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Wolfserinnerungen - Der Erste Schnee

von

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»Wir sind Brüder.«

»Nun, wenigstens versteh ich jetzt, warum Mama immer sagte, dass du anders bist. Und warum du immer so gut warst, ohne je etwas dafür zu tun«, seufzte Vivamus und schaute Lugh Akhtar wohlwollend und gut gelaunt an.

»Als wenn du schlecht wärst«, lachte der junge Zauberer.

»Nein, das nicht, aber das, was ich dir die zwei Jahre voraus hatte, hast du in nicht einmal zwei Monaten aufgeholt und das will schon etwas heißen«, erklärte Vivamus.

»Warum stellst du dich eigentlich als Vivax Animus vor, wenn Lugh Akhtar dich immer Vivamus nennt?«, erkundigte sich Cinder neugierig und schaute ihren Halbbruder neugierig an.

»Das konnte er als kleines Kind nicht aussprechen und irgendwann hat er Vivamus daraus gemacht. Allerdings ist er der Einzige, der mich so nennen darf, bei allen anderen besteh ich auf Vivax«, erklärte Vivamus mit einem Lächeln.

»Und jetzt erzählst du, was ist dir in den letzten Jahren widerfahren?«, erkundigte sich Lugh Akhtar.

»Oh, das ist schnell erzählt. Nachdem du Altena zerstört hast, hab ich angenommen, dass du nach Hause gehen würdest, wie du immer wolltest, also bin ich dorthin gegangen. Dort warst du nicht, also bin ich in den Westen gereist, zu Mama und Tuwa in der Hoffnung, das du da wärst, aber… na ja, ich fürchte, dort sind wir nicht mehr wirklich erwünscht.« Bitterkeit schlich sich in Vivamus’ Blick und Lugh Akhtar verstand sofort, was er meinte. Er wagte es nicht zu erwähnen, dass er selbst mit offenen Armen empfangen worden war, denn dieses Glück schien seinem Bruder nicht vergönnt, obwohl Channa ihrem ältesten Sohn eigentlich näher stehen müsste, als ihm.

»Was hast du dann getan?«

»Ich bin nach Altena zurückgekehrt, um dort zu erfahren, dass du im Norden als Zauberer deine Dienste tust. Ich bin dorthin gereist, aber ich muss dich verpasst haben. Danach hörte ich lange nichts von dir, ich habe angenommen, dass du dem Mörder, der damals sein Unwesen trieb, zum Opfer gefallen bist. Ich bin nach Altena zurückgegangen und hab hier eine ganze Weile gelebt. Dann war die Versammlung, wo du verkündet hast, den Winter zu suchen. Ich habe gewartet, ob du zurückkehren würdest und dann ist der Krieg ausgebrochen. Als es immer schlimmer wurde, bin ich mit Rena nach Navarre geflohen. Wir haben dort eine Weile gelebt, sind aber schließlich doch wieder hierher zurückgekehrt«, erzählte er.

»Rena?«, erstaunt schaute Lugh Akhtar seinen Bruder an.

»Ja. Sie ist meine Verlobte, so heißt sie« bestätigte Vivamus.

»Ich kenne auch eine Rena, ihr Vater heißt nicht zufällig Ikaika?«, erkundigte sich der junge Zauberer vorsichtig.

»Das weiß ich nicht, ich habe ihn nicht getroffen. Aber ich weiß, das er ein Verbannter ist, sein Schülername ist Blutfeder.«

»Blutfeder… es würde auf jeden Fall zu ihm passen und ein Verbannter ist er auch. Wusstest du, dass deine Verlobte königliches Blut in sich trägt? Ikaika ist der Halbbruder des alten Königs von Lanta, der Onkel von König Fjodor. Und wenn wir über dieselbe Rena sprechen, dann ist sie die Cousine des Königs von Lanta«, erklärte der junge Zauberer.

Vivamus dachte einen Moment sichtlich über die Möglichkeit nach, zuckte er mit den Schultern.

»Ist egal. Ich hab ihr nicht den Antrag gemacht, weil ich ins Königshaus einheiraten will, sondern weil sie sonst wohl alleine bleiben müsste«, erklärte er.

»Inwiefern das?«

»Ihre Eltern sind nicht verheiratet und du weißt genauso gut wie ich, wie schwer es uneheliche Kinder haben. Und unsere Tochter hat ihr da gewiss auch nicht weitergeholfen. Deswegen sind wir verlobt, im Sommer wollen wir heiraten, dann sind wir die nervenden Blicke hoffentlich los«, fand Vivamus schulterzuckend.

»Das hört sich nicht gerade so an, als wenn du sie lieben würdest«, bemerkte Cinder mit einer gehobenen Augenbraue und einem warnendem Blick.

»Liebe wird überbewertet«, antwortete Vivamus dennoch mit einem gönnerhaften Lächeln.

Darauf schauten sich Lugh Akhtar und Cinder kurz an. Er wusste genau, was sie dachte und er wusste, das Vivamus gerade wieder einmal dabei war, sich in Schwierigkeiten zu reden, doch Cinder konnte nur den Mund öffnen, da klackerte es ans Fenster.

Verwundert wandten sie sich um und entdeckten eine Taube, die auf dem Fenstersims saß und mit dem Schnabel an das Glas klackerte.

Hope, der bisher sehr still geblieben war, schritt wortlos zum Fenster und öffnete es. Er nahm die Taube und löste gekonnt den Zettel von ihrem Bein. Er las ihn und Lugh Akhtar wusste sofort, das etwas geschehen war. Das verriet ihm Hopes Blick zu genüge. Er wusste aber auch, dass er es gar nicht wirklich wissen wollte. Als sich Hope schließlich mit einem traurigen Blick an ihn wandte, da schüttelte er wortlos den Kopf.

»Gleich was es ist, ich will es nicht wissen«, sagte er entschieden.

»Das wirst du wissen wollen. Lugh, es…«, begann der Rotschopf, doch Lugh Akhtar schüttelte heftig den Kopf.

»Nein. Ich will es nicht wissen. Ich weiß, dass es etwas Schlechtes ist, das sehe ich dir an, und deswegen will ich es nicht wissen. Alles, was Schlecht ist, will ich nicht mehr hören.«

»Es ist aber wichtig, das du es«, sprach Hope unbeirrt weiter, doch der junge Zauberer wollte in diesem Moment nichts auf der Welt weniger.

»Nein!«, fauchte er entschieden und schüttelte noch einmal klar den Kopf. »Ich will nicht. Ich will bloß nach Hause. Ich will nichts mehr mit den Jahreszeiten zu tun haben, ich will nichts mit der alten Welt zu tun haben, ich wünschte, ich hätte Nanook niemals getroffen. Und ich will auch das jetzt nicht, aber diesmal kann ich vorher nein sagen. Also nein.«

Ohne auf eine Antwort zu warten, wandte er sich um und ging. Er verließ das Haus. Ruhig, aber bestimmt, während seine Gedanken rasten. Er ging schnellen Schrittes durch die Straßen Altenas, trat schließlich auf den weiten Platz, der sich vor dem Turm der Zauberer befand. Er überlegte, ob er zurückgehen sollte, ging dann jedoch zum Brunnen und setzte sich auf den Rand.

Das hatte er auch früher schon des Öfteren getan. Er schaute ins Wasser und dachte nach. Er versuchte nicht an das zu denken, was wohl auf dem Zettel gestanden hatte, doch er konnte nicht anders, er malte es sich in den dunkelsten aller Farben bis ins kleine Detail immer weiter aus.

Nach einer Weile, die ihm wie Stunden vorkamen, spürte er, wie sich jemand neben ihn setzte und als er schließlich aufblickte, sah er Vivamus, der ihn traurig anlächelte.

»Du hast dich wirklich kein Stück verändert, kleiner Bruder«, bemerkte er.

»Hätte ich es denn tun sollen?«, fragte er abweisend.

»Nein. Ich mag dich so, wie du bist, auch wenn du immer dafür verantwortlich bist, dass meine Erfolge geschmälert werden. Aber du bist mein Bruder und deswegen habe ich dich lieb«, fand Vivamus und plätscherte mit der Hand ein wenig im Wasser. Es war Sommer, die Kühle tat ihm sichtlich gut.

»Ich dachte, Liebe wird überbewertet«, bemerkte der junge Zauberer kalt.

»Liebe zu einem Mädchen, ja. Die Liebe zur Familie ist etwas anderes. Seine Familie kann man sich nicht aussuchen, man muss sie nehmen, wie sie sind. Und man hat sie lieb, egal was sie tun. Immer.«

Lugh Akhtar antwortete darauf nicht. Er wusste nicht genau, ob das nun eine handfeste Beleidigung war, oder nicht.

»Du bist schon immer vor Problemen lieber davon gelaufen, obwohl du das gar nicht müsstest. Immerhin kannst du selbst Nikolai in Angst und Schrecken versetzen.«

»Ich habe kein Problem. Ich will nur nicht noch eine schlechte Nachricht hören, davon hatte ich schon genug. Ich will wieder zurück, ich will zu Nea«, flüsterte er.

»Sie ist dir sehr, sehr wichtig, nicht wahr?«, fragte Vivamus leise.

»Natürlich. Ich hätte für sie mein Leben gegeben, hätte man es in der anderen Welt haben wollen.«

»Wäre aber schade um dich gewesen. Nun, egal. Gut, was beschäftigt dich also genau? Du willst nicht der Winter werden und du willst Nanook helfen, du weißt aber in beiden Fällen nicht weiter. Und du willst nach Hause, hab ich was vergessen?«,

»Nein.«

»Gut. Dann zäumen wir doch mal das Pferd von hinten auf. Wenn du nach Hause willst, warum gehst du dann nicht? Was hindert dich daran?«

Lugh Akhtar blinzelte verwirrt.

»Mich hindert…«, begann er, doch wollte ihm kein Grund einfallen.

»Ob du hier herumsitzt und dir selbst leid tust, oder ob du nach Hause gehst, dich an deiner Familie erfreust und dort überlegst, was du weiter tun willst. Der Unterschied ist doch bloß, das es dir dort besser geht«, meinte Vivamus schulterzuckend.

»Unter anderem deswegen hab ich dich so vermisst. Du machst mein Leben leicht, weil du die Hindernisse, die mir unüberwindbar erscheinen, einfach in alle vier Winde verwehen lässt«, lachte der junge Zauberer.

»So gefällst du mir schon viel besser, Fjodor. Also, nächstes Problem, Nanook. Hast du denn schon mal Schatten um einen Hinweis gebeten? Nach allem, was du mir erzählt hast, denke ich, dass sie dir gewiss helfen würde. Sie mag dir vielleicht nicht alles sagen können, aber auch ein kleiner Hinweis kann manchmal helfen.«

Darauf sagte Lugh Akhtar nichts, denn er wollte erst sehen, was es für ein Hinweis sein würde, der Schatten ihn gab. Er glaubte nicht, dass er wirklich brauchbar war.

»Und der Winter?«

»Geh zu ihr und besprich das mit ihr persönlich. Vielleicht findet ihr gemeinsam einen Weg.«

»Ach Vivamus. Du machst alles so leicht«, seufzte der junge Zauberer.

»Ich bin einfach gut darin, Lösungen zu finden«, lachte der und schaute auf.

»Gut, dann sollte ich Schatten suchen gehen und schauen, was sie mir erzählen wird.« Lugh Akhtar wollte schon aufstehen, doch sein großer Bruder hielt ihn zurück.

»Warte. Erst gibt es noch etwas anderes, und es ist wichtig das du es weißt.« Vivamus wirkte gar nicht mehr fröhlich.

»Es geht bestimmt um Nea, oder? Ist ihr etwas passiert?«

»Nein, es geht um König Fjodor.«

»Um Tariq?« Damit hatte der junge Zauberer nun nicht gerechnet.

»Ja. Ihr seid befreundet hab ich gehört?«

»Ja, seit Jahren schon. Er hat mir immer die Zeit versüßt, die ich in Lanta verbringen musste. Was ist mit ihm, ist er krank?« Besorgnis schwang in seiner Stimme.

Vivamus stand auf ud kletterte auf den breiten Brunnenrand. Er setzte sich hinter seinen kleinen Bruder und nahm ihn fest in den Arm, bevor er sagte, was zu sagen war.

»Nein, aber dennoch geht es ihm jetzt gewiss nicht gut. Seine Frau, die Königin von Lanta, sie ist tot.«

»Maya ist tot?« Fast gewaltsam machte sich der junge Zauberer aus dem Griff seines Bruders los, sprang auf und starrte ihn entsetzt an.

»Ja. Sie ist im Kindbett gestorben, keine Stunde nachdem sie der kleinen Prinzessin das Leben schenkte.«

»Sie ist…« Lugh Akhtar konnte es nicht glauben. Wie konnte die Welt nur so grausam sein? Er erinnerte sich noch gut daran, wie er Maya das allererste Mal traf. Er mochte sie, sehr gern sogar. Und nun sollte sie nicht mehr sein?

Vivamus zog ihn wieder auf den Brunnenrand zurück und nahm ihn abermals tröstend in seine Arme. Eine Weile saßen sie still und schweigend beieinander, dann stand der junge Zauberer wieder auf.

»Gut. Dann ist der Weg jetzt klar. Erst reisen wir nach Lanta, zu Tariq, und wenn es ihm besser geht, dann geht es weiter, zu Nea«, beschloss er.

»Wenn du willst, begleite ich dich«, bot sein Bruder an.

»Willst du nicht bei Rena und deiner Tochter bleiben?«

»Für eine Weile kommen sie gut ohne mich zurecht. Familie bedeutet eben nicht nur Frau und Kind«, antwortete er, lächelte und erhob sich ebenfalls..

»In dem Fall freu ich mich, das du uns begleiten wirst«, antwortete Lugh Akhtar nach einem kurzen Zögern. Abermals zog Vivamus seinen kleinen Bruder in seine Arme, dann hob er seinen Kopf an und gab ihm einen Kuss. Auf dem Platz im Herzen Altena, Umgeben von hunderten Menschen.

Als sie sich wieder voneinander lösten, bemerkte der junge Zauberer Cinder, die verwirrt ein paar Schritte entfernt stand.

»Ich dachte, es wäre nicht richtig, wenn ein Mann einen Mann küsst. Das gehört sich nicht sagen sie immer«, erklärte sie mit gerunzelter Stirn.

»Es ist hier nur nicht üblich«, erklärte Lugh Akhtar und lächelte traurig. Als Cinder dieses Lächeln sah, veränderte sich etwas in ihrem Blick.

»Hat Vivax es dir gesagt?«, fragte sie.

»Ja. Ich werde zu Tariq gehen und schauen, was ich tun kann«, bestätigte der junge Zauberer.

»Das ist eine gute Idee«, fand Hope, der sich von anderer Seite durch die Menschen drängte. Er ging zu Cinder, umarmte sie und legte sein Kinn auf ihren Kopf ab.

»Warum ist es in Altena nicht üblich, das Männer andere Männer küssen, in anderen Gebieten aber scheinbar schon?«, wollte die von ihrem Ehemann wissen.

»Wie kommst du denn jetzt auf solch eine Frage?«, wollte der erstaunt wissen und schaute sie fragend an.

»Weil Vivax und Lugh Akhtar sich eben geküsst haben und Lugh sagte, das es hier nur nicht üblich ist. Und das wiederum bedeutet ja, das es das woanders durchaus ist.«

»Ihr habt was?« Es war deutliche Überraschung in Hopes Blick, aber keine Abneigung, wie der junge Zauberer eigentlich erwartet hatte. »Jetzt sag aber nicht, das du Nea für ihn verlässt!«

Darauf musste sich Lugh Akhtar stark zusammennehmen, um nicht laut herauszuprusten. Ein breites Grinsen konnte er jedoch nicht vermeiden.

»Er ist mein Bruder, Hope. Und es ist nicht so, wie es aussieht.«

»Die Südländer haben wirklich keine Ahnung von nordischen Bräuchen, oder? Sonst würden sie da nicht so viel hineininterpretieren«, fand Vivamus, zeigte sich dabei eindeutig amüsiert.

»Ein nordischer Brauch? Der wäre mir neu.« Hope wirkte neugierig, nicht ablehnend. Er war damit aufgewachsen, das diese Geste einem Paar vorbehalten war, das er sich so offen, ja sogar interessiert und in keinster Weise ablehnend zeigte, wunderte Lugh Akhtar. Er hatte bestenfalls Neutralität erwartet. Es dauerte einen Moment bis er begriff, das Hope nur auf seine Erklärung neugierig war und erst dann urteilen würde. Er lächelte sacht, dann erklärte er.

»Das war ein Bruderkuss. So nennt man es in Wynter. Es ist dort ein Symbol für Zusammengehörigkeit, nicht zwangsläufig für Liebe«, erklärte er.

»Zusammengehörigkeit? Inwiefern?«

»Du küsst die, die dir am Nächsten stehen. Das kann deine Familie sein, aber auch gute Freunde. Man nennt es Bruderkuss, weil man damit deutlich macht, dass man zusammengehört. Es ist ein Beweis dafür, dass dir jemand sehr, sehr wichtig ist. Ein Bruder, vielleicht nicht vom selben Blut, aber ein Bruder im Geiste sehr wohl. Ich weiß, das man das in Altena nicht tut, aber in Wynter ist es nichts wirklich ungewöhnliches.«

»In deiner Heimat also ein Brauch für einen aufrichtigen Freundschaftsbeweis? Und wenn du nicht wüsstest, dass man es nicht überall versteht, dass es eben auch nicht jeder versteht, dann würdest du uns auch küssen? Also Cinder und mich?«

»Ja. Aber da ich es eben weiß, mach ich es anders. So nenne ich euch Freunde«, lächelte Lugh Akhtar.

»Gut. Ich finde die Geste an und für sich ja ganz niedlich, aber bin schon immer der Ansicht gewesen, dass man nicht jedes Ritual vollziehen muss. Tun wir doch also weiterhin so, als hättest du es uns nicht erklärt. Dann würden wir es nicht verstehen und du würdest es nicht tun. Gute Idee? Ich find auch«, lächelte Hope.

»Also ich würde gerne einmal geküsst werden«, warf Cinder da ein. Sie bemerkte den irritierten Blick ihres Mannes sehr wohl, doch sie lächelte nur beruhigend.

»Okay, wenn du willst…«, meint er, hob ihren Kopf an und gab ihr einen Kuss. Darauf lachte sie.

»Ich meinte jetzt zwar von Lugh Akhtar, aber okay, dann eben von dir«, erklärte sie kichernd und kuschelte sich an ihn, während Hope zufrieden lächelte.

»Ich möchte auch noch mal«, bemerkte da Vivamus und schob traurig die Unterlippe vor. Er warf Lugh Akhtar einen schnellen Blick zu und bevor der wusste wie ihm geschah, lag er auch schon lachend in den Armen seines Bruders.

»Ein Liebesbeweis am Tag reicht mir«, erklärte er grinsend und legte einen Finger auf Vivamus’ Lippen. Im ersten Moment wirkte sein großer Bruder fast enttäuscht, dann jedoch entdeckte der junge Zauberer das abenteuerlustige Glitzern in den Augen seines Gegenübers, das ihm überdeutlich zeigte, dass die Sache noch nicht ausgestanden und vorbei war.

»Gut, von mir aus«, meinte Vivamus und schlenderte in Richtung von Hope und Cinder. »Dann suche ich mir eben ein anderes Opfer…«

»Ich kenne dich, du warst früher ab und zu bei uns zu Hause um mit Cloud und Sky zu üben. Ich weiß, dass du etwas vorhast«, bemerkte Hope dazu misstrauisch. Er ahnte, das er das Opfer sein würde, als Vivamus dann jedoch wirklich nach ihm griff, was er dennoch zu langsam. Er wurde zu seinem Gegenüber gezogen und bevor er es sich versah, wurde ihm auch schon ein Kuss auf die Lippen gedrückt. Im ersten Moment wehrte er sich nicht einmal. Dann war es auch schon vorbei.

»So, ich geh jetzt nach hause. Ich muss Rena irgendwie erklären, das sie für eine Weile auf sich gestellt ist«, erklärte Vivamus gut gelaunt und trottete von dannen.

»Ich find es ja wirklich nett, das er mir so nachhaltig beweisen muss, wie lieb er mich hat, aber nötig gewesen wäre es nicht«, kommentierte Hope mit kraus gezogener Nase und schaute ihm missmutig nach. Lugh Akhtar antwortete darauf nicht. Er lächelte nur, dann war auch er mit einem schnellen Schritt bei Hope und drückte ihm den zweiten Kuss auf den Mund. Bevor der Rotschopf auch nur wirklich verstanden hatte was geschehen war, was der junge Zauberer auch schon außer Reichweite.

»Oh Lugh, ich hasse dich!«, fauchte Hope darauf und versuchte nach ihm zu greifen. Lugh Akhtar jedoch wich geschickt aus.

»Ist doch alles halb so wild, mein Fuchs, irgendwie sah es sogar ganz niedlich aus. Fast wie bei einem Liebespaar«, fand Cinder lachend.

»Ja, Liebespaar. Ich kann mir gerne einen Kerl suchen, nur dann hast du ein Problem«, fuhr er sie grob an.

»Oh bitte, wenn es männlich ist, teil ich dich gerne mit ihm!«, rief sie begeistert aus.

Darauf schaute der Rotschopf sie irritiert an, damit hatte er nicht gerechnet.

»Oh, ich mag die Idee. Im Norden findet man ganz viele von den Kerlen sagtest du?«, wandte sie sich mit leuchtenden Augen an Lugh Akhtar.

»Dort ist es zumindest nichts neues und ungewöhnliches«, bestätigte der.

»Oh, lass uns mit Lugh gehen, Hope! Ich möchte noch einen Mann!«

Der Rotschopf starrte sie irritiert an.

»Cinder, wir sind keine Haustiere«, bemerkte er dann lachend.

»Doch, eigentlich schon. Ihr lasst euch füttern, hegen und pflegen und ab und zu kuschelt man mit euch einmal ein bisschen«, erklärte sie grinsend.

»Na, schönen dank auch«, lachte er und nahm sie in den Arm, um ihr dann zuzuflüstern: »Dann will ich nachher auch meine Kuscheleinheiten bekommen.«

»Vielleicht«, grinste sie.

»Na gut, du bist die Chefin. Aber jetzt hilf mir, den da zu fangen«, bat der Rotschopf und deutete auf Lugh Akhtar. Der grinste breit. Vivamus hatte noch nie einen guten Einfluss auf ihn gehabt und obwohl sein großer Bruder jetzt weg war, spürte er dennoch seine Abenteuerlust und auch den Schalk im Nacken, der ihn dazu trieb, noch einmal irgendetwas unheimlich dummes, und völlig sinnloses zu tun.

»Nein, ich denke eher nicht. Lasst uns nach Hause gehen, immerhin sind Lif und Leilani mit Nanook und Schatten allein, wer weiß was passiert, wenn wir zu lange weg sind«, meinte Cinder lachend.

»Vielleicht ist Kenai ja bis dahin wieder da. Verpasst du ihm auch noch einen Kuss?«, wollte Hope interessiert wissen.

»Nein, ich denke eher nicht«, meinte der junge Zauberer, der sich langsam wieder beruhigte. Der Rotschopf nickte nachdenklich, dann liefen sie los.

»Aber du, Lugh… das ist wirklich nichts Schlechtes gewesen, oder? Also der Kuss…«, erkundigte sich Hope nach einer Weile vorsichtig.

»Nein. Im Gegenteil, es ist so ähnlich, wie wenn du jemanden deinen Schülernamen verrätst. Das tut man wirklich nicht mit jedem.«

»Wow, also kann ich mich ja wirklich geschmeichelt fühlen. Würdest du ihn jedem aus unserer Gruppe von damals verpassen? Also gemäß dem Fall, das sie es denn wollten.«

Darüber dachte Lugh Akhtar einen Moment lang nach, dann verneinte er.

»Nur dir. Als Beweis, das ich dir blind mein Leben anvertrauen würde, ganz gleich, was du getan hast. Wir sind Brüder. Nicht direkt verwandt, aber doch irgendwie.«

»Und Ice nicht?«

Auch jetzt zögerte Lugh Akhtar, dachte einen Moment nach, dann schüttelte er abermals im Kopf.

»Ice und ich sind Freund. Gute Freunde, aber dennoch nicht mehr.«

»Dann fühl ich mich gleich doppelt geehrt. Auch, wenn ich es nicht wollte, so danke ich dir, das du mich dennoch dazu… na ja, gezwungen hast. Ich denke, ich verstehe, was er wirklich bedeutet. Und dafür danke ich dir.«

Darauf lächelte der junge Zauberer nur. Er glaubte nicht, das Hope wirklich die Bedeutung verstand, aber es freute ihn, dass sein Freund zu verstehen schien, wie wichtig es ihm war, dass der Rotschopf deswegen nicht böse war oder gar ablehnend reagiert. Und so pfiff er gut gelaunt ein Lied, während sie liefen. Nach Hause, zu einem wichtigen Teil seiner Familie. Nicht dem allerwichtigsten, doch viel fehlte nicht, wurde ihm bewusst, während er so darüber nachdachte. Nein, viel fehlte wirklich nicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2011-06-29T19:54:00+00:00 29.06.2011 21:54
Nicht verzagen, Schatten fragen xD Aber ist Maya wirklich tot? Traurig :/ Ach ja das nenne ich mal Bruderliebe :3 oder halbe Bruderliebe xD
Auf jeden Fall ein schönes Kapitel ^^
Von:  Seelentraeumerin
2011-06-07T17:17:54+00:00 07.06.2011 19:17
Ganz ehrlich irgendwie finde cih das kap besser als vorheroO
Zu Sly(Hope) passt das einfach besser oo

so und morgen les ich das nächste kap^^


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