Zum Inhalt der Seite

Die Chronicen von Draconia1

ungewollter Ruhm
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der letzte Kampf - eine neue Herausforderung

„Und wie ist es gelaufen, General?“ fragte Sandro.

„Wir wurden zurückgeschlagen, Herr.“ erwiderte Jester unterwürfig. „Lediglich 400 Männer haben überlebt. Der Feind hat nun alle Drachenritter auf seiner Seite. Selbst der junge Haupt-mann Laylayo befand sich unter den Opfern des schwarzen Drachen.“

„Schon wieder der Drachenritter.“ Sandro ging vor seinem Thron auf und ab. „Ich muss zugeben, dass mir dieser Draconiar langsam auf die Nerven geht.“ Er kratzte sich nachdenklich an Kinn. „Nun, um dieses Ärgernis ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen, gebe ich Euch meinen fähigsten Krieger mit.“

„Herr, ich halte das nicht für empfehlenswert. Denkt bitte daran, wer sein Vater ist.“

„Ihr haltet vieles nicht für empfehlenswert, General.“ Er erhob die Stimme. „Sturmreiter Stodelat del Sorones tretet ein.“

Die riesige Flügeltür schwang auf und der junge Sturmreiter trat ein. Er trug seinen Helm in Form eines Drachenkopfes unter dem Arm und schaute nicht nach rechts oder links, sondern geradeaus auf den König.

„Ihr ließet nach mir schicken, Sire?“ fragte er, beugte aber nicht wie Jester oder jeder andere, der seinem König gegenübertrat sein Knie. „Also sagt mir nun bitte, was Ihr wollt und bitte“ – Er hob abwehrend die Hand – „erzählt mir nicht schon wieder die Geschichte Taogs oder der Sturmreiter, denn die kenne ich zur Genüge.“

„Nun denn“ – der König knirschte über die Respektlosigkeit des Jungen Mannes mit den Zähnen – „Stodelat, Ihr seit mein bester Krieger und das ist Euch sicherlich bekannt. Daher schicke ich Euch mit General Jester los, um die Reihen der Rebellen zu zerschlagen.“

„Wenn es denn sein muss.“ Er wandte sich an den General: „Gibt es Neuigkeiten von meinem Vater?“

„Leider nein. Seit er mit meiner Stute davon geritten ist, habe ich ihn weder gesehen, noch etwas von ihm gehört, junger Herr.“ log Jester mit gebührendem Respekt vor dem Sturmreiter.

„So ist das also.“ Er musterte den General misstrauisch. „Na ja, egal. Lasst uns lieber aufbrechen.“

Stodelat ging zur Tür. Nach einer kurzen Verbeugung folgte ihm Jester.
 

Auf Dem verkohlten Feld lagen die schlimm verbrannten, schwarzen Körper der Taogi, die Shivas Feuer nicht hatten entrinnen können.

Nur einer hatte die Flammen überlebt. Laylayo war als halber Draconiar extrem hitzeun-empfindlich und daher hatte ihn das Drachenfeuer nicht umbringen können. Doch wenn er nicht schnellstens Hilfe bekam, würde er sicherlich sterben. Langsam schleppte er sich auf die Baumgrenze zu, doch etwa 1,5 Meter davor brach er zusammen.
 

Dies hatte Tschachfsü beobachtet und kam nun aus dem Wald geritten. Erließ sein Pferd neben dem Halbblut halten, stieg ab, fasste Laylayos Schulter und rüttelte ihn.

„Lay. Wach auf, Bruder.“ sagte er besorgt.

Er konnte nicht lauter sprechen, denn das verübergehende Lager der Rebellen war zu nah.

Langsam öffneten sich die Lieder des todgeglaubten Hauptmanns. Seine scheußlich verbrannte Haut war an mehreren Stellen gerissen und blutete stark.

Er sah seinen Halbbruder mit leeren glasigen Augen an, ohne ihn zu erkennen.

