant verloren.“

"Ilya", flüsterte Orianna atemlos. “Sein Name ist Ilya.“

„Dann kennen Sie ihn wirklich?“

Es fiel ihr schwer, ihre Blicke, die hypnotisch auf der Projektion auf dem Display hafteten, auf den Arzt zu lenken.

„Wo, sagten Sie, wird er behandelt?“

„Chirurgische Abteilung“, antwortete der Arzt knapp, der anscheinend starr vor Verwunderung war. „Ebene 1.“

Aufregung pulsierte durch ihre Adern, heiß, brennend, wie damals, als sie vor den Kath-Hunden davon gelaufen war. Wie damals, als sie in seinen Armen geendet hatte.

„Entschuldigen Sie mich“, rief sie auf dem Weg zur Tür. Sie entfernte sich so schnell, dass sie nicht mehr seine Entgegnung hörte.

Vor dem Büro saßen Bithras und Casseia auf zwei Schalensitzen aus Spritzgussplastik. Sie hatte den Kopf in seiner Schulter vergraben und schluchzte noch immer herzerweichend, während er weiterhin scheu ihr Haar und ihre Schultern tätschelte. Erst als Orianna im Laufschritt an ihnen vorbeihastete und die Absätze ihrer Schule ein donnerndes Traben von den Wänden hallen ließen, schreckten sie auf und sahen ihr bestürzt nach. „Orianna?“

Sie war bereits bei den Turboliften und wartete auf den Aufzug, als sie hörte, wie die beiden sich erhoben und ihr langsam folgten.

“Orianna, was ist los? Was hat man dir gesagt? Orianna!?“

Der Lift kam und sie schlüpfte hinein. Sie konnte noch für einen Augenblick Bithras und Casseia erspähen, ehe sich die Türen wieder schlossen. Sie beschleunigten nun ihre Schritte, erreichten den Turbolift jedoch nicht mehr rechtzeitig. „Orianna!“

Ihre Sicht verschwamm. Ihre Erinnerung zerbrach in matt graue Scherben, die wie ein Nebel die Wirklichkeit verschleierten. Nur ihre Lungen brannten, doch es störte sie nicht. Sie lief nur, stieß Tür um Tür auf, suchte ihren Weg zu ihrem Liebsten – und fand ihn schließlich.

Das Zimmer war karg, noch leerer als das, in dem ihre Mutter die Jahre der Krankheit verbracht hatte. Das matte Licht des Regens fing sich auf den weißen Wänden und schien sie erdrücken zu wollen. Und doch blühte sie, so wie es die Blumen taten, nach denen man sie benannt hatte. Sie war kalt und hart wie Stein gewesen, nur um nun wieder zu kehren, als ein neuer Mensch.

Ilya lag auf einer Pritsche unterhalb des Fensters, den rechten Arm in einer provisorischen Schlinge. Narben musterten seine Wangen; eine strich scharf über seine Nasenwurzel, direkt unterhalb seiner Augen. Und zu ihrem Bedauern hatte man sein Haar geschoren, denn es war kaum länger als ein paar Millimeter. Doch er lebte, atmete und starrte fragend in den endlosen Regen.

Orianna ließ die Woge aus Gefühlen über sich hinweg ziehen, rief seinen Namen, warf sich in weinend in seine Arme.

„Gib' acht!“, rief er und verzog das Gesicht vor Schmerz. „Die Prothese ist noch nicht ganz angewachsen.“

Sie hielt inne, starrte ihn an. Trotz des Schmerzes lächelte er, seine grünen Augen schimmerten freundlich und warm.

„Orianna! Du dumme Kinrath, wirst du wohl...“, hörte sie Casseia nun auf dem Gang schimpfen. Ihre Stimme kam näher, ebenso ihre Schritte und kaum einen Atemzug später erschienen ihre Schwester und ihr Schwager im Patientenzimmer. Wie vom Donner gerührt stand das Ehepaar da, starrte Ilya und Orianna mit großen Augen an.

„Bei allen Sternen...“, flüsterte Bithras atemlos.

Was auch immer sie nun sagten, Orianna hörte es nicht mehr. Alles, was nun noch zählte war, dass ihr Liebster am Leben und zu ihr zurückgekehrt war. Immer wieder küsste sie seinen Mund, seine Wangen, seine Augenlider, vergaß ihre Schwester und ihren Schwager, vergaß sogar ganz, warum sie heute eigentlich hergekommen war. Ihr und Ilya war eine zweite Chance geschenkt worden und dieses Mal würde sie ihn nicht wieder gehen lassen. Sie lachte und weinte gleichzeitig. Sie war endlich frei.

Als eine Standardwoche später das Testament eröffnet wurde, schien es ihr fast so, als würde ihre lieblose alte Mutter das ähnlich sehen.

„Hiermit übertrage ich, Timara Jhar Matale, allen Besitz, einschließlich der Wertpapiere, Grundstücksurkunden, Guthaben bei der Bank von Chandrila und alle anderen Hinterlassenschaften meines Mannes, Cailetet Matale, die Eigentum der Matales sind, auf meine Tochter“, sagte die Hologramm-Aufnahme ihrer Mutter mit sachlicher Stimme und man konnte hören, wie Bithras und Casseia den Atem anhielten, „Orianna Matale.“
 


 

"Faughn? Hier ist Jade. Ich könnte eine helfende Hand gebrau-chen", meldete sich Mara, als der Bursche an der Comm-Einheit der Starry Ice sie endlich zu seinem Captain durchgestellt hatte. Sie saß allein im Cockpit der Jade's Fire und wartete darauf, dass ihre Kollegin sich meldete.

"Jade?" Shirlee Faughn klang verblüfft. "Mit Ihrem Anruf habe ich nicht gerechnet. Wo stecken Sie? Wir haben seit Tagen nichts mehr von Ihnen gehört."

"Dantooine", antwortete Mara schlicht. "Unser kleiner Ausflug nach Ord Mantell hat sich mittlerweile zu einer Art Kreuzzug ausgedehnt.

"Was machen Sie denn die ganze Zeit?" fragte Faughn irritiert. "Ich meine, Sie sind der Boss, aber Karrde fängt schon an seltsame Fragen zu stellen."

"Sagen Sie ihm, ich bin wäre bald fertig, aber ich müsse vorher noch ein paar Quälgeister aus dem Weg schaffen."

"Mit der Antwort wird er sich wohl kaum zufrieden geben, Jade."

"Er wird es müssen", sagte sie ruhig, aber bestimmt.

Mit einem Seufzen fragte ihre Gesprächspartnerin dann: "Und wie kann ich Ihnen helfen?"

Mara zeichnete ihr die Ereignisse so grob wie nur möglich nach, nannte ihr die Dienstnummer, die May auf ihrem Poesiekärtchen hinterlassen hatte und bat sie, über die geheimen Kanäle der Schmugglerallianz auf die alten Imperialen Archive zuzugreifen.

"Verstanden", bestätigte Faughn. "Aber versprechen kann ich nichts."

Es dauerte einige Stunden, ehe sie sich wieder meldete. Skywal-ker hatte sich die Zeit damit vertrieben, in der Messe der Jade's Fire Meditationsübungen abzuhalten, während Mara Oriannas Amulett immer wieder kritisch beäugte und sich auf den nächsten Schwächeanfall gefasst machte.

"Das ist alles, was wir rausholen konnten", sagte Faughn in entschuldigendem Tonfall. "Ich hoffe, es hilft Ihnen weiter."

"Danke, das wird es", antwortete Mara. "Guten Flug."

"Ja, Ihnen auch."

Mara machte es sich im Pilotensessel bequem, als Skywalker ins Cockpit kam und sich zu ihr gesellte. "Gute Neuigkeiten?"

"Das werden wir gleich sehen", murmelte Mara hoch konzentriert und wühlte sich durch die codierte Datenmenge, die Faughn ihr geschickt hatte. "Eine Sekunde noch."

Die bizarren Codes entpuppten sich als eine weitere Aktennotiz des Imperial Intelligence, doch eine viel informativere als die erste. Sie war laut Datum wenige Wochen nach der Schlacht um Yavin angelegt worden.
 

°Interne Fahndungsmeldung

Dienst-Nr: IIBS-61 661

Name: Meelam Montross

Spezies: Mensch

Heimatwelt: Sulon

Alter: 25 Standardjahre

Letzter bekannter Aufenthaltsort: Imperial City, Imperiales Zentrum
 

"Meelam! Meelam Montross!", ereiferte sie sich und starrte auf die Zeile, in der Name eingetragen war. Ihr war, als hätte man ihr einen Faustschlag in die Magengrube versetzt. "Diese Frau hat nicht nur das Imperium zum Narren gehalten, sondern die Schmuggler-allianz noch obendrein!"

Und ganz besonders mich, fügte sie in Gedanken hinzu.

Skywalker schien ähnlich verblüfft, zog jedoch nur die Stirn kraus und sah ungläubig auf das Dokument, während Mara wütend auf ihre Armlehne einhieb.

"Aber natürlich! M.L.M. Engineering... Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, wofür die Abkürzung steht. So einfach, so simpel, so unglaublich plump! Und ich bin auch noch drauf reingefallen! Es hat nie einen Ingenieur namens Meelam gegeben, das war allein sie."

"Was ist mit dem Mann, den Lando getroffen hat? Was ist mit dem Verteidigungsnetzwerk, das man ihm verkauft hat?"

"Vielleicht ein Prototyp, den May mit ihrer Piratenbande auf ihren Streifzügen über die perlemianische Handelsroute abgegriffen hat. Es würde mich nicht wundern, wenn nicht sogar sie die Überfälle auf die Transporter der Schmugglerallianz befohlen hat, die es nötig gemacht haben, dass Karrde mich überhaupt auf die Jagd nach neuen Abwehrsystemen schickt. Calrissian hat sie schon vorher als Kontaktperson in Stellung gebracht und siehe da..." Mara fuchtelte mit den Händen in der Luft herum, um einen Trommelwirbel anzudeuten, "... hat sie mich am Nackenfell!"

"Ganz schön viel Aufwand, um nur einer Person eine Falle zu stellen, finden Sie nicht?"

"Wer sagt denn, dass May Montross in den Maßstäben eines Normalsterblichen denkt? Außerdem war Lord Vader auch nicht gerade kleinkariert, als er sein Netz nach Ihnen ausgeworfen hat, Skywalker."

Er schürzte die Lippen und eine Spur von Verlegenheit huschte über sein Gesicht. "Wo Sie Recht haben..."

"Und ich falle auch noch darauf herein!"

"Sie konnten ja nicht ahnen, dass Montross noch am Leben war, geschweige denn, dass sie Ihnen nach dem Leben trachtet oder warum", versuchte Luke sie zu beruhigen.

"Es ist trotzdem frustrierend", grollte sie, ehe sie sich wieder dem Fahndungsvermerk zuwandte. Sie konnte Skywalkers prüfende Blicke im Nacken spüren und wünschte sich, er würde stattdessen verträumt in der Gegend herum schauen oder den Himmel begutachten. Auf Belderone hatte er das noch so gut gekonnt!

"'Das verdächtige Subjekt ist unverzüglich festzunehmen und der Gerichtsbarkeit des Imperial Intelligence zu überstellen. Jedem Agenten ist es gestattet, ihr bei diesem Unterfangen soviel Schaden wie möglich zuzufügen. Das Subjekt ist lebend in Gewahrsam zu nehmen. Gezeichnet von Captain Rajasta Djae'", las Mara vor, deren Verstand bereits fieberhaft zu arbeiten begann. "Im Auftrag der Oberkommandantin Ysanne Isard... Rajasta Djae..."

"Kennen Sie ihn?"

"Er hat Montross bei der Leitung des Imperial Intel gemeldet und war, soweit ich mich erinnern kann, einer der Zeugen in ihrer Verhandlung. Nicht, dass es ihr irgendetwas genutzt hätte." Mara starrte die Buchstaben auf dem Display konzentriert an. "Anscheinend war er ihr direkter Vorgesetzter."

"Sonst noch etwas?"

"Ja. Er ist tot."

Luke runzelte in einer Mischung von Verwirrung und Verblüffung die Stirn. Wie gut sie diesen schafsköpfigen Blick doch kannte!

"Ich habe ihn getötet", fügte Mara mit einem freudlosen Lächeln hinzu. "Auf Palpatines Befehl hin. Er hat direkte Befehle verweigert und einige der unbedeutenderen Agenten an die Schwarze Sonne oder das ISB verkauft, was zu ein paar sehr hässlichen Problemen nach der Krise auf Teardrop geführt hat."

"Ich verstehe", sagte Luke schlicht. "Glauben Sie, dass May an ihm Rache nehmen wollte? Dafür, dass er sie vor das Imperiale Gericht gezerrt hat?"

"Wozu ich ihr leider die Chance raubte, als ich ihn für Seine Majestät aus dem Weg geräumt habe?" führte sie seinen Gedanken weiter vor und gestattete sich ein kurzes Kichern. "Möglich wär's. Mehr als wahrscheinlich sogar."

Mara rieb sich mit den Fingern über das Nasenbein und massierte die inneren Winkel ihrer Augen. Die seltsame Schlaffheit, die sie seit ihrer Ankunft auf Dantooine, seit den Visionen über Orianna Matale immer wieder befiel, kam diesmal sehr plötzlich. Ihre Muskeln schienen mit Gewichten beschwert worden zu sein, als sie sich im Pilotensessel aufrichtete und aufstand.

„Morgen, wenn ich zurück komme“, begann sie, „werden wir mit Sarzamin darüber sprechen. Vielleicht weiß sie mehr.“

Luke sah überrascht auf. „Aber Sie haben doch gesagt…“

„Ich weiß, was ich gesagt habe!“ fauchte sie. „Aber die Dinge haben sich geändert. Ich glaube, ich weiß jetzt, warum May es auf mich abgesehen hat. Was ich jedoch noch nicht weiß ist, welche die Verbindung zwischen ihr und Orianna besteht. Und Sarzamin ist vielleicht die Einzige, die mir das sagen kann.“

Sie begann ihren Mantel und den Gürtel abzunehmen und ihre Habseligkeiten sorgsam auf einem Regal zu platzieren. „Und nun brauche ich etwas Schlaf. Diese Mission ist anstrengender als ich dachte.“

"Sie werden May doch nicht ernsthaft allein gegenüber treten wollen?" fragte Skywalker skeptisch.

"Darauf können Sie Gift nehmen!"

"Aber in Ihrer derzeitigen Verfassung..."

Mara schnitt ihm mit einer heftigen Geste das Wort ab. "Meine derzeitige Verfassung könnte nicht besser sein!" beharrte sie und das Funkeln in ihren Augen verriet ihm, dass die Diskussion damit für sie beendet war.

Mit müden Knochen und schlaffen Glieder schleppte Mara sich zu ihrer Kabine und verriegelte die Tür hinter sich. Jede Faser in ihrem Körper schien erneut nach Schlaf zu schreien. Ihre Augen brannten, wirkten ein bisschen verquollen, und ihr Kopf lastete schwer auf ihren Schultern. Selten war ihr die Matratze auf der einfachen Pritsche so sanft und weich erschienen.

Mara zog die Decke eng um sich, rollte sich wie ein schutzloses Kind darunter zusammen. Ihr Gesicht, ihre Haut, ihr ganzer Körper war vor Kälte fast erstarrt. Sie fühlte sich halb erfroren, wie von einer undurchdringlichen Schneedecke eingehüllt, dem ewigen, nuklearen Winter des Herzens.
 


 

Es war kalt, bitterkalt. Jeder einzelne Knochen in ihrem Leib schien bereits zu Eis gefroren zu sein. Hastig warf sich Orianna einen Mantel aus dünner Wolle über und drapierte ihre Stola so galant, dass sie ihre Schultern zusätzlich wärmte.

Überall im Haus verbreiteten die neuen Droiden Geschäftigkeit und Lärm, doch auch einen Hauch von Luxus und Dekadenz. Sie hatten die Familie zwar ein kleines Vermögen gekostet, doch die Ausgaben schmerzten nicht mehr so sehr im Geldbeutel wie zu Kriegszeiten. Wohlstand kehrte langsam zurück auf das Anwesen und Orianna sonnte sich ein ums andere Mal in ihrem Glanz als Gutsherrin. Natürlich war sie nicht ungnädig und überließ Bithras mehr als genug Credits, um sich weiter seinen Geschäften zu widmen und damit wiederum den Reichtum der Matales zu mehren. Doch sie musste zugeben, dass sie diese Entscheidung nicht ganz ohne Hintergedanken getroffen hatte.

Sie fand Casseia im Wohnzimmer, wo sie von der HoloComm-Einheit hockte und den erloschenen Bildschirm anstarrte. Ihre Schwester war in Seide und Brokat gehüllt und hatte ihre dunklen, fülligen Locken kunstfertig nach oben gesteckt. Dennoch waren ihre dunklen Augen leer und sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum. Der Ehrgeiz und die vielen kleinen Süchte, mit denen Casseia sich die Zeit vertrieben hatte, waren versandet, wie ein Fluss, dem man urplötzlich das Wasser genommen hatte. Mit einiger Befriedigung stellte Orianna jeden Tag aufs Neue fest, dass Casseia zum ausdruckslosen Schatten ihres früheren Selbst zusammengeschrumpft war.

"Irgendwelche Nachrichten?" erkundigte sie sich sachlich und sank in den alten Sessel ihres Vaters, in dem sich ihr Schwager sonst so gern niedergelassen hatte.

"Bithras lässt dir Grüße von Ilya ausrichten. Bisher laufen die Verhandlungen besser als geplant und sie rechnen damit, mehr als das Doppelte absetzen zu können. Allerdings zeigen sich die Eriadu wohl nicht sehr entgegenkommend, wenn es um die Aushandlung der genauen Ver-tragsbedingungen geht."

"Wann werden sie zurück sein?"

"Er meinte, in drei Tagen. Vielleicht früher."

Orianna nickte und lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzen zurück. Der Sessel war so groß und sie selbst so zierlich, dass sie sich genüsslich darin herumräkeln konnte wie in einem Bett.

"Ich kann es kaum erwarten, dass Ilya zurückkommt."

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich Casseias Miene seltsam verzerrte und ihre Kiefer sich fest aufeinander pressten, als läge ihr wieder eine ihrer boshaften Bemerkungen auf der Zunge. Das mühsam beherrschte Missfallen im Gesicht ihrer Schwester bereitete ihr königliches Vergnügen.

"Vielleicht heiraten wir ja schon bald. Wenn die Beziehungen wieder hergestellt, die Blutkirschen und Perlfrüchte geerntet sind und er und Bithras nicht ständig quer durch den Sektor reisen müssen, was würde ihn dann noch davon abhalten."

Sie formulierte es gezielt nicht als Frage, denn so waren ihre Provokationen stets am erfolgreichsten. Ganz davon abgesehen hegte sie keinen Zweifel, dass er sie schon bald fragen würde. Sie hatte schließlich all die Jahre zu ihm gehalten. Egal, was man ihr sagte, sie wusste, er würde sie zur Frau nehmen.

"Und wer weiß, in ein oder zwei Jahren, wenn wir uns wieder alles erlauben können, werden wir süßen, kleinen Matale-Nachwuchs bekommen."

"Oh bitte!" fauchte Casseia. "Kannst du auch an etwas anderes denken, als daran, ständig mit ihm zu schlafen?"

"Wieso sollte ich?" Orianna funkelte sie herausfordernd an. "Der Krieg ist vorbei, ich habe ein Dach über dem Kopf, Essen auf meinem Teller und Kleidung, die mehr gekostet, als sich die meisten Siedler hier im Standardjahr verdienen. Jetzt sehne ich mich nur noch nach dem Mann in meinem Bett."

Casseia erhob sich steif. "Du widerst mich an."

Die jüngere Schwester richtete sich im Sessel ihres Vaters auf und beobachtete mit scharfem Blick, wie Casseia wutentbrannt an ihr vorbei stürmen wollte. Damit bescherte sie ihr keine Heiterkeit, nur Unmut und Missfallen. Eine derart heftige Reaktion hatte sie von ihr gar nicht erwartet. "Was ist denn?"

"Lass mich in Frieden mit deinen Perversionen!"

Nun flammte echte Wut in Orianna auf und sie erhob sich aus dem Sessel, Mantel und Stola immer noch eng um ihren Körper geschlungen. "Wie kannst du es wagen..."

„Nein, Orianna, wie kannst du es wagen?" rief Casseia mit verzerrter Stimme und deutete mit dem Finger auf sie. "Bei allen Sternen und bei der Macht, wenn Vater dich nun sehen könnte, das kleine verzogene Gör, das du geworden bist, dass sich älteren Männern hingibt. Und wenn Mutter gewusst hätte, dass du Ilyas Loyalität für uns gekauft hast, in dem du in sein Bett gekrochen bist; sie hätte dir niemals das gesamte Erbe unserer Familie anvertraut.“

„Ilya hat sich selbst dazu entschieden Bithras zu helfen. Er tut es bestimmt nicht, weil ich es so wollte. Unsere Liebe hat mit alledem nichts zu tun.“

„Oh, du bist so unglaublich naiv! Ilya ist ein Geschäftsmann. Glaubst du ernsthaft, er hätte sich einfach so Hals über Kopf in ein kleines, unbesonnenes Mädchen wie dich verliebt? Wohl kaum! Die Matales sind wohlhabend. Vielleicht nicht nach dem Maßstab der Kernwelten, doch in unserem Sektor sind wir eine reiche Familie, Orianna, sind es schon immer gewesen. Und wir genossen Einfluss, trotz aller Krisen. Doch letzten Endes hätte der Krieg deinen Liebsten und damit auch uns beinahe ruiniert! Nun sind wir der letzte Strohhalm, nach dem er noch greifen konnte, nachdem er von Coruscant geflohen ist. Es würde mich nicht wundern, wenn er weniger dich, als vielmehr dein Geld lieben würde.“

„Du! Du bist doch nur verbittert, weil du unfruchtbar bist und dein Mann nicht mehr mit dir schlafen will!“ Orianna vergas nun jede Zurückhaltung und ihr Gesicht war vom Zorn verhärtet. „Das ist der Grund, warum Mutter mich als Erbin eingesetzt hat, weil ich die Blutlinie fortführen werde. Und nun kannst du den Gedanken nicht ertragen, dass, obwohl du immer Mutters Liebling warst, sie am Ende mich ausgewählt hat. Deine Niederträchtigkeit und dein Selbstwertgefühl verbieten es dir, mir auch nur einen Hauch von Glück zu gönnen! Nur weil du nicht glücklich bist, willst du, dass ich es auch nicht bin. Aber du wirst nicht länger über mein Schicksal bestimmen, Casseia, weder über meines, noch über das meiner Kinder! Und nun kannst du dich damit abfinden oder auch nicht. Die Entscheidung liegt bei dir. Aber verschone mich und uns alle bitte mit deiner erbärmlichen Selbstgefälligkeit!“

Darauf wusste ihre Schwester nicht mehr zu erwidern. Doch trotz ihrer Sprachlosigkeit blieb ihre Miene unleserlich, eine Maske aus Kälte.

Den Rest des Tages trafen die Schwestern nicht mehr aufeinander. Als Orianna am Nachmittag eine kleine, kalte Mahlzeit im Esszimmer zu sich nahm, teilten ihr die Droiden mit, dass Casseia kurz zuvor das Haus verlassen hatte. Angeblich wollte sie sich die Pflanzung der neuen Perlfruchtbäume auf dem Osthang ansehen.

"Selbstverständlich", sagte Orianna glatt und widmete sich wieder ihrer Komposition aus Käse, Früchten und Brot. Während sie einen Bissen Brot in die Sauce tunkte und darauf herumkaute, war sie sich jedoch nicht sicher, ob sie verärgert oder besorgt sein sollte.

Bald wurde es dunkel, die Droiden beendeten ihre Arbeit und kehrten in ihre Depots zurück. Nur zwei Service-Droiden blieben aktiv und brachten ihr eine Flasche saccorrianischen Blauwein. Den Abend vertrieb sie sich mit alten HoloVids, das meiste davon schlechte Seifenopern. Früher hatten diese Filme einen viel stärkeren Reiz gehabt, doch mittlerweile wurden sie ihr öde und plump. Und so sehr sie sich auch auf die Geschichten konzentrierte, sie konnten nicht die Leere aus dem großen Haus verbannen.

Es war fast Mitternacht, als sie nach einer neuen Flasche Wein verlangte und ihr Nachtgewand anzog. Einer der Droiden brachte ihr einen dicken Kamm, damit sie ihre roten Locken entwirren konnte, nachdem sie ihre Haare so lange am Polster des Sessels platt gedrückt hatte.

"Wo ist meine Schwester?" erkundigte sie sich aus einer Laune heraus.

"Dies ist uns nicht bekannt, Miss", antwortete der Droide steif und wippte mit seinem steifgliedrigen Metallkörper ein wenig vor und zurück. "Wir sahen nur, wie sie am Nachmittag das Haus verließ, nicht wie sie zurück gekommen ist."

Alarmiert sah sie auf.

"Sie ist immer noch da draußen?" fragte sie entsetzt. "Bist du sicher? Vielleicht hat sie sich auch nur in ihrem Zimmer eingeschlossen."

"Nein, Miss", antwortete der Droide. "Meine Sensoren nehmen keine Wärmeabstrahlung wahr außer Ihrer."

"Bring mir meinem Mantel und die Schuhe", befahl sie. "Schnell!"

Eilig rannte sie den Korridor entlang, stolperte um eine Ecke und schließlich in Bithras' Arbeitszimmer hinein, wo sie aus einem gesicherten Kästchen eine BlasTech-Pistole nahm. Auf dem Weg zum Haupteingang stopfte sie die Waffe provisorisch in ihren Hosenbund.

"Miss, es ist kalt draußen, vielleicht..."

"Ich weiß!" fauchte Orianna den Droiden an, während sie sich ihren Mantel überwarf und in ihre Stiefel schlüpfte. "Überprüfe die Sicherheitssysteme des Zauns. Ich will da draußen auf keinen Kath-Hund oder Dantari treffen. Und schicke zwei Wachdroiden her, sie sollen mir leuchten und den Rücken decken."

Draußen erwartete sie ein schneidender Wind, der durch das hohe Gras strich und es rascheln ließ. Sie unterdrückte das Zittern ihrer Glieder und wunderte sich, warum es zu dieser Jahreszeit so kalt war. Wenig später tauchten zwei Wachdroiden aus der Finsternis auf. Es waren zwei ältere Modelle, die noch von der Technologie Union und der Handelsföderation vertrieben und den frühen Kampfdroiden nachempfunden worden waren. Sie folgten Orianna mit ein paar Schritten Abstand, warfen jedoch mit ihren Glühstäben Licht auf den Weg vor ihrer Herrin, damit sie sich nicht verirrte oder verletzte.

Orianna lauschte angestrengt in die Nacht hinein und wagte es kaum zu atmen. Sehr bald spürte sie kalten Schweiß, der ihren Haaransatz befeuchtete oder zwischen ihren Brüsten zusammenlief. Es war still, viel zu still. Man hörte nichts außer dem Rascheln des Grases und dem Heulen des Windes. Keine Kinrath-Spinnen, keine Kath-Hunde, keine Dantari.

Das Gelände stieg stetig an und Orianna wusste, dass sie den Osthang erreicht hatten. Durch den matten Schein der Glühstäbe zeichneten sich die Umrisse der Setzlinge, die hier gepflanzt worden waren, gegen den dunklen Himmel ab. Sie atmete tief durch, und spürte, wie ihr das Herz vor Furcht gegen die Rippen klopfte.

"Casseia?" rief sie unsicher in die Stille hinein. "Casseia? Kannst du mich hören?"

Sie stiegen noch einige Meter weiter auf, erreichten die Hügelkuppe, wo die Perlfruchtbäume bereits Zeit zum Wachsen und Gedeihen gehabt hatten. Manche trugen bereits kleine Triebe an den schlanken, weißen Ästen.

Und da lag sie, unter dem größten und majestätischsten Baum. Sie hatten ihn nach dem Ende des Krieges alle zusammen auf die Hügelkuppe gepflanzt, als Symbol für ihren gemeinsamen Neuanfang. Casseias Kopf ruhte auf einer ausgewucherten Wurzel und ihr braunes Haar schien über die Rinde zu fließen wie dunkles Wasser. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Haltung entspannt und ruhig.

"Casseia?" rief Orianna nun lauter, um die Aufmerksamkeit ihrer Schwester zu erregen. Sie war ganz schön töricht, einfach so hier draußen einzuschlafen!

Ihre Schritte beschleunigten sich, als sie keine Antwort erhielt. Vielleicht schlief sie so fest, dass man sie wachrütteln musste? Hinter ihr beeilten sich auf die Droiden, ihrer Herrin zu folgen und ihr den Weg zu leuchten.

