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Mythna

Das Erwachen einer neuen Zeit
von

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Verhör

21. Kapitel:
 

Dragos
 

Verhör
 

Dragos ließ sich tiefer in seinen harten Thron sinken. Schweißperlen rannen von seiner Stirn und fielen auf den schwarzen Stoff des Umhanges. Der Fluch, den er auf den Raizon gelegt hatte, verbrauchte mehr Energie als erwartet. Sein Atem ging stoßweise und es fühlte sich so an, als würde das Blut aus seinen Blutbahnen schwinden. Sein sonst schon blasser Teint war nun kreidebleich.

Die Anstrengungen der letzten Tage waren ihm deutlich anzusehen. Seine Augen waren eingefallen und trübe. Rot unterlaufen waren sie und die Haut spannte sich wie ein Netz um seine Knochen.

Der Herr der Dunkelheit hatte in letzter Zeit viele Zauber wirken müssen um sein Machtgebiet zu vergrößern. Nun stand schon der gesamte Osten der menschlichen Dimension unter seiner Kontrolle. Ein zufriedenes Lächeln huschte über seine blutleeren Lippen, was ihnen einen Eindruck von einem Vampir verlieh. Endlich war es soweit. Den Plan, den er schon seit vielen langen, mühevollen Jahren vorbereitet hatte, nahm nun langsam Formen an. Bald schon würde er in Erfüllung gehen und dann war er der Herr über Mythna. Sowohl über die göttliche, als auch über die menschliche Ebene. Es war eine geniale Idee gewesen diese zwischen Dimensionen liegende Ebene als Versteck zu wählen. Niemand würde ihn hier finden, weder Canzor, dieser elendige Elementwurm, noch diese Frau von Mutter, aber die war ja sowieso tot.

Der Blick von Dragos wanderte nach oben wo eigentlich die Decke sein sollte, doch diese war viel zu hoch als dass das spärliche Licht der Fackeln sie erreichen würde. Der gesamte Thronsaal lag im Dämmerlicht. Die Erinnerungen von dem dunklen Herrscher drifteten zu dem Kampf gegen seine Mutter ab.

~
 

Die Shurana waren gerade geflüchtet und Dragos schäumte vor Wut, dass er die beiden heiligen Wächter hatte entkommen lassen. Zerberus knurrte unter seinen Füßen und die Krallen fahren über den Boden. Ein knarrendes Geräusch hallte durch den endlos erscheinenden Raum wider. Flammen stoben in einem orangenen Meer aus dem Maul von dem Höllenhund und züngelten an dem schlanken Körper von Narunia vorbei. Die schwarzhaarige Frau stand völlig gelassen da. Die sahen ihm voller beherrschter Wut an. Der Mund war nur noch ein Strich und die Lippen waren aufeinander gepresst.

„Dein Plan wird niemals gelingen, Dragos. Das lasse ich nicht zu!“, sprach sie kühl und sah ihm mit einem durchdringenden Blick an. Der Sohn der Schicksalsgöttin brodelte vor Wut. Seine kräftigen Finger ballten sich zur Faust und seine Hand wurde blass. Seine Fingernägel schnitten in die Handfläche. Wie konnte seine Mutter es wagen sich ihm in den Weg zu stellen? Shinsara, das heilige Schwert, klapperte zornig an seiner Hüfte.

Zerberus brüllte wütend, dass die Gläser in den Schränken klapperten. Wütend stapften die Vorderpranken auf dem Boden, dass die Erde bebte.

Noch immer blieb die Göttin ruhig und wartete seine Reaktion ab. Ihre gesamte Haltung war angespannt und zur Parade bereit. Ihr weißes Schwert Kasum, von den Finsteralben geschmiedet, war auf ihren Wink an ihrer Seite erschienen. Der Knauf war in Form eines Drachen und lag in einer weißen Scheide, die von einem umschlungen Strich in der Mitte geteilt wurde und unten schmiegten sich goldene Weinreben mit Blättern an das weiße Metall.

