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One-Shot-(WB-Beitrags)-Sammlung
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Ein Leben in Freiheit

Ein kleines One-Shot über einen meiner RPG-Charaktere.

Einen Teil seiner Vergangenheit, um genau zu sein.

Ich hoffe, ich bin damit nicht völlig am Thema vorbei. ^^
 

WBs:

http://animexx.onlinewelten.com/wettbewerbe/wettbewerb.php?id=38625

http://animexx.onlinewelten.com/wettbewerbe/wettbewerb.php?id=39354

RPG:

http://animexx.onlinewelten.com/rpg/?modus=beschreibung&rpg=372001
 

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Ein Leben in Freiheit
 

10:00 Uhr Morgens.

Die Kirchturmuhr setzte gerade zum letzten Schlag an. Das Frühstück war längst gegessen, doch nur wenige der Bewohner waren hier in diesem Park im Augenblick unterwegs. Der Grund: Es war Sonntag. Viele der alten Leute, die dieses Heim bewohnten, zu welchem dieser Park gehörte, waren jetzt in der Kirche. Marik nicht. Er gehörte dort nicht hin. Das hatte er noch nie. Er konnte sich nicht einmal erinnern, ob er ein Gotteshaus jemals von innen gesehen hatte.

Zurückgelehnt, auf einer der zahlreichen Bänke, saß er da und genoss die Ruhe. Im Augenblick jedenfalls. Doch es gab auch Tage, da schien sie ihn förmlich zu erdrücken.

Einen dieser Tage war vor reichlich einem Monat gewesen. Da waren sie sogar gezwungen, ihn ruhig zu stellen mit Medikamenten, weil er angefangen hatte, zu randalieren. Zum Glück hatte er niemanden der Bewohner verletzt. Das wäre auch nicht in seinem Sinne gewesen. In diesem Fall wäre er ganz bestimmt rausgeflogen. Er war einfach durchgedreht. Hatte völlig die Kontrolle verloren.

Jetzt war er wieder völlig er selbst. Die Ruhe in Person. Zu Diensten, wenn es von Nöten war.
 

Doch wenn er ehrlich war, kam das immer wieder in ihm hoch, wenn seine Frau hier gewesen war. Das einzige, worauf er sich bei ihren Besuchen noch freute, war sein Sohn Devan.
 

Gail hatte ihn in dieses betreute Wohnen angeschoben, nach seinem Unfall. Einen Unfall, der sein Leben völlig verändert hatte, doch sie kam damit wohl noch weniger klar. Wie er sich dabei fühlte, schien ihr wohl nicht so wichtig. Marik war seit reichlich drei Jahren Blind.

Gelangweilt starrte er vor sich hin. Dabei begann er auch jetzt wieder mit dem Blindenstock rhythmisch vor sich auf den Boden zu klopfen. Der Herbst hatte die Blätter längst rot gefärbt. Davon bekam er jedoch schon lange nichts mehr mit. Ein kühler Windhauch zog kurz an der Kapuze seiner Regenjacke, dann rissen ihn Schritte aus den Gedanken. Die Person, welche sich näherte, sagte zunächst kein Wort, also grübelte er bewegungslos, um wen es sich handeln könnte. Er hörte diese Schritte bereits aus weiter Entfernung. Sein Gehör war bemerkenswert, aber das war es auch schon vor seinem Unfall gewesen. Es waren zügige Schritte. Es konnte sich also nicht um einen der zumeist alten Menschen hier handeln.
 

„Hallo Marik.“ Die herangetretene Person blieb neben ihm stehen. Clarice, eine der Pflegerinnen war es. Der Angesprochene sprang sofort von der Bank auf und wand sich zu ihr um.

„Auch Hallo.“ Er lächelte. „Du hast neue Schuhe? Ich hatte dich gar nicht erkannt.“

„Richtig geraten.“

Clarice lächelte zurück, auch wenn er das nicht sehen konnte. Sie arbeitete noch nicht lange hier. Vielleicht zwei Monate, doch diesen Mann hatte sie irgendwie gleich ins Herz geschlossen. Ein aufrichtiger Kerl und sie allein kannte sein ganzes Geheimnis. Clarice war es auch