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Übernahme

Wirtschaft kann gefährlich sein
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Tag X minus zwei Wochen: Dienstag

Es freut mich, dass euch das "Aktienspiel" so gefällt. (Vermutlich viel mehr, als es dem armen Inuyasha tut..)
 

3. Tag X minus zwei Wochen: Dienstag
 

Sesshoumaru betrachtete die Waschstrasse nachdenklich durch die verdunkelten Autoscheiben. In der Tat. Dieser Junge dort sah ihm selbst, oder eher seinem verehrten Vater recht ähnlich. Überdies war Myouga sicher nicht der, der sich so irren konnte. Immerhin hatte er Izayoi seit Vaters Tod betreut, oder bewacht, wie immer man es nennen wollte. In Vaters Auftrag, ohne Zweifel.

Inuyasha, also. Nun, er war nur ein Mischling, dazu sehr jung. Also sollte er zu beeinflussen sein. Und die fünfundzwanzig Prozent ihm, seinem Halbbruder, zukommen lassen, um die Firma seines Vaters zu retten.

Er blickte zu seinem Fahrer: „Zurück.“ Noch während dieser anfuhr, griff er zum Telefon: „Die Anwälte sollen in den Besprechungsraum kommen. Thema: die gesperrten fünfundzwanzig Prozent für den zweiten Sohn meines verehrten Vaters.“ Myouga sollte die Unterlagen dann zu dem Bastard bringen und dem klar machen, wer er in Wirklichkeit sei. Er selbst wollte sich so wenig wie möglich mit dem Jungen beschäftigen. Es war eine reine Geschäftsangelegenheit.
 

Inuyasha war sehr beeindruckt. Das Gebäude der Naraku Enterprises war ein gigantischer Komplex etwas außerhalb Tokios. Er war bereits an der äußeren Pforte bei Nennung seines Namens begrüßt worden, und das junge Menschenmädchen führte ihn nun zielsicher bis in die Vorstandsbereiche.

„Hier. Einen Moment, bitte.“ Sie verschwand in einem Büro und kehrte kurz darauf mit einer Dämonin zurück: „Dies ist Inuyasha Kamura, Kagura-san.“

„Ah ich erinnere mich.“ Kagura lächelte. Der Chef hatte gesagt, sie sollte diesen Inuyasha nett behandeln, überaus freundlich, und so tat sie es besser. Nara Kumo konnte sehr unangenehm werden, wenn man seine Anordnungen missachtete: „Komm nur. Es geht um dieses Stipendium, nicht wahr?“

„Äh, ja.“ Inuyasha wusste nicht so ganz, wie er sich ein Bewerbungsgespräch um ein Stipendium vorgestellt hatte, aber so sicher nicht. Alle hier waren so nett zu ihm. Als er der Dämonin folgte, bemerkte er ein wenig überrascht, dass sie im Gürtel ihres modernen Kostüms einen altmodischen Fächer trug. Aber Dämonen hatten irgendwie auch ihre eigenen Sitten, auch, wenn sie sich sehr den menschlichen Regeln angepasst hatten. Zumindest hatte Mutter das gesagt – und sie sollte das wissen. Er bewunderte im Vorbeigehen die ganzen Vorzimmer. Dagegen sah das Büro seines Schuldirektors ja schon mickrig aus.

„Hier, in dieses Zimmer.“ Kagura blieb stehen: „Herr Kumo wird gleich kommen. Bitte, setz dich hin und fass nichts an.“

„Äh, ja, klar.“ Der Halbdämon ging hinein und sah sich erstaunt um. Das war in der Tat ein großes Zimmer, sehr altmodisch eingerichtet. Waren die Vorzimmer im westlichen, modernen Stil gehalten, lagen hier nur Matten auf dem Fußboden, kein Computer stand da. Zum Glück wusste er, wie er sich zu verhalten hatte, und kniete sich nieder, auf dem Platz, der Besuchern gewöhnlich zugewiesen wurde. Das war sicher nicht das normale Büro des Firmenleiters, sondern das private, ja, eher der Meditationsraum. Er entdeckte auch einige beschriebene Zettel, die vor dem Platz des Hausherrn lagen. Es hätte ihn schon interessiert, was darauf stand, aber er wollte seine Chance auf das Stipendium nicht durch eine derart unhöfliche Handlung ruinieren. Kagome hatte ihn ja extra noch einmal ermahnt. So blieb er sitzen und betrachtete seine Hände.

