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Please Recall...

Shinji ♥ Natsuki
von

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Wahrheit

Schwer atmend stand Natsuki plötzlich in der Tür, die mit einem lautem Krachen aufgeflogen war. Marron, die dem gerade erst nach Hause gekommenem Chiaki einen Begrüßungskuss auf die Wange geben wollte, fuhr erschrocken herum und auch ihr Vater schaute etwas irritiert auf seine Tochter, die einen äußerst verstörten Eindruck machte.

"Natsuki, Schatz, alles in Ordnung mit dir... Du hast doch nicht etwa Fieber?", fragte Marron besorg und trat ein paar Schritte auf ihre Tochter zu, deren Stirn seltsam glänzte.

Doch Natsuki antwortete nicht. Vollkommen bewegungslos stand sie in der Tür, mit gesenktem Kopf und schwerer Atmung, vermochte es nicht, sich ihren Eltern mitzuteilen, denn mit welchen Worten sollte sie das ausdrücken, was sie eben erlebt hatte?

"Das... das kann nicht sein...", murmelte sie schließlich mit zittriger Stimme. Chiaki runzelte die Stirn, denn nun schien auch er besorgt. "Was ist passiert?", fragte er alarmiert, auf das Schlimmste gefasst, doch Natsuki schüttelte nur irritiert den Kopf.

"Das kann nicht... sein...?!" Es war mehr eine Frage und endlich hob sie ihren Kopf und fasste ihre Eltern in Augenschein. Etwas ratlos sahen diese sie an und erst jetzt merkte das Mädchen, wie sie am ganzen Leib zitterte und die Hände zu Fäusten geballt hatte.

Hilfesuchend blickte sie von einem zum anderen, Marron legte ihr einen Arm um die Schulter und führt sie behutsam zur Couch.

"Beruhig dich erst mal", besänftigte sie ihre aufgebrachte Tochter und drückte sie sachte auf das Sofa, setzte sich selbst neben sie, Chiaki nahm an der anderen Seite Platz.

Langsam stabilisierte sich Natsuki's Atmung wieder. Sie war bereits in diesem Zustand aus ihrem Schlaf hochgefahren. Es war immer noch derselbe Abend, nur wurde es draußen langsam dunkel und ganz offensichtlich war ihr Vater gerade erst heimgekommen.

Marron hatte ihm ein kleines Abendessen zubereitet, so verriet jedenfalls der Duft frischer Brötchen, der aus der Küche strömte.

Die Fünfzehnjährige faltete ihre Hände im Schoß, damit diese nicht mehr so zitterten und starrte abwesend ihren Fingerknochen an, während ihr Kopf immer noch schwer damit beschäftigt war, ihre Gedanken und die ganzen aufgekommenen Impressionen zu verarbeiten, sortieren und an den richtigen Platz zu ordnen. Leider erfolglos.

"So, und jetzt erzähl uns, was passiert ist...", lächelte Marron ihre Tochter an, Chiaki hingegen fixierte Natsuki aufmerksam und sagte kein Wort.

Natsuki atmete noch einmal tief durch, um sich selbst ein wenig zu beruhigen.

"Ich... ", begann sie, brach jedoch ab. "Du...", startete sie noch einmal einen Versuch, doch auch diesen Satz vermochte sie nicht, weiterzuführen.

Sie setzte noch einmal an.

"Der Ohrring..." Marron nickte langsam und wartete darauf, dass es weiterging. "Access hat... ich habe...", stammelte sie. Es war unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn, einen vollständigen Satz zu formulieren. Es gab so vieles, was sie beschäftigte, so viele Fragen und gleichzeitig so viele Antworten, doch viel mehr war es ihr Unglaube, der sie davon abhielt, das auszusprechen, was sie in ihrem Inneren vermutete, wovor sie sich fürchtete.

Marron schwieg immer noch und es hatte den Anschein, dass Chiaki ein bisschen bleich um die Nase herum war. Die Erwähnung von Access' Namen hatte ihn etwas aus dem Konzept gebracht, doch er hatte sich schnell wieder gefasst, wollte sich nichts anmerken lassen.

