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Sunset over Egypt

Even if tomorrow dies
von

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Allianz?

Das Schlachtfeld konnte sie mit ihren Augen gut überblicken – das war wohl der einzige Vorteil, den ihr ihre zweifelhafte Position auf dem Dach einbrachte. Sie konnte sehen, was geschah. Und sie musste es selbst tun. Sie hatte gehofft, dass der weiße Drache diese Aufgabe für sie übernehmen würde, hatte sich darauf verlassen – doch unter dem Nebel war das mächtige Ungeheuer unbrauchbar. Sie konnte ihn nicht lenken, konnte die Verbindung zu ihm nicht aufrecht erhalten. Sie konnte nicht dafür sorgen, dass er ihr Geschick in diesem Krieg in die richtige Richtung lenkte. Sie konnte wieder nichts tun als zuzusehen.

Und dann erblickte sie Shada in der Menge. Er stand ganz in der Nähe von Seth, viel zu dicht war er ihm und sie war fassungslos. Fassungslos ihn hier zu sehen, fassungslos, dass er es wagte, noch einmal hier aufzutauchen. Mit den libyschen Truppen. Erschrocken schlug die Weißhaarige ihre Hände vor den Mund. Das sah wirklich alles andere als gut aus. Sie kannte Seth genau, er würde bis zum letzten kämpfen, wenn es sein musste, und sie konnte es ihm nicht verdenken. Nachdem, was er ihr erzählt hatte, juckte es ihr gehörig in den Fingern, selbst gegen ihn vorzugehen. Sie konnte ihm seine Taten niemals verzeihen. Zwar hatte Mana ihr vieles genommen, doch das rechtfertigte es nicht. Er hatte ihr weh getan. Und Seth dadurch ebenfalls. Und das war nicht zu verzeihen.

Kisara jedenfalls wusste, an welchem Ort ihre Aufmerksamkeit hängen blieb. Sie konnte nur hoffen, dass die sie umgebenden Kämpfer nicht plötzlich ihre Taktik änderten um in den Kampf ihrer beider Anführer einzugreifen. Sie selbst hätte es so gemacht, daher konnte der Gedanke nicht so abwegig sein. Allerdings wusste sie nicht, was Shada den Libyern gesagt hatte. Bei Seth ging sie davon aus – und das wurmte sie gewaltig – dass er jede Art der Einmischung untersagt hatte. Diese Rache wollte er sich von niemandem nehmen lassen. Das konnte sie verstehen. Doch Shada war kein Gegner, der auf Fairness setzte und genau darin bestand die Gefahr. Was, wenn sich nun noch jemand in ihren Kampf einbrachte? Seth war zwar mächtig, doch Hass vernebelte seinen Verstand und wie lange konnte er einer Übermacht standhalten?

Nein. Die Gefahr war zu groß. Sie musste ein Auge auf ihn gerichtet lassen, musste auf ihn achten. Ein kurzer Blick gen Himmel reichte aus, um den Drachen zurückkehren zu lassen. Zwar tat es weh, sich eingestehen zu müssen, dass er nutzlos war, doch genau das war er. Es kostete sie Kraft, die Verbindung aufrecht zu erhalten, besonders unter diesem schrecklichen Schleier aus Nebel und es brachte einfach keinen Vorteil. Wieder konnte sie nicht helfen...

Das Drachenmädchen atmete einmal tief durch, die Augen geschlossen und voller Selbstzweifel. Als sie ihre Augen wieder öffnete und versuchte einen erneuten Blick auf Seth zu erhaschen, stellte sie fest, dass sie sich von ihr entfernt hatten. Sie konnte kaum erkennen, was geschah – sehr zu ihrem Unmut. Entschlossen rutschte Kisara an den Rand des Daches, auf dem sie saß und warf einen Blick nach unten. Es sah gut aus. Der Platz vor der Hauswand unter ihr war ein guter Ort: Er war noch frei von Leichen und keine Kämpfe wurden dort ausgetragen. Etwas Müll lag in den Ecken, doch in einer Zeit wie dieser, war es ein freundlicher, heller Anblick, selbst für jemanden, der sonst im Palast lebte. Der Krieg veränderte jede Ansicht, Ansprüche auf Luxus verliefen sich und das Leben allein wurde zum kostbarsten Gut, das es zu verteidigen galt.

