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Genpuku - Tag der Erwachsenen

Eine FF zu dem WB "Was geschah davor"
von

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Menschlich

Glossar:

Haha = Mutter

Getas = Holzsandalen
 

Gerade biegt Inu Yasha um die letzte Häuserecke und schon sieht er sein Zuhause vor sich. Ein wenige verwundert legt er die Stirn in Falten. Warum brennen die Lampen nicht? Unsicher tritt er näher. Ist seine Mutter vielleicht nicht da? Etwas beunruhigt schiebt er die Haustür auf. Auch hier drinnen sieht er kein Licht.

„Haha, bist du zu hause? Ich bin zurück!“, doch er erhält keine Antwort. Unbeholfen tapst er über den dunklen Flur. Dabei muss er aufpassen, dass er sich nirgends den Fuß stößt. Als Mensch sind seine Sinne wirklich sehr eingeschränkt. Schließlich hat er die Tür zur Küche erreicht und öffnet sie. Auch hier ist niemand. Nicht mal von draußen dringt ein wenig Licht hinein. Wie auch, der Mond ist heute ja nicht zu sehen.

Behutsam kratzt Inu Yasha ein wenig in der Feuerstelle und tatsächlich findet er noch etwas Glut unter der Asche. Rasch nimmt er einige Laternen von der Wand und zündet sie an. Der Raum wird nun zumindest ein bisschen erleuchtet. Aber dann fällt sein Blick neben die Feuerstelle und er erstarrt. Dort liegt noch immer das Gemüse und der Reissack, ebenso wie er ihn vorhin dort abgestellt hat.

Unwillkürlich wird ihm heiß und kalt. Seine Mutter hat nicht gekocht. Sie hat noch nicht einmal die Lebensmittel weggeräumt. Warum denn das? Und wo mag sie nur sein? Eine namenlose Furcht beschleicht ihn und seine Hände beginnen leicht zu zittern. „Haha?“, ruft er erneut, doch die Stimme hat kaum Kraft.

Mit klopfendem Herzen ergreift er nun eine der Laternen und einer dunklen Ahnung folgend, schiebt er die Tür zum Garten auf und tritt hinaus. Mit zitternden Fingern hebt er die Lampe höher und bemüht sich in der pechschwarzen Finsternis, etwas zu erkennen. Das Licht reicht kaum bis hinab zum Flussufer, doch das genügt bereits. Dort unten im Sand des Flussbettes liegt jemand.

Inu Yasha läuft es eisig den Rücken herunter und im ersten Moment ist er wie erstarrt. Doch dann springt er vorwärts und so schnell er kann, läuft er hinab zu der reglosen Gestalt die dort am Boden liegt.

Hastig kniet er neben der Frau nieder und mit einem verzweifelten Ruck, dreht er ihr Gesicht aus dem Wasser heraus. Das totenbleiche Gesicht seiner Mutter starrt ihn aus leblosen Augen an und der Junge vergisst für einen Augenblick zu atmen. Sein Gesicht bekommt nun eine Farbe, die der der Frau um nichts nachsteht und ein schreckliches Zittern bemächtigt sich seines Körpers, während er sie aus weit geöffneten Augen anstarrt.

„Mami...?“, das Wort ist nur noch ein zaghaftes Hauchen und in diesem Moment scheint es die vergangenen Zehn Jahre nicht gegeben zu haben. Völlig verstört blickt der junge Hanyou auf den toten Körper der Frau, die er einmal Mutter genannt hat. Wie in Trance schaut er sie an und ein eigenartiges Rauschen schwillt in seinen Ohren an. Fast hat er das Gefühl, die Besinnung zu verlieren.

Verzweifelt und hilflos stubst er die Leiche an. „Mami, was...?“ Nein, er kann es nicht glauben, er will es nicht wahrhaben! Das kann unmöglich sein! Sie kann einfach nicht tot sein! Sie darf nicht! Vor Fassungslosigkeit schlotternd legt er die Hand auf ihr Gesicht, es ist nass und eiskalt. Und ein unendlich tiefer Abgrund scheint sich unter seinen Füßen aufzutun. Er senkt den Kopf, presst die Augen zusammen und ein gequälter Verzweiflungsschrei quetscht sich aus seiner Kehle.

„Bei allen Göttern! Er hat sie umgebracht!“, der ängstliche Ruf reißt ihn unvermittelt aus seinen Gedanken. Verwirrt blickt er in die Richtung aus der er gekommen ist. Dort neben dem Haus stehen mehrere Jungen in ihren Zeremoniengewändern, mit Fackeln in den Händen und starren ihn entsetzt an.