Sollte das bedeuten, dass Natsuki sich langsam wieder erinnern konnte? Natürlich... wie konnte es auch anders sein...? Wie sonst hätte sie wissen können, wer Access war?

Chiaki war nicht unbedingt glücklich mit der Entwicklung der Dinge. Er warf einen flüchtigen Blick auf seine Frau, die Ruhe selbst war. Wie schaffte sie es bloß, so cool zu bleiben, angesichts dieser Situation, vor der sich beide so gefürchtet haben? Na gut... er musste zugeben, es war ihm nicht entgangen, dass nur er sich vor dieser Situation gefürchtet hatte. Marron hingegen hatte sich nie ausdrücklich dagegen ausgesprochen. Sie sagte immer nur, es würde schon alles gut werden. Woher nahm sie nur diese Zuversicht?

Natsuki warf Marron eine hilfesuchenden Blick zu und diese verstand sofort.

"Du... weißt, wer Access ist...?", half sie nach, da ihre Tochter wohl viel zu verstört war, um ihre Gedanken zu einer Erklärung zu ordnen.

Natsuki nickte, schüttelte aber sofort darauf wieder den Kopf. "Ja... nein... ich weiß nicht...", gab sie verzweifelt zu und fasste sich mit einer Hand an den Kopf, der unaussprechlich stark schmerzte.

"Er wollte wiedergeboren werden!", rief sie plötzlich aus, als sei ihr diese Tatsache jetzt erst eingefallen, und sah ihre Eltern aufgeregt an. Chiaki’s Gesichtszüge entgleisten, doch Marron nickte nur langsam, geduldig. "Und... und du und Papa...", stammelte die Fünfzehnjährige wieder und wandte sich dieses Mal explizit an ihre Mutter. "Ihr... habt gekämpft und...“ Ein plötzlicher Schmerz zuckte wieder durch ihren Kopf.

"Jeanne und Sindbad...", flüsterte sie, vollkommen fassungslos angesichts dieser blitzartigen Erkenntnis.

"Ja...", stimmte Marron nachdenklich zu. "Ja, du hast recht." Chiaki schluckte nervös, doch Natsuki hatte noch mehr zu sagen.

Völlig gebannt von den Dingen, die sie auf einmal - ohne jegliche Erklärung - wusste, redete sie weiter.

"Und... und... Miyako hat dich angegriffen und... noch etwas anderes auch, aber Fynn hat dich gerettet, sie... Sie hat Access eine Rose geschenkt!", sprudelte es aufgeregt aus ihr heraus.

"Und Shinji hat..." Natsuki stockte plötzlich. Shinji hatte sie mit Fynn angesprochen. Sie sah es ganz klar vor sich. Shinji hatte sie "Fynn" genannt. Und sie hatte den schwarzen Ohrring, der Fynn gehörte. Und Access wollte wiedergeboren werden...

"Was hat Shinji, Schatz...?", hakte Marron vorsichtig nach, doch ihre Worte erreichten Natsuki nicht. Das verwirrte Mädchen schaute sich hilflos nach ihrem Vater um, der die ganze Zeit geschwiegen hatte.

Mit wachsendem Entsetzen musste sie feststellen, dass ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen war, jedoch hielt er ihrem Blick stand und versuchte nicht, auszuweichen. Die beiden blickten sich sekundenlang stumm in die Augen, die Verzweiflung des jeweils anderen spiegelte sich darin wider und in seinem Ausdruck konnte Natsuki all die Antworten lesen, die sie brauchte, die sie haben wollte und wiederum auch nicht.

"Das kann nicht sein...", flüsterte sie abermals und schüttelte langsam den Kopf, doch Chiaki widersprach nicht und sein niedergeschlagenes Schweigen war wie eine Bestätigung, es zerschlug ihre letzte, geheime Hoffnung, dass alles ganz anders war, als es den Anschein hatte.

"Nein...", murmelte Natsuki gequält und senkte den Kopf, ihre Eltern konnten aus ihrem Tonfall die Resignation heraushören und wechselten besorgte Blicke.