"Casseia, komm schon, wach auf!" rief sie, als sie nur noch ein paar Schritte entfernt war. Sie bemühte sich, schnippisch zu klingen, doch in ihrer Magengrube braute sich ein Übelkeit erregendes Gefühl zusammen. Das Gesicht ihrer Schwester erschien ihr ungewöhnlich farblos und blass, als sie neben ihr auf die Knie sank. "Hey! Das ist wirklich nicht mehr witzig!"

Ungehalten stieß sie Casseia mit einer Hand in die Seite, doch es ging nur ein Ruck durch ihren Körper und dann rührte sie sich nicht mehr. Ihr Blick fiel auf ein Glitzern, das sie in der Finsternis bisher übersehen hatte. Es umschmeichelte Casseia Hals, benetzte ihre Brust, das Gras und die Baumrinde, ihre Kleidung war voll davon. Sie konnte sehen, wo die letzten Tropfen der Lebensspendenden Flüssigkeit aus einem tiefen Schnitt an ihrer Kehle gequollen und geronnen waren. Eine Hand umklammerte noch die Vibroklinge, mit der sie ihr Ende beschlossen hatte.

Schrecken ließen die Farbe aus Oriannas Gesicht weichen und einen Moment lang glaubte sie sich übergeben zu müssen, als sie blauen Lippen ihrer Schwester sah.

"Casseia", sagte sie leise und nahm die kalte, leblose Hand ihrer Schwester in ihre eigene. "Casseia, was hast du nur getan?"

Sie wandte sich ab, doch weniger um ihre Tränen, als viel mehr ihre Tränenlosigkeit zu verbergen. Ihre Schwester war tot und sie konnte nichts tun, konnte nicht atmen, konnte nicht weinen.

Nur ihr Schrei zerriss die Dunkelheit.

A Flower of Carnage (1)

Die Nacht über Dantooine hielt noch immer an, als Mara sich, den Hals von Husten und Galle bereits wund, über das Waschbecken ihrer Erfrischungszelle beugte, um sich den Mund auszuspülen. Doch jedes Mal, wenn Casseias blasser, toter Körper vor ihrem geistigen Auge erschien und ihr den beißenden Geruch geronnenen Blutes in die Nase stieg, zermarterte ihr ein stechender Schmerz den Kopf. Und jedes Mal übergab sie sich von neuem, auch wenn ihr Magen inzwischen völlig leer war.

Mit zitternden Händen trank sie einen Schluck Wasser und unterdrückte einen neuerlichen Hustenreiz. Wenn doch bloß die Magensäure ihren Hals nicht so sehr reizen würde! Und der Gallengeschmack trug nicht gerade dazu bei, dass sie sich besser fühlte. Es würde in diesem Sektor sicherlich nicht annähernd genügend Pflegeprodukte und Duschzellen geben, damit sie sich je wieder sauber fühlte. Zu ihrem Glück schien Skywalker zur Abwechslung einmal zu schlafen und ersparte ihr damit ein weiteres Übel, denn er hätte sicherlich mit höchst besorgtem Blick hinter ihr gestanden und ihr das Haar zurück gehalten.

Sie wusste nicht, wie lange sie noch über dem Waschbecken stand und sich immer wieder mit kaltem Wasser übers Gesicht und durch die Haare fuhr; jegliches Zeitgefühl war ihr wieder einmal abhanden gekommen. Ihr nach Erholung schreiender Körper und das Pochen in ihren Schläfen erinnerten sie fortwährend daran, dass ihr Schlaf seit ihrer Ankunft auf Dantooine nicht besonders gut gewesen war.

Erst als sich der nachtblaue Mantel über der Steppe hob und die ersten violetten und roséfarbenen Strahlen wie sanfte Schleier den Horizont bedeckten, ging sie vorsichtig zurück in ihre Kabine und schlüpfte in frische Kleidung. Sie wollte das Risiko nicht eingehen, noch einer dieser auszehrenden Visionen zum Opfer zu fallen, auch wenn sie noch zwischen dem Streben nach Erkenntnis und dem Streben nach Frieden hin und her gerissen war. Ihr war klar, dass sie in dieser Nacht keine weiteren Traumbilder mehr ertragen würde.

Stattdessen schlich sie beinahe lautlos aus ihrem Quartier und den Hauptkorridor der Jade's Fire entlang zur Messe. Dort hatte Skywalker sich, der Gewohnheit zum Trotz, ein Nachtlager bereitet und schlief. Und es schien ihr nicht wie eine seiner kurzzeitigen Jedi-Trancen, sondern wie ein sehr tiefer, natürlicher Schlaf. Sein Kopf ruhte auf einer zusammen gerollten Jacke und er hatte seinen braunen Jedi-Mantel wie ein Laken auf dem kühlen Metallboden unter sich ausgebreitet. Sein Haar war zerzaust, während er einen Arm um seine eigene Taille gelegt und den anderen zur Seite von sich gestreckt hatte. Neben seinem provisorischen Kissen lagen noch ihr Datapad und mehrere DataCards. Allein die Macht wusste, wie lange er noch die Berichte studiert hatte, die Faughn ihnen übermittelt hatte.

Sie kniete sich neben ihn und betrachtete die Umrisse seines Farmjungengesichts im abwechselnd blauen und roten Licht von R2s Dioden. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken ihn zu wecken und ihm von Oriannas letzter Erinnerung zu erzählen, aber sie ließ es bleiben. Wenn schon sie nicht genügend Schlaf bekam, dann sollte dieses Vergnügen zumindest ihm vergönnt sein. Er würde ohnehin schneller wieder zu Kräften kommen als sie.

Nach einer Weile riss sie sich von seinem ungewohnten Anblick ab und trat im Cockpit an ein kleines Geheimfach, dass sie nach der Thrawn-Krise hatte installieren lassen. Sie öffnete es und zog einen länglichen, silbernen Zylinder heraus. Das Lichtschwert wog ungewohnt schwer, als sie fest mit der rechten Hand packte. Seit sie Skywalkers Jedi-Akademie frühzeitig verlassen hatte, war es in diesem Fach verschwunden und in Vergessenheit geraten. Erst May Lynn Montross hatte ihre Gedanken wieder auf das Schwert von Anakin Skywalker gelenkt.

Früher, als sie noch die glorreiche Hand des Imperators gewesen war, hatte sie nicht mehr als ein Lichtschwert gebraucht, um eine ganze Piratenbasis auseinander zu nehmen. Es war ein nützliches Werkzeug gewesen, genau wie die Macht, und sie hatte ihre Talente im Umgang mit diesen Waffen in Palpatines Dienst gestellt. Aber Palpatine war tot, sein letzter Befehl ausgeführt. Nun benutzte sie die Macht oder Skywalkers Lichtschwert kaum noch. Der Gedanke, das Schwert bei sich zu tragen widerstrebte ihr. Sie war keine Jedi. Doch das bruchstückhafte Wissen, dass man ihr vor langer Zeit eingetrichtert hatte, mochte sie heute vielleicht schützen.

Behutsam hakte sie das Lichtschwert an ihren Gürtel, versiegelte das Geheimfach und griff nach ihrer Jacke.

Bei all den Geschichten über Blumen und Gedichtzetteln, die an ihrem Schiff klebten, begann sie langsam wirklich zu glauben, dass May Montross genügend Schaltkreise durchgebrannt waren, um ihre unkontrollierte Wut gegen Mara zu richten, weil sie ihr die Rache an ihrem Kommandanten geraubt hatte. Ihr Durst nach Vergeltung war nicht gestillt worden und nun hatte sich der Strom aus Hass und Verzweiflung einen neuen Weg durch den Stein gefunden und gelangte endlich ans Tageslicht. Mara erinnerte sich daran, wie es gewesen war, als die Worte „Du wirst Luke Skywalker töten!“ sie jede Nacht im Schlaf begleitet und jeden ihrer Schritte gelenkt hatten. Was hätte sie vor neun Jahren nicht für die Genugtuung gegeben auf Skywalkers toten Körper herabzublicken und zu wissen, dass dies ihr Werk war! Alles Denken war im Herzen auf diese eine Tat bestrebt gewesen und was danach sein würde war nicht weiter von Belang. Doch vielleicht gab es für May keine Erlösung, keine Heilung, so wie für sie.

Mit einem sanften Zischen schloss sich die Rampe hinter ihr und versiegelte das Schiff von außen. Unbeeindruckt entfernte Mara sich Schritt für Schritt von der Jade's Fire, schloss ihre Jacke und blickte nicht zurück.

Sie würde es bald herausfinden.
 


 

Obwohl er noch vor dem Erwachen wusste, dass irgendetwas nicht stimmte, war es R2-D2, der Maras Verschwinden als Erster bemerkte. Mit einer langen Reihe trillernder Töne, die sämtliche bekannten Oktaven durchliefen, riss der Astromech seinen Meister aus dem Schlaf.

Ein wenig orientierungslos setzte Luke sich auf und strich sich den Schlaf aus den Augen. Nach und nach stellten sich Gehör, Geruch und Sehen wieder ein, doch ganz anders als bei einer Trance. Alle Empfindungen waren wie mit Watte gedämpft. Es war schon sehr lange her, dass er aus schlichter Müdigkeit eingeschlafen war.

„Was ist los, R2?“ fragte er, während der Droide aufgeregt aus seinen Rollen hin und her zu tänzelte. „Warum die Aufregung?“

Wieder sang R2 Tonleitern rauf und runter. Luke nahm einen tiefen Atemzug und rief die Macht zu sich, um seine Wahrnehmung zu schärfen und die Aufmerksamkeit auf den Astromech zu richten.

„Deine Sensoren nehmen keine Wärmeabstrahlung war?“ wiederholte er ungläubig. „Du meinst in der näheren Umgebung des Schiffes?“

R2s Kuppelkopf schwenkte mit einem leisen Hu-hu nach links und rechts, die Andeutung eines Kopfschüttelns.

„Auch keine biologische Wärmeabstrahlung an Bord der Jade's Fire – außer meiner?“, korrigierte Luke. „Bist du sicher, dass Mara ihre Kabine nicht einfach versiegelt und von innen isoliert hat?“

Wieder verneinte der Droide. Er erklärte seinem Meister, dass er die Kabine schon überprüft, sie jedoch verlassen vorgefunden. Allerdings waren die Laken in der Koje bereits kalt, was darauf hindeutete, dass Mara schon eine ganze Weile nicht mehr da war und Oriannas Kette hatte unnachsichtig auf dem Fußboden neben ihrer Koje gelegen. Langsam fuhr R2 seinen Greifarm aus und hielt Luke das Schmuckstück entgegen.

„Ich verstehe.“ Luke legte R2 eine Hand auf den Kuppelkopf und nahm mit der anderen das Medallion. „Danke, R2.“

Er atmete noch einmal tief ein und streckte seine Sinne aus, tastete überall nach Maras Geist in der Macht. Doch er fand nichts, sie schien wie vom Erdboden verschwunden. Es war mehr als wahrscheinlich, dass sie sich wieder hinter ihren mentalen Mauern versteckte, mit denen sie ihn schon früher abgehalten hatte.

Seine Resignation unterdrückend strich Luke sich mit einer Hand über das Gesicht und blieb noch einen Moment auf dem Boden der Messe sitzen. Offensichtlich war Mara zu der Einsicht gekommen, dass sie dieses Rätsel doch im Alleingang lösen wollte. Er konnte allerdings nicht abstreiten, dass er dies noch immer für keine gute Idee hielt. Doch was sollte er tun, er musste Maras Entscheidung respektieren und den Impuls, ihr zu Hilfe zu eilen, unterdrücken. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als auf Maras Rückkehr zu warten...

Falls sie überhaupt zurückkehrte.
 


 

Das Irinari lag neben einem Gebäude, das wie eine Buchhandlung aussah, mitten im Zentrum der Siedlung. Es war ein war kleines, verträumtes Café, dessen Dekor und Mobiliar mit sehr viel Sorgfalt und Fürsorge ausgesucht worden waren, auch wenn es ein wenig kitschig wirkte.

Trotz des ungewöhnlich regen Treibens der Siedler in dem Café, fiel es Mara nicht schwer, ihre Nemesis auszumachen.

May Montross hatte sich an einem der hinteren Tische niedergelassen und trank mit großer Ruhe einen Becher Klimmenkaffee. Ihre Blicke streiften Mara beinahe zufällig, als sie zur Tür herein kam, und wanderten dann mit geheucheltem Interesse über die einheimischen Kunstwerke an den Wänden.

„Sicherheitslevel K-12“, sagte Mara mit gesenkter, doch gefasster Stimme, als sie an ihren Tisch trat. Mit einer knappen, unauffälligen Geste tastete sie nach dem Lichtschwert, um sicher zu sein, dass es noch da war. „Kenncode Hapspir Barrini.”

Mays eisblaue Augen hoben sich und ein fremdartiges Glitzern spiegelte sich in ihnen. Die dünnen Lippen verzogen sich zu einem steifen Lächeln.

„Willkommen, Hand des Imperators. IIBS-61 661. Wie schön, dass Sie noch immer diese schicklich-imperiale Art der Vorstellung beherrschen. Ich fürchte, Etikette ist in den letzten Jahren immer mehr aus der Mode gekommen.“

Mara wartete nicht auf eine Aufforderung sich zu setzen und überging auch Mays höfliches, nichts sagendes Geplänkel. Mit flirrenden Nerven nahm sie Platz und fasste ihr Gegenüber fest ins Auge.

„Wie schön, dass Sie sich für mich Zeit genommen haben, Montross“, erwiderte sie und ihr Ton triefte vor Sarkasmus. „Ich dachte schon, ich müsse noch eine Weile auf ein paar Antworten warten.“

„Keine Sorge, die Antworten werden sich Ihnen schon noch erschließen“, sagte May kryptisch. „Kaffee?“

Die schwarzhaarige Frau winkte den Kellner heran und bat ihn, Mara ebenfalls einen Becher zu bringen. Dieser studierte Mays blasse, kantige und äußerst maskulinen Gesichtszüge für einen Moment mit größter Sorgfalt.

Nachdem der Kellner schließlich davon geeilt war, um der Bestellung nachzukommen, erwiderte May ihren prüfenden Blick. Sie schwiegen und versuchten, das Gesicht, die Augen und den Geist des jeweils anderen zu lesen. Ohne Erfolg.

Sie sprachen kein Wort, bis schließlich der Kellner mit der Bestellung zurückkehrte. Ihm schien die eisige Stille zwischen den beiden Frauen unheimlich, denn sein Gesicht wirkte blass und beunruhigt, als er sich einem anderen Tisch zuwandte.

„Was wollen Sie, Montross?“ fragte Mara schließlich. Sie sprach langsam, beinahe gedehnt, um ihrer Frage Nachdruck zu verleihen. „Was wollen Sie von mir?“

May schmunzelte. „Oh, kommen Sie, Jade, das können Sie doch sicherlich besser! Beweisen Sie mir, dass all die Jahre, in denen man Sie als Palpatines kleines Schoßhündchen dressiert hat, nicht ganz umsonst gewesen sind. Beim Imperial Intel hieß es, dass Sie immer bekämen, was Sie wollten.“

„Schluss jetzt“, fauchte Mara und beugte sie nach vorne. Woher kam nur Mays Gelassenheit, die Ruhe? Warum war sie selbst so aufgewühlt? „Ich habe keine Lust mehr auf Ihre kleinen Spielchen, Montross! Bizarre Beerdigungsriten, Gedichtzettel, verloren geglaubte Schmuckstücke irgendwelcher toter Frauen, was darf man als nächstes erwarten?“

Mays Stimme war plötzlich wie gefrorenes Eis. „Wie wäre es damit?“

Ihre Bewegung war schnell. So schnell, dass Mara gerade noch genug Zeit hatte, ihre Augen zu schließen und den Kopf zur Seite zu drehen. Klebriger Speichel klatschte gegen ihre linke Schläfe, tropfte von ihrer Wange und ihrem Kinn.

Mara schluckte und versuchte, den in ihr aufwallenden Zorn mit einem kontrollierten Atemzug loszulassen.

„Reizend“, sagte sie ironisch und wischte sich mit einem Ärmel Mays Speichel aus dem Gesicht. „Sehr reizend.“

„Oh, das war nur ein kleiner Vorgeschmack“, säuselte May mit einer Unverfrorenheit, die es Mara schwer machten, sich auf die Gefühle und Gedanken hinter dieser kühlen, unnahbaren Maske verbargen.

„Sehen wir es doch so“, fuhr May schließlich fort, nachdem sie an ihrem Kaffee genippt hatte, „Sie haben etwas, das ich will; ich habe etwas, das Sie wollen.“

„Alles, was ich im Moment von Ihnen will, Montross“, sagte Mara mit zu Schlitzen verengten Augen, „sind ein paar verflucht gute Gründe für dieses Theater.“

„Dann bleibt wohl nur noch die Frage“, begann May gedehnt und nahm noch einen Schluck Kaffee, ehe sie weiter sprach, „wie viel Ihnen die Antworten auf Ihre Fragen wert sind. Wären Sie bereit Ihr Leben dafür zu opfern?“

Mara gab sich Mühe, nicht verwirrt zu blinzeln. War die andere Frau wirklich so sehr von sich selbst überzeugt oder spielte sie ihr gerade eine gründlich einstudierte Rolle vor? Selbst in der Macht konnte sie nichts wahrnehmen. Doch vielleicht konzentrierte sie sich auch nur nicht stark genug auf die Macht, um derartig feine Signale wahrzunehmen.

„Haben Sie es bei sich?“ fragte May beinahe beiläufig. Als Mara jedoch nicht antwortete, sagte sie: „Natürlich nicht. Nicht bei dem Effekt, den das Amulett auf Sie hat, nicht wahr? Sicher haben Sie es bei Skywalker gelassen.“

Mara beobachtete, wie ihr Gegenüber seelenruhig einen weiteren Schluck Klimmenkaffee nahm und sich diesen auf der Zunge zergehen ließ. Das Unbehagen in ihr wuchs und ihr Magen begann zu rebellieren.

„Wissen Sie, es geht hier nicht um Orianna Matale“, fuhr May mit einem dünnlippigen Lächeln fort. Entweder hatte sie Maras Gedanken gelesen – was sie für äußerst unwahrscheinlich hielt – oder sie war so gut über die Mysterien des Amuletts informiert, dass sie das Thema von ganz allein anschnitt. „Es ging nie um sie. Sie ist nur ein weiteres Bindeglied zwischen Ihnen und mir. Sie hat mit ihrem kurzen, bedeutungslosen Leben lediglich ihren Zweck für den weiteren Verlauf der Geschichte erfüllt. Und wenn Sarzamin Saia eines Tages das Zeitliche segnet, wird ihr Andenken für immer vergessen sein. Aber meines nicht.“

„Um wen geht es dann?“ verlangte Mara zu wissen. Es gelang ihr kaum die Frustration aus ihrer Stimme zu verbannen.

„Strengen Sie Ihr Köpfchen an, Jade. Sie sind ihm schon begegnet.“ Mays Stimme senkte sich zu einem prophetischen Flüstern. „In Ihrem Träumen.“

„Lassen Sie doch bitte die kryptischen Sprüche! Oder ist das ein Hobby, das sie sich beim Imperial Intel zugelegt haben? Vielleicht ist das ja eine perfide Vorliebe, die Sie sich angewöhnen mussten, als Sie sich der Galaxis als Mann verkauft haben.“

Mays Züge verfinsterten sich. „Nicht alle von uns sind so privilegiert geboren wie Sie, Jade!“

„Privilegiert?“ rief sie empört. „Sie finden, mein Leben war privilegiert? Haben Sie eine Ahnung…“

„Beleidigen Sie mich nicht, Jade!“ May warf ihren Stuhl um, als sie aufsprang und mit einer Hand nach dem Blaster an ihrer Hüfte griff. Die beiden Keramiplast-Becher auf dem Tisch kippten um und verschütteten ihren brühenden Inhalt.

May Montross’ Gesichtszüge waren zu einer grimmigen Maske erstarrt und ihre eisblauen Augen wirkten plötzlich eher tot als lebendig.

Erst jetzt bemerkte Mara, wie still es in dem Café geworden war. Keiner der Gäste rührte sich. Manche starrten erschrocken zu ihnen hinüber, andere bemühten sich desinteressiert dreinzublicken. Das Personal verschanzte sich hinter der Theke und beäugte die Kontrahentinnen mit ängstlichen Blicken.

„Na los, worauf warten Sie denn? Kommen Sie schon, blastern Sie mich doch einfach um“, sagte sie schnippisch und ignorierte die Mündung des Blasters, den May nun direkt auf ihr Gesicht gerichtet hielt. „Dann hätten wir es endlich hinter uns.“

Doch May zögert, scheinbar hin und her gerissen zwischen dem Gedanken an Vergeltung und dem an den Nutzen, den sie vielleicht noch aus Maras Überleben ziehen würde. Vielleicht konnte sie ihre perfide Rache noch ein paar Tage mehr auskosten und damit das Leiden ihrer Feindin verlängern. Doch ihre Hände zitterten nicht und ihre Miene war noch immer wie in Stein gemeißelt. Würde sie jetzt abdrücken, würde sie ihr Ziel sicher nicht verfehlen.

Maras Mund fühlte sich trocken an und ihre Lippen waren spröde. Sie rief die Macht zur Hilfe, formte mit ihrer Hilfe ein luftiges Kissen, mit dem sie das Lichtschwert vom Haken an ihrem Gürtel hol und langsam in Richtung ihrer linken Hand wandern ließ.

„Ich werde Sie vernichten, Jade“, flüsterte May schließlich ohne zu blinzeln. „Ich weiß es und Sie wissen es.“

„Aber nicht heute“, erwiderte Mara. Sie packte das Heft des Lichtschwertes so fest sie konnte, weil sie fürchtete, es könnte ihr aus der Hand gleiten.

Ein Laut des Entsetzens durchfuhr die Gäste. Viele tauchten nach Schutz suchend unter ihre Tische. Andere starrten ehrfürchtig auf die blaue Klinge, die plötzlich aus dem silbernen Schaft in Maras Hand sprang und das Café mit einem geheimnisvollen Licht erfüllte.

Mit einer katzenartigen Bewegung hatte Mara sich erhoben und auf die Platte des Tisches gesprungen, das Lichtschwert zur Verteidigung erhoben. Mit einem kleinen Ausfallschritt hoffte sie, den Lauf von Mays Blaster abzutrennen.

Vergebens. Die andere Frau sprang, beinahe zeitgleich, über ihren umgeworfenen Stuhl hinweg, ließ sich rücklings fallen und rollte sich ab.

Als sie außerhalb von Maras Reichweite wieder zum Stehen kam, eröffnete sie das Feuer. Mit hoher Konzentration griff Mara nach der Macht und überließ ihr die Führung. Zischend prallten die Schüsse, trotz ihrer tödlichen Präzision, von der Klinge ab und schlugen in die Decke ein, wo sie keinen Schaden anrichten konnten.

May blinzelte verwirrt. Vielleicht hatte sie Mara doch unterschätzt.

„Oh, kommen Sie“, sagte Mara spöttelnd. „Das können Sie doch sicher besser!“

Wut flammte in den Augen ihres Gegenübers auf. Wilde Entschlossenheit plötzlich aus ihrer Miene.

„Sie werden mich nicht noch einmal brechen!“ rief sie.

Dann geschah etwas, das Mara nicht vorhergesehen hatte: Statt erneut ihren Blaster zu gebrauchen, griff May an den Gürtel ihres Anzugs aus Plastahlfaser. Und noch ehe jemand erkennen konnte, welches Utensil sie sich zur Hilfe nahm, warf eine Detonation Mara zu Boden. Das Lichtschwert glitt ihr aus der Hand, rollte ein paar Meter, bis es gegen ein Tischbein prallte und sich selbst deaktivierte.

Überall im Café pressten die Leute ihre Hände auf die Ohren, in der Hoffnung, das unliebsame Klingeln abzuschirmen. Zwecklos. Ein hoher, schriller Laut dröhnte Mara plötzlich in den Ohren und sie wusste, ihr Trommelfeld würde noch eine Weile schmerzen. Als das schrille Kreischen langsam abklang, sie die Kraft fand sich aufzurappeln und nach May Ausschau zu halten, nur um herauszufinden, dass die ehemalige Imperiale Agentin wieder einmal die Flucht ergriffen hatte.

„Dieser verfluchte Feigling!“ presste sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor. „Das sieht dir ähnlich, Montross.“

Mit Hilfe der Macht befahl sie das Lichtschwert zurück in ihre rechte Hand, während sie mit der linken nach dem Comlink an ihrem Gürtel tastete. Sie musste Skywalker verständigen; er sollte sofort zu Sarzamins Haus kommen.

Sie sind ihm bereits begegnet, hörte Mara ihre Stimme in ihrem Kopf. In ihren Träumen.
 


 

Sarzamin öffnete das Einmachglas und fischte eine der blau-grünen Gurken heraus. „Sind die nicht ganz schön sauer?“ fragte sie voller Skepsis, als sie Orianna die Gurke reichte und dabei zusah, wie ihre beste Freundin sie mit süßem Murkhana-Nougat bestrich.

„Ganz und gar nicht“, antwortete diese und biss genüsslich ein Ende der Gurke ab. „Das ist jetzt genau das was ich brauche!“

Verwunderung stand Sarzamin ins Gesicht geschrieben, während Orianna sich eine Scheibe Wurst nahm und die Gurke darin einwickelte. Oder vielleicht ist es der Ekel, angesichts dieser seltsamen Kombination, dachte Orianna kurz.

„Nochmals danke, dass du diese Samen für mich besorgt hast“, meinte Orianna und kaute auf ihrer kleinen Zwischenmahlzeit herum. „Wenn es jetzt schnell geht, könnten wir vielleicht nächstes Jahr schon die ersten Früchte ernten.“

Als sie keine Antwort mehr bekam, stubste sie Sarzamin am Arm. „Hey! Alles in Ordnung?“

„Ich denke schon“, sagte sie langsam, starrte aber immer noch entgeistert auf die ungewöhnlich garnierte Gurke in Oriannas Hand. „Es ist bloß, wenn ich deine Essgewohnheiten so sehe, dann hoffe ich, dass ich niemals schwanger werde.“

Das entlockte Orianna ein heiteres Lachen. „Glaub mir, so schlimm ist es nicht“, rief sie amüsiert. „Ich habe auch erst gedacht, es wäre eine Katastrophe, aber ist man erst einmal schwanger, bekommen die seltsamsten Gerichte dieser Galaxis einen unvergesslichen Geschmack, von dem man nicht genug bekommen kann. Heute sind es Gurken mit Murkhana-Nougat, morgen ist es der Izzy-Schimmel wie ihn die Twi'leks zubereiten.“

Sarzamin nickte und ihr Ekel wich einer ruhigen Ernsthaftigkeit. „Weiß Ilya es eigentlich schon?“ fragte sie. „Ich meine, dass du guter Hoffnung bist?“

„Dass ich guter Hoffnung bin? Du liebe Güte, Sarza, wie alt bist du? Du klingst ja fast wie meine Mutter!“ kicherte Orianna. Doch die Miene ihrer Freundin blieb unbewegt, daher schlug auch sie nun einen ernsteren Ton an.

„Nein, er weiß es noch nicht. Er ist seit drei Wochen in den Kernwelten unterwegs und versucht, seine alten Stammkunden zurück zu erobern oder zumindest was davon noch übrig ist. Dafür braucht er einen klaren Kopf. Außerdem wollte ich es ihm persönlich sagen, wenn er wieder heim kommt.“

„Und wann wird das sein?“ fragte Sarzamin und klang dabei schon ein wenig entnervt, als hielte sie die Gründe für Oriannas Schweigen für fadenscheinig.

„Heute Abend“, erwiderte diese kühl. „Außerdem habe ich keinen Grund zur Eile. Ich bin erst in der sechsten Woche und wer weiß, ob mir nicht das gleich passiert wie Casseia.“

„Verstehe“, sagte Sarzamin entschuldigend. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht kränken.“

„Ah, schon gut“, lächelte Orianna und berührte die Jüngere sanft am Arm. „Das ist auch so eine Begleiterscheinung: Neben ständigem Heißhunger ist man nun auch nicht mehr Herr seiner Gefühle. Mach dir also nichts aus meinem spontanen Stimmungsschwankungen.“

„Bring mir mein Datapad, du verfluchter Droide!“ polterte plötzlich jemand am anderen Ende des Korridors.

„Oh weh“, machte Orianna und seufzte theatralisch, „da ist aber jemand mal wieder mit dem falschen Fuß aufgestanden.“

„Was denn, er ist jetzt erst aufgestanden?“ fragte Sarzamin verblüfft und kontrollierte die Uhrzeit auf ihrem Chronometer.

Orianna nickte knapp. „Er verschläft den halben Tag, bleibt jedoch bis spät in der Nacht auf. Bisher habe ich aber noch nicht heraus gefunden, was er da treibt. Jedenfalls ist er in letzter Zeit immer ziemlich fies gelaunt, wenn er dann mal aufsteht. Das geht jetzt schon seit seinem Überfall auf Garlex Med so.“

„Die Verletzung macht ihm wohl ziemlich zu schaffen, was?“ erkundigte sich Sarzamin mit einem verlegenen Lächeln.

