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Narben der Liebe

Tintenherz
von

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Licht und Dunkelheit

„Staubfinger?“

Roxanes Stimme war kaum mehr als ein ersticktes Wispern; sie klammerte sich an ihn, so gut ihr das mit gefesselten Händen möglich war.

„Staubfinger, ich lasse nicht zu, dass sie dir etwas antun! Ich lasse es nicht zu!“

Staubfinger hatte dafür nicht mehr als ein müdes Lächeln übrig.

Erneut überlief ein Schauder Roxanes Körper, doch leider hatte Basta Staubfinger die Hände auf den Rücken gefesselt, sodass er sie nicht in den Arm nehmen konnte.

„Das lasse ich nicht zu.“, wiederholte sie tonlos und drückte die Wange an sein Hemd.

Staubfinger warf einen Blick zu Cockerell und Flachnase hinüber, die damit beschäftigt waren, Asche auf dem Boden zu verstreuen und obskure Worte vor sich hinzumurmeln, was von Basta argwöhnisch beobachtet wurde.

„Dass ihr mir nichts falsch macht, kapiert?“, knurrte Capricorns Stellvertreter, „Er soll nur den Jungen fressen, nichts weiter!“

Roxane sah zu Staubfinger auf.

Er war kreidebleich, was wohl nicht nur an seinen Verletzungen lag, bemühte sich jedoch um einen zuversichtlichen Gesichtsausdruck, als sie ihn ansah.

Es gelang ihm nur beschränkt.

„Äußerst beruhigend.“, murmelte Staubfinger.

„Na also!“

Zufrieden begutachtete Cockerell, wie die Asche langsam aber sicher Gestalt annahm.

„Also gut, lasst uns von hier verschwinden, bevor er uns zum Nachtisch verspeist!“

Basta packte Roxanes Arm und riss sie von Staubfinger herunter.

„Bringt sie zu den Pferden, ich komme nach, aber vorher…“

Er warf Staubfinger einen unheilverkündenden Blick zu.

Roxane wurde kreidebleich, Cockerell packte sie jedoch und zerrte sie mit sich, in den Wald hinein, fort von der Lichtung.

Staubfinger fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Unterlippe.

„Willst du mich erst noch ein bisschen zusammenschlagen oder so?“

„So ungefähr.“

In Bastas Hand blitzte sein Messer auf; hinter ihm nahm der Schatten endgültig Gestalt an, rührte sich jedoch nicht.

Anscheinend wählte er gerade sein Opfer.

„He, Basta?“

„Hmh?“

Der Angesprochene fuhr wie üblich prüfend mit dem Daumen über die Klinge seines Messers.

„Kannst du eigentlich von da aus meine Handfesseln sehen?“

„Was?“ Ehrlich verwirrt sah Basta ihn an.

„Ich hab‘ sie aufgekriegt.“, fügte Staubfinger hinzu.

Mit einer Schnelligkeit, die er sich selbst nicht zugetraut hätte, war er auf den Beinen und hämmerte Basta mit aller Kraft die Faust an die Schläfe.

Mit einem leisen Stöhnen sank Basta auf die Knie; das Messer glitt ihm aus der Hand und verschwand im trockenen Gras, doch er erholte sich erstaunlich schnell – kaum dass Staubfinger zwei Schritte getan hatte, kam er wieder auf die Beine, packte ihn am Kragen und riss ihn zu Boden.

„Spielchen willst du? Das kannst du haben!“, zischte Basta, setzte Staubfinger ein Knie auf die Brust und drückte ihm mit der freien Hand die Kehle zu.

Staubfinger schnappte nach Luft; seine Hände tasteten blind umher und stießen gegen etwas hartes – Bastas Messer!

Seine Finger schlossen sich um den Griff, doch bevor er sich zur Wehr setzen konnte, ließ ein Grollen sie beide erstarren.

Von Basta vernahm Staubfinger ein leises, aber aus tiefster Seele stammendes „Scheiße“.

