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Wolfsträume

von

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Die Mauer

»Das ist… ich…«, stammelte Tariq ungläubig.

»Das ist sie«, wiederholte Lugh Akhtar noch einmal lächelnd.

»Wollen… wollen wir dort wirklich hinüber?«, fragte Nea leise und blickte ängstlich in die Ferne, wo die Mauer trotz der dunstigen Luft zu sehen war.

»Ja. Aber du kannst umkehren, wenn du magst. Ich wäre dir nicht böse.« Er wandte sich zu Tariq um. »Das gleiche gilt für dich.«

»Ich weiß, aber…« In den Augen des Prinzen blitzte es auf. Erst hielt der junge Zauberer es für Furcht, nahe an der Grenze zur Panik, dann erkannte er, dass es pure Abenteuerlust war. Tariq freute sich auf das Unbekannte, selbst, wenn es ihm den Tod bringen mochte.

Nea dagegen drängte sich Schutzsuchend an ihn. Sie hatte Angst und das, was Tariq fehlte, das war wohl zu ihr geflüchtet.

»Gehen wir das letzte Stück«, sprach Lugh Akhtar leise und ging los, die beiden Anderen folgten ihm und schlossen schnell wieder zu ihm auf.

Nur das Ziel vor Augen schritt Tariq sowieso weiter und beschwingt aus, Nea eher vorsichtig und ängstlich, und der Zauberer zwar vorsichtig, aber doch bestimmt. Sie hingen ihren eigenen Gedanken nach und versuchten, auf die höchsteigene Art und Weise mit der Situation umzugehen, denn so teilnahmslos, wie es gerade der junge Zauberer vorgab, waren sie alle nicht.

Sie waren schon ein ganzes Stück gelaufen und hatten nun schlussendlich das letzte Stück Wald hinter sich gelassen, als Tariq sich wieder zu Wort meldete.

»Ich denke, ich weiß wieso niemand zurückgekehrt ist.« Er versuchte mit gerunzelter Stirn die Höhe der Mauer zu schätzen, musste jedoch schnell einsehen, dass er es nicht konnte. Oder zumindest kamen ihn seine Schätzungen so absurd vor, dass er sie gleich verwarf.

»Und wieso?«, fragte Lugh Akhtar neugierig.

»Naja, wenn man bloß von dieser Seite aus hinauf kommt, und Magie hier nicht wirkt, dann gibt es ja auch bloß einen einzigen Weg, auf der anderen Seite wieder hinab. Und ein Zauberer, der nicht zaubern kann, ist ja auch bloß ein einfacher Mensch. Und ein Mensch überlebt es nicht, wenn man ihn aus so einer Höhe hinunter wirft«, stellte der junge Prinz trocken fest.

Darauf mussten Lugh Akhtar und Nea so lachen, dass sie für einen Moment stehen bleiben mussten. Tariq gefiel es gar nicht, ausgelacht zu werden und so verzog er die Lippen zu einem Schmollen.

»Tut mir leid, aber alleine diese Idee…«, kicherte der Zauberer.

»Wieso? Wie bekommt man sie sonst auf die andere Seite?«, fragte der Prinz erstaunt.

»Es gibt ein Seil, das ist lang genug, es reicht auf der anderen Seite bis zum Boden hinab«, erklärte Lugh Akhtar nachsichtig.

»Mal ganz davon abgesehen, dass es nirgendwo ein so langes Seil geben wird, könntet ihr es niemals wieder hinaufziehen. Und wenn man es unten ließe würden die Verbannten einfach wieder hinaufklettern und fliehen können.« Tariq war alles andere als überzeugt und blickte skeptisch.

»Recht hast du, aber es ist kein gewöhnliches Band. Es ist aus Wind geflochten, deswegen wiegt es kaum etwas, trotz der Länge«, erklärte Nea.

»Aus Wind geflochten?« Nun lachte Tariq laut auf. »Mir scheint, ihr nehmt mich alle Beide auf den Arm. So etwas könntet nicht einmal ihr Beiden. Außerdem würde es nicht geflochten bleiben, denn die Magie, die es dazu bräuchte, würde hier verfliegen wie nichts, wie Staub im Wind. Das habt ihr selbst gesagt.«

»Das weiß ich wohl, aber… versuche die Wunder dieser Welt nicht zu verstehen, Tariq. Es wird dir nicht gelingen. Es gelingt nicht einmal mir, und ich bin ein Zauberer«, antwortete Lugh Akhtar augenzwinkernd.

»Und kaum einer kennt sich besser mit Wundern aus, als Zauberer«, lächelte Nea.

»Das glaub ich dir gerne. Sag, weiß einer von euch, wie hoch sie ist?«

»Nein.« Lugh Akhtar blickte dorthin, wo der Himmel auf die Mauer traf. Sie konnten ihren Fuß nicht sehen, denn er lag hinter Bäumen verborgen, doch auch auf diese Entfernung hin wirkte sie enorm. Und unendlich düster.

Es war, als hätte der Erbauer gewusst, wozu das Gebiet, was sie einschloss, einst dienen würde, denn sie war komplett aus schwarzem Stein erbaut. Sie schien das Tageslicht zu schlucken, strahlte Kälte und Macht aus.

Nicht zum ersten Mal fragte sich der Zauberer, wozu sie eigentlich errichtet wurde. Sollte sie ein mächtiges Zauberwesen dort drinnen halten, oder waren vielmehr sie selbst es, die draußen gehalten wurden, vor denen etwas geschützt wurde?

»Es gibt eine Menge Geschichten über sie. Mich wundert ein wenig, dass du bisher nichts von ihr gehört hast, Tariq«, meinte Nea unvermittelt.

»Es ist gut möglich, dass mir einige dieser Geschichten bekannt sind, aber ich denke nicht, dass ich sie dann mit diesem Bauwerk in Verbindung gebracht hätte. Ich… hätte es niemals für real gehalten«, antwortete er leise.

»Ich glaube…« Lugh Akhtar blieb stehen.

»Ja?«, fragte Nea.

»Ich… nein, vergiss es. Es ist nicht wichtig.« Er ging wieder weiter. Nea und Tariq warfen sich verwunderte Blicke zu und folgten dann.

Sie liefen noch den ganzen Tag, nicht zuletzt, weil langsam aber sicher auch Tariq das Fehlen der Magie bemerkte. Dieses so ungewöhnliche Gefühl, das mit jedem Schritt stärker wurde, ließ sie langsamer laufen, doch irgendwann kamen sie dann doch an.

Die Sonne war dem fernen Horizont schon sehr, sehr nahe gekommen, als sie letztendlich vor der Mauer standen und hinauf blickten. Von hier aus konnten sie die Spitze nicht mehr sehen, sie lag zu weit oben.

»Wo kommen wir hinauf? Und wie lange müssen wir dann laufen?«, fragte Tariq leise.

»Ich weiß es nicht, ich bin noch nie hier gewesen. Ich war… damals nicht dabei…«, sprach Nea leise, mehr zu sich selbst, als zu den beiden jungen Männern. Doch der junge Prinz horchte dennoch auf.

»Was meinst du?«, fragte er, doch Nea antwortete ihm nicht.

»Der Feuerfuchs ist dein Bruder gewesen, nicht wahr?« Lugh Akhtar schaute immer noch in den Himmel hinauf.

»Du… hast davon gehört?« Nea wich aus und schaute ihn scheu von der Seite her an.

»Ich war bei seiner Anhörung dabei. Jetzt weiß ich auch wieder, wo ich deine Augen schon einmal gesehen hatte. Ich wusste gleich, dass ich sie kenne.«

»Welche Anhörung, und welcher Feuerfuchs?«, wollte Tariq wissen, doch er erhielt keine zufrieden stellende Antwort.

»Frag nicht danach, Tariq. Es gibt Dinge, die willst du nicht wissen.« Der Zauberer schaute den jungen Prinzen lange an, doch der gab keine Antwort mehr. Stattdessen schwieg er einige Zeit, bevor er drei Schritte zurück tat und dann hinauf und zu beider Seiten schaute.

»Keine Rampe, keine Treppe oder Leiter. Und wenn ich mir die Mauer selbst so ansehe, wird man auch nicht an ihr hinaufklettern können.«

Der junge Zauberer nickte, trat an den schwarzen Stein und legte sacht und zögernd eine Hand darauf. Sie war glatt wie ein Spiegel und durch die tief stehende Sonne, reflektierte sie auch sein Spiegelbild. Eine Weile betrachtete er sich selbst in dem schwarzen Stein und war dabei mit seinen Gedanken weit fort.

Wie in Trance hob er die andere Hand an den Anhänger und berührte ihn, nur um sie gleich wieder fortzureißen, als hätte er eine heiße Herdplatte berührt.

»Was ist?«, fragte Tariq sogleich alarmiert, der die Bewegung aus dem Augenwinkel wahrgenommen hatte.

»Der Stein verliert seine Magie nicht…«, sprach Lugh Akhtar leise und löste das Halsband.

»Das kann nicht sein. Hier verliert jedes magische Objekt seine Zauberkraft.« Nea runzelte ungläubig die Stirn, doch der junge Zauberer hielt ihr das Halsband so nahe an die Hand, wie es irgend ging, ohne dass sie ihn berührte.

»Du hast recht…«, flüsterte sie.

»Aber warum?«, fragte Tariq und kam auch ganz nahe heran. Auch er spürte ein wenig, dass da etwas war, auch wenn er von selbst nicht hätte sagen können, was es war.

»Ich… denke, dass es diese Andersartigkeit dieser Magie ist, die sie hier verweilen lässt. Der Zauber des Winters vielleicht. Die Mauer hält wohl nur jene Magie fern, die wir zu unseren Gunsten manipulieren, nicht aber diese hier«, überlegte Lugh Akhtar.

»Das könnte sein. Was unterscheidet aber diese beiden Arten von Magie?«, fragte Nea.

»Das weiß ich nicht. Vielleicht alles, vielleicht gar nichts. Ich möchte nur wissen, wieso der Winter ihn mir überlassen hat. Was soll ich mit dem Stein tun?« Der junge Zauberer schloss die Hand um ihn.

»Könnte es sein… dass der Winter ein wenig Rätselraten mit uns spielen mag? Vielleicht langweilt er sich ja«, war dagegen Tariqs Überlegung.

»Ausschließen können wir es wohl nicht, aber ich denke, dass sie andere Beweggründe hat. Der Weg die Mauer hinauf liegt rechts von uns. Wollen wir heute noch dorthin laufen, oder bleiben wir hier?« Der Zauberer schaute nachdenklich in die angewiesene Richtung und dann zu seinen Gefährten.

»Lass uns dort unser Lager aufschlagen und Morgen den Weg hinauf nehmen«, fand die Zauberin und der Prinz nickte zustimmend. Also gingen sie langsam weiter, die Abendsonne im Rücken, ihre langen Schatten vor sich im Schnee.

»Woher weißt du, wo der Aufgang liegt?«, sprach mit einem mal Tariq ganz unvermittelt und schaute Lugh Akhtar an, doch der antwortete nicht.

»Warst du… auch bei seiner Verbannung dabei?«, fragte dagegen Nea leise, doch auch hier antwortete er erst einmal nicht. Erst, als keiner von beiden noch mit einer Antwort gerechnet hatte, bekamen sie eine.

»Es gibt Dinge über mich, die ihr nicht wisst, genauso wie es Dinge gibt, die ich über euch nicht weiß. Weil wir nicht darüber sprechen wollen. Auch wenn ich vor jedem Fremden das Gegenteil behaupten würde, so ist es doch eine Tatsache, dass wir Geheimnisse haben, die nur uns gehören. Belassen wir es dabei, ich denke, dass es besser so ist«, erklärte er langsam und nachdenklich.

»Ich habe keine Geheimnisse vor dir«, widersprach der junge Prinz jedoch sogleich, bekam aber ein sachtes Kopfschütteln zur Antwort.

»Meinst du das wirklich?«

»Natürlich.«

Da lachte der junge Zauberer wieder und schüttelte noch einmal entschiedener den Kopf.

»Jeder hat Geheimnisse, Tariq.«

»Ich nicht. Und Nea auch nicht.« Bockig zog er die Stirn kraus.

»Ach nein? Deswegen weißt du auch, wer der Feuerfuchs ist, ja?«, fragte Lugh Akhtar sarkastisch. »Oder warum ich weiß, wie wir dort hinauf kommen.« Er deutete auf die Mauer und schaute hinauf. Der Prinz runzelte unwillig die Stirn.

»Ja, okay, du hast recht«, brummte er und dachte dabei an sein Geheimnis, das er nicht Preis zu geben bereit war, und von dem die beiden Zauberer vielleicht nicht einmal wussten, dass es existierte. Doch er hatte auch nicht vor, es ihnen zu sagen.

»Dort vorne ist es schon, seht«, meinte Lugh Akhtar unvermittelt und deutete nach Osten. Und sie sahen es. Nea folgte der Treppe mit ihrem Blick und seufzte dann.

»Das wird ein weiter Weg Morgen«, stellte sie entmutigt fest.

»Der Weg dahinter wird noch weiter, befürchte ich«, antwortete ihr der junge Zauberer und er sollte recht behalten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Cat-girl
2010-12-12T12:45:28+00:00 12.12.2010 13:45
Ja, das ist die Mauer..
Bei Tor, die ist ja echt unheimlich...
Nea, du wolltest doch eh nicht mit...
Tariq hat aber bereits gesagt, dass er dich begleiten würde...
Hey, der hat ja einen Mut... rüber zu wollen, selbst wenn es ihn umbringen könnte...
Wir beschützen dich schon, Nea...
Klar, warum nicht! *stellt die Ohren*
Jeder in seinen eigenen Gedanken...
Bis später, Wald...
Wieso ist denn hier niemand? *schaut Tariq fragend an*
Wie hoch sie wohl ist? *schaut die Mauer hinauf* Oh nein, viel zu hoch *dreht den Kopf schnell weg*
Hieß es nicht, dass es keinen Weg runter gibt?
Flieg Menschlein, flieg..
Fall nicht! Zu spät! Hehe
Ach Tariq, lass dich nicht auslachen, das war doch nicht mit Absicht *will ihn trösten*
Na vielen Dank auch... schade eigentlich, ich hätte mich über ein wenig zermatschte Menschen gefreut... sorry, Tariq
Stimmt auch wieder...
Aus Wind, auch mal eine Idee...
Unheimlich...
Gute Fragen, wozu dient dieses Ding? *weicht zurück*
Ich kenne sie auch erst seit der ersten Erwähnung...
Was ist?
He, was ist denn los? Verbirgst du etwas, Lugh? *macht sich Sorgen um ihn*
Wo kamen sie an? Bei dem Windseil?
Aber liefen die nicht schon die ganze Zeit an der Mauer entlang? O.o *ist verwirrt*
Was meinst du, damals nicht dabei? Nea, was weißt du? *schaut zu ihr auf*
Ihr Bruder?! Der Feuerfuchs? Ein Verbannter? Oh, tut mir Leid wegen der Fragen, Nea...
Aber... ich mache mir jetzt etwas Sorgen um Nea...
Hinaufklettern? Das wär's ja noch. Dann könnten die Verbannten ja gleich wieder hinüber kommen...
Was für eine seltsame Mauer... Lugh? *dreht sich nach ihm um* He, Lugh? Alles in Ordnung? *schaut besorgt*
Was ist denn los mit dir? *zittert aus Angst um ihn*
WAS?! Der Stein verliert seine Macht nicht?! Hab ich das richtig gehört... das ist ja seltsam...
Den Zauber des Winters *flüstert es vor sich hin*
Vielleicht vertraut der Winter dir, Lugh...
*springt auf* Also Tariq, wie kannst du so etwas denken?
Die kann man hoch laufen? *ist verwirrt*
Wie nett, doch noch eine Antwort...
Oh Lugh, was ist nur los...
Na gut, Lugh, wenn du meinst...
Das weißt du nicht, ob Nea nicht doch welche hat...
Brandfuchs.... auch eine schöne Bezeichnung...
Siehst du, Tariq. Hast also doch eines...
Nea, was ist? *schaut die Treppe hinauf*
Ach kommt, Leute. Lasst euch von den Wegen nicht entmutigen. Wozu sind wir denn hier? Um jetzt einfach aufzugeben?! Oder wollen wir was erreichen? Ja! Wir suchen den Winter! *knurrt etwas wütend*

Irgendwie unheimlich, dass die Mauer so riesig, lang und düster ist. Ein Seil aus Winden, echt cool. Aber dass der Feuerfuchs Nea's Bruder ist, war schon eine Überraschung und woher kennt Lugh nur diesen Weg, bzw. was hat Tariq für ein Geheimnis. O.o bin wiedermal zu neugierig, das sollte ich lassen. Los, vorwärts! Ihr tapferen Gefährten! Ein neues Land wartet auf euch!

Von:  Seelentraeumerin
2010-06-28T15:14:43+00:00 28.06.2010 17:14
Hat Tariq jetzt ein geheimnis?.?
irgenwei bin ich gerade verwirrt?.?
Von:  -Lenobia-
2010-04-17T18:50:43+00:00 17.04.2010 20:50
wie süß der stellt sich bockig weil er nicht wahr haben will das er kein geheimniss hat!!!^^


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