„Nicht mehr als Casseias Tod“, erwiderte Orianna ungerührt.

„DU SOLLST MIR ENDLICH MEIN DATAPAD BRINGEN!“ donnerte Bithras in der Ferne und es folgte ein metallenes Scheppern, als hätte er den Servicedroiden soeben gegen die Zimmerwand geschmettert.

„Es ist wohl besser, wenn ich gehe“, sagte Sarzamin und schlüpfte in ihre Jacke. „Ich hab sowieso noch zutun. Vater will, dass ich noch beim Umbau des Vivariums helfe.“Orianna nickte und rutschte von ihrem Hocker hinunter, um sich von ihr zu verabschieden. Die beiden Frauen schlossen einander in die Arme, dann drückte Orianna ihrer Freundin noch einen kurzen Abschiedskuss auf die Lippen.

„Komm gut heim. Gib auf dich Acht.“

„Danke. Du auch.“

Nachdem Sarzamins Silhouette hinter der Hügelkuppe verschwunden war, beschloss sie ihrem Schwager ein wenig Gesellschaft zu leisten. Vielleicht würde ihn das auf andere Gedanken bringen.

Sie fand ihn im Wohnzimmer, wo er wieder einmal im Sessel ihres Vaters saß. Doch diesmal wirkte er weniger wie ein motivierter, aufstrebender Geschäftsmann, den nur der Geldbeutel ein wenig drückte. Er saß zusammen gesunken da, hatte das linke Bein auf einem gepolsterten Schemel ausgestreckt und massierte mit verbitterter Miene seine schlaffe Oberschenkelmuskulatur.

Seit seinem Unfall auf Garlex Med war sein Bein lahm, doch Bacta und andere Medikamente behoben diesen Zustand nur temporär. Manchmal glaubte Orianna, dass Etwas tief in seinem Inneren sich vehement weigerte zu verheilen. Ein Schatten war auf ihn und die ganze Familie gefallen und ihr blieb nur zu hoffen, dass er eines Tages vorüber ziehen würde. Der Gedanke, Casseias Tod markiere den Anfang des Endes, versetzt sie in panische Angst.

Seit man Bithras aus dem Med-Zentrum entlassen hatte, war er dicker geworden, ließ sich manchmal wochenlang einen Bart stehen und verendete vor den HoloNet-Nachrichten, bis Orianna ihn schließlich dazu drängte, sich ein Bad und eine Rasur zu gönnen. Aber selbst dann, wenn er wieder wie ein Mensch aussah und nicht mehr wie ein muffiges Iriaz roch, so war er doch niemals mehr wirklich glücklich.

„Ich hab Ilya gesagt, wir sollten lieber mit den Hutts Geschäfte machen“, sagte Bithras mit einem bitteren Lächeln und massierte weiter sein lahmes Bein. „Sie sind vielleicht hässlich und raffgierig, aber das Imperium hat weit weniger Skrupel.“

Er schnalzte verächtlich mit der Zunge. „Palpatine und sein Kampf gegen die Korruption, dass ich nicht lache. Das Imperium ist nicht weniger korrupt als die Schwarze Sonne.“

Orianna ließ sich vor der HoloCom-Einheit nieder und betrachtete Bithras' verhärmtes Gesicht. Alles, was sie sagte, erschien ihr in seiner Gegenwart bedeutungslos. Wann immer sie bei ihm saß, sei es nur, um ihm schweigend Gesellschaft zu leisten, fühlte sie sich schrecklich leer und einsam.

Bithras schenkte ihr einen durchdringenden Blick, als wären seine Augen ein Durchleuchtungsgerät, das erfassen konnte, was Orianna in diesem Moment dachte.

„Was nützt es am Leben zu sein, wenn man niemanden hatte, mit dem man dieses Leben teilen kann, nicht wahr?“ fragte er und seine Miene verzerrte sich zu einem gequälten Lächeln.

Ilya kehrte erst nach Einbruch der Nacht zurück. Wie ein Dieb schlich er sich ins Haus, da fast alle Lichter gelöscht waren und eine geisterhafte Stille über dem Anwesen lag. Nur Orianna, die bei stark gedämpfter Zimmerbeleuchtung wach gelegen und auf ihn gewartet hatte, bemerkte sein Kommen. Rasch setzte sie sich auf und legte eine Hand auf ihren Unterleib.

„Das ist dein Papa“, sagte sie mit einem vergnügten Lächeln.

Sie stand auf und kämmte sich mit den Fingern durch die Haare, als die Tür zum Schlafzimmer aufglitt und Ilya herein trottete. Er sah müde und erschöpft aus und ließ seine Reisetasche unwirsch neben seine Seite des Bettes fallen.

Orianna flog in seine Arme und bedeckte seinen Mund mit sehnsüchtigen Küssen. „Endlich bist du wieder da. Oh, ich hab dich schrecklich vermisst.“

„Ich war doch bloß drei Wochen weg“, wandte Ilya ein und schob sie auf Armeslänge von sich. „Kein Grund nachts wach zuliegen und wie ein brunftiges Iriaz auf mich zu warten.“

Langsam, als täten ihm alle Glieder weh, schälte Ilya sich aus seiner Kleidung, während Orianna ihn verletzt und wütend anstarrte. Ein brunftiges Iriaz? Hielt er sie etwa für promisk, so wie Casseia? Und wenn ja, seit wann störte er sich daran? Wenn sie sich recht erinnerte, hatte es genügend Gelegenheiten gegeben, bei denen er es nicht hatte erwarten können, ihr seine Manneskraft zu beweisen. Unwillkürlich glitt ihre Hand erneut zu ihrem Unterleib, der sich ungewöhnlich warm anfühlte, und sie warf ihm einen wütenden Blick zu.

„Entschuldige“, sagte Ilya mit einem schlaffen Lächeln, als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte. „Es ist anders heraus gekommen, als wie ich es sagen wollte.“

„Oh, ich glaube, es ist genauso heraus gekommen, wie du wolltest“, schnappte Orianna beleidigt und sah mit einiger Zufriedenheit, wie sich seine Miene verfinsterte.

„Hör zu!“ befahl Ilya. „Ich habe drei sehr anstrengende Wochen hinter mir und ich habe noch viel aufzuarbeiten. Eigentlich hatte ich mich darauf gefreut, friedlich neben meiner Frau einzuschlafen und noch zwei schöne und entspannte Tage zu verleben, bevor ich nach Carida fliege, aber anscheinend wird daraus ja nichts!“

Ein Knoten schien sich in ihrer Kehle zu bilden bei diesen Worten. In zwei Tagen wollte er schon wieder von hier weg? Am liebsten hätte sie ihm an den Kopf geworfen, dass er mehr Zeit mit seinen Kunden verbrachte als mit ihr, dass er häufiger auf außerplanetarischen Reisen war als auf Dantooine. Doch stattdessen stapfte sie zurück zu ihrer Seite des Bettes.

„Ich bin ja nicht mal deine Frau“, würgte sie hervor und schlüpfte erneut unter die Laken.

Ilya seufzte frustriert und pfefferte sein Hemd in den Schrank. „Es ist nur zu unserem Besten“, beharrte er eisig.

„Dann versuch wenigstens zur Geburt unseres Kindes da zu sein“, sagte Orianna ebenso kühl und zog die Decke bis zu den Schultern herauf. „Das wird ja nicht zuviel verlangt sein.“

Ilya hielt erschrocken inne. „Wie bitte?“

„Ach, nichts", murmelte sie und drehte sich zur Wand.

A Flower of Carnage (2)

AUTHOR’S NOTE: Den Großteil des folgenden Abschnittes habe ich sinnlos weggesprintet, weil ich einfach keine Kraft hatte, mich zu sehr damit auseinander zu setzen. Das betrifft insbesondere die Unterhaltung mit Sarzamin, die eigentlich nicht mehr Relevanz als ein Lückenbüßer hat, wie ich finde. Und als mein größter Kritiker bin ich absolut unzufrieden mit meiner Arbeit. Leider war nicht mehr drin. Ich habe Erklärungsszenen schon immer gehasst wie die Pest – wenn ich daran denke, dass das im nächsten Kapitel noch weiter geht, wird mir ganz anders.

Dennoch hoffe ich, dass alle, die sich mehr oder weniger widerwillig durch die Geschichte Oriannas gekämpft haben, hier endlich entlohnt werden. Warum und womit, werdet ihr selbst heraus finden, wenn ihr am Ende des Kapitels angekommen sein, wie ich hoffe.

Und nun viel Spaß mit dem zweiten Teil von „A Flower of Carnage“
 

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Langsam aber sicher kam er zu der Erkenntnis, dass sämtliche Ausrüstungsgegenstände, die sie bei sich trugen, der reinste Schrott waren. Hundert Jahre alter, abgenutzter Müll, den irgendein Imperialer vor der Schrottpresse bewahrt hatte, nur um ihnen jetzt das Leben schwer zu machen.

Kaum etwas funktionierte noch. Die kleinen Kühleinheiten, in der sie ihre Proteinriegel und sonstige Verpflegung aufbewahrten, war in der vergangenen Nacht einfach ausgefallen und der Großteil des Essen inzwischen verdorben. Der Feldgenerator, der sowohl die im Kreis um ihr Lager aufgestellten Energieschilde als auch den Frequenzverstärker versorgte, war kurz davor zu verrecken. Drei der fünf Energiezellen waren einfach so durchgeschmort und hatten mit ihrem beißenden Ozon-Geruch die Tiere wie magisch angezogen. Da sie aber nur noch vier, äußerst schwache Schilde im näheren Umkreis mit Strom versorgen konnten, waren besonders die Karnivoren gefährlich nah herangepirscht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Niederenergieschilde ganz versagten und ihr einziger Schutz gegen Dantooines Fauna ihre Blaster blieben.

Spätestens seit letzter Nacht hatte er die Schnauze endgültig voll von diesem Planeten.

„Dieses Zeug war zu Zeiten des Bürgerkriegs nicht mal mehr aktuell“, moserte Laz und beugte sich über den kniehohen, rechteckigen Frequenzverstärker, mit dem sie Mays Comlink, als auch die Pirate selbst anfunken konnten. Oder vielmehr können sollten. Weniger Energie bedeutete auch weniger Reichweite. "Ganz offensichtlich hat das Imperiale Militär an den falschen Ecken und Enden gespart."

„Mach einfach, dass dieses verfluchte Ding wieder funktioniert“, gab Avarice zurück. „Wenn ich noch einen Tag länger auf diesem Brocken verbringe...“

Einige sehr unschöne Verwünschungen ausstoßend, wandte Laz sich seiner Arbeit zu und begann den Verstärker mit dem Hydrospanner zu malträtieren. Hin und wieder schmetterte er das Werkzeug wütend ins Gras, wo es dann erst mal mit einem dumpfen Klonk liegen blieb, während Laz immer wüstere Flüchje ausspuckte.

Avarice saß auf einem umgestürzten, mit dichten gelbgoldenen Flechten bedeckten Blba-Baum und reinigte sein Blastergewehr. Nachdem der Jedi seinen eigenen Repetierblaster auf Belderone mit dem Lichtschwert zerstört hatte, war er auf dieses – wie sollte es anders sein – abgehalfterte Modell angewiesen, das er sich aus der Waffenkammer der Pirate of the Perlemian geholt hatte. Überall war der schwarze Tarnlack abgekratzt und kleine Dellen zierten den Lauf des Gewehrs. Aber es war das Beste, das er hatte kriegen können. In den vergangenen zwei Tagen hatte er damit mindestens zehn Kath-Hunde geschossen, die sich zu nah an ihre Schilde herangewagt hatten. Nun musste er es allerdings reinigen, weil er nicht das Risiko einer spontanen Ladehemmung eingehen wollte. In ihrer derzeitigen Situation wäre das äußerst ungünstig.

„Weißt du“, sagte Avarice gedehnt, während er die Gaspatrone im Gewehr auffüllte, „langsam frage ich mich, was May getan hat, dass der König ihr diese Sondermission überhaupt genehmigt hat. Mir kann keiner erzählen, wir würden hier nicht nach Mays Gutdünken operieren.“

„Du weißt doch wie Frauen sind – sie und ihre schlagfertigen Argumente“, erwiderte Laz und widmete sich widerwillig einem Kabelbündel, welches aus dem Verstärker baumelte. „Vielleicht hat sie ihn mit ihren weiblichen Attributen überzeugt.“

„Pff, das glaubst du doch selbst nicht“, spöttelte Avarice. „May hat mit einer Frau soviel gemeinsam wie ein Gundark.“

„Was soll sie denn sonst gemacht haben? Ihn gefangen nehmen und foltern?“

„Zum Beispiel.“

Laz hielt inne und legte den Kopf ein wenig schief, während er über die unausgesprochene Vermutung seines Kompanions nachdachte.

„Das ist der größte Haufen Banthamist, den ich je gehört habe“, sagte er schließlich und fuchelte unwirsch mit dem Hydrospanner herum.

„Willst du's nicht begreifen?“ blaffte Avarice. „Denk doch mal nach, hast du den König jemals gesehen? Oder mit ihm persönlich gesprochen? Oder über den Komkanal? Nein. Man muss doch nur eins und eins zusammenzählen, Kumpel. Wer richtet uns sämtliche Befehle aus? Wer bekommt das Kommando im Gefecht zugesprochen? Wer hat bisher sämtliche Mitglieder der Crew im Auftrag des Königs rekrutiert? Und wer ist die einzige Person an Bord der Pirate, die den König jemals gesehen haben soll?“

Verstehen dämmerte in Laz' Augen. „Ich glaube, mir gefällt nicht, was du damit sagen willst...“

„Was ist“, fuhr Avarice unbeirrt fort, „wenn es gar keinen König gibt? Was ist, wenn das alles May war, die uns die ganze Zeit nach ihrer Pfeife tanzen lässt? Es macht alles Sinn! Und dieses alte, imperiale Equipment... was ist, wenn May was mit dem Imperium zu schaffen hat? Die Frau könnte uns alle in große Schwierigkeiten bringen.“

Nun, da er diesen unausgegorenen Gedanken, der ihm seit einigen Tagen im Kopf herumspukte, zum ersten Mal in Worte kleidete, fühlte er sich um so mehr von May Montross benutzt. Er, Avarice Rinza, war von einer Frau, vielleicht sogar einer Imperialen, benutzt worden!

„Ich konnte sie sowieso noch nie leiden“, sagte Laz gleichmütig. „Hätt' man sich eigentlich denken können, dass an der was faul ist. Obwohl du keine Beweise für deine Anschuldigung hast.“

„Wir sind Piraten! Seit wann brauchen wir einen Grund, um jemanden abzuknallen?“ Avarice stand auf, schob eine neue Energiezelle in den Schaft des Gewehrs und entsicherte es mit einem Klicken, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.

„Ey, Mann!“ brachte Laz in beschwichtigendem Ton hervor. „Hältst du das für eine kluge Aktion? Denk' dran, was sie mit Enyth gemacht hat!“

„Ein Grund mehr das alte Miststück abzuknallen. Ich werde mich bestimmt nicht mehr von ihr herumschubsen lassen und sinnlos in der Wildnis Wache halten. So was Schwachsinniges. Ich bin nicht Pirat geworden, um mich von so einer falschen Schlange herumkommandieren zu lassen, da hätte ich gleich bei meiner Frau bleiben können. Von so einer werde ich mir meine Freiheit nicht mehr rauben lassen. May Montross hat uns lang genug für dumm verkauft.“

Laz schwieg, doch es war schwer zu übersehen, wie angestrengt er über das soeben Gesagte nachdachte. Fest stand, dass sie es beide satt hatten, auf dem am meisten zurückgebliebenen Planeten des Sektors festzusitzen und auf die Befehle ihres ersten Maats zu warten.

Ihres vermeintlichen ersten Maats.

Schließlich stahl sich ein öliges Lächeln auf Laz' Gesicht und Avarice wusste, dass bald wieder jemand durch ihre Hand sterben würde.
 


 

Skywalker holte Mara ein, als sie gerade die alten, grasbewachsenen Landstraße zu Sarzamins Haus hinunter trottete. Er hatte noch einmal den A1-Deluxe beim Hafenbüro ausgeliehen und brache den Speeder einige Meter vor ihr am Straßenrand zum Stehen. Die Tür auf der Beifahrerseite sprang auf, als sie sich näherte.

Sie sprachen nicht, wagten es nicht das Wort an den jeweils anderen zu richten, obgleich sie Skywalker seine Bemühung ansah, sie nicht mit Fragen zu löchern. Ein Teil von ihr hätte ihm gerne für seine Nachsicht gedankt, doch sie brachte die Worte nicht heraus.

In Schweigen gehüllt stiegen sie schließlich aus, öffneten das Gartentor und durchquerten den Vorgarten. Ihre Ungeduld unterdrückend betätigte Mara den Summer.

Es dauerte einige Sekunden, ehe sie die Verriegelung der Tür klicken hörten und die Schlossmechanismen aufschnappten. Mit einem leisen Surren öffnete sich die Tür und gab den Blick frei auf eine offensichtlich sehr verblüffte Sarzamin.

Mara fühlte sich, als würde sie die ältere Frau nun auf einer ganz anderen Ebene wahrnehmen. Mit anderen Augen sehen. Unwillkürlich kehrten Oriannas Erinnerungen an ihre Freundin zurück in Maras Bewusstsein und sie war sich eine Sekunde lang nicht sicher, ob sie die jugendliche oder die gealterte Sarzamin vor sich sah.

„Ich dachte schon, Sie wären abgehauen, ohne Auf Wiedersehen zu sagen“, meinte Sarzamin in dem Versuch, einen Scherz zu machen. „Nicht gerade die feine Old Core-Art.“

„Wir müssen mit Ihnen sprechen“, sagte Mara gerade heraus.

Sarzamins Stirn kräuselte sich. „Mit mir? Ich wüsste nicht, was ich Ihnen noch zu erzählen hätte, so gerne ich Ihnen helfen würde.“

„Sie können“, korrigierte Mara. „Es geht um Orianna Matale.“

Der Name schien einen emotionalen Schalter im Kopf der Blumenhändlerin umzulegen. Ihr Blick wirkte ein wenig verklärt und sie starrte Mara an wie eine Erscheinung.

„Orianna?“ fragte sie.

„Dürften wir eintreten?“ warf Skywalker ein. „Wir sollten dies vielleicht nicht zwischen Tür und Angel besprechen. Zur Sicherheit.“

„Oh ja, natürlich. Bitte kommen Sie rein.“

Sarzamin trat beiseite, um sie einzulassen. Da ihre Gäste inzwischen gut genug mit den Räumlichkeiten vertraut waren, verzichtete sie darauf, sie in die Wohneinheit zu führen, sondern verriegelte die Tür hinter ihnen und folgte ihnen anschließend.

Mara nahm erneut auf dem Sofa Platz, Skywalker ließ sich in den Sessel sinken, indem er schon am Vortag gesessen hatte. Ihre Gastgeberin nahm Vorlieb mit dem zweiten Sessel, der Luke gegenüber auf der anderen Seite des Couchtisches stand.

„Nun“, sagte Sarzamin gedehnt und verschränkte die Finger fest in einander, „wie kann ich Ihnen helfen? Was sind das für Fragen, die sie Orianna haben?“

Mara warf Skywalker einen Blick zu, den er einen Augenblick lang erwidert. In ihren Eingeweiden schien sich ein unangenehmer Knoten zu bilder, der zu zuvor noch nicht da gewesen war.

„Haben Sie es bei sich, Skywalker?“ fragte sie den Jedi-Meister. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie sich Sarzamins Augenbrauen fragend nach oben schoben.

Luke nickte, öffnete eine der Taschen an seinem Gürtel und zog einen kleinen, schwarzen Beutel hervor, aus welchem er dann das silbrig-weiße Amulett hervor zog, das Mara in letzter Zeit solche Alpträume bereitete. Er beugte sich vor und legte das Schmuckstück, das einst Sarzamins bester Freundin gehört hatte, auf den Couchtisch und schob es in Richtung der Blumenhändlerin.

„Woher“, hauchte diese atemlos, „woher haben Sie das?“

„Das ist nicht weiter wichtig“, sagte Mara. „Sie erkennen es wieder?“

„Selbstverständlich erkenne ich es wieder“, gab Sarzamin zurück. „Es gab nicht einen Tag, an dem Orianna es nicht getragen hat. Vom Tag ihres Todes einmal abgesehen.“

Mara runzelte die Stirn. „Damals trug sie es nicht?“

„Zumindest fand man es nicht, als man die Überreste des Anwesens nach Überlebenden durchsuchte“, sagte Sarzamin und in ihren Augen hatte einen traurigen Ausdruck angenommen. „Nicht, dass viel übrig geblieben wäre, das man hätte durchsuchen können.“

„Wodurch haben Sie von ihrem Tod erfahren?“

„Durch die Feuer auf den Feldern. Als die Angreifer abzogen, steckten sie das gesamte Anwesen in Brand. Es blieb nichts erhalten, selbst das kultivierte Ackerland und die Obstplantagen waren unbrauchbar. Alles, das auch nur den Anschein machte, noch ein paar Credits wert zu sein, wurde von den Nomaden, den Siedlern oder den Dantari geplündert.“

„Ist das der Grund, warum sie nie wirklichen Anspruch auf das Anwesen oder die Ländereien erhoben haben?“ fragte Mara. „Außer um dort Pflanzen anzubauen?“

„Nach Oriannas Tod gab es dort nichts mehr für mich.“ Ein Schatten huschte über Sarzamins Gesicht. „Es war nichts weiter, als ein verlassenes, totes Stück Land.“

Mara schluckte. Es war ihr zuwider, die ältere Frau an diese tragischen Ereignisse zu erinnern und alte Erinnerung hervor zu locken, die die Händlerin vermutlich tief in sich vergraben hatte.

„Hören Sie“, begann sie langsam. „Die Frau, die damals in Ihren Laden kam, damit sie Sie zum Anwesen der Matales führen, hatte das Medallion bei sich. Sie hat mir… uns mehr als genügen Hinweise hinterlassen, damit auch wir den Weg hierher finden. Sie hat uns das Medallion wissentlich in die Hände gespielt. Sie wollte, das wir es finden und es irgendwie benutzen.“

„Benutzen?“ fragte Sarzamin verblüfft. „Wozu sollte es gut sein? Es ist nichts weiter als eine Kette mit einem teuren Schmuckstück daran. Und für manche hat es vielleicht einen sentimentalen Wert, aber mehr nicht.“

„Das stimmt nicht ganz“, sprang Skywalker bei. „Es ist so, dass… nun ja… Oriannas Geist eine Art Spur auf dem Amulett hinterlassen hat. Eine Spur, die nur durch ein machtsensitives Wesen gelesen werden kann.“

„Tatsächlich?“ Offensichtlich wallten in Sarzamin widerstreitende Gefühle auf, als wisse sie nicht so recht, was sie von dieser seltsamen Entwicklung der Ereignisse halten sollte. „Und was hat es ihnen so erzählt?“

„Einiges“, sagte Mara und lenkte die Aufmerksamkeit der Händlerin damit wieder auf sich. „Zum Beispiel, dass Bithras Marjumdar, Oriannas Schwager, das Geschäft der Matales übernahm, nachdem Cailetet verstorben war. Dass Orianna nur durch die Unfruchtbarkeit ihrer Schwester zur Erbin des Anwesens wurde. Dass ihre Schwester Casseia sich das Leben nahm, weil sie kinderlos blieb, ein Jahr, nachdem ihre Mutter gestorben war. Soll ich noch mehr Details hervor graben?“

Mara konnte sehen, wie der anderen Frau ein Schauer über den Rücken lief. „Nein, schon gut.“

„Besaß Orianna Fähigkeiten in der Macht, von denen die übrigen Farmern oder ihre Familie nichts wussten?“

„Nein“, sagte Sarzamin. Sie sah aus, als würde sie angestrengt nachdenken und jeden Moment, den sie mit ihrer Freundin geteilt hatte, noch einmal durchleben. Verwirrung machte sich auf ihrem Gesicht breit. „Nein. Und wenn, dann sprach sie jedenfalls niemals darüber. Obwohl… Vielleicht…“

„Vielleicht was?“ fragte Mara. Ihre grünen Augen versuchten die äußere Hülle der anderen Frau zu durchdringen und ihre Gedanken zu lesen, doch ihr eigener Geist war dafür in zu großem Aufruhr.

„Es war so, dass Bithras, ihr Schwager, eines Tages jemand in ihr Haus brachte“, erklärte die Blumenhändlerin langsam und rutschte auf dem Polster ihres Sessels herum. „Einen Jedi.“

Wieder wechselten Mara und Luke eilige Blicke. Diese Tatsache war ihnen bisher verborgen.

„Einen Jedi?“

„Ja. Ein Überlebender der Order 66, glaube ich. Keine Ahnung, wie und wann Bithras ihn aufgelesen hat, er war eines Tages plötzlich da. Seit dem sah ich Orianna nicht mehr so oft, sie verbat mir, das Haus zu betreten. Zu meiner eigenen Sicherheit, wie sie immer wieder betonte.“

„Das ist einleuchtend“, meinte Skywalker. „Selbst in diesem Sektor fürchtete man die Konsequenzen, die mit einem Verrat an der Neuen Ordnung des Imperators einhergingen.“

„Das weiß ich!“ rief Sarzamin und durchbohrte Luke mit einem raschen Blick. „Das hat mir durchaus eingeleuchtet. Dennoch, ich begann mir Sorgen zu machen. Wir hatten uns zuvor fast jeden Tag gesehen, zusammen gekocht, ein wenig in der Stadt eingekauft und die Besorgungen für unsere Haushalte getätigt. Doch als sie sich so plötzlich zurück zog und den Kontakt nach außen zu scheuen begann, spätestens da wusste ich, dass etwas nicht stimmte.

Orianna war seit dem Tod ihrer Schwester sehr verändert. Es war nicht so, als ob sie sich je besonders nah gestanden hätten, wo sie doch viele Jahre lang wie Rivalinnen gelebt hatten. Und dennoch hatte Casseias Selbstmord seine Spuren an ihr hinterlassen. Als hätte es eine Saite in ihr zum klingen gebracht, von der sie selbst nicht gewusst hatte, das sie existierte. Ich glaube, sie begann zu realisieren, wie einsam sie wirklich war, wie verlassen. Alle, ihre gesamte Familie, war inzwischen gestorben und alle die ihr blieben war Bithras und ein leeres Haus.“

„Was ist mit Ilya?“ fragte Mara. „Sie hat ihn geliebt und er hat sie auch geliebt. Hat er jemals mit Ihnen über Orianna gesprochen? “

Sarzamins Augen funkelten. „Also wissen Sie auch über Ilya Bescheid?“ fragte sie argwöhnisch.

„All ihre Erinnerungen sind in Oriannas Amulett gespeichert“, erklärte Mara. Sie wollte schon ein „Fragen Sie mich nicht, warum“ hinzufügen, doch sie verkniff sich diesen Ausspruch. Stattdessen fixierte sie nun Skywalker mit festen Blicken. „Ich denke, Sie können das am besten erklären.“

Luke blinzelte, schien um eine Antwort verlegen. Es dauerte eine Weile, eher er seine Worte gewählt und zu einer vernünftigen Antwort umgewandelt hatte.

„Es gibt Techniken, mit denen die Jedi Erinnerung versiegeln können, ja“, sagte er langsam. „Sie können entweder in Objekten oder in Personen verborgen werden und sie bleiben solange verschollen, bis Derjenige kommt, dem es bestimmt ist, sie zu finden. Und vielleicht hat der Jedi, den Bithras und Orianna zu retten versuchten, dafür gesorgt, dass das Amulett die Erinnerungen speichert. Warum wissen wir nicht.“

Es gibt so einiges, das wir nicht wissen, dachte Mara frustriert.

„Und Miss Jade hier sollte bestimmt gewesen sein, Oriannas Erinnerungen zu entdecken?“ hakte Sarzamin nach. „Warum das?“

„Das wüssten wir selbst zu gerne“, sagte Mara. „Deswegen sind wir zu Ihnen gekommen. Sie sind vielleicht die Einzige, die uns sagen kann, welche Verbindungen Orianna noch gehabt haben kann, kurz bevor sie starb. Vielleicht hat der Jedi, den sie erwähnten, etwas damit zu tun. Wir wissen es nicht.“

„Und jetzt erhoffen Sie sich von mir eine Antwort?“

„Nein.“ Mara schüttelte langsam den Kopf. „Keine Antwort. Nur ein paar Informationen, die nur eine beste Freundin wissen kann. Immerhin waren sie Oriannas engste Vertraute.“

„So eng scheinbar auch wieder nicht.“ Sarzamin lehnte sich mit einem Seufzen in ihrem Sessel zurück.

