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Sunset over Egypt

Even if tomorrow dies
von

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Blut

Der Morgen brach an, und setzte genau dort an, wo sie am Abend geendet hatten. Die Gesänge des Krieges zogen ihre Melodie weit voran, angestimmt von Klagelauten, Wut und Angst. Jeder Ton, der erklang, erschien zu zittern, zu beben, unsicher in den Grundfesten seiner Existenz. Jedes Fundament schien seinen Halt zu verlieren, als nach und nach immer mehr Familien auseinandergerissen wurden – permanent und ohne Wiederkehr.

Durfte Hass wirklich so weit gehen?

Rechtfertigte er all das?

Die Pferde, obgleich kriegserfahrene und edle Tiere, scheuten beim Klang von aneinander knallenden Klingen, brachen nicht selten im Hagel von Pfeilen zusammen, der für ihre Reiter bestimmt war. Niemand kümmerte sich um sie. Niemand konnte es sich leisten, auch nur eine Sekunde lang unaufmerksam zu sein. Zu vieles stand auf dem Spiel. Es ging nicht mehr um Sieg oder Niederlage. Es ging nur noch und ausschließlich ums Überleben.

Die Angst vereinte sie alle und doch ließ sie sie allein stehen.

Und es nahm kein Ende.

Bedrückend heiß war das Klima, die Sonne strahlte in all ihrer Herrlichkeit, wie zum Hohn, und nahm ihnen die Sicht. Die Hitze machte niemandem zu schaffen, denn niemand achtete auf sie. Die Unsicherheit und die Angst verdeckten jede Wahrnehmung. Und doch schien es, als würde ein eisiger Schauer immer wieder durch ihn gehen, obwohl Atemu nicht fror. Etwas war nicht in Ordnung, doch er wusste nicht, was es war. Immer und immer wieder sah er sich zu allen Seiten um in der Hoffnung die Quelle seiner Unsicherheit auszumachen, doch er fand nichts. Und trotzdem. Etwas war nicht gut. Er wurde das nagende Gefühl nicht los, irgendetwas wichtiges verpasst zu haben. Zuhause. Er konnte nur hoffen, dass Teana alles unter Kontrolle hatte. Sie war stark. Er musste daran glauben, dass sie wusste, was sie tat.

Seine Unruhe war fassbar, so fassbar, dass selbst Seth für einen Moment innehielt. „Pharao?“, fragte er besorgt, als er sah, wie weit dieser mit seinen Gedanken fort war. Es war nicht gut, in Erinnerungen, Hoffnungen oder Befürchtungen zu schweifen, wenn man auf dem Kriegsschauplatz stand. Und wenn man eine solch zentrale Person darstellte, wie Atemu sie verkörperte.

Von den Worten des Priesters aufgeweckt, fasste dieser sich wieder. Er schüttelte den Kopf. „Ich habe ein sehr ungutes Gefühl“, versuchte er sich zu rechtfertigen, „Irgendetwas sagt mir, dass es im Palast nicht mit rechten Dingen zugeht.“ Er atmete tief durch.

Der Brünette sah ihn für einen Augenblick an. Er konnte nicht widersprechen, doch er konnte ihn auch nicht besänftigen. Sicher. Er wusste, dass Kisara ihn auf dem Laufenden halten würde, wäre es nötig, doch einen Beweis hatte er nicht. Außerdem neigte der Mensch sowieso dazu, nur das zu glauben, das er selbst gesehen hatte. Es gab keine Sicherheit. Weder für Atemu, noch für ihn. Sie mussten vertrauen und hoffen. Weder der Pharao noch der Hohepriester wollte sich jedoch einzig und allein auf Hoffnung verlassen. Es blieb ihnen nichts anderes übrig. Wenn sie zurück nach Hause wollten, mussten sie es zuende bringen. Vorher waren sie hier gefangen in einem Meer, das von Blut und Metall glänzte.

„Dafür ist jetzt keine Zeit“, es war Atemu selbst, der sich die Träumereien verbot. Er musste einen kühlen Kopf bewahren. Genauso gut konnte er sich alles nur einbilden, katalysiert durch all die Schreie, die er hier zu hören bekam. Er war der Pharao. Er musste jetzt an sein Volk denken. An die Männer, die hier für ihn starben.

„Du hast Recht“, stimmte Seth ihm zu, grimmig und verbissen. „Es wird Zeit, dass wir dies zuende bringen!“ Er sah seinen Cousin noch einmal an. „Für Ägypten...“, flüsterte er und gab seinem Pferd die Sporen. Bald würde er wieder bei Mana sein.