„Selbstbeherrscht“, meinte Kagura, die ihn durch eine Kameraanlage betrachtete: „Und eigentlich sieht er süß aus.“

„Das solltest du vergessen“, meinte das Mädchen neben ihr, das die Überwachung leitete: „Er ist Mittelpunkt eines neuen Plans. Und Herr Kumo wird ungehalten, wenn du dich da einmischt. Außerdem ist er viel jünger als du.“

„Oh, danke, Kanna“, knurrte die Ältere: „Natürlich werde ich mich nicht an ihn heranmachen. Aber deswegen kann man doch sagen, dass er süß aussieht.“

„Ich muss ausschalten. Er kommt.“

Kagura musste nicht fragen, wer.
 

Inuyasha verneigte sich höflich etwas, als Nara Kumo das Zimmer betrat. Der junge Halbdämon war ein wenig überrascht, dass er das Alter dieses Mannes nicht schätzen konnte. Sicher, er war ein Dämon, aber auch so hätte man ihn zwischen Anfang Dreißig und Ende Vierzig halten können.

Der Leiter von Naraku Enterprises ließ sich nieder: „Du bist also Inuyasha Kamura.“

„Ja.“

„Du hast ein Stipendium beantragt. Aber deine Noten sind nicht so gut. Gibt es dafür eine Erklärung?“ Er kannte sie, aber er wollte den sichtlich bemüht höflichen Halbdämon ein wenig aus der Reserve locken.

„Äh, na ja...ich habe zwei Jobs angenommen, seit meine Mutter so krank war. Da fehlte ein bisschen die Zeit zum Lernen. Und jetzt ist sie tot.“

„Ja, das habe ich gelesen. Dein Vater ist auch gestorben?“

„Ja. Ich...ich habe ihn nie kennen gelernt.“

„Vielleicht erzählst du mir noch ein wenig.“

„Was denn?“ Das ging den Mann doch alles nichts an. Aber Inuyasha nahm sich zusammen. Seine Freunde hatten gemeint, er solle höflich bleiben: „Ich trage Zeitungen aus und nach der Schule arbeite ich an einer Waschstrasse, normalerweise.“

„Heute natürlich nicht. Und das Jugendamt zahlt deine Miete und deinen Unterhalt? Wie lange noch?“

„Soweit ich weiß, noch nächsten Monat. Dann bin ich volljährig.“

„Ich verstehe.“ Nara Kumo stand auf: „Komm einmal her, Inuyasha.“ Er ging an das Fenster. Der erstaunte Halbdämon folgte ihm. „Dort im Hof, diese Tafel enthält ein Verzeichnis aller Firmen, die mir gehören, besser Naraku gehören.“ Er musste den Jungen zutraulich bekommen. Es würde nicht mehr lange dauern und Sesshoumaru merken, dass er einen Halbbruder hatte. Nur, dann sollte es zu spät sein. „Weißt du, warum ich dich sofort eingeladen habe, warum ich mir dir reden wollte?“

„Nein….“

„Wie du weißt besitzen viele Dämonen große Firmen, die sie im Laufe der Jahre, Jahrhunderte ihres Lebens vergrößert haben. Unter ihnen bin ich jedoch der einzige Halbdämon.“

Inuyasha starrte den dunkelhaarigen Mann neben sich an: Er war auch ein Halbdämon? Das erklärte dann natürlich auch sein Interesse an ihm. So viele Halbdämonen gab es nicht. Er kannte außer sich selbst sonst nur noch einen, Jinenji, dessen Eltern eine Gärtnerei ein wenig außerhalb betrieben. Bei einer Klassenfahrt hatten sie sich kennen gelernt.