„Gibt es denn noch irgendetwas Ungewöhnliches, an das Sie sich erinneren?“ warf Skywalker ein und versuchte somit, die Händlerin sanft aber bestimmt in die richtige Richtung zu stoßen. „Wer war der Jedi? Haben Sie ihn je gesehen.“

„Nur einmal“, erwiderte Sarzamin, die plötzlich ziemlich müde wirkte. „Ich weiß nur noch, wie er ausgesehen hat. Ein Nautolan mit haut so grün wie die Blätter der Blba-Bäume. Er schien Orianna sehr zugetan, umschwirrte sie wie eine Motte das Licht.“

Mara biss sich auf die Unterlippe. Konnte May den Nautolan gemeint haben, der das fehlende Bindeglied zwischen ihr und Mara darstellte? Es war unwahrscheinlich. Sie haben ihn bereits gesehen, in ihrem Träumen, wiederholte sie im Kopf die Worte der Imperialen Agentin. Der Nautolan jedoch war bisher in keiner ihrer Visionen aufgetaucht. Er musste tatsächlich er kurz vor Oriannas Tod in ihr Leben getreten sein, war für ihren Tod vielleicht sogar maßgeblich verantwortlich.

„Das Anwesen wurde niedergebrannt, sagen Sie?“ wiederholte Mara. „Wissen Sie von wem?“

„Nicht genau“, antwortete Sarzamin. „Doch ich glaube, es waren Imperiale Sturmtruppen.“

Hatte jemand Wind von Oriannas und Bithras geheimen Gast bekommen und war mit dieser Information an die Imperialen Behörden heran getreten? Wieder einmal überschlugen sich Maras Gedanken, bis ihr schwindlig wurde.

Nein, nicht ihre Gedanken verursachten den Schwindel. Es war etwas Anderes, etwas, das sich weiter übernatürlicherer Kräfte bediente.

Ihre Sicht schwamm mit einem Male und die Welt war von schwarzen Schatten umrandet. Eine Ahnung bemächtigte sich ihrer, eine Ahnung, die ihr die Macht selbst einzugeben schien. Denn, ohne dass sie das Amulett berührte, zeichneten sich vor ihren Augen plötzlich die Umrisse des Matale-Anwesens ab. Sie konnte den Sessel sehen, in dem Bithras so gern zu sitzen pflegte, konnte sehen, wie Casseia an der HoloComm-Einheit saß und ihrer jüngeren Schwester vernichtende Blicke zuwarf.

Das Anwesen, dachte Mara und kämpfte gegen die plötzliche Starre ihrer Glieder an. Dort wird sich alles aufklären.

„Ich danke Ihnen“, würgte sie mit belegter Stimme hervor. Sie bot alle Konzentration, zu der sie fähig war, auf, um Vision zurück zudrängen. Ihre Arme und Beine fühlten sich jedoch schwer wie Blei an, als sie sich von der Couch erhob. Mit Hilfe eines kleinen Machtstoßes bugsierte sie das Amulett zurück in das Säckchen, indem Skywalker es hergebracht hatte, und schob dieses dann in eine ihrer eigenen Gürteltaschen. „Vielleicht kommen wir jetzt weiter mit unserem Rätsel.“

Einen Augenblick lang herrschte Schweigen und Sarzamin betrachtete sie prüfend und mit großen Augen. „Ist alles in Ordnung?“

„Ja“, nickte Mara. „Schon gut. Ich denke, ich sollte jetzt gehen.“

Mit einem Blinzeln erwachte Luke aus dem verwunderten Starren, mit dem auch er sie bedacht hatte. Mara hatte die Eingangstür schon fast erreicht, bis er ihr eiligen Schrittes nachfolgte.

„Wo wollen Sie hin?“ fragte Skywalker entgeistert.

„Weg.“

„Was meinen Sie mit weg? Mara!“

„Ich brauche Zeit zum Nachdenken!“ fauchte sie ohne ihn anzusehen. „Ich muss zurück zum Anwesen der Matales. Allein!"

Sie konnte hören, wie er scharf einatmete und einen Widerspruch mühselig herunter schluckte.

Im Türrahmen hielt sie inne und wandte sich noch einmal zu ihm, ein bitteres Lächeln auf den Lippen. Ihr war klar, dass sie ihm Unrecht tat. Doch sie wusste, das Anwesen barg das letzte Geheimnis, das Puzzleteil, das ihr zur Lösung des Rätsels noch fehlte. Dort würde sie es ganz sicher finden, das letzte Bindeglied zwischen ihr und May Montross.

„So unähnlich sind Montross und ich uns gar nicht“, sagte sie leise und gedankenverloren. „Beide waren wir Agentinnen des Imperiums und führten ein Leben im Schatten eines größeren Mannes. Wir hatten uns einer Sache verschrieben, die weit größer war als wir selbst. Und am Ende sind wir beide vom Imperium verraten worden.“
 


 

Dünne Wolken legten sich wie ein weicher Schleier über das Blau des Himmels an dem Tag, an dem Casseias Tod sich das zweite Mal jährte. Es lag der Duft von gemähtem Gras in der Luft und hier und da tanzten die Pollen der Blba-Bäume in der Luft.

Das schwül-stickige Klima kam Orianna allerdings kaum zu gute. Es machte ihr das Atmen schwer und ließ sie bei der kleinsten körperlichen Anstrengung bereits in Schweiß ausbrechen. Selbst wenn sie sich, kugelrund wie sie inzwischen war, am Morgen aus dem Bett erhob, war ihr Haaransatz bereits feucht und ihr Hemd durchnässt. Und ihre Laune wurde damit zusehends zwischen euphorischer Vorfreude und missmut-igem Klagen hin und her geworfen.

Seit sich das Baby zum ersten Mal in ihrem Leib gerührt hatte, beschlich sie jedoch noch ein anderes, unbekanntes Gefühl. Oft schien die Welt um sie herum wesentlich intensiver, ihre Eindrücke kräftiger. An dem Tag, als es in der Siedlungen zu Krawallen wegen ausgebliebener Versorgungs-Frachter gekommen war, hatte sie den brodelnden Zorn förmlich spüren können. Doch nicht nur das, ihre Intuition war seither mehr als verlässlich, manchmal wusste sie noch vor dem Erwachen, ob es ein guter oder ein schlechter Tag werden würde, ob die Sonne schien oder Regen fiel oder wie viele erlegte Iriaz der Schützenkönig in diesem Jahr nachhause bringen würde.

Nach dem Frühstück nahm sie sich die Zeit, den Droiden ihre Aufgaben für den Tag zuzuteilen und sich danach ausgiebig zu duschen. Das Ankleiden nahm inzwischen sehr viel Zeit in Anspruch, da sie etwa so beweglich war wie ein vollgefressener Hutt – und sie fühlte sich auch genauso. Das Kind war zu einer undenkbaren Last geworden.

„Wie fühlt Ihr Euch heute, Mylady?“ fragte Eliashar, als Orianna sich schließlich in der Wohneinheit in den Sessel sinken ließ, eine Hand auf ihrem geschwollenen Bauch ruhend. Seine hochgesprossene, breitschultrige Gestalt zeichnete sich wie ein Schemen gegen das Sonnenlicht ab. Seine grüne Haut wirkte matt, seine schwarzen Amphibienaugen ausdruckslos.

„Dick und fett“, brachte Orianna hervor. „Langsam kann dieses Kind zusehen, dass es den Weg in diese Galaxis findet. Ich bin es leid, schwanger zu sein. Sagt, schläft Bithras noch?“

„Ich habe ihn heute noch nicht gesehen“, antwortete Eliashar. „Offenbar war er wieder sehr lang wach. Ich habe ihn vor dem Schlafengehen wieder vor der HoloCom-Einheit sitzen sehen.“

„Mit wem er wohl diesmal gesprochen hat“, fragte Orianna, adressierte die Frage allerdings nicht direkt an den Jedi. Die Luft um Eliashar herum schien stets zu vibrieren, als wäre er von einer unsichtbaren, warmen Aura umgeben, und das jagte Orianna Ehrfurcht und Angst gleichermaßen ein. Bithras sagte immer, er spüre nichts dergleichen, vielleicht bildete sie sich dies auch nur aufgrund der vielen Heldenmythen ein, die man immerzu um die Jedi gesponnen hatte. Doch Orianna weigerte sich zu glauben, dass es bloße Einbildung war. Ein Teil von ihr konnte Eliashar spüren, streckte sich nach seiner einnehmenden Präsenz aus, ohne dass sie es kontrollieren konnte.

Gedankenverloren kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. Sie und Bithras würden in Malaks Küche geraten, sobald Ilya eintraf. Es würde ihn sicherlich nicht erfreuen, dass Orianna es Bithras gestattet hatte, einen flüchtigen Jedi, einen der letzten, in ihrem Haus aufzunehmen. Eliashar würde ihm anhaften wie ein unheilbarer Makel, der alles zunichte machen würde, alle Verträge mit dem Imperium, für die er so hart gearbeitet hatte. Orianna hingegen hatte den Jedi nicht abweisen können. Etwas in ihrem Inneren hatte es nicht über sich bringen können, den Nautolaner dem Tod zu überlassen, und sie fühlte sich ohnehin so schrecklich einsam. Wenn nur endlich ihr Kind geboren würde...

Eliashar bedachte sie mit einem langen, jedoch unleserlichen Blick. Nicht einmal seine Kopftentakel rührten sich. Er stand einfach in seiner schlichten Tunika da, die Hände vor der Brust gefaltet, als würde er gerade sehr intensiv nachdenken.

„Was ist denn?“ fragte Orianna und lehnte sich zurück. Ihr war, als hätte sie ein entferntes Flimmern seiner Gedanken aufgefangen.

„Mylady...“, begann Eliashar langsam, als hätte er sie die Worte sorgsam zurecht gelegt. „Wir Jedi waren noch nie die Meister der Geheimniskrämerei, deswegen verzeiht bitte, falls ich etwas zu forsch erscheine. Als ich hier ankam, war ich dankbar, eine sichere Zuflucht gefunden zu haben, zumindest für den Moment. Ich wollte nur lang genug bleiben, bis ich einen anderen Ort gefunden hätte, an dem ich mich für ein oder zwei Monate durchschlagen könnte. Die Tage vergingen rasend schnell, aber ich hatte das Gefühl, dass ich nicht weiterziehen konnte, zumindest jetzt noch nicht, und als ich die Macht um Rat ersuchte, wurde mir klar, dass hier eine bedeutende Aufgabe auf mich wartet.“

„Eine bedeutende Aufgabe?“ fragte Orianna und versuchte ihren Hohn zu verbergen. „Auf Dantooine gibt es nur die Ernte und den ewigen Wechsel der Jahreszeiten. Das hier ist nicht Coruscant. Was also sollte es für einen Jedi hier zu tun geben? Weswegen sollte die Macht Euch ausgerechnet hierher geführt haben?“

„Euretwegen, Mylady“, sagte Eliashar, „oder vielmehr wegen Eures Kindes.“

Oriannas Augenbrauen hoben sich skeptisch, also beeilte der Nautolaner sich seine Gedanken weiter auszuführen. „Der Tag, an dem mich Euer Schwager in dieses Haus brachte, wird mir wohl ewig im Gedächtnis bleiben und damit auch Euer Anblick. Ihr ward, wie sagt man hier noch, 'eine Blume, die in voller Blüte steht'? Die Einsamkeit und die Schwangerschaft machten euch längst nicht so zuschaffen wie heute, doch je länger ich Euch beobachtete, umso mehr fiel mir eine Veränderung an Euch auf. Nicht körperlich, sondern mental. Die Spur, die Ihr in der Macht hinterließt, wurde verschwommener und gleichzeitig auch intensiver. Auch jetzt spüre ich dieses Pulsieren in der Macht, das von Euch ausgeht... und doch seid nicht Ihr es, die plötzlich in der Macht gewachsen ist.“

„Ihr meint“, sagte sie und ihre Kehle war mit einem Mal unendlich trocken, „dass mein Baby in der Macht begabt ist?“

Der Nautolaner nickte langsam. „Möglich wäre es. Es würde zumindest den Zustand eines erweiterten Bewusstseins erklären, der Euch dann und wann zu überkommen scheint. Aber erst nach der Geburt kann ich Genaueres sagen. Erst dann lässt sich die Midichlorian-Zahl eines Menschen genau testen.“

„Nein!“ Orianna spürte einen schmerzhaften Kloß, der sich in ihrer Kehle verdichtete und ihr die Luft abzuschnüren drohte. „Das kann nicht sein! Es darf nicht sein! Ich will nicht...“

Sie brach ab, wagte es nicht die Befürchtung, die ihr auf der Zunge lag, auszusprechen, so sehr ängstigte sie der Gedanke. Für die Macht empfänglich zu sein war in diesen Zeiten, selbst an diesem Ort, keine gute Sache! Doch auch dies hatte der Nautolaner offenbar schon voraus gesehen und er zwang sich zu einem Lächeln.

„Ihr solltet jetzt das Andenken Eurer Schwester ehren, Mylady“, sagte er leise. „Sonst wäre Eure harte Arbeit an dem Blumengesteck völlig umsonst gewesen.“

„Ja, Ihr habt Recht“, murmelte Orianna benommen. „Würdet Ihr mir den Gefallen tun mich zu begleiten? Ich möchte nicht allein sein.“

„Es wäre mir ein Vergnügen.“

Gemeinsam gingen sie zu dem Hügel und lehnten einen Kranz aus Bitterblüten und Steinblumen an den Stamm des Perlfruchtbaumes, unter dem Casseia vor zwei Jahren ihrem Leben ein Ende gesetzt hatte. Die Leere, die sie beim Anblick ihres Leichnams verspürt hatte, kehrte mit nur langsam verblassender Deutlichkeit zurück und Orianna stand neben Eliashar, vom traurigen Andenken ihrer Schwester völlig taub und benommen.

„Manchmal vermisse ich sie“, sagte sie leise und lauschte dem Rascheln des Windes in den jungen Baumkronen. „Es gibt vieles, das ihr hätte sagen sollen.“

„Wir alle kennen das.“ Der Nautolaner legte ihr besänftigend eine Hand auf die Schulter. „Worte, die wir nie über die Lippen gebracht haben. Jedes Lebewesen weiß um diese unausgesprochenen Wahrheiten, nur leider erkennen wir sie erst, wenn es bereits zu spät. Alles was dann noch bleibt ist Bedauern.“

Sie blinzelte überrascht und legte behutsam eine Hand auf ihren runden Leib. „Und was tut Ihr gegen diesen Schrecken? Wie haltet Ihr das Bedauern und die Verzweiflung in Schach?“

„Ich finde meinen Trost in der Macht. Sie ist der Ursprung und das Ende, die Quelle und die Mündung, und alles fließt wieder in sie zurück. Angesichts dessen haben Worte und Taten keine Bedeutung mehr.“

Mehr sagte Eliashar nicht und Orianna fragte sich, wie schon so oft seit dem Abend, an dem Bithras den Jedi ins Haus geholt hatte, was er wohl wirklich über sie denken mochte. Über sie und Ilya. Über sie und ihr Baby. Über das Leben, dass sie sich ausgesucht und in das ihr Jedi-Kind hineingeboren werden würde. Sie hatte sich die Geburt eines neuen Jedi immer dramatisch und schicksalhaft vorgestellt, nicht einsam und verlassen, nur mit Mutter und Onkel als Gesellschaft und einem Vater, der sich nur gelegentlich versicherte, dass sein Heim noch stand. Warum sollte die Macht ihre Gabe einem solchen Kind schenken, das nie mehr kennen würde als die Felder und Wiesen Dantooines?

„Es gibt für alles einen Grund“, sagte Eliashar mit einem angedeuteten Lächeln, als er sie trotz der Hitze frösteln sah. „Nichts geschieht zufällig.“

Drei weitere Tage kamen und gingen, doch der Fluss der Zeit schien zu dickflüssigem Schlick geworden zu sein, so unerträglich lang war das Warten. Zur Abenddämmerung des vierten Tages dann setzte ein stechender, alles beherrschender Schmerz ein und Orianna wusste, dass der Zeitpunkt endlich gekommen war.

Die ersten Sterne der Unbekannten Regionen schimmerten bereits am Firmament, als man der erschöpften, in Schweiß gebadeten, jungen Matale ein warmes, strampelndes Bündel in die Arme legte und ihr klar wurde, wie unvorbereitet sie wirklich war. Doch obgleich sie der Gedanke an die Zukunft noch immer ängstigte, der Anblick ihrer Tochter war ein einziges, helles Strahlen, das alles Unheil zu bannen vermochte. Was auch immer nun kommen sollte, es war ihr gleich, solange sie das Mädchen nur fest im Arm hielt. Denn es war ihr Mädchen und sie war bereits jetzt wunderschön und vollkommen, mit ihrem weichen Haarflaum und den schillernd grünen Augen. Und würde Orianna morgen verarmen, Hunger leiden oder durch Tod und Krankheit gezeichnet werden – sie hätte ihre kleine Blume gegen nichts in der Galaxis eingetauscht.
 


 

Es dauerte nicht lange, bis sie die blau schimmernde Ener-giebarriere erreichte, die die Grenze zum Land der Familie Matale darstellte, und eine Schwachstelle in dem veralteten Zaun fand, die es ihr leicht machte, die Ländereien zu betreten.

Ihre Beine trugen sie wie auf Befehl eines anderen den flachen Abhang hinunter und auf das gebrandmarkte Haus zu, das noch immer mit der stillen Beständigkeit einer Ruine da lag. Seit diese Jedi-Ahnung über sie gekommen war, fühlten sich ihre Sinne wie betäubt an. Sie war dafür in gewisser Weise sogar dankbar, denn so zwang sie keine Müdigkeit und keine Benommenheit dazu über die letzten Visionen nachzudenken, die Orianna ihr beschert hatte.

Sie wählte den gleichen Weg, den Skywalker und sie schon einmal zum Haupteingang des Hauses genommen hatte. Noch immer lag Schrapnell umher, das der von May installierte Bewegungssensor nach seiner Explosion hinterlassen hatte, doch Mara störte sich nicht daran, sondern berat nun ohne umschweife die Eingangshalle des Hauses.

Die verkohlten Überreste von Perlfruchtbäumen zierten sowohl die Diele, als auch einige der Korridore. Gelbgoldene Moosflechten wucherten an ihren Wurzel und eroberten langsam die Fugen zwischen den Durastahlpaneelen, mit denen die Korridore verkleidet waren. Auch daran störte Mara sich nicht, die sich wie in einen neuen Traum zurück versetzt sah. Das ramponierte Antlitz des Hauses vermischte sich mit den Bildern, die sie mit Oriannas Augen gesehen hatte, und sie hatte das Gefühl, noch die Anwesenheit der ehemaligen Bewohner zu spüren.

Ihr Weg führte sie ohne Umwege in die alte Wohneinheit, wo Orianna viele Tage ihres Lebens verbrachte hatte. Trotz des Schadens, den die Einrichtung bei dem Brand genommen hatte, konnte sie sehen, wie Orianna sich im alten Sessel ihres Vaters niederließ und gedankenverloren aus dem Fenster sah. Die alte HoloCom-Einheit in der Ecke war fast vollständig zerstört. Kabelbündel ragten aus der zertrümmerten Tastatur. Alles war von einer jahrzehnte alten Staubschicht bedeckt, selbst die großzügig angelegten Panoramafenster, die einst Ausblick auf eine fruchtbare Plantage geboten hatten.

Ein Seufzen entkam ihren Lippen, während sie sich in dem Zimmer umsah und sich vorzustellen versuchte, wie es hier aussehen mochte, hätte Oriannas Leben nicht ein so unseligen Ende genommen. Es war seltsam, doch sie spürte eine seltsame Verbundenheit zu jedem Ding, dass sie in diesem Raum sah, als würde sie das Grab eines alten Freundes besuchen.

Aber was genau glaubte sie nur hier zu finden? Warum hatte die Macht sie hierher geführt?

Mit einer Hand brachte sie das Säckchen mit dem Amulett zum Vorschein und betrachtete es eine Weile.

Sie war fast am Ende angelangt. Nicht mehr viel und alles würde endlich einen Sinn ergeben.
 


 

Ein letztes Mal tauchte Mara in das Leben Oriannas ein. Ein Leben, dessen letzte Stunden halb im Dunkel des Vergessens und der Verdrängung lagen. Und die Dunkelheit war erfüllt von Schreien, von Schmerz, von Angst und Hass.

Der Hass, der aus Ilyas Augen sprach, als er die Wahrheit über den Nautolan herausfand. Die Angst, die Orianna lähmte. Der Schmerz, als er sie packte und seine Wut wie sauren Regen auf sie nieder regnen ließ.

„Wie konntest du es wagen, diese Person ins Haus zu lassen?“ herrschte er sie an. „Willst du uns alle umbringen?“

Oriannas Mund war trocken, ihre Kehle wie zugeschnürt. „Ich... ich...“

„Hast du eine Ahnung, was das Imperium mit Verrätern anstellt? Hm? Hast du irgendeine Ahnung, was du getan hast?“ Sein Griff schloss sich fester um ihren Oberarm.

„Ilya, du tust mir weh!“

„HÖRST DU, WAS ICH SAGE?“

Tränen verschleierten ihre Sicht. Panik schien ihre Innereien zu verflüssigen. Sie fürchtete sich zu Tode vor dem Mann, den sie liebte.

„LASST SIE GEHEN!“ rief Eliashar und zerrte Orianna vom Vater ihrer Tochter fort. Entfernt spürte sie, wie Bithras schützend einen Arm um sie legte.

„EURETWEGEN SIND WIR DEM UNTERGANG GEWEIHT!“ brüllte Ilya ohne seine Wut länger zu zügeln, doch Orianna war sich nicht sicher, ob er damit sie oder den Jedi meinte. „ICH HABE DIESER FRAU MEIN LEBEN GEOPFERT. UND WOZU? NICHT, DAMIT SIE ES EINFACH SO WEGWIRFT! FÜR EINEN JEDI!“

„Du bist doch nicht ganz bei Trost!“ sagte Bithras entgeistert.

„Was weißt du schon, du NICHTSNUTZ!“ blaffte Ilya, der seinen Zorn nun gegen seinen ehemaligen Freund wandte. „Die letzten zwei Jahre habe ich damit verbracht, unsere Position innerhalb des Imperiums zu festigen. Und als Dank fallt ihr beide mir in den Rücken!“

„Oh, natürlich, Geschäfte mit Mördern und Kriegstreibern zu machen ist ja auch so eine noble Sache!“ gab Bithras zurück.

Selbst durch ihre Tränen hindurch sah Orianna, wie die verzerrte, wutentbrannte Grimasse auf Ilyas Gesicht erstarrte. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Sie wagte es nicht zu atmen.

Ilya kehrte in dieser Nacht nicht zurück, ganz gleich, dass Orianna Stunde um Stunde wach lag und auf ihn wartete, so, wie sie es immer getan hatte. Ihre Tränen kamen und gingen wie der Wechsel von Trocken- und Regenzeit in einem Zeitraffer.

„Er wird wiederkommen“, hörte sie jemanden sanft in ihr Ohr flüstern. „Er wird sich schon wieder beruhigen. Und dann kriegen wir das geregelt.“

Der nächste Tag brach an, immer mehr Zeit verstrich und die Sonne stand schließlich fast auf dem Zenit, aber Orianna verspürte nicht genug Kraft in ihren Gliedern, um sich von ihrem Bett zu erheben. Sie wusste, so musste sich Casseia gefühlt haben. Sie hatte ihren Liebsten noch nie so wutentbrannt gesehen. Sein Zorn war noch heftiger gewesen, als selbst sie und Bithras hatten vorhersehen können.

Immer wieder wurde sie von der Erschöpfung übermannt und fiel in unruhigen Schlaf. Irgendwann, als sie gerade genug bei Sinnen war, hörte sie auf dem Flur leises Raschen und Fußgetrappel, während Bithras und Eliashar eilige Reisevorbereitungen trafen.

„Der alte Dúlamen ist einer der treusten Freunde der Matales“, hörte sie ihren Schwager irgendwann einmal flüstern. „Er wird Euch an Bord der Fortune Weaver bringen. Der nächste Halt ist dann Garlex Med.“

„Wann können wir aufbrechen?“ fragte der Jedi.

„Nicht vor der Abenddämmerung. Nautolaner sind keine oft gesehene Spezies auf Dantooine. Das allein würde mehr Aufmerksamkeit auf Euch lenken als gesund ist, Meister Jedi.“

Dann fiel Orianna erneut in die Dunkelheit, die durchzogen war von grausamen Visionen der Verwüstung und Zerstörung. Die Welt um sie herum zerfiel, alles lag in Trümmern, und das Schreien eines Kindes erfüllte die interstellare Nacht.

Das Schreien eines Kindes...

In Angstschweiß gebadet kämpfte sie sich ins Bewusstsein zurück. Das Schreien hörte nicht auf. Es war laut und schrill. Es war ganz nah.

„Oh Nein!“ stöhnte sie.

Unter Aufbietung aller verbleibenden Kräfte stemmte Orianna sich in die Höhe, stürzte aus dem Zimmer und rannte den Korridor entlang zum Kinderzimmer. Die Tür stand offen und sie konnte Bithras' Stimme durch das gequälte Jammern ihrer Tochter hindurch hören. Die Luft brannte in ihren Lungen.

Der Jedi hielt das schreiende Mädchen auf den Arm, eine amphibische Hand auf ihrem Schopf platziert und Bithras beobachtete ihn ungeduldig. Ihr Atem beschleunigte sich, je mehr sie gegen die erneut aufwallende Panik ankämpfte.

„Was tut ihr da?“ fragte sie entsetzt.

Sie sah, wie Bithras zusammen zuckte. Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass sie aus ihrem Dämmerzustand erwachen könnte.

„Orianna!“ keuchte er, fing sich dann aber. Er kämmte sein Haar zurück und bemühte sich, einen erklärenden Tonfall anzuschlagen. „Orianna, sie hat sich aus ihrer Wiege hinaus levitiert. Ich habe es selbst gesehen, wie sie schwebend in der Luft hing...“

„Was?“

„Das sollte Beweis genug für Euch sein, Mylady, dass dieses Mädchen über die Macht gebieten kann“, sagte Eliashar ruhig, aber bestimmt. Seine schwarzen Augen schienen sie bis zum Kern ihres Wesens zu durchleuchten.

„Ich... ich kann nicht denken...“, sagte sie und sank auf einen Hocker neben der Wiege. Ihr Kopf warf wie leer gefegt. Sie war es müde, sich selbst einzureden, dass ihr Kind niemand besonderes war.

„Gebt sie mir“, murmelte Orianna schließlich und der Jedi legte das Mädchen in die Armen seiner Mutter. Diese küsste es auf die Stirn und flüsterte beruhigende Worte, obwohl ihr eigenes Herz noch immer aufgeregt pochte. „Hab keine Angst...“, murmelte Orianna leise. Bithras und Eliashar warteten schweigend.

Der Knall einer Explosion zeriss die Luft. Schreckerfüllt sprang Orianna auf, ihre Tochter immer noch fest an ihre Brust gedrückt. "Was war das?" fragte sie die beiden Männer ängstlich. Bithras war jedoch selbst zu erschrocken, um eine Antwort hervorzubringen.

„Großes Unheil!“ rief Eliashar. „Uns bleibt keine Zeit.“

Das Klappern vieler Fußschritte hallte durch den Korridor. Mechanische Stimmen, wie von einem Helm gefiltert, rauschten durch die Gänge des Anwesens. Konnte sie dort etwa hören, wie jemand einen Blaster aus dem Halfter zog und auflud?

„Sturmtruppen“, bestätigte Eliashar ihre Gedanken.

„Ilya wird doch nicht...?“, hauchte Orianna mit zitternden Lippen. „Er kann unmöglich...“

„Orianna?“ hörte sie plötzlich jemanden eindringlich rufen. Es klang, als käme es aus der Wohneinheit. „Orianna?!“

Eliashar schlich vorsichtig zur immer noch offenstehenden Tür hinüber, presste sich gegen die Wand und spähte vorsichtig um die Ecke. Orianna warf ihrem Schwager einen Blick zu, während das Mädchen in ihren Armen unruhig strampelte. Er sah genauso schlecht aus, wie sie sich im Moment fühlte.

„ORIANNA!“

„Antwortet ihm“, zischte Eliashar leise. „Rasch!“

„Ich bin im Kinderzimmer!“ rief sie, das Zittern in ihrer Stimme unterdrückend.

Sofort rückte das Fußgetrappel näher. Vor ihrem geistigen Auge sah sie bereits, wie die Sturmtruppler die Korridore sicherten und ihre Waffen zum Anschlag brachten, bereit alles und jeden zu erschießen. Eliashar zog sich langsam von der Tür zurück und trat an Oriannas Seite. Bithras beeilte sich, es ihm gleich zu tun.

