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Die Chronicen von Draconia1

ungewollter Ruhm
von

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Das Meer der 1000 Tode

Spike hatte sich wieder weitestgehend erholt und führte seine Soldaten nun durch die Drachenberge. Drei Tage waren sie bereits unterwegs, als sich in der Ferne endlich wieder weite, draconische Graslandschaften abzeichneten.

Jetzt sind es nur noch zwei Tagesritte bis wir endlich diese Hölle hinter uns haben. dachte Spike.

„Was gedenkt Ihr nun zu tun, General?“ fragte Jester, der neben seinem Vorgesetzten ritt.

„Was wohl?“ erwiderte Spike abfällig. „Sie werden zum Kontinent der verlorenen Seelen übersetzen und ich habe vor ihnen zu folgen.“

„Aber General, das ist viel zu gefährlich zu dieser Jahreszeit. Seid Ihr denn des Wahnsinns?“

„vielleicht bin ich das tatsächlich, aber nicht mehr als Ihr oder sonst einer unserer Soldaten. ich bin hier, um meinen Auftrag zu erfüllen – der nebenbei bemerkt auch der Eure ist – und niemand wird mich davon abhalten, denn wenn die Rebellen es über das Meer schaffen, ist Taog gefallen.“ Er warf dem Leutnant einen abfälligen Blick zu. „Habt Ihr mich verstanden, Jester?“

„Ja, Herr.“

Selbstzufrieden nickte Spike dem Leutnant zu. dann gab er das Zeichen zum Aufbruch.

Von nun an ritten sie unaufhörlich – schliefen sogar im Sattel – und das nur, um keine Zeit zu verlieren.
 

Nach weiteren zwei Tagen erreichten die Rebellen endlich Waterville. Die Hafenstadt war riesig und an die hundert Schiffe waren am Bootssteg vertäut und schwankten im Takt der Wellen.

Keiner der Rebellen konnte glauben, dass hier kein Seefahrer war, der nicht im Sommer über das Meer der 1000 Tode fuhr.

Während Saro seine Männer zu einer Gaststätte führte, ritt Kai zielstrebig auf den Steg zu.

Der Schwertmeister ließ Fremder vor einem großen, weißgestrichenen Eichenschiff halten, an dessen Bug mit schwarzen Runen der Name >Weißstern< gestrichen war. Er ließ sich von Rücken seines Hengstes gleiten und ging auf das Schiff zu.

„Hey, Devin!“ rief er zur Reling hinauf. „Bist du da?“

Ein junger Mann um die 30 Jahre kam an die Reling geschlendert. Er hatte halblange, schwarze Haare, einen kurzen Kinnbart, braune Augen, trug einen langen, braunen, abgenutzten Ledermantel und hatte von der Sonne stark gebräunte Haut.

„Wer verlangt nach mir?“ fragte er mit der rauen Stimme eines erfahrenen Seefahrers.

„Ich, Kai vom Nadelwald.“ erwiderte Kai. „Ich verlange nach dir, Devin.“

„Lange nicht mehr gesehen, was?“ Devin sah hinunter auf den Steg und grinste Kai freundlich an. „Was führt dich hierher?“ Sein Blick fiel auf die Schlinge in der Kai seinen rechten Arm trug. „Was ist geschehen?“

„Ich hab mich mit einem Drachen angelegt“ – Kai grinste – „und leider den Kürzeren gezogen.“

„Verstehe.“ Devins blick wich von Kais Arm und richtete sich auf das Gesicht des jungen Kriegers. „Aber du bist doch sicher nicht nur hier, um mit mir zu plaudern.“

„Das nicht.“

„Was dann?“

Das Grinsen war aus dem Windgegerbten Gesicht des Seemannes gewichen. Er sprang hinunter auf den Steg und starrte Kai neugierig in die Augen. Auch wenn er zu ahnen schien, was Kai wollte, zeigte er es nicht und behielt seine ausdruckslose, strenge Miene bei.

„Bring uns zum Kontinent der verlorenen Seelen!“ verlangte Kai ruhig.

