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Die Vergessenen Wächter

(KaRe) Der Zauber einer anderen Welt
von

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Rätsel aus der Vergangenheit

Die Hüterin des Schlüssels hielt mit einer fließenden Bewegung einen ihrer Ohrringe senkrecht über das uralte Buch. Die untere Spitze zeigte in die Mitte des zehnzackigen Sterns. Ihre Lippen bewegten sich unaufhörlich, formten die Worte einer klingenden Beschwörung. Wie zuvor bei Ozuma löste sich der goldene Oktaeder vom Ohrring und senkte sich langsam nieder zum Umschlag, wo er rotierend zwei Fingerbreite darüber schwebte. Dann führte sie ihre Hand mit dem zweiten Ohrring zwischen Daumen und Zeigefinger in einer galanten Bewegung nach vorne, streckte den Arm aus, sodass die untere Spitze des Oktaeders genau an die Wand hinter dem Buch zeigte und dort ebenfalls einen Moment um sich selbst drehend verharrte.

Tief atmete Miriam zweimal durch, bevor sie fortfuhr, weiter in der Sprache der vergessenen Wächter zu sprechen. Beide ihrer Handflächen zeigten nach oben, die Arme vom Körper abgewinkelt, den Kopf hatte sie leicht gesenkt. Als sie ihre Hände jedoch hob und umdrehte, bemerkte Rei voller Erwartung, wie sich die Oktaeder auf ihren jeweiligen Untergrund senkten, bis sie mit der Spitze Leder und Stein berührten. Strahlend hell leuchteten sie auf, was jedoch gleich wieder zu einem goldenen Glühen verebbte. Dann ließ Miriam ihre gestreckten Hände langsam sinken, als würde sie etwas Unsichtbares nach unten drücken und die goldenen Körper drangen bis zur Hälfte in Buch und Wand ein, als wäre ein Tropfen Wasser darauf gefallen und alsbald sie nicht mehr rotierten, leuchteten die zehn eingefassten Steine im ledernen Einband kurz auf.

Nur noch einzelne Wörter verließen Miriams Mund, doch mit jedem Wort, das sie sprach, leuchtete an der Wand vor ihr im Uhrzeigersinn ein Licht auf. Rei war sich sicher, dass es die gleichen Edelsteine waren, die auch auf dem Umschlag in das Leder eingelassen waren und stellte mit einem erhaschenden Blick auf das Buch fest, dass jeweils die gleichen Steine aufleuchteten und diesmal nicht wieder erloschen. Kaum erglühte der letzte Edelstein, zogen sich feine Linien über die steinerne Wand, verbanden die Steine zu einem Stern. Miriam verstummte und ließ die Hände sinken. Bedächtig drehte sie sich zu den anderen um und musste unwillkürlich lächeln, als sie Rei erblickte, dessen Augen beinahe aus ihren Höhlen zu fallen schienen, so fasziniert betrachtete er den Stern an der Wand und auf dem Buch.

„Die zehn Elemente, mit der Anima die Erde erschuf. Die Acht der Wächter und Licht und Schatten, die Leben und Tod symbolisieren. Ohne einander würde das Universum in sich zerfallen“, erklärte sie mit sanfter Stimme und folgte Reis Blick mit ihrem.

„Wir alle sind miteinander verbunden“, schlussfolgerte Rei heiser und trat einen Schritt auf das Buch zu, sodass er mit seinen Fingerspitzen sachte über den Umschlag streichen konnte. Er zögerte etwas, sein Respekt war schlichtweg zu groß, als dass er unüberlegt damit umgehen würde.

„Anima“, flüsterte er ehrfurchtsvoll und beinahe unverständlich, als er über den glitzernden Diamanten streichelte, „und Nex.“ Seine Stimme nahm einen unheilvollen Ton an, als er kurz das schwarze Gegenstück antippte und die Hand dann sinken ließ.

