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Please Recall...

Shinji ♥ Natsuki
von

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Eine erste Erinnerung

Ihre Augen wanderten unruhig hin und her, als Natsuki durch die Straßen ging. Sie war eben bei Naomi zu Besuch gewesen, um sich ein bisschen abzulenken, doch zu schnell war die Zeit vergangen und bald schon hatte sie festgestellt, dass sie nach Hause musste.

Leider war sie heute nicht besonders gut in Form. Angespannt hielt sie nach irgendwas Ausschau und vor jeder Kurve blieb sie stehen und lugte vorsichtig um die Ecke, um bloß nicht irgendwem über den Weg zu laufen...

Irgendwem...

"Was machst du da?", fragte eine wohlbekannte Stimme argwöhnisch hinter ihr, als Natsuki mal wieder nervös die nächste Straße inspizierte. Erschrocken fuhr sie zusammen und drehte sich in Windeseile zu ihrem Gegenüber herum, blickte ihn aus furchtsamen Augen an. Doch es war nur Taiki, der ihr da ungewollterweise über den Weg gelaufen war. Ob sie das besser fand als die andere Alternative, das wusste das Mädchen noch nicht so recht.

Sie entspannte sich etwas, war es ja immerhin nicht Shinji gewesen, der ihr aufgelauert war. Nie hätte sie von sich gedacht, dass sie solch eine Paranoia an den Tag legen würde, aber die letzten Ereignisse hatten sie sehr aus dem Gleichgewicht gebracht und sie in eine neue Gefühlswelt katapultiert, für die sie noch nicht bereit gewesen war.

Shinji in einem neuen Licht zu sehen war viel anstrengender, als diese ganze Kabbeleien all die Jahre über und es verunsicherte sie, dass er so viel mehr war, als sie gedacht hatte. Und dass er so viel mehr fühlte, als sie erwartet hatte... Wie sollte sie damit umgehen?

Die Situation überforderte sie und sie wusste, sie würde - und das hatte sie bereits bewiesen - sich ihm gegenüber nicht normal verhalten können, bis nicht wieder alles zur alten Ordnung überging. Aber wie sollte das geschehen? Sie wollte auf keinen Fall mit dieser ganzen Sache konfrontiert werden - was für eine Qual! Und warum musste das ausgerechnet ihr passieren?

"Oh", sagte sie leise zu Taiki und seufzte erleichtert auf. "Du bist es nur."

Der Rothaare grinste schief. "Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, warst du aber nicht so erfreut", höhnte er und Natsuki erinnerte sich auch sofort wieder an den Grund dafür, doch bevor sie etwas erwidern konnte, fuhr Taiki auch schon fort.

"Shinji hat sich ja ganz schön ins Zeug gelegt für dich." Sein Tonfall troff nur so vor Spott und als Natsuki ihn fragend anschaute, fügte er hinzu: "Hast wohl dein Schoßhündchen auf mich gehetzt, was?"

"Wie bitte?", fragte das Mädchen, halb verblüfft und halb empört. Sie hatte sich schon gedacht, dass Taiki auf die Prügelei zwischen ihm und Shinji anspielte, aber so etwas zu behaupten war einfach unerhört!

"Wird er auch nach dieser Unterhaltung wieder angebellt kommen?", stichelte Taiki weiter und verzog seine Fratze zu einem gemeinen Grinsen, Natsuki wich angewidert einen Schritt zurück. Dieser Typ war noch viel schlimmer, als sie es sich ausgemalt hatte! Wie konnte man nur so hässliche Sachen sagen über jemanden, mit dem man vor Kurzem noch befreundet war?

"Verdient hättest du es jedenfalls", gab sie kühl zurück und bedachte ihn mit einem Blick, in dem sich nur hohle Verachtung widerspiegelte. Gerade wollte sie sich umdrehen und auf der Stelle verschwinden, denn sie hatte absolut gar keine Lust auf dieses Gespräch und Taiki's Gemeinheiten, als wieder seine gehässige Stimme hinter ihr ertönte.

"Hast du kein Mitleid mit ihm?"

Natsuki ballte eine Hand zur Faust und atmete tief durch. Was war er doch für ein Ekel!

"Der einzig bemitleidenswerte Mensch, den ich hier sehe, bist du", antwortete sie ruhig und kalt, versuchte gewaltsam, ihre Wut unter Kontrolle zu halten.

"Soso." Taiki klang belustigt. "Dann grüß mir schön dein Schoßhündchen von mir."

Das war der Moment, in dem Natsuki herumwirbelte und dem verblüfften Taiki, der nicht damit gerechnet hatte, eine saftige Ohrfeige verpasst. Schwer atmend und mit vor Wut geröteten Wangen funkelte sie den überrumpelten Jungen an, der sich überrascht die Wange hielt und mit seinen Augen die Ihren suchte.

"Red' nicht so über ihn!", befahl Natsuki zornig dem vielfach geschlagenen Hund und bedachte ihn mit einem letzten, vernichtenden Blick, bevor sie um die Ecke verschwand und den fassungslosen Taiki zurückließ, der so aussah, als hätte ihm noch niemals ein weibliches Wesen Kontra gegeben. Bei dem Grad an Idiotie, den Taiki an den Tag legte, konnte sich Natsuki das allerdings überhaupt nicht vorstellen.

Shinji ein Schoßhündchen zu nennen! Das war jawohl die Höhe schlechthin. Immerhin war er eine eigenständige Person und konnte für sich selber denken. Und wenn er sich dazu entschloss, Taiki eine Lektion zu erteilen, dann war es sicherlich seine eigene Idee gewesen. Und mittlerweile fand Natsuki das, was Shinji getan hatte, gar nicht mehr so abwegig und verwunderlich. Bei dem Kerl konnte man doch nicht anders als irgendwann die Geduld zu verlieren.

Dass Taiki allerdings davon ausging, sie hatte etwas damit zu tun, erstaunte sie. Was hatte er doch gleich behauptet? "Er hat sich ganz schön ins Zeug gelegt für dich" und "Wird er auch nach dieser Unterhaltung wieder angebellt kommen"? Sollte das etwa bedeuten, dass Shinji sich ihretwegen mit diesem Mistkerl geprügelt hatte?

Denn das letzte Mal, als sie ein Gespräch mit Taiki geführt hatte, war er ebenfalls nicht sehr freundlich zu ihr gewesen...

Natsuki schob den Gedanken schnell beiseite. Sie wollte jetzt auf keinen Fall über Shinji nachdenken, nicht schon wieder, nicht jetzt, wo sie einigermaßen wieder gute Laune hatte nach all den qualvollen Tagen, die hinter ihr lagen.

Nun im Laufschritt und ohne weiter auf verdächtige Personen zu achten, erreichte das Mädchen endlich ihr Zuhause. Atemlos drückte sie mehrmals auf den Knopf des Aufzuges und wippte ungeduldig mit dem Fuß, während sie wartete.

Ein ungewohnter Adrenalinschub hatte sie durchflossen, nachdem sie Taiki hatte stehen lassen und plötzlich konnte sie es sich nicht verkneifen, die Lifttür anzugrinsen, die sich zu dem Ganzen allerdings nicht äußerte.

Sein verblüfftes Gesicht, wie er sich die Wange hielt und seine Augen hin und herwanderten, als versuche er immer noch zu begreifen, was in den letzten zwei Sekunden geschehen war, würde einfach unvergesslich bleiben.

Die Tür öffnete sich, sogleich beförderte der Aufzug sie in das siebte Stockwerk und die gewohnte Vorsicht überkam sie wieder.

Zaghaft steckte Natsuki den Kopf in den Hausflur und versicherte sich, dass dort niemand anwesend war, dann flitzte sie in Sekundenschnelle zur Haustür und öffnete die Tür.

Wie es sich herausstellte, war Marron auch erst vor wenigen Minuten nach Hause gekommen, was Natsuki ganz recht war, denn sie musste ihre Mutter unbedingt etwas fragen.

Sie hatte lange nachgedacht und immer wieder versucht, die einzelnen Puzzleteile in ihrem Kopf zu ordnen, sodass sie einen Sinn ergaben, war jedoch daran gescheitert. Und war es nicht ihre Mutter gewesen, die ihr von klein auf diese Geschichte über den schwarzen Ohrring erzählt hatte?

Es war ihr wieder eingefallen, nachdem sie am Morgen aufgestanden hatte. Während sie sich verschlafen vor dem Spiegel die Zähne putzte, hatte sie plötzlich diesen Geistesblitz gehabt, hörte Marron's Worte. "Er wird dich zu demjenigen führen, der dir vorherbestimmt ist..."

Das hatte sie doch gesagt, oder nicht? Natsuki war sich ganz sicher. Sie musste sie fragen!

"Mama", sagte sie abwesend, noch in ihre Gedanken über diese ganze seltsame Sache vertieft. "Wer hat mir eigentlich diesen schwarzen Ohrring gegeben?", fragte sie, nachdem sie ihrer Mutter ins Wohnzimmer gefolgt war und sich in den Sessel hockte.

Natsuki konnte sich nicht daran erinnern, wie er in ihre Hände gelangt war, also musste es schon eine Ewigkeit her sein.

Marron, die die Post durchguckte, die sie eben von unten geholt hatte, blickte überrascht auf. "Wie meinst du das, Schatz?", hakte sie aufmerksam nach und ließ ihre Tochter nicht aus den Augen.

"Na ja...", druckste diese herum. "Irgendjemand muss ihn mir doch gegeben haben und ich würde gerne wissen, wer und wann das war...", erklärte sie zögernd. Wenn sie herausfand, von wem sie den Ohrring bekommen hatte, würde sie vielleicht mit dieser Person Kontakt aufnehmen und Klarheit in die ganze Geschichte bringen können. Auf alle Fälle hätte sie einen Anhaltspunkt.

Marron schwieg eine Weile und dachte nach. Natsuki wurde langsam neugierig, jedoch hatte sie noch absolut keine Ahnung und versuchte, die Dinge auf ihre Art und Weise zu ordnen, weil sie sich nicht anders zu helfen wusste. In Bahnen, in denen sie denken konnte, wo es nichts Außergewöhnliches und Mysteriöses gab, nichts außerhalb von ihrem alltäglichen Leben und den Dingen, die sie kannte.

"Du willst mir doch nicht weismachen, dass diese 'bei der Geburt in der Hand gehalten'-Geschichte stimmt", stellte das Mädchen klar, doch als Marron sie nur leicht mitleidig anschaute, fügte sie ein unsicheres "...oder?" hinzu.

Ihre Mutter schüttelte den Kopf. "Tut mir leid, Liebling, aber anders kann ich es mir auch nicht erklären", räumte sie ein. Sie wollte ihre Tochter auf keinen Fall anlügen, doch ihr alles erzählen, das kam auch nicht in Frage. Sie würde ihr niemals glauben, nicht Natsuki, die alles mit ihren eigenen Augen gesehen haben musste, bis sie es endlich akzeptierte. Dieses Mädchen war misstrauisch und vorsichtig und musste alles erst auf Herz und Nieren überprüfen. Ein Grund mehr, warum Shinji es so schwer hatte, dachte Marron.

"Aber...", stammelte Natsuki verwirrt, riss sich dann doch zusammen. "Das kann nicht sein", sagte sie, ihre alte Zuversicht zurückgewinnend, Marron jedoch seufzte nur und zuckte mit den Schultern. "So war es aber", sagte sie und widmete sich wieder der Post, ging die einzelnen Briefe durch und sortierte unnötige Werbung heraus.

Nachdenklich hatte sich Natsuki von ihrem Platz erhoben und stand stirnrunzelnd im Wohnzimmer herum. Sie wusste, ihre Mutter würde sie nicht anlügen oder ihr irgendwelche Märchen auftischen, schon gar nicht, wenn sie sie ernsthaft nach etwas fragte, trotzdem konnte sie diese Geschichte einfach nicht glauben. So etwas war doch unmöglich, oder? Oder?

"Vielleicht hast du ihn ja schon vor deiner Geburt bekommen?", schlug Marron unschuldig vor, ohne den Blick von dem Briefumschlag abzuwenden, den sie nun vorsichtig öffnete, jedoch umspielte ihre Lippen ein geheimnisvolles Lächeln.

"Vor...?", murmelte Natsuki gedankenverloren und in ihrem Kopf fing es an zu arbeiten. Vor ihrer Geburt? Was hatte das zu bedeuten?

"Mama", sagte sie unvermittelt und starrte immer noch abwesend den Teppichboden an. Marron hob langsam den Kopf und schaute ihre Tochter an, die sich nun auch vom Fußboden löste und ihre Mutter ins Visier nahm.

Einen kurzem Moment lang sahen beide sich an und eine bedeutungsschwangere Stille schwebte zwischen ihnen.

"Glaubst du eigentlich an Wiedergeburt...?", flüsterte Natsuki leise, als wäre es eine Straftat, das Wort laut auszusprechen, als gäbe es irgendjemanden in diesem Zimmer, der es nicht hören durfte.

Marron hätte am liebsten überrascht nach Luft geschnappt, doch sie hielt sich zurück. Damit hatte sie absolut nicht gerechnet. Offensichtlich hatte sie sich geirrt und Natsuki wusste doch schon mehr, als sie angenommen hatte.

"Ich...", begann sie und stockte, fing dann wieder neu an. "Hast du noch nie davon gehört, wie Menschen erzählen, sie seien jemandem zum ersten Mal begegnet und fühlten sich, als kannten sie sich schon sein einer Ewigkeit?", fragte sie, statt ihrer Tochter eine Antwort zu geben. Diese nickte.

"Denkst du, das kommt von ungefähr?", fuhr sie weiter fort und lächelte, ließ den geöffneten Umschlag auf ihren Schoß sinken.

Natsuki überlegte kurz. "Darüber hab ich noch nie nachgedacht", gestand sie. Diese ungewöhnliche Antwort verwirrte sie mehr, als es ihre eigene Frage schon getan hatte.

'Ich werde auch wiedergeboren!', hatte der verzweifelte Engel mit den schwarzen Flügeln in ihren Träumen entschieden.

"Nun, ich denke, das ergibt durchaus einen Sinn", antwortete Marron statt ihrer und nickte zuversichtlich sich selbst zu.

Ihre Tochter, zu keinen klaren Gedanken mehr fähig, nickte mehrfach, eher aus Ratlosigkeit als aus Verständnis und verließ mit einem wirren Gesichtsausdruck das Wohnzimmer und überließ Marron wieder ihren Rechnungen, Werbungen und anderen Postgeheimnissen. Sie hatte jetzt erst mal selber welche zu knacken...

Doch dann fiel ihr noch etwas ein. "Und glaubst du eigentlich an... Engel?", hakte sie unsicher nach, bevor sie die Küche betrat, um sich einen Tee zu kochen.

Marron wandte sich wieder ihrer Tochter zu. "Wie könnte ich nicht, nachdem ich hier meinen persönlichen Engel zu Hause herumlaufen habe?", lächelte sie liebevoll, zwinkerte Natsuki schelmisch zu und schaffte es wahrhaftig, dieser ein aufrichtiges, dankbares Lächeln abzuringen. Und auch, wenn es nicht die Antwort war, die sie erwartet hatte, war es doch eine Antwort gewesen... es hätte sie auch gewundert, wenn eine Frau, die an Wiedergeburt glaubte, sich für eine so wundervolle Idee wie "Engel" verschloss...
 

Die 15jährige setzte Wasser zum Kochen auf und lehnte sich nachdenklich gegen den Kühlschrank. Sicherlich, Wiedergeburt war ein wichtiger Teil vieler Religionen und nicht wenige Menschen glaubten daran, aber glauben bedeutet nicht gleichzeitig wissen. Und was bedeutete es für sie? Was glaubte sie oder vielmehr: was glaubte sie zu wissen? Ihr wurde bewusst, dass sie nicht einmal wusste, ob sie so etwas glauben sollte. Und vielmehr noch merkte sie, dass ihr bald der Kopf platzen würde, wenn es so weiterging.

Die Tür ging auf und Marron betrat die Küche. "Macht es dir was aus, wenn ich mich zu dir geselle?", fragte sie freundlich, wohl in dem Wissen, dass Natsuki auf keinen Fall verneinen würde. Sie trat zum Schrank und holte zwei Tassen heraus, stellte sie auf den Tisch und setzte sich auf einen Stuhl. Natsuki beobachtete ihre Mutter eine Weile und ihr kam dann eine Idee. Vielleicht konnte sie ihr in dieser Sache nicht weiterhelfen, aber sie hatte da ja auch noch dieses andere Problem...

"Du, Mama...", begann sie und sicherte sich sofort Marron's Aufmerksamkeit. "Du weißt doch, ich bin ja mit Takeru ausgegangen vor ein paar Tagen...", murmelte sie undeutlich, doch Marron nickte. Und während Natsuki noch nach ihrer nächsten Formulierung suchte, ergriff sie das Wort. "War es nicht schön?", fragte sie besorgt und musterte ihre Tochter, die heftig den Kopf schüttelte. "Nein. Doch! Doch, es war schön. Aber..." Natsuki zuckte hilflos die Schultern und brach resigniert den Satz ab. "Aber...?", hakte ihre Mutter behutsam nach und der mutlose Blick ihrer Tochter entging ihr nicht.

"Es war nicht so... wie es hätte sein sollen...", erklärte Natsuki ihr unsicher und wusste im selben Moment nicht einmal, wie es denn hätte sein sollen, damit sie zufrieden gewesen wäre, doch Marron hatte verstanden.

"Aber du hattest vorher gehofft, dass es so sein würde?", fragte sie sanft und Natsuki bejahte mit einem Nicken.

Ein Klicken ertönte und das Mädchen fuhr herum und hob den Wasserkocher von der Ladestation, goss das heiße Wasser in die zwei Tassen ein, in die Marron bereits jeweils einen Teebeutel platziert hatte.

Natsuki stellte den Zucker auf den Tisch und setzte sich gegenüber ihrer Mutter.

"Was soll ich denn sagen, wenn er anruft?", stöhnte sie, fast schon gequält, und kam wieder auf das eigentliche Thema zurück, doch dieses Mal konnte selbst ihre weise Mutter ihr nicht weiterhelfen. "Das weiß ich nicht, Schatz...", gab sie ehrlich zu und Natsuki ließ hoffnungslos den Kopf hängen.

"Gibt es einen Grund, warum es nicht geklappt hat? Vielleicht... gibt es jemanden, den du lieber magst?", riet Marron ins Blaue hinein, natürlich nicht ohne Hintergedanken, doch davon bekam Natsuki nichts mit. Sie schüttelte nur unschuldig den Kopf und verneinte.

"Nein, niemanden."

"Und..." Marron gab nicht auf. "Mag dich vielleicht jemand und das bringt dich ganz schön durcheinander...?", probierte sie es noch einmal und hatte Mühe, sich ein Grinsen zu verkneifen. Auf Natsuki's Gesicht erschien ein gequälter Ausdruck und sie gab ein brummendes Geräusch von sich. "Du weißt es", stellte sie grimmig fest und bedachte ihre dampfende Tasse mit einem düsteren Blick. Marron nickte leicht mit dem Kopf und wartete darauf, dass Natsuki von selbst anfing zu erzählen.

Für einen kurzen Augenblick schwiegen sich beide an und hingen ihren eigenen Gedanken nach, dann holte sich die 15jährige wieder in das Hier und Jetzt zurück, wandte ihren Blick von dem Tee ab und seufzte.

"Das ist so seltsam...", gab sie leidend von sich und blickte ihre Mutter ratlos an. Immerhin kannte sie Shinji schon ihr ganzes Leben, doch zu erfahren, dass er SO über sie dachte... das war einfach zu viel des Guten. Wie lange ging das schon so?

"Das verstehe ich", sagte Marron in ihre Gedanken hinein. "Und wie denkst du über ihn?", fragte sie sanft, doch Natsuki schüttelte nur unentschlossen den Kopf.

"Shinji...", setzte sie zaghaft an, "...hat doch nur genervt..." Sehr überzeugend klang das jedenfalls nicht und ihr war aufgefallen, dass sie in der Vergangenheit redete. Nervte er sie jetzt etwa nicht mehr? Dadurch, dass nun Ferien waren und er nicht jeden Tag zum Frühstück aufkreuzte, sah sie ihn viel seltener... Das könnte ein möglicher Grund sein... Oder?

"Und nun...?", hakte Marron wieder nach und war fest entschlossen, auch das kleinste bisschen Unsicherheit aus Natsuki herauszukitzeln. Ihre Tochter schien sich nicht mehr sicher zu sein, was ihre Gefühle dem Nachbarjungen gegenüber anging und vielleicht war das der erste Schritt zur unvermeidlichen Wahrheit.

Natsuki zuckte hilflos die Schultern. Sie hatte keine Antwort auf diese Frage parat, ihre Gedanken und Gefühle waren so durcheinander und sie wollte auch am liebsten gar nicht darüber nachdenken. Und auch, wenn sie tief im Inneren wusste, dass sich ihre Grundhaltung Shinji gegenüber langsam veränderte und bereits verändert hatte, so würde sie das niemals zugeben und zugeben wollen. Nicht vor ihrer Mutter, ihrer Freundin und schon gar nicht vor sich selbst.

Sie empfand keine Wut mehr, wenn sie an Shinji dachte, nicht dieses Gefühl, dass sie früher für Abneigung, ja sogar Hass, gehalten hatte, und sie hatte Angst vor dem, was diese Veränderungen noch alles mit sich bringen würden. Sie hielt es in diesem Fall für das Beste, nicht darüber nachzudenken. Im Stillen hoffte sie, es dadurch verdrängen zu können.

Marron, die gemerkt hatte, dass ihre Tochter nicht sehr interessiert an einem Gespräch über Miyako’s Sohn war, beschloss, das Thema zu wechseln... zumindest ansatzweise.

Sie nahm einen Schluck aus ihrer Tasse und passte sorgfältig darauf auf, sich am heißen Tee nicht die Zunge zu verbrennen.

"Dein Vater hatte auch viele Nerven aufbringen müssen, damals", sagte sie fröhlich und kicherte leise bei der Erinnerung daran, wie sie Chiaki so lange auf Distanz gehalten hatte. Natsuki horchte auf und vergaß für einen Moment ihre ganzen Sorgen und Probleme. Neugierig schaute sie ihre Mutter an und forderte diese auf, weiter zu erzählen.

"Er hat mir Zettelchen in den Briefkasten geworfen", fuhr Marron weiter fort, den amüsierten Blick in die Ferne schweifend, während sie ihre Hände an der heißen Tasse wärmte.

"Was stand denn so drin?", wollte Natsuki wissen, war sich jedoch nicht sicher, ob ihre Mutter ihr das erzählen würde.

"Dass ich ihm ein Gratin machen sollte." Marron verdrehte die Augen und Natsuki prustete los. "Wie romantisch", kommentierte sie lachend und ihre Mutter lächelte nun auch. "Es wurde noch viel romantischer...", warnte Marron ironisch vor, doch bevor sie weiter sprechen konnte, fiel Natsuki ihr munter ins Wort. "...als Miyako von der Sache Wind bekommen hatte und ihm auch ein machen wollte!", vollendete sie den Satz ihrer Mutter und hielt inne, als sie bemerkte, was sie da eben gesagt hatte.

Auch Marron hatte ihre Tasse sinken lassen und starrte ihre Tochter mit halb offenem Mund sprachlos an. Die Briefchen und Gratin-Geschichte hatte sie ihr vorher noch nie erzählt und dass Miyako früher auch in Chiaki verliebt war, genauso wenig. Vielleicht hatte Chiaki ja aus dem Nähkästchen geplaudert, aber so etwas sah ihm einfach nicht ähnlich...

Auch Natsuki schien verwirrt. Sie kratzte sich verstreut am Kopf und überlegte kurz. Sie hatte diese Tatsache plötzlich gewusst, konnte sich jedoch nicht erinnern, dass ihr das irgendwann einmal erzählt worden war. Marron‘s und ihre Blicke trafen sich.

"Miyako war damals auch in Papa verliebt gewesen, nicht wahr...?", fragte sie und in ihrem Tonfall schwang etwas Ängstliches mit. Auch, wenn sie sich zu hundert Prozent sicher war, dass das stimmte, brauchte sie dennoch die Antwort ihrer Mutter. Dieses plötzliche Wissen verunsicherte sie.

Marron nickte nach einer Weile. "Wer hat dir das erzählt?", fragte sie betont gleichgültig und freundlich. Sie wollte nicht, dass Natsuki sich Sorgen machte, derjenige würde nun Ärger bekommen.

Doch Natsuki sah ihre Mutter nur mit einem verzagten Gesichtsausdruck an.

"N... niemand...", gestand sie leise.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2008-08-22T19:22:20+00:00 22.08.2008 21:22
o wie geil...diese idee von dir ist wirklich hammer!!!!!
Von:  Monny
2008-07-06T07:56:34+00:00 06.07.2008 09:56
O man da gewinnt jemand langsam seine Erinerung zurück oder??^^.

gez.Kurosaki-kun^^.
Von: abgemeldet
2007-09-28T14:09:11+00:00 28.09.2007 16:09
Das ist ja echt lustig, wie Natsuki das sagte.
Ich hätte zu gerne Marrons Gesicht gesehen.
Schön weiter so!!!
Von: abgemeldet
2007-09-27T08:07:29+00:00 27.09.2007 10:07
Hey du,
so nun hab ich auch dein zwanzigstes Kapitel gelesen und ich muss mal wieder sagen,
dass es wundervoll ist
Ja es ist wundervoll
Von:  JunAkera
2007-09-19T13:26:37+00:00 19.09.2007 15:26
*meld* ich hab deine gesamte Geschichte in zwei Etapen gestern und heute gelesen und ich muss sagen ich bin absolut begeistert von der Geschichte!

ICH LIEBE EINFACH ACCESS *zugeb* ^^ und die weiterführende Idee aus den beiden wiedergeborenen Engel find ich einfach bombig! Ich liebe die Idee dass ihr die Erinnerungen langsam im Schlaf wiederkommen *awww*
ich find es super genial!

was ich auch los lassen muss: Du hast einen irre tollen Schreibstil! Mag ich total!! und ich bin schon riesig gespannt wie es weiter geht! Es wird echt immer spannender!!!

Ps. ich liebe deine Interpretation von Marron und Chiaka, Myako und Yamato als Eltern!! Marron als die total liebe, gefühlvolle Mama und Chiaki als den waschechten Papa *lach* ^^ GENIAL!!

Ich liebe deine FF und werd sie beobachten!! *sofort in die Favos gesteckt hab*
LG
Jenny
Von: abgemeldet
2007-09-16T14:47:05+00:00 16.09.2007 16:47
aah..X3
ich liebe diese fanfic mit den beiden..(fin und access waren meine lieblinge in kamikaze kaito jeanne)
ich freu mich drauf wenn es weitergeht^^
hoffentlich bald
lg
cuu


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