Der Pharao tat es ihm gleich. „Für Ägypten“, stimmte er zu, packte den Griff seines Schwertes und drehte es leicht in der Hand. Das Pferd ging so schnell es ging in den Galopp über. Schnell hatte er den Hohepriester wieder eingeholt, doch die Tatsache, dass dessen geborgtes Pferd langsamer war, hatte kaum einen Einfluss. Seine Kampfgewandtheit und seine Kenntnisse der Magie glichen jeden Nachteil wieder aus, bevor er ins Gewicht fallen konnte.

Dass sie sich zurück ins Zentrum der Schlacht drängten, hatte sofort Auswirkungen. Die Angriffe verlagerten sich in ihre Richtung, jeder libysche Krieger, der noch Mut in den Knochen hatte, und wäre es nur der Mut der Verzweiflung gewesen, wollte die ägyptischen Heeresführer vernichten, von denen solch eine unheimliche Stärke ausging. Gleichzeitig fassten die ägyptischen Krieger neue Hoffnung, schöpften neue Kraft aus der Anwesenheit von Atemu und Seth.

Dies war der Effekt, den Seth unbedingt ausnutzen wollte. Die libyschen Truppen war noch immer zahlreich, dezimiert zwar, doch auch die ägyptischen Truppen hatten Verluste hinnehmen müssen. Ihre Zahl war noch immer unterlegen. Doch sie durften nicht aufgeben. Zahllose namenlose Tote, niedergemetzelt in einem Krieg, der an anderer Stelle geführt wurde. Atemu und Seth ließen Schwerter sprechen und die Millenniumsgegenstände taten ihr übriges. Sie hatten sich in die Schlacht gestürzt, eine Schlacht, die für jeden tödlich sein konnte. Es hatte nichts mit Können zu tun, es ging nur um Glück und ein wenig Strategie.

Wer sich ihnen in den Weg stellte, musste sterben. Sie konnten es sich nicht leisten, Ausnahmen zu machen, selbst wenn diese um ihr Leben flehten. Fanatisch nahmen einige es hin, kämpften und starben für eine größere Sache; das zumindest überzeugte sie in ihrer Besessenheit.

Und dann sah er ihn. Ein gezielter Schlag mit seinem Schwert hatte den Weg frei gemacht. Seths Blick fiel auf einen Mann, groß und kräftig, reich behängt mit teurem Schmuck und einer Rüstung. Und es gab keinen Zweifel. Keine Zeit zu verlieren. Der Hohepriester Ägyptens trieb das Pferd zur Eile an, der Millenniumsstab in seiner Hand glühte, als er auf ihn zustürmte. Ein einziger Angriff genügte um den Mann von seinem Pferd zu reißen. Es ärgerte ihn zwar, doch er wusste aus eigener Erfahrung, dass ein Anführer ohne sein Pferd wesentlich weniger Gefahr darstellte. Vor ihm sprang Seth von seinem Pferd, landete auf seinen Füßen, konzentriert und zum ersten Mal lächelnd.

Und noch bevor der Mann sich wieder vollständig hatte aufrichten können, hatte Seths Schwert seinen Kopf sauber von seinem Körper getrennt.

Es war vorbei.

Atemu hatte Seths Vorhaben erkannt und ihm den Rücken frei gehalten. Nicht wenige der libyschen Krieger hatten sich von ihm abgewendet, als sie verstanden hatten, dass ihr Anführer in Gefahr war, doch der Pharao hatte ihnen den Weg abgeschnitten, noch bevor sie etwas hatten unternehmen können. Noch immer kämpfte er gegen die Männer, die verbissen durchzukommen versuchten. Sein Millenniumspuzzle war dem Pharao ein großer Vorteil gegen die Übermacht, die sich ihm allein entgegen stellte. Niemand von ihnen hatte mitbekommen, was geschehen war. Erst als Seths kraftvolle und grausame Stimme über das Feld donnerte, erkannten sie, was ihnen das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Der Kopf ihres Königs hing in der Luft, durchbohrt von Seths Schwert, der ihn wie eine Trophäe hochhielt.

„HALTET EIN!“, schrie er, und meinte sowohl die ägyptischen als auch die libyschen Truppen, „DIE KÄMPFE KÖNNEN EIN ENDE HABEN!“ Nun war es ganz klar, an wen er seine Worte adressierte, „ERGEBT EUCH UND NIEMAND WIRD MEHR SINNLOS STERBEN!“ Der Kopf an der Spitze seines Schwertes schien seine Stimme zu untermauern und zu stärken.