Dragos kannte das Schwert nur zu gut. Früher hatte er den Schwertkampf mit Kasum geprobt. Es war ein eigensinniges Schwert. Ein Einhänder, der zu lang war um ihn mit einem Schild zu benutzen, mit einer drei daumenbreiten Klinge, doch nun ruhte es in seiner Scheide und wartete auf seinen Einsatz. Anscheinend war Narunia nicht bereit den ersten Angriff zu starten. Erbost schnaubte Dragos und stieß den Knauf seines Schwertes auf Zerberus Kopf. Dieser schüttelte den Kopf und ließ ein drohendes Knurren hören.

„Kasaro ishte sanas armeth!“, sagte Narunia mit ruhiger Stimme und beschwor einen Luftstrom herauf, der sich zu einer schnell fließenden Kugel formte. Dragos lachte heiser auf. Hatte seine Mutter noch nichts Neues gelernt? Er rollte mit den Augen und nahm sein Schwert wieder richtig in die Hand. Die Kugel hatten nun einen Durchmesser von gut 30 cm erreicht und es sirrte wie ein Schwarm wilder Insekten, als der schnelle Luftstrom die normale Luft zerschnitt.

Narunias Haare wehten nach hinten und sie falteten ihre Hände hinter der Luftkugel, murmelte einige schnelle Worte und nahm den Arm zum Schwung nach hinten und stieß gegen die Kugel. Im schnellen Tempo rotierte sie durch die Luft und sirrte.

Zerberus reckte zwei seiner drei Köpfe nach oben und zog die Luft in seine Lungen, der dritte Kopf schnellte nach vorne und biss nach der Luftkugel. Diese traf seine Schnauze und wirbelte das winselnde Tier gegen die Wand.

Dragos war bereits runter gesprungen und strich sich das lange Haar aus dem Gesicht. Er zog sein Schwert aus der Scheide. Der Schaft blitzte hell auf und blendete seine Mutter. Mit einem Schlachtschrei nutzte der Herr der Dunkelheit die Finsternis aus und stürzte sich auf die Schicksalsgöttin. Zerberus hatte sich mittlerweile wieder aufgerappelt und schüttelte benommen den Kopf. Mit einem Jaulen sprang er seinem Meister hinterher. Trotz der kurzeitigen Blindheit konnte Narunia ausweichen, stieß dabei aber gegen eine Wand. Panisch tastete sie nach einem Ausweg, fand aber keinen. Dragos grinste hämisch. Endlich hatte er sie in der Falle und konnte einen der größten Störfaktoren seines Plans eliminieren. Unheil verkündend gleißte die blutrote Klinge auf und schien das Ende zu bedeutet. Die Todesangst war deutlich in den gelben Augen der Göttin zu sehen. Ihr Körper bebte und zitterte und man sah die Augen huschen, als ob sie versuchten zu flüchten.

„Endlich habe ich dich, liebe Mutter!“, grinste er und erhob sein Schwert. Narunia versuchte sich zu fassen, doch ihr Körper war zu berauscht von den vielen Hormonen, die ihr Körper gerade ausschüttete.

„Dragos...“, flüsterte sie mit schwacher Stimme.

„Ruhe in Ehren!“ Mit diesen Worten holte er aus und die rote Klinge sauste herab.
 

~
 

Der Herr der finsteren Armee wurde unsanft durch ein lautes Klopfen geweckt. Er blinzelte kurz und saß dann wieder wie eine Statue in den Thron. Seine ganze Haltung strahlte Stolz und Würde aus. Wie es von dem Führer einer Armee erwartet wurde. Es klopfte erneut, diesmal etwas fordernder. Die Wache vor dem Tor, das bis zur Decke reichte, sah seinen Herren fragend an. Er war sich nicht sicher, ob er öffnen sollte. Mit einem Handwink bedeutete Dragos der Wache nachzusehen, wer vor der Tür stand. Dieser salutierte sofort und ging hinaus. Der Feldherr seufzte und sank in den Thron hinab. Er war einfach nur müde und bräuchte dringend Schlaf, doch in der heißen Phase seines Planes war daran nicht zu denken.

Keine Minute später trat die Wache wieder ein, schritt mit großen Schritten durch die lange eile und verbeugte sich vor Dragos. Dieser winkte ihn heran und sah ihn mit seinem leuchtenden roten Augen an. Der Wächter richtete sich auf und trat zu seinem Diener heran.