„Euch?“ fragte Devin misstrauisch. „Wer ist noch bei dir?“

„Das tut nichts zur Sache.“

„Doch das tut es.“ Die Stimme des Seefahrers steigerte sich fast zu dem Brüllen eines gigantischen Drachens. „Du willst, dass ich dich hinüberbringe, oder? Glaubst du ich lasse einfach jeden dahergelaufenen auf meine Weißstern? Da könnte ich ja gleich ein Schild aufstellen, auf dem Steht: >Hier kann jeder ein und ausgehen, der möchte und bitte nehmt alles mit, das Euch gefällt<“

„Beruhige dich, Devin. Ich sage es dir. Bei mir sind noch 24 Draconische Rebellen und ein Fewalli.“

„Warum wollt ihr zum Kontinent der verlorenen Seelen?“

„Uns sind taogische Soldaten auf den Fersen. Ich fürchte, dass sie uns schon bald einholen könnten und da wir noch nicht genügend Männer haben, um uns ihnen entgegenzustellen, hoffen wir, dass wir auf dem Kontinent neue Verbündete erhalten.“

Devin sah den Pier entlang, um nach möglichen Zuhörern Ausschau zu halten.

Als er niemanden erblickte, fragte er mit ernster Stimme: „Wann wollt ihr rüber?“

„So schnell wie möglich.“ erwiderte Kai. „Am Besten schon morgen.“

„Nein.“ Der Seemann schüttelte den Kopf. „Du weißt genau, dass es zu dieser Zeit zu gefährlich ist. Wartet bin zum Herbst!“

„So viel Zeit haben wir nicht, Devin.“ Jetzt Sah sich auch Kai nach Zuhörern um und sprach dann mit leiser Stimme weiter: „Ich bin mir sicher, dass hier schon in wenigen Tagen einige Taogi auftauchen werden, die uns suchen und wenn sie mich und die restlichen Rebellen gefunden haben, sind wir schon so gut wie tot.“

„Verstehe.“ Devin kratzte sich am Bart. „Da ihr etwa 26 Mann seid, könnten wir es vielleicht doch im Sommer schaffen.“ Er sah Kai direkt in die Augen. „Aber merke dir eins, alter Freund: Ich tue das hier nur, weil es um dein Leben geht. Bei jedem anderen, währe mir meine Weißstern wichtiger gewesen.“

„Ich danke dir, Devin.“ Kai nickte ihm zu. „Ich bin dir etwas schuldig.“

„Lass es gut sein.“ Devin schüttelte den Kopf. „Wozu hat man Freunde? Außerdem schulde ich dir noch etwas, von unserem letzten Ausflug auf das Meer der 1000 Tode.“

„Ich danke dir nochmals.“ Kai machte eine knappe Verbeugung. „Wir sehen uns im Morgengrauen.“

Kai drehte sich um, ging zu seinem Pferd, nahm die Zügel des schwarzen Hengstes und führte ihn zum Gasthaus.

Dort angekommen band er Fremder an einen Pfahl und betrat den Schankraum des Gasthauses.

Der gesamte Raum war mit Rebellen regelrecht vollgestopft. Es roch nach Bier und Bratkartoffeln.

Kai schlängelte sich durch die Menge und setzte sich zu Saro und Barun an einen Tisch der in der dunkelsten Ecke des Raumes stand.

„Und wie ist es gelaufen?“ fragte der Rebellenführer.

Kai winkte eine Kellnerin heran und bestellte eine Portion Bratkartoffeln und einen Krug Bier.

„Er setzt uns im Morgengrauen über.“ berichtete Kai, als die Frau wieder gegangen war.

Saro nickte.

„Gut.“ sagte er. „Aber sag mal: Warum nimmst du diese Schlinge eigentlich nicht langsam mal ab?“

„Der Bolzen hat einen Knochen in meiner Schulter durchschlagen“ – Auf Kais Lippen zeichnete sich ein Schalkhaftes Grinsen ab – „und wenn ich die Schlinge abnehme bevor der Knochen verheilt ist, reißt mir Kiddi den Kopf ab.“

Saro lachte auf.

„Sie sich einer diesen Schwertkämpfer an!“ rief er aus. „Zeigt keinerlei Angst vor einem Drachen, aber vor dem Zorn eines Mädchens fürchtet er sich wie ein Kind vor unheimlichen Geräuschen.“

„Ich fürchte mich nicht vor ihr.“ widersprach Kai verletzt.

