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Wolfskinder - Sternenwege

von

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Ein Ziel?

»Fylgien… sagt mir nichts«, Hope schaute nicht einmal von seinem Buch auf.

»Also kennst du keine Sprache, woher der Name kommen könnte?«, hakte Lif noch einmal nach.

»Ich kenne keine wörtliche Übersetzung, das ist ein Unterschied«, widersprach sein Vater und schaute ernst auf.

»Und ein Ursprungswort? Etwas, was es bedeuten könnte? Oder aus welchem Land es sein könnte?«, Mana schaute fragend zu ihrem Onkel hoch. Der runzelte misstrauisch die Stirn.

»Warum ist euch das so wichtig?«, wollte er im Gegenzug wissen.

»Ich hab den Namen irgendwo gelesen, aber Mana will für ihren Wolf natürlich keinen Namen verwenden, der übersetzt dann etwas ganz schreckliches bedeutet«, log Slyk schnell, doch Hopes abermaliges Stirnrunzeln zeigte deutlich, das er die Lüge sofort erkannt hatte.

»Das bezweifle ich wirklich, mein Bester«, sagte er auch und stand auf. Er trat an eines der vielen Regale, die als Heim für die tausenden von Büchern herhalten mussten, die hier standen.

Hope hatte Bücher immer schon geliebt, und da er als Zauberer alles andere als gut oder talentiert war, hatte er stattdessen die Theorie gelernt, bis er mehr wusste, als die meisten Hochmagier von Altena gemeinsam. Er konnte weit über hundert Sprachen fließend sprechen, auch alte, die man zu dieser Zeit gar nicht mehr sprach und er konnte mehr Schriften lesen, als alle anderen, die Mana kannte.

Und im Laufe der Jahre hatte er so viele Bücher angeschleppt, dass sie mittlerweile mehrere Räume des großen Hauses füllten, in dem er mit seiner Familie wohnte. Mana wusste, das sich Cinder manchmal sehr über die vielen Bücher aufregte, denn sie konnte bis heute nicht gut lesen, und sie musste es als Hochmagierin auch nicht, doch ließ sie ihrem Ehemann sein Hobby. Dafür hatte sie mittlerweile ein laufendes Lexikon und einen Übersetzer sowieso.

Hope auf jeden Fall zog ein Buch hervor, das in schwarzes Leder gebunden war. Es hatte keinen Titel und Lifs Vater ging damit um, als wäre es ein rohes Ei. Er legte es vorsichtig auf den Tisch, schob dabei das andere Buch rücksichtslos beiseite. Dann schlug er es vorsichtig auf. Auch die Seiten waren schwarz, beschrieben mit einer roten Schrift.

»Was ist das für ein Buch?«, fragte Slyk erstaunt.

»Das Nachtbuch«, antwortete Lif ehrfürchtig. Er war mit diesem Buch und seiner Bedeutung aufgewachsen, er wusste, wie mächtig und zugleich selten es war. Er wusste, dass sein Name aus diesem Buch entnommen war, ebenso wie Manas Name.

»Steht Fylgien da drin?«, erkundigte sich die und starrte auf das schwarze Papier.

»Mehr oder weniger. Man kann es nicht wörtlich übersetzen, wie ihr wisst, aber wenn man das Wort ausspricht, dann klingt es so ähnlich«, antwortete Hope und schien die Seite gefunden zu haben, die er suchte. »Hier, die Geschichte der Fylgja.«

»Kannst du versuchen, es uns zu übersetzen?«, bat Ahkuna, die bisher nichts gesagt hatte.

»Versuchen ist gut… Nun, im Prinzip steht dort, das ein Fylgja eine Art Schutzgeist ist. Nicht diese Art Schutzgeist, wie man sie in Wynter kennt, aber gewisse Ähnlichkeiten haben sie dennoch. Sie entstehen bei der Geburt eines jeden Menschen und begleiten und beschützen sie ihr Leben lang. Sie haben Tiergestalt, die dem wahren Wesen ihres Menschen entspricht«, erklärte Hope und schaute auf Mana, die wiederum nachdenklich den jungen Wolf anschaute. Doch der schüttelte mit einem wölfischen Grinsen den Kopf.

»Kann man diese Schutzgeister denn sehen?«, erkundigte sich Ahkuna, denn auch sie kannte die Geschichten auch Wynter und wusste, das man nach dem dortigen Glauben die Schutzgeister nur in Situationen voller Gefahr sehen konnte.

»Nicht immer. Nur in jenen Augenblick, in dem man stirbt. Sie nehmen deine Seele mit sich«, antwortete Hope, während er fast schon liebevoll über das schwarze Papier strich.

»Ich glaube, Mama würde sich mehr freuen, wenn du sie mal so streicheln würdest«, bemerkte Lif dazu, doch statt wütend zu werden grinste sein Vater.

»Finde du erst einmal eine Freundin und gründe eine Familie, und dann kannst du mir Ratschläge geben«, erklärte er gut gelaunt.

»Hört auf zu streiten«, mischte sich Mana ein und schaute nachdenklich auf das Buch. »Ein Fylgja ist also eine Art Schutzgeist? Und Fylgien?«

»Ist die Mehrzahl. Ein Fylgja, viele Fylgien«, antwortete Hope und stand auf, um das Nachtbuch vorsichtig wieder wegzustellen.

»Weißt du zufällig auch, aus welchem Land diese Sprache kommt?«, Ahkuna hockte sich wieder hin, um den jungen Wolf hinter dem Ohr zu kraulen.

»Aus keiner, es ist nicht einmal eine wirkliche Sprache, denn der Worte bedient man sich nur, wenn man die Macht aus dem Buch nutzen will. Sie stammt von einer Gruppierung, den Niemands-Adepten. Von denen habt ihr gehört, oder?«, Hope schaute fragend in die Runde und alle nickten.

»Ja, die Geschichte der Bücher kenne wir«, gähnte Lif, dann schaute er seine Freunde an. »So, wir wissen jetzt, was es bedeutet, wollen wir hoch?«

Mana nickte und ging voran, die anderen folgten ihr. Sie gingen zielgerichtet in Lifs Zimmer, wo sich Mana mit ihrem Wolf aufs Bett setzte. Lif nahm sich den Stuhl, Slyk das Fensterbrett und Ahkuna bevorzugte den einfachen Boden.

»Das hat uns jetzt nicht wirklich weitergeholfen, oder?«, Slyk seufzte.

»Nein. Wir wissen jetzt zwar, dass deine Eltern einen seltsamen Sinn für Namen haben, aber das haben unsere ja auch«, seufzte Mana und streichelte das goldene Fell.

»Ich bin schon ziemlich glücklich, dass ihr es überhaupt versucht habt«, antwortete Fylgien und streckte sich auf dem Bett aus. »Und so schlimm ist es auch nicht, immerhin habe ich hier ein wirklich bequemes Leben.«

»Aber hast du denn kein Heimweh?«, wollte Ahkuna wissen.

»Doch, aber wo soll ich denn das Suchen beginnen?«

»Kannst du dich denn an gar nichts erinnern?«, wollte Slyk wissen.

»Nur das, was ich euch schon erzählt habe.«

»Da muss etwas sein, was wir übersehen haben…«, Mana ließ sich mit einem Seufzen nach hinten fallen und ging den vorangegangen Abend noch einmal durch. Sie hatte den weißen Wolf getroffen und war nach Hause gegangen. Sie hatte ihre Freunde gesucht, denn sie selbst konnte einfach nicht glauben, das Fylgien wirklich mit ihr sprach, doch auch die anderen verstanden den jungen Wolf. Und dann hatte er ihnen seine Geschichte erzählt und sogleich waren sie alle Feuer und Flamme gewesen, dem jungen Wolf zu helfen.

»Erzählst du es uns noch einmal?«, bat Ahkuna.

»Viel zu erzählen gibt es da ja sowieso nicht. Ich habe mir etwas genauer ansehen wollen, dabei bin ich von irgendwo runter gefallen und hier gelandet. In dieser Gestalt, irgendwo hier in der Gegend. Da kam ein Mann, hat mich in einen Käfig gesteckt und in die Stadt gebracht. Irgendwann kam dann der andere Mann vorbei und hat mich mitgenommen, mich aus dem Käfig geholt und mich den beiden Frauen vorgeführt, und dann seid ihr gekommen«, Fylgien legte seinen Kopf in Manas Schoß.

»Kannst du den Ort beschreiben, wo du herkommst? Vielleicht hilft uns das weiter«, überlegte Slyk und hatte damit eine ausgesprochen gute Idee. Sein Vater war immerhin der Kaiser von Navarre, er und seine Geschwister sind schon immer sehr viel herumgereist.

»Na ja, es ist sehr schön da, aber das behauptet wohl jeder von seinem zu Hause. Es gibt dort keine Tage, eigentlich herrscht dort immer Nacht, doch dunkel ist es fast nie. Lichter leuchten dort um einen herum und… ihr müsstet es einfach mal sehen, man kann es nicht beschreiben«, fand der junge Wolf und seufzte leise.

»Kannst du beschreiben, wie du ausgesehen hast, bevor du in die Wolfsgestalt gesteckt wurdest?«, wollte nun Ahkuna wissen.

»Na ja, so wie… alle eben…«, Fylgien konnte es nicht.

»Das bringt so nichts«, meinte Lif und stand auf.

»Was hast du vor?«, wollte Ahkuna wissen, als sie sein ernstes Gesicht sah.

»Wir können versuchen, ihm seine alte Gestalt wiederzugeben, vielleicht hilft uns das weiter«, meinte Lif und setzte sich im Schneidersitz Mana gegenüber, den Wolf in ihrer Mitte.

»Ich denke, solche Zauber sollten wir Papa überlassen, er kann Verwandlungen besser, als wir alle zusammen«, distanzierte sich die deutlich von der Idee.

»Dann lass uns zu ihm gehen. Versuchen müssen wir es, zumindest«, fand Lif und wollte wieder aufstehen, doch Slyk hielt ihn mit einem Kopfschütteln zurück.

»Ist das jetzt seine Geschichte, oder unsere?«, fragte er.

»Es ist Fylgiens Geschichte«, wies Ahkuna ihren Bruder zurecht, dann stand sie auf. »Lasst uns gehen.«

»Nein«, widersprach Mana.

»Wieso nicht?«, erstaunt schauten die anderen sie an.

»Papa ist nicht so blauäugig, er hat bestimmt erkannt, das Fylgien kein Wolf ist, und demnach auch sicher versucht ihm zu helfen. Da er jedoch immer noch so vor uns steht, glaube ich nicht, dass Papa ihm helfen konnte«, antwortete sie und streichelte das goldene Fell.

»Und wieso hat er ihn dann dir geschenkt?«, Ahkuna wirkte nicht überzeugt.

»Das weiß ich nicht, aber… ich glaube, das wir Fylgien helfen sollen… das ich ihm helfen muss. Ich hab noch einmal über den weißen Wolf nachgedacht, er hat erst Fylgiens Nase berührt, dann ist er zu mir gekommen. Als wollte er sagen, dass wir zusammengehören…«, nachdenklich zog sie den blauen Stern hervor.

»Er hat den Stein berührt, oder?«, Lif zog nachdenklich an den goldenen Ohren.

»Ja… dann hat er ganz hell geleuchtet«, bestätigte Mana.

»Vielleicht wollte er dir damit etwas sagen, dir ein Zeichen geben oder so«, überlegte Lif und stand wieder auf. Unruhig ging er im Zimmer auf und ab.

»Aber welches Zeichen soll einem schon ein leuchtender Stern geben?«, Mana wirkte mutlos.

»Der Polarstern. Vielleicht… vielleicht sollte es bedeuten, das wir nach Norden sollen?«, Ahkuna setzte sich nun ebenfalls aufs Bett.

»Oder das Kreuz des Südens. Vielleicht soll es ja auf ein Sternebild anspielen? Oder auf Sirius, den Hundestern«, Slyk seufzte, stand auf, komplimentierte Lif unsanft wieder auf seinen Stuhl, setzte sich dann wieder auf die Fensterbank. Das nervöse Umherstreifen seines Freundes machte ihn ebenfalls unruhig.

»Und was tun wir jetzt?«, Mana wirkte nicht zufrieden.

»Fylgien, was meinst du? Sagt dir eines dieser Worte was?«, Ahkuna schaute den goldenen Wolf fragend an.

»Nein. Ich… weiß auch nicht mehr, als ihr…«

»Nach Süden«, murmelte da plötzlich Mana.

»Was?«, Lif schaute seine Cousine fragend an.

»Wir reisen nach Süden, Fylgien«, sie beachtete ihn nicht weiter, sondern schaute den goldenen Wolf an.

»Nach Süden? Nach Navarre?«, Lif runzelte fragend die Stirn.

»Nein, an das südliche Ende der Welt! Dort, wo das Kreuz des Südens am Himmel leuchtet!«, Mana stand entschieden auf.

»Wieso? Woher nimmst du die Sicherheit, dort etwas finden zu können?«, wollte Slyk mit gerunzelter Stirn wissen.

»Weil hinter Navarre die bekannte Welt endet. Ich weiß nicht, was Fylgien passiert sein könnte, wie er hierher kam, aber kein Ort von dem ich je gehört habe ähnelt seiner Beschreibung. Aber hinter dem Horizont, jenseits von Navarre, da muss es doch noch mehr geben, vielleicht ist das jenes Land, aus dem er kommt«, erklärte sie entschlossen.

»Nach Navarre kommt nichts mehr. Wenn du die Wüste durchquert und auf der anderen Seite wieder am Meer bist, dann ist dort das Ende. Wenn du mit dem Schiff weiterfahren würdest, kämst du nur irgendwann in Wynter an«, widersprach Lif.

»Und woher weißt du das? Bist du je dort gewesen? Hast du je von jemandem gehört, der dort war?«, wollte sie wissen.

»Nein, aber wenn dort wirklich etwas läge, denkst du nicht, es hätte schon vor Jahrhunderten jemand gefunden?«, seine Stimme wurde sanfter.

»Ich weiß es nicht, Lif, ich weiß nur, das es eine Chance ist. Für Fylgien, und auch für mich«, antwortete sie.

»Für dich?«, Ahkuna schaute sie erstaunt an.

»Ja. Das ich endlich einmal etwas beweisen kann. Anderen und auch mir selbst. Ich werde einfach so weit reisen, wie es mir möglich ist. Willst du mit mir kommen, Fylgien?«, fragte sie den goldenen Wolf.

Der nickte langsam.

»Ob ich hier bleibe oder mit dir gehe nimmt sich nichts, außer, das ich auf deinem Weg vielleicht meinen finden kann. Also ja.«

»Dann brechen wir morgen auf«, beschloss Mana und stand auf.

»Du willst aber nicht alleine gehen, oder? Ich komme mit dir, Mana«, auch Lif stand auf.

»Aber das musst du nicht tun«, widersprach sie.

»Stimmt, ich muss es nicht, aber ich will es. Ich habe sowieso im Moment kein Ziel, das alles kam so plötzlich. Vielleicht finde ich ja auf dem Weg ein Ziel«, erklärte er.

»Ich komme auch mit. Im Moment hält mich hier nichts«, meldete sich Slyk.

»Und ich auch. Ich möchte wissen, ob Fylgien seinen Weg finden kann«, auch in Ahkunas Augen blitzte Entschlossenheit. So sah sich Mana ganz unverhofft einer ganzen Gruppe von Begleitern gegenüber. Sie lächelte.

»Gut, dann ziehen wir alle gemeinsam los. Lasst uns morgen früh schon aufbrechen, bevor uns der Winter überrascht«, schlug sie vor und ihre Freunde nickten.

So war es beschlossene Sache. Sie würden nach Süden reisen. Einer unbekannten Welt entgegen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-10-30T09:41:41+00:00 30.10.2010 11:41
Oha, der Name steht im Nachtbuch? oO Willst du nicht mal eine Geschichte schreiben, wo einfach nur das Gleiche drinne steht, wie im Nachtbuch? Das würde mich nämlich mal wahnsinnig interessieren^^
Aber Lif ist aber frech oO Solche Sprüche von so einem halbwüchsigen Zwerg, das ist schon was XD
Aber okay, Fylgien sind Schutzgeister, hat das etwas mit der Herkunft des kleinen goldenen zu tun? Oder ist das eigentlich völlig irrelevant?
Glauben die da auch noch daran, das die Erde eine Scheibe ist? XD
Nein, ernsthaft, die bekannte Welt schließt also nur die vier großen Reiche ein, ja? Also Altena, Navarre, den Westen und den Osten, der Rest der Erdenkugel ist unbekannte Welt? Jetzt bin ich neugierig :D


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