„Herr...Axel hat die Gefangene hergebracht.“, flüsterte der Mann mittleren Alters Dragos zu. Dieser nickte und hieß ihm den Anführer seiner besten Kämpfer hereinzulassen. Die Wache verneigte sich und eilte zurück zum Tor um dieses mit einem lauten Knarren zu öffnen. Geschmeidig schwang das Tor auf.

Noch bevor der Anführer der Gerade eintrat war Geschrei und Gefluche zu hören. Dragos richtete sich interessiert auf und war gespannt, was nun passieren würde. Axel trat ein und durchquerte mit schnellen Schritten die Halle. Unter seinem rechten Arm war der schwere Helm mit dem Sichtfenster geklemmt, auf dessen Kopf zwei Phönixfedern thronten. Die linke Hand hatte sich in einen Büschel blonden Haares gekrallt. Mit grimmigen Gesicht schleifte der Shinsara die junge Wasserelfe durch den Raum, welche zappelte und schimpfte und dabei versuchte such aus dem eisernen Griff zu befreien. Ein amüsiertes Lächeln stahl sich nun auf das Gesicht des Herrschers. Auf den rothaarigen Jungen war wirklich Verlass.

„Lass mich los, du Verräter! Mistkerl!“, fluchte Karana und wand sich weiterhin. Axel verdrehte die Augen und warf sie auf die Treppe zu Füßen Dragos. „Aah!“ Die Elfe kniff die Augen zusammen und krümmte sich schmerzerfüllt. Der Sohn der Schicksalsgöttin stützte seinen Kopf auf die Hand und musterte die Elfe eingehend. Das vorher sicherlich seidige Haar war nun verfilzt und von Blut und Dreck verklebt. Rote Striemen brannten unter dem zerrissen Wams hervor. Offensichtlich war sein Folterknecht nicht gerade zimperlich zu ihr gewesen und dennoch hatte sie geschwiegen. Ihr ganzer Körper war von schleimigen, gelben Eiterwunden überzogen. Ihre Haut war verdreckt und verkrustet. Die Finger waren blutig vom kratzen an den Wänden. Ihr Körper zittert und ihre Augen wirkten dumpf, als hätte sie Fieber. Wahrscheinlich kam das von den Entzündungen ihrer Wunden.

„Herr, ich bringe Ihnen die Wasserelfe Karana, wie sie mir befohlen hatten!“, sagte Axel und verneigte sich vor seinen Meister. Dieser nickte und der Junge zog sich einige Schritte zurück. Er wusste genau, wie er sich Dragos gegenüber verhalten musste.

Ein böses und dennoch verzücktes Lächeln legte sich nun auf die Lippen des Halbgottes und er richtete sich auf. Sein langer schwarzer Umhang bauschte sich kurz auf und fiel dann bis zu seinen Füßen herab. Seine Rüstung schimmerte matt im Kerzenlicht des Kronleuchters. Die Dunkelheit in diesem Raum ließen Dragos Augen noch unheilvoller als sonst wirken. Im gesättigten Schwarz wirkten sie wie hungriges Magma, welches nur darauf wartete auszubrechen um Zerstörung zu verbreiten.

„So, so. Du bist also die letzte Überlebende der Wasserelfen?“, höhnte Dragos, während er sie musternd, und mit auf den Rücken verschränkten Armen, umkreiste. Als er an Axel vorbeiging, machte dieser automatisch Platz um seinen Herrn vorbei zu lassen.

Die Elfe zitterte und versuchte sich aufzurichten, blieb aber dennoch stumm. Sie wandte ihren Kopf und sah flehend zu seinem Schützling hinüber. Dragos grinste. Ja, sollte sie doch auf seine Hilfe hoffen, er würde es eh nicht tun. Der Junge stand voll und ganz unter seinen Einfluss. Auch wenn es damals nicht geplant war, so war es doch eine durchaus positive Entwicklung für seinen Plan. Kurz sah er zu dem Rothaarigen, dessen Haltung sofort angespannt und gerade wurde. Ja, der Shunrana war voll und ganz in seiner Hand und er konnte ihn nach Belieben einsetzen. Nun wandte er sich wieder von dem Anführer seiner Schattengerade ab und trat probehalber gegen die Rippe der Elfe um festzustellen, ob sie nicht vielleicht tot war. Immerhin hatte sie ihm immer noch nicht geantwortet. Sofort schrie diese auf und drehte sich auf die Seite um den Schuhen zu entkommen, die an der Spitze mit eisen verstärkt waren. Sie kauerte sich zusammen und keuchte schnell.