„Du begreifst schnell“, lächelte Miriam, „aber kaum erstaunlich, wenn man den Stern etwas versteht. Siehst du? Das hier“, erläuterte sie aufgrund Reis fragenden Blicks und tippte auf den Stein, der gleich neben dem schwarzen Diamanten eingelassen war und als zweites aufgeleuchtet hatte, ein goldgelb leuchtender Citrin, „symbolisiert dich. Du bist direkt mit Anima verbunden.“

Rei vergaß beinahe zu atmen. Die Vorstellung, er selbst war direkt mit Anima verbunden war einfach atemberaubend. Doch da war schließlich noch ein zweiter Stein, der ebenfalls eine direkte Linie zu Anima besaß und das hieß, dass er selbst auch indirekt mit denjenigen in Verbindung stand. Er zeigte auf einen dunkelvioletten, eher unheilvoll schimmernden Amethyst.

„Kiki, Ming-Ming, Jusuf und Dunga.“

Rei wollte bereits erleichtert aufatmen, als noch ein weiterer Name fiel.

„Und Brooklyn. Sie symbolisieren das Chaos.“

Rei schluckte. Ausgerechnet mit ihm stand er in indirekter Verbindung zu Anima. Ausgerechnet mit demjenigen, der seinen Schutzstein zerstört und ihn somit verwundbar gemacht hatte. Wegen demjenigen Kai seine Fähigkeiten aufgegeben hatte. Er biss sich auf die Unterlippe. Bestimmt hatte alles seinen Grund. Er wollte die elementaren Verbindungen nicht anzweifeln. Und doch verpasste es ihm ein Stich ins Herz, dass ausgerechnet Brooklyn derjenige sein sollte, der auch mit Anima verbunden war. Eigentlich hatte er erwartet, dass Brooklyn eine direkte Linie zu Nex besaß, doch das Chaos brachte alle seine Gedankengänge durcheinander.

„Schau“, fuhr Miriam fort, „Yuriy, der das Eis verkörpert, ist dein Gegenstück, er ist mit Nex verbunden. Kyojou, Mao, Moses, Ozuma und ich verkörpern das Gegenstück zum Chaos, die Harmonie, und wir sind auch mit Nex verbunden. Alles hat seinen Sinn, Rei. Es ist Brooklyns Schicksal, andere Leute ins Verderben zu stürzen. Möglicherweise hatte er es sogar mit einer Absicht dahinter getan, die nicht so schlecht ist, wie du glaubst.“

Er hatte zugegebenermaßen schwer damit zu kämpfen, dies einfach zu akzeptieren. Der Gedanke, Brooklyn könnte dies letzten Endes aus einem guten Grund getan haben, ließ seinen Magen sich verkrampfen.

„Außerdem“, flüsterte sie plötzlich leise in seine Richtung und fuhr mit dem Zeigefinger die Linie von seinem Stein zu einem blutroten Rubin entlang, „bist du mit Kai verbunden. Das starke Band kommt nicht von nirgendwo.“

Sie zwinkerte und wandte sich dann zu den andern, während Rei noch einen Blick auf die Linie warf. Tatsächlich. Er und Kai standen direkt in Verbindung zueinander. Sein Mundwinkel zuckte, während er sich ebenfalls zu ihnen zurück gesellte, um nun Jusuf Platz zu machen.

„Was habt ihr beide besprochen?“, raunte Kai, dem Reis Gefühlstal- und Bergfahrt nicht entgangen war.

„Ich erzähl es dir bei Gelegenheit“, meinte Rei jedoch lediglich. Kai musste das nicht unbedingt jetzt erfahren. Vielleicht auch nie. Mit einem Lächeln im Gesicht drehte er sich zu Jusuf, um ihm zuzusehen, wie er seinerseits nun seinen Teil beitrug.

Er öffnete das Buch, das Miriam zuvor entsiegelt hatte. Es war leer. Blanke Seiten aus dickem Pergament. Neugierig kamen die Anderen näher, lugten über Jusufs Schultern, während er seinen Ohrring löste und ihn wie ein Pendel über das Buch hielt. Leise murmelte er Worte. Seine Aufgabe war bei weitem nicht so spektakulär mit anzusehen wie Ozumas und Miriams. Doch wie sich die Seiten langsam mit Linien und Zeichen füllte, war nicht minder interessant. Gebannt starrte Rei auf die Buchstaben, die sich bildeten und er verstand kein einziges der Worte der alten Sprache, doch noch ehe er vier Worte weiter las, hatte er die ersten drei bereits wieder vergessen, obwohl ihr Klang in seinen Ohren widerhallte. Rei konnte nicht von sich sagen, dass er vergesslich war oder sich Dinge nicht merken konnte. Angestrengt versuchte er sich zu erinnern, doch in seinem Kopf herrschte bloß absolute Leere. Ungläubig schüttelte er den Kopf und betrachtete stattdessen ein Bild. Es schien Anima darzustellen, zeigte sie, wie sie die Erde erschuf.

Als Jusuf seinen Ohrstecker zurückzog und verstummte, blickte Rei auf. Und das Bild war aus seinem Kopf verschwunden. Frustriert versuchte er sich daran zu erinnern, was abgebildet war, doch da war nichts, absolut nichts. Er blickte zurück auf die aufgeschlagene Seite und betrachtete ein Bild. Anima, wie sie die Erde erschuf. Er war sich absolut sicher, dieses Bild noch niemals zuvor gesehen zu haben und doch sagte ihm sein Verstand, dass niemand die Seiten umgeblättert hatte. Abermals schüttelte er stirnrunzelnd den Kopf. Es war zum verrückt werden.

„Das Buch wurde geöffnet und dank Jusuf kann es nun gelesen werden. Ich werde euch nun erlauben, das Wissen, das dieses Buch beherbergt, in Erinnerung zu halten. Ihr werdet euch an alles erinnern, auch wenn ihr die Stätte der Erinnerung verlasst.“

Rei blickte zu Dunga, der eben gesprochen hatte und da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Das war schließlich der Grund, wieso sie alle mitgekommen waren.

Ohne Ozuma, der die Fähigkeit besaß, die heilige Stätte in die Zeit zurückzuversetzen, in welcher das Buch existierte, ließ es sich nicht finden, ohne Miriam konnte es nicht geöffnet und ohne Jusuf nicht gelesen werden. Und ohne Dunga hätten sie alles bereits vergessen, ehe sie die Stätte wieder verließen.

Ohne Vorwarnung streckte Dunga zwei Finger aus und tippte auf Reis, danach auf Kais und schließlich auf Ozumas, Miriams und Jusufs Stirn, dabei unablässig diese melodiösen Worte sprechend. Er hatte ihnen somit die Erlaubnis erteilt, das Wissen zu behalten. Rei knabberte an seiner Unterlippe herum, so angespannt und kribbelig fühlte er sich. Auch Kai neben ihm zeigte endlich eine Regung. Beinahe ungeduldig zog er die Augenbrauen tief hinunter. Er wollte nun endlich wissen, wie er seine Kräfte zurück erlangen konnte. Es war zwar schön und gut, dass dieses Wissen und alles drum und dran so gut geschützt wurde, doch seiner Meinung nach hätte das viel schneller von Statten gehen können. Bei solchen Dingen konnte er einfach kein Verständnis dafür aufbringen, dass es so lange dauerte.

„Nun denn, schauen wir, was hier so drin steht“, sagte Ozuma und trat näher, blätterte behutsam die Seiten durch, bis er auf einer Seite angelangte, die ein Bild zeigte, das einen offensichtlich leidenden Wächter sah, dessen Fähigkeiten gerade bildlich aus ihm herausgesogen wurden.

„Hier steht“, sagte Dunga und tippte mit dem Finger auf den Text,
 


 

„Wer die heiligen Kräfte verloren

erhalte die Möglichkeit

sie wiederzufinden.

Stärker sie werden

nachdem sie für Gutes gegeben

oder vom Bösen entrissen.

Zur Quelle der Kraft

wo Magie ward gegeben

ohne Gier nach Macht

Nur wessen Herz bereit

trete zur Prüfung der Seele

am Rückgrat der Welt.

Doch ohne die Kraft der Acht

niemand wird betreten

die Regenbogenküste unbedacht.“
 

Schweigend lauschten sie den Worten, die Dunga für sie übersetzte und ihre Stirne legten sich in Falten, als sie angestrengt versuchten den Inhalt zu verstehen. Rei biss sich erneut auf die Lippen.

„Der Anfang ist verständlich. Diejenigen, die ihre Kräfte verloren haben, seien sie entrissen vom Bösen, so wie bei Rei, oder für eine gute Tat gegeben, so wie bei Kai, der erhalte die Möglichkeit, sie wieder zurück zu bekommen. Und sie werden sogar stärker als zuvor. Gute Voraussetzungen also“, analysierte Dunga mit einem schiefen Grinsen.

Rei und Kai warfen sich einen Blick zu. Erleichterung durchströmte sie. Dass sie stärker sein würden als zuvor war zwar ein hübscher Nebeneffekt, doch für sie zählte einzig, dass sie überhaupt eine Chance bekamen, ihre Kräfte wiederzuerlangen.

„Aber wie?“, fragte Kai und blickte nun doch neugierig auf die für ihn unverständlichen Worte, „die ‚Quelle der Kraft’, was soll das sein?“

„Ich vermute, dass es sich dabei tatsächlich um eine Quelle handelt. Dort hat alles ihren Ursprung. Deshalb ist es auch nur dort möglich, seine Kräfte wiederzuerlangen. Möglich, dass die vergessenen Wächter selbst einen Teil ihrer Kräfte dort versiegelt hatten“, überlegte Ozuma, sein Finger tippte gegen sein Kinn, sein Blick schien sich im Nichts zu verfangen.

„Und laut diesem Text befindet sich diese Quelle am ‚Rückgrat der Welt’, wo auch immer das sein mag. Und euch erwartet eine harte Prüfung, so wie es scheint“, fügte Jusuf hinzu und hob beide Augenbrauen an.

Kais Haupt hob sich stolz.

„Das werden wir schon schaffen. Wie gelangen wir dort hin?“

„Alleine? Gar nicht“, erwiderte Miriam und zeigte mit dem Finger auf eine ganz bestimmte Stelle auf dem Rätsel.

„Die ‚Kraft der Acht’“, schlussfolgerte Rei, worauf sie nickte.

„Genau. Die ‚Kraft der Acht’ ist sinngemäß gleichzustellen mit den Elementen der Wächter. Donner und Eis, Erde und Feuer, Wind und Wasser, Harmonie und Chaos. Wir brauchen also alle, um zu der Regenbogenküste zu gelangen.“

„Regenbogenküste“, schnaubte Kai, „dieser Name wurde wohl nicht zur Abschreckung Unerwünschter gewählt.“

„Wir wissen nicht, was das bedeutet“, widersprach Miriam und funkelte ihn an.

„Es klingt wie ein schlechter Piratenwitz“, war sich Kai jedoch sicher und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Werde bloß nicht abfällig“, fauchte Miriam und ihre Augen wurden zu Schlitzen.

Während Miriam und Kai sich gegenseitig anfunkelten und darauf warteten, dass der jeweils andere sich zuerst zurückzog, schauten Rei und die anderen drei sich weiterhin das Buch an.

„Ich habe das letzte Mal etwas Interessantes entdeckt, habe mich dann aber nicht weiter damit beschäftigt, da es nicht von Bedarf war. Sieh“, meinte Dunga und blätterte weiter nach hinten, wo ihnen gleich eine Zeichnung ins Auge stach.

Darauf abgebildet waren vier Tiere zusammen mit ihren Wächtern, doch offenbar schienen hier die Tiere wichtiger zu sein. Reis Augen weiteten sich verwundert. Sein Byakko war darauf zu sehen, Kais Suzaku und dann noch Takaos Seiryuu und Makkusus Genbu, in einem Quadrat angeordnet und mit filigranen Linien miteinander verbunden.

„Als Wächter des Wissens kann ich euch sagen, dass es sich bei diesen vier Wächtertieren um die Sternentiere handelt. In der Neuzeit werden sie vor allem in China als die vier großen Sternenkonstellationen bekannt sein. Es ist wohl doch etwas unserer Legende im Wissen der Menschen vorhanden.“

Dunga zwinkerte zu Rei, welcher ihn jedoch nur fragend ansah.

„Was soll das heißen, Sternentiere?“

„Den Wächtern dieser Tiere stehen besondere Artefakte zu, mit denen, so glaube ich, sie die wahre, uralte Macht der vergessenen Wächter in sich wiedererwecken können.“

„Byakko und Suzaku sind im Limbus gefangen“, sagte Rei, als wäre dies der Grund, weshalb das, was Dunga von sich gab, nicht stimmen konnte.

„Ja, aber nur so lange, bis ihr eure Kräfte wiederhabt“, lächelte er beruhigend.

„Was ist mit Suzaku?“, fragte Kai plötzlich und trat neben sie.

Rei konnte auf Miriams Lippen ein triumphierendes Lächeln feststellen, das sie nicht wirklich versuchte zu unterdrücken. Kai hingegen schien verärgert.

„Sie wird aufwachen, in dem Moment, in dem du deine Kräfte wiederhast“, wiederholte Dunga, worauf Kais Gesicht in einem seltenen Ausdruck zurückhaltender, aber wahrer Freude erstrahlte.

Rei währenddessen sinnierte noch immer über Dungas Worte nach.

„Was sind das für Artefakte, von denen du gesprochen hast?“, fragte er geradeheraus an Dunga gewandt.

Miriam, die ihr Gespräch zuvor nicht mitbekommen hatte, blickte ihn überrascht an.

„Was für Artefakte?“, fragte nun auch sie.

Dunga räusperte sich und zeigte dann auf das Bild.

„Die vergessenen Wächter dieser Sternentiere hatten einst etwas auf der Erde hinterlassen, womit es ihren Reinkarnationen möglich sein würde, ihre wahre Macht in sich zu erwecken. Und dieses Rätsel hier“, er tippte auf den Text, der daneben stand, „gibt an, wo sich diese Gegenstände befinden könnten.
 


 

Die Artefakte der Zeit liegen verborgen

für die Wächter der vier Himmelsgeister

um den Schatten des Dunkel zu trotzen.

Die Ersten sie sicher versiegelten

wo kein Sterblicher sie zu finden vermag

verstreut auf Animas Planet der Erden.

Der blaue Drache des Frühlings

Der rote Vogel des Sommers

Der weiße Tiger des Herbsts

Der schwarze Krieger des Winters.“
 

Stumm blickten sie sich an.

„Das bringt uns nicht wirklich weiter. Hier stehen keine Anhaltspunkte, wo wir diese Orte finden könnten. Es steht nicht einmal geschrieben, um was für Gegenstände es sich bei diesen Artefakten handelt, es könnte alles sein“, fasste Miriam zusammen, was sie alle dachten.

„Rei, du als Chinese, hast du noch nie etwas davon gehört?“, fragte Dunga an Rei gerichtet.

Aller Augen starrten ihn erwartungsvoll an. Er fühlte sich unwohl. In seinem Kopf schwirrte so viel Neues herum, das er noch nicht eingeordnet hatte, dass er kaum einen Gedanken fassen konnte. Leise schüttelte er den Kopf.

„Ich weiß nicht.“

Seufzer drangen an seine Ohren. Es tat ihm leid, sie alle enttäuschen zu müssen, doch er hatte keine Ahnung, wo er dies einordnen sollte.

„Dunga, erlaubst du mir, dieses Wissen zu behalten, bis wir das Rätsel gelöst haben?“, fragte er.

Dunga nickte schief grinsend.

„Natürlich.“

Rei lächelte unglücklich zurück.

„Danke“.
 

Nachdem Dunga ihre aller Stirne nochmal berührt hatte und somit bestätigte, dass sie ihr Wissen behalten durften, Jusuf die Schrift und Linien verschwunden lassen und Miriam das Buch wieder versiegelt hatte, versetzte Ozuma den Raum in den Zustand zurück, in dem er war, den die Zeit mit sich bringen würde. Ihr kurzer Aufenthalt in einem Raum, der sich ganz den Erinnerungen widmete und sich eigentlich in der Vergangenheit befand, hatte mehr Fragen aufgeworfen, als er beantwortet hatte.

„Eine Karte wäre hilfreicher gewesen“, brummte Kai und sprach damit genau das aus, was Rei sich dachte, vor Respekt aber nichts gesagt hatte.

„Rückgrat der Welt, wer soll schon ahnen, was damit gemeint ist?“, schimpfte der Krieger leise vor sich hin, darauf bedacht, dass Miriam ihn nicht hören konnte.

„Wir fragen Kyojou, sobald wir zurück sind, vielleicht weiß er etwas. Oder Brooklyn“, meinte Rei zögernd, worauf Kai ihn mit einem Blick würdigte, der nicht versteckte, was er vom Wächter der Dimensionen hielt.

Rei seufzte. Es wäre wohl besser ihm noch eine Weile zu verschweigen, dass ihn das Schicksal nicht nur mit Kai, sondern auch mit Brooklyn verband, zwar indirekt, doch der Stern hatte gezeigt, dass sie miteinander in Beziehung standen, ob er es nun wollte oder nicht.

„Wie geht es deiner Wunde?“, fragte Kai, als Rei sich plötzlich an den Bauch fasste.

„Ich hatte die Schmerzen vollkommen vergessen“, entgegnete er wahrheitsgetreu und zog die Mundwinkel nach unten, „gefiel mir besser. Ich bin nicht gerne ein Klotz am Bein.“

Kais Gesichtsausdruck wurde sanft, während er die Hand nach ihm ausstreckte und ihn am Weitergehen hinderte. Die anderen vier unterdessen bekamen nichts mit, zu beschäftigt waren sie damit, darüber nachzugrübeln, was das alles bedeuten könnte und so fielen die beiden etwas zurück.

„Du bist niemandes Klotz am Bein“, stellte Kai klar und streichelte mit den Fingern zärtlich über Reis Wange.

Rei lächelte und schloss kurz die Augen, um die sanfte Berührung zu genießen. Seit Anfang der Mission, seit der Krieg begonnen hatte, hatten sie ihre Intimitäten viel zu selten austauschen können. Wortlos schob er eine Hand in Kais Nacken und zog ihn zu sich, legte seine Lippen an Kais, sie berührten sich kaum, doch das Kitzeln ließ ihre Körper erschaudern. Kai seufzte und schlang seine Arme um Reis Taille, zog ihn an sich, sachte, darauf bedacht, ihm keine Schmerzen zu bereiten und zog ihn in einen intensiven, sehnsüchtigen Kuss.

Plötzlich blieb Miriam stehen. Ihr war gerade etwas in den Sinn gekommen. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen und drehte sich um, um Rei und Kai zu rufen, da fiel ihr Blick auf die beiden Liebenden, die bereits viele Schritte zurückgefallen waren, und klappte ihren Mund wieder zu. Stattdessen verzogen sich ihre Lippen zu einem kleinen Lächeln und sie wandte sich wieder um. Wie die beiden so verloren in der weiten Einöde standen, sich aneinander festklammerten, schien es ihr falsch, sie in ihrer Zweisamkeit zu stören. Die Liebe war etwas, was in diesen Momenten des Krieges schlichtweg viel zu kurz kam und sie mochte es ihnen gönnen, dass sie sich gefunden hatten. Denn die Liebe, das war etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnte, dachte sie lächelnd und blickte in den weiten blauen Himmel, der sich wie ein schützender Mantel über sie alle erstreckte, über Raum, sogar über die Zeit hinweg.
 


 

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Für den Stern der Elemente, bitte schaut euch das erste "Charakterbild" an, um eine genauere Vorstellung davon zu bekommen!



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Jeschi
2012-03-26T14:49:23+00:00 26.03.2012 16:49
Ich sag ja immer wieder, wie beeindruckend ich es finde, wie du Dinge beschreibst.
Abgesehen von der Natur, beschreibst du diese ganzen Special Effects immer so schön, dass man es sich richtig vorstellen kann.
x3

Boar~ ich fände die Vorstellung, um diesem Psychobrookie in Verbindung zu stehen, auch gruselig. xD
Armer Rei! ;_;

> Möglicherweise hatte er es sogar mit einer Absicht dahinter getan, die nicht so schlecht ist, wie du glaubst.
Den Satz mag ich total. Der klingt so nach mehr... als könnte sich hinter Brookie was Gutes befinden. o,O

Ich mag, wie du darstellst, dass man gleich vergisst, was man gelesen hat.
Weil ich noch so für mich dachte: Und wie will sie das jetzt glaubhaft rüber bringen.
Deshalb mag ich die Art, wie du das ausführst, wirklich sehr.

Uh~ ich würde ja sagen: Jetzt müssen sie ja schon wieder ne Prüfung bestreiten.
Aber ich finde es voll interessant, dass jetzt alle mit in diese Reise eingebunden sind. *-*


Von: abgemeldet
2012-02-01T09:55:35+00:00 01.02.2012 10:55
Schon wieder Miriam xD Irgendwie ist da der Wurm drin, oder xD?

>Möglicherweise hatte er es sogar mit einer Absicht dahinter getan, die nicht so schlecht ist, wie du glaubst.“
Diesen Gedankengang finde ich sehr interessant. Er zeigt mal wieder, dass man nicht immer nur schwarz und weiß sehen sollte.
Das Gedicht find ich gut, Kompliment, ich persönlich tu mir mit sowas immer arg schwer >.<

Die Szene find ich sehr schön, als die beiden sich küssen und Mariam sich umwendet <3
Ich fand das Kapitel sehr schön und überhaupt nicht 'langatmig', ich fands eher positiv, dass das Kapitel mal etwas länger war als die kurzen vorher >.<
Von:  Jackie20
2012-01-17T10:48:48+00:00 17.01.2012 11:48
tolles kapitel
aus dem buch fand ich die zitate toll
war ja klar das kai und rei miteinander verbunden sind
aber das auch brooklyn auch indirekt zu rei steht
hätte ich nicht gedacht
die regenbogenküste zu finden wird sicher nicht sehr einfach
der kuss am ende war sehr süß
schön das sie sich näher kommen
freu mich schon auf das nächste kapitel
bai
Von: abgemeldet
2012-01-16T23:06:39+00:00 17.01.2012 00:06
Hey!

Ich find deine Story echt schön, auch wenn dieses Kapitel etwas langatmig war. XD
Die Verse aus dem Buch fand ich gut gesetzt. Ist das Absicht oder Zufall, dass die äußeren das selbe Versmaß haben und zur Mitte immer kürzer werden?

LG
Kairelle
Von:  Minerva_Noctua
2012-01-16T19:27:47+00:00 16.01.2012 20:27
Das Kapitel war sehr ausführlich in seinen Beschreibungen.
Die Zitate aus dem Buch waren fantastisch. Hat mir gut gefallen.
Einen Reim kann ich mir nicht direkt machen.
Rückgrat der Welt erinnert mich an diesen Baum, der sich in der ganzen Welt erstreckt. Hab mal was von so was gehört zumindest^^°.
Kai ist mal wieder eher pragmatisch. Eben der Krieger und nicht der Wissenschaftler. Das fand ich lustig und durchaus passend.
Umso süßer ist der Kuss am Schluss. Die Zwei sind so unterschiedlich und dennoch...
Süß^^.
Das Ganze wer-ist-mit-wem-verbunden, war auch interessant.
Du bist wirklich phantasievoll. Das ist schön:)
Freu mich schon auf die Lösung der Rätsel^^!

Liebe Grüße,

Minerva


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