Ein Murmeln ging durch die Reihen. Konnte es das gewesen sein? Erleichterung, Hoffnung, Verwirrung auf Seiten der Ägypter, Schrecken, Angst und Unsicherheit auf Seiten der Libyer. Der Anblick ihres Königs, auf solche Weise entstellt und entehrt brachte ihren Angriff zum Stillstand. Entsetzen machte sich breit, Schwerter fielen zu Boden und die Kämpfe lösten sich in heilloses Chaos auf. Die libyschen Krieger flohen, solange die Perplexität der Feinde ihnen die Gelegenheit dazu gab.

War es wirklich vorbei? Atemu blickte zu seinem Cousin, der ihn allerdings nicht sah. Noch immer steckte der Beweis seiner Tat an seinem Schwert, das Blut lief die Klinge hinab und tränkte seine Hand darin. Das Blut des Feindes. Es war das Zeichen seiner Überlegenheit.

Atemu lächelte. Sollte er ruhig die Aufgabe der Einschüchterung übernehmen, es war ihm recht. Auf diese Weise hatte der Pharao Zeit, seine Truppen um sich zu sammeln. Die Nachricht von ihrem Sieg sickerte nur langsam durch, wahre Freude blieb aus. Lediglich Erleichterung. Und Hoffnung. Es war vorbei. Es hatte tatsächlich ein Ende. Er atmete tief durch, ehe auch er das Wort an die Menge richtete, die jedoch nun nur noch aus seinen Männern bestand. „FÜR DAS, WAS IHR HIER GELEISTET HABT, MEINE BRÜDER, DANKT EUCH DAS LAND ÄGYPTEN ZUTIEFST UND AUCH ICH BIN EUCH ZU DANK VERPFLICHTET!“ Er blickte sich um. „EURE VERLETZUNGEN WERDEN HEILEN UND EURE NARBEN WERDEN VERBLASSEN. EURE FAMILIEN WERDEN UNBESORGT LEBEN KÖNNEN!“ Nur mit Mühe gelang es ihm, ein Schlucken zu unterdrücken, das seine eigene Besorgnis zum Ausdruck gebracht hätte. Er hatte sich jetzt um sie zu kümmern. Um ihr Wohl. Genau, wie sie sich um das Wohl des Landes gekümmert hatten. „SAMMELT DIE VERLETZTEN UND BRINGT SIE AUF DIE ÜBRIGEN PFERDE!“

Ohne zu zögern machten sich die Überlebenden an die Arbeit. Seth half Atemu dabei, die Aufräumarbeiten zu beaufsichtigen, die Männer waren erschöpft und in keinster Weise euphorisch. Vielleicht würden sie am nächsten Tag ein wenig feiern können, doch verlassen würde er sich nicht darauf. Sie hatten große Verluste gemacht, Verluste, die Wunden gerissen hatten, die auch dann noch bluten würden, wenn die Zeit bereits jede sichtbare Spur in Vergessenheit hatte geraten lassen.

Es dauerte nicht lange und sie waren bereit aufzubrechen. Niemand wollte länger als unbedingt nötig an diesem Ort bleiben. Sie alle wollten zurückkehren um sich ihres Triumphes wirklich bewusst zu werden.

Seth und Atemu ritten an der Spitze, als der Zug sich in Bewegung setzte. Sie trieben die Pferde an, doch sie eilten nicht. Die Männer sollten verschnaufen können und durchatmen. Ganz langsam breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Sie kehrten wirklich nach Hause zurück.

Weder der Pharao noch der Hohepriester ließ sich davon anstecken. „Es ist noch nicht vorbei“, flüsterte Seth, die Augen noch immer hart und voller Kälte. Er hatte nicht vergessen, dass Shada entkommen war. Zu hoffen, irgendjemand hätte ihn auf seinem Weg in die Freiheit niedergestreckt, wagte er nicht. Wenn er ehrlich war, wollte er es auch gar nicht. Er gehörte ihm. Irgendwann würde auch er zurückkehren müssen und dann würde er auf ihn vorbereitet sein. Er würde auf ihn warten. „Reiten wir nach Hause.“

Atemu sah ihn kurz an, und die Beklommenheit in seinem Herzen wuchs. Er wollte sein Pferd antreiben, wollte viel schneller reiten, als sie es taten, doch er musste bei seinen Männern bleiben. Treu, wie sie ihm treu gewesen waren.