Geschickt ließ Kisara sich die Hauswand hinunter rutschen und landete gekonnt auf den Füßen. Sicherheitshalber blickte sie sich noch einmal um, ob auch wirklich niemand sie gesehen hatte und als sie ganz sicher war, dass keine Feinde in der Nähe waren, lächelte sie beruhigt. Jetzt musste es ihr nur noch gelingen, möglichst ungesehen dichter heran zu kommen an Seth und Shada.
 

Er konnte nur den Kopf schütteln. Nichts anderes fiel ihm dazu noch ein. War es nicht offensichtlich gewesen? War die Dummheit wirklich so allgegenwärtig? Ohne sich dessen bewusst zu sein, war er fassungslos. Wie konnten all diese Menschen nur glauben, dass sie damit Erfolg haben könnten? Dass sie damit überleben könnten? Wie konnten all diese Menschen nur so dumm sein?!

Die Auseinandersetzung zwischen dem ehemaligen Priester und dem neuen Pharao Ägyptens war nur für eine kurze Zeit amüsant gewesen. Sie hatte schnell ihren Reiz verloren und war in Eintönigkeit übergegangen. Letzten Endes mussten sie beide verlieren. Es gab überhaupt keine Alternative. Denn es konnte nur einen geben, der im Licht des Triumphs baden konnte: Und das würde er sein. Er ganz allein. Denn nur er hielt alle Trümpfe in der Hand.

Wie lange schon hatte Cyrus auf den Moment gewartet? Wie lange schon hatte er darauf hingearbeitet? Wie lange nur für diesen einen Augenblick alles aufs Spiel gesetzt? Er konnte sich das nicht zerstören lassen. Er konnte einfach nicht diesen Moment teilen, er musste ihn allein auskosten! Und niemand durfte sich einmischen, nicht jetzt. Hier und jetzt war er derjenige, der die Fäden zog. Es war traurig, wie leichtfertig die Würdenträger Ägyptens ihr Land dem Untergang weihten.

Doch es war nicht sein Problem. Die Spielregeln waren bekannt gewesen und jeder, der die Regeln übertrat, der musste die Konsequenzen spüren.

Der Angriff hätte tödlich sein müssen. Er hatte die nötige Kraft und die Wut in sich, um wirklich ernsthaft Schaden anrichten zu können. Doch leider richtete sich dieser Angriff gegen ein Ziel, das er nicht freigeben wollte, ein Ziel, das ihm allein gehörte. Shadas Angriff zu unterbinden, war eine Kleinigkeit für den Violetthaarigen, er musste sich nicht einmal dafür konzentrieren. Cyrus trat dicht hinter Shada, zog einen dichten Nebel um ihn, sodass dieser sich unweigerlich umdrehen musste. Pures Entsetzen und blanker Hass stand in seinen Augen, doch der Nebelherrscher interessierte sich nicht dafür.

„Hast du nicht etwas vergessen?“, fragte er und seine Stimme schnitt förmlich durch den Nebel. Um Seth kümmerte er sich nicht. Sollte der doch zusehen. Sollte er ihn ruhig verfluchen. Er konnte niemals an ihn herankommen. Der Nebel hielt ihn effektiv fern, ohne dass der Brünette irgendetwas daran hätte ändern können. Wieso also sollte er ihn beachten? Er würde ihm schon noch früh genug von seiner Zeit schenken. Seine Aufmerksamkeit nun galt einzig und allein demjenigen, der nicht in der Lage gewesen war, sein Wort zu halten, der es auch niemals hatte halten wollen. Er starrte ihm direkt in die Augen, ohne auch nur zu blinzeln ließ er seinen vor Zorn funkelten Blick auf dem Kahlköpfigen verharren. „Wir beide hatten eine andere ABMACHUNG!“ Unsanft erinnerte er ihn daran, eine andere Wahl hatte er nicht und eine andere Wahl wollte er auch gar nicht haben. Wenn Cyrus ehrlich zu sich selbst war, war dies genau das, worauf er gehofft hatte. Auf diese Weise konnte er sich beider nacheinander entledigen, ohne den Spaß in irgendeiner Weise teilen zu müssen. Und verdoppelte das nicht die Freude daran noch?
 

