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Was lange währt

... wird damit noch lange nicht gut - Anzu x Seto
von

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Recreation

Viel später, nachdem Anzu schon eine ganze Weile geschlafen hatte, wurde sie von einem leisen Geräusch geweckt, dass sie zuerst nicht zuordnen konnte. Schläfrig setzte sie sich auf und sah sich im Raum um. Erst, als ihr Blick auf die Giraffen auf Kaitos Bettvorhang fiel wurde ihr klar, was los war. Kaito weinte. Etwas hilflos sass sie da und starrte die Giraffen an, bis sie schliesslich beschloss, dass es ihre Pflicht war, aufzustehen und nach ihm zu sehen, aber verdammt, sie hatte keine Ahnung von Kindern und davon, wie sie Kaito jetzt trösten sollte. Trotzdem schlüpfte sie kurz darauf leise unter ihrer Decke hervor und ging vor Kaitos Bett in die Hocke. Vorsichtig schob sie den Vorhang auf und wurde von einem verweinten, aber hoffnungsvollen Gesicht empfangen. Dafür sah Kaito umso enttäuschter aus, sobald er sie erkannte. Anzus Magen zog sich zusammen, als ihr klar wurde, was der Kleine gedacht haben musste – alles nur ein böser Traum, und seine Mama war gekommen, um ihn zu trösten. Sie streckte schüchtern die Hand aus, um sein Gesicht zu streicheln. Was sie sagen konnte, ohne einfach nur aufdringlich zu wirken, war ihr nicht so ganz klar, aber vielleicht war es einfach besser, zu schweigen. Sie wussten doch sowieso beide, was los war. Kaito vergrub sein Gesicht wieder im Kissen und schluchzte weiter. Nach einer Weile schliefen Anzus Beine ein, und sie hatte sowieso den Verdacht, hier nicht ganz willkommen zu sein, also erhob sie sich wieder und ging zögernd zurück zu ihrem eigenen Bett. Kaum, dass sie unter der Decke lag und ihr Gesicht zur Wand gedreht hatte, drang ein leises Tapsen von nackten Füssen auf dem Parkettboden zu ihr durch. Verwundert drehte sie sich um und sah sich Kaito gegenüber, winzig klein in dem T-Shirt seines Vaters, das er als Schlafanzug benutzte, und mit seinem Kuschellöwen unter dem Arm. „Darf ich zu dir kommen?“
 

Fast überwältigt von diesem plötzlichen Vertrauensbeweis, nickte Anzu nur benommen und hob ihre Decke hoch, sodass er darunter schlüpfen konnte. Kaito kuschelte sich sofort an sie, gab aber sonst keine Regung mehr von sich – von einem gelegentlichen Schnüffeln einmal abgesehen, denn ganz schien er seine Tränen noch nicht bezwungen zu haben. Unbeholfen streichelte ihm Anzu den Rücken und wusste noch immer nicht, was sie von dieser Situation halten sollte. Es tat ihr weh, ihren kleinen „Sohn“ so weinen zu sehen, sie fühlte sich hilflos, weil sie nichts tun konnte, um ihn zu trösten, und trotzdem machte es sie auch irgendwie glücklich, dass er sie offenbar genug mochte und genug Vertrauen zu ihr hatte, um zu ihr zu kommen mit seinem Kummer, auch wenn er ihn nicht aussprach. „Das nächste Mal komm gleich, wenn dir danach ist, okay?“, flüsterte sie schliesslich und drückte einen leichten Kuss auf seine völlig in Unordnung geratenen Haare. „Ich wache vielleicht nicht jedes Mal auf, wenn irgendwas mit dir ist, aber du kannst mich jederzeit wecken.“ Kaito nickte nur und drückte das tränennasse Gesicht noch fester in ihr Nachthemd, das einfach nicht so roch, wie es riechen sollte, natürlich nicht, niemand konnte so gut riechen wie seine Mama – aber irgendwie war es doch beruhigend und gut, und bevor es einer von ihnen merkte, waren beide wieder eingeschlafen.
 

Es klopfte, als Anzu gerade dabei war, den Frühstückstisch zu decken. Kaito hatte sie schlafen lassen, sie wusste ja nicht, wie lange er letzte Nacht wach gewesen war, aber offensichtlich war es lang genug gewesen, um ihn wirklich müde zu machen. Der verfrühte Besucher entpuppte sich als Seto, der einen dicken Umschlag in der Hand hielt. „Deine Eltern haben dir das hier nachgeschickt.“ Kein, „Guten Morgen, Anzu.“, kein „Hast du gut geschlafen?“ . Das war eben Seto. Dass er selbst gekommen war, anstatt Roland oder einen anderen Angestellten zu schicken, verriet ihr trotzdem genug über seine Motive, und sie trat zurück, um ihn einzulassen. „Danke.“ Verlegen nahm Anzu ihm den Brief aus der Hand und stellte mit einem raschen Blick fest, dass er vom Jugendamt kam. Natürlich, sie hatte schliesslich nicht im Ernst glauben können, man würde ihr Kaito ohne Umstände überlassen. Seto stand immer noch überkorrekt und halb verlegen mitten im Raum, das Hemd frisch gebügelt und die Krawatte perfekt gebunden. „Setz dich doch. Hast du noch Zeit für eine Tasse Kaffee?“ Der war gerade durchgelaufen, wie Anzu feststellte, und sie nahm ihn aus der Maschine, während Seto nickte und sich setzte. Erst, als sie beide eine dampfende Tasse vor sich hatten, wagte Anzu, ihre Post wieder anzusehen. Seto schob das Messer, das er nicht brauchte, neben seinem ebenso nutzlosen Teller zurecht und meinte dann: „Du solltest es vielleicht aufmachen. Du wirst Hilfe brauchen.“ Und ich könnte dir helfen, schwang in dem Satz mit, obwohl er es nicht sagte. Natürlich. Es war schliesslich noch nicht ewig her, dass Seto das Sorgerecht für Mokuba übernommen hatte... Anzu griff kommentarlos zu ihrem Messer und schlitzte damit den Brief auf, was ihr einen irritierten Blick von Seto eintrug, aber sie war viel zu nervös, um ihn zu beachten. Rasch überflog sie das Schreiben und verstand nicht einen Bruchteil von dem, was sie da las. Also noch einmal. „Sieht so aus, als müsste ich einen festen Wohnsitz nachweisen.“, teilte sie Seto schliesslich mit. „Das heisst, ich werde einen Mietvertrag oder sowas brauchen.“ Er nickte, als hätte sie lediglich etwas bestätigt, das er mental ohnehin schon notiert hatte. Wartete, dass sie noch mehr sagte. „Anzu, mach mir nichts vor. Du brauchst endlich wieder einen Job.“
 

Das war nicht, was er hatte sagen wollen. Was Seto hatte sagen wollen, war gewesen: „Ich könnte für euch aufkommen. Alles, was du dann noch brauchst, ist eine Unterschrift von mir.“ Das Jugendamt konnte nichts dagegen haben, schliesslich war für die Leute dort nur wichtig, dass für Kaito gesorgt war, dort, wo er hinkam. Was er ausserdem gern gesagt hätte, war, dass er es gern tun würde, und was er nicht gesagt, aber gemeint hätte: selbst, wenn sie niemals sagen würde, worauf er seit Wochen hoffte. Selbst, wenn sie hier ausziehen und ihn nie wieder sehen wollte. So weit hatte sie ihn gebracht, so weit sogar, dass Seto sich nur noch als Nachgedanken jedes Mal vorhielt, dass diese Art sinnloser, unerwiederter Zuneigung eine noch schlimmere Schwäche war als die Freundschaft, die sie ihm früher immer gepredigt hatte. Aber er wusste, dass Anzu dieses Angebot gar nicht erst akzeptieren würde, also behielt er es für sich. Vielleicht, irgendwann. Anzu legte inzwischen entschieden den Brief beiseite und stand auf, um die fertig getoasteten Brotscheiben in einen Korb zu legen. „Den brauche ich, aber das ist nun wirklich nicht deine Sache.“ Verlegen suchten ihre Hände nach einer Beschäftigung, sobald sie die erste beendet hatten. Seto stand auf und stellte sich hinter sie, aber die Hand, die er ausstreckte, kam nie auf ihrer Schulter an, weil Anzu einen geschickten oder auch nur zufälligen Schritt zur Seite machte und Setos Absichten ein einziges Mal nicht zielgerichtet genug waren, um trotzdem zu einem Ergebnis zu führen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Anzu schnitt ihm das Wort ab. „Was immer es ist, ein Job in deiner Firma oder in KaibaLand – ich will es nicht, okay? Du hast Kaito und mir sehr geholfen, und dafür bin ich dir dankbar, aber es wird Zeit, dass wir uns beide wieder um das kümmern, was uns wirklich angeht.“ Was uns wirklich angeht. Sie hatte ja recht. Wäre da nicht dieser dumme, sinnlose Schmerz gewesen und das Gefühl, dass sie ihn sehr wohl etwas anging. Dass er wollte, dass sie ihn etwas anging. „Schön.“ Seto wandte sich zur Tür. „Wenn du entscheiden solltest, dass ein Sonntagnachmittag mit Mokuba und mir zu den Dingen gehören könnten, die Kaito und dich etwas angehen, lass es mich wissen. Ich habe vormittags im Park zu tun und dachte, wir könnten den Rest des Tages darauf verwenden, Kaito KaibaLand zu zeigen.“ Die Tür schloss sich hinter ihm, und Anzu blieb zurück mit dem Gefühl, das Richtige gewollt und das Falsche erreicht zu haben.
 

„Bis später, Grosser.“ Kaito hatte sich im Unterschied zu Mokuba sofort entschieden dagegen ausgesprochen, „Kleiner“ genannt zu werden. Ein letztes Mal umarmte Anzu ihn und sah dann zu, wie er langsam über die Terrasse in Richtung Sandkasten ging, wo im Moment die wenigsten Kinder spielten. Hilfesuchend wandte sie sich an die Kindergärtnerin, traf aber auf einen ähnlich ratlosen Blick wie ihren eigenen. „Ich muss zugeben, ich hatte noch nie ein Kind, das auf einen Schlag verwaist ist.“, brachte die Frau schliesslich heraus, als sei das eine Erfahrung, die sie bisher versäumt hatte, wie eine immer geplante und nie durchgeführte Reise nach Italien. Anzu nickte nur. Wahrscheinlich meinte sie es ja gut. „Ich dachte trotzdem, es wäre das Beste, wenn er wieder hier her kommt. Vielleicht hilft es ihm... wieder ein bisschen was von dem zu finden, das mal sein Leben war.“, versuchte sie zu erklären. Jetzt war es an ihrem Gegenüber, höflich zu nicken und wieder eine Weile zu schweigen. „Tja, ich geh dann wohl mal. Um drei bin ich wieder hier, um ihn abzuholen.“
 

Am Ende der Woche war sie überzeugt, dass diese Aufgabe zu gross für sie war. Fünf durchweinte Nächte von Kaitos Seite – die normalerweise auch Anzus Augen nicht ganz trocken bleiben liessen, von dem sich langsam einstellenden Schlafmangel ganz zu schweigen –, der Bericht seiner Kindegärtnerin, dass er anstatt mit irgenjemandem zu spielen, lieber im Sandkasten sass und tote Käfer beerdigte, und ein hysterischer Zusammenbruch am Grab seiner Eltern waren selbst für Anzus Optimismus zu viel. Dazu kam, dass sie Seto seit drei Tagen nicht mehr gesehen hatte und mit entnervender Deutlichkeit merkte, wie das zu ihrem generellen Tief beitrug. Aber wer immer es wagte, vorzuschlagen, sie könnte Kaito doch vorerst in einem Heim unterbringen, wo er professionelle Hilfe bekommen würde und sie ihn jederzeit sehen konnte, bekam eine einfache Antwort: „Nein.“ Mehr liess ihre Erschöpfung meistens nicht zu, und mehr war auch nicht nötig. Am Samstag war sie so weit, dass sie sowohl ihren Freunden als auch ihrer Mutter rundweg absagte, als die versuchten, sie fürs Wochenende einzuladen, weil sie nicht noch mehr gutgemeinte und schlecht bedachte Ratschläge hören konnte, und nur Mokuba zu sehen bereit war. Der wenigstens würde mit so einem Vorschlag niemals kommen, zu frisch waren schliesslich noch seine eigenen Erinnerungen an das Waisenhaus, aus dem er nur dank seinem grossen Bruder herausgekommen war. Ausserdem tat er sein Bestes, Anzu beim Ausfüllen der Adoptionspapiere zu helfen, wofür sich zwar auch Seto angeboten hatte, aber davon wollte sie nichts hören. Ihre offizielle Begründung war, dass er schon genug zu tun hatte mit seiner Arbeit, aber sie wussten alle drei – nun, Anzu wusste es, Mokuba ahnte es und Seto hätte es ahnen können –, dass es eher darum ging, dass Anzu in seiner Gegenwart kaum noch klar genug hätte denken können, um ihr Geburtsdatum korrekt anzugeben. Also Mokuba. Sie sassen im kleineren Wohnzimmer der Villa, nachdem Kaito sich in den Schlaf geweint und Seto angerufen und Mokuba mitgeteilt hatte, dass er noch länger brauchen würde. Was immer das heissen mochte. Die fast fertig ausgefüllten Papiere lagen zwischen ihnen auf dem Couchtisch und Anzu döste in einem seltenen Moment des Vergessens vor sich hin, als Mokuba auf einmal fragte: „Was ist mit morgen? Ihr kommt doch?“ Morgen? Ach ja. Sonntag. KaibaLand. Anzu brummte etwas, das sowohl Ja als auch Nein heissen konnte, wahrscheinlich aber weder das eine noch das andere ausdrückte, sondern pure Erschöpfung. „Anzu, ich rede mit dir.“ Sie rappelte sich hoch. „Ja, schon gut. Ich weiss nicht. Wenn Kaito will. Ich dachte eigentlich, dass ich noch mal mit ihm zum Friedhof fahre, wenn er das will, aber bisher hat er nichts gesagt. Ich glaube, er hat seit Mittwoch ziemlich erfolgreich verdrängt, dass alles, was von seinen Eltern noch übrig ist, eineinhalb Meter unter der Erde liegt.“ Sie schauderte selbst bei dem Gedanken, obwohl sie eigentlich gedacht hatte, sie hätte sich daran gewöhnt. Mokuba nickte nur. „Je früher, desto besser.“ Was sollte das denn nun heissen? Er lächelte matt. „Na, mir ging es jedenfalls sehr viel besser, nachdem ich das Grab meiner Eltern nur noch als so eine Art Gedenkstätte betrachtet habe.“ Anzu hatte bisher nicht einmal gewusst, dass die beiden Brüder überhaupt über das Grab ihrer Eltern Bescheid wussten. Irgendwie war sie immer davon ausgegangen, dass das irgendwie im Strudel der Jahre versunken war, aber sie hätte es besser wissen sollen, bei Setos Gedächtnis. „Wo...?“, setzte sie an, kam aber nicht bis ans Ende der Frage, weil sie sich gleich darauf sagte, dass das nicht ihre Sache war und sie besser nicht fragen sollte. „Tut mir leid.“ Mokuba hob die Schultern. „Schon gut. So lange dus nicht an die Presse trägst, Seto hatte nämlich alle Mühe, zu verhindern, dass ihr Grabstein massenhaft geknipst und gedruckt wird. Ist nicht gerade das, was wir unter Totenruhe verstehen.“ Das konnte sie sich allerdings denken. „Also sind sie hier in Domino begraben?“ Er bückte sich, schob die Formulare zusammen und antwortete so leichthin wie möglich: „Ja. Gar nicht so weit weg von deiner Cousine und ihrem Mann, um genau zu sein. Wir mussten sogar daran vorbei, neulich.“ Darum war er hinter ihr und Kaito zurück geblieben. Anzu war bisher davon ausgegangen, dass das damit zusammen hing, dass er ihnen etwas Zeit allein mit ihren Verwandten gönnen wollte, aber wenn das so war... „Zeigst du es mir beim nächsten Mal?“
 

Seto gestand es sich selten ein, aber er war nicht immer gern hier. Dieser Park gehörte schon längst nicht mehr nur Mokuba und ihm, sondern vor allem den Massen, von denen er überrannt wurde, und wenn sich ein Mitglied der Familie Kaiba hier blicken liess, dann war es weniger ein Pflichtbesuch, und schon gar kein Urlaub, sondern am ehesten noch, als würde man sich unter Haie begeben. Jeder wollte etwas von ihm, sei es nun ein Foto, eine Antwort oder einfach nur seine Aufmerksamkeit. Diesmal war das Gemurmel besonders aufgeregt, wo immer er sich zeigte, denn sofort wandten sich alle Augen auch Kaito zu. Er hätte es dem Kleinen gerne erspart, aber seine Macht hatte gerade einmal ausgereicht, den öffentlichen Teil der Stimmen zum Schweigen zu bringen, die hinter vorgehaltener Hand etwas von einer geheimen Vaterschaft flüsterten und davon, dass Kaito eindeutige Kaiba-Züge zeigte, schliesslich war Seto der Einzige in der Familie, der braunes Haar hatte, also was hiess es schon, wenn Kaito ihm darin nicht glich – dass Mokuba auch der Einzige war, der schwarzhaarig war, und das kaum als Argument für ein eindeutiges Kaiba-Gen durchgehen konnte, war unter den Tisch gefallen. Die Wut, die er beim ersten Mal empfunden hatte, als ihm dieses Gerücht zu Ohren gekommen war, kochte wieder in Seto hoch, als sie ihren Spiessrutenlauf zum Süsswarenstand fortsetzten. Ja, Kaito hatte blaue Augen und ja, das war ausgefallen für einen Japaner, aber sein Vater war eben Europäer gewesen, und jeder, der wirklich die Wahrheit hören wollte, hätte das auch längst herausfinden können. Seto hatte dem Überbringer der Nachricht Gelegenheit gegeben, einen seiner berühmten Wutausbrüche mitzuerleben, und gleich darauf Kaitos Geburtsdatum und mehrere Bilder von Anzu während dieser Zeit, auf denen sie eindeutig keinen Babybauch hatte, veröffentlichen lassen. Erst danach hatte er sich eine halbe Stunde gestattet, den Bildern vor seinem geistigen Auge nachzugeben, die ihm wirklich eine schwangere, lachende Anzu zeigten. Eine halbe Stunde, sich einzugestehen, dass er mehr als glücklich wäre, wirklich ein Kind mit ihr zu haben, und dass er Kaito mit Freuden adoptieren würde, wenn sie vorher... nein. Nein, es war einfach nicht möglich, und solche Gerüchte dürfte es nie wieder geben. Zu gut erinnerte er sich noch an den Schock, auf einer der ihm so verhassten Dinnerparties einen halb angetrunkenen Gast etwas von Gozaburos unehelichem Sohn lallen zu hören. An die durchwachte Nacht danach und die Frage, ob ihn wirklich so wenig mit seinem Vater verband, dass andere Leute ihn in ihrer Phantasie einfach ersetzten konnten.
 

Kaito fasste nach seiner Hand und holte Seto in die Gegenwart zurück. „Kann ich Zuckerwatte haben?“ Seto hätte ihn am liebsten angelacht, in die Luft geworfen wie er das mit Mokuba früher manchmal getan hatte, und ihm gesagt, dass er alles haben konnte, was er wollte, alles, was man mit Geld nur kaufen konnte. Aber das war kein Verhalten, das Seto Kaiba zustand. Also nickte er nur und gab die Bestellung an die verschüchterte Verkäuferin weiter, die sofort davon hastete, um Kaiba-samas Wünschen nachzukommen. Nachdem Kaito seine Zuckerwatte in Händen hielt und Seto die übliche Tüte Cremewaffeln für Mokuba in Auftrag gegeben hatte, wandte er sich wieder an seinen kleinen Begleiter. „Was meinst du, sollen wir Anzu auch was mitbringen?“ Kaito nickte sofort. „Das da.“ Sein Finger zeigte zielstrebig auf einen der glänzenden, knallroten Liebesäpfel in der Auslage. Die Verkäuferin schenkte ihnen von weiter hinten, wo sie gerade die Waffeln abwog, einen seltsamen Blick, denn Kaito hatte sich keine Mühe gegeben, leise zu sprechen. Seto ignorierte sie. Nachdenklich musterte er das erwartungsvolle Kindergesicht, das ihm immer noch zugewand war. „Weisst du, ich glaube, das ist eine gute Idee. Eine sehr gute Idee.“ Er kramte in seinem Geldbeutel nach Kleingeld, von dem er normalerweise nicht viel mit sich führte, und bezahlte alle drei Errungenschaften, bevor sie zusammen wieder zur Achterbahn gingen, wo sich Anzu und Mokuba inzwischen die Zeit vertrieben hatten – Kaito bewaffnet mit einer Wolke Zuckerwatte, grösser als sein Kopf, und Seto mit einer Tüte Waffeln und einem geradezu vulgär bunten Liebesapfel. Die Blicke, die sie sich einfingen, wurden dadurch nicht weniger.
 

Kaito sah richtig zufrieden aus, wie Anzu beruhigt feststellte. Sie hatte fast erwartet, er würde sich gegen diesen Besuch wehren oder jedenfalls nicht besonders viel Spass daran haben, aber er schien es ganz gut aufzunehmen. Zwar war er noch immer sehr ernst und still für einen Vierjährigen, aber er sah sich alles interessiert an und plauderte sogar ein wenig mit Seto. Wie die beiden mit einander auskamen, war wirklich ein Bild für die Götter. Seto mit seinen stolzen ein Meter sechsundachzig, gegen den sich sogar Anzu wie ein Zwerg ausnahm, und daneben Kaito, den man von hinten, hätte er längere Haare gehabt, fast für eine Miniaturausgabe von Mokuba hätte halten können. Im Moment ass er zufrieden von seiner Zuckerwatte und lächelte Anzu an, offener, als er es bisher seit dem Tod seiner Eltern getan hatte. Seto war gerade dabei, Mokuba seine Süssigkeiten auszuhändigen, und wandte sich dann ihr zu. „Wir haben dir auch was mitgebracht.“ Ruhig hielt er ihr den Apfel entgegen und suchte ihren Blick. Woher wusste er blos, dass das schon immer ihr Favorit auf jedem Rummelplatz gewesen war? Unsinn, wahrscheinlich wusste er es gar nicht. Anzu kämpfte ihre Verwirrung nieder und nahm die Süssigkeit entgegen. „Danke.“, brachte sie schwach heraus. Neben ihr zupfte Kaito an Mokubas Ärmel. Der war so beschäftigt gewesen damit, seinem Bruder dabei zuzusehen, wie er sich sinnlos abmühte, Anzu die richtige Botschaft zu vermitteln, dass er eine Weile brauchte, um den Kleinen zu bemerken. „Was ist denn?“, wollte er jetzt wissen. „Können wir zur Drachenbahn gehen?“ Mokuba wirkte überrascht. „Klar. Aber willst du nicht-“ Anzu oder Seto mitnehmen, hatte er sagen wollen. Aber Kaito sah ihn fast schon flehentlich an. Dann wandelte sich das kleine Kindergesicht auf einmal in die wissende Miene eines Erwachsenen. „Meine Mama sagt, zwei, die sich lieb haben, müssen auch mal alleine sein.“ Daher wehte also der Wind. Mokuba brach in Lachen aus, während Anzu rot anlief und Seto trotz äusserer Gefasstheit noch verlegener wurde als zuvor. „Da hat deine Mama wohl recht. Na, dann komm. Dann kann ich dir auch gleich noch was zeigen.“ Mokuba griff nach Kaitos Hand und die beiden verschwanden in Richtung der Drachenbahn, für die Kaito eigentlich noch etwas klein war, aber schliesslich war er Setos Gast...
 

Anzu war noch nie so geküsst worden. Der Geschmack von Apfel und Zuckerglasur auf ihrer Zunge erinnerte fast an die ersten, schüchternen Küsse, die sie mit Yugi in der Grundschule ausgetauscht hatte. Aber Yugi hatte sie so eilig und unentschlossen geküsst, damals, als wäre die ganze Welt Zeuge und würde nur auf einen Fehltritt von ihnen warten – Seto hielt sie in seinen Armen, als SEI sie eine ganze Welt für ihn, und in diesem Moment, das wusste sie einfach, war es auch so. Wen scherte da schon, dass jederzeit jemand um die Ecke kommen und sie beide entdecken konnte.

Jäh zog er sich zurück und wandte sich ab, kaum dass Anzu diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte. „Entschuldige. Du hast jetzt wirklich andere Probleme.“ Hatte sie etwa durchblicken lassen, er sei ein Problem? Unsicher griff sie nach seiner Hand. „Wenn du einverstanden bist, hätte ich gern noch eins mehr.“ Und obwohl sie sich gleich darauf hätte schlagen können dafür, dass sie sich wieder einmal so dumm anstellte, sah Seto unglaublich erleichtert aus. So erleichtert, dass sie einfach nicht anders konnte, als sein Gesicht zwischen ihre Hände zu nehmen und ihn noch einmal zu küssen, obwohl sie von weitem schon Mokuba und Kaito zurückkommen sah. „Ich glaube, ich fange an, mich wieder in dich zu verlieben.“, fügte sie überflüssiger Weise hinzu.
 

„Anzu!“ Kaito sprang an ihr hoch, kaum, dass sie sich wieder richtig gefangen hatte. Seto stand immer noch viel zu nah bei ihr, und auf seinen Lippen lag dieses kleine Lächeln, das Mokuba ein wissendes Grinsen aufsetzen liess. Gerade noch rechtzeitig fing Anzu ihr Pflegekind auf. „Was ist denn?“ Erkundigte sie sich lächenlnd, aber nicht wenig erstaunt, dass er auf einmal so begeistert und voller Energie war, nachdem sie die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, ihn je wieder so zu sehen. Er warf die Arme um ihren Hals und umarmte sie stürmisch. „Ich habe an Mama und Papa geschrieben. Naja...“, fügte er dann hinzu, als wäre er bei einem kleinen Schwindel ertappt worden. „Mokuba hat geschrieben. Aber er hat mir gezeigt, wie ich meinen Namen schreiben kann.“ Anzu warf an Kaito vorbei einen fragenden Blick auf Mokuba. Der hob nur verlegen lächelnd die Schultern. „So, ihr habt an deine Eltern geschrieben? Wie denn?“, erkundigte sie sich dann. Kaito zeigte auf einen kleinen roten Punkt über ihnen, der wohl ein Ballon war. „Wir haben eine Karte da dran gebunden. Und jetzt wissen sie, dass sie immer ihre Post im Garten finden können.“ So ganz schlau wurde sie daraus noch nicht, aber offenbar hatte Mokuba einen Weg gefunden, den Kleinen ein wenig zu trösten, und dafür war sie ihm dankbar. „Das ist toll. Und dann willst du bestimmt auch selber schreiben lernen?“ Langsam wurde Kaito doch etwas schwer, also setzte Anzu ihn wieder ab und griff nach seiner Hand, während sie zusammen zum Ausgang gingen. Er nickte heftig. „Mokuba bringt es mir bei. Wenn er Zeit hat.“ Anzu fühlte sich auf einmal leicht, so leicht, als müsste sie gleich dem Ballon hinterher fliegen, der da auf dem Weg war zu Kaitos Eltern. Sie waren tatsächlich auf dem Weg, so etwas wie eine Familie zu werden. Sie fing Setos Blick auf, und hätte er nicht gerade jetzt seinen Arm um ihre Schultern gelegt, sie wäre wirklich davon geschwebt.
 

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T.T

Ich gebs ja zu.

Ich bin total verliebt in den Kleinen. Und dabei kommen Anzu und Seto zu kurz.

Und jetzt sind wir auch schon mit dem letzten Kapitel fertig... darauf folgt nur noch der Epilog. Glaube ich. Wenn ich nicht noch genug Ideen für ein 10. Kapitel zusammenkratze, denn eigentlich wollte ich noch eine kleine Szene einbauen... mal sehen.
 

Ach so, ja. Ich hasse den Kapiteltitel. Wenn jemand eine Idee hat, bitte sagt mir bescheid.



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  Lunata79
2012-07-28T19:13:46+00:00 28.07.2012 21:13
Hallo, hab deine FF in einem durchgelesen und bin einfach überwältigt.
Ich hab´s sehr toll gefunden, wie Seto sich allmählich doch eingestanden hat, dass er Anzu wirklich liebt.
Für mich war es eher merkwürdig zu lesen, dass Anzu plötzlich und unerwartet einen Freund namens Justin hatte. Das klingt so, als hätte sie ihre Liebe zu Seto einfach abgeschaltet. Also meiner Meinung nach funktioniert das gar nicht. Selbst, wenn man sich vielleicht kurzfristig in einen anderen verliebt, bleibt meines Wissens trotzdem noch das Herz an dem anderen hängen. Gefühle kann man nicht einfach abstellen.
Aber zum Schluss, war ich schon etwas enttäuscht, dass nicht genau drauf eingegangen wurde, wie beide dann wirklich zusammen gekommen sind und wie´s weitergeht, bis eben mind. zur Hochzeit. (hab in die Fortsetzung hineingelesen.)
Ich war ja schon irritiert, als sie in Kaibaland waren, dass Seto und Anzu sich küssen, ohne dass jemand gewusst hat, dass sie füreinander dasselbe empfinden. Zumindest hab ich kein Wort seitens Seto jemals mitbekommen.

Im großen und ganzen war ich wirklich begeistert von deiner FF.

Lg
Lunata79
Von:  Shizuka_chan
2009-04-14T14:16:44+00:00 14.04.2009 16:16
Hey!

Diesmal hat mir die Darstellung von Kaito schon viel besser gefallen. Auch wenn Anzu und Seto dadurch ein bisschen zu kurz kommen, das macht nichts. So wird es nicht zu kitschig. Ich fand es gut, dass du ihn so stark eingebaut hast. Und ich würde auch bei diesem Kapitel als letztem Kapitel bleiben und nur noch einen Epilog schreiben. Wenn da jetzt noch mehr kommt, verfliegt irgendwie der "Zauber", den du mit den letzten Sätzen zwischen Seto und Anzu aufgebaut hast. Das Kapitel war echt super, so wie es war, auch dass du Kaito so stark eingebaut hast. Hut ab!

Liebe Grüße
Shizuka-chan
Von:  Mona-Kaiba
2008-06-09T18:53:10+00:00 09.06.2008 20:53
Na endlich!
Ein Kuss.
Ich meine natürlich: Ein Kuss mit Bedeutung.
Aber es ist echt schade, dass die Geschichte jetzt schon fast vorbei ist, derweil hat es gerade angefangen spannend zu werden.

Sagst du mir, wenn der Epilog in ist?

LG
Mona

PS: Ich hab es an einem Tag geschafft. ^^
Von: abgemeldet
2008-05-24T15:54:37+00:00 24.05.2008 17:54
ohhh das war sooo süß!
Wirklich klasse gemacht!
Mir ist der kleine wirklich ans herz gewachsen, du bringst ihn wirklich supa rüber! Jetzt werden sie alle eine kleine Familie!Oh wie süß!
Das letzte Kapi?!*traurig guck* Schade! DIe Story ist so toll, das ich mir wirklich wünsche, dass das noch nicht das ende ist!
Ich würde mich freuen, wenn du wirklich noch ein Kapi schreiben würdest, vor dem Epilog mein ich. Das wär wirklich klasse!
Nichts desto trotz ich freu mich aufs nächste Kapi bzw auf dem Epi.
Bis dann, mach bütte schnell weider^^
Von: abgemeldet
2008-05-21T18:18:02+00:00 21.05.2008 20:18
süüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüß

finde es toll einfach supi^^

hoffe du schreibst witer weil es ist echt spannend

lg figo18

Von:  7Nine
2008-05-19T12:16:52+00:00 19.05.2008 14:16

Joa ... Nun kommich endlich mal dazu ein Kommi zu schreiben.
Dass das das Ende ist merkt man nciht wirklich ehrlich gesagt Oo
Sicher es kommt noch ein Epilog, dennoch wirkt das irgendwie abgehackt.
Naja, wenn keine Ideen mehr da sind ^^

Das Kapitel gefehlt mir wirklich gut ^^
Auch wenn es dir so vorkommt,als würde Kaito von allem am meisten vorkommen muss ich sagen, war es doch recht ausgeglichen ^^

Joa ^^ Soviel dazu ^^
Von:  LawChan
2008-05-18T12:04:44+00:00 18.05.2008 14:04
hallo^^

jop,ich komm mal wieder dazu kommis zu schreiben^^
war in letzter zeit so gestresst T0T
naja wie auch immer^^

zur ff:
das ist nicht dein ernst???
oder?
willst du wirklich schon aufhören?
jetzt wo es so spannend wird?
das wäre voll schade *schnief*
naja kann man nix machen,aber es war so eine schöne ff!!!
von anfang an!
aber ich freue mich schon riesig auf den prolog^^
was aus seto und anzu nun geworden ist^^
heiraten sie?^^

stimmt da hast du recht,der kleine kaito ist dir wohl ziemlich ans herz gewachsen was^^
du schreibst sehr schön von der sicht eines 4jährigen^^
total niedlich^^
auch wie sehr sich seto um den kleinen gekümmert hat^^
der perfekte vater XD
und die idee mit den liebesapfel XD
das war so niedlich^^
schön das sie am ende doch zuenander gefunden haben^^

bin schon total auf den prolog gespannt^^
und das kap war echt supi^^

lg Satine^^
Von: abgemeldet
2008-05-17T14:01:42+00:00 17.05.2008 16:01
hallo!!

dieses kapitel ist wirklich einmalig klasse. :-) *freu*
aber ist das wirklich schon das ende?? nicht das ich mich nicht darüber freuen würde, dass anzu und seto jetzt schon ihr "happy end" haben, aber ich finde es irgendwie schade, dass die ff dann schon fast zu ende ist, weil ich diese geschichte wirklich mag. :-)

und ja, der kleine kaito ist wirklich süß, ich würde mich echt drüber freuen wenn die geschichte noch weiter geht. von mir aus, könntest du ewig lang weiterschreiben. :-)

glg Heli
Von: abgemeldet
2008-05-17T06:16:38+00:00 17.05.2008 08:16
ist das wirklich das Ende?
Naja ich freue mich dann wirklich auf den Prolog.
Bin schon so gespannt wie es weiter geht.

Das Kapitel hast du sehr gut rüber gebracht.
Wirklich gut geschrieben.
lg maria
Von:  Jhix
2008-05-17T05:57:42+00:00 17.05.2008 07:57
Ich finde das Kapitel einfach herrlich. Ich finde es schade das es bald vorbei ist. Ich freu mich aber auch schon auf den Schluss.
HDL Ashura01


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