Marron hob die Hand und strich ihrer Tochter das Haar zurück, welches ihr ins Gesicht gefallen war. Sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte, wusste sie doch ebenfalls nicht genau, was genau Natsuki bereits wusste und was nicht. Marron verstand schon, dass es Erinnerungen waren, an die man nicht unbedingt gerne zurückdachte, war doch Fynn's Leben damals keineswegs ein Heiteres gewesen.

Sie hatte viel durchgemacht, sie hat Dinge getan, auf die sie im Nachhinein nicht unbedingt stolz gewesen ist und sie hat viel Leid erfahren. Und wie würde Natsuki auf die Tatsache reagieren, dass der Grund für all das nur zwei Türen weiter wohnte?

Wenn Marron ehrlich war, beschäftigte sie dieses Problem mehr als alles andere. Sie war sich sicher, dass Natsuki mit allem fertig werden würde, aber Shinji... nun ja, das war eine Sache für sich.

Sie warf einen flüchtigen Blick zu ihrem Ehemann und entschied, dass er ihr hierbei keine große Hilfe sein würde. Vielmehr würde sie ihn nachher wahrscheinlich mit Beruhigungstee versorgen müssen, genauso wie ihre Tochter, sollte diese wirklich darauf kommen, dass Shinji derjenige war, den sie als Fynn über alles geliebt hatte. Das würde eine lange Nacht werden...

"Shinji hat...", nahm Natsuki das Gespräch wieder auf und ihre Augen huschten unruhig hin und her. Alles kam ihr so irreal vor und merkwürdigerweise beruhigte sie das Wissen, dass die Wohnung noch genauso aussah, alle Gegenstände an ihrem Platz standen und alles so war wie immer - fast. Dass sich aber gar nichts verändert hatte, machte das Ganze noch unvorstellbarer.

"...gesagt, dass ich... ich Fynn sei?" Es war eher eine Frage als eine Aussage. Das Mädchen wandte sich mit einem unsicheren Gesichtsausdruck an Marron und sah sie hilfesuchend an, als erwartete sie eine Erklärung für das, was Shinji da gesagt hatte. Marron jedoch missverstand das.

"Wann hat er das gesagt?", fragte sie scharf, fast schon erbost. Sie hatten doch ganz klar abgesprochen, dass er ihr nichts verraten sollte! Und er schien ja auch einverstanden gewesen zu sein, damals...

"Na ja... als ich geboren wurde..." Natsuki verstand die Aufregung ihrer Mutter nicht ganz, ebenfalls kam es ihr etwas eigenartig vor, ihrer Mutter etwas zu erzählen, woran sie sich rein theoretisch gar nicht erinnern konnte, da sie noch ein Baby gewesen war. Doch Marron entspannte sich wieder und seufzte erleichtert. "Ach so..."

Shinji hatte also doch nichts verraten, allerdings hatte gerade sie etwas mit ihrer Reaktion preis gegeben... Natsuki wurde misstrauisch.

"Mama, jetzt sag mir doch endlich, was los ist... ich verstehe das alles nicht?", flehte sie verzweifelt und warf ihrer Mutter ein paar bittende Blicke zu. Sie musste jetzt endlich die Wahrheit erfahren, das war eine Nummer zu groß für sie alleine und sie war sowieso gerade nicht fähig, rational zu denken!

"In Ordnung...", räumte Marron zögerlich ein. "Aber erst musst du uns sagen, was du noch alles weißt... und wie es dazu kam."

Natsuki nickte. Wenn sie dafür Informationen bekommen würde, würde sie ihren Eltern alles erzählen, was sie wusste! Und jetzt, wo sie sich sicher sein konnte, dass sie nicht ihren Verstand verloren hatte, hatte sie nichts mehr zu befürchten. Entweder das, oder die ganze Familie Nagoya war nicht mehr ganz richtig im Kopf. Was doch ein wenig... zweifelhaft war.