Er kennt sie alle. Doch im Augenblick weiß er einfach nicht wie er reagieren soll. Es ist schon schwer genug, überhaupt die Situation zu erfassen. Seine Mutter ist tot. Tot! Und sie halten ihn für den Täter? Wenn er Herr seiner Sinne wäre, dann würde er behaupten, es wäre absurd. Doch das ist er nicht. Er steht noch viel zu sehr unter Schock, um einen vernünftigen Gedanken fassen zu können.

Die Jungen haben da weitaus weniger Probleme. Langsam und vorsichtig kommen sie näher, die Fackeln erhoben, doch Inu Yasha blickt ihnen nur mit ausdrucksloser Miene entgegen. Hisao ist der erste der sich auf gut zwei Schritt an ihn heranwagt. Flüchtig fällt sein Blick auf die Leiche.

„Sie hat überall Bisswunden!“, ruft er den anderen zu, die zucken erschrocken zusammen. Ein wenig irritiert blickt der hochgewachsene Junge auf den Schwarzhaarigen hinunter, doch dann verfinstert sich sein Gesicht und er zischt: „Was hast du Monster mit ihr gemacht? Brauchst dich gar nicht verstellen. Wir erkennen dich auch in dieser Gestalt, Dämon!“

Noch immer dringt das Geschehen nicht zu Inu Yasha durch. Er sitzt nur da mit weit aufgerissenen Augen und bringt keinen Laut heraus. Die Worte haben keine Bedeutung für ihn.

Aufgebracht kommt Hisao einen Schritt näher und streckt bedrohlich die Fackel nach ihm aus.„Seine eigene Mutter töten, was bist du nur für ein Tier!“, mit diesen Worten verpasst er dem Hanyou einen heftigen Tritt in die Rippen. Inu Yasha stöhnt auf. Der Tritt hat ihn aus seiner Starre gerissen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hält er sich die Seite und springt rasch auf die Füße. Gehetzt sieht er sich um. Er will nur noch weg von hier. Doch Hisao ist das nicht entgangen. „Passt bloß auf! Er will abhauen!“

Als wäre das das Stichwort gewesen, dreht sich Inu Yasha mit panischem Blick um und völlig kopflos springt er in den Fluss hinter sich. Hinter seinem Rücken hört er: „Lasst ihn nicht entwischen! Akira, sag Noburo Bescheid! Die anderen folgen ihm! Das Schwein wird büßen für das was es getan hat.“

So schnell es ihm irgend möglich ist, kämpft sich Inu Yasha schwimmend und watend durch den brusttiefen Fluss, wohl wissend, dass die anderen die Verfolgung aufgenommen haben. Schließlich erreicht er keuchend das andere Ufer. Das Adrenalin peitscht durch seine Adern und mit triefend nasser Kleidung setzt er sich in Bewegung und hastet in den Wald hinein, als ginge es um sein Leben. So wie es aussieht, tut es das womöglich auch. Er wagt kaum einen Gedanken daran verschwenden, was wohl passiert, wenn sie ihn erwischen.

Er läuft was seine Lungen hergeben, doch er ist längst nicht so schnell wie er es in seiner gewöhnlichen Gestalt wäre und die anderen haben bereits das andere Ufer erreicht und die Verfolgung aufgenommen. Die meisten von ihnen sind größer als er und vermutlich auch erheblich schneller. Zumindest erwecken die immer näher kommenden Rufe diesen Eindruck. Sehen kann er nichts, denn noch immer ist es stockfinstere Nacht und so sieht er nicht einmal wohin er läuft.

Der Boden unter seinen Füßen ist steinig und uneben. Als Hanyou stört ihn das nicht weiter, weshalb er dann gerne auf Schuhe verzichtet, doch in seiner menschlichen Form vermisst er die Fußbekleidung doch schmählich. Nicht zum ersten Mal tritt er auf irgendeinen spitzen Stein und das verlangsamt seinen Lauf noch zunehmend. Auch hier sind seine Verfolger mit ihren Getas klar im Vorteil.