„Antworte mir!“, sagte Dragos wütend und starrte finster zu ihr hinunter. Karana zitterte und sah zu ihm hoch, schwieg aber weiterhin, obwohl ihre blauen Augen deutlich zeigten, dass sie panische Angst hatte. Das machte den Herrn der Finsternis allmählich sauer. Was fiel dieser verdammten Elfe ein sich ihm zu widersetzen? Hatte sie überhaupt eine Ahnung mit wem sie es hier zu tun hatte? War ihr klar in was für eine Situation sie sich befand? Ein Wink von ihm und sie würde einen langsamen, grausamen Tod erdulden. Oder war ihr bewusst, dass er das nicht tun konnte, da sie eine Information hatte, die sie so dringen brauchte? Das wäre aber eine verdammt missliche Lage für ihn. Denn dann hatte sie ihm quasi in der Hand...und das machte ihn richtig sauer. Er spürte schon wie die Lava in ihm zu brodeln begann. Vor lauter Wut packte er Karana in ihr Haar und riss sie hoch.

„AAAAAH!“, schrie sie und kniff die Augen zusammen.

„Hör mal zu, du Miststück! Du redest jetzt sofort mit mir oder du wirst es bitter bereuen.“, knurrte Dragos wütend und zog sie soweit hoch, dass sie mit ihm auf Augenhöhe war und nicht mehr den Boden berührte. Die zappelte und versuchte zu entkommen, womit sie sich nur noch mehr Schmerzen zufügte. Mit der Wut von Dragos vermischte sich auch noch Genervtheit. Diese Elfe trampelte wie ein Riese auf seinen Nerven herum und in diesem Gefühlsgemisch ist Dragos bloß eine tickende Bombe, der man lieber aus dem Weg ging. „ANTWORTE!“, schrie der Herrscher und alle im Saal zuckten merklich zusammen. Nun öffnete sie endlich ihre Augen und sah ihn ernst und unerschrocken an.

„Du kannst mir keine Angst machen...Dragos...egal wie sehr du mir drohst...ich werde dir nichts verraten...“, keuchte die Bewohnerin des Meeres und hatte ein überlegenes Grinsen im Gesicht. Nun wurde Dragos fuchsteufelswild und warf sie weg. Der Körper flog durch die Luft. Mit einem dumpfen Knall fiel er auf den Boden und es schien fast als könnte man das Splittern ihres Armknochens hören, der beim Aufprall brach. „Uuuuh...hnnng...“, wimmerte die Elfe vor Schmerzen, aber versuchte dennoch sich aufzurappeln.

„Es wäre doch schade um dich. Wenn du das tust was ich von dir verlange, dann geht es dir besser. Du würdest ein Zimmer bekommen mit einem schönen warmen Bett. Danach sehnst du dich doch, oder?“, Dragos hatte nun einen zuckersüßen, ruhigen Klang in seiner Stimme. Einen viel zu ruhigen und jeder wusste, dass er ihr nur Honig ums Maul zu schmieren versuchte.

In der Zwischenzeit hatte es Karana geschafft sich auf die Knie zu rappeln. Ihr Arm stand in unnatürlichen Winkel ab. Er war eindeutig mehrfach gebrochen. Das war aber auch kein Wunder bei der unnatürlichen Kraft, die Dragos als Halbgott besaß. Schweiß rann von der Stirn der Elfe und tropfte zu Boden und ihre Hand krallte sich in den gebrochen.