"Ich... ich hatte seltsame Träume. Verschiedene Träume, von diesem Engel...Fynn. Und von Access. Ich habe gesehen, wie er ihr den Ohrring gegeben hat, als sie gestorben ist. Und dass sie ihn ihm wiedergeben soll. Fynn hat gesagt, ich muss ihn finden..." Sie machte eine kurze Pause und überlegte, ob sie vielleicht irgendetwas vergessen hatte, doch bis dato stimmte noch alles.

Marron und Chiaki nickten gespannt und warteten auf die Fortsetzung, als erzählte Natsuki eine spannende Geschichte.

"Na ja, und dann", fuhr sie weiter fort, "hab ich versucht, einen Access ausfindig zu machen, aber so jemanden gibt es nicht..." Sie dachte wieder kurz nach und beschloss kurzerhand, die Geschichte mit Shinji zu verschweigen. Sie gab sich der Illusion hin, dass, je weniger sie ihn erwähnte, desto weniger würde er mit der ganze Sache zu tun haben.

"Als ich im Krankenhaus lag, habe ich auch wieder so etwas geträumt, und die ganze Zeit davor auch schon. Später wurden die Träume klarer und seltener... Und eben gerade... ich muss eingeschlafen sein..." Sie zuckte mit den Schultern und es klang schon fast wie eine Entschuldigung. "Da waren so viele Bilder... von der Vergangenheit und von..." Sie erinnerte sich an die Sequenz von ihrer Einschulung. "...wie ich in die Schule kam und Naomi traf und... und noch viel mehr, was mal so passiert ist... Miyako und so..." Wieder wagte sie es nicht, Shinji zu erwähnen, obwohl viele der gesehenen Momente doch mit ihm zu tun hatten.

"Da war noch anderes... als ihr jung wart, als... als Jeanne und Sindbad... nicht wahr?" Unsicher sah sie Marron an. "Ja, so ist es", lächelte diese erinnerungsselig. "Dein Vater und ich, wir waren..." Sie hielt inne. Sollte sie ihrer Tochter wirklich erzählen, dass Chiaki, der angesehene Arzt und sie, ihre Mutter, Diebe waren, oder zumindest für solche gehalten wurden?

"Diebe", vervollständigte Natsuki ihren Satz vollkommen unbeeindruckt.

"Siehst du, Mama?", fragte sie dann wieder leidend. "Woher weiß ich das alles? Woher habe ich dieses Wissen? Was passiert hier?"

Doch bevor ihr eine Antwort gegeben werden konnte, ergriff sie auch schon wieder das Wort.

"Access hat gesagt, er will wiedergeboren werden", sagte sie beherrscht. Dieses Thema wühlte sie immer noch auf.

Marron verstand nun auch endlich, was Natsuki's Frage nach der Wiedergeburt und den Engeln sollte. Fynn's Seele versuchte also in ihren Träumen, sie wachzurütteln. Sie wollte endlich dahin, wo sie hingehörte... zu Access. Nach Hause.

Marron seufzte leise. Was für eine tragische Geschichte...

"Und ich habe den Ohrring, den Fynn haben sollte...", erklärte Natsuki weiter, ohne jegliche Gefühlsregung. Das alles war so... verwirrend und unwirklich, es konnte doch einfach nicht sein?

Zu allem Überfluss fiel ihr auch noch der Traum an, in dem Access sich zu ihr herumgedreht und sie mit Shinji's Gesicht angeschaut hatte. Und Fynn, wie sie sagte "er hat dich schon längst gefunden".

Das alles kombiniert mit Shinji's merkwürdiger Reaktion, als sie ihn nach Access fragte und der Tatsache, dass er sie anscheinend schon seit Kindertagen mochte, ließ nur einen Schluss zu... und in diesem Moment wünschte sich Natsuki nichts sehnlicher, als sich für unzurechnungsfähig erklären zu lassen. Alles war besser als DAS.

Sie ließ die Szene noch einmal revue vor ihrem inneren Auge ablaufen.
 

Shinji war mehr als nur geschockt gewesen. Er hatte versucht, herauszufinden, was Natsuki von Access wollte, jedoch hatte diese abgeblockt. Als er endlich den Mund aufmachte und Natsuki auf eine hilfreiche Information hoffte, hatte Shinji nur ein Wort gesagt...

"Fynn...?"
 

"Mama", drängte sie. "Bitte sag, was los ist..." Sie wusste es ja schon, sie ahnte es, die Tatsachen sprachen Bände, sie schrieen es ihr ins Gesicht, aber das letzte Wort hatten ihre Eltern und oh, wie sehr hoffte sie, dass diese ihr sagen würden, es war nur ein böser Alptraum!

Das wäre zu schön.

"Natsuki-chan", sagte Marron leise und sah ihre Tochter ernst an. "Weißt du noch, was ich dir über Wiedergeburt gesagt habe...?"

Das Zittern setzte wieder ein. Gleich würde ihr Marron das bestätigen, wovor sie sich so fürchtete. Gleich würde Marron es aussprechen und es würde Realität werden. Der Grund, warum Natsuki nicht gewagt hatte, es selbst auszusprechen, es sich gar einzugestehen, den Gedanken in ihrem Kopf zu formulieren war, wenn sie es erst täte, gäbe es kein Zurück mehr, es wäre ausgesprochen und ausgesprochen bedeutete festgelegt, bedeutete, dass es so war... Es sollte nicht so sein...

Sie nickte.

"Als ich in deinem Alter war", erzählte Marron. "Begegnete mir ein kleiner, bezaubernder Engel. Diesen Engel habe ich jetzt wiedergetroffen." Ihre Mutter lächelte Natsuki aufmunternd zu, diese schwieg. Ihr Blick haftete starr am Bein des Couchtischchens und wieder einmal liefen ihre Nervenbahnen heiß.

"Dieser Engel hieß Fynn", erklärte ihre Mutter weiter. "Und er machte mich zu Jeanne. Dein Vater wurde dank Access zu Sindbad, wir waren Rivalen, zumindest anfangs..."
 

Erschöpft lehnte sich Natsuki in die Polster zurück. Die Geschichte, die Marron da erzählte, klang unglaublich und doch erkannte sie ab und zu Teile wieder, jedoch noch längst nicht alles.

"Ich gab ihr meine Kraft, damit sie wiedergeboren werden konnte... ich wollte Fynn unbedingt wiedersehen, sie war - ist - mir sehr wichtig", schloss Marron ihre Geschichte und Schweigen legte sich zwischen die drei Betroffenen.

Natsuki kannte jetzt die ganze Wahrheit über Fynn und Access, über Marron und Chiaki und Gott und Satan. Sie wusste jetzt, dass Fynn sich nur wegen Access dem Teufel zugewandt hatte, sie wollte ihn wiedersehen, komme, was da wolle. Und jetzt wollte sie das immer noch...

"Ich war Fynn...", stellte Natsuki langsam fest. Es war alles so unfassbar, dass sie es noch nicht ganz realisieren konnte, um irgendwelche angemessenen Gefühle aufbringen zu können.

"So ist es...", stimmte Marron zu und ließ ihre Tochter aus lauter Sorge nicht aus den Augen. "Deshalb hast du den Ohrring..."

"Und Access ist..." Natsuki wurde still. Und Access war Shinji, aber sie traute sich nicht, das auszusprechen. Wie konnte Access nur Shinji sein? Wie konnte Shinji nur Access sein? Wie konnte das überhaupt alles sein?!

Natsuki überlegte sich kurz, die Augen zu schließen und so zu tun, als träumte sie das alles bloß, aber es hatte doch ohnehin keinen Sinn. Das war viel zu real und irreal zugleich, als dass es ein Traum sein konnte. Dass sie sich vorhin äußerst schmerzhaft gezwickt hatte, als niemand hinsah, hatte auch schon das gleiche Ergebnis zur Folge gehabt!

Niemand, weder Chiaki, noch Marron, vollendeten ihren Satz, sahen sie nur von beiden Seiten fast schon erwartungsvoll an. Doch statt das selbst zu tun, kam Natsuki auf etwas anderes.

"Access mochte Pfannkuchen." Sie blickte Chiaki an und dieser nickte, mit einem hoffnungslosen Lächeln auf den Lippen. "Ist er deshalb so oft hier...?", fragte sie mit einem schiefen Grinsen. Das war ja alles so dermaßen verdreht! Ein ehemaliger Engel saß jeden Morgen bei ihr in der Küche und futterte Pfannkuchen! Das war nun sicherlich nicht der Stoff, aus dem ein guter Film gemacht wurde.

Chiaki aber nickte. "Ich hab's ihm versprochen. Leider!", fügte er hinzu und verdrehte genervt die Augen.

Marron war beruhigt. Natsuki schien die ganze Sache beherrschter aufzufassen, als sie angenommen hatte und dass Shinji Access’ Wiedergeburt war, regte sie anscheinend nicht sonderlich auf. Jedenfalls nicht nicht, denn sie war sich sicher, dass ihre Tochter noch viel zu geschockt war, um alles in seiner Vollständigkeit zu erfassen.

Dann kam ihr eine Idee.

"Wenn du mit ihm darüber sprechen möchtest, könnten wir ihn herholen?", schlug sie vor. Natsuki's und Chiaki’s Köpfe schnellten gleichzeitig herum und beide sahen sie mit dem gleichen, entsetzten Gesichtsausdruck an. Erstaunt schaute Marron von einem zum anderen, bemerkte sie doch wieder mal, wie ähnlich ihre zwei Schätze sich doch waren.

"Bloß nicht!", rief Natsuki mit einer ungewohnten Heftigkeit aus und eine blasse Röte legte sich auf ihre Wangen.

Oh Gott, das wäre das Schlimmste von allem, jetzt Shinji zu begegnen um ihm eingestehen zu müssen, dass sie bescheid wusste! Shinji, der die ganze Zeit doch nur darauf gewartet hatte, dass sie sich erinnern konnte - was noch nicht ganz der Fall war - um endlich mit ihr zusammensein zu können!

"Der hatte mir gerade noch gefehlt...", murmelte das Mädchen nun grimmig und wich dem Blick ihrer Mutter aus. Chiaki’s Mimik entspannte sich ein wenig angesichts Natsuki's Abneigung gegen Shinji. Das Offensichtliche schien er gar nicht mitzubekommen, ging Marron durch den Kopf. Männer!

"Du magst ihn!", stellte sie erfreut fest und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, wobei sie Chiaki, der aufgeregt nach Luft schnappt, gekonnt ignorierte.

Ebenfalls wie Natsuki, der vor lauter Überraschung die Kinnlade runterklappte.

"So ein Quatsch", verteidigte sie sich vehement, sobald sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. Irgendwie fühlte sie sich unangenehm ertappt, aber warum bloß?

Diesmal meldete sich auch ihr Vater zu Wort. "Auch das noch", nuschelte er bitter und sein Gesichtsausdruck zeigte nur allzu deutlich, was er davon hielt.

Seine kleine Tochter, die er, als wäre es gestern gewesen, noch im Arm gehalten hatte, an diesen unzuverlässigen, liebestollen Trottel zu verlieren? Mochte ja sein, dass Access damals sein bester Freund gewesen ist und Shinji kein schlechter Mensch war, aber hier ging es um sein Heiligtum, eines der wertvollsten Dinge für ihn auf dieser Welt: seine Tochter!

"Chiaki!", warnte Marron ihn in einem zischenden Tonfall und schickte einen abschreckenden Blick hinterher, der seine Wirkung nicht verfehlte. Chiaki klappte seinen Mund wieder zu und drehte sich fast schon beleidigt wieder weg, fasste nun ebenfalls das Tischbein ins Auge, an dem Natsuki's vorhin auch großes Interesse bekundet hatte.

"Müssen wir es ihm denn sagen...?", hakte diese nun gequält nach, entgegen allen Erwartungen in der Hoffnung, ihre Eltern würden "nein" sagen.

"Nein!", versicherte Chiaki prompt, noch bevor Marron es geschafft hatte, den Mund aufzumachen.

"Chiaki!", schimpfte sie wieder streng und dieser warf ihr einen jungenhaften "Du bist ja sooo gemein"-Blick zu, bevor er sich wieder schmollend seinem Tischbein widmete und weiterhin schweigend die Unterhaltung zwischen Marron und Natsuki verfolgte.

"Es liegt ganz an dir, Natsuki-chan", beschien Marron ihrer Tochter und entschied sich dazu, den Teil mit "Er wartet schon so lange" für sich zu behalten. Natsuki würde schon von selbst darauf kommen, sie war ja alles andere als dumm. Darüber hinaus wollte sie ihr nicht alles auf einmal zumuten. Sie würde schon wissen, was richtig war und was nicht und früher oder später danach handeln.
 

Natsuki schwieg. Sie fühlte sich müde und ausgelaugt, es kam ihr fast so vor, als hätte das ganze Nachdenken und das viele neue Wissen ihren Kopf so vollgestopft, dass sie jetzt wirklich nur noch eines brauchte: Ruhe.

Und über Shinji nachzudenken, dazu hatte sie gerade weder viel Lust, noch die nötigen Nerven.

Marron schien das auch zu bemerken. "Schatz, leg dich doch hin... wir können morgen weiterreden, in Ordnung? Das war sicherlich genug für heute, meinst du nicht?", lächelte sie und Natsuki nickte.

Eine Prise Schlaf würde ihr bestimmt gut tun.

"Ja...", stimmte sie zu und stand auf. Sie zwang sich zu einem Lächeln, das ihr nicht gelingen wollte.

Bei dem Anblick ihres angeschlagenen Vater aber hielt sie inne. Irgendetwas beschäftigte ihn, er war sehr schweigsam gewesen und schien mindestens genauso erschlagen von der Situation, wie sie selber.

"Papa, was ist denn los...?", fragte sie, ihr Tonfall voller Zweifel und Chiaki, der niemanden beunruhigen wollte, versuchte ein aufmunterndes Lächeln. "Gar nichts, Liebes, mach dir keine Sorgen", besänftigte er seine Tochter, doch auch Marron schaltete sich ein.

"Sie hat recht. Jetzt sag uns endlich, was mit dir los ist", trug sie ihm streng auf, doch ihr Tonfall wurde schon bald sanfter. "Es ist eine schwierige Situation für uns alle, aber das kriegen wir schon hin, Liebling. Und Natsuki wird uns ja nicht abhanden kommen, wenn..." Sie stockte.

Dass Natsuki und Shinji zueinander finden würden, davon war sie überzeugt, aber es wäre sicherlich kein intelligenter Schachzug gewesen, das vor ihrer Tochter und ihrem Ehemann, die beide momentan nicht sonderlich gut auf den Jungen zu sprechen waren, laut herauszuposaunen.

Also ließ sie ihren unvollendeten Satz in der Luft schweben und hatte Glück, dass keiner von beiden Verdacht schöpfte.

"Das ist es nicht", widersprach Chiaki und kratzte sich ratlos am Hinterkopf. Wie sollte das den Mädels begreiflich machen?

"Was dann?", wollte Marron überrascht wissen und Chiaki schien nach Worten zu suchen.

"Wenn Natsuki sich wieder an wirklich alles erinnern kann...", setzte er an und unterbrach sich, überlegte.

"Na ja... Fynn konnte mich nicht leiden", gestand er dann trotzig und erinnerte Marron wieder einmal einen kleine Schuljungen, der etwas angestellt hatte.

Sie war so überrumpelt von seiner Aussage, dass sie ihn sprachlos anstarrte, bevor sie erfolglos ein Lachen unterdrücken musste. Obwohl sie mit größeren Problemen konfrontiert waren - beispielsweise Natsuki's Gemütszustand und eventuelle Schuldgefühle für Fynn's Taten - war seine einzige Sorge, dass Fynn's Abneigung gegen ihn auch auf Natsuki abfärben würde. Der Mann hatte Angst, die Liebe seiner Tochter zu verlieren!

Natsuki allerdings, die nicht minder überrascht war, brauchte erst einmal einen kurzen Augenblick, um die Situation zu erfassen und zu verstehen, was ihr Vater da meinte.