Ausnahmsweise stimmte er mit ihm voll und ganz überein.

Rasch nutzte er Bastas Ablenkung, schleuderte ihn von sich herunter und rannte um sein Leben.

Erst am Rand der Lichtung blieb er stehen und drehte sich um.

Basta stand immer noch dort, umklammerte sein Messer, und starrte den Schatten an, wie das Kaninchen vor der sprichwörtlichen Schlange.

Staubfinger verdrehte die Augen.

Er mochte als Spielmann aufgewachsen sein, unter Bedingungen, die wohl nicht immer optimal gewesen waren, und die ihn vieles gekostet hatten, aber eins war er nicht – jemand, der einen anderen Menschen kaltblütig dem Tod überließ.

Selbst, wenn es sich um Basta handelte.

Später würde er sich oft fragen – und nicht selten verfluchen – , was ihn zu dieser Wahnsinnstat getrieben hatte.

Im Augenblick allerdings dachte er überhaupt nicht nach, sondern griff kurzerhand nach einem der Feuersteine, die Cockerell und die anderen zurückgelassen hatten.

Wenigen Handbewegungen nur, und schon sprühten Funken auf das trockene Gras hinunter, das im Nu Feuer fing, ein paar Worte nur, und die Flammen loderten hell auf.

Womit ließ sich ein Schattenwesen besser bezwingen als mit Feuer und Licht?

„Basta!“

Mit wenigen raschen Schritten stand Staubfinger neben ihm, packte den Arm seines Erzfeindes und riss ihn zu Boden, während der Schatten wütend nach ihnen schlug, sie jedoch verfehlte.

„Beweg dich, Mann!“

Basta starrte ihn an wie eine Erscheinung, doch wenigstens gehorchte er, ließ sich von Staubfinger mitzerren, auf die Flammenwand hinter ihnen zu, die dank der warmen Sommerluft und des trockenen Grases bereits meterhoch loderte.

„W-Was hast du vor?!“

Bastas Stimme klang wie die eines kleinen Mädchens, an dessen Arm ein Grashüpfer emporkrabbelte.

„Bist du verrückt?! Du hast uns den Rückweg ver-“

„Mund halten!“

Staubfinger verengte die Augen leicht.

Hinter ihnen knurrte und fauchte der Schatten, doch offenbar hatte Staubfinger recht gehabt – das Licht schreckte ihn ab, er konnte sie nicht wirklich sehen.

„Los, spring da durch.“

„Hast du den Verstand verloren?!“

„Das Feuer tut uns nichts, ich mache mir wesentlich mehr Sorgen um den Schatten!“, fauchte Staubfinger, „Und jetzt spring oder bleib hier, verdammt!“

Noch immer starrte Basta wie versteinert auf die wirbelnden Flammen, während die Hitze Staubfinger fast den Atem nahm – und nicht nur die Hitze.

Staubfinger stöhnte leise.

Kurzerhand packte er Bastas Schulter und stieß ihn nach vorn, durch die Flammen hindurch, auf die andere Seite der Flammenwand, wo sie beide auf dem Boden landeten.

Hastig packte Staubfinger Basta am Kragen und schlug mit der freien Hand auf die Flammen ein, die an seinem Hemd leckten, dann wandte er sich den Flammen zu, hinter denen der Schatten verschwunden war.

Ein paar rasche Worte, und die sengende Hitze verschwand.

Übrig blieb nichts als Asche.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kilia91
2009-06-12T19:07:24+00:00 12.06.2009 21:07
*verwirrt guckt*
Noch kein einziger Kommentar?
Das ist ja echt schade.
Egal, dann mache ich mal den Anfang, hoffentlich kommen noch viele mehr.
Also, mir gefällt die Geschichte wirklich großartig. Ich habe beim Lesen wirklich das Gefühl die Orginalbücher von Cornelia Funke zu lesen. Diu schreibst das so schön... mir fehlen gerade Worte dafür.
Ich finde die Geschichte echt toll und würde mich freuen bald weiterlesen zu können^^


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