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Wintermond

von

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Reise ans Meer

Kanoa wischte ungeduldig und alles andere als ordentlich mit einem Lappen über die Teller, stellte sie dann ins Regal, während sie noch tropften. Er war viel zu aufgeregt, um sich jetzt mit so etwas banalem wie Geschirrtrocknen zu beschäftigen.

Er sprang vom Stuhl und schmiss das Trockentuch ins Waschwasser, dann lief er nach draußen, wo Kenai gerade dabei war, die Satteltaschen zu packen, während Tywyll die Pferde sattelte.

»Fertig gewaschen, darf ich euch jetzt helfen?«, fragte er aufgeregt und lief zu seinem Vater, um ihn den Striegel zu geben.

»Du kannst die Hufe auskratzen wenn du sie hochhalten kannst«, bot Tywyll an, war mit seinen Gedanken weit fort. Das jedoch störte den Jungen herzlich wenig, begeistert stemmte er den ersten Huf hoch, doch er konnte ihn nicht halten, sodass das Pferd sein Bein bald wieder absetzte.

»Nai, hilf mir, mit einer Hand kann ich es nicht halten!«, rief er seinem großen Bruder zu.

»Dann tu etwas anderes sinnvolles, ich habe keine Zeit«, antwortete der und rieb das Leder noch einmal mit Öl ab. Sie würden einige Zeit unterwegs sein, da musste ihr Sattelzeug in Ordnung sein.

Kanoa streckte ihm die Zunge raus, da sah er Kinaya, die auf ihn zugelaufen kam. Auch sie würde bei ihrem Ausflug mitkommen und war schon ganz aufgeregt deswegen.

»Kini, willst du mir beim Hufekratzen helfen? Ich halte den Huf hoch und du kratzt«, erklärte er und das Mädchen nickte begeistert. So machten sie sich an die Arbeit und hatten schon bald den Dreck und die Steine entfernt.

Auch Kenai und Tywyll waren mittlerweile fertig und so verabschiedeten sie sich von Maria und Callisto, die Kinder voller Begeisterung und Abenteuerlust, der Vater eher bedrückt und nachdenklich.

Dass irgendetwas nicht stimmte, das hatten die Kinder natürlich auch schon gemerkt, doch in Anbetracht des Ausfluges der vor ihnen lag, machten sie sich darüber keine Gedanken. Stattdessen liefen sie zu den drei Pferden.

Tywyll und Kinaya würden gemeinsam auf der braunen Stute des Vaters reiten, Kenai hatte im vergangenen Herbst ein eigenes Pferd bekommen, eine weiße Stute mit dunklem Langhaar, auf der würden er und Kanoa reiten. Das dritte Pferd war ein Fuchs und würde einfach nur als Packpferd dienen.

Sie kletterte auf den Pferderücken, riefen noch einen letzten Abschied, dann trabten sie in einem leichten, lange durchzuhaltenden Trab durch die Hohlwege zur Hauptstraße.

»Sind wir lange Unterwegs nach Fenten?«, erkundigte sich Kanoa aufgeregt.

»Lange genug. Es liegt am östlichen Meer, ein paar Tage werden wir schon unterwegs sein«, antwortete Tywyll geistesabwesend.

»Ich hab noch nie das Meer gesehen, Maria hat irgendwann mal erzählt, dass es aussieht wie ein riesiger See«, überlegte Kenai laut. Auch er war aufgeregt, aber er versuchte ruhig und bedacht zu wirken. Er versuchte erwachsen zu wirken und nahm sich seinen Vater als Vorbild.

Kanoa nervte das ein wenig, er fand, dass sein Bruder nur versuchte sich aufzuspielen, aber heute hatte er nicht vor, sich von Kenai in irgendeiner Weise provozieren zu lassen. Er hatte sich auf diese Reise schon seit Wochen gefreut, es war das allererste mal, das sie Irian richtig hinter sich ließen, das sie die Winterlande verließen und in das Zauberreich von Altena kamen.

Der Grund war freilich kein besonders erfreulicher, das wussten die Kinder, doch für sie spielte es in diesem Moment einfach keine Rolle.

Die ersten Tage verbrachten sie in einem Zustand völliger Euphorie, für sie war alles neu und aufregend und dass sie diese Reise nur mit ihrem Vater antraten, machte sie noch mal doppelt besonders.

Sie kehrten zu jeder Pause in ein anderes Gasthaus ein und verbrachten so aufregende Nachmittage und Abende. Sie trafen Schausteller, Söldner, Händler und Zauberer, aber auch zwielichtige Gestalten, mit denen sie nicht sprechen durften.

Sie lauschten Geschichten und Berichten, die ihnen so phantastisch erschienen, das sie sich sicher waren, das sie nur erfunden sein konnten, doch Tywyll bestätigte nur allzu oft, das diese Geschichte durchaus der Realität entsprechen konnte.

An einem Abend jedoch trafen sie jemand ganz besonderen.

Der Tag war kalt und stürmisch gewesen, als die vier an diesem Abend ins Gasthaus einkehrten, waren sie alle froh über die Wände, die den beißenden Wind abhielt. Die Kinder gingen müde zu einem freien Tisch, während Tywyll mit dem Wirt sprach. Es war ein anstrengender Tag gewesen, sie wollten etwas essen und dann ins Bett, selbst die beiden abenteuerlustigen Brüder hatten langsam die Nase voll.

Nach einigen Minuten kam der Vater zu ihnen und setzte sich dazu, nahm Kinaya auf seinen Schoß. Er lächelte Gedankenverloren in die müden Gesichter seiner Söhne.

»Morgen kommen wir an, keine Sorge. Dann könnt ihr euch erst einmal von euerer ersten großen Reise erholen«, lächelte er.

»Die Reise selbst ist gar nicht schlimm«, fand Kenai daraufhin. »Im Gegenteil, ich finde es toll so viel Neues zu sehen und gar nicht lange irgendwo zu bleiben. Das Leben eines Gauklers ist bestimmt toll, die machen das ja immer.«

»Das glaube ich dir sofort, Kenai«, lachte Tywyll und dachte bei sich, wie anders der kleine Junge war als all die anderen Kinder die er kannte. Das Volk der Nordmänner galt eigentlich als Sturmfest und Erdverwachsen, es zog sie nicht in die Fremde und ihre ganze Aufmerksamkeit galt der Gegenwart.

Kenai war anders. Er war stürmisch und freiheitsliebend, wechselhaft wie der Wind. Tywyll glaubte nicht daran, das sein ältester Sohn in Irian bleiben würde, Kenai würde gewiss irgendwann auf reisen gehen.

Kanoa war da anders. Er war deutlich praktische veranlagt, wenngleich seine Augen genauso hell leuchteten, wenn es um die Fremde, das Unbekannte ging. Er würde gewiss in Irian bleiben, doch er würde ebenfalls seinen Weg gehen und sich auch von anderen nicht beeinflussen lassen. Das tat er auch jetzt schon nicht.

Da schaute er zu Kinaya hinab. Sie war eine Träumerin, sie sprach mit Bäumen, einem Bachlauf und dem Wind. Sie war nicht so voller Tatendrang wie ihre Brüder, ihr war egal wo sie war oder was sie tat, wenn man ihr nur den Freiraum zum Träumen ließ.

Da dachte er an seinen jüngsten Sohn, an Fjodor und das Herz wurde ihm schwer. Er fragte sich, was seinen dritten Sohn für ein Schicksal erwarten mochte.

Bevor er jedoch weiter darüber nachgrübeln konnte, brachte die Tochter des Wirts ihr essen. Schweigend und ohne jedes Murren aßen die Kinder, was ihnen vorgesetzt wurde, doch plötzlich hörte Kanoa auf zu essen. Er hielt mitten in der Bewegung inne, schaute auf und fixierte einen Punkt irgendwo im Raum.

Tywyll entging das nicht, als er sich suchend umblickte, gewahr er jedoch nichts Ungewöhnliches. Ein paar andere Reisende waren zugegen, ein Händler und ein Mann der wirkte, wie ein Zauberer.

Und eben diesen Mann hatte Kanoa fest im Blick. Auch er hatte erst gedacht, dass es sich um einen Zauberer handeln würde, doch irgendetwas störte ihn daran. Irgendetwas war an diesem Mann, das es Kanoa unmöglich machte, an einen Zauberer zu glauben.

Er beobachtete den Mann, vergaß dabei völlig, dass sein Teller noch nicht leer war. Er hörte, dass er angesprochen wurde, doch er konnte seine Aufmerksamkeit nicht abwenden. Schließlich standen alle am Tisch auf und auch er schrak aus seinen Gedanken auf.

Widerwillig folgte er seinem Vater und seinen Geschwistern in den Schlafbereich im oberen Teil des Wirtshauses, was in seinen Gedanken dabei nach wie vor immer bei dem Fremden.

Er lag im Bett, die Stunden verrannen und er lag wach, grübelte weiter vor sich hin. Er hörte, das Kenai neben ihm schon schlief. Mit einem Seufzen setzte er sich auf. Helles Mondlicht erhellte den Raum. Er zögerte noch einen Moment, dachte an das, was sein Vater ihnen gesagt hatte, stand schließlich dennoch auf und lief zur Tür. Er musste einfach sehen, ob der Fremde noch da war.

Er trat auf den Gang und lauschte. Im Haus war es sehr still, die Gäste waren wohl schon gegangen oder schliefen. Er ging mit nackten Füßen den Gang entlang, die Treppe hinab, zurück in den Schankraum.

Es war, als hätte der fremde Mann nur auf ihn allein gewartet. Er saß an demselben Platz, wie schon die ganze Zeit, in der Dunkelheit, beleuchtet vom hellen Mondlicht, schien er zu leuchten. Er wirkte, als käme er nicht aus dieser Welt.

»Wer bist du?«, fragte Kanoa und ging langsam aber ohne Scheu auf den Fremden zu.

»Ich habe auf die gewartet. Du bist anders, Zauberer«, fand der Mann und beobachtete ihn.

»Ich bin kein Zauberer. Mein Papa will nicht, dass wir schon so jung in die Lehre gehen«, erklärte Kanoa und setzte sich unaufgefordert auf den Stuhl dem Fremden gegenüber.

»Nur weil dir noch keiner beibrachte damit umzugehen, bedeutet das nicht, dass du keiner bist. Und es ändert auch nichts daran, dass du anders bist. Weißt du, wer ich bin?«

»Nein, sonst hätte ich nicht gefragt.« Der kleine Junge verdrehte die Augen. Das Erwachsene immer so schwer von Begriff sein mussten.

Der Fremde lachte leise.

»Mit meinem Namen wirst du auch nicht viel anfangen können. Ich hieß einst, vor langer Zeit, Nevar. Jetzt nennt man mich freilich anders, wenngleich die Bedeutung sich nicht viel änderte. Es spielt auch keine Rolle.«

»Wer bist du denn dann nun?«

Darauf antwortete der Fremde, Nevar, eine ganze Weile nicht. Er schaute Kanoa nachdenklich an, sein weißes Haar schimmerte dabei im Mondlicht wie Schnee. Plötzlich schrak er auf.

»Ich dürfte gar nicht hier sein, deswegen muss ich jetzt gehen. Ich bin mir dennoch sicher, das wir einander Widertreffen werden, Zauberer«, erklärte er und stand auf.

»Wirst du verfolgt?«, erkundigte sich Kanoa und schaute sich aufgeregt um.

»Nein, aber indem ich hier bin, verstoße ich gegen einen Packt, der so alt ist wie diese Welt. Deswegen gehe ich jetzt. Auf wieder sehen.«

Bevor Kanoa noch etwas antworten konnte, war Nevar auch schon verschwunden. Ganz plötzlich, als hätte es ihn niemals gegeben. Nur Frost, der den Stuhl überzog, bezeugte seine Anwesenheit.

Der kleine Junge runzelte verwirrt die Stirn. Er wusste wohl, dass das eigentlich unmöglich war, doch er war noch ein Kind und deswegen noch nicht so festgefahren in die Geschicke dieser Welt, sodass er einfach so dazu bereit war, das Gesehene zu akzeptieren, ohne sich darüber weitere Gedanken zu machen.

Er schaute noch einige Augenblicke auf den glitzernden Stuhl, dann stand er auf und lief wieder zurück. Er kuschelte sich zu Kenai ins Bett und war in kürzester Zeit eingeschlafen.

Am nächsten Morgen war er sich nicht mehr sicher, ob er von dem Mann nicht nur geträumt hatte. Eigentlich spielte es aber auch keine Rolle, denn Kenai würde ihm sowieso nicht glauben, schon gar nicht wenn er erzählte, wie der Fremde verschwunden war.

Deswegen erzählte er nichts, verschloss diese Begegnung einfach tief in seinem Herzen. Obwohl er noch ein Kind war wusste er, dass in der Vergangenen Nacht etwas ganz besonderes geschehen war. Etwas, das niemanden etwas anging.

Sie frühstückten und dann machten sie sich auf, zur letzten Etappe ihrer Reise.

Jetzt kehrte auch die Aufregung zurück, die die Jungen zu beginn der Reise so sehr gefesselt hatte. Sie konnten es kaum erwarten, endlich den Ozean zu sehen. Sie spürten, dass die Luft anders war und seit Stunden schon hörten sie das Rauschen der Wellen.

Dann war es so weit. Tywyll, der immer voran geritten war, hielt sein Pferd auf einem Hügel an und schaute mit einem Lächeln zu seinen Söhnen zurück. Sofort ließ Kenai sein Tier antraben und als er die weiße Stute auf dem Hügel halten ließ, erstreckte sich vor ihnen ein Anblick, den sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht hätten ausmalen können.

Unter ihnen glitzerte das Meer in einem Blau, das sie nie zuvor gesehen hatten. Es erstreckte sich bis schier in die Unendlichkeit, bis zum Horizont, der so fern wirkte, als gäbe es niemals ein Ende.

Da fühlte sich Kanoa klein. Er hatte gewusst, dass die Welt riesig war, doch in diesem Augenblick fühlte er sich so winzig klein und unbedeutend, wie ein Käfer. Er war sich nicht sicher, ob ihn die Größe, die sich ihm hier bot, angst machen sollte, oder ob er sich freuen sollte, das es noch so unglaublich viel zu entdecken gab.

Er entschied sich dazu, es einfach so hinzunehmen. Es brachte nichts, sich darüber Gedanken zu machen, es war, wie es eben war.

»Dürfen wir zum Wasser runter?«, riss ihn Kenai aus seinen Gedanken.

»Ja, aber seit vorsichtig. Das Meer verhält sich anders als ein Bach oder ein Teich. Bleibt am Ufer«, warnte der Vater. Sogleich trieb Kenai seine Stute an und ließ sie zum Strand hinab springen. Er rutschte aus dem Sattel und lief los, blieb aber kurz vor dem Wasser stehen und beäugte es misstrauisch.

Auch Kanoa kletterte vom Pferderücken, blieb aber misstrauisch bei der Stute stehen, bis sein Vater heran war und ebenfalls aus dem Sattel stieg. Er holte Kinaya hinunter, die aufgeregt zu Kenai lief und freudig im Wasser zu plantschen begann.

»Ich pass auf Flöckchen auf, du kannst auch zu Kenai laufen«, erklärte Tywyll, doch Kanoa schüttelte den Kopf. Er überlegte, wie er das, was ihn beschäftigte, am Besten in Worte kleiden konnte.

Er fühlte sich ein wenig wie in der Nacht zuvor, als er mit Nevar gesprochen hatte, doch während er immer gewusst hatte, das Nevar ihm nichts tun würde, spürte er jetzt die Anwesenheit von etwas, das er nicht einordnen konnte, etwas, das ihn unsicher werden ließ.

»Papa, glaubst du, das es Dinge gibt, die es eigentlich gar nicht geben dürfte?«, fragte er deswegen leise.

»Meinst du Dinge, die man mit Magie erschaffen hat? Illusionen, die Existieren, obwohl sie wider der Natur sind?«

Kanoa schüttelte hektisch den Kopf. Er überlegte, wie er es seinem Vater am besten erklären konnte und erzählte schließlich doch von Nevar, obwohl er es eigentlich nicht wollte. Dieses Treffen sollte nur ihm allein gehören, doch ihm viel einfach nichts Besseres ein.

»Ich glaube, dass es ihn eigentlich nicht geben dürfte, aber er war ja trotzdem da«, schloss er schließlich, hoffte, dass sein Vater verstand, was er meinte.

»Ja Kanoa. Ich weiß was du meinst. Und es gibt sie. Sie sind die Erschaffer dieser Welt. Sie sorgen dafür, dass alles so ist, wie es sein muss. Es gibt viele, die ihre Existenz leugnen, aber ich denke, dass es sie gibt, dass sie sich nur nicht jedem zeigen. Ich habe nicht erkannt, was er war, das er sich dir offenbart hat, ist großes Glück für dich.«

»Glaubst du, dass auch jetzt einer von ihnen hier sein könnte? Wollen sie etwas böses?«

»Sie sind immer da, sie sind überall. Zu jeder Stunde, jeden Tag im Jahr. Sie begleiten uns, sie können uns Schaden wenn wir es herausfordern, aber sie sind nicht böse. Hab keine Angst vor ihnen, freu dich, wann immer du ihnen begegnen darfst, denn das ist eine große Ehre«, erklärte Tywyll mit einem Lächeln. Kanoa nickte zwar, doch sein Vater merkte, dass da noch etwas war, was seinen Sohn beschäftigte.

»Willst du mir nicht erzählen, was dir sonst noch auf dem Herzen liegt?«, fragte er deswegen leise. Der Junge schaute ihn einen Augenblick an, dann sprach er auch schon.

»Haben sie Fjodor so krank gemacht? Maria hat das gesagt. Also das er krank ist.«

Tywyll zögerte. Er war sich nicht sicher, ob es richtig war, einen kleinen Jungen mit so etwas zu belastet, aber er sah auch überdeutlich, wie sehr die Unwissenheit an Kanoa nagte und er begriff, das es nicht besser war, wenn man ein Kind von allen schrecklichen und unfairen Dingen dieser Welt fern halten wollte.

»Nein. Sie können niemanden krank machen. Außerdem sind wir alle viel zu klein und unbedeutend, als das sie sich für uns interessieren würden. Das ist einfach nur das Leben. Weißt du Kanoa, nicht alle Menschen haben nur Glück in ihren Leben. Manche sind Arm, sie haben nichts zu essen und müssen frieren, weil sie kein Haus haben. Manche sind gefangen, sie müssen hart arbeiten und dürfen nicht jeden spielen, lachen und sich freuen. Und manche sind krank, wie Fjodor. Niemand kann etwas dafür, er hatte einfach nicht besonders viel Glück.«

»Wird er wieder gesund?«

»Das weiß ich nicht. Das weiß keiner. Wir versuchen alles, um ihm zu helfen, aber letzen Endes liegt es in fremden Händen. Wir können nur tun, was uns möglich ist und dann warten und hoffen.«

»Und wenn wir Nevar oder einen der anderen darum bitten? Können sie es?«

»Nein, ich denke nicht. Auch sie sind nicht allmächtig. Wenn du wieder so einem Wesen begegnen solltest, dann kannst du ihn darum bitten, aber ich denke nicht, das sie dir diesen Wunsch erfüllen können und es wäre vergebliche Liebesmüh, nach ihnen zu suchen und sie zu fragen.«

»Warum?«, wollte der kleine Junge wissen.

»Wenn sie nicht wollen, dass du sie findest, könntest du sie auf der ganzen Welt suchen und würdest sie dennoch niemals finden. Sie sind es, die zu dir kommen müssen, Kanoa, den du kannst nicht zu ihnen gehen.«

»Dann werde ich ab jetzt die Augen aufhalten, vielleicht sehe ich ja wieder jemanden. Dann kann ich ihn ja fragen«, erklärte Kanoa im Brustton der Überzeugung.

»Das ist eine gute Idee, mein Sohn. Und jetzt geh und sag Kenai, das er aufhören soll, Kinaya zu ärgern«, lächelte Tywyll. Sogleich nickte der kleine Junge begeistert und lief los zu seinen Geschwistern. Jetzt, nachdem all seine Fragen beantwortet waren, konnte er wieder ein Kind sein. Zumindest für eine Weile.
 

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die unser Leben am allermeisten beeinflussen. Fortan glaubte ich an Mächte, die größer sind als wir und ich hielt Wort, beobachtete meine Umwelt genau und hielt Ausschau nach ihnen, wann immer es ging. Ich sollte sie wieder treffen und zwar nicht nur Nevar.

Überhaupt war dieses Gespräch sehr wichtig für mich, denn ich verstand jetzt endlich, was vor sich ging, warum es meinem kleinen Bruder so schlecht ging, worüber sich meine Eltern sorgen machten.

Ich begann zu verstehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-10-28T08:20:12+00:00 28.10.2011 10:20
Es passt zu Kanoa, alles verstehen zu wollen :D
Irgendwie ist es traurig, mit Fjodor und das Kanoa sich so viele Gedanken darum macht v.v
Aber es ist trotz allem ein schönes Kapitel, es hat so was magisches an sich wenn man es liest ^^



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