"Ach, Papa...", seufzte sie, ließ sich wieder neben ihm auf der Couch nieder und schloss ihn in ihre Arme. Und das war alles, was nötig war, um Chiaki seine Befürchtungen zu nehmen. Ein Hauch von Zufriedenheit und Erleichterung spiegelte sich in seinem Gesicht, als er seine Tochter fest drückte.

Zärtlich betrachtete Marron ihre beiden Sorgenkinder, danach erhob sich Natsuki vom Sofa, wünschte beiden eine gute Nacht und verschwand in ihrem Zimmer.

Marron konnte nur erahnen, dass ihre Tochter noch minutenlang den schwarzen Ohrring anstarrte, um zu begreifen, dass das alles wirklich passierte und sie es sich nicht bloß einbildete.



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Kommentare zu diesem Kapitel (10)

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Von: abgemeldet
2008-08-22T21:23:09+00:00 22.08.2008 23:23
oooo chiakiiii..ich lieeebe ihn!!^^
Von:  Monny
2008-07-06T09:19:56+00:00 06.07.2008 11:19
Echt cool^^. Tja ich verstehe Chiakis Sorgen irgendwie^^. Freu mich schon auf das nächste Kap^^.

gez.Kurosaki-kun^^.
Von: abgemeldet
2007-10-01T19:38:34+00:00 01.10.2007 21:38
Echt tolles Kapi.Mag nich das die FF aufhört das is so schade weils doch nich so viele davon gibt^^Aber echt süß^^
Von:  Ice_Angel_Kara
2007-09-28T15:48:59+00:00 28.09.2007 17:48
Super sweet!!^^
ich liebe es!
Schreib schnell weiter!!

LG
Tabisan
Von: abgemeldet
2007-09-28T15:05:59+00:00 28.09.2007 17:05
WOW.
Ich bin echt stolz auf dich.
Wiedermal ein supi Kap.
Das ist ja so süß von Chiaki.
Aber ehrlich gesagt kann ich ihn gut verstehen.
Fynn war nicht gerade freundlich zu ihm.
Bin froh das sie ihm das Gegenteil bewiesen hat.
Er ist jetzt nun mal ihr Vater.
Und nicht mehr der Schürzenjäger, der ihrer Freundin an die Wäsche will.
Hast du echt super hin bekommen.
Immer schön weiter so.
Bitte lass uns nicht so lange warten.
Von:  Lume
2007-09-27T20:55:52+00:00 27.09.2007 22:55
*megaphon schnapp*
*losgröll* : "weiter, weiter, weiter!"
xDD
Von:  W-B-A_Ero_Reno
2007-09-27T18:50:26+00:00 27.09.2007 20:50
wow!!!
also dieses und das kapitel davor waren wirklich die besten bist jetzT!!!
die haben mich wirklich gefesselt und ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu lesen!!!
freu mich jetzt schon auf das nächste kapitel und das nächste zusammentreffen von shinji und natsuki!
lg yuki
Von: abgemeldet
2007-09-27T13:40:32+00:00 27.09.2007 15:40
Geniaaal....
O_O
*sich vor dir auf die knie wirft und dich anbet*
Uuui...
ich will auch nicht, dass die ff zu ende geht... ;___;
aber trotzdem ganz schnell weiter schreiben ^^
lg, naji
Von:  JunAkera
2007-09-27T13:25:18+00:00 27.09.2007 15:25
was für ein geniales Kapitel! Super aufgebaut wie es mit Marron und Chiaki verläuft - ich mein das klärende Gespräch! Echt genial!
Aber das Beste ist in diesem Kapitel echt Chiaki *aaaaaaw* ich weiß wieso ich ihn so mag ^^ soooo knuddelig süss dass er Angst hat dass Fynns Abneigung auf Natsuki übergehen würde *lach* echt genial!!

Ich liebe das Kapitel!! :) weiter so!!
Von: abgemeldet
2007-09-27T08:49:04+00:00 27.09.2007 10:49
SUper,
ich bin erste!
Also ich Muss sagen, es war wieder ein wundervolles Kapitel.
Einfach GEnial


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