„Für...“, setzte sie an und keuchte. Kurz sammelte sie ihre Kräfte und ihre Stimme, die kurzzeitig versagt hatte. „Für...“, setzte sie neu an und diesmal war die Stimme nicht mehr so zittrig und gefasster als zuvor. „Wie blöd hältst du mich eigentlich? Ich werde dir keine Informationen geben. Es ist mir egal was du mit mir machst.“

„So, egal ist es dir?“ Es war nicht zu überhören, dass Dragos wütend war. Die gespielte Freundlichkeit war verschwunden und blanker Zorn entstellte sein Gesicht. Seine Lippen bebten vor Wut und seine Finger krallten sich in seine Handinnenfläche, dass einige Bluttropfen langsam an seinem Handgelenk herunter glitten. „Du würdest auch deinen Tod in Kauf nehmen?“ und da geschah etwas, womit Dragos nie gerechnet hätte. Die Elfe begann schallend zu lachen. Ja, sie kringelte sich regelrecht vor Lachen. Kurz sah er sie verwirrt an, dann nahm die Wut in ihm wieder überhand. Er stürzte auf sie zu und packte sie an der Gurgel. Karana röchelte und spuckte Blut, so fest wurde sie gewürgt. Mit all seiner Kraft riss Dragos sie in die Höhe und starrte ihr wutentbrannt in die Augen. „Was gibt es da zu lachen?“, ein wütendes Zittern lag in der dunklen Stimme von ihm und er sah aus den Augenwinkel wie Axel kaum merklich schluckte. Jedes einzelne Wort kam einer Morddrohung gleich. Seine Gefangene brachte ihm gar keinen Respekt entgegen, geschweige denn Furcht. Anstatt sich ihm zu beugen wie jeder anderer sonst, widersprach sie ihm.

„Ich lache...weil gerade der Tod mir keine Angst macht. Schließlich bin ich es bereits.“, lachte die Elfe immer noch, obwohl es nun eher nur noch ein ersticktes Röcheln war, dennoch verfehlten sie ihre Wirkung nicht. In den Thronsaal der Höllenfestung war Totenstille. Wirklich keiner im Raum verursachte nur das kleinste Geräusch. Einige, endlos erscheinende Augenblicke war das einzige Geräusch das Knistern der Kerzen. Alle standen wie erstarrte Salzsäulen da und starrten Karana an.

Auch Dragos war geschockt. Das konnte nicht sein. Davon hatte er noch nie etwas gehört! Das war einfach nicht wirklich! Wie konnte diese Elfe tot sein? Schließlich hielt er sie gerade mit seinem kräftigen Händen umklammert und drückte ihre Kehle. Auch ihre Augen waren nun wach und klar und voller Übermut. Wie konnten diese lebendigen Augen die einer Toten sein? Das war unmöglich. Sie log! Das war die einzige plausible Erklärung. Ein Bluff um ihn aus der Fassung zu bringen. Es musste so sein! Es geht gar nicht Anders! Es war ein Trick. Ein Versuch sich aus der Sache zu befreien. Vielleicht wollte sie Dragos damit sogar Angst machen. Möglich war alles. Diese Elfen sind schon immer unberechenbar gewesen und waren es noch immer. Ihre Hinterlist war groß und es war durchaus möglich, dass sie sich all das zurechtgelegt hatte.

Endlich fand er seine Fassung wieder und drückte noch fester zu. „Wag es ja nicht mich anzulügen!“, fauchte Dragos und starrte sie aus halb zusammengekniffen Augen an.

„Aber gewiss nicht HERR!“, sagte sie liebenswürdig, ironisch. „Das ist mein voller Ernst. Der Tod kann mich nicht schocken, denn er hat mich bereits vor einiger Zeit geholt. Egal was du auch tust, Dragos, du hast keine Macht über mich. Deine Drohungen bringen nichts bei mir. Ich bin dir überlegen!“, das war eine unkluge Äußerung von ihr gewesen, denn sie ließ Dragos explodieren. Ehe man sich versah flog Karana einmal quer durch die Halle und schlug gegen die Wand, an der sie leblos zusammensackte. Rotes schimmerndes Blut tropfte aus ihrem Hinterkopf und rann wie Tränen an ihren Wangen hinab. Dragos keuchte vor Wut und seine Brust hob und senkte sich schnell.