Sie beide hingen ihren eigenen Gedanken nach. Gefolgt von den Truppen, umgeben von Spähern, die vor- und zurückritten, um ihnen den Rücken zu sichern und die frohe Nachricht zu verbreiten. Der Pharao wollte eilen und doch schien es ihm, als würde er nicht nach Hause zurückkehren wollen. Etwas schnürte ihm die Kehle zu. Angst? Anspannung? Er konnte es sich nicht erklären. Er blickte nicht nach hinten. Teana. Er würde zu ihr zurückkehren, ganz genau so, wie er es versprochen hatte. So viele Male.

Teana. Er würde sie wieder in die Arme nehmen und er wusste, in dem Augenblick würde die Sonne in seinem Gemüt wieder aufgehen. Sie, die sie alles für ihn war. Sie, die sie doch so lange auf ihn gewartet hatte. Die Kämpfe hatten nicht lange gedauert, lediglich ein paar Tage, und doch schien es, als wäre bereits etliche Zeit vergangen.

Fragend blickte der Pharao zu Seth herüber, in sein bohrendes und zweifelndes Gesicht.

„Es mag sein, dass ich es mir einbilde“, sagte der Hohepriester vorsichtig, „Doch dies war keine große Schlacht. Genau genommen, war es ziemlich leicht zu beenden...“

Es war noch nicht vorbei. Was auch immer alle glaubten, für ihn war es noch nicht vorbei. Er musste zu Mana. Er musste zu Adalia. Er wusste, dass er sich auf die Priesterin verlassen konnte, doch er musste sich vergewissern. Musste mit seinen eigenen Augen sehen, dass es ihnen gut ergangen war. So gut es eben ging.

Die Anspannung, die von dem Brünetten ausging, beunruhigte Atemu sehr, ließ ihn seine eigenen Gedanken nicht vergessen, nicht in den Hintergrund drängen. Er nickte nur mit Bedacht, wollte diese Unsicherheit nicht Herr über sich werden lassen, drängte sie zurück. „Wir sollten heim und es herausfinden“, gab er nur zurück. Er war mehr als gewillt, das Tempo anzuziehen und den Truppen den Befehl zu geben, doch er hielt sich zurück. Dies war nicht, was jetzt zählte.

Sie hatten die Schlacht gewonnen, das war es, was die Männer nun bei Laune hielt. Was ihnen die Schrecken, die sie gesehen hatte, aus dem Bewusstsein verdrängen konnte.

Es war ein Sieg, hart erkämpft, teuer bezahlt und nun gefeiert. Er würde sie nicht um ihren Triumph bringen. Seine Männer, die so vieles riskiert hatten. Männer, die so vieles geleistet hatten.

In dem Moment, da er das Glitzern in ihren Augen sah, konnte er nicht anders als ebenfalls zu lächeln. Zum ersten Mal in seinem Leben war Atemu wirklich stolz, der Pharao dieses Landes zu sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-11-10T10:30:09+00:00 10.11.2009 11:30
Ieh das ist ja ekelig! so viel blut, aber der krieg ist vorbe! jetzt lönnen sie nach hause, das ist so toll1 Da freuen sich sicher alle, auch wenn atemuu noch ne schlechre neuigkeit bekomme, aber dann kann er ja für seine prinzessin da sein un das is doch toll. ich hab die geschichte sooo vermist! voll guti
Von: abgemeldet
2009-11-09T20:40:15+00:00 09.11.2009 21:40
Soo~, jetzt mach ich mich mal an was sinnvolles und mach dir eine Freude, damit du lächelst. Ich freu mich schon ^^

>>Durfte Hass wirklich so weit gehen?<< Hass kann doch gar nicht woanders hinführen und sowas ^^° Weil aus Hass folgt anderer Hass und dann ist man schon längst in einem Teufelskreis

>>Bald würde er wieder bei Mana sein.<< Als ob er da happier sein würde xD Mal ganz ehrlch, das bezweifel ich doch arg xD

>>Noch immer steckte der Beweis seiner Tat an seinem Schwert, das Blut lief die Klinge hinab und tränkte seine Hand darin. Das Blut des Feindes. Es war das Zeichen seiner Überlegenheit.<< Seiner Überlegenheit nu im Krieg gegenüber? Ich finde es wrklich gut, vo rallem diese Szene und die ganzen beschrebungen vom Krieg und dessen Ende, das ist einfach klasse Oô Ich mag das Kapitel, wie die anderen auch!
Von:  TeaGardnerChan
2009-09-26T08:04:06+00:00 26.09.2009 10:04
ES IST VORBEI!
*jubel*
*freu*
der krieg ist endlich vorbei
*rumhüpf*
Und alle können wieder nach hause ^^
Super.... aber leider ist das ja noch nicht alles gewesen.
Armer Ati... wie er die Nachricht wohl vekraften wird?
Mal gucken ^^


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