Erschrocken schrie Shada auf und wenn es nicht so unerwartet gewesen wäre, dann hätte Seth in diesem jämmerlichen Laut der Schwäche mehr Befriedigung gesehen. So jedoch verharrte er bewegungslos. Etwas war nicht richtig. Es fühlte sich an, als wäre die Welt um ihn herum erstarrt, die Zeit einfach stehen geblieben, und doch konnte er sehen, dass es anders war. Er konnte sehen, wie Cyrus sich Shada näherte, er konnte sehen, wie der Nebel sich dichter um ihn schloss, er konnte sehen, dass die Zeit nicht stehen geblieben war, doch er konnte nicht daran teilnehmen. Gefangen hinter einer Wand aus Nebel hatte er keine Möglichkeit sich zu bewegen, geschweige denn irgendwie in das Geschehen einzugreifen.

Und es machte ihn rasend.

Wieder war es der Nebel. Wieder diese Magie, die ihn schon damals so sehr fasziniert hatte. So sehr in seinen Bann gezogen, dass er die Sicherheit seines Landes dafür in Gefahr gebracht hatte. Wieder war es der Nebel, der sich in alles einmischte. Und wieder war er unterlegen.

Und es machte ihn rasend.

Shada versuchte sich dem Nebel zu entreißen. Versuchte zu entkommen und es wäre ein entzückender Anblick gewesen, wenn nicht Verstörung und Irrsinn überwogen hätten. Dass auch er sauer war, stand ganz außer Frage. „Ich weiß nicht, WAS DU MEINST!“, brüllte er dem Überlegenen zu, „LASS MICH SOFORT LOS!“ Er fauchte. Er schrie und er brüllte.

Und es machte ihn rasend.

ER sollte derjenige sein, der Shada das Entsetzen ins Gesicht trieb, ER allein und niemand sonst! IHM allein sollte das Vergnügen zuteil werden, den Widerling bluten zu lassen! Doch der Nebel hielt ihn gefangen, hüllte ihn fest in seinen Bann und er konnte ihm nicht entkommen.

Und es machte ihn rasend!

Cyrus ließ sich nicht beirren. „Du weißt es nicht?“, fragte er und grinste finster, „Ich helfe deinem Gedächtnis gern auf die Sprünge...“ Er sah aus, als hätte er die ganze Zeit auf nichts anderes gewartet. Seth konnte es gut verstehen, es ging ihm schließlich nicht anders, doch er gönnte es ihm nicht.

„Der Priester gehört mir!“, zischte Cyrus und Seth zuckte unweigerlich zusammen. Er war also Inhalt ihres Abkommens gewesen?! Sie standen also hier und diskutierten über IHN?!

Es machte ihn rasend!!!

„Du weißt das“, fuhr der Violetthaarige fort, „Und du hast es gewusst. Du wolltest dich mit widersetzen“, er lächelte grimmig, „Und du hast dich mir widersetzt.“ Der Nebel um Shada wurde immer dichter, das Lachen auf seinem Gesicht immer breiter. „Du wirst die Strafe bekommen, die deiner angemessen ist, du Ratte!“

Wie nur sollte er ihn aufhalten?! Er wollte ihm nicht das Leben retten, er fand sogar Gefallen daran, wie sehr Cyrus mit dem verhassten Priester spielte, doch ER wollte ihm den Rest geben! Er hatte es doch versprochen!

Es machte ihn rasend.