„Nein?“

„Nein. Ich habe nur keine Lust darauf, mit Kiddi Ärger zu kriegen. Außerdem ist sie nicht nur ein Mädchen, und das weißt du.“

„Ja, ja, es ist mir klar.“

Die Kellnerin kam zurück und stellte Bier und Kartoffeln vor Kai hin.

„Das macht drei Silbermünzen.“ erklärte sie und hielt Kai ihre geöffnete Hand hin. „Wenn Ihr nicht bezahlen könnt, verlasst unser Haus.“

„Schon gut, schon gut.“ Sagte Kai und kramte in seinen Taschen herum, um den Eindruck zu erwecken, dass er kein Geld bei sich hatte.

„Nun rückt schon raus mit den Münzen!“

Schadow, der sich neben der Bank, auf der sein Herr Platz genommen hatte zusammengerollt hatte, sprang auf und knurrte die Frau an, da er wahrscheinlich glaubte, dass sie Kai etwas zuleide tun wollte.

Erschrocken trat die Kellnerin einen Schritt zurück und starrte den Wolf a verängstigt an.

„Schadow, alem!“ befahl Kai ruhig und legte dem Wolf die Hand auf den Kopf. „Habt keine Furcht. Dieser Wolf tut Euch nichts.“

Langsam kam die Frau näher und streckte abermals die Hand aus.

„Das Geld!“ stotterte sie.

„Natürlich.“ Kai griff kurz in eine Tasche seines Mantels, förderte eine glänzende Goldmünze hervor und legte sie der Kellnerin in die Hand. „Bitteschön. Passt so.“

„D-Danke.“

Die Kellnerin warf Schadow einen letzten, misstrauischen Blick zu und verschwand dann in der Menge.

Kai hob den Bierkrug und trank einen großen Schluck des süßen, dunklen Gebräus.

„Das war aber nicht sehr freundlich, Kai.“ tadelte Barun.

„Was denn?“ fragte Kai unschuldig. „Hast du eine Ahnung davon wie schwer es ist, mit der linken Hand in die rechte Manteltasche zu greifen?“

Barun sagte nichts. Er kannte Kai noch nicht gut genug, um zu sagen, ob er die Kellnerin absichtlich mit seinem Wolf erschreckt hatte oder ob es tatsächlich nur ein Versehen gewesen war.
 

Spike führte seine ihm noch verbliebenen Männer über die weiter Grasebene, die zwischen den Drachenbergen und Waterville lag. Er blickte immer geradeaus oder auf die verblassenden Spuren der unbeschlagenen, draconischen Pferde.

„Wie lange brauchen wir noch, bis wir Waterville erreichen?“ fragte Jester, der neben seinem General ritt und sich in diesem Teil Draconias nicht auskannte.

Spike antwortete ohne den jungen Leutnant anzusehen: „Noch einen Tagesritt.“

„Was tun wir, wenn sie dann bereits fort sind?“

„Dann segeln wir hinterher.“

„Aber was, wenn sie nicht zum Kontinent der verlorenen Seelen segeln?“

„Sie werden dort hin segeln. Saro wird sich durch nichts und niemandem von seinem Entschluss abbringen lassen.“

Mit dieser Antwort musste sich der Leutnant begnügen. Egal wie oft er seinen jüngeren Vorgesetzten auch fragte, er bekam immer dieselbe Antwort.

Diese Nacht schliefen sie nicht im Sattel, sondern schlugen ein behelfsmäßiges Lager auf.

Sie hatten bereits 20 Mann an die Drachen verloren, denen sie auf ihrem Weg begegnet waren. Wobei nur 5 Mann von den Drachenbergdrachen getötet worden war. Die restlichen 15 hatten die kleineren, aggressiveren Steppendrachen auf den draconischen Grasebenen umgebracht.

Auch trugen einige Pferde Reiter, die durch die angriffe der draconischen Bestien verstümmelt worden waren und in den Wagen Männer, die nicht selten heftige Bekanntschaft mit den grauenvollen Klauen eines Drachen gemacht haben.

Doch Spike war froh, dass er nicht mehr Verluste gemacht hatte und sie lebend aus dem Land der Drachen entkommen waren, denn zwischen den Drachenbergen und Waterville gab es keine Drachen. Auch war er sich sicher, dass die Rebellen hier entlang gekommen waren, denn vor einigen Tagen hatten sie die zerfetzten Überreste eines Drachen gefunden, dem Mann einen Bolzen durch den Schädel getrieben hatte. Die anderen Drachen hatten nicht sonderlich viel von ihrem Artgenossen übrig gelassen und ihn bis auf die Knochen abgenagt.
 

Kai stand am Bug der Weißstern und genoss den salzigen Duft des Meerwassers.

Endlich wieder auf hoher See. dachte er. Wie mir doch dieses Gefühl gefehlt hat, diese Freiheit und die endlose Weite der See.

An Deck des Schiffes hätten ohne Probleme fünf Drachen von Shivas Größe Platz gehabt, wenn sie sich zusammenrollten, und der Drache maß immerhin vom Kopf bis zur Schwanzspitze sechs und bis zur Spitze der größten Rückenschuppe drei Meter. Zusätzlich hatte der Drache noch eine Flügelspannweite von mehr als zehn Metern.

Devin hatte darauf bestanden, dass sie Shiva in der Mitte unterbrachten, um zu verhindern, dass sein Schiff Schlagseite bekam und möglicherweise kenterte.

Kai blickte aufs Meer hinaus.

Durch den Sonnenuntergang sah es aus, als hätte jemand das Wasser rot eingefärbt.

Der junge Krieger holte tief Luft, drehte sich dann um und ging auf die Treppe zum Unterdeck zu. Allerdings musste er, um zu der Treppe zu gelangen, über die massige Gestalt des Drachen klettern und das gestaltete sich immer wieder als äußerst schwierig, denn Shiva riss oft ihr Maul auf und schnappte unvermittelt nach allem, was sich bewegte.

Die Schlinge hatte Kai zwar wieder abgenommen, aber da seine Schulter noch immer schmerzte, war diese einfache Sache für ihn immer wieder eine enorme Kraftanstrengung.

Er wartete bis Shiva ihr Maul geschlossen hatte, sprang dann darauf, kletterte über ihren breiten Rücken und ging zu der Tür, die zur Treppe führte. Er schlenderte die Stufen hinunter, an der Tür zu den Mannschaftskajüten und der Kombüse vorbei zum zweiten Unterdeck, wo sich der Laderaum befand und wo sie ihre Pferde untergebracht hatten. Er ging zu seinem Hengst und strich ihm über die Stirn.

Fremder stieß seinen Herren mit dem Maul an und gab ein leises Wiehern von sich. Dem großen Pferd gefiel es gar nicht, dass er mit so vielen Pferden auf derart engem Raum zusammengesperrt war.

Zwischen den Boxen von Saros Pferd und Kiddis Stute schlich Schadow hervor. Der alte Wolf hasste Schiffe und war dementsprechend vorsichtig in seinen geschmeidigen Bewegungen. Das Schwanken des Kahns schien für ihn die Hölle auf Erden zu sein.

Am Liebsten hätte Kai den Wolf ja mit in seine Kabine genommen, aber das hatte Devin ihm verboten, nachdem der Wolf in der ersten Nacht auf See im Schlaf in die Hand des Kapitäns gebissen.

Schadow stieß Kai sanft gegen das Knie.

„Tut mir leid, mein Freund.“ Sagte Kai und kraulte den Wolf zwischen den Ohren. „Ich kann dich nicht mit nach oben nehmen. Weißt du, Devin hat gesagt, dass du ruhig die Pferde beißen kannst, so lange nicht die Hand eines Seemannes dazwischen ist. Ich weiß, dass dir, das nicht gefällt, aber er hatte seine Gründe dafür.“ Er nahm seine Hand vom Kopf des Wolfes. „Es ist bald vorbei, mein Freund.“

Er verließ den Laderaum und ging hinauf zu seiner Kajüte. Dort angekommen machte er es sich in der schäbigen Hängematte bequem und starrte an die Decke.

Das ist die letzte Nacht, die ich auf der Weißstern verbringen werde. dachte er. Das heißt, wenn uns nicht noch irgendetwas dazwischen kommt.

Plötzlich hörte Kai schnelle Schritte, die sich der schäbigen Eichentür seiner Kajüte näherten.

Dann wurde die Tür mit solcher Wucht aufgeschlagen, dass sie fast splitterte.

Devin stand keuchend und nach vorne gebeugt im Türrahmen. Sein Atem ging schwer.

„Kai, schnell!“ keuchte er.

„Was ist?“ fragte Kai beunruhigt, setzte sich auf und griff nach seinen Schwertern.

„Komm einfach mir. Wir…wir haben ein riesiges Problem. Und… und nimm deinen verfluchten Wolf auch gleich mit.“

Schnell stand Kai auf, schnallte sich die Schwertgurte um und pfiff Schadow zu sich, der auch gleich darauf die Treppe hinaufhastete.

Nur wenige Minuten später standen die Zwei Männer und der Wolf an Deck. Atemlos starrte Kai auf den langen, schuppigen Hals eines riesigen, meerblauen Seeungeheuers, das in der Dunkelheit der Neumondnacht gräulich glänzte. Mit zitternden Händen zog Kai Drachenzahn aus der Scheide, während seine Augen den Hals hinauf zum narbigen Kopf des Ungeheuers fuhren.

Shiva flog knurrend um den Kopf herum. Sie wirkte im Vergleich zu diesem Monster wie ein kleiner Vogel, der um einen Drachenbaum kreist.

Es war nahezu unmöglich ein solches Biest zu vernichten, denn schon allein das Auge hatte einen Durchmesser von ungefähr drei Metern.

Während das Ungeheuer seinen Kopf langsam zum Boot hinab senkte, wandte Kai seinen Blick von ihm ab und sah zu Kiddi hinüber. Erneut stockte ihm der Atem, denn Kiddi leuchtete in einem seltsamen, violetten Licht.

Auch Devin war dieses Leuchten aufgefallen.

„Was tut sie da?“ fragte er Kai.

„Sie konzentriert sich auf die Kunst.“ erwiderte Kai, der seinen Blick nun wieder fest auf das Ungeheuer gerichtet hatte.

Als dieses seinen Kopf soweit fast gesenkt hatte, dass sie ihm in das riesige Auge sehen konnten, holte Kai tief Luft und bereitete sich auf seine wohlmöglich letzte Schlacht vor.

Dann war es soweit. Das Auge des Monsters sah Kai direkt an und er konnte sich in der spiegelgleichen Pupille sehen.

Kai machte eine schnelle Handbewegung zu Schadow und rief: „Schadow, mestai!“

Der Wolf reagierte sofort. Er stürmte los und verbiss sich in das Auge des Ungeheuers.

Das Meerestier riss wütend seinen Kopf empor, schüttelte ihn und nickte heftig, um das kleine, schwarze Tier, das ihm solche Schmerzen bereitete loszuwerden. Einige Minuten lang schaffte es Schadow sich zu halten, doch dann verlor er den halt und wurde auf die Planken des Schiffes geschleudert. Er blieb regungslos auf der Seite liegen. Blut rann aus seiner Schnauze.

Schnell lief Kai zu seinem treuen Begleiter. Er musterte den Wolf von allen Seiten. Als er feststellte, dass das Tier keine äußeren Verletzungen hatte, seufzte er erleichtert, hob es vom Boden auf und ging zu Devin, der noch immer in der Tür zum Unterdeck stand, zu.

„Devin, bring Schadow bitte in meine Kabine und bleib bei ihm.“ bat Kai den Seefahrer leise.

Devin nickte, nahm seinem Freund das Tier ab und fragte besorgt: „Was hast du vor, Kai?“

„Das wirst du schon sehen.“ Der Schwertmeister warf dem Seeungeheuer einen hasserfüllten Blick zu. „Ab jetzt ist es etwas Persönliches.“

Als der Schiffer unter Deck verschwunden war, fasste Kai sein Schwert mit beiden Händen. Er spürte wie die uralte Kraft in seinen Händen pulsierte, durch seinen Körper strömte und ihn mit dem Zorn erfüllte, den der ursprüngliche Besitzer von Drachenzahn in den Jahrhunderten seines Lebens angesammelt hatte.