Es dauerte einige Zeit, bis der Herrscher sich einigermaßen gefangen hatte und wieder seine würdevolle Haltung annahm. Diese verdammte Elfe hatte ihn völlig aus der Fassung gebracht. Er war zwar schön öfters vor seinen Diener ausgerastet, doch noch nie war er so gedemütigt worden. Das war unglaublich! Wie hatte sie es sich erlauben können ihn so mit ihm umzuspringen? War das zu fassen? Das hatte noch Niemand gewagt. Dafür würde sie büßen. Es war ihm egal wie sehr, aber Dragos war fest entschlossen sie dafür leiden zu lassen. Er ging zum Tisch und riss die Decke herunter. Die Gläser klirrten als sie auf dem harten Boden zersprangen. Glitzernde Splitter flogen in alle Richtungen und Axel hob schützend die Arme vor sein Gesicht, damit die Scherben sein Gesicht nicht verletzten. Dieser Akt der Wut half Dragos nun um endgültig herunterzukommen.

„Axel!“

„Jawohl?!“, der Junge salutierte. Er wusste anscheinend, dass er jetzt absolut gehorsam sein musste um nicht eine Strafe auf sich zu ziehen.

„Bring sie zurück in ihre Zelle und sorg dafür, dass sie öfters Besuch am Tag kriegt.“, sagte Dragos bestimmt. Axel sah ihn für einen kurzen Moment verwundert an, doch dann nahm er seinen Mut zusammen und sagte: „Ähm...Herr...dürfte ich etwas dazu sagen?“

Der Fürst der Finsternis hatte sich bereits wieder auf seinen Thron gesetzt und musterte Axel nun eingehend. Sollte er ihm das Wort erteilen? Was würde er denn dazu sagen wollen? Dass er ihm widersprechen würde war gänzlich ausgeschlossen. Kurz überlegte Dragos, doch dann winkte er mit der Hand und sagte: „Nur zu. Was hast du zu sagen?“

„Ich...Mich verwundert Ihre Anordnung, Herr.“

„Sie verwundert dich? Wieso das denn?“, man merkte schnell, dass Dragos nun interessierter, aber auch vorsichtiger wurde. Seine Körperhaltung spannte sich an und er lehnte sich vor. Wirkte seine Kontrolle über den Shinsara der Drachenkämpfer, einer alten Rasse der Axel angehörte und nichts von wusste, nicht mehr richtig? Axel verneigte sich rasch, antworte aber nicht. Wahrscheinlich weil Dragos keine direkte Anweisung dafür gegeben hatte. „Sprich weiter!“ Der kontrollierte Shinsara richtete sich auf und sah seinen Herren ernst an.

„Diese Elfe hat doch Informationen, die sie dringen benötigen, nicht wahr, Herr?!“

„Durchaus. Nur verstehe ich nicht worauf du hinaus willst, Axel.“

„Wenn sie nun öfters ‚Besuch’ bekommt, dann könnte es schwere Schäden an ihrer Seele zur Folge haben und dann kann sie uns die dringend benötigte Information nicht geben, oder? Wäre es also nicht taktisch unklug ihr noch weitere Qualen zuzufügen.“

„Dein Einwand ist durchaus berechtigt, aber du hast ja gesehen wie sie sich vorhin verhalten hat. Ihre Seele ist zäh, es wird ihr nicht schaden. Es wird sie nur gefügiger machen. Also halte dich einfach daran.“, Dragos Stimme war erneut gefährlich ruhig und sanft. Axel nickte und verneigte sich hastig.

„Jawohl, Herr...wie Ihr wünscht.“ Der Shinsara drehte sich um und als er wusste, dass Dragos ihn nicht sehen konnte, runzelte er missmutig die Stirn. Die Metallteile seiner Rüstung klapperten, als er durch die Halle ging. Vor Karana blieb er kurz stehen und betrachtete sie. Sie wirkte nun völlig ruhig und entspannt. Nur der gebrochene Arm erinnerte an die gefährliche Situation von gerade. Sie war für alle gefährlich gewesen, selbst für Dragos treuesten Untergebenen. In rasender Wut war er unberechenbar. Wie ihm befohlen hob er die Elfe hoch, warf sie über seine Schulter und verließ die Halle. Auch wenn es in seinem gehorsamen Bewusstsein noch nicht zu bemerken war, so begann sich Widerstand in seiner Seele zu regen.



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