Schließlich lösten sich die Geräusche von zwei paar Stiefeln. Das Geräusch, welches die Sohlen auf dem gefliesten Boden erzeugten, erschien ihr bereits wie ein Pistolenschuss.

Dann trat Ilya ein, aber er war nicht allein. Neben ihm stand ein hochgewachsener Mann mit einem kantigen, beinahe grobschlächtigen Gesicht und kurz geschorenem Haar. Auf seinem grauen Kampfanzug glänzten mehrere, Imperiale Abzeichen. Der Mann trug eine Miene zur Schau, die ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Hinter ihnen bezogen drei Sturmtruppler Position.

„Ist er das?“ fragte der Mann mit rauer Stimme. „Der Nautolan?“

Ilya nickte. Es war Orianna unmöglich, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Wenn sie ihn ansah, sah sie einfach nichts; sie erkannte ihn nicht wieder. „Ja, das ist der Jedi.“

Multiples Klicken erfüllte den Raum, als die Sturmtruppler ihre Blastergewehre auf Eliashar richteten. Auch der Mann zog eine BlasTech-Pistole hervor und überprüfte die Energiezellen.

„Nein!“ keuchte Orianna. Das Kind auf ihrem Arm gab ein gequältes Quietschen von sich.

„Nimm das Kind da weg“, blaffte der Imperiale Agent ungehalten in Ilyas Richtung. „Und nimm dein Frauchen gleich mit. Sie steht eh nur unnütz in der Gegend herum.“

Orianna kämpfte gegen den Knoten in ihrer Kehle an und Tränen verschleierten erneut ihre Sicht. Ilya trat vor, legte eine Hand auf Oriannas Oberarm und führte sie langsam in Richtung Tür. Ihre Beine wurden weich und sie war so kraftlos und verwirrt, dass sie ihm ohne Widerstand folgte.

Er führte sie mit großen Schritten auf den Korridor, wo sich zu beiden Seiten Sturmsoldaten gegen die Wände pressten und abwarteten, ob der Jedi einen unüberlegten Fluchtversuch wagen würde.

„Alles wird gut“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Vertrau mir.“

Orianna sah ihn verwirrt an und eine neue Emotion mischte sich unter ihre Angst: Unbändiger, ungezügelter Zorn.

Wie konnte er sich noch erdreisten von Vertrauen zu sprechen?

Blasterschüsse tauchten den Korridor immer wieder rotes, todbringendes Licht. Bithras' und Eliashars Todesschreie jagten ihr kalte Schauer über den Rücken, während sie mit zusammen gepressten Lippen lauschte. Einer der beiden versuchte ein paar letzte Worte hervorzupressen, doch über den Lärm des Schüsse hinweg konnte sie nicht verstehen, was gesagt wurde.

Ilya zerrte sie in die Wohneinheit und schloss die Tür hinter ihnen. Die Geräusche erstarben abrupt. Noch immer wusste sie nicht, ob ihm klar war, was er soeben getan hatte oder ob er es bereute.

„Sag, wann bist du zu einem Mörder geworden?“ fragte sie kühl. Eine Sekunde lang wunderte sie sich, welche Intensität die Abscheu ihrer Stimme verlieh. „Was haben deine neuen Freunde getan, um dich so zu verderben?“

Eine Ohrfeige war die Antwort.

„Halt den Mund!" fauchte er. „Du hast ja keine Ahnung!“

„Dann erkläre mir doch, wovon ich keine Ahnung habe!“ blaffte sie zurück, den Schmerz in ihrer Wange ignorierend.

„Ich wollte euch beschützen!“

Für einen Augenblick hing nur das Schreien des Kindes zwischen ihnen in der Luft.

„Und du erwartest jetzt von mir, dass ich dir glaube und Verständnis für dich habe?“ fragte Orianna eisig, ehe sie beruhigend den Schopf ihrer Tochter zurückstrich. Irgendetwas sagte Orianna, dass das Mädchen sehr genau wusste, was um sie herum passierte. „Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen!“

Mit einem Zischen glitt die Tür auf und der Imperiale Agent trat ein. Etwas Rötliches schimmerte am Ärmel seines Kampfanzuges, wahrscheinlich Blut. Orianna wollte sich die Gräuel nicht ausmalen, die er ihrem Schwager und dem Jedi zugefügt hatte. Seine Pistole hielt er noch immer fest umklammert und hinter ihm versammelten sich einige Sturmtruppler auf dem Gang.

„Der Jedi hat noch ein paar sehr interessante Dinge erzählt“, begann er, richtete seine Worte dabei jedoch eher an Ilya, als an Orianna, „bevor er schließlich abgedankt hat.“

Eine entsetzliche Vorahnung ließ Orianna erzittern.

„Das kleine Mädchen dort“, der Agent nickte in ihre Richtung, „er schien großes Interesse daran zu haben, dass wir sie nicht in die Finger kriegen.“

„Wie bitte?“ fragte Ilya verständnislos.

„Wenn ein Jedi Interesse an einem Neugeborenen zeigt“, führte der Agent weiter aus, ohne auf eines der Elternteile zu achten, „dann beweist das nur eins: Das Kind hat einen besonderen Wert für den sterbenden Orden der Jedi. Einen Wert, den andere Kinder nicht haben...“

Jeder Muskel in Oriannas Körper schien wie gelähmt, sie konnte sich einfach nicht von der Stelle rühren. Nur ihre Augen folgten gebannt, wie der Mann lässig durch die Wohneinheit schritt und sich in aller Seelenruhe umschaute. Er nahm die Holoprojektionen an der Wand in Augenschein, strich mit den Fingern über die Tastatur an der HoloCom-Einheit, seine BlasTech-Pistole weiterhin fest umschlossen.

„An deiner Stelle würde ich ihr das Kind abnehmen“, sagte er schließlich an Ilya gewandt. Ein dämonisches Glitzern war in seine Augen getreten.

Ohne weitere Umschweife – ohne auch nur einmal die Motive des Imperialen Agenten zu hinterfragen – packte Ilya Oriannas Arm und wand das Mädchen aus der Umarmung seiner Mutter.

Orianna hätte ihn am liebsten angespukt, doch sie war zu sehr damit beschäftigt, sich ihre Tochter nicht wegnehmen zu lassen. Er war viel stärker als sie...

Ein einziger Schuss setzte dem Kampf zwischen Mutter und Vater ein Ende. Finsternis verschluckte alle Empfindungen.

Einen Moment lang glaubte Mara, sie könnte nicht mehr atmen, würde in die alles verschlingende Dunkelheit hinab gezogen werden. Doch dann gab es eine Verzerrung, ein Wechsel in der Perspektive. Und plötzlich sah sie nicht mehr mit Oriannas Augen, sondern starrte auf sie hinab und sah, wie die junge Matale regungslos am Boden lag. Der kleine Teil von Mara, der sich noch nicht ganz den machtvollen Erinnerungen ergeben hatte, wand sich, begehrte auf, sträubte sich gegen die Erkenntnis. Dies waren nicht länger Oriannas Erinnerungen.

Es waren ihre eigenen.

Rajasta Djae beugte sich über Oriannas Leichnam und warf Ilya die Kette mit dem Amulett zu. „Hier, nimm’s als Erinnerung an deine kleine Farmlady. Besser du suchst dir deine Frauen in Zukunft sorgfältiger aus.“ Dann winkte er einem Soldaten zu, der Ilya das schreiende Kind abnahm. „Man wird sich für diesen Dienst am Imperium noch bei dir erkenntlich zeigen."

„Was habt ihr mit ihr vor?" fragte Ilya entgeistert und vor Schreck ganz leichenblass. „Wo bringt ihr sie hin?“

Als Antwort erhielt er das Klicken von Blastergewehren, die von Töten auf Betäuben umgeschaltet wurden. „Los, Bewegung“, befahl der Kommandant der Sturmtruppe barsch und stieß Ilya mit der Mündung seines Gewehrs in den Rücken.

„Was tut ihr mit meiner Tochter?“ verlangte er erneut zu wissen, diesmal mit mehr Nachdruck und Verzweiflung in der Stimme.

„Wenn sie wirklich in der Macht begabt ist, so wie der Jedi gesagt hat, dann wird der Imperator ein Auge auf sie werfen wollen“, erklärte Rajasta kühl. „Und falls sie seine Prüfung übersteht, darf sie weiterleben, anstatt der Order 66 gemäß exekutiert zu werden. Vielleicht wird Palpatine sogar Nutzen aus ihr ziehen können. Du selbst wirst Nutzen aus ihr ziehen können.“

Der imperiale Agent sah auf das strampelnde Bündel auf dem Arm des Sturmsoldaten hinab und lächelte eiskalt. „Ihre Exekution wäre aber auch ein Jammer. Sie wird sicher eine Schönheit wie ihre Mutter. Das kupferrote Haar hat sie jedenfalls schon.“
 


 

Mit aller Kraft, die sie noch aufzubringen vermochte, schleuderte Mara das Amulett ihrer Mutter von sich. Lautes Klingen erfüllte das Wohnzimmer, als das Schmuckstück von der Wand abprallte und irgendwo liegen blieb, doch sie weigerte sich hinzusehen.

Hier war es passiert. Hier in diesem Zimmer war Orianna Matale von Rajasta Djae kaltblütig ermordet worden. Hier hatte man ihre Familie endgültig entzwei gerissen. Und nun – endlich – schloss sich der Kreis.

Dennoch spürte sie keine Wut, nur Verzweiflung. Verzweiflung, und eine seltsame Traurigkeit, die ihr gewaltsam die Kehle zuschnürte. Ihr ganzer Körper zitterte und bebte unkontrollierbar. Mit zusammen gepressten Kiefern und noch fester zusammen gebissenen Zähnen klang ihr unregelmäßiger, stoßweise gehender Atem wie ein trockenes Schluchzen.

Mara ballte eine Hand zu Faust und suchte in ihrem Inneren nach einem Fokus, so wie Skywalker ihr es immer gepredigt hatte. Es gibt keine Leidenschaft, es gibt Frieden, rezitierte sie in Gedanken den alten Jedi-Kodex. Denn alles was sie wollte, war ihr eigener Seelenfrieden, nicht die quälende Erinnerung an die Vergangenheit. Dort gab es keine Wahrheit zu finden, nur Leid und Schmerz. Vor neun Jahren hatte sie sich geschworen, diesen Schmerz hinter sich zu lassen, während der Imperial Intel sie quer durch die Galaxis gejagt hatte.

Doch nun hatte sie keine Wahl mehr. Sie musste sich der Vergangenheit erneut stellen, so wie sie sich C'boath, Thrawn und Palpatines letztem Befehl gestellt hatte. Und sie würde diesem Wahnsinn ein Ende bereiten, selbst wenn es ihren Tod bedeutete.

Plötzlich hörte sie etwas. Ein leises Scharren auf die Korridor und ein kaum vernehmbares Atmen. Schritte wirbelten den Staub auf und zerstörten damit den Zauber der Vergangenheit.

Sie war nicht mehr allein.
 


 

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AUTHOR’S NOTE: Yes! I did it! Und wieder einmal erfolgreich einen OC um die Ecke gebracht! Hach, wie ich es liebe, meine eigenen Schöpfungen sterben zu lassen! Und bei Orianna ist es irgendwie eine ganz besondere Befriedigung (und für manche von euch vielleicht auch!). Jetzt muss nur noch einer dran glauben…

Auf bald dann, im achten und letzten Kapitel. „Fragments of Sorrow“

Fragments of Sorrow

WIEDER WAR SIE FORT UND IHM BLIEB ERNEUT NICHTS ANDERES ÜBRIG, als mit einem Seufzen zurück ins Haus zu gehen, nachdem sie mit dem Landspeeder hinter einer Biegung des Pfades verschwunden war. Langsam begann sich Maras Frustration auch auf ihn auszuwirken, denn nichts anderes rief ihr Verhalten in ihm hervor. Sie war störrischer als ein Bantha und er konnte sich nicht erklären, warum sie seine Hilfe nicht annehmen wollte. Es war ihm ein Rätsel.

Sarzamin saß noch genau da, wo sie vor Maras überstürztem Abgang gesessen hatte, und wartete geduldig. Ihm entging jedoch nicht die Nachdenklichkeit, die sich ihrer Gesichtszüge bemächtigt hatte. Ihre Augen hatten diesen seltsamen Schimmer angenommen, den menschliche Augen immer bekamen, wenn man mit seinen Gedanken in weiter Ferne schweifte. Erst, als Luke sich setzte, erwachte sie aus ihrer Trance.

„Ist sie fort?“ fragte sie ruhig.

„Ja“, war die knappe Antwort. Er biss sich auf die Unterlippe und strich mit den Fingerspitzen über sein Kinn. Im Augenblick wusste er nicht, was er sonst noch hätte sagen sollen.

„Ich muss Sie etwas fragen, Master Skywalker“, sagte Sarzamin und betrachtete ihn mit ernster Miene, „über etwas, das soeben gesagt wurde.“

„Fragen Sie“, meinte Luke müde.

„Sie sagten vorhin, dass nur Miss Jade die Erinnerungen in Oriannas Amulett wachrufen kann, nicht? Dass sie wie eine Art Schlüssel funktioniert.“

„Richtig.“

„Und sie vermuten, dass es vielleicht der Jedi gewesen sein könnte, der Oriannas Erinnerungen speziell für Miss Jade abgespeichert hat?“

„Möglicherweise, wobei ich das für recht unwahrscheinlich halte. Erinnerungen in Objekten einzuspeisen ist selbst für einen Jedi eine schwierige Aufgabe, doch die Informationen dann auch noch so zu codieren, dass sie von nur einer bestimmen Person gelesen werden können, die – nebenbei bemerkt – zu diesem Zeitpunkt vermutlich nicht einmal geboren war, ist eine noch viel größere Herausforderung“, erklärte Luke.

„Und sehen Sie“, meinte Sarzamin und beugte sich in ihrem Sessel leicht nach vor, „da glaube ich, irren Sie. Vielleicht ist nicht Mara der Schlüssel, sondern das Amulett. Vielleicht funktioniert dieses ganze Modell genau anders herum.“

„Sie meinen, Mara trägt die Erinnerung und das Amulett fördert sie zutage?“ hakte Luke mit gerunzelter Stirn nach.

„Ganz genau.“

„Wie hätte der Jedi das anstellen sollen? Sie sagten selbst, dass er am gleichen Tag starb wie Orianna, dass er Dantooine also nie wieder verlassen hat. Er und Mara hätten zuvor in Kontakt treten müssen, damit diese Version der Geschichte funktionieren kann.“

Sarzamin setzte ein trauriges Lächeln auf. „Es gibt da eine Möglichkeit. Eine, die ich für äußerst wahrscheinlich halte.“

Luke warf ihr einen fragenden Blick zu. Er war sich nicht sicher, worauf sie hinauswollte. „Und die wäre?“

„Sie ist Oriannas Tochter.“

Das Herz sank ihm in der Brust und er konnte spüren, wie ihm die Farbe für einen kurzen Augenblick aus dem Gesicht wich. Wenn dem so war, wollte er nicht wissen, was geschah, wenn Mara dies erfuhr.

„Es würde zumindest erklären, warum sie mich von Anfang an an Orianna erinnert hat“, fügte die Händlerin mit einem weiteren, traurigen Lächeln hinzu. „Charakterlich sind sie einander wohl kaum ähnlich, außer dass beide stur wie eine Kinrath sind, aber manchmal erinnerte mich die Art, wie sie sich bewegte an meine alte Freundin. Zumal Teint und Haarfarbe sich bis ins Detail gleichen.“

„Das kann nicht sein“, erwiderte Luke, dessen Stimme sich plötzlich rau und belegt anhörte.

„Anders kann ich es mir nicht erklären“, gab Sarzamin zurück. Ihre Haltung und Stimme vermittelten eine Sicherheit, an der es Luke im Augenblick mangelte. „Und Orianna hatte ein Mädchen zur Welt gebracht, wenige Monate vor ihrem Mord. Ich dachte, man hätte das Kind ebenfalls exekutiert, bloß, um an dieser Familie ein Exempel zu statuieren. Anscheinend habe ich mir geirrt...“

Nun, da er darüber nachdachte, ergab Sarzamins Theorie durchaus Sinn. Es war die bislang schlüssigste Erklärung, die sie zur Hand hatten, für all die seltsamen Dinge, die mit Mara geschahen. Es erklärte sogar die tiefen Wunden, die Oriannas Erinnerungen an ihr hinterlassen hatten. Der ganze Prozess des Schmerzes rief in ihm die Bilder dessen wach, was einst mit ihm selbst auf Dagobah und auf Bespin geschehen war, als man ihm eröffnet hatte, wer Darth Vader wirklich war. Er war damals genauso unvorbereitet gewesen wie Mara jetzt, doch hatte es einen bezeichnenden Unterschied gegeben. Seine ganze Jugend hindurch hatte es ihn danach verlangt zu wissen, wer sein Vater gewesen war. Mara hingegen hatte nie nach einer Antwort auf die Frage ihrer Herkunft gesucht. Ihr Leben fing als Hand des Imperators an. Was davor gewesen sein mochte, war nicht weiter von Belang. Er hatte, im Gegensatz zu Mara, alles wissen wollen und deshalb traf sie die Wahrheit vermutlich um ein vielfaches tiefer als ihn.

Seine Frustration wich schlagartig einer tiefschürfenden Sorge. Ob Mara eine derartige Verbindung zwischen sich und Orianna Matale bereits erahnte?

„Ich... ich bin sprachlos“, sagte Luke und schüttelte dabei langsam den Kopf. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“

„Also stimmen Sie mir zu?“

„Ich muss Ihnen wohl zustimmen, weil dies die wohl plausibelste Erklärung ist, die wir bisher haben“, erwiderte Luke und biss sich erneut auf die Unterlippe. Es fiel ihm schwer, sich auf Sarzamin zu konzentrieren und ihrem abwartenden Blick zu begegnen. Seine Augen nahmen einen glasigen Ausdruck an, als seine Gedanken von dem Hier und Jetzt fort schweiften. Einen Moment dachte er daran, was wohl gewesen wäre, hätte Sarzamin ihre Vermutung schon in Maras Beisein vorgebracht. Hätte Mara ihr Glauben geschenkt? Das Thema war so überaus heikel und sensibel, dass er selbst es nur ein einziges Mal anzuschneiden versucht hatte, nur um auf die vehementeste Gegenwehr zu stoßen, die er je bei einem Menschen erlebt hatte. Daher hatte er es – bis jetzt – vergessen und diese Dinge sich selbst überlassen, so wie Mara es auch tat. Doch nun...

„Ich hätte sie nicht gehen lassen dürfen“, murmelte er mehr zu sich selbst und sobald er diese Worte ausgesprochen hatte, breitete sich eine Unruhe in ihm auf, die selbst mit Hilfe der Macht nur schwer zu besänftigen war. „Ich hätte ahnen müssen, dass so etwas mit ihr passieren würde. Wenn sie doch bloß mit mir darüber gesprochen hätte. Über alles.“

„Manche Frauen lassen sich nicht so leicht bändigen“, sagte Sarzamin, „und Jade machte auf mich nicht den Eindruck auf mich, als ob irgendetwas die Naturgewalten in ihrem Innern zähmen könnte. Nicht einmal ein Jedi-Meister.“

„Vielleicht“, brummte Luke. „Doch wenn sie wirklich einen Partner will, dann sollte sie endlich aufhören, solo zu fliegen.“

„Sie ist eine erwachsene, vernunftbegabte Frau. Denken Sie nicht, dass sie für sich selbst entscheiden kann?“

Luke hielt inne, unterdrückte ein Seufzen. „Eigentlich ja, Mara ist eine starke Frau. Aber diesmal ist sie an ihre Grenzen gelangt und hat ihre körperlichen und mentalen Kräfte über die Maßen strapaziert.“

„Wie meinen Sie das?“

„Sie ist nicht mehr sie selbst. Oriannas Erinnerungen haben sie verändert, wühlen sie im Innersten auf, bringen ihr mentales Gleichgewicht vollkommen durcheinander. Ihre Sinneseindrücke sind von Schmerz überschattet und rauben ihr den Fokus, den sie bräuchte, um ihre Fähigkeiten voll zu entfalten. Ich fürchte, dass sie diesmal ohne Hilfe nicht gewinnen kann.“
 

ADRENALIN BREITETE SICH MIT ÜBERLICHTGESCHWINDIGKEIT IN IHREM Körper aus und ließ ihr Blut durch ihre Adern pulsieren wie die Lavaflüsse von Mustafar. Sie wagte es kaum zu atmen, damit das Geräusch nicht die Laute um sie herum übertönte. Das Herz schien ihr mit einem Ruck in den Hals gesprungen zu sein und pochte heftig gegen ihren Kehlkopf.

Ihre Muskeln waren bis zum Zerreißen gespannt, während sie in leicht geduckter Haltung zur noch immer offen stehenden Tür der Wohneinheit hinüber schlich und sich unmittelbar neben dem Türrahmen mit dem Rücken gegen die staubige Wand drückte. Sie lauschte angestrengt in die Stille hinein, eine Hand bereits fest auf dem Griff des Lichtschwerts an ihrem Gürtel.

Wieder hörte sie ein Scharren, als wenn jemand über Kies oder Glas ginge und dann unwirsch etwas mit dem Fuß beiseite schob. Der Moder und der Dreck kratzte über den Durastahl.

Mit Hilfe der Macht versuchte sie das wilde Pochen ihres Herzes zu beruhigen und ihre Sinneswahrnehmung zu schärfen, doch es gelang ihr nicht ganz, den notwendigen Fokus zu finden. Ihr Puls flaute zwar langsam ab, doch sie spürte noch immer das Adrenalin wie eine Droge durch ihren Körper rauschen. Jede Faser ihres Seins war in höchster Alarmbereitschaft. Doch die Macht verklärte sich zu einem verschwommenen Nebel, der ihre Wahrnehmung umgab.

Die ächzenden Schritte wurden lauter, zeichneten sich jedoch auch durch eine Leichtfüßigkeit aus, die Mara nur einer Person auf diesem Planeten zutrauen würde, außer sich selbst.

„Machen Sie es sich doch gemütlich, Montross“; sprach sie mit fester Stimme in die Stille hinein, „und fühlen Sie sich wie daheim. Schließlich waren Sie ja schon mal hier.“

„Zu gütig“, gab May zurück, „aber warum empfängt mich die Hausherrin nicht persönlich? Das ist ganz schön unhöflich.“

„Ich erwidere nur die Höflichkeit, die Sie mir vorhin in dem Café erwiesen haben. Das werden Sie mir wohl kaum verübeln können.“

„Ach ja“, säuselte Montross und Mara konnte förmlich sehen, wie die andere Frau ein aalglattes Lächeln aufsetzte, „das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit. Ich sehe, jetzt wir auf einem Level, Jade.“

Mara hörte, wie Montross sich im Flur seufzend gegen eben jene Wand lehnte, auf deren anderer Seite sie selbst sich befand. Von außen betrachtet, musste die Szenerie den klischeehaften Anklang eines HoloVids haben: Die beiden Kontrahentinnen, deren Kampf kurz bevor stand und die nur durch eine einzige Durastahlwand voneinander getrennt waren. Blieb nur noch die Frage, wer von beiden den ersten Schritt machen würde.

„Sagen wir, ich sehe die Dinge jetzt klarer“, sagte Mara. „Dafür haben Sie ja Sorge getragen.“

„Also hat Orianna endlich ihr jämmerliches Leben bis zum bitteren Ende offenbart?“ fragte May. „Bedanken Sie sich nicht bei mir für diese segenvolle Erleuchtung. Auch Eliashar Selva und vor allem Sie selbst haben dazu beigetragen, dass die Geschichte diesen Lauf genommen hat. Sie hätten nach den Ereignissen auf Belderone genauso gut zurück nach Ord Mantell oder sonst wo hin fliegen können, wo sich Talon Karrde und sein Gesindel üblicherweise herumtreiben. Sie hätten einfach umkehren und die Sache vergessen können. Niemand hat Sie gezwungen meiner Spur zu folgen. Außer Sie selbst natürlich.“

Mara knirschte mit den Zähnen. „Ich glaube kaum, dass Sie mich so einfach hätten gehen lassen, nicht wahr, Montross?“

„Diese Frage habe ich mir gar nicht gestellt“, gab die andere Frau zurück. „Ich habe Sie studiert, Jade, lange bevor Sie kamen, um mich im Namen des Imperiums zu verhaften. Ihre Gewohnheiten waren leicht zu durchschauen, wenn man gewillt war auf Palpatines pompösen Empfängen einmal genauer hinzusehen. Gouverneure und einfältige Muftis konnte Sie vielleicht davon überzeugen, dass Sie eine Mätresse des Imperators waren, doch mich nicht. Mein Interesse an Ihnen ging weit über das vernünftige Maß hinaus, will ich meinen, und doch hat es mir bislang nur zum Vorteil gereicht. Ich konnte Ihre scheinbar angeborene Neugierde und Ihren Übereifer, der Sie immer weiter antreibt, nach meinem Belieben manipulieren. Sie würden mir folgen, egal wie abstrus meine Hinweise auch sein mögen, dessen war ich mir sicher.“

„Ich fühle mich geschmeichelt“, brachte Mara in sarkastischem Ton hervor. „Womit hatte ich nur all die Aufmerksamkeit verdient?“

Sie hörte, wie May verächtlich schnaubte. „Sie sind Ilyas Tochter.“

„Und womit hatte er Ihr Augenmerk auf sich gelenkt? Waren Sie sein Schützling, den er in den Imperial Intel hinein geschleust hat, damit Rajasta Djae ja nicht vergas, dass er ihm noch einen Gefallen schuldig war?“

„Weit gefehlt“, erwiderte Montross kalt und hielt dann inne. Traurigkeit und Bedauern verzerrten ihre Worte. „Woher nehmen Sie sich bloß die Dreistigkeit, ihn für so herzlos zu halten?“

Plötzlich dämmerte es Mara.

„Sie haben ihn auch geliebt, nicht wahr?“ Eine Spur von Mitleid mischte sich in ihre Stimme. May schwieg, was einer Zustimmung oder vielmehr einem Bekenntnis gleichkam.

„Dann waren Sie ebenso töricht wie Orianna Matale. Sie hielt ihn auch für das Zentrum ihres Universums und Sie wissen ja, was es ihr genützt hat. Offenbar scheint Ilya Jade seinen Frauen kein Glück zu bringen.“

Obwohl ihre Wahrnehmung in der Macht gedämpft war, so spürte sie doch die brennende Wut, die in May Montross aufstieg und an die Oberfläche ihres Bewusstseins kochte. Mara konnte kaum verstehen, wie sich eine Frau nach all den Jahren des Mühsals noch solche Illusionen machen konnte.

„Ich war dabei, als er Sie das erste Mal sah“, fuhr May fort. „Er hatte nie genau gewusst, was mit Ihnen passiert war, nachdem man Sie an Palpatine übergeben hatte. Vermutlich hoffte er insgeheim, dass seine letzte Verbindung zu Orianna Matale nicht durchtrennt worden war, da er auch sonst alles wie einen Schatz hütete, das ihn an sein altes Leben erinnerte. Vielleicht hoffe er auch auf eine Chance zur Wiedergutmachung. Ilya sprach niemals über den Tag, an dem Sie praktisch von den Toten wieder auferstanden sind. Doch ich wusste genug über ihn und auch über seine erste Geliebte, um zu wissen, welchen Schaden Sie anrichten konnten.

Ziemlich quicklebendig und munter stolzierten Sie eines Tages einfach so in das Büro des Imperial Intel, als gehörte Ihnen der ganze Laden. Sie kamen herein, fünf Kohorten von Palpatines besten Sturmtruppen im Schlepptau, um irgendeinen kleinen Wicht zu verhören, den wir im Shelsha-Sektor aufgegriffen hatten. Ihre Selbstsicherheit und ihr Stolz waren Übelkeit erregend.“

„Ich habe aber noch nie von einem Agenten Jade beim Imperial Intel gehört“, sagte Mara langsam und wälzte in ihrem Gedächtnis. Kein Gesicht, an das sie sich noch erinnerte, wollte passen. „Was also hatte er mit dem Geheimdienst zu schaffen?“

„Oh, er war kein Imperialer Agent“, informierte May sie. „Nein, Sie fortzugeben hat ihm weit mehr eingebracht als einen militärischen Dienstgrad. Er wurde zu einem anderen Mann mit einem anderen Namen.“

„Wenigstens hatten Sie darin was gemein“, sagte Mara, die sich den bissigen Kommentar nicht hatte verkneifen können.

Eine neue Weller der Wut und der Frustration ging über May hinweg. „Ihnen“, fuhr sie mit beherrschter Stimme fort, „ist er wohl besser als Fermor Fingal bekannt.“

Mara fühlte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht strömte. Ja, diesen Namen kannte sie tatsächlich. Zur Zeit des Galaktischen Bürgerkriegs hatte es nur wenige gegeben, die ihn nicht kannten.