Kiddi führte in der Zwischenzeit ihren Zauber durch. sie schlug mit ihrem Schwert einen Halbkreis in der Luft. Eine rote Sichel löste sich von der Klinge und raste auf das Ungeheuer zu. doch der Zauber verfehlte sein Ziel, da dieses eine schnelle Bewegung zur Seite machte.

Kai beobachtete das Ganze mit Gleichmut. Er wartete bis das Tier seinen Kopf erneut senkte, rannte los und sprang auf den Kopf der Bestie.

Er hob das Schwert aus Drachenzähnen empor, stieß mit seiner eigenen und der Kraft des Drachen zu und trieb die Klinge tief in den Schädel des Ungeheuers, das daraufhin wild zuckend und unter lautstarkem Gebrüll langsam im Meer versank. Schnell zog Kai Drachenzahn aus dem Schädel des sterbenden Tieres und sprang wieder auf das Deck der Weißstern. Sein Atem ging schwer und Schweiß rann von seiner Stirn. Zudem war der Schmerz in seine Schulter zurückgekehrt, denn der Knochen, den der Bolzen damals durchschlagen hatte, war noch nicht geheilt.

Den Schmerz nicht beachtend schob Kai sein Schwert zurück in die Scheide und lief zur Tür. Doch auf halben Weg strauchelte er und Brach auf die Knie. Eben hatte er noch die Macht gehabt eines der grausamsten Wesen auf dem Erdengrund zu besiegen und nun hatte er nicht mal mehr genug Kraft, um sich selbst auf den Beinen zu halten. Wütend schlug er mit der Faust auf das Holz der Planken.

„Verdammt!“ fluchte er. „Ich hätte nie gedacht, dass mir die Kraft des Drachen mich so viel meiner Energie kosten würde.“

Plötzlich spürte Kai eine Hand auf seiner rechten Schulter. Mit einem von Schmerz gedämpften knurren entzog er sich der Berührung und zwang sich zum Aufstehen, ging langsam auf die Tür zu und dann durch sie hindurch. Nachdem die Tür hinter ihm wieder zugefallen war, lehnte sich Kai gegen die Wand, zu schwach, um sich noch viel länger auf den Beinen zu halten. Er atmete mehrmals tief durch und taumelte schließlich die Treppe hinab. Dann ging er langsam zu seiner Kabine.

Dort angekommen fand er Devin und Schadow vor.

Als der junge Schwertmeister eintrat, blickte Devin auf und musterte eingehend das blasse, verschwitzte Gesicht seines Freundes.

„Du siehst schrecklich aus, Kai.“ bemerkte der Seefahrer besorgt.

„Dann sehe ich so aus, wie ich mich fühle.“ entgegnete Kai flüsternd. „Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Wie geht es Schadow.“

„Ich glaube, dass er weitestgehend unverletzt ist. Er muss sich nur ausruhen“ – er warf Kai einen strengen Blick zu – „und ich glaube, damit ist er nicht der Einzige.“

Kai grinste.

„Du hast Recht, mein Freund.“ gestand er sich ein. „Auch ich muss mich ausruhen. Lass mich allen.“

Devin nickte und ging hinaus.

Kai hingegen warf seinem Wolf einen beunruhigten Blick zu. dann biss er die Zähne aufeinander und umklammerte seine Schulter. Er schnallte sich die Schwertgurte ab, legte sie auf einen kleinen Holztisch und legte sich in die Hängematte.

Nun gab sich der Krieger endlich seiner schmerzenden Schulter und der Erschöpfung hin, schloss die Augen und verfiel in einen langen, fiebrigen Schlaf, der seinen Freunden noch einige Sorge bereiten sollte.

Die Zeit verstich. Der Tag neigte sich dem Ende zu und schließlich erreichte die Weißstern ihr Ziel – den Hafen von Wolfsfels. Doch Kais Zustand hatte sich noch immer nicht gebessert.

Aus diesem Grund entschloss sich Saro dazu, Luk loszuschicken, um einen Arzt zu finden.



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