„Vor vielen Jahren, als ich so alt wie du war, war ich...nun, ich will ehrlich sein, das, was du heute als Straßenkind bezeichnen würdest. Niemand kümmerte sich um mich, und ich musste das, was ich brauchte, stehlen.“ Mehr würde er ihm nicht sagen. Es war nicht notwendig, dass der Junge nachlas, welche Verbrechen der Räuber Onigumo begangen hatte. „Dann traf ich eine Priesterin…ich war da sehr krank. Und während sie mich heilte, erkannte ich meinen Weg.“ Das war nicht gelogen. Er musste behutsam formulieren. Der Kleine war ein halber Hund und man sagte Hundedämonen nach, dass sie jede Lüge wittern konnten. „Und so begann ich mit Plänen, mit dem Aufbau meines Imperiums.“ Er legte den Arm um den zusammenzuckenden Jungen. Väterliche Zuneigung kannte der wohl wirklich nicht: „Und darum bewundere ich deine aufrechte Art, deine Sturheit, deinen Kampfgeist, ja.“ Er ließ ihn los. „Du bekommst das Stipendium für das nächste Schuljahr.“

„Hey, danke, das ist…toll.“ Inuyasha freute sich aufrichtig.

„Unter einer Bedingung.“

„Ja?“ Sofort war er wieder zurückhaltend.

„Du kommst einmal in der Woche her, wenn ich in Japan bin, und berichtest mir von deinen Fortschritten und was du im Laufe der Woche so erlebt hast.“

„Ja, klar, das kann ich machen.“ Das Interesse eines so mächtigen Mannes an ihm war mehr als schmeichelhaft. Außerdem: vielleicht bekam er dann auch weiterhin ein Stipendium für das Studium? Oder später eine Arbeitsstelle? Es gab sicher schlechtere Protektoren als den Chef eines Weltkonzerns.

Nara Kumo las in dem offenen Gesicht seines Besuchers. Sehr schön. Der war schon halb eingefangen. Jetzt musste er ihn nur noch ein wenig impfen: „Ich möchte dich gern weiterhin fördern. Halbdämonen unter sich sollten sich helfen. Denn vollblütige Dämonen nehmen uns nie für ernst, wollen uns gern ausbeuten, ja, halten uns für dumm. Das ist so. Und du solltest im Umgang mit ihnen aufpassen. Menschen dagegen fürchten uns, seltsamerweise mehr als echte Dämonen.“ Und da Inuyasha unwillkürlich nickte: „Sie fürchten immer, wir hätten unser dämonisches Erbe nicht unter Kontrolle, nicht wahr? Das ist dir sicher auch schon widerfahren.“ Der Firmenchef seufzte theatralisch auf: „Was glaubst du, mein Junge, warum ich noch immer unverheiratet bin? Keine Kinder habe?“ Den wahren Grund wollte er nicht sagen, aber auch nicht lügen.

Inuyasha nickte ernsthaft. Das war die vernünftigste Aussage zu diesem Thema, die er je gehört hatte. Myouga nahm er da mal aus. Der war sowieso ein komischer Kauz, außerdem ein Flohgeist, kein Dämon. Allein, wie er gestern so rumgedruckst hatte, was sein befreundeter Anwalt über das Stipendium beim Taishou-Konzern gesagt hatte. Das Ende vom Lied war nur gewesen, dass er heute Unterlagen mitbringen würde. Na, toll. „Ja, Herr Kumo, ich verstehe.“

„Gut. Das wollte ich hören. Dann komme am Donnerstag doch wieder für die Ausfertigung der Dokumente her, ja? Ich werde Kagura anweisen, dich jederzeit durchzulassen. Arbeiten brauchst du dann nicht mehr.“

„Ja, danke.“

„Und denke auch in der Schule dran: kein Dämon tut etwas, wenn es für ihn nicht von Nutzen ist. Jetzt geh.“

Inuyasha ging erleichtert. Das war ja ein wunderbares Gespräch gewesen. Er bekam ein Stipendium und hatte einen Förderer. Das musste er gleich seinen Freunden erzählen!
 

In einer Eisdiele traf er sich mit Miroku, Sango und Kagome, die seine freudige SMS: „Es lief super!“ neugierig gemacht hatte. So erzählte er ihnen von dem Stipendium und wie nett der Konzernchef zu ihm gewesen war.

„Ja, aber ist das nicht eigenartig, dass er einen ihm völlig Unbekannten fördern will?“ fragte Sango nachdenklich: „Was er damit wohl bezwecken will?“

„Das hat er mir erklärt. Er ist auch ein Halbdämon!“ triumphierte Inuyasha. „Und ihm hat wohl keiner geholfen, darum will er mir helfen. Er meinte, Halbdämonen müssten irgendwie zusammenhalten.“

„Ich verstehe“, meinte Kagome: „Die meisten der großen Konzernchefs sind vollwertige Dämonen, die in den langen Jahren ihres Lebens diese aufgebaut haben. Und sie haben wohl ein wenig auf ihn runtergesehen. Meinte er das?“

„Irgendwie wohl schon. Jedenfalls soll ich am Donnerstag wieder hingehen, und die Papiere abholen.“

„Herzlichen Glückwunsch!“ Miroku klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Das hast du dir wirklich verdient.“

Kagome nickte: „Und wenn du weitermachen willst, studieren oder so?“

„Ich weiß nicht… Er sagte was von Stipendium für das nächste Schuljahr.“

„Da reicht ja auch erst mal“, meinte sie eilig: „Ich gehe doch mal davon aus, dass er dann auch weiterhin Interesse an dir hat. Natürlich, sofern du sein Geld auch nutzt.“

„Ja, schon klar. Jetzt stehe ich irgendwie in der Pflicht, gute Noten zu schreiben.“

„Das meinte ich.“ Sie lächelte: „Und am besten fängst du Donnerstag gleich damit an, wenn wir Mathe schreiben. Da kannst du dann nachmittags ihm erzählen, dass es glatt lief.“

„Na, hoffentlich, “ meinte der Halbdämon. Aber Mathe war sein bestes Fach und er hatte mit Kagome ja auch das ganze Wochenende gelernt. „Jetzt geh ich nach Hause. Unser ..mein Nachbar, Myouga, hat gesagt, er hätte da noch ein Stipendium…Nicht, dass ich es noch brauche, aber ich werde es mir mal ansehen.“

„Noch eines?“ Sango war mehr als erstaunt: „Erst gar nichts und dann reißen sich alle um dich?“

„Reißen ist zuviel gesagt. Er meinte, er kenne da jemanden, der...der meinen Vater gekannt hat. So ungefähr.“

„Und davon hat er dir nie was gesagt?“

„Mutter wollte es wohl nicht…“ Er ahnte nicht, dass dieser Satz bei seinen Freunden den Eindruck erweckte, sein Vater sei zwar vor seiner Geburt gestorben, hätte aber auch ansonsten seine Mutter sitzen lassen. „Ich werde es mir mal ansehen…Aber, um ehrlich zu sein, traue ich diesem alten Flohgeist recht wenig zu.“
 

Aber Myouga öffnete seine Wohnungstür, als er den Halbdämon aus dem Lift kommen hörte: „Inuyasha-sama!“

„Ah ja. Erfolg gehabt?“ Der Junge betrachtete den dicken Umschlag, den der Flohgeist schleppte, ehe er hinfasste: „Komm mit rein, dann kannst du es mir erzählen.“

„Ja.“ Als sie im Wohnzimmer saßen, fuhr Myouga fort: „Aber sagen Sie zunächst: wie lief es bei Naraku?“

„Ich hatte das Gespräch mit diesem Herrn Kumo. Der ist sehr nett. Und ich habe das Stipendium für das nächste Schuljahr. Ich muss nur am Donnerstag noch die Unterlagen abholen.“

„Sie haben mit Herrn Kumo selbst gesprochen?“

„Ja, er meinte, dass mache er immer bei Stipendien. Und mir hat er es gegeben, weil er auch ein Halbdämon ist.“

Myouga sah den triumphierenden Inuyasha ernst an: „Ein Halbdämon? Nun, das sollten Sie besser nicht rumerzählen. Das wird er nicht mögen.“ Gleichzeitig dachte er: du lieber Himmel! Kumo versucht eine feindliche Übernahme – und bietet dem, der die Sache womöglich entscheiden kann, ein Stipendium? Weiß er - oder weiß er nicht? Er müsste dies auf jeden Fall Sesshoumaru-sama berichten, im Interesse seines verstorbenen Herrn und dessen Lebenswerk.

„Ja, schon klar. Was hast du?“

„Geben Sie mir den Umschlag. Ich denke, dieses Schreiben der Anwälte wird Ihnen alles erklären, was sonst noch darin ist.“

„Anwälte...Mehrzahl gleich?“ Aber Inuyasha nahm den Brief.

„Sehr geehrter Herr Kamaru, wie aus den uns vorliegenden Unterlagen hervorgeht, sind Sie der Sohn der verstorbenen Izayoi Kamaru und des ebenfalls verstorbenen Inu Sashou. Soweit wir überprüfen konnten, war Ihre Mutter zum Zeitpunkt der Empfängnis die Geliebte des verstorbenen Inu no Taishou. Wir nehmen daher an…“

Der Halbdämon sah auf: „Onkel Myouga…“ hauchte er vollkommen fassungslos: „Was …soll das?“

„Lesen Sie weiter.“

„Wir nehmen daher an, dass es sich bei Ihnen um den unehelichen Sohn des verstorbenen Inu no Taishou handelt, zumal eine Person mit Namen Inu Sashou nachweislich nicht existierte. Sie haben damit Anspruch auf das Ihnen nach dem Testament Ihres Vaters zustehende Aktienpaket. Um alles Weitere klären zu können, möchten Sie in der Zentrale des Taishou-Konzerns vorsprechen. Mit freundlichen Grüßen….“

Inuyasha ließ den Brief fallen: „Du...du hast es gewusst? Die ganze Zeit gewusst?“

„Ja.“ Im nächsten Moment fand sich der Flohgeist zwischen spitzen Krallen und schrie auf: „Inuyasha-sama! Ihre Mutter wollte es doch nicht, was hätte ich tun sollen!“ Aufatmend bemerkte Myouga, dass ihn der aufbrausende Halbdämon losgelassen hatte. „Ich wollte es Ihnen ja trotz allem an Ihrem achtzehnten Geburtstag sagen“, beteuerte der arme Diener zweier unterschiedlicher Ansichten.

Inuyasha fasste wieder in den Umschlag. Seine Geburtsurkunde, mit der offensichtlich falschen Angabe des Vaters - und ein handschriftlicher Brief. Er warf einen Blick auf die Unterschrift: Sesshoumaru.

„Inuyasha, ich denke, wir haben viel zu besprechen. Komm, so rasch es geht, zu mir. Zeige am Empfang diesen Brief vor und du wirst unverzüglich zu mir gebracht werden. Sesshoumaru.“

Er seufzte. Das klang nicht sehr freundlich. Andererseits: wer freute sich schon darüber, plötzlich einen Bruder zu haben, von dem man nichts wusste? Er selbst hatte ja auch seine Zweifel. Und immerhin: nach dem Schreiben der Anwälte ging es um Aktien und Geld - nicht um ihn.

„Er hat Ihnen höchstpersönlich geschrieben?“ Myouga nickte beifällig: „Den Brief können Sie sich einrahmen. Ich glaube kaum, dass da viele von existieren.“

„Du meinst, er freut sich, mich zu sehen?“ Das klang zögernd. Den Eindruck hatte er bislang nicht bekommen.

Der Flohgeist wusste, dass er wieder einmal über dünnes Eis ging: „Freuen...nun, er ist ein Dämon. Aber ich denke, neugierig ist er auch.“

„Dann…dann gehe ich morgen zu ihm. Und am Donnerstag wieder zu Naraku Enterprises. Du liebe Zeit…“ Der Halbdämon starrte überrumpelt und sprachlos auf die Papiere in seiner Hand. Warum nur hatte ihm das keiner gesagt? Mutter aus Stolz? Oder aus Dämlichkeit? Sie war doch krank gewesen, da hätte der Taishou-Konzern doch die besten Ärzte bezahlen können. Warum nur hatte sie da nicht angefragt, ja, war lieber gestorben? Er sah auf: „Mutter wollte nie…“

„Nein.“ Myouga wog erneut eilig seine Loyalitäten ab. „Ich…ich bin sicher, dass sie für Sie nur das Beste wollte. Bitte, seien Sie ihr nicht böse.“

„Nein, ihr sicher nicht.“ Er atmete durch: „Sag mal, Onkel Myouga, was sollte ich denn sonst noch so wissen?“ Was kam als nächstes? Dass der Tenno sein Opa wäre? Er kam sich irgendwie auf den Arm genommen vor. Nicht nur von dem Flohgeist ihm gegenüber.

„Ich denke mal, dass Ihnen das Sesshoumaru-sama sagen wird. Ich meine, ich bin schon einige Jahre aus dem Geschäft.“

Das verstand auch der Halbdämon: „Ja, schon klar. Toll jedenfalls, dass du es mir jetzt wenigstens gesagt hast. Lässt du mich allein? Ich hab irgendwie sehr viel zum Nachdenken….“ Das war noch untertrieben. So verwirrt und erschüttert war er noch nie in seinem Leben gewesen – und er hatte gedacht, bei dem Tod seiner Mutter das Höchste durchlebt zu haben.

„Ja, das verstehe ich. Bis morgen dann. Ich hoffe, dass das Gespräch mit Ihrem…Ihrem Halbbruder zufrieden stellend verläuft.“ Nun, wenn Sesshoumaru nicht komplett verrückt war, würde er sein neues Familienmitglied schon um der fünfundzwanzig Prozent Willen freundlich behandeln. Soweit der je freundlich sein konnte… In jedem Fall musste er ihn noch von diesem Stipendium in Kenntnis setzen. Das war mit Sicherheit wichtig. „Oh, eines noch, Inuyasha-sama: Sie sollten niemandem etwas davon sagen, ehe es nicht spruchreif ist.“

„Ja. Schon klar. Im Interesse der Firma, oder wie?“ Das klang wieder bitter. Vielleicht hätte Mutter nicht sterben müssen, er sicher nicht jobben gehen…: „Wäre ja sicher auch peinlich, wenn da plötzlich noch ein außerehelicher Sohn auftaucht. Image, wie bescheuert!“

„Nicht deswegen“, protestierte Myouga sofort: „Ich...ach, reden Sie mit Sesshoumaru. Gute Nacht.“ Er hüpfte weg. Er musste noch dringend ein Telefonat führen.
 

„Das erwartest du nicht im Ernst von mir, Sesshoumaru!“

„Oh doch, Frau Mutter.“ Der junge Konzernlenker musterte seine Mutter eisig: „Sie werden Inuyasha einladen. Er ist der Sohn meines Vaters. Und er hat damit Anspruch auf die fünfundzwanzig Prozent. Stimmt er für mich, ist Kumos Übernahme abgewehrt.“

„Du willst auf Familie machen.“

„Seine Mutter starb. Er sollte Sehnsucht nach einer Familie haben, immerhin ist er halb ein Mensch. – Was Sie bei der Einladung ebenso vergessen sollten, wie die Tatsache, dass seine Mutter Ihre Rivalin war.“

„Für taktlos wirst du mich nicht halten“, sagte die Dämonin kalt. „Zumal, wenn so viel auf dem Spiel steht.“

„Gut.“ Sesshoumaru trat an das Fenster und betrachtete den Nachthimmel.

„Und du bist sicher, dass dieser Inuyasha dein Halbbruder ist? Nur, weil er ein Halbdämon ist? Da gäbe es mehrere. Du hast selbst gesagt, dass der Name des Vaters nicht stimmt.“

„Inuyasha hat weiße Haare, Augen in meiner Farbe und eindeutig Hundedämonenblut in sich. Überdies stimmt der Name der Mutter mit einer früheren Mitarbeiterin überein. Und Myouga war die ganze Zeit bei ihm, gewiss im Auftrag meines verehrten Vaters. Zu allem Überfluss hat Naraku-Enterprises dem Jungen heute ein Stipendium zugesagt.“

„Kumo will Einfluss auf ihn.“

„Das sagt die Logik.“

„Nun gut. Ich werde ihn einladen. – Aber eine Frage, die sich mir stellt: Warum hat sich diese Izayoi so versteckt, dass sie selbst den Namen des Vaters falsch angab?“

„Ich weiß es nicht.“ Das entsprach nicht ganz den Tatsachen. Er vermutete inzwischen schwer, dass Izayoi nach Vaters Tod schlicht befürchtet hatte, er selbst oder seine Mutter könnten ihr mehr als nur Steine in den Weg legen. Und um sich und ihren Bastard zu schützen war sie untergetaucht, hatte lieber auf das Geld verzichtet. Er drehte sich um und ging wortlos.
 

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Die "Halbdämonen-müssen-zusammenhalten"-Taktik gegen "Es-ist-nur-ein-Geschäft-aber-spielen-wir Familie"-Taktik.

Im nächsten Kapitel: Mittwoch treffen sich die Halbbrüder zum ersten Mal und wir werden noch sehen, was erfolgreicher ist.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (22)
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Von:  Schalmali
2010-07-10T19:02:36+00:00 10.07.2010 21:02
Ein Stipendium juhu.. dann gleich "du bist der Erbe" oha... aber das wird ja jetzt noch viel lustiger. Zwei Sympathisanten, die wohl beide nur um ihretwillen etwas mit dem Hanyou zu tun haben wollen. Intrigenspiel lässt grüßen. Wie fies.
Von:  mangacrack
2009-03-31T13:59:57+00:00 31.03.2009 15:59
Sind beide nicht ganz ehrlich, wie? Weder Naraku (der das eher aus Falschheit tut) noch Sesshomaru (der von Gefühlen keine Ahnung hat). Aber sie verhalten sich natürlich und haben nur ihr Geschäft im Sinn.

Fraglich finde Izayois Verhalten.
Ist sie wirklich lieber gestorben, als sich behandeln zu lassen? Sie hätte es doch wenigstens versuchen können! Himmel, dass InuYasha jetzt weiß, dass seine Mutter vielleicht hätte länger leben können, es aber wegen Angst/Stolz nicht getan, ist gerade keine gute Voraussetzung für eine fröhliche Familienzusammenkunft.

Schade finde ich, dass Naraku IMMER der Böse ist.
Aber er hat nun mal das Hindernis, dass die Bösen so selten gewinnen!

mangacrack
Von:  Lizard
2009-02-15T17:26:30+00:00 15.02.2009 18:26
Eine reine Geschäftsangelegenheit?
Das dürfte wohl nicht funktionieren... wenn Sesshoumarurein geschäftlich an den 'Fall Inuyasha' rangeht, wird er sicher keinen Erfolg haben.
Nara Kumo geht zumindest vordergründig geschickter vor, um Inuyashas Vertrauen zu gewinnen (diese fiese, hinterlistige Spinne!).

Armer Inuyasha... so muss es sich anfühlen, wenn plötzlich die Welt, die man kannte, in Scherben bricht. Erst der Tod seiner Mutter und nun solch ein Schock. Wenn das so weiter geht, erleidet er noch einen Nervenzusammenbruch. Zum Glück hat er seine Freunde.

Wirklich schön geschrieben. Und die vielen Andeutungen zur Vergangenheit machen neugierig. Was wohl wirklich geschehen ist mit Inuyashas Vater. Und warum Izayoi sich wohl versteckt hat bzw. wahrscheinlich verstecken musste?
Von:  Tigerin
2009-02-07T23:49:44+00:00 08.02.2009 00:49
Ach du liebe Güte.
Inu kann einen Leid tun. Besonders, weil weder Naraku noch Sess wirklich an ihm interessiert sind, viel eher an seinen 25%. Das ist so fies, obwohl das bei Naraku zu erwarten war. Bei Sess ist es ziemlich seltsam. Denn auch seine Taktik ist hinterhältig. Und so ist er doch sonst nicht... Aber mal schauen, wie das Zusammentreffen ausgeht.
Es war auf jeden Fall schlau von Naraku, zu erwähnen, dass Dämonen Halbdämonen nur ausbeuten wollen. Ich befürchte, dass Inu genau an diesen Satz denken wird, wenn Sess ihn darauf Anspricht, dass er Inu's 25% will...
Hoffentlich geht das gut.

LG, Tigerin
Von:  -Fluffy-
2009-02-02T08:49:36+00:00 02.02.2009 09:49
Danke für deine ENS. Leider konnte ich nicht eher schreiben.

Inu hat es ja echt schwer getroffen. Von nichts Ahnung und dann gleich an Naraku geraten. Sess verhält sich auch recht merkwürdig. Eigentlich ist er doch nicht so hinten herum. Von seiner Mutter hab ich dagegen nichts anderes erwartet. Ich bin echt gepannt, wie sich die Sache entwickeln wird und ob es Nara wirklich schafft, Inu auf seine Seite zu ziehen.

*knuddel*, das Fluffel
Von:  Haineko
2009-01-30T22:25:16+00:00 30.01.2009 23:25
Armer Yasha, da hat er wirklich einiges über das er nachdenken muss... und unkomliziert ist das Ganze auch nicht...
Seine Gefühle gegenüber Sess ist wirklich nachzuvollziehen... auch wenn sich da scheinbar einige Missverständnisse anbahnen... na, wir werden ja sehen we sich alles weiterentwickelt...
LG Hainekoの
Von:  Teilchenzoo
2009-01-29T20:28:30+00:00 29.01.2009 21:28
Toll. Ob überhaupt eine Taktik so recht klappt??
Ich HOFFE dass die Familientaktik klappt und vor allem am Ende ECHT ist.
Die Anweisung an Mirs Taishou ... denkst du wirklich, dass sie Geborgenheit und Wärme ausstrahlen kann ? *das für nen Witz hält* Das klappt ja nicht mal beim eigenen Sohn. Warum gehen die beiden eigentlich so unterkühlt miteinander um? Ist das einfach ihre Art? Damit werden sie Inu aber nicht "kriegen" ... da zieht die Halbdämonen-solidarität eher.

Ob Inu rauskriegt, wie Narakus Geschichte im Detail aussah ...? Von wegen Mord und Bösartigkeit ...? Und keine Frau und Kinder? Dafür Abkömmlinge?

Und was um alles in der Welt war damals im Wochenendhaus vorgefallen??

Und hat Mrs Taishou jemals eine Rivalin gehabt? Um Liebe? Bei ihr dürfte das eher eine Frage des Stolzes gewesen sein ... Mrs As-cold-as-Ice ...

Aber ich stimme den anderen hier zu: die letzten Endes treibende Kraft hinter Inu dürften seine Freunde sein. Denn denen geht es wirklich um IHN, nicht i-einen Vorteil.

Bye lg
Von:  Cistus
2009-01-29T05:49:54+00:00 29.01.2009 06:49
Diese Dämonen von heute wissen auch nicht mehr was sie wollen! Normalerweise sollte Sesshoumaru doch froh darüber sein das weder Inuyasha noch seine Mutter was von ihm wollten und ich wette mal er würde keinen Gedanken an sie verschwenden, wenn nicht dieses Aktienpacket wären. Im umgekehrten Fall, ohne die Aktien, hätte er sie rausgeworfen, wenn sie bei ihm aufgetaucht wären. Dabei sollte er wenigstens ein wenig Beeindruckt sein, das die zwei sich aus eigener Kraft durchgeschlagen haben und nicht bei ihm angeklopft haben. Er flucht nur weil er weiss das er seinen Halbbruder, im Moment, braucht.

Naraku hat zwar im Moment die besseren Karten, aber er ist unter Zeitdruck! Wenn er Inuyasha nicht schnell unter Kontrolle bekommt, hat er verloren. Für Sesshoumaru arbeitet die Zeit sogar. Wenn er Inuyasha bis zu seinem 18 Geburtstag bei der Stange hält, dann könnte er rein Theoretisch auf ihn verzichten, da ihm ja ein kleiner Unfall zustossen könnte und das Packet als letzter lebender Verwandter erben. Aber soweit wollen wir erst mal nicht gehen! Aber ich glaube sein Plan, auf Familie machen, wird ziemlich in die Hose gehen, so dumm ist Inuyasha auch nicht das er sich da einwickeln lässt. Ich tippe mal darauf das es spätestens zum Streit kommt, wenn Inuyashas Mutter ins Gespräch kommt.

mfg
Cistus
Von:  dice70391
2009-01-28T20:53:00+00:00 28.01.2009 21:53
...auch wenn es nach diesem Treffen zunächst noch alles nach Nara Kumos Plan läuft so hoffe ich doch das Inuyasha sich nicht so schnell von dem um den Finger wickeln lässt...
Und ich bin auch schon mal auf das Treffen zwischen Sesshomaru, seiner Mutter und inuyasha gespannt...

auf jeden Fall ist da noch einiges was passieren könnte und in Zeiten von Weltfinanzkrise und ähnlichem wären plötzliche Überraschungen und Wendungen ja auch nicht unerwartet...

dice
Von:  don-kun
2009-01-27T21:33:28+00:00 27.01.2009 22:33
Na dann mal sehen, wie das erste Treffen ausgeht. Nara Kumo hat sich ja taktisch klug verhalten. Aber wird Inu Yasha auf ihn reinfallen?


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