Wieso konnte er schon wieder nur zusehen? Wieso war da schon wieder dieser Nebel, der so viel mächtiger war als er? Wie nur sollte er denn das Versprechen einhalten, dass er Mana gegeben hatte? Er musste Shada selbst erledigen!

Es machte ihn rasend.

Eine Abmachung zwischen Cyrus und Shada. Das erklärte zumindest, weshalb die Libyer sich so schnell hatten sammeln können, und woher ihre Stärke kam. Es erklärte all die ungestellten Fragen. Eine unausgesprochene Allianz zwischen zwei Feinden, die nur Verderben zu bringen verhofften und sich genau deshalb vereint hatten.

Und doch hatten sie nur zweifelhaften Erfolg. Der Niedergang des ägyptischen Reiches stand nicht zwingend bevor, sie hatten noch Hoffnung. In der kurzen Zeit hatten sie die Feinde deutlich zurückgedrängt. Vielleicht lag es nur daran, dass die Anführer nicht bei der Sache waren, doch die Disziplin der ägyptischen Truppen war wesentlich besser als die der Libyschen. Wer auch immer das erwartet hätte...

Shadas Körper war inzwischen durch und durch von Nebel umgeben. Um ihn, an ihm, selbst in ihm und er konnte ihm nicht entkommen.

„Ewige Gefangenschaft...“, säuselte Cyrus vergnügt, „Ich habe es dir versprochen. Du wirst ewig leiden, wenn du die Abmachung brichst...“

Und dann war der Nebel überall und die Sicht verschwamm.
 

Sprachlos beobachtete die Weißhaarige das Geschehen. Seth, Shada, Cyrus. Bei Cyrus hatte für sie alles angefangen. Cyrus, der in der Wüste auf sie gewartet hatte, Cyrus und seine Schwester, die dafür gesorgt hatten, dass sie nicht mehr über ihre Taten hatte gebieten können. Der Nebel, der daran Schuld war, dass sie Mana angegriffen hatte – einst, vor scheinbar endlos langer Zeit.

Cyrus, der genau wusste, wie er sich um ihren Drachen zu kümmern hatte. Wenn Seth nur die Wahrheit gekannt hätte, bevor er sie aus seinem Herzen verbannt hatte... Vielleicht wäre dann alles anders geworden. Doch nun war Cyrus bei Seth. Und wieder war da der Nebel. Der Nebel, der ihr solche Angst machte. Er hielt ihn gefangen, sie konnte es spüren. Er hatte mit Shada gespielt, als wäre er nichts als ein lästiges Spielzeug, das nun nicht mehr gebraucht wurde. Vermutlich kam diese Bezeichnung der Wahrheit schon sehr nahe. Doch nun stand Seth diesem Mann gegenüber... Allein. Welche Garantie gab es, dass er ihn besiegen konnte? Dass er ihm gewachsen war?

Das Herz schlug Kisara bis zum Hals. Sie hatte Angst. Cyrus war mächtig und Seth war allein.

Sie versuchte noch einmal den Drachen zu rufen, doch sie schaffte es nicht. Der Nebel war zu stark, sie kam nicht dagegen an. Nicht einmal der Drache konnte ihm noch helfen...

Verzweifelt versuchte die junge Frau, sich zu Seth durchzukämpfen, doch sie musste immer wieder ausweichen, wurde dabei immer weiter von ihm weggedrängt. Was sollte sie nur tun?

Sie musste ihm doch helfen...
 

„VERDAMMT!“, fluchte Shada, als der Nebel von ihm Besitz ergriff. Die Schmerzen, die ihn nun durchzogen, konnte er nicht beschreiben. Die Schwerter fielen zu Boden, er konnte sie nicht mehr halten. Und dann wurde es dunkel. Ein Schatten vor seinen Augen, der die Lider ihm verschloss. Er musste es zugeben: Er hatte ihn unterschätzt.

„Karim...“, flüsterte er noch, und dann war er in der Ewigkeit des Nichts verschwunden, umgeben von Nebel, der das Schlachtfeld in weite Ferne rückte und seine Gedanken auf die endlose Reise in die Verbannung der Schatten schickte.



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