Inzwischen ist er völlig außer Puste und sein Atem rasselt vor Luftmangel, aber er darf auf keinen Fall anhalten! Doch gerade als er das denkt, durchzuckt ein rasender Schmerz seinen rechten Fuß und mit einem Aufschrei stürzt er zu Boden. Irgendetwas schneidet ihm in die Wange und in die Handflächen mit denen er sich abzustützen versucht, und auf einmal dämmert ihm, wo er sich befindet. Er muss unbewusst den Weg zu seinem Bambushein eingeschlagen haben und hier liegen noch immer die scharfen Splitter von vorhin. Einer von ihnen hat sich äußerst schmerzhaft durch seinen Fuß gebohrt und in der Dunkelheit spürt er eine warme, glitschige Flüssigkeit die von seiner Fußsohle herabläuft und ihm die Hände verschmiert.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht krümmt der Junge sich auf dem Boden. Verdammt, tut das weh! In seiner Menschengestalt hat er sich nie zuvor so verletzt, und ihm war nie klar wie schmerzhaft das ist.

Doch nun haben die anderen ihn eingeholt und sogleich keuchend eingekreist. Es sind sieben kräftige, junge Männer und mit drei Fackeln beleuchten sie jetzt den gestürzten Flüchtling.

„Hier ist Schluss!“, schnauft Hisao außer Atem. Boshaft starren die Umstehenden Inu Yasha an. Ängstlich blickt dieser zu ihnen hoch. Was geschieht jetzt? In seiner Panik packt er den langen Splitter in seinem Fuß und zieht ihn mit einem Ruck heraus. Ein Schmerzensschrei entfährt ihm und die Umstehenden weichen unwillkürlich ein Stück zurück. Doch Hisao funkelt seine Kameraden entschlossen an: „Na los, steht nicht so rum! Packt ihn!“

Sofort will Inu Yasha aufspringen, doch kaum tritt er auf seinen verwundeten Fuß auf, knickt ihm das Bein wieder weg und er zieht scharf die Luft ein. Die Jungen scheinen das als Fauchen gedeutet zu haben und ebenfalls berauscht vom Adrenalin, stürzen sie sich nun auf Inu Yasha, zwei größere Jungen packen ihn an den Armen und halten ihn grimmig fest.

Nun kommt Hisao wieder auf den Hanyou zu. Angewidert betrachtet er ihn. „Der letzte Abschaum!“, spuckt er abfällig aus, „ Ein wildes Tier und ein Mörder!“

„Ich war das nicht!“, schreit Inu Yasha jetzt außer sich. Langsam hat er seine Sprache wiedergefunden.

Doch der hochgewachsene Junge packt nur seine blutverschmierte Hand und reißt sie hoch: „Und was ist das hier, du Ungeheuer? Hast sie wohl mit deinen eigenen Klauen aufgeschlitzt, was? Wolltest du ihr Blut trinken, damit du menschlicher aussiehst?“

Inu Yasha schwinden fast die Sinne bei diesen Worten. Das ist doch Wahnsinn! An so etwas nur zu denken, lässt ihn beinah brechen. Nie im Leben hätte er das fertig gebracht. Aber sein Vetter braucht wohl irgendeinen Schuldigen. Der elende Mistkerl!

Mit aller Kraft rammt er Hisao das Knie in die Leiste. Der junge Mann flucht auf und krümmt sich zusammen. Doch dann schließlich richtet er sich wieder auf und schaut Inu Yasha kalt an. „Du Bastard, dass hast du nicht umsonst getan!“ Mit Schwung rammt er dem Hanyou den Ellenbogen in die Magengrube. Inu Yasha ächzt laut auf. Doch schon trifft ihn eine harte Faust mitten im Gesicht. Wieder und wieder gehen die Schläge auf ihn nieder und an dem trockenen Knacken und dem Blutschwall der ihm ins Gesicht schießt, merkt er gleich, dass seine Nase gebrochen ist.

Der verletze Hanyou stöhnt und spuckt einen Schwall Blut aus. Kraftlos hängt er im festen Griff der beiden Jungen. Schließlich lässt Hisao von ihm ab. Hasserfüllt starrt er Inu Yasha an. Er atmet schwer. Dann blickt er sich hastig um. „Yoshio, Izuru, bringt ihn da rüber. Wir machen jetzt kurzen Prozess mit ihm.“

„Aber Hisao“, versucht einer der Jungen jetzt zögerlich einzuwenden, „Das reicht doch langsam. Sieh ihn dir doch an, der ist fertig,.“

Ich entscheide wann der fertig ist!“, schreit der junge Mann zornig, „Und nun schafft ihn hier rüber!“ Gehorsam befolgen die Jungen die Anweisung. „Kinta, dein Obi!“, befiehlt Hisao grimmig.