„Lay, bitte.“ flehte Tschach leise. „Ich bin es. Sag was, sprich mit mir.“

„Bist du das, Tschachfsü?“ fragte Laylayo gebrochen. „Ich dachte du wärst tot.“

„Schone deine Kräfte, Bruder. Ich… ich bringe dich zu Jaime. Der wird dir hoffentlich helfen. Ich will nicht auch noch dich verlieren.“

Lay antwortete nicht. Er schloss wieder seine Augen.

Nun nahm Tschach seinen Halbbruder hoch – der junge Draconiar war ungewöhnlich stark (Kai hatte ihn schon mit einem Tritt Felsen zertrümmern sehen) auch wenn man ihm das nicht ansah – und brachte ihn zu seinem Pferd wo er den Hauptmann vor den Sattel auf die Schultern des grauen Hengstes legte. Er selbst nahm hinter Lay im Sattel Platz und spornte das Tier an. Mit langen Schritten galoppierte der Hengst in den Wald, denn Tschach wollte keine Zeit verlieren und seinen Halbbruder ins Lager bringen. Erhoffte nur, dass Laylayo so lange durchhielt.

Als Tschach mit seinem bewusstlosen Bruder das Lager erreichte, wurden sie nicht grade freundlich empfangen.

„Was soll das, Tschach?“ rief Luk, der sich kurz zuvor noch mit Ser Garamir und Ser Kilithon unterhalten hatte. „Warum schleppst du eine dieser Leichen hier an?“

„Wo ist Jaime?“ fragte Tschach, ohne auf den scharfen Unterton in Luks Stimme zu achten.

„Was willst du von ihm?“

„Dieser Mann ist nicht tot.“

„Na und?“ Luk warf dem Bewusstlosen Mann einen abwertenden Blick zu. „Er ist ein Taogi und außerdem noch ein hochrangiger Soldat. Er hat nichts Besseres als den Tod verdient.“

„Nein!“ Tschach sprang vom Pferd, lief auf Luk zu, packte ihn am Kragen und hob den Ritter so hoch, dass seine Füße den Boden nicht mehr berührten. „Dieser Mann ist weder ein Taogi noch sonst irgendwas.“ Aus dem Augenwinkel sah er, wie die Drachenritter ihre Waffen zogen und sich bereit machten, ihn anzugreifen, aber er beachtete das nicht. „Er ist ein Halbblut und der Sohn meines Vaters. Also: Wo ist Jaime?“

„Dei-Dein Bruder ist ein Verräter?“

„Lay ist kein Verräter!“ Tschachfsüs Griff festigte sich. „Er ist in Taog aufgewachsen, weil seine Mutter eine Taogi war und dass er auf ihrer Seite kämpfte, liegt nur daran, dass er dachte ich und unser Vater wären tot.“

„Lass ihn los, Tschach.“ sagte eine Kais tiefe Stimme hinter ihm. „Dein Halbbruder soll sich erst mal erholen. danach entscheide ich, ob er bleiben darf.“

Erleichtert setzte Tschach Luk wieder auf dem boden ab und sagte: „Danke, Kai. Lay wird uns sicherlich keine Probleme bereiten.“

„Du bürgst also für ihn?“ Kai wartete auf Tschachs Nicken, dann fuhr er fort: „Jaime ist da hinten bei Kiddi, Saja und den anderen.“ Er deutete auf eine etwas größere Feuerstelle etwas abseits der anderen. „Du solltest dich lieber beeilen. Luk du hilfst ihm.“

„Ja, Kai.“ Zusammen mit Luk zog er seinen Bruder vom rücken des Grauen. „Danke dir, Wolfslord“

Dann brachten sie ihn zur Feuerstelle.
 

Kaine lief unruhig in ihren Gemächern auf und ab.

„Sie haben ihn einfach gehen lassen!“ zischte sie. „Könnt Ihr Euch das vorstellen, Vortem?“ Sie warf dem toten Ritter einen hasserfüllten Blick zu. „Sie haben ihn einfach freigesprochen und das obwohl er einen strikten Befehl verweigert hat. Nicht nur das, sie sind auch noch mit ihm in den Kampf gezogen!“

„Beruhigt Euch, meine Fürstin.“ sprach Vortem mit seiner hohlen, tiefen Stimme. „Euer Bruder lebt, na und? was interessiert es Euch? Er kann Euch doch nicht gefährlich werden.“

„Ihr habt keine Ahnung, wie gefährlich Luk mir werden kann.“

„Oh, ich glaube, ich weiß ganz genau, warum Ihr das tut.“ Ein sardonisches Grinsen umspielte seine toten Lippen. „Ihr wollt sie brechen, nicht? Ihr erhofft Euch, dass sie aufgibt, wenn Ihr Euren Bruder tötet.“

„Wen soll ich brechen wollen? In wie fern aufgeben?“

„Diese Heigani. Ihr wollt, dass sie den Wolfslord aufgibt.“ Er bemerkte Kaines strafenden Blick noch bevor sie ihn selbst mitbekam. „Also kommt schon, ich kenne Euch gut genug. Wie alt ist der Junge gleich noch mal?“

„Sturm ist jetzt drei.“ Gab Kaine wütend zurück. „Doch ich verstehe nicht, was mein Sohn damit zu tun hat. Ich habe ihn weggegeben, wie Ihr sicherlich noch wisst.“

„Doch habt Ihr dafür gesorgt, dass er in dem Wissen aufwächst, wer seine Eltern sind, nicht? Im Übrigen glaube ich Euch nicht, dass Euch der Junge egal ist.“

„Sturm ist mir sicherlich nicht egal…“ Sie nahm ihr rastloses Umherwandern wieder auf. „Aber was hat das jetzt mit meinem Bruder zu tun?“

„Na ja.“ Vortem legte seine blauen, durchsichtigen Füße auf den Tisch. „Ich kenne Euch nun seit 15 Jahren. Ich weiß, wie Ihr denkt und ich kenne Eure kleinen Fehlschritte im Bezug auf Männer.“ Er begann mit einem kleinen Dolch zu spielen, den er immer wieder in die Luft warf und auffing. „Nur wenn Ihr den Wolfslord wieder an Eurer Seite wissen wollt, müsst Ihr nicht versuchen, Euren Bruder aus dem Weg zu räumen. Ihr solltet Euch lieber um die Mondenkriegerin kümmern.“

„Ach ja, sollte ich das?“ Kaine warf ein Messer nach dem toten Ritter, das jedoch ohne schaden anzurichten durch ihn hindurchflog. „Seit wann belehrt Ihr mich, Vortem?“

„Ist es mir etwa nicht erlaubt, Euch einen Rat zu geben?“ Die durchsichtigen Lippen des Ritters verzogen sich zu einem diabolischen Grinsen. „Nun, Fürstin, ich rate Euch, Euch von diesen Draconiarn und der Heigani fernzuhalten. Nicht weil ich Euch diesen Krieger nicht gönne, sondern weil er für Euch doch immer unerreichbar sein wird.“

„Ich soll es also auf den Herzogssohn abgesehen haben? Das ich nicht lache!“ Sie trat eine Katze beiseite, die durch die zugigen Flure und Räume der Burg Shining Water schlich. „Er ist mir total egal. Ich halte lediglich meinen kleinen Bruder für eine unberechenbare Gefahr.“

„Wenn Ihr meint.“ Vortem seufzte. „Eure Handlungsweise erschließt sich mir nicht. Doch das ist ja auch egal. Ihr seit die Drachenfürstin und ich nur ein verfluchter, toter Ritter.“

„So ist es.“ Kaine grinste. „Ihr seid nur ein toter Ritter. Eine Existenz, die es eigentlich nicht mehr geben sollte.“

„Also? was ist nun mit Eurem Bruder?“

„Ach lassen wir doch Luk.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die Kriege der Draconiar sind mir egal. Ich bin vor 15 Jahren gegangen und ich denke nicht daran, zurückzukehren.“

Lord Vortems Flammenaugen schienen plötzlich in Selbstzufriedenheit zu lodern. Er grinste und seine durchscheinende Gestalt bebte bei seinem unterdrückten Lachen.
 

Wieder waren zwei Wochen vergangen, bevor sich die Draconiar wieder in Bewegung setzten. Eine Schar Drachen flog über ihnen und ein Shatan begleitete sie.

Laylayo ritt nun auch mit ihnen. Man hatte ihm ein kleines, unbeschlagenes, beigefarbenes Pferd besorgt, das mit leicht mit Tschachs großem, grauem Hengst Schritt halten konnte. Zwar würden die zahlreichen Brandnarben auf seiner Haut Lay für immer zeichnen, aber seine Wunden waren ansonsten schnell verheilt.

„Was meinst du Lay?“ fragte Tschachfsü unerwartet. „Wird Sandro seine Sturmreiter gegen uns einsetzen?“

„Die, die noch zu ihm halten sicherlich.“ erwiderte Lay ernst. „Immerhin hat er den Vater seines besten Kriegers des Verrates bezichtigt und einsperren lassen.“

„Wessen Vater?“

„Den Vater von Stodelat del Sorones?“

„Wie? Seinen General?“

Lay nickte.
 

Stodelat hatte sie beobachtet. hinter ihm stand ein silberner Eispferdhengst mit leuchtend roten Augen, der auf den Namen Derin hörte.

Das einzige Geräusch, das die beiden verursachten, war der schnaubende Laut von dem Atem des Pferdes.

„So ist das als.“ knurrte er. „Verschollen, was? Ihr werdet schon sehen, was Ihr von Euren Lügen habt, Euer Hohlheit. Komm schon, Derin, wir gehen zu den Rebellen. wollen doch mal sehen, was der Herr König davon hält.“

Das Pferd vom Leblosen Kontinent kam zu seinem Herrn.

Stodelat stieg auf und galoppierte los. Als er vor den Rebellen angekommen war, brach er aus dem Unterholz und schnitt den Rebellen den Weg ab.

Die weiße Stute an der Spitze des Trupps scheute und der rabenschwarze Hengst legte die Ohren and senkte drohend den Kopf. Er scharrte auf dem boden und schnaubte. Schnell erkannte Stodelat, dass er nicht zögern würde, Derin anzugreifen, wenn nicht der Reiter des Schwarzen gewesen wäre.

„Wer seid Ihr?“ fragte der Krieger auf dem Wüstenjägerhengst. „Ein Taogi, nicht wahr? Wieso versperrt Ihr uns den Weg? Wir wollen nichts von Euch. König Sandro gebührt unsere Rache.“

„Dies ist mir bekannt.“ antwortete Stodelat. „Mein Name lautet Stodelat del Sorones und auch ich habe eine Rechnung mit dem König offen.“ Er ballte die Faust. „Niemand wirft ungestraft den Vater eines Sturmreiters in den Kerker!“

„Ihr könnt sicherlich gern hier bleiben, solange es keinen Ärger gibt.“ rief nun die Frau in weißer Rüstung, die auf der gleichfarbigen Stute saß.

„Saja, bitte.“ Der Schwarzgewandete hob die Hand. „Ich bin der Befehlshaber, aber auch ich kann das nicht einfach so bestimmen. Ich muss mich erst mit Luk und König Ramond besprechen.“

Das wird nicht nötig sein. meldete sich Schattenseher telepatisch zu Wort. Ich habe den Drachenritter und den heiganischen König bereits über den Taogi in Kenntnis gesetzt. Sie haben zugestimmt, ihn bei uns aufzunehmen.

„Aha.“ Kai seufzte. „Danke, Schattenseher.* Er wandte sich wieder an Stodelat. „Wie es aussieht, spricht nichts dagegen, dass Ihr uns begleitet. Sowohl der Oberbefehlshaber der Drachenritter, wie auch Seine Hoheit König Ramond haben zugestimmt.“

So schloss sich auch der Sturmreiter den Rebellen an.
 

Nach drei Stunden erreichten sie mit Stodelats und Lays Hilfe den taogischen Königssitz. Nun standen sie dem versammelten, taogischen Heer gegenüber. Es war riesig. Mehr als 2900 Mann.

Kai hatte gehofft, dass er die Drachenritter nicht einsetzen brauchte, doch nun war er froh, dass sie da waren. Ohne die Ritter und ihre Drachen, hätten die Rebellen keine Chance gehabt.

Der Wolfslord zog Drachenzahn hervor, sein schwarzer Hengst scharrte erwartungsvoll auf dem Boden, die Drachen schrieen voller Vorfreude, die beiden Nachtwölfe sprangen zwischen den nervösen Pferden umher und die Männer hielten ihre Waffen griffbereit.

„Also dann“, sagte Kai ernst, „Attacke!“

Er presste Fremder die Fersen in die Flanken und der Hengst preschte vorwärts.

Kai hörte das Kampfgebrüll der anderen Krieger und das stampfen der Pferdehufe.

Drachenzahn pulsierte in seiner Hand. Doch es ergriff nicht von Kai besitz, denn er hatte gelernt, den Zorn des Schwertes zu beherrschen. Das Schwert traf den ersten Taogi – einen Sturmreiter – gerade oberhalb des Beckens und warf ihn vom Pferd. Er versuchte sich zum Burgtor durchzukämpfen, um ins Innere einzudringen und sich König Sandro zu stellen.

Irgendwo am Rand rief jemand seinen Namen, doch Kai achtete nicht darauf. Sein Schwert suchte sich im Getöse der Schlacht das nächste Opfer. Über ihm erklang der belustige Ruf eines Drachen. Flammen zügelten am Rand von Kais Blickfeld empor. Doch auch dies interessierte Kai nicht. Der orangene Schein des Feuers spiegelte sich auf Drachenzahns Klinge. Alle Geräusche in seiner Umgebung schienen zu verstummen. Nur das Rauschen des Kampfes war noch zu hören. Wenn er getroffen wurde, spürte er keinen Schmerz, keine Wut und keine Angst. Nur die Ekstase des Kampfes und das belebende Gefühl des pulsierenden Schwertes.

Er bemerkte das Sinken der Sonne erst, als das Drachenfeuer erlosch und der Schein der Flam-men durch das blutrote Licht des untergehenden Gestirns ersetzt wurde.

Sicher, er könnte sich bei Nacht und Nebel in die Burg schleichen, doch dies war für ihn unter seiner Würde. So wendete er sein Pferd und gab das Zeichen zum Rückzug.

Auch die Taogi zogen sich hinter die Burgmauern zurück.

Die Toten blieben einfach auf dem Schlachtfeld liegen. Niemand wagte sich dorthin – die Draconiar befürchteten den Angriff von Bogen und Armbrustschützen auf den Palisaden und die Taogi befürchteten, dass sie sich, wenn sie sich rauswagten, plötzlich dem schwarzen Krieger mit dem gleichfarbigen, riesigen Jagdross und dem verfluchten Schwert aus einem Material härter als Stahl gegenübersahen.

Nur ein einzelner Mann wagte sich zwischen Leichen und den Raben, die hier ein Festmahl fanden, aufs Schlachtfeld.

In seine schwarze Kutte gekleidet, auf dem Rücken des riesigen, pechschwarzen Pferdes, den ungewöhnlich großen, dunklen Wolf mit den gelben, leuchtenden Augen an seiner Seite und dem blitzenden Schwert in der Hand wirkte er wie der Tod selbst.

Asche stieg unter den Hufen des Jagdrosses auf.

Mit ängstlichem Blick beobachteten einige Taogi, wie selbst die Raben flohen, als sich der in ihren Augen verfluchte Reiter ihnen näherte, neben dem Leichnam eines verbrannten Mannes abstieg und sich darüber beugte. Er sah den Toten kurz an und berührte ihn schließlich mit seinem Schwert.

Das Gleiche tat er noch bei zwei weiteren Toten – einem Jungen Draconiar und einem Heigani. Danach ritt er wieder in die Finsternis der Nacht. Der Wolf aber blieb kurz stehen und sah zu den Palisaden, bevor er seinem Herrn folgte.

„Siehst du, Eisschwert?“ flüsterte ein junger Taogi mit grünen Augen und dunkelblonden Haaren zu dem, der recht neben ihm hinter den Palisaden hockte. „Ich hab es dir gesagt. Er ist ein Dämon. Er hat ihre Seelen mit sich genommen.“

„Red keinen Unsinn, Greifenschwinge.“ knurrte der andere – ein etwa 30-jähriger, langer Soldat mit braunen Augen und schwarzen Haaren. „Er ist ein ganz normaler Mensch wie du und ich.“

„Das glaubst du doch selber nicht, Belimar. Ich war dabei, als der König ihn foltern ließ. Er ist kein normaler Mensch. Er hat rötliche Augen, eine leicht goldene Haut und spitze Ohren. Nennst du das etwa normal, Belimar Eisschwert?“

„Na gut, vielleicht ist er nicht normal, aber er ist kein Dämon. Merk dir das, Kimos.“

„Ja, Eisschwert.“

„Gut. Und nun komm. solltest langsam mal ins Bett gehen. Ist schon Spät und die Schlacht morgen wird hart.“

Der Jüngere nickte und ging davon. Kurze Zeit später folgte ihm der Ältere.
 

Kai kehrte als noch entschlossenerer Mann ins Rebellenlager zurück.

„Und?“ fragte Ramond. „Wisst Ihr, wer gefallen ist?“

Wort los stieg Kai ab. Er schüttelte den Kopf.

„Ich habe nur drei gefunden.“ erklärte er. „Die anderen zwölf sind wahrscheinlich im Feuer verbrannt.“

„Keine überlebenden?“ Ramond sah ihn fragend an. „Wen habt Ihr gefunden?“

„Euren Bruder Tyrion, Laylayo und den jungen Karowa.“

„Das ist sehr bedauerlich.“ Der König blickte betrübt zu Boden. „Möge die Göttin meinen armen Bruder sicher geleiten.“

„Mögen die Götter der alten und der neuen Welt die Seelen aller Gefallenen sicher geleiten, Euer Hoheit.“
 

Mit dem nächsten Morgen kehrte der Krieg zurück.

Kai wies Sir Kilithon und Nemesis an, das Haupttor niederzubrennen, was diese auch ohne Umschweife taten.

Als das riesige Eichentor glühend zu Boden gefallen war, gab Kai Stodelat ein Zeichen und trieb Fremder darauf zu.

Auf dem Weg zum Tor übersprang das schwarze Jagdross mehrere Leichname von Draconiarn, Taogi und Heigani. Ein todbringend verletzter Taogi streckte die Hand nach den Hufen des Pferdes aus, doch Kai ritt unbeirrt weiter. Der linke Hinterhuf des schwarzen Reittieres traf den Kopf des Verletzten und zermalmte ihn.

Erst als Kai und Stodelat im unbewachten Burghof anhielten, fiel dem Wolfslord auf, dass ihm noch zwei weitere Personen gefolgt waren. Dravo und Kiddi.

„Kiddi, Bruder, was im Namen meiner Ahnen tut ihr hier?“ fauchte Kai.

„Ich wollte dir den ganzen Spaß nicht allein überlassen, Kleiner.“ erwiderte Dravo.

„Luk hat mich hinterhergeschickt.“ erklärte Kiddi. „Ich soll mit meiner Magie auf dich achten.“

„Mit Verlaub, aber wir haben keine Zeit Maulaffenfeil zu halten.“ knurrte Stodelat.

„Ich weiß, Euer Vater wartet und meine Rache ist auch nicht mehr weit.“ seufzte Kai. „Nun gut. Kiddi, Dravo, da ihr schon mal hier seid. Ihr beide geht zum Ostturm. Haltet uns die dortigen Soldaten vom Hals.“

Kiddi und Dravo nickten, stiegen ab und liefen über den Hof zum Ostturm.

Dravo stieß die kleine Eibenholztür auf und ließ Kiddi ein. Er drehte sich noch einmal um und sah wie Kai um eine Ecke bog und hinter der Mauer verschwand.

„Pass auf dich auf, Kleiner.“ flüsterte der Drachentöter und schlüpfte durch die Tür.

Im Inneren erwartete sie bereits eine kleine Gruppe von Sturmreitern.

Kiddi benutzte verschiedenste Zaubersprüche, um sie auf Abstand zu halten, während Dravo handfestere Argumente bevorzugte. Er zog seine beiden Handäxte. Mit einer wehrte er die Schläge seiner Gegner ab. Mit der anderen Spaltete er ihnen Helm und Schädel, Brustpanzer oder hieb auf den Unterleib und Bauch.

Der Kampf dauerte etliche Stunden.

Dann ertönte Plötzlich ein gewaltiges Krachen vom oberen Ende des Turms. Steine fielen herunter. Einer traf Kiddi am Kopf, ein weiterer traf Dravos Schläfe und schließlich wurden beide von den herabfallenden Steinen begraben.
 

Stodelat schaute in jeder Zelle einzeln nach. Schließlich erreichten sie die, in der man Spike eingesperrt hatte.

Als nun der Sturmreiter dort hineinspähte, stieß er ein erleichtertes Lachen aus, zog einen Schlüssel hervor, schloss die Tür auf und öffnete sie.

„Wer ist dort?“ fragte eine raue Männerstimme aus der Dunkelheit der Zelle. „Ist mein Tod besiegelt? Kommt Ihr, um mich meinem Henker zu bringen?“

„aber mit Nichten, Vater.“ grinste Stodelat. „Eigentlich hatte ich vor dich rauszuholen, aber wenn du unbedingt verrecken willst.“

„Nein, warte, Junge!“ Spike stürzte aus der Zelle. „Ich komme ja schon mit.“

„Gut.“ Kai sah Stodelat erwartungsvoll an. „Bring mich zum Thronsaal.“

Stodelat nickte und hastete an Kai vorbei. Dieser folgte ihm ohne Umschweife.
 

Sandro von Taog erwartete sie bereits. Er hielt seine beiden Kurzschwerter bereit. Jester stand an seiner Seite.

Kai, Spike und Stodelat waren ebenfalls bereit. Hinter ihnen ertönte ein helles Wolfsheulen und plötzlich stand Schadow – ohne dass Kai ihn gerufen hatte – an der Seite seines Herrn.

„Schadow, eren!“ befahl Kai, aber der Wolf gehorchte nicht.

„Ah! Euer Schoßhund scheint sein gehör verloren zu haben.“ höhnte Jester.

„Dann halt anders.“ sinnierte Kai und hob die Stimme. „Schadow, mestai Jester!“

Auf diesen Befehl hörte der Wolf – ohne sich zu sträuben. Er warf den General zu Boden und biss immer wieder in seinen Hals und sein Gesicht.

Kai hob Drachenzahn hoch und deutete mit der Spitze auf Sandro.

„Kämpft ihr lieber mit einem, oder mit zwei Schwertern?“ fragte er. „Mir ist es egal.“

Sandro antwortete nicht. Mit tödlicher Genauigkeit griff er Kai an. Dieser parierte den Schlag ohne Probleme.

„Eure Freunde und diese beiden Verräter sind des Todes.“ grinste der König.

Kai sah aus dem Augenwinkel, wie taogische Soldaten in den Thronsaal stürmten. Spike und Stodelat stellten sich ihnen entgegen.

„Mit solchen Drohungen zwingt Ihr mich nicht in die Knie.“ knurrte Kai und stieß den König zurück.

So kämpften sie über Stunden. Einer stieß vor, um dann wieder zurückzuweichen. Kai kriegte nur am Rand mit, wie Spike von einem feindlichen Schwert durchbohrt zu Boden ging und Schadow sich ins Getümmel warf.

Plötzlich ertönte ein Krachen lauter als Donnergrollen. Simarin war gegen den Ostturm geflogen und hatte diesen zum Einsturz gebracht.

Durch den Laut abgelenkt macht Kai einen falschen Schritt und stolperte.

Sandro nutzte dies aus und trieb eines seiner Schwerter bis ans Heft in Kais Schulter. Danach stürzte er an dem gefallenen Krieger vorbei aus dem Thronsaal.

Kai merkte wie ihm jemand aufhalf. Als er aufsah, erblickte er das Gesicht des Sturmreiters.

„Wo ist Sandro?“ fragte Kai.

„Geflohen.“ erwiderte Stodelat. „Keine Angst, er kommt nicht weit.“

„Euer Vater?“

„Tot. Und Euer Wolf?“

„Schadow, wuren.“

Der Wolf kam um die Ecke. Blut tropfte von seinen Kiefern.

„Gehen wir?“ fragte Stodelat.

Kai nickte.
 

Die Schlacht war geschlagen. Der Lärm verstummt. Das Feuer erloschen. Nun waren die Augen aller auf die Palisaden gerichtet, denn dort oben stand König Sandro von Taog.

„Wo ist Kai?“ rief Luk fordernd. „Sagt uns, was Ihr mit ihm gemacht habt.“

„Euer Freund lebt nicht mehr.“ erwiderte Sandro höhnisch. „Ihr werdet…“

Er sollte den Satz nie zu Ende bringen. Ein Pfeil flog durch die Luft, drang in seinen Rücken ein und kam aus der Brust wieder heraus. Der König stürzte tot von den Palisaden.

„Guter Schuss, Sturmreiter.“ lobte eine Stimme.

„Danke, Herr.“ erwiderte eine andere. „Musste auch lange dafür trainieren.“

Kurz darauf kamen zwei Gestalten durch das versenkte Burgtor geritten. Einer von den beiden Männern hatte eine tiefe, blutende Wunde in der Schulter.

„Seine Majestät, König Kai vom Nadelwald Lebt noch.“ rief Barun erfreut.

„König?“ Der verwundete Mann sah fragend auf. „Seit wann bin ich König?“

„Wir Draconiar haben einstimmig beschlossen, dass unser Reich einen König braucht“, erklärte Barun, „und da du ohnehin ein Nachfahre des Priesterkönigs bist, beginnt die Linie der draconischen Könige mit dir von neuem.“

„Kai!“ rief Luk von Shivas Rücken herab. „Wo ist Kiddi?“

Kai senkte den Blick.

„Ich schickte sie zum Ostturm.“ erklärte Kai.

Luk sah ihn entsetzt an.

Er sprang ab und rannte zu den Trümmern des Turms. Bald darauf begann er die Steine wegzuräumen.
 

Als Dravo aufwachte, wusste er erst nicht, was geschehen war. Dann entsann er sich des Einsturzes wieder.

„Herrin, lebt Ihr noch?“ fragte er eine von seinem Arm geschützte Frau. „Lady Kiddi, könnt Ihr mich hören?“ Keine Antwort. „Verdammt.“ Er versuchte sich aufzusetzen, doch sein linker Arm war unter einem Stein eingeklemmt. „So geht das nicht… und wegräumen kann ich ihn nicht…Verdammt!“ Er schluckte. „Da gibt es nur eins.“

Seine rechte Hand hielt noch immer die Axt und diese konnte er auch frei bewegen. ER hob die Axt, zielte und schlug seinen eigenen Arm knapp oberhalb des Ellenbogens durch. Danach riss er sich ein langes Stück seines Hemdes ab und band es fest um den Stumpf.

Kurz darauf stemmte er sich mit aller Kraft gegen die Steine. Sie gaben nach und Dravo stand im Freien. Neben ihm stand Luk und blickte ihn verdutzt an.

„Wo… wo ist Kiddi?“ fragte er besorgt.

Dravo hockte sich hin, griff in die Trümmer und zog die bewusstlose Frau hervor.

„Sie… lebt noch.“ hustete er. „Ich… habe mein… Versprechen… dir gegen… über… gehalten, Severanz. Ich… habe sie… beschützt.“

„Und deinen Arm dabei verloren.“ ergänzte der Drachenritter. „Das kann ich nicht wieder gutmachen.“

„Schon… in… Ordnung.“

Ein älterer Mann kam auf die beiden zu.

„Vergebt mir, aber wer ist der Anführer der Drachenritter?“ fragte er.

„In diesem Kampfe, war ich es.“ erwiderte Luk.

„Dann darf ich Euch sagen, dass Ihr unser neuer König seid.“

Luk war verdutzt. Nahm aber schließlich an.

Noch im selben Jahr heiratete er Kiddi. Genauso wie Kai Saja zur Frau nahm.

Der Wolfskönig ernannte seinen Bruder zum Oberbefehlshaber der königlichen Garde und den Sturmreiter Stodelat del Sorones zum General der Armee.

Keiner von ihnen konnte wissen welches Unheil der Welt noch blühen sollte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück