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Sonnenaufgang im Westen

Aus den jungen Jahren eines Hundefürsten...
von

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Gewöhnung

Die Prinzessin war erleichtert, ohne es freilich zu zeigen, als der Fürst sie offiziell allen im Schloss als seine Schwiegertochter vorstellte. Demzufolge war ihr Ehemann trotz ihrer Ahnungslosigkeit mit ihr zufrieden gewesen. Er hatte gestern Nacht zwar etwas davon gesagt, dass er ihr schon alles Nötige beibringen würde, aber das war erst einmal nur geredet.

Sie hoffte, erwartete nun eigentlich, dass ihr ihr Aufgabengebiet zugewiesen werden würde. Für ihren Vater hatte sie die Schlossverwaltung übernommen, wenn er nicht da war, manchmal alle Anfragen aus den Ländereien bearbeitet. Das war eigentlich auch der Grund, warum es sie so in das schwebende Schloss zurückzog. Sie hatte stets gehofft, ihren Vater so lange von einer Heirat abhalten zu können, bis sie selbst den Befehl über die Krieger und die Ländereien hatte. Dann könnte sie frei entscheiden – auch, unverheiratet zu bleiben. Mit einer formellen Unterwerfung unter den Fürsten hatte sie in diesem Fall gerechnet.

Umso härter traf sie der Schock, als der Taishou sie zurück in ihr Zimmer sandte – dort warte ihre Arbeit. Kimonos, geradezu Berge an Stoff lagen da, und ihre Haushofmeisterin erklärte ihr, dass sie höchstpersönlich auf Befehl des Fürsten diese besticken sollte.

„Das fördert die Fruchtbarkeit,“ erläuterte sie etwas irritiert, da ihre neue Herrin trotz aller antrainierten Selbstbeherrschung sie anstarrte. „Jede häusliche Tätigkeit, aber Sticken ist auch für eine so vornehme junge Dame passend.“

Die Prinzessin musst an sich halten nicht davonzulaufen. Sollte das etwa ihr künftiges Leben sein? Eingesperrt mit diesen Frauen in ihrem Zimmer – stickend? Sollte sie nicht an der Verwaltung beteiligt werden, keinen Einblick in die Politik erhalten, keine Verantwortung übernehmen? Sie bemerkte, dass alle Dämoninnen sie mehr oder weniger anstarrten. Offenkundig verrieten ihre Gesichtszüge deutlich ihre Gefühle. Sie nahm sich hastig zusammen.

Die Haushofmeisterin wiederholte behutsam: „Das ist der Befehl des Fürsten.“

„Ich werde ihn selbstverständlich befolgen. Nur – ich habe noch nie gestickt.“

„Ja, wie ist das denn möglich? Handarbeiten, musizieren....“ Teiko brach lieber ab. Anscheinend kannte diese junge Dame nichts von dem, was sie hätte können sollen. „So werde ich Euch das zeigen,“ schloss sie.

Zähneknirschend, aber nach außen hin vollkommen ruhig, setzte sich die Prinzessin auf ihren Platz. Sie hoffte nur, dass das mit der Fruchtbarkeit auch stimmen würde. So käme sie bald aus dieser Vorhölle wieder weg. Sich an ihren Ehemann zu wenden hätte kaum Sinn – er würde nicht gegen den Befehl seines Herrn und Vaters handeln, ja, wohl ihr Problem nicht einmal verstehen. Anscheinend war ihre Erziehung auf Wunsch ihres Vaters mehr als ungewöhnlich für eine Prinzessin gewesen.
 

Am Abend wartete sie umsonst auf den Befehl, zu ihrem Gemahl zu gehen. Verunsichert, aber auch wütend, stickte sie weiter. Hatte sie ihm doch missfallen? So sehr, dass er sie nicht mehr sehen wollte? Das wäre die Katastrophe schlechthin. Ohne ihn konnte sie keinen Sohn bekommen – und nicht hier weg. Schlimmer noch, wenn er eine andere reizvoller fand, angenehmer, und diese einen Sohn bekam...Oh nein, so weit wollte sie gar nicht denken. Sie musste sich zusammennehmen, ruhig bleiben und die brave Ehefrau spielen. Anscheinend wollte der Fürst unbedingt Nachwuchs, wenn er sie hier schon mit diesen....nein, das dachte eine Prinzessin nicht einmal...Kimonos beschäftigte, da würde er doch früher oder später seinen Sohn ermuntern seiner Pflicht nachzukommen.

Als sie allein war, drehten sich ihre Gedanken immer wieder um diese Frage: sie konnte nicht zu ihrem Ehemann gehen, sie konnte nicht ungerufen zum Taishou gehen, sie konnte nichts gegen das Sticken tun, sie konnte nicht...Oh, die Liste der Dinge, die sie nicht tun konnte, schien endlos lang. Und es gab keinen Ausweg, außer, wenn es ihr gelang, aus den westlichen Ländern zu entkommen und zu Fürst Susumu zu fliehen. Leider hatte der auf sie nicht den Eindruck gemacht, ihren Verstand zu schätzen. Zu den Gesprächen mit ihrem Vater hatte er sie nicht hinzugebeten. Also wäre es da wohl auch nichts anderes als hier. Nur als Erbin in ihres Vaters Schloss wäre sie sie selbst – und dazu benötigte sie einen Sohn.

Ruhig bleiben, ermahnte sie sich. Sie musste nachdenken. Ganz sicher gab es eine Lösung für sie, irgendwie musste es ihr gelingen, ihr Leben hier erträglicher zu machen. Nur, wie?
 

Am Abend des zweiten Tages ihres Ehelebens stellte sie zum ersten Mal an sich Anwandlungen zur Hysterie fest, die sie nur mühsam verbergen konnte. Ein weiterer Tag ihres Lebens war mit Sticken und dem vollkommen sinnlosen, wenn auch nett gemeinten Geplauder ihrer Kammerfrauen vergangen – und ohne, dass ihr Ehemann sie rufen ließ. Die Aussicht, dass dies die nächsten Wochen, Jahre, Jahrhunderte so weitergehen würde, ließ sie zum ersten Mal verstehen, warum manchen Dämonen Selbstmord als gute Lösung erschien. Nur leider war ihr wohl dieser Ausweg verwehrt. Zum einen gab es hier weit und breit nichts, mit dem sie sich hätte töten können, und zum zweiten würde sich der Taishou sicher an ihren Vater halten.

Irgendwie schaffte sie es, wie beiläufig zu den beiden Zofen, die ihr beim Umkleiden halfen, zu sagen: „Mein Gemahl ließ nichts von sich hören?“

„Nein, Prinzessin,“ erwiderte Sorano, die Ältere der beiden: „Ist der Prinz nicht ein sehr höflicher, ja, rücksichtsvoller Mann?“

Was bedeutete das denn schon wieder? „Ja, den Eindruck gewann ich auch,“ sagte sie jedoch ehrlich, eingedenk der Tatsache, dass er sich wohl wirklich bemüht hatte, ihr entgegen zu kommen. „Ich hoffe, er lässt mich bald wieder rufen.“

„Sicher,“ beteuerte Sumu, die jüngere, eine Dämonin aus einer Vogelfamilie, wie die Federn statt Haaren auf dem Kopf selbst in menschlicher Gestalt verrieten: „Ihr seid doch eine wahre Schönheit.“

Sorano dagegen lächelte etwas: „Als ich frisch verheiratet war, hat mich mein Gemahl nicht geschont und schon am nächsten Tag wieder kommen lassen. Glaubt mir, Prinzessin, ein wenig Erholung wäre mir lieber gewesen. Der Schmerz des ersten Males verschwindet leichter, wenn er vor dem zweiten Mal verheilt ist. Sicher, Ihr seid stark und Eure Selbstheilungskräfte gewiss hervorragend,“ fuhr sie eilig fort: „Aber ich lobe den Prinzen dafür, dass er daran denkt.“

War es das? Wollte er rücksichtsvoll sein und sie hatte sich umsonst Gedanken gemacht? Wie hatte sie auch übersehen können, dass er für einen Dämon, zumal seines Ranges, zu weich war. Nun, wenn er sie auch morgen nicht kommen ließ, müsste sie ihn darum bitten, leider. Aber dann wusste sie, woran sie war. War es nur seine Schwäche rücksichtsvoll sein zu wollen, bestand die Aussicht auf einen Sohn und sie konnte durchhalten. Fand er sie verabscheuungswürdig – nun, dass musste sie sich einen guten Plan überlegen, wie sie hier wegkam und im Notfall tatsächlich in den Süden zu Fürst Susumu fliehen konnte. Immerhin schien hier niemand damit zu rechnen, dass sie Magie beherrschte und auch in der Lage wäre, die Bannkreise um das Schloss zu überwinden.
 

Am dritten Tag schrieb sie als gehorsame Tochter einen Brief an ihren Vater, als Teiko hereinkam und dies sah:

„Vergebung, Prinzessin, an wen schreibt Ihr?“

„Meinen Vater, aber ich bin dir keine Rechenschaft schuldig.“

„Ihr dürft keine Briefe schreiben, Befehl des Fürsten.“

Das wurde jetzt wirklich zuviel: „In diesem Fall bitte ich den edlen Taishou um Audienz. Das möchte ich selbst hören.“ Sie erhob sich mit aller zu Gebote stehenden Würde.

Die Haushofmeisterin verbeugte sich: „Ich werde den Fürsten unverzüglich für Euch um Audienz bitten. Habt einen Moment Geduld.“

Tatsächlich ließ ihr Schwiegervater sie ohne Weiteres vor. Sie verneigte sich höflich und nahm auf seinen Wink hin Platz.

„Nun, mein Kind?“

„Ich wollte einen Brief an meinen verehrten Vater schreiben, aber mir wurde gesagt, dass ich das nicht dürfe.“

„So lautet meine Anweisung.“

„Aber, warum...?“ entfuhr es ihr, ehe sie hastig den Kopf senkte: „Ich bitte Euch, erlaubt mir, dass ich ihn über mein Wohlbefinden unterrichte. Er macht sich gewiss Sorgen.“ Harmlos sein, sagte sie sich vor, die brave Ehefrau, Schwiegertochter und Tochter spielen.

Der Taishou dachte kurz nach, ehe er meinte: „Du solltest deinen hübschen Kopf nicht mit Politik belasten, aber dir ist bewusst, dass dein Vater einen Aufstand gegen mich führte.“

„Ja.“ Mit Politik belasten? Für wie dumm hielt er sie?

„Schreibe ihm, wie eine Tochter an ihren Vater schreibt. Ich werde den Brief lesen, ehe ich ihn mit einem Eilboten abschicken werde.“

Er fürchtete weitere Ränke ihres Vaters? So leichtsinnig würde der doch nicht sein. Schließlich wäre ihr Leben dann bedroht – und auch er würde kaum mehr Schonung finden. Aber sie verneigte sich höflich: „Ich danke Euch, mein Fürst.“ Immerhin hatte sie ihren Willen durchgesetzt. Und wenn der Taishou die kindlich-harmlosen Briefe las, die sie dann eben schreiben würde, ließe seine Wachsamkeit doch auch einmal nach.

„Du stickst fleißig?“

„Ja.“ Was sollte sie auch sonst tun?

„So ist es gut. Hast du noch einen Wunsch?“

„Nein, danke. Ihr wart sehr großzügig.“ Das entsprach den Tatsachen, wenn sie an die gut gefüllten Kleidertruhen und sonstigen Gegenstände dachte, die man ihr hingestellt hatte.

„Dann darfst du gehen.“

Hu, dachte sie, als sie begleitet von Teiko und einer anderen Kammerfrau zurück in ihre Räume kehrte, sie musste behutsam sein. Mochte auch sein Sohn weich sein – bei dem Fürsten war davon nichts zu erkennen. Er war sicher vor Intrigen auf der Hut, zu erfahren darin und in Kämpfen. Nein. Ohne Grund war er nicht der Herr der Hunde geworden. Und er befürchtete wohl, dass sie ihrem Vater irgendwelchen internen Dinge zutragen könnte – als ob sie davon so viel erfahren hatte oder auch nur erfahren könnte. Sie war vermutlich die bestbewachte Gefangene in diesem ganzen Schloss.
 

Sie war erleichtert, als sie erfuhr, dass der Brief abgesandt worden war, auch, wenn sie ihn betont harmlos geschrieben hatte, von den neuen Kammerfrauen und den großen Räumen berichtet hatte, wie freundlich ihr Gemahl und der Fürst zu ihr seien. Ihre gute Laune stieg weiter, als der Prinz nach ihr schickte. Sie musste eben behutsam sein, sich an alle Neuerungen gewöhnen und ihre Gedanken besser verbergen. Dann würde sie sicher auch bald einen Sohn bekommen...

Ihre Kammerfrauen blieben vor der Tür zu den Räumen des Prinzen stehen und sie trat ein. Wie schon beim ersten Mal hatte er alle seine Diener weggeschickt. Heute wusste sie, was sie erwartete, und öffnete die Tür doch ein wenig erleichterter. Er würde ihr keine Schmerzen zufügen.

Er legte das Papier weg, in dem er gerade gelesen hatte: „Oh, schön, dass Ihr so rasch gekommen seid, meine Teure.“

„Danke.“ Sie verneigte sich etwas.

„Setzt Euch doch.“

Sie gehorchte und warf unwillkürlich einen Blick auf das Papier. Aus den wenigen Worten erkannte sie, dass es sich um ein Lehrbuch handelte, vermutlich über Wirtschaft. Wie sehr sie ihre Schulbücher doch vermisste – und das schon nach so wenigen Tagen.

Er musste es bemerkt haben, denn er nahm es auf: „Ich lerne gern dazu.“

„Ich auch.“ Was hatte sie schon zu verlieren? Mehr als nein konnte er doch kaum sagen: „Darf ich Euch um die Lektüre bitten, wenn Ihr sie abgeschlossen habt?“

Augen in ihrer eigenen Farbe musterten sie: „Ihr erwähntet, dass Ihr wie ein Junge erzogen wurdet. Soll ich dem entnehmen, dass Ihr das Sticken der Kimonos nicht als passend empfindet?“

War das eine Falle? „Ich gehorche dem Befehl des Fürsten.“

Etwas wie ein Lächeln, während er das Papier zusammenrollte: „Nehmt es mit, wenn Ihr geht. Ein wenig Entspannung nach dem eifrigen Sticken könnte Euch nutzen.“

Er verstand es? Sie konnte es kaum glauben. „Danke. Ich habe schon immer gern gelesen.“

„Und offenbar kaum Gedichte.“ Der Hundeprinz nickte leicht: „Nun, dann vermute ich doch, dass Ihr auch gewisse Kenntnisse über Gesetze habt, zumal Euer Vater ja Handel mit dem Süden treibt.“

„Selbstverständlich innerhalb der zulässigen Bedingungen,“ beteuerte sie unverzüglich: „Keine Waffen oder anderes Kriegszeug, keine Metalle. Nur Nahrungsmittel, um Salz aus dem Süden zu bekommen.“

„Ihr kennt Euch in der Tat aus. Soll ich dem entnehmen, dass Ihr die rechte Hand Eures Vaters wart?“

Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie in dem Fall auch wegen Hochverrates angeklagt werden könnte. Zum Glück war die Frage so gestellt, dass sie sie ehrlich beantworten konnte: „Nein. Ich hatte die Verwaltung des Schlosses inne. Und mein verehrter Vater teilte mir manches mit, das er dafür für wichtig hielt.“

„Kodoro hat Euch in der Tat als Erbin erzogen.“ Aber das klang nicht unwillig: „Was wisst Ihr denn über das Steuerrecht?“

Sie war erstaunt. Dieses Gespräch entsprach nicht gerade dem, was sie erwartet hatte, nicht heute Nacht und eigentlich nicht einmal von ihrer Ehe. So suchte sie erneut den Blick des Prinzen. Er lächelte wieder ein wenig.

Tatsächlich war er amüsiert. Die selbstbeherrschte Schöne, die sein verehrter Vater so eifrig auf die sogenannte weibliche Seite schob, schien intelligent und gebildet zu sein. Beides Dinge, die er von seiner Ehefrau nicht erwartet hatte, nur von Mätressen. Das konnte wirklich interessant werden. Und vor allem, viel amüsanter, als er es auch nur erhofft hatte. „Reden wir,“ wiederholte er daher: „Über Steuern.“

Ihre Augen blitzten auf, zum ersten Mal wirklich an ihm interessiert: „Wollt Ihr wissen, was ich weiß oder wollt Ihr mich erleuchten?“ Unmerklicher Spott lag in ihrer Stimme.

Er hatte es gehört und gab mit dem gleichen Ton zurück: „Beides?“ Oh ja, sie war klug.

Sie überlegte hastig. War das eine Falle, um sie des Ungehorsams zu zeihen oder konnten sie wirklich miteinander reden?„Und....unsere Pflichten...?“ erkundigte sie sich dann nur.

„Kommen später...“

Für die wartenden Kammerfrauen im Gang wurde es eine sehr lange Nacht.
 

Während sich die Prinzessin am nächsten Tag gehorsam der Stickerei widmete, glitten ihre Blicke immer wieder seitwärts zu dem Buch, das neben ihrer Schlafmatte lag. Er hatte es ihr ohne weiteres gegeben und sie hoffte, dass sie weiterhin auf diese Art Bücher bekommen würde. Mochte er auch zu weich für einen Krieger sein – er war gut ausgebildet worden und besaß ein umfangreiches Wissen über die Wirtschafts- und Rechtslage des Westens, soweit sie das beurteilen konnte. Und sie hatte in sich ein Pflänzchen an freiwilligem Respekt vor ihm entdeckt.
 

Der Prinz beendete unterdessen seine Fechtlektion und reichte das Schwert dem Diener, als er seinen Vater entdeckte und sich verneigte. Der Fürst winkte: „Komm. Ich sehe mit Freuden, dass deine...hm, eifrige Nacht nicht deiner Kraft geschadet hat.“

„Danke, verehrter Vater.“ Natürlich. Vater hatte im Schloss durchaus seine Informanten und sicher war diesem bereits zugetragen worden, dass seine Gemahlin die gesamte Nacht bei ihm verbracht hatte. Allerdings wäre es töricht zu erwähnen, dass sie sich mehr über Steuerrecht und anderes unterhalten hatten, als sich um den vom Fürsten erwünschten Erben der Blutlinie zu kümmern. Er war sicher, dass auch die Prinzessin darüber schweigen würde.

„Sie gefällt dir wohl.“

„Ich bin erfreut gewesen, dass Ihr meinen Geschmack so gut getroffen habt.“ Das war ehrlich, auch wenn der Fürst rein an Äußerlichkeiten denken würde. Dass man mit seiner Gemahlin auch befreundet sein könnte, käme Vater nicht in den Sinn. Und die seine besaß durchaus einen scharfen Verstand, da war er sicher, das war nicht nur ein hübsches Püppchen. Allerdings war sie etwas misstrauisch, aber das war kein Wunder. Ihr Vater hatte einen Aufstand geführt, sie war verheiratet worden, ohne nur ein Wort dagegen sagen zu können, und nun ihm und seinem Vater ausgeliefert. Aber sie hielt sich.

„So ist es gut. - Kodoro wird sich ruhig halten. Ich habe allerdings Spione in Richtung Süden gesandt. Susumu hatte sicher seine Finger im Spiel und ich möchte nicht noch einmal so überrascht werden.“

Der Prinz warf unwillkürlich einen raschen Blick um sich und der Fürst nickte:

„Ja, darum kam ich hier hinaus. Wir haben sicher auch einige von Susumus Leuten unter den unseren. Zwei kenne ich namentlich.“

„Und Ihr belasst sie, denn ein Spion, den man kennt, ist ungefährlich?“

„In der Tat. Einer ist übrigens Dai, einer deiner Kammerdiener. Ihn kenne ich erst seit gestern.“

„Dai. Er ist mir nie durch unpassende Fragen aufgefallen.“

„Nein, aber als ich gestern Abend in mein Zimmer ging, bemerkte ich zufällig, dass er mit den wartenden Kammerfrauen sprach. Das war nicht verboten oder verdächtig, aber als ich in meinem Zimmer war, fiel mir ein, dass ich noch eine Anweisung an die Grenzwachen geben wollte, und verließ es. Da entdeckte ich Dai im Hof, der eine Brieftaube abschickte. Zum Glück war der nächste wachhabende Dämon ein Falke. Er machte sich hinterher und fing sie ein. Ich las den Brief, ehe ich die Taube wieder abgehen ließ.“

„Damit Fürst Susumu nichts bemerkt.“

„Er ist bedauerlicherweise kein Narr, mein Sohn. Denk daran.“

„Ich werde es tun, verehrter Vater, aber ich bitte Euch, Ihr werdet noch lange die Geschicke des Westens lenken.“ Und dieses verdammte Höllenschwert tragen – nichts im Prinzen riss sich um diese Verantwortung.