„Der Besitzer der Corleil Corporation?“ hauchte Mara. „Das war also der Preis für mich?“

„Jedi sind schon eine Menge wert, nicht?“ Schadenfreude verlieh Mays Stimme neue Kraft. „Djae verschaffte ihm die Aktienmehrheit über die Firma, und er lebte damit viele Jahre nicht schlecht. Er zählte zu den reichsten Männern des Inneren Randes und konnte es auch mit den Tycoons der Kernwelten aufnehmen. Allerdings durfte er nie wieder er selbst sein.

Doch selbst wenn Sie gewusst hätten, wer er war und was Sie ihm bedeuteten, Sie hätten vermutlich nicht einmal einen Blick für ihn übrig gehabt. Er hingegen ließ sie nie wieder aus den Augen. Da wusste ich, dass Orianna noch immer Macht über ihn hatte... und dass er nie ganz mein sein würde, solange er sich an sie erinnerte.“

„Das ist doch krank!“ spuckte Mara.

„Ihretwegen ließ Djae ihn hinrichten. Ilya wollte Sie wieder haben, wollte seine kleine Tochter aus den Klauen des Imperiums entreißen und einen Teil seines alten Lebens zurück gewinnen. Was für ein törichter Gedanke und er war besessen davon!“ Mays eigener Zorn nahm ihr den Atem und sie presste die Worte mühsam hervor. „Djae brauchte nur eine Entschuldigung für Kommandantin Isard, um einen ihrer wichtigsten Geschäftsfreunde ermorden zulassen.“

„Und den fand er in Ihnen“, vollendete Mara, „weil Sie nicht die Person waren, die Sie vorgaben zu sein.“

„Oh, ich war genau die Person, die ich vorgab zu sein!“ Ein bedrohliches, mechanisches Klicken drang an Maras Ohr. Eine Vorahnung, wie ein eisiger Windhauch, aktivierte ihre Reflexe. „Ich war nur kein Mann.“

In eben jenem Moment, da May Montross ihren Blaster zückte und herumwirbelte, drückte Mara sich von der Wand ab und warf sich Cailetet Matales altem Sessel entgegen. Sie sprang darüber hinweg und ging Schutz suchend in die Hocke. Tod bringende rote Laserstrahlen zuckten durch den Raum auf sie zu, schlugen in die Rückenlehne des Sessel ein und ließen Asche aus dem alten Polsterbezug bröckeln. Ozon stach ihr in die Nase.

Mara tastete nach dem Lichtschwert. Es würde in dieser Situation wenig bringen, ihren Blaster aus dem Halfter an ihrem Unterarm zu ziehen. Beide Frauen waren mit viel zu guten Reflexen ausgestattet, um mit einem jämmerlichen Fernschuss erledigt zu werden. Es musste ihr gelingen, so nah wie möglich an ihre Gegnerin heranzukommen. Montross wäre zwar sicherlich nicht dumm genug, sich auf einen Nahkampf mit einem Lichtschwertträger einzulassen. Dennoch musste sich Mara auf den einen unschätzbaren Vorteil stützen, den sie hatte: Die Macht.

Immer wieder perforierten Blasterschüsse den Sessel und die Überreste des Teppichs. Für die ehemalige Hand des Imperators war es nicht schwer, anhand der Streuung der Schüsse und deren Einschlagwinkel Mays genaue Position zu bestimmen. Montross stand immer noch im Türrahmen, hinter dem sie zur Sicherheit verschwinden konnte. Sie wartete nur darauf, Mara mit ihrer Schießerei endlich hinter dem Möbelstück hervor zu locken. Zum Glück war Montross nie in den Genuss gekommen, Mara während ihrer Missionen zu studieren, sonst hätte sie vielleicht geahnt, was nun auf sie zukam.

Unbeirrt vom Jaulen des Blasters, konzentrierte sich Mara auf die zerstörte HoloCom-Einheit. Mit Hilfe der Macht rüttelte sie an einem scharfkantigen Stück Metall, das an einer Seite der Konsole herunter baumelte. Sie versuchte, ihre körperliche und mentale Erschöpfung beiseite zu schieben. Das kleine Stückchen Durastahl, das einmal Teil der Tastatur gewesen war, musste zum Zentrum ihres Universums werden.

Maras Muskeln zitterten, als sich das Bruchstück endlich von der Konsole trennte. Doch sie gestattete sich keine Erleichterung, sondern lenkte den Fluss der Macht um, richtete all ihr Denken auf May, die jenseits des Sessels immer noch wie eine Besessene feuerte. Sie hatte vermutlich nur einen Versuch.

Mit größtmöglicher Präzision steuerte sie das Bruchstück und malte vor ihrem geistigen Auge ein genaues Abbild der Flugbahn aus. Als sie sich ihres Ziels sicher war, schleuderte sie es quer durch den Raum, direkt auf Mays Kehle zu.

Sie hörte, wie Stoff zerfetzte und May einen spitzen Schrei ausstieß. Das Blasterfeuer verstummte. Mit Schweiß auf der Stirn und an den Schläfen gestattete sich Mara einen Blick über die Lehne des Sessels hinweg, das Lichtschwert mit einer Hand fest umklammert.

Fluchend griff May nach einem langen Riss in ihrer glänzenden Jacke knapp unterhalb ihres Schlüsselbeins. Der schwarze Stoff entlang des Risses nahm in Sekunden eine eher bräunliche Farbe an und dunkles, dickflüssiges Blut ergoss sich über Mays Hand, als sie Maras provisorisches Geschoss aus ihrem Fleisch zog.

Mara lag ein Fluch auf den Lippen. Sie hatte sich nur um wenige Zenitmeter verschätzt. Wenige, jedoch entscheidende Zentimeter. Plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher, ob sie May wirklich besiegen konnte.

„Nicht schlecht, Jade“, keuchte diese zwischen zusammengebis-senen Zähnen hervor. Ihr Gesicht hatte sich zu einer Grimasse der Abscheu verzerrt, während sie aufmerksam die Verletzung unter-suchte. „Wirklich nicht schlecht.“

Mara tauchte wieder in Deckung. Ihre Gedanken überschlugen sind. Es wäre das Klügste, sich auf das Raubtier zu werfen, solange es frisch verwundet war. Doch hatte nicht einst einer ihrer Trainer zu ihr gesagt, dass der Vorsk, der sein Ende nahen sah, stets der gefährlichste war?

Ihre Hand umschloss das Heft des Lichtschwertes so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Sie musste es versuchen.

„Es gibt noch Nachschlag, wenn Sie wollen!“ rief Mara und hoffte, dass die Drohung nicht so leer war, wie sie klang.

Mit einem Schrei sprang sie auf und wirbelte herum. Wie ein gleißender Blitz erwachte die Klinge des Schwerts zum Leben. Der Staub in der Luft verteilte das blaue Licht wie einen Schleier. Sie sprang behände über den Sessel hinweg, direkt auf die blasse Gestalt Mays zu. Diese riss ihren Blaster wieder in die Höhe, aber es war zu spät. Mit nur einen Hieb trennte Mara den Lauf der Waffe ab, so dass er qualmend zu Boden viel.

Erschrocken warf May die nun nutzlosen Reste des Blasters von sich und machte einen Satz nach hinten. Ihre rechte Hand zuckte zu ihrem linken Ärmel hinüber. In dem Moment, da sie mit den Rücken gegen die vom Ruß geschwärzte Wand des Korridors prallte, zog sie ein Vibromesser hervor.

Mara hielt inne, starrte erst die makellos polierte Klinge des Messers an, dann die entschlossene Miene ihrer Gegnerin. Das Lichtschwert hielt sie in einer niedrigen Standardkampfpose vor sich.

„Wollen Sie mich etwa mit dem Zahnstocher da ernsthaft bedrohen?“ fragte Mara ungläubig. Und sie hatte Skywalker immer für naiv gehalten.

„An Ihrer Stelle würde ich nicht so eine dicke Lippe riskieren, Jade“, versetzte May ätzend.

Dann kam der Gegenangriff. Jedoch nicht von oben, wie Mara vermutet hatte. Zu spät sah sie Montross’ Bein hervorschießen. Der Tritt traf ihr Schienbein so heftig, dass es sie in die Knie zwang. Sie hatte ihren sicheren Stand aus lauter Arroganz geopfert.

Der nächste Tritt traf die Wurzel von Maras Handgelenk und schickte einen stechenden Schmerz ihren Arm hinauf. Das Lichtschwert entglitt ihrem Griff und rollte davon. Die Klinge deaktivierte sich selbst und hinterließ nichts als schummrige Dunkelheit.

Staub wurde aufgewirbelt, als Mara mit beiden Händen ihren Sturz abzufangen versuchte. Glücklicherweise entging sie damit einem Hieb, den May ihr mit dem Vibromesser versetzen wollte. In einer fließenden Bewegung drückte sie sich erneut vom Boden hoch und warf sich mit ausgestreckten Gliedern auf ihre Kontrahentin. Sie konnte Mays Blut riechen, das noch immer ungehindert aus dem Schnitt in ihrer Brust quoll.

Sie prallten wieder gegen die Wand und tänzelten dann in einem bizarren Faustkampf den Korridor hinab. Einzig ihr keuchender, angestrengter Atem lag in der Luft.

Es gelang Mara ihrer Feindin einige Schläge gegen Bauch und Brust zu versetzen, kassierte allerdings ebenfalls schmerzhafte Treffer. Ein Fausthieb traf sie in die Magengegend, ein anderer im Gesicht und riss ein Stück Haut von ihrer Unterlippe. Heißes Blut benetzte ihren Mund und rann über ihr Kinn hinab. Das Vibromesser streifte ihren Ärmel und schlitzte den Stoff ihrer Jacke auf. Ein Prickeln an ihrem Oberarm wies sie darauf hin, dass May sie auch dort getroffen hatte.

Von Kopf bis Fuß mit Staub und Blut bedeckt gelang es May Mara erneut gegen die alten Durastahlpaneelen der Wand zu schmettern. Schmerz marterte von deren Schulterblättern abwärts durch ihr Rückgrat bis zum Steißbein und trieb ihr den Atem aus den Lungen. Diese eine Sekunde der Kampfunfähigkeit genügte May, um in diesem Kampf die Oberhand zu gewinnen. Mit einem tiefen Schlag schickte sie Mara zu Boden und warf sich dann mit all ihrem Körpergewicht auf sie.

Mara hatte keine Zeit sich mit der einer Lähmung gleichkommenden Pein zu beschäftigen. Der Staub, der ihr plötzlich in die Atemwege geriet, ließ sie heftig husten. Dann spürte sie schon kühles Metall an ihrer Kehle, als May das Vibromesser gegen Maras Hals drückte. Finger versenkten sich in ihrem Schopf und krallten sich daran fest. Ihr war, als wollte man ihr den Schädel spalten.

„Na los, kommen Sie schon, Montross“, brachte Mara hervor und rang mit ihrem Hustenanfall. „Das hier ist es doch was Sie wollten, oder? Jetzt bringen Sie’s endlich zuende.“

Es folgte ein Ruck, der jeden Haarfollikel bis zum Zerreißen spannte. Unwillkürlich stellte Mara sich vor, wie May ihr die Kopfhaut vom Schädel trennte. Dem Stechen und Ziehen in ihrem Kopf nach zu urteilen konnte es nicht mehr lange dauern, bis May sie skalpierte.

„Ich entscheide, wann Sie den Löffel abgeben“, zischte diese, „und noch ist nicht der geeignete Zeitpunkt dafür gekommen.“

„Sie haben mein Leid wohl noch nicht zu genüge ausgekostet, was?“

„Nicht einmal annähernd, Jade. Nicht einmal annähernd.“
 

ER SCHALTETE DAS GETRIEBE DES SPEEDERBIKES AUF DIE HÖCHSTE STUFE und hörte, wie die Repulsoren widerspenstig aufjaulten. Auch der Motor ächzte sorgenerregend. Hoffentlich würde er noch lange genug durchhalten. Sarzamin hatte ihm das überholungsbedürftige Bike angeboten, denn selbst für einen Jedi-Meister war es eine lange Strecke bis zum Anwesen der Matales. „Wenn Sie es zu Schrott fahren, soll’s mir auch egal sein“, hatte sie gesagt. „Was will ich schon mit diesem alten Ding.“

Lukes düstere Vorahnungen verdichteten sich mehr und mehr und nahmen langsam die Form einer schrecklichen Gewissheit an. Seine den Lehren der Jedi geschuldete Ruhe konnte er nur mit größter Anstrengung aufrecht erhalten.

Also donnerte das Speederbike über die Steppe Dantooines hinweg. Der Wind schnitt ihm hart ins Gesicht und bauschte seine Jedi-Tunika auf, Luke nahm jedoch keine Notiz davon. Alles was zählte, war Mara zu helfen. Vielleicht konnte er dann noch das Schlimmste verhindern, obgleich er noch keine genaue Vorstellung davon hatte, was dies sein sollte. Er fühlte sich an seine eigene Machtlosigkeit im Kampf gegen den Geist Exar Kuns erinnert.

Das Herz sank ihm in der Brust, als er das Speederbike um eine Biegung des Pfades steuerte und die Überreste des Energiefelds vor ihm auftauchte. Er brachte das Bike nahe dem Zaun zum Stehen, stieg ab und warf einen flüchtigen Blick auf die verwüstete Energiekupplung des Feldes, die jemand mutwillig mit einem Blaster zerschossen hatte.

Mara war es jedenfalls nicht gewesen. Sie hatte den Landspeeder hier zurückgelassen und dann ihren Weg wohl zu Fuß fortgesetzt. Der Motor war inzwischen völlig erkaltet und hatte sie nichts Nennenswertes zurück gelassen.

Luke ging neben dem Speeder in die Hocke und untersuchte ihn auf etwaige Sabotage, die nach Maras Verschwinden an dem Vehikel vorgenommen worden war. Doch weder so noch mit Hilfe der Macht ließ sich eine Gefahr ausmachen. Das Einzige, das ihm ins Auge fiel, als er aufstand, war eine diffuse Spur im Gras. Der Rückstoß eines Repulsors, wie sie beispielsweise in den alten, Imperialen Düsenschlitten verwendet wurden, hatte die Halme unter sich zu Boden gedrückt und eine schmale Schneise hinterlassen. Aber es war mehr als das. Mit seinen Jedi-Sinnen nahm er auch die Rückstände einer Präsenz wahr. Einer schrecklich vertrauten Präsenz...

Hastig wirbelte er herum und sprang zurück auf das Speederbike. Stotternd kam das Getriebe wieder in Gang und mit einem Satz nahm das Bike wieder Fahrt auf.
 

MARAS GEDANKEN ÜBERSCHLUGEN SICH IN SEKUNDENSCHNELLE. Fieberhaft spielte sie ihm Geiste alle möglichen Szenarien durch, alle möglichen Wendungen, die dieser Kampf nehmen konnte. Wenn sie jedoch nicht bald etwas unternahm, tendierten ihre Chancen auf einen Sieg gegen Null.

Die Klinge des Vibromesser schnitt sauber durch die oberste Schicht ihrer Haut. Sie konnte spüren, wie ein schmales Rinnsal Blut langsam ihren Hals hinab lief und lautlos zu Boden tropfte. Mays heißer Atem strich unangenehm über ihre Wange.

Sie leckte sich über die blutigen Lippen. Ihr war klar, sie musste ihre Gegnerin abschütteln. Es musste ihr gelingen, May abzuwerfen, zu entwaffnen und unschädlich zu machen. Aber wie?

Immer hübsch der Reihe nach, schalt Mara sich. Ihre Hände zitterten, während sie sie mit gespreizten Fingern wenige Millimeter über dem Boden schweben ließ.

„Was meinen Sie, womit sollte ich anfangen?“ fragte May, deren Stimme ebenso sadistisch klang wie sie sich aufführte. „Einen sauberen Schnitt durch die Luftröhre, und dann? Vielleicht sollte ich Ihnen die Daumen abschneiden und noch ein paar andere unwichtige Körperteile, während ich dabei zusehe, wie Sie langsam ersticken.“

„Lassen Sie mich raten“, begann Mara mit rauher Stimme. Sie versuchte so gelassen wie möglich zu klingen, während sie sich zum Sprung bereitmachte. „Sie haben den Folter-Workshop auf Carida damals als Klassenbeste abgeschlossen, oder?“

„Mit Auszeichnung“, fügte May hinzu.

Mit dem Rest an Körperkraft, die Mara noch aufbieten konnte, stemmte sie sich plötzlich in die Höhe. Ehe May sich mit beiden Armen an ihr festklammern konnte, ließ sie eine Hand in die Höhe schnellen. Sie schob Mays Hand, welche das Messer hielt, von ihrem Hals fort. Mit dem Ellbogen hieb sie nach Mays Solarplexus und versetzte dem Knie ihrer Kontrahentin einen Tritt mit dem Absatz ihres Stiefels. Montross heulte auf und auch Mara war übel zumute, als Mays Kniescheibe mit einem Nacken heraussprang.

May war sich auf den Rücken, die blutbespritzten Hände um ihr Kniegelenk geschlungen. Dies war Maras Gelegenheit und sie nutzte sie. Ihre Beine schienen weich wie Butter, doch sie hatte genug Zeit wieder auf die Füße zu kommen und sich mit einem kleinen Sprung in Sicherheit zu begeben. Ein weiteres, Übelkeit erregendes Knacken kam ihr zu Ohren, als May die Luxation ihrer Kniescheibe behob und der Knochen zurück an seine richtige Position schnappte. Bis May genügend Kraft gesammelte hatte, um sich vom Boden zu erheben, hielt Mara ihren eigenen Blaster bereits fest in einer Hand. Mit der anderen wischte sie das kribbelnde Rinnsal an ihrer Kehle fort.

„Okay, jetzt herrscht wieder Chancengleichheit“, sagte sie und entsicherte die Waffe. May rührte sich nicht, sondern starrte Mara nur mit regungsloser Miene an.

„Ganz so würde ich das nicht bezeichnen“, schallte plötzlich eine raue Männerstimme von der rechten Seite her. Das glucksendes Kichern eines anderen Mannes stimmte ein.

Das Herz rutschte Mara in die linke Stiefelspitze. Sie hatte Mays Schergen Laz und Avarice ganz vergessen. Verflucht! Wie hatte ihr nur ein derartigen Fehler unterlaufen können?

Ein selbstgefälliges und selbstsicheres Lächeln umspielte Mays Mundwinkel, während die beiden Piraten schlurfend näher kamen. Nur aus dem Augenwinkel erkannte Mara zwei imperiale Blastergewehre, entsichert und geladen. Vielleicht hatte sie es ja verdient wie ein reudiges Bantha abgeknallt zu werden, so dumm wie sie war. May stand geschmeidig wie eine Raubkatze auf und richtete erneut die Vibroklinge auf Mara.

„Waffe fallen lassen“, bellte Avarice und hob das Gewehr schussbereit an seine Brust.

Widerwillig ließ Mara ihren Blaster zu Boden fallen und nahm die Hände hoch. Selbst sie musste es einsehen, wenn eine Situation ausweglos war.

„Ich sagte Waffe fallen lassen!“ wiederholte Avarice barsch. „Und zwar alle beide.“

Es war eine Freude zu sehen, wie die Farbe plötzlich aus Mays Gesicht wich und ihre Selbstsicherheit durch eine Mischung aus Verblüffung und Verärgerung ersetzt wurde. „Wie bitte?“ blaffte sie.

„Los, runter mit dem Messer!“ brüllte Avarice zurück. „Na, wird’s bald?“

„Schluss mit dem Unsinn!“ keifte May. „Habt ihr zwei zuviel Gewürz durch die Nase gezogen und euch dabei das Gehirn verbrannt oder was?“

Avarice lächelte grimmig. Seine Miene sah im Halbdunkel sogar für Mara bedrohlich aus. „Wir haben keinen Bock mehr uns von dir für dumm verkaufen zu lassen, May“, sagte er. „Such dir wen anderes, den du verarschen kannst.“

Verblüffung wurde zu blankem Entsetzen. „Wie könnt ihr es wagen?“

Avarice deutete mit seinem Kinn in Richtung Mara, woraufhin Laz sich in Bewegung setzte und sie mit seinem Gewehr ins Visier nahm. „Lass uns vorgehen, Missy“, sagte er mit einem öligen Grinsen und drückte die Mündung des Blastergewehrs gegen ihre Brust.

Mara wollte gerade den Mund öffnen, um etwas zu erwidern, als wider Erwarten helles, grünes Licht hinter ihr mit einem vertrauten Summen aufflammte. Ihr Herz machte vor schlagartiger Erleichterung einen noch größeren Sprung.

„Ich habe da eine bessere Idee“, sagte Skywalker mit hoch erhobenem Lichtschwert. In den Schein der glühenden Klinge getaucht sah er wie eine äußerst machtvolle Erscheinung aus. Mit langen, entschlossenen Schritten kam er zu Maras Linken den Gang herunter.

„Oh, nee“, stöhnte Laz. „Nicht der schon wieder.“

„Ey, Typ“, fügte Avarice hinzu, „langsam fängst du echt an, mich zu nerven. Gibt’s nichts anderes, in das du dich einmischen kannst?”

„Ich fürchte nein“, erwiderte Skywalker ruhig. „Aber wir können diese Angelegenheit auch ohne einen Kampf beenden.“

„Ach ja? Was willst du?“ fragte der Pirat unfreundlich.

„Lassen Sie Mara frei“, erklärte Luke, „dann verschwinden wir und Sie können tun, wonach Ihnen der Sinn steht. Ich werde Sie nicht aufhalten.“

Laz und Avarice tauschen einige verwirrte Blicke aus. Dann zuckte beide nacheinander mit den Schultern. „Von uns aus“, meinte Laz.

„Nein!“ kreischte May dazwischen. „Noch hab ich das Kommando, ihr verfluchten Eidechsenaffen! Wenn ihr sie an den Jedi übergebt, bringe ich euch beide um.“

„Ach, halt doch die Klappe!“ fluchte Avarice.

„Schein so, als gäbe es zwei Interessenten für dich, Missy“, sagte Laz an Mara gewandt und presste die Mündung des Gewehrs so fest gegen ihre Rippen, dass es schmerzte. „Mal sehen, wer bereit ist mehr zu zahlen. Momentan hat der Jedi das höhere Gebot getätigt.“

Unkontrollierter Zorn entstellte Mays Gesichtszüge. „Ihr kleinen, widerlichen...“

„Tja, May, hättest du uns mal unseren Anteil von der Beute ausbezahlt, als dieser ganze Job losging“, meinte Avarice. „Und hättest du mal Enyth nicht einfach so umgeblastert.“

„Oh, bitte!“ sagte May. „Ihr seid Piraten. Seit wann schert ihr euch denn darum, was mit anderen Piraten passiert? Ihr seid nichts weiter als ehrlose kleine Würmer, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind.“

„Richtig erkannt, Schätzchen. Und so wie ich das sehe“, fuhr Avarice fort, „ist Jade hier die einzige Beute, die uns noch geblieben ist.“

„Ich bin niemandes Beute“, warf Mara ein. „Noch bin ich der Preis für irgendetwas.“

„Natürlich nicht, Missy.“

Sie spürte Skywalkers durchdringenden Blick auf sich ruhen, wie er ihre Emotionen behutsam zu ergründen versuchte.

Es war May, die das Handgemenge begann. Wie eine Furie, die man entfesselt hatte, stürzte sie sich auf Laz und versuchte ihm das Gewehr zu entreißen. Skywalker als auch Avarice zuckten zusammen und gingen beinahe automatisch in eine Kampfhaltung über. Mara duckte sich und ballte die Hände zu Fäusten.

Ein Schuss löste sich und Laz heulte auf, als ihn der rote Laserstrahl in den Oberschenkel traf. Das Gewehr entglitt seinem Griff und May bekam es endlich in die Finger. Avarice hob sein eigenes Gewehr an begann drauf los zuschießen. Die Querschläger wurden von Skywalkers Lichtschwert abgelenkt und brannten weitere schwarze Löcher in die Wand, richteten aber ansonsten keinen Schaden an. Mit dem Griff des Gewehrs versetzte May dem verwundeten Piraten einen Schlag gegen die Schulter. Laz ließ sich unvorteilhaft fallen und rammte Mara von der Seite. Sie taumelte.

Auch der nächste Schlag verfehlte sein Ziel nicht. Weißes Licht schien vor Maras Augen zu explorieren, als May das Gewehr gegen ihre Schläfe stieß. Allumfassender Schmerz zermarterte ihr das Hirn.

Das nächste, was sie spürte, war, wie sie mit Laz gemeinsam zu Boden ging. Übelkeit überkaml sie und die Ränder ihres Sichtfelds verschwammen, wurden langsam dunkler. Sie sah nur halb, wie Skywalker einen Satz auf sie zu machte und dabei Avarices Blasterfeuer zurückwarf. Dann schmeckte sie nur noch Galle in ihrem Mund und erbrach sich.

Ein Schrei ließ sie ein letztes Mal aufblicken. Sie sah nur noch, wie May Montross‘ Gesichtszüge sich plötzlich entspannten und ihre Augen einen seltsam leeren Ausdruck annahmen, dann wurde sie von vollkommener Dunkelheit übermannt.
 

ALLE GERÄUSCHE SCHIENEN SCHLAGARTIG ZUM ERLIEGEN ZU KOMMEN, als Avarices Schuss May direkt in den Rücken traf. Selbst der verwundete Laz, der vor Schmerzen gezetert hatte, verstummte. Dann fiel die ehemalige Agentin des Imperial Intel auf die Knie und ihr Körper sackte zur Seite weg. Luke spürte, wie ihre Lebensenergie in der Macht dahin schwand und schließlich vollends versiegte. Alles war so schnell gegangen, dass er für einen Augenblick lang vergessen hatte zu atmen.

Avarice starrte Mays tote Gestalt mit einiger Zufriedenheit an, während Laz sich langsam wieder aufrappelte. Keuchend hielt er seinen Oberschenkel umklammert und humpelte auf seinen Kumpan zu.

„Nehmen Sie Ihr Mädchen“, sagte Avarice nur und sicherte sein Gewehr. „Wir haben, was wir wollten.“ Damit drehte er sich um und die beiden Piraten marschierten in die Richtung davon, aus der er und Laz soeben gekommen waren.

Luke hatte keine Zeit, sich über ihre Motive Gedanken zu machen. Er deaktivierte die pulsierende Klinge in seiner Hand und hackte das Lichtschwert zurück an seinen Gürtel. Mit nur zwei Schritten war er bei Mara.

Ihre Stirn war heiß, glühte wie bei einem Fieber. Die Augenlider waren geschlossen, flatterten jedoch unruhig. Blut tropfte von ihrem Kinn und rann aus der frischen Platzwunde an ihrer Schläfe. Vorsichtig rollte er sie zu einer Seite und strich eine blutige Strähne beiseite, die an ihrer Wange klebte. Alles in allem schien sie nicht stark verletzt, doch sie war schwach und krank. Ihre Präsenz war nur noch ein dahinschwindendes Flimmern in der Macht. Er musste sich beeilen.
 

„BEI ALLEN STERNEN!“ RIEF SARZAMIN AUS UND SCHLUG BEIDE HÄNDE über dem Mund zusammen, als sie Luke die Tür geöffnet hatte. Der Anblick von Maras über und über mit Blut und Dreck beschmutztem Gesicht trieb ihr die Farbe aus dem Gesicht. „Was ist passiert?“

„Keine Zeit für Erklärungen“, erwiderte Luke kurz angebunden und drängte an ihr vorbei ins Haus. Beinahe im Laufschritt trug er Mara zu dem Zimmer, in dem sie in den vergangenen Nächten geschlafen hatte und legte sie auf das Bett. „Haben Sie ein Medset im Haus?“ fragte er an Sarzamin gewandt, während der Maras Verletzungen noch einmal untersuchte. „Wir müssen die Wunden reinigen.“

Die Händlerin protestierte nicht, sondern verschwand in der Kücheneinheit, um dann wenige Augenblicke später mit einem kleinen weißen Kasten zurückzukehren. Gemeinsam desinfizierten sie die Platzwunde an Maras Schläfe und den Schnitt an ihrem rechten Oberarm. Die rote Flüssigkeit an ihrer Unterlippe war inzwischen geronnen.

„Sie ist ganz bleich“, stellte Sarzamin fest und wusch den Schmutz mit einem feuchten Tuch von Maras Gesicht. „Wir sollten einen Arzt aus der Siedlung holen.“

Luke schüttelte langsam den Kopf. „Es sind nicht die Verletzungen, die ihr schaffen machen.“

„Sie meinen“, sagte Sarzamin gedehnt, „es hat was mit diesen Erinnerungen zu tun?“

„Ich fürchte ja.“

„Und was sollen wir jetzt tun?“

Er wünschte, er wüsste die Antwort auf diese Frage. Was sollte er schon tun? Der Kampf gegen Montross, diese auslaugende Schnitzeljagd durch die halbe Galaxis und die ungewollten Erkenntnisse, die Mara hier auf Dantooine gewonnen hatte, all das hatte ihrem Geist großen Schaden zugefügt. Es hatte sie für immer verändert. Um den zugefügten Schaden zu reparieren hätte er die Zeit zurück drehen und all diese Geschehnisse verhindern müssen. Doch das konnte er nicht. Die Erinnerungen waren in sie eingebrannt.

Plötzlich rastete ein neuer Gedanke ein. Ihre Erinnerungen…

Vor langer Zeit hatte Palpatine die dunkle Seite benutzt, um Maras Erinnerung an ihre Kindheit und ihre Herkunft aus ihrem Gedächtnis zu tilgen. Seine Motive waren damals alles andere als edel gewesen. Damals hatte der Imperator die Macht benutzt, um Mara zu seiner loyalen Dienerin zu machen, die ihm allein ergeben war.

Doch was wäre, wenn er die Macht benutzt, um die jüngsten Ereignisse in ihrem Gedächtnis zu verwischen? Wenn er Orianna und Ilya und all die anderen auslöschen würde, wie man mit einem Kauter eine Wunde ausbrannte? Die Vorstellung jagte ihm ein eisiges Frösteln den Rücken hinab.

Aber er war nicht Palpatine. Er tat es nicht, um Mara zu manipulieren oder zu seiner Marionette zu machen. Er wollte bloß den Schmerz eindämmen, die Erinnerungen wieder in ihr verschließen, so wie früher. Wenn er es nicht tat, würde sie wohl möglich nie wieder zu der Stärke zurück finden, die sie sich in all den Jahren seit dem Fall des Imperiums so hart erkämpft hatte. Es war ihre einzige Chance.

Vorsichtig ließ er sich auf der Bettkante nieder und berührte mit den Fingerspitzen seiner linken Hand Maras glühend heiße Stirn. Ein neuer Schauer ließ ihn frösteln.

„Wenn irgendetwas schief geht“, informierte er Sarzamin, die ihn mit weit aufgerissenen Augen beobachtete, „rufen Sie einen Arzt.“

Sie nickte nur stumm, und er schloss die Augen. Behutsam tastete er mit seinen Jedi-Sinnen nach Maras Bewusstsein. Die granitartigen Barrieren, die ihren Geist sonst so gut abschirmten, schienen zusammen gestürzt. Keinerlei Widerstand hielt ihn davon ab in sie einzudringen. Vor einem Monat noch hätte er sich über diesen Umstand gefreut, doch nun beunruhigte es ihn nur noch mehr. Also versengte er sich tiefer in die Überreste ihrer Präsenz, stieß immer weiter vor, bis sich seine eigene Bindung zur Realität vollkommen aufgelöst hatte.

Sein Geist wanderte durch dichten weißen Nebel, der empfindlichen Grenze zwischen dem Bewusstsein und dem Unter-bewusstsein. Ihre Gedanken waren formlos geworden und hallten nur noch als gedämpftes Echo durch den Äther. Eine seltsame Beklommenheit lastete ihm schwer auf der Brust und raubte ihm den Atem. Dennoch setzte er einen Fuß vor den anderen, wanderte als mentales Abbild seiner selbst durch den Nebel und ließ ihn sanft zwischen seinen Fingern hindurch gleiten.

Dann – endlich! – klärte sich die Luft, hinterließ nichts als unbeflecktes Weiß und gab den Blick frei auf etwas, das unendlich und unergründlich war.

Ein Schritt und dann noch einen. Trockenes ersticktes Schluchzen lag in der Luft. Es war ein Laut, der ihm sehr vertraut und gleichzeitig beängstigend fremd vorkam. Hastig blickte er umher, suchte im unendlichen Weiß um sich herum nach einem Hinweis.

Schließlich entdeckte er die Quelle des Klagens: ein kleines Mädchen, das sich in weiter Ferne zusammen gekauerte und die Arme schützend um ihren kleinen Leib geschlungen hatte. Sie konnte nicht älter als seine Nichte und Neffen sein, vielleicht 5 oder 6 Jahre alt.

Er beschleunigte seine Schritte und lief schließlich so schnell er konnte auf das weinende Mädchen zu, um die Distanz zwischen ihnen zu überwinden. Doch obwohl sie seine Gegenwart sehr wohl spürte, wagte sie es nicht aufzusehen oder sich gar zu bewegen. Das würde nur noch mehr Schmerz verursachen.

Voller Mitgefühl sank er neben ihr auf die Knie, doch er zögerte die Hand nach ihren bebenden Schultern auszustrecken oder ihr kupferfarbenes Haar beruhigend zurückzustreichen.

Dies war der Kern ihrer Seele und der eine Teil von ihr, der dank Palpatine niemals den Weg an die Oberfläche ihres Bewusstseins gefunden hatte.

„Mara…“, flüsterte er behutsam. Er wagte es nicht lauter zu sprechen. „Lass mich dir helfen.“

Sie haben mich immer davor gewarnt, hörte er ihre Stimme wie die eines körperlosen Geistes durch den Äther hallen. Erinnerungen sind nur Leid und Schmerz, haben sie gesagt. Blicke niemals zurück in die Vergangenheit, haben sie gesagt. Aber ich hab nicht auf sie gehört…

„Ja, manchmal ist das so“, antwortete Luke. „Aber nicht alle Erinnerungen sind böse. Wenn wir niemals gelitten hätten, woher sollten wir dann wissen, wann wir glücklich sind?“

Kannst du machen, dass es aufhört?

„Ich werde tun, was ich kann“, sagte Luke und seine Brust war wie zugeschnürt, „aber du musst mir den Weg zeigen, Mara. Den Weg zum Ursprung.“

Stille senkte sich auf sie wie ein Leichentuch. Nur ihr gequältes Schluchzen hing in der Luft und rührte an sein Herz.

„Mara!“ sagte er noch einmal, lauter diesmal. Und diesmal blickte das kleine hilflose Kind mit zitternden Lippen zu ihm auf, während es seine Tränen zurückdrängte.

„Hier“, sagte sie und reichte ihm eine Hand.

Eine überwältigende Energie trieb ihm den Atem aus den Lungen. Die weißte Leere wurde überflutet mit Bildern, Stimmen und Empfindungen, die zu lange verschlossen gewesen waren und brachen über ihm zusammen wie ein Sturzbach. Das Wissen lastete als bleierne Schwere auf ihm und drückte ihn zu Boden.

„Warte!“

Oriannas Erinnerungen regneten auf ihn herab, entfalteten sich vor seinen Augen zu voller Blüte, mit all dem Glück und dem Leid, das sie enthielten.

„Warte!“

Er schloss die Augen und suchte nach einem Fokus. Er musste den Mahlstrom ordnen und kanalisieren. Er musste eine Ordnung aus dem Chaos schaffen, um es von Mara fortzulenken. Sie hatte keine Kraft mehr dazu es selbst zu tun.

Genau da! Er hatte ihn!

Er fand sich selbst wieder, wie er den Strom begradigte und in eine stetige Bahn lenkte. Dann folgte er dem Fluss aus Bildern bis zu ihrer Quelle, dem Ort in Maras Geist, dem sie entsprangen. Sie leistete keinen Widerstand, als er die Quelle wie einen Stausee zurückdrängte und in ihre Schranken wies.

Nach Atem ringend kämpfte er sich zurück in die Wirklichkeit, bevor er die Verbindung mit Maras Geist nicht mehr lösen konnte und sie wohl beide wohlmöglich für immer in einer Trance gefangen blieben. Sarzamins Haus erschien ihm plötzlich grell und laut und er blinzelte gegen die Sinneseindrücke an. Schweiß stand ihm auf der Stirn, sammelte sich an seinen Schläfen, rann seinen Nacken hinab.

„Was haben Sie gemacht?“ fragte Sarzamin erschrocken. Sie stand noch immer am fernen Ende des Bettes und beobachtete den Jedi-Meister mit großer Furcht.

Es dauerte einige Atemzüge lang, ehe Luke ihr zu antworten vermochte. „Ich habe die Erinnerungen an Orianna isoliert und tief in ihrem Inneren verborgen. Sie werden dort verschlossen und verschüttet sein, bis Mara die Stärke und vor allem den Willen erworben hat, sie wieder zu entdecken.“

„Aber...“, begann Sarzamin, als wagte sie nicht, ihm diese Frage zu stellen. „Woran wird sie sich dann erinnern?"

„An eine Rivalin, die Himmel und Hölle in Bewegung versetzen wollte, um an ihr Rache zu üben. Dafür, dass sie auf Palpatines Befehl hin den Mörder ihres Liebsten aus dem Weg geräumt hat“, erklärte Luke und strich sich den Schweiß von der Stirn. Nun hatte er eine Ahnung davon, wie müde Mara sich durch Oriannas Erinnerungen gefühlt haben musste. „An mehr braucht sie sich nicht zu erinnern.“

„Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun.“

Das hoffte er auch. Er hatte gesehen, wie viel Schaden Maras Geist bereits genommen hatte. Nicht nur wegen May Montross und all der Dinge, die sie ihr gezeigt hatte. Als er in ihren Geist eingedrungen war, hatte er auch die entbehrungsreichen Jahre nach Palpatines Sturz gesehen. Sie hatte einen Überlebenskampf geführt, ehe Karrde sie gefunden hatte, und sie war siegreich daraus hervor gegangen.

Nein, Mara brauchte das Wissen um ihre Herkunft nicht, um die zu sein, die sie war, dessen war er sich sicher. Niemand würde je erfahren, wer sie hätte sein können, und das war vermutlich besser so. Sie hatte selbst einen Weg gefunden, ein Leben, das sie selbst gestaltet hatte und das sie ausfüllte. Sie war zu einer besonderen Persönlichkeit geworden, auch ohne das Wissen über Ilya und Orianna. Es hatte keinen Sinn in einer Welt des Was wäre, wenn zu verweilen. Dies war eine der Lektionen, die sie ihn gelehrt hatte. Trotzdem würde die Zeit allein zeigen, ob er das Richtige getan hatte.

Mit einem Seufzen ließ Luke der plötzlichen Erschöpfung ihren Lauf und sank neben dem Bett zu Boden. Voller Mitgefühl sah er, wie Flüssigkeit unter ihren geschlossenen Lidern hervor perlte und die silbernen Tränen der Erlösung ihre Wangen benetzten.
 

ES DAUERTE ZWEI VOLLE TAGE, EHE MARA ZUM ERSTEN MAL AUF-wachte. Es kostete sie einiges an Kraft ihre schweren Lider zu öffnen und sich blinzelnd im taghellen Zimmer umzusehen. Nach und nach kehrte das Gefühl in ihren Gliedern und in ihrem Kopf zurück. Sie fühlte sich, als hätte sie wie eine Tote geschlafen. Ihr ganzer Körper schien und geheuer Schwer, drückte sie in die Kissen und machte es ihr unmöglich sich zu bewegen. Und dennoch fühlte sie sich von einer ungeheuren Last befreit, auch wenn ihr nicht einfallen wollte, um welche Last es sich dabei handeln mochte. Schon bald glitt sie in einen Dämmerzustand zwischen Erwachen und Schlafen. Sie hörte entfernt, wie hin und wieder jemand ins Zimmer kam, um nach ihr zu sehen.

Als sie das nächste Mal die Augen aufschlug, hatten sich die Lichtverhältnisse im Zimmer verändert. Das grelle Licht der Mittagssonne war einem sanften Abendrot gewichen, das ihr nicht so sehr in die Augen stach. Vorsichtig stützte sie sich auf die Ellbogen und drückte sich in eine sitzende Position hoch.

Es dauerte nicht lange und Skywalker erschien ihm Raum. Er brachte eine Flasche Wasser und ein Glas und trug eine Miene der Erleichterung zur Schau, als er diese auf den Nachttisch neben Maras Bett abstellte.

„Wie fühlen Sie sich?“ fragte er sanft und füllte das Glas mit dem Wasser. „Besser?“

Sie nahm das Getränk und nickte vorsichtig. Ihr Nacken war vom Liegen ein wenig steif. Vorsichtig führte sie das Glas an die Lippen und ließ einige Tropfen Wasser in ihren ausgetrockneten Mund rinnen. „Ich habe bestimmt schon mal besser ausgesehen“, kom-mentierte sie, „aber ich werde schon wieder.“

„May muss Sie ziemlich erwischt haben“, meinte Skywalker und deutete auf die Schwellung über ihrer Braue. Unwillkürlich hob sie eine Hand zu ihrem Gesicht und befühlte die Platzwunde.

Ja, richtig. Das war die Stelle, an der May sie mit dem Griff des Blastergewehrs getroffen hatte. Plötzlich kam ihr das ganze groteske Szenario wieder in den Sinn.

„Was ist passiert?“ fragte sie und sah Skywalker durchdringend an. „Ich erinnere mich nur noch, wie es mich erwischt hat und dass dieser Avarice wie ein Schwachsinniger um sich gefeuert hat.“ Und da war noch der seltsam leere Ausdruck auf May Montross’ Gesicht, kurz bevor Mara die Besinnung verloren hatte. „Ist sie tot?“

„Ja“, bestätigte Skywalker. „Einer der Blasterstrahlen traf sie in den Rücken.“

Was für ein jämmerliches Ende für eine Frau mit solch ambitionierten Plänen, dachte Mara. Andererseits würde sie die andere Agentin sicherlich nicht vermissen. Sie hatte Mara lediglich in einen Haufen unnötiger Probleme verwickelt, die sich letzten Endes in einer Rauchwolke aufgelöst hatten. Sie freute sich nicht gerade auf den Moment, da sie Karrde erzählen musste, dass er keine neuen Verteidigungsanlagen bekommen würde und seine beste Mitarbeiterin ihre Zeit mit einer sinnlosen Banthajagd vergeudet hatte.

„Sie sollten sich noch etwas ausruhen“, schlug Skywalker vor. „Sie sind immer noch ein wenig blass um die Nase.“

„Kein Wunder!“ rief Mara. „Immerhin liege ich seit Stunden, wenn nicht sogar seit Tagen in diesem Bett und bekomme die Sonne nicht zu Gesicht. Es wird Zeit, dass ich aufstehe und mich nützlich machte.“

Skywalker lächelte mild. „Dann machen Sie aber halblang. Frische Kleidung liegt dort drüben auf der Anrichte. Ich werde dann in der Zwischenzeit alles für unsere Abreise vorbereiten. Sarzamin wird es sich aber wahrscheinlich nicht nehmen lassen, Ihnen noch eine vernünftige Mahlzeit zu servieren, ehe wir aufbrechen.“

Sarzamin Saia. Mara musste daran denken, sich bei der älteren Frau in aller Form und Demut zu bedanken.

„Ja, danke“, sagte sie und schlug die Bettdecke beiseite. Kühle Luft strich über ihre nackten Beine. Behutsam stellte sie einen Fuß nach dem anderen auf den Boden und bewegte alle Zehen, um sicher zu sein, dass sie noch alle vorhanden und funktionstüchtig waren. „Ich werde duschen und mich anziehen. Ich fühle mich, als hätte man mich mit Öl übergossen.“

„Sie sind der Boss“, sagte Skywalker. „Sagen Sie einfach Bescheid, wenn Sie soweit sind und wir brechen auf. Ich werde Sarzamin bitten uns in die Siedlung zu fahren, da ich den Landspeeder gestern zurückgebracht habe. Aber es dürfte nicht allzu lange dauern, die Formalitäten am Raumhafen abzuwickeln und aus diesem System zu verschwinden.“

„Klingt gut“, stimmte sie zu und rang sich zu einem Lächeln durch. „So schön es hier auch sein mag, langsam habe ich genug von diesem Planeten.“
 

SKYWALKER BEHIELT MIT SEINER VERMUTUNG NICHT GANZ UNRECHT. Die Unruhe wegen des von May angezettelten Vorfalls am Vortag hatte sich zwar noch nicht gänzlich gelegt – kleinere Gruppen von Technikern huschten geschäftig umher und überprüften alle möglichen Sicherheitslücken im System – doch es gab niemand behinderte sie auf ihrem Weg zum Büro des Hafenverwalters. Sarzamin wartete geduldig vor der Tür und hüllte sich in Schweigen. Seit Maras Erwachen am späten Nachmittag hatte sie kaum ein Wort gesprochen, sondern lediglich vieldeutige Blicke mit Skywalker gewechselt. Was auch immer in der älteren Frau vorgehen mochte, sie wollte es für sich behalten, und Mara war dies nur Recht.

„Miss Jade! Master Skywalker!“ wurden sie voller Überschwang begrüßt. „Ich hoffe, Sie sind nicht hier um Anzeige gegen uns zu erstatten?“

Mara warf Luke einen fragenden Blick zu. „Wie kommen Sie darauf?“ fragte sie.

„Nun, wegen der Unannehmlichkeit, die Sie gestern erdulden mussten“, sagte der Verwalter mit Entschuldigung heischender Miene. „Ich bedauere dies zutiefst.“

Mara winkte ab. „Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Wir sind nur hier, um eine Starterlaubnis einzuholen.“

„Selbstverständlich.“ Er beugte sich über eine der Konsolen und bediente einige Tasten. „Wissen Sie, gestern ist das Schiff verschwunden, dessen Transpondercodes verändert worden sind. Wie vom Erdboden verschluckt! Ich kann nur hoffen, dass dieser Fall bald aufgeklärt wird. Ich schwöre Ihnen, in den achtund-zwanzig Jahren, die ich hier schon tätig bin, ist mir ein derartigen Vorfall noch nie untergekommen.“

„Ich bin mir sicher, das wird er“, versicherte Mara dem Mann. „Da würde ich mir nicht allzu viele Gedanken machen.“

Wenige Minuten später verließen sie das Büro mit den besten Wünschen und weiteren Entschuldigen des Hafenverwalters, sowie einer gültigen Starterlaubnis. Schweigend begleiteten Sarzamin und Mara Skywalker zu der Landebucht, in der sein X-Flügler untergebracht war. Seine R2-Einheit wurde soeben von zwei Technikern des Raumhafens auf den Sockel hinter der Pilotenkanzel gehoben.

„Das war’s dann wohl“, sagte Skywalker langsam und drehte sich zu den beiden Frauen um. Er reichte der Händlerin eine Hand und schüttelte sie beherzt. „Ich danke Ihnen nochmals für die Gastfreundschaft.“

„Keine Ursache“, erwiderte Sarzamin. „Jetzt habe ich wenigstens etwas zu erzählen. Man trifft ja nicht alle Tage einen Jedi-Meister.“

Luke lächelte verschmitzt. „Mir fällt immer wieder auf, wie ähnlich sich Dantooine und Tatooine doch sind“, stelle er fest. „Nicht nur des Namens wegen.“

„Passen Sie auf sich auf“, sagte Sarzamin.

„In Ordnung“, nickte Skywalker und warf Mara einen Blick zu. „Wir sehen uns im Orbit, nehme ich an?“

„Ja, ich werde mich gleich auch auf den Weg machen.“

Der Jedi nickte noch einmal, wandte sie dann um und ging in Richtung seines X-Flüglers fort. R2 begann aufgeregt zu trillern, als er seinen Herren entdeckte.

„Kommen Sie“, sagte Sarzamin. „Ich begleite Sie auch noch zu Ihrem Schiff.“

„Nicht nötig“, antwortete Mara. „Sie haben in der vergangenen Woche schon genug gute Taten für ein ganzes Leben vollbracht – wofür auch ich Ihnen meine Dankbarkeit aussprechen möchte.“

„Wie schon gesagt, es war nichts“, gab Sarzamin zurück und machte eine wegwerfende Geste. „Wenn Sie mich fragen, so sollte man seine Mitmenschen immer so behandeln, wie man selbst von ihnen behandelt werden möchte.“

„Ein ziemlich noble Einstellung“, meinte Mara mit einem sardonischen Lächeln. „Ich fürchte, solche Ideale sind inzwischen aus der Mode gekommen.“

Sarzamin tätschelte Maras Schulter. „Ich hatte noch nie viel für Mode übrig. Das ist was für die Reichen und Schönen von Coruscant, nicht für eine kleine Händlerin von Dantooine.“

„Wo Sie gerade von Handel sprechen“, begann Mara und griff nach einer Tasche an ihrem Gürtel. Sie zog ein kleines Stück Flimsiplast hervor und reichte es an die ältere Frau weiter. „Dies hier wollte ich Ihnen noch geben.“

Die Händlerin nahm das Stück Flimsi mit zusammen gezogenen Augenbrauen an sich und warf einen Blick darauf. „Was ist das?“

„Nur ein paar Adressen, die Sie Ihrem Kundenstamm hinzufügen sollten“, erklärte Mara. „Diese Herrschaften haben einen ziemlich extravaganten Geschmack und werden Ihre Dienste sicherlich ausreichend zu würdigen wissen. Nennen Sie einfach meinen Namen, wenn Sie anrufen.“

„Herzlichen Dank“, sagte Sarzamin und verstaute das Flimsi in der Brusttasche ihres einfachen Overalls. „Aber das wäre nicht nötig gewesen.“

„Ich glaube doch“, entgegnete Mara und nickte in Richtung Ausgang. „Wollen wir? Die Maschinen er Jade’s Fire brauchen ein wenig länger zum Hochfahren als Skywalkers kleiner Sternenjäger und ich will ihn ja nicht im Orbit versauern lassen.“

Sarzamin lachte. „Wo Jedi doch einen bekanntermaßen so kurzen Geduldsfaden haben“, sagte sie ironisch und sie setzen sich in Bewegung..

„Sie wissen doch was ich meine.“

„Ja, natürlich“, meinte die Händlerin. „Geben Sie gut auf Skywalker Acht. Er hat ziemlich viel für Sie übrig.“

„Das will jetzt überhört haben!“ rief Mara.

Den Rest der Strecke bis zur Andockbucht der Jade’s Fire legten sie wieder schweigend zurück. Mit vor der Brust verschränkten Armen schaute Sarzamin dabei zu, wie Mara noch einmal das Schiff von außen untersuchte und sich vergewisserte, dass sich seit ihrem letzten Besuch am Vortag niemand daran zu schaffen gemacht hatte.

„Scheint soweit alles in Ordnung zu sein“, sagte sie, als sie ihre Inspektion beendet hatte und sich die Rampe des Schiffs langsam senkte, um sie einzulassen.

„Passen Sie auf sich auf, Jade“, sagte Sarzamin.

„Keine Sorge, das werde ich.“

Mit einem Lächeln wandte Mara sich ab und marschierte die Rampe hinauf. Gebannt beobachtete Sarzamin, wie die Repulsoren der Jade’s Fire zum Leben erwachten, die Rampe sich schloss und das Schiff sanft wie eine Feder vom Boden der Andockbucht abhob. Es gewann gleichmäßig an Höhe, stieg immer weiter und verschmolz schließlich mit dem violett schimmernden Abendhimmel über Dantooine.

„Es ist alles in Ordnung, Orianna“, flüsterte Sarzamin in die Stille der hereinbrechenden Nacht. „Deinem Mädchen geht es gut.“
 

ALLEIN IN DER COCKPITKANZEL SEINES X-FLÜGEL-JÄGERS ERSCHIEN Luke die unendliche Schwärze des Weltalls plötzlich trist und leer. Es war schon seltsam, wie schnell man sich an die pastellfarbene Schönheit Dantooines gewöhnen konnte. Und auch an die Gegenwart einer anderen Person. Auf die ein oder andere Weise würde er Maras Gesellschaft bestimmt vermissen.

Nun, er war ja nicht ganz allein. R2 war ja noch immer da, um die Einsamkeit des Fluges zur Jedi-Akademie zu vertreiben.

Wie auf Kommando gab er Droide ein Trillern von sich und die Übersetzung flimmerte in roten Buchstaben über das Display.

„Leg das Gespräch auf den Hauptkanal“, befahl er ihm. „Das ist nur Mara.“

Knisternd öffnete sich der Komkanal und Maras Stimme drang durch aus dem mikroskopischen Lautsprecher in seinem Helm. „So, da bin ich“, sagte sie in beiläufigem Ton. „Wollte nur schnell Auf Wiedersehen sagen.“

„Das dachte ich mir schon“, erwiderte er. „Vermutlich ist Ihr Holo-Postfach bereits mit wütenden Nachrichten von Karrde überschwemmt, wo Sie abgeblieben sind.“

„Ja, so in etwa“, stimmte sie zu. „Aber wollen Sie mal etwas Interessantes hören?“

„Nur zu.“

„Nach der letzten Übertragung hat Faughn noch einmal etwas tiefer in die Trickkiste gegriffen und versucht, weitere Informationen über May Montross zu beschaffen“, informierte sie ihn. „Und raten Sie mal, was sie dabei entdeckt hat?“

„Eine Auflistungen ihrer Aktivitäten, ehe sie die Pirate of the Perlemian unter ihre Kontrolle brachte?“ riet Luke.

„So was in der Art, aber Sie waren schon nah dran“, sagte Mara. „Halten Sie sich fest, das wird ihnen gefallen. Sie hat mehrere Arztrechnungen und Pharmarezepte gefunden. Einige sind schon etwas älter und reichen bis zur Schlacht von Yavin zurück. Andere sind erst vor wenigen Wochen eingelöst worden, eine davon sogar auf Belderone. Sieht so aus, als wäre Montross medikamenten-abhängig gewesen.“

Luke runzelte unwillkürlich die Stirn. „Das ist in der Tat mal was Neues.“

„Das können Sie laut sagen. Hier mal ein kleiner Abriss ihrer Hausapotheke: Vicodin, Trilozitin, Lenilium… Das ganze Sortiment der Corleil Corporation.“

„Das sind alles ziemlich starke Psychopharmaka“, stellte Luke fest.

„Ganz genau“, erwiderte Mara. „Sie litt wohl schon eine ganze Weile unter Depressionen. Kein Wunder, dass sie irgendwann den Verstand verloren hat.“

„Die wird sie jetzt wohl kaum noch brauchen“, schloss er.

„Ja, den Sternen sei dank.“

„Es tut mir leid, dass ich Ihnen während dieser Unternehmung nicht gerade eine große Hilfe war“, gestand Luke. „Ich hätte schon viel eher eingreifen sollen.“

„Ach, halten Sie die Klappe!“ schalt Mara ihn. „Wären Sie nicht gewesen, hätte Montross mich vermutlich kalt gemacht. Und Sie haben dafür gesorgt, dass sich Mays Schläger verzogen haben ohne weitere Schwierigkeiten zu machen. Dafür schulde ich Ihnen wohl jetzt etwas. Aber anscheinend stehen Sie ja darauf, dass Ihnen ständig etwas leid tun muss.“

Ein knappes Lächeln huschte über Lukes Gesicht. „Kann sein. Aber wenn Sie mir jetzt einen Gefallen schuldig sind, würde ich ihn auch gerne sofort einlösen.“

„Aha“, machte Mara. „Und was für ein Gefallen soll das sein?“

„Mir wäre es ganz recht, wenn wir endlich einmal zum du übergehen könnten“, sagte er.

Einen Augenblick lang blieb der Komkanal stumm.

„Wenn das dein Wunsch ist“, erwiderte sie schließlich, „dann kann ich ihn dir wohl kaum abschlagen.“

„Ich danke dir.“

„Und wohin fliegst du jetzt?“

„Nach Yavin. Zurück zu meinen Pflichten, zurück zu meinen Schülern und zurück zu einer verlassenen Schlafkammer.“ Er unterdrückte ein trauriges Lachen. „Ich werde bald sicherlich wieder genug Zeit für eingehende Meditationen und Schwertkampf-übungen haben.“

Selbst durch den Kopfhörer konnte er hören, wie sie sich ein entnervtes Aufstöhnen verkniff. „Ich kann es nicht oft genug sagen, Luke: trag die Erinnerung an Callista nicht mit dir herum wie ein Seelenstigma“, sagte Mara. „Andere Mütter haben auch schöne Töchter.“

Luke lächelte wehmütig. Interessant, dass sie gerade diese Rede-wendung benutzte. „Ich werde bei Gelegenheit daran denken“, erwiderte er sanft.

Für eine Weile blieb der Komkanal stumm. „Nichts zu danken“, erwiderte sie schließlich. Ihre Stimme klang nun anders – weicher, beinahe zärtlich. „Schließlich sind wir doch so etwas wie Freunde, nicht wahr? Auch wenn dies wohl die seltsamste und verrückteste Freundschaft ist, von der ich je gehört habe. Die Ex-Imperiale und ihr Rebellenfreund.“ Über den Lautsprecher ließ sich ein vages Kichern vernehmen.

Luke spürte eine sanfte Wärme in seinem Inneren aufsteigen. Es tat gut wieder ihre Sticheleien zu hören. Das bedeutete, dass es ihr gut ging und dass sie sich in ihrer Haut wohlfühlte. Sie war nicht länger der blasse, dem Fieberwahn erlegene Schatten ihrer selbst. Und er würde lügen, würde er behaupten, dass er nicht erleichtert war. Es tat gut, die alte Mara Jade wieder zu haben.

„Wirst du mich auf Yavin 4 besuchen?“ fragte er.

„Dich oder die Jedi-Akademie?“ erwiderte sie scharfsinnig.

„Beides, um ehrlich zu sein.“

Er konnte ihr Lächeln in der Macht spüren. „Wer weiß solche Dinge schon, Skywalker? Wenn es der Wille der Macht ist, wird mich mein Weg vielleicht des Öfteren mal ins Yavin-System führen. Und nun sieh zu, dass du zurück zu deinen eifrigen Schülern kommst. Es liegt noch eine Menge Arbeit vor dir. Und vor mir auch.“
 

Nachdem sie ihr Gespräch beendet und sich von einander verabschiedet hatten, beobachtete Mara, wie Skywalkers X-Flügler Geschwindigkeit aufnahm und schließlich mit einem kurzen Aufblitzen in den Hyperraum sprang. Sie ließ den Navcomputer der Jade’s Fire durch die Astrogationskarten wälzen und die kürzeste Route in Richtung Coruscant berechnen. Eine Hand um den Steuerknüppel gelenkt, gab sie Schub auf die Backbordtriebwerke und brachte das Schiff weiter von Dantooine weg, weiter auf den Tiefraum zu. Dann wandte sie sich erneut den Nachrichten in ihrem Holo-Postfach zu, die immer noch auf einem Display der Hauptkonsole angezeigt wurden.

Neben den Informationen von Faughn fanden sich noch einige andere Nachrichten in dem Postfach. Einige davon waren nichts weiter als Zwischenberichte einiger Einheiten der Schmugglerallianz, die irgendwo im Inneren und Mittleren Rand unterwegs waren. Andere kamen aus Karrdes Büro und zeigen eine höhere Prioritätskennung an.

Sie wusste, sie sollte sich eine gute Erklärung für Karrde überlegen, warum sie so lange verschollen gewesen war. Immerhin hatte sie sich seit ihrem Aufbruch von Ord Mantell nicht mehr bei ihm gemeldet und das war nun schon fast einen vollen Monat her. War denn wirklich soviel Zeit vergangen, seit Calrissian sie als Gast auf die Daybreak eingeladen hatte?

Mit einem Piepen beendete der Navcomputer seine Berechnungen. Mit nur einem Tastendruck speiste sie die Information in den Hauptrechner ein und steuerte das Schiff auf den berechneten Sprungpunkt zu. Der Hyperantrieb erwachte mit einem schwachen Jaulen zum Leben und die Sterne um sie herum verschwammen zu Linien und wurden schließlich zu der strahlenden surrealen Welt des Hyperraums. Mit einem zufriedenen Seufzen lehnte sie sich im Pilotensessel zurück, verschränkte die Arme hinter ihrem Kopf und betrachtete das abstrakte Farbenspiel jenseits des Cockpitfensters.

Karrde würde noch ein paar Stunden warten müssen. Sie würde erst einmal aus diesem Sektor springen und sich danach um neue Vorräte und eine Ladung Treibstoff kümmern. Bis dahin würde sie sich in der Messe ein wenig körperlich ertüchtigen.

Sie absolvierte gerade eine Reihe komplexer Dehnübungen, als der Bordcomputer ein Gespräch über den Hyperwellensender meldete. Eilig trocknete sie den Schweiß auf ihrer Stirn mit einem Handtuch und nahm den Anruf dann in ihrem Quartier entgegen.

„Na, endlich“, begrüßte sie die vertraute Stimme Lando Calrissians. „Ich habe mich schon gefragt, wo Sie wieder stecken.“

„Ich freue mich auch von Ihnen zu hören“, erwiderte Mara sarkastisch. Gut, dass es sich bei dem Gespräch lediglich um eine Audio-Übertragung handelte, sonst hätte ihr schelmisches Grinsen sie wohl verraten. „Was kann ich für Sie tun?“

„In erster Linie wollte ich nur nachfragen, ob Sie und Luke bei ihrer Suche inzwischen Erfolg gehabt haben“, begann Lando. „Man hat eine ganze Weile nichts mehr von Ihnen gehört.“

„Lassen Sie mich raten“, sagte Mara, „Karrde hat Sie angerufen und sich über meinen Verbleib erkundigt, nicht wahr?“

„Erkundigen würde ich das nicht nennen“, meinte er. „Aufregen wäre wohl der bessere Ausdruck dafür. Also hat er mich beauftragt, weiter nach Ihnen zu forschen und Ihnen ihren nächsten, äh, Auftrag zu übermitteln. Sie sollen sich aber trotzdem so bald wie möglich bei ihm melden.“

„Auftrag?“ hakte Mara nach.

„Erinnern Sie sich an die Fernbedienung, die Luke während der Thrawn-Krise auf Dagobah gefunden hat?“

„Ja, wieso?“

„Es hat neue Entwicklungen in dieser Sache gegeben“, erwiderte er. „Möglicherweise lässt sich herausfinden, woher die Fernbedienung stammte und wofür sie bestimmt war. Und die Spur ist noch heiß, man sollte also keine Zeit verlieren und die Verfolgung aufnehmen.“

„Interessant“, murmelte Mara. „Und woher hat Karrde diese Infomation?“

„Von einem meiner Geschäftspartner auf Kalarba“, erklärte Calrissian. „Das ist auch der Grund, warum er mich ebenfalls in diese Mission einbeziehen möchte.“

„Und ich dachte schon, Karrde wollte sie als mein neues Kindermädchen abkommandieren“, versetzte sie. „Kalarba sagten Sie?“

„Ja, genau.“

„Wann könnten Sie im Doldur-Sektor sein?“

„Wenn ich hier alles stehen und liegen lasse, in drei Standardtagen“, erwiderte Calrissian. „Was ist mit Karrde? Sollten Sie sich nicht zuerst einmal bei ihm melden?“

„Er hat die ganze Zeit lang gewartet, da kann er sich noch ein paar Tage länger gedulden. Außerdem weiß er, dass ich am besten funktioniere, wenn ich dort draußen bin und mich nützlich mache.“

„Verstehe.“ Calrissian war offensichtlich zwischen seinem geschäftlichen und persönlichen Interesse hin und her gerissen. „Nun, ich bin immer für ein Abenteuer zu haben, das wissen Sie.“

„Dann schlage ich vor, Sie machen die Lady Luck startbereit und machen sich auf den Weg in den Doldur-Sektor. Ich werde meine Vorräte auf Bandomeer auffüllen und komme dann umgehen nach.“

Calrissian schwieg einen Augenblick lang. „In Ordnung“, sagte er langsam. „Ich werde mich dann bei Ihnen melden und Ihnen meine genauen Koordinaten geben, damit wir auf dem Planeten nicht an einander vorbei rennen.“

„Gute Idee“, antwortete sie. „Wir sehen uns dann in ein paar Tagen, Calrissian.“

„Sehr gerne. Ich freue mich schon darauf.“

Mit einem leisen Knistern riss die Verbindung ab und die Komkonsole verstummte. Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück, legte eine Hand in ihren Nacken und drehte den Kopf um etwaigen Verspannungen vorzubeugen.

Damit ist die Dantooine-Episode wohl endgültig abgeschlossen, dachte sie. Nun war Schluss mit der sinnlosen Zeitverschwendung.

Sie erhob sich und kehrte ins Cockpit zurück, um den Navcomputer die neue Route berechnen zu lassen.

Treasured Memories

8 Jahre später…
 

Sie kamen. Am Horizaont konnte sie bereits die züngelnden Flammen sehen, die der Trupp nach sich zog, während er alles nieder brannte, das einmal für sie von Bedeutung gewesen war.

Jemand schrie um sein Leben, flehte vergeblich um Gnade. Getrieben von unendlicher Angst lief sie los. Das Senffarbene Gras und die blutrote Erde glitten unter ihr hinweg.

„Ich komme!“ schrie sie aus vollem Halse, aber kein Laut kam über ihre Lippen. Ihre Stimme versagt ihr den Dienst.

„Ich komme!“ versuchte sie es erneut, doch wieder geschah nichts

Die Flammen kamen immer näher, hatten sie schon fast erreicht. Sie konnte bereits die Hitze des Feuers auf ihrer Haut spüren.

Wieder hörte sie jemanden schreien. Es war die Stimme einer Frau.

„Nein! Nein, nicht sie!“ kreischte die Frau verzweifelt. „Ihr dürft sie mir nicht wegnehmen! NEIN!“

Lauf, Mara.

„NEIN! BITTE NICHT!“

Lauf, Mara!

Sie konnte nicht laufen. Die Kraft verließ sie, wurde von dem vernichtenden Feuer aufgesogen, das über die einst so fruchtbaren Ländereien wütete. Ihre Knie wurden weich und sie stolperte.

Ihre Beine gaben nach. Sie landete mit dem Gesicht im Gras. An der Wange spürte sie versteinerte Blütenblätter.

Das Feuer kam immer näher. Sie waren unaufhaltsam.

Lauf weg, Mara!

„Ich kann nicht!“ würgte sie hervor. Tränen sammelten sich in ihren Augen und rannen unaufhaltsam über ihre Wangen. „Ich kann nicht mehr.“

Unbeschreiblicher Schmerz stach von ihren Füßen an ihren Körper hinauf, als die Flammen über sie hinweg gingen. Ein irres Lachen mischte sich mit dem Knistern des Feuers.

„Habt ihr mein Leid noch nicht zu genüge ausgekostet?“ presste sie mühsam hervor, aber es war kaum laut als ein zaghaftes Flüstern.

„Nicht einmal annähernd, Jade. Nicht einmal annähernd…“
 

Mit einem erstickten Schrei auf den Lippen und von kaltem Schweiß überströmt, kämpfte Mara Jade Skywalker sich zurück ins Bewusstsein. Anfangs spürte sie nur fiebrige Hitze, die ihren Körper erfasst hatte. Erst nach und nach schärften sich die matten Konturen im fahlen Licht der coruscantischen Nacht.

Erleichterung ließ einen Großteil ihres Entsetzens augenblicklich von ihr abfallen. Mit einem leisen Seufzen sank sie zurück in ihr Kissen und starrte zur Decke hinauf. Die Macht half ihr dabei, isch zu beruhigen und das Chaos in ihrem Kopf vollends zu vertreiben.

Es war nur ein Traum gewesen. Sie war daheim. Sie lag in ihrem Bett und war sicher. Der verheerende Brand war nur Einbildung gewesen, nichts weiter.

Mit einem Blick zur Seite vergewisserte sie sich, dass Luke nicht aufgewacht war. Völlig ungerührt lag er neben ihr und schlief, das Gesicht vollkommen entspannt. Eine Weile beobachtete sie, wie sich sein Brustkorb langsam hob und senkte, und lauschte dem Geräusch seines friedlichen, ruhigen Atmens.

Was für ein Traum, dachte sie.

Offensichtlich war die Nacht für sie nun zu Ende, denn es wollte ihr einfach nicht gelingen, erneut einzuschlafen. Selbstverständlich hätte sie sich durch die Macht in eine Trance zwingen können, so wie Luke es immer machte, doch sie war in solchen Dingen sicherlich pragmatischer veranlagt als ihr Mann. Also schlug sie die Bettdecke beiseite und stand auf.

In der Erfrischungszelle beugte sie sich über das Waschbecken und wusch den Schweiß mit kaltem Wasser von ihrem Gesicht. Sie nahm sich die Zeit, ihre Erscheinung genau im Spiegel zu betrachten. Zum ersten Mal fielen ihr die kleine Fältchen, die sich langsam um ihre Augen und die Mundwinkel herum bildeten, wirklich auf.

Warum hatte sie gerade heute von Dantooine geträumt? Seit vielen Jahren hatte sie nicht daran gedacht. Sie hatte niemals wieder darauf zurück geblickt oder einen Gedanken an die Frau verschwendet, die damals das Leben zur Hölle machen wollte.

Warum also kehrte die Erinnerung an May Lynn Montross ausgerechnet in dieser Nacht zurück? Lag es an ihrer Erschöpfung? Immerhin war dies der erste Abend seit langer Zeit gewesen, den sie und Luke allein verbracht hatten, ohne irgendwelche Würdenträger oder Bittsteller, die sie ihm einen Gefallen ersuchten. Noch waren sie durch ein Problem an der Akademie behelligt worden.

Mit diesem Gedanken schlenderte sie in die Wohneinheit des Apartments, welches sie und Luke für ihre eher unregelmäßigen Aufenthalte auf Coruscant gemietet hatten. Auf dem Couchtisch standen noch zwei halbvolle Gläser Wein, die sie vor dem Schlafengehen getrunken hatten.

Sie trat an das großzügige Panoramafenster, welches einen atemberaubenden Blick auf Coruscants Skyline darbot, und verschränkte die Arme vor der Brust. Endlose Straßenzüge von Frachtern und Lufttaxen zogen daran vorbei. Und mit einem wehmütigen Seufzen betrachtete sie die Milliarden Lichter, die die Nacht erhellten. Sie hörte nur halb, wie Luke sich mit leise tapsenden Schritten näherte.

„Was ist los?“ fragte er leise in die Stille hinein, als er ins Zimmer kam. „Ist irgendwas passiert?“

„Es war nichts“, gab Mara zurück ohne den Blick von der bizarren Schönheit Coruscants abzuwenden. „Nur ein böser Traum.“

Mit nur wenigen Schritten war Luke bei ihr, trat hinter sie und legte vorsichtig die Hände auf ihre Schultern. „Möchtest du darüber reden?“ fragte er, während er ihrem Blick mit seinem folgte.

„Ich weiß nicht“, sagte Mara. „Der Traum war ziemlich… merkwürdig. So voller Schmerz. Ich weiß auch nicht…“

Luke schlang seine Arme fest um ihre Schultern und zog sie näher an sich. Sie konnte spüren, wie er sein Gesicht in ihrem Haar versenkte und tief einatmete. Ihr war, als wollte er sie mit seinem ganzen Sein umfangen und Mara empfand Trost und Erleichterung in seiner Gegenwart.

„Weißt du noch, was damals auf Dantooine war, Skywalker?“ fragte sie ihn. „Als May Montross es auf mich abgesehen hatte?“

Luke hielt einen Moment inne. „Ja, ich erinnere mich“, sagte er angespannt. „Hast du etwa von ihr geträumt.“

Mara nickte langsam. „Es ist seltsam. Für gewöhnlich habe ich ein ausgezeichnetes Gedächtnis, aber in Bezug auf die Zeit auf Dantooine tun sich vor mir einige Lücken auf. Wie schwarze Löcher, die alles aufgesogen haben“, sagte sie nachdenklich.

Mara fühlte, wie er ihre Haare küsste und sie sanft an sich drückte.

„Wenn ich als Jedi eines gelernt habe“, sagte er, „dann, dass man Träumen nicht immer eine Bedeutung beimessen sollte. Nur wenige bergen Einsichten oder Wahrheiten in sich. Meist sind es nur kleine Regungen in der Macht selbst, die einen in eine bestimmte Richtung zu schubsen versuchen.“

„So wie deine Vision von mir auf Nirauan?“ fragte sie.

„Ja, so in etwa.“

„Aber was sagt mir, dass dieser Traum nichts weiter als ein Hirngespinst war?“ fuhr Mara fort. „Was ist, wenn da noch mehr ist. Etwas wichtig. Etwas, das ich tief vergraben liegt und das ich vergessen habe?“

Luke versuchte zu lächeln, sagte jedoch nichts. Sie wusste ohnehin, wie er über diese Sache dachte.

„Ach, weißt du was?“ rief seine Frau da und schüttelte energisch den Kopf. Sie wandte sich in seinen Armen herum und sah ihn offen an. „Ich will es gar nicht wissen. Soll die Vergangenheit doch zum Teufel gehen.“

Ihr Ehemann blinzelte verblüfft. „Wenn das dein Wunsch ist...“, erwiderte er vorsichtig, „werde ich nicht versuchen, dich vom Gegenteil zu überzeugen.“

Mara grinste. „Ah, sieh an, der Meister ist noch lernfähig“, sagte sie in neckischem Ton und stubste mit ihrem Zeigefinger an seine Nasenspitze. „Du weißt endlich, was gut für dich ist, Skywalker.“

„Ich hatte eine gute Lehrerin“, gab er milde lächelnd zurück.

Sie legte die Arme um seine Schultern und erwiderte sein Lächeln. Dann hob sie ihr Gesicht dem seinen entgegen und schloss die Augen.

Luke akzeptierte die Einladung und küsste sie zärtlich. Fest umschlungen standen sie da und ließen einander die Zeit vergessen. Für einen wertvollen Moment lang gab es in diesem Universum nur sie beide.

Dies waren die Momente, die sie in Erinnerung behalten wollte. Und wenn sie ihm tief in die Augen sah, wusste sie, dass er Dinge in den Tiefen ihres Herzens gesehen hatte, von denen sie nicht einmal selbst Kenntnis hatte. Doch durch die Liebe und all die anderen kleinen Dinge, die er sie gelehrt hatte, hatte sie erkannt, dass es keinen Grund gab, die Vergangenheit zu fürchten. Es gab nichts, weswegen sie sich schämen oder schuldig fühlen musste. Sie war, wer sie war und die Vergangenheit würde keine Macht mehr über sie haben.

Nie wieder.
 


 


 

~ ENDE ~



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Kommentare zu dieser Fanfic (10)
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Von:  DINO2011
2008-12-07T08:08:25+00:00 07.12.2008 09:08
Nun, auch dieses Kapitel ist nicht Schlecht geworden und mir gefällt die FF immer besser, werde sie sicherlich zu Ende lesen ^^

Jedoch haben sich sehr viele Rechtschreibfehler in den Text geschlichen, was es etwas erschwert ihn zu lesen. Schonmal über einen Beta nachgedacht? (Ich will dir damit nicht zu nahe treten, ich will deine Leistung nicht schmälern und dein Können (außer im Punkt RS) nicht in Frage stellen, ich denke nur, dass es der Geschichte gut tun würde.)
Von:  DINO2011
2008-12-03T20:51:32+00:00 03.12.2008 21:51
Nun, vorweg bleibt mir nur, dir zu diesem wirklich gelungenen Kapitel zu gratulieren. Du kannst es ganz gut die bekannte Star-Wars-Atmosphäre rüber zu bringen, darum beneide ich dich sogar etwas ^.~

Deine Wortwahl mag ich außerdem auch sehr, irgendwie hast du eben für mich einen sehr angenehmen Stil.

Dennoch sind einige Fehler (ich tippe einfach auf Tippfehler) im Text, die zwar nicht weiter stören (bis auf einen, den bring ich eh vor) und um die du dich vielleicht kümmern solltest.

>„Ja, aber es hat das mit meinem Anliegen für Karrde zu tun?“<

Der Satz stammt aus dem Letzten Absatz und hat mich etwas gestört, da hier der Fehler doch sehr eindeutig ist. Du solltest wirklich das >es< mit einem >was< tauschen.

Ansonsten ist es wirklich ein sehr gutes Kapitel gewesen, ich hoffe, das bleibt so bis zum Schluss.
Von:  NeptunChan
2008-10-13T07:07:29+00:00 13.10.2008 09:07
Eine wiklich sehr schöne und spannende Geschichte mit einem meiner Lieblingscharaktere: Mara Jade.
Die Geschichte ist dir gut gelungen und du hast einen schönen Schreibstil, man kann das alles sehr gut lesen.
Von: abgemeldet
2008-01-02T20:27:11+00:00 02.01.2008 21:27
Es tut mir leid *wegduck* Aber ein bisschen Spannung darf doch auch noch sein, oder? ich gelobe auch, so gut es geht mit der Story weiter zu machen, damit du nicht so sehr mit Cliffhanger geärgert wirst... wobei das nächste Kapitel recht unspektakulär wird. Na ja, whatever ^.^ erstmal: TAUSEND DANK für die Review *plüsch*

Das war mir wichtig, das Dantooine der Romane mit dem aus KotOR zu verbinden. Ich mochte Dantooine in dem Spiel irgendwie sehr gerne und es fällt mir generell leicht, mir Luke und Mara in diesem Umfeld vorzustellen. Ich hoffe, es geht dir ähnlich ^.^

Du hast sie richtig verstanden, denke ich. May wollte Mara denken lassen, dass sie nicht so handeln sollte wie immer, damit sie ihr doch in die Falle geht. Sie hat Mara quasi durch ihre Gewohnheiten austricksen müssen *g* Wobei das "Alles Verminen: Doppelt hält besser" wohl für Laz und Avarice zugetrffen hätte *LACH* XD Aber das gute daran, dass man verwirrt ist, ist, dass man genauso schlau ist wie Mara: Der Autor hat sein Ziel erreicht XD~

Oh Nein! Das kann ich dir ja nicht antun! Ich geb mir Mühe! Hoffentlich kabbeln sich Luke und Mara im nächsten Kapitel noch genug für deinen Geschmack, denn leider leider wird das bald ein Ende haben ;_; ^.~

*plüsch*
LG,
Ihu
Von:  Glasschmetterling
2007-12-05T18:43:44+00:00 05.12.2007 19:43
Grrrrrrrrrrr... *zähnefletsch und mit den Flügeln flapper* ^^

An der Stelle aufhören... jetzt muss man sich nicht mehr nur Gedanken um Luke und Mara und May machen, sondern auch um den zweiten Handlungsstrang und wie die zusammengehören und und und...
Und du sprichst von durchschaubar? ^^ Öhm... ne (oder ich bin einfach zu dämlich *nuschel*)

Auf jeden Fall gefällt mir ziemlich gut, wie du das Bild von Dantooine aus den Kotor-Spielen und das aus den Büchern verbindest, für mich war das immer so... zusammenhanglos und sich widersprechend, in den Büchern kommt Dantooine ja als der leerste Planet der Galaxis rüber... so wie wenns da den Wind gäbe, der durch die Gräser pfeift, und sonst nix... ^^

Naja, das mag ich... *g*

Stilistisch hats mir wieder gut gefallen, und Luke und Mara, die sich kabbeln... hach *g* Die Szene mit dem kleinen Mädchen fand ich besonders süß...

Aber was mich interessieren würde: May's Falle ist doch genau so ausgerichtet, dass Mara NICHT hineintappen würde, wenn sie so handelt, wie es ihrem Instinkt entspricht. Also hat May jetzt erraten, dass sie aus dem Muster ausbricht, und deswegen die Sprengfalle platziert, oder war das einfach ein Schuss ins Blaue von wegen: "Och, hier auch noch ne Bombe, Sprengstoff ist doch wirklich billig, und lieber zuviel als zu wenig..." ^^
Das verwirrt mich nämlich ein wenig, logikmäßig... *hust*

Naja... auf jeden Fall will ich wissen, wies weitergeht *nüggs* Sonst vergehe ich vor Neugier... ^^

Darky
Von: abgemeldet
2007-08-04T10:35:42+00:00 04.08.2007 12:35
@Darky *dich einfach mal so nenn* ^.^
Zu allererst einmal: Danke für die Review! Und keine Sorge, ich werde schön weiter schreiben, bin schon zu 1/3 mit dem vierten Kapitel fertig :3
Und danke fürs Korrigieren, war ganz erstaunt, dass du dir die Mühe gemacht hast. Ja, das mit dem kursiv, verdammt, die FF-Codes hassen mich ^^° Da übersieht man nur einen tag und alles ist in italic ^^ Und Myrkr habe ich mehr geraten, weil ich fast nur auf der Arbeit schreibe und ich kein Kompedium oder so dabei hatte und Internet war an meinem Rechner auch Mangelware XD Aber ich hab's schon abgespeichert und werd die korrigierte Version bald hochladen ^^
Nyu, dann bleibt mir erstmal nur, dir nochmal zu danken. Ich bin echt froh, dass das Kapitel eine schlüssige Erklärung ergeben hat ^^° Hab die letzten 8 Seiten in einem Rutsch geschrieben und hab mich irgendwan davor gefürchtet, mich in den ganzen Details zu verlieren *g* Ah, verdammt, ich hoffe, es bleibt so "Star Wars"-mäßig, wie du gesagt hast, wenn ich daran denke, was May noch mit Mara vorhat *lach*
*winks*
~Ihu
Von:  Glasschmetterling
2007-08-02T20:58:40+00:00 02.08.2007 22:58
Ein müdes und sehr geehrt fühlendes Darky meldet sich zum Review... ^^

Gefällt mir sehr gut, und so wird wenigstens ein bisschen was klarer, nicht nur für die Leser, sondern auch für die arme Mara *g*
Die Szene mit Luke und dem Kleid fand ich toll, der arme kleine Bauernjunge... *prust*
Und eine schöne Erklärung, warum May Mara und Luke nicht einfach abmurkst, gibts auch, hätte mich sonst schon was gewundert *g*

N paar Fehlerchen sind mir aufgefallen... ich hhoffe, ich hab nicht allzu viele übersehen, aber ich hab gelesen, nicht korrigiert...^^

Myrkr, nicht Myrkyr ^^

Mara nickte und grinste ihn dümmlich an, ehe er und Mara beim Aufstehen behilflich war beim Barkeeper seine Rechnung beglich. (da is was durcheinander gekommen *g*)

Dir wird schon was einfallen, Mara, dachte sie und versuchte ihr wie wild schlagendes Herz zu beruhigen.
Wo war Skywalker, wenn man ihn brauchte?
Von diesem Teil bis Seite 5 ist alles kursiv... *g*

"Okay, das reicht jetzt", sagte Mara, der ebenfalls der ölige Schlick aus dem braungefärbten Haaren tropfte und über ihr Gesicht herab lief. "Wo ist Meelam?" (den Haaren oder dem Haar?)

"Was ist? Wo ist er?" wiederholte sie, diesmal strenger, forcierter. (ich würde fordernder schreiben, aber das is Geschmackssache *g*)

Ein dünner, silbrig glänzender Pfeil, der etwa so lang war wie Maras kleiner Finger, hatte zwischen seiner Nase und dem linken Auge ins Fleisch gebohrt. (sich)

Sie konnte die Anspannung in ihm spüren als wie ihre eigene. (eins muss weg *g*)

May man ihr Fernglas vom Gürtel und überprüfte die Umgebung, fand jedoch nichts, eins eine Schlange, die in der Nähe auf einem Felsen döste. (man und eins)

So, ich hoffe, du bist noch immer motiviert und so, und dass ich nich zu viel rumgemeckert hab... die Story gefällt mir richtig gut, bin ja neugierig wies weitergeht... und sie ist so richtig Star-Wars-mäßig, da passen die Details und die Atmosphäre kommt richtig schön rüber *nick*

*knicks*
Darky
Von:  Nochnoi
2007-06-23T10:46:04+00:00 23.06.2007 12:46
Tja, ich hab doch gewusst, dass das noch Ärger geben würde ^.~

Ich kann mich meiner Vorrednerin nur anschließen, du kannst wirklich sehr gut beschreiben ^^ Besonders gelungen sind dir die Weltraumkämpfe, nicht zu knapp, aber auch nicht zu lang. Wenn sich sowas in die Länge zieht, schalte ich schonmal ab und zu ab, aber bei dir war es richtig portioniert ^.~
Und Luke und Mara sind wirklich entzückend XDDD Mir gefällt es, wie die beiden sich in die Haare kriegen XDD

Dann hoffe ich mal, es geht ganz schnell weiter ^.^

Liebe Grüße
Nochnoi
Von:  Nochnoi
2007-06-22T12:13:53+00:00 22.06.2007 14:13
Hallo ^^

Also dein erstes Kapitel hat mich schon richtig neugierig gemacht!
Dein Erzählstil ist wirklich sehr gut, schön flüssig zu lesen, ohne dass man dabei ins Stolpern gerät. Ich hab zwar hier und da ein paar kleine RS-Fehler entdeckt, aber die sind wirklich nur ganz klein ;p

Und die Story sagt mir auch sehr zu, es fängt ja schon sehr spannend an ^.~ Ich mag Mara und Lando sowieso XDD Das kann ja nur gut werden XD
Tja, und ich schätze mal, unsere gute Mara ist da in eine etwas größere Sache reingeschlittert ^.~ Ich bin mal gespannt ...

Dann les ich auch gleich das zweite Kappi, sobald ich was Zeit finde ^.^

Liebe Grüße
Nochnoi
Von:  Glasschmetterling
2007-06-20T14:00:58+00:00 20.06.2007 16:00
Hm, da es ja hier ziemlich still ist... ^^

Muah, explosive Dekompression für Luke, weil er Mara ihren Lolly nicht geben will... *g* Der Gedanke hat was... ^^

Naja, ich hab n paar kleinere Rechtschreibfehlerchen entdeckt, aber ansonsten ist das ganz ziemlich nett, und ich wär froh wenns vielleicht mal weitergehen würde... ^^

Darky


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