„Hisao, ich...!“

„Her damit, verdammt!“

Zögernd überreicht der Angesprochene seinen Gürtel. Mit einem Messer beginnt Hisao jetzt damit, ihn in vier lange Streifen zu schneiden. Dabei ignoriert er den Protest des Besitzers. Nur wenige Minuten später hat die Gruppe Inu Yasha an vier abgebrochenen Bambusstämmen ausgestreckt auf dem Boden festgebunden. Der Hanyou schnappt nach Luft, seine Nase ist zugeschwollen und über seinem linken Auge macht sich ein dickes Veilchen breit. Unter sich spürt er die abgebrochenen Stängel der Bambusgräser, die sich in seinen Rücken bohren. Die Fesseln schnüren ihm unangenehm das Blut ab und sein rechter Fuß pocht heftig vor Schmerzen.

Aber am schlimmsten ist es, all diese hasserfüllten und angewiderten Gesichter zu sehen die um ihn herumstehen und sich genüsslich an seinem Elend weiden. Erneut versucht er die Tränen niederzukämpfen. Er ist erschöpft, ihm ist kalt und er hat Schmerzen. Und er ist seinen Peinigern auf Leib und Leben ausgeliefert. Was werden sie nun mit ihm tun? Bei dem Gedanken wird ihm so übel, dass er würgen muss und die nackte Furcht kriecht ihm über den Rücken. Verächtliches Lachen ertönt um ihn her. Er will diese boshaften Gesichter nicht mehr sehen, doch er wagt es nicht, die Augen zu schließen.

„Was habt ihr mit mir vor?“, kommt die bange Frage zwischen den geschwollenen Lippen hervor.

Nun neigt sich Hisao zu ihm herunter: „Das werde ich dir sagen, Missgeburt! Wir werden dich hier lassen und behaupten, du wärst uns entkommen und längst auf und davon. Niemand wird nach dir suchen.“ Inu Yashas Augen weiten sich angsterfüllt. „Aber keine Sorge, du wirst nicht lange hier liegen. Bambus kann bis zu einem Schritt am Tag wachsen. Die Stümpfe unter dir werden sich ganz langsam durch dich hindurchbohren und wenn du Glück hast, dauert es nicht all zulange bis du stirbst.“ Inu Yashas Gesicht verliert jede Farbe. Panisch zerrt er an seinen Fesseln, doch sie geben kein bisschen nach. Die Jungen lachen. Und je mehr er versucht sich zu befreien, um so lauter lachen sie. Der Hanyou schreit, flucht und bettelt, doch die Jungen sind erbarmungslos.

Schließlich gibt Inu Yasha erschöpft auf. Grenzenlose Verzweiflung überkommt ihn, und Angst. Schreckliche Angst. Resigniert hängt er in seinen Fesseln und lässt den Kopf nach hinten sinken. Müde schließt er die Augen. Da, plötzlich spürt er es, die warme Flüssigkeit mit dem leicht stechenden Geruch auf seinem Gesicht und auf seinem Körper die durch seine Kleidung dringt und seine Demütigung perfekt macht. Nicht auch das noch!

Hämisches Lachen ist um ihn her zu hören, doch er wagt nicht länger, ihren hasserfüllten Blicken zu begegnen. Sollen sie ihn doch endlich alleine lassen. Alleine mit seinem Kummer, seinem Schmerz und seiner grenzenlosen Hoffnungslosigkeit. Bitte, lass es endlich vorbei sein!

Schließlich verschwindet das Lachen zusammen mit dem Licht der Fackeln in der Ferne und dann ist irgendwann kein Laut mehr zu hören. Langsam öffnet Inu Yasha die Augen. Er blickt hinauf zum Himmel, doch weder Mond noch Sterne sind zu sehen. Es ist völlig finster. Ebenso sieht es in seinem Herzen aus. Alles in ihm scheint abgestorben und kalt zu sein. Da ist nichts mehr. Alles was je in ihm lebendig war, ist tot und er hofft nur noch, dass der Bambus heute schnell wächst.

Da plötzlich trifft ihn ein leichter Schlag im Gesicht und dann noch einer und dann beginnt die Flüssigkeit über seine Wangen zu laufen. Immer mehr und mehr Tropfen fallen herab und dann öffnet der Himmel seine Schleusen und der Regen prasselt nur so auf ihn hernieder. Innerhalb kürzester Zeit ist er wieder völlig durchnässt und plötzlich mischt sich in das Rauschen und Trommeln des Regens ein lautes Heulen und Schluchzen, als der gepeinigte und völlig verzweifelte Junge unter Weinkrämpfen versucht seiner grenzenlosen Trauer Ausdruck zu verleihen. Doch so laut die Schreie des Leides auch sind, auch sie verhallen ungehört.



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