Der Fürst schwieg einen Moment, ehe er antwortete: „Du meinst es gut, mein Sohn, aber etwas in mir sagt mir, dass es nicht mehr lange dauert, ehe das Höllenschwert in deiner Verantwortung liegt – und der gesamte Westen. Umso wichtiger ist es, dass du deine Meditationsübungen eifrig weiterbetreibst, lernst. Und, dass du deinerseits einen Sohn bekommst. Ich würde gern noch meinen Enkel sehen.“

„Ich...wir werden uns bemühen.“ Was sollte er dazu schon sagen: „Darf ich fragen, was Dai schrieb?“

„Nichts von wirklicher Bedeutung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Susumu Berichte schätzt, in denen erzählt wird, wie oft deine Gemahlin bei dir ist und wie lange. Andererseits zeigt das an, dass er an ihr Interesse hat. Oder eher an Nachwuchs.“

„Es fragt sich, wer noch so alles derartige Kleinigkeiten berichtet. Denn daraus kann man sich ein Bild machen.“

„Das ist wahr. Und ich werde aufmerksamer sein. Du auch. Aber erwähne es niemandem gegenüber. Es ist nicht auszuschließen, dass auch unter anderen engen Vertrauten Spione sind. Leider. Der vorherige Fürst des Südens war da anders. Wir haben zwei Duelle gegeneinander gefochten, das hat er akzeptiert und es war Ruhe. Susumu dagegen ist ein anderer Typ. Ich wage zu bezweifeln, ihm je auf einem Schlachtfeld zu begegnen. Ränke und Spione, das ist sein Metier.“

„So wurde er wohl auch der Herr der südlichen Inseln.“

„Und mit Mord, denn der letzte Fürst starb Susumu sehr gelegen. Aber natürlich konnte ich mich nicht in die inneren Angelegenheiten einmischen.“ Der Fürst nickte: „Dann gehe an deine Aufgaben.“

„Wie Ihr wünscht, verehrter Vater.“ Der Hundeprinz ging, nicht ohne unwillkürlich seinen Zopf zurecht zu ziehen. Dai, also. Nun, er sollte ein Auge darauf haben, mit wem der sich noch so alles unterhielt. Womöglich könnte man Susumu über ihn mit falschen Informationen füttern. Dennoch war es ein etwas unbehaglicher Gedanke, dass es einem Gegner gelungen war, einen Spion praktisch in sein Schlafzimmer zu schleusen. Zum Glück hatte er selbst alle Diener hinausgeschickt, ehe seine Ehefrau kam. Der Fürst des Südens brauchte nicht zu wissen, über was sie sich unterhielten oder anderes. Er würde sich auf jeden Fall besser vorsehen müssen. Vater hatte zwar seinerseits nun Leute in den Süden gesandt, aber die würden kaum dazu kommen, eine Liste mit allen Gegenspionen zu erstellen. Susumu war kein Narr, in der Tat. Und seine Interessen an der Prinzessin konnte durchaus einen sehr sachlichen Grund haben. Sie war die Erbin der Ländereien, die zwischen dem Westen und dem Süden lagen – wer sie hatte, besaß auch für sich und seinen Erben das Recht auf diese Grenzregion. Hm. Es wäre in der Tat ratsam, bald einen Sohn zu bekommen, der Susumus Träumen diesbezüglich einen Riegel vorschieben würde.
 

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Das junge Ehepaar kommt einander näher, aber schon im folgenden Kapitel warten Fallen auf sie und den Fürsten.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von: abgemeldet
2011-04-24T12:42:57+00:00 24.04.2011 14:42
Oje, oje, oje... Sticken. Was für ein grausiges Schimpfwort. Die Arme. Hat man für sowas nicht Personal? Ich meine... seine Kimonos selbst besticken? Geht denen das Geld aus?^^

Hm... eigentlich könnten sie die Prinzessin doch mal Blumen pflücken lassen oder mit der Kutsche eine Spazierfahrt. Einfach irgendwas, was nicht sooooo langweilig ist wie sticken. (schon wieder dieses Schimpfwort...)

Ich bin gespannt, ob ihr Ehemann ihr das Sticken erlässt. Das würde sie sicher freuen. Naja, dann les ich mal weiter =)

LG
Tinerina
Von:  Weissquell
2011-04-10T11:48:22+00:00 10.04.2011 13:48
Und wieder ein Kapitel mit viel Politik, höfischem Gehabe und reichlich Ambiente. Versteh mich nicht falsch, ich mag das :-) Ich tu mich immer ein bisschen schwer, mir den Alltag in einem Schloss vorzustellen. Da kann ich mir bei dir noch eifrig was abgucken.
Ich mag diese Ränkeplanung, Strategien und die fürstlichen Gedankengänge mit Spionage und Intrigen und so, was du immer schreibst. Lässt das alles sehr realistisch erscheinen.
Noch mal zu Taishou jr., mir war nicht bewußt dass ein Gespräch über Sterrecht besonders erregent wirken kann, so kann man sich täuschen. Finanzgespräche als Vorspiel *kicher* die Taishous sind alle ein klein bischen sonderbar *g*
Übrigens: "Reden wir,“ wiederholte er daher: „Über Steuern.“ Ich würd sagen, der Doppelpunkt muss an der Stelle weg. Entweder n Komma oder n Punkt.

Na dann mach ich mich mal gleich auf zum nächsten Kapitel.

L.G. Weissi


Von:  Teilchenzoo
2011-04-02T20:37:18+00:00 02.04.2011 22:37
Ohje ... ich bin wirklich froh, keine Dame des Mittelalters zu sein. Ich hätte mich zu Tode gelangweilt.
Umso besser für die Prinzessin, dass ihr Gemahl ihrer Qual bereitwillig Linderung verschafft. Dies und seine Anerkennung ihrer Fähigkeiten dürften ihr wirklich gut tun. Und sie lernt auch, dass ein vermeintlich "weicher" Mann und Gelehrter nicht die schlechteste Wahl ist. Wobei sie da sicher noch ihr blaues Wunder erleben wird.

Susumu plant im Hintergrund garantiert schon fleißig, aber wie weit wird er damit kommen? Es gibt drei Faktoren, die er trotz Spionage wohl nicht einplanen kann. 1. der Prinz ist ein sehr guter Krieger, 2. die Prinzessin hat beträchtliches magisches Können, 3. die beiden werden füreinander einstehen und zusammen sicher ein harter Brocken sein. Frei nach dem Motto "und dann kam die Liebe ins Spiel". Ist auch besser so. Intriganten können ruhig an solchen Unwägbarkeiten scheitern, das lehrt sie vielleicht mal Demut.

Seinen Feind zu kennen ist immer gut, daher handelte der Fürst in Bezug auf die Spione sehr klug. Seinem Vorbild wird der Prinz sicher folgen.

lg neko
Von:  yamina-chan
2011-04-01T21:43:51+00:00 01.04.2011 23:43
Hm Hm...
Es ist gut zu wissen das zumindest einige der Spione bekannt sind. Das grenzt den Schaden doch etwas ein.
Ich freue mich für das junge Paar, das eine erste Gemeinsamkeit gefunden hat. Ich bin gespannt ^^
Von:  Haruko-sama
2011-04-01T18:09:25+00:00 01.04.2011 20:09
Schön, dass das junge Paar merkt, was es an dem anderen hat; die Partner"wahl" war gut für sie. Wer weiß, vielleicht kann er ja auch seiner Frau etwas Sticken ersparen^^
Und Susumu legt los... Wer weiß, wer da noch alles im Schloss spioniert. Wenn da nicht mindestens eine Kammerzofe dabei ist, würde ich mich doch sehr wundern.

LG, Haruko
Von:  kiji-chan
2011-04-01T10:51:52+00:00 01.04.2011 12:51
*stick stick stick*

Da leidet jemand an dem aufregungslosen Leben einer Lady. Naja, wenigstens mit ihrem Ehemann hat sie ein bisschen Gehirnjogging.

Hoffe, dass junge Paar kann die Zweisamkeit noch ein bisschen genießenm befor Susumu zuschlägt.


ncha!
Kiji
Von:  Minerva_Noctua
2011-04-01T09:20:27+00:00 01.04.2011 11:20
Danke für die ENS!

Schönes Kapitel.
Jetzt habe ich es sogar in einem Zug geschafft^^.
Ich mag die Eheleute sehr. Beide sind sympathisch und interessant.
Sie würden doch gut zusammenpassen.
Schade.
Ich freu mich auf das nächste Kapitel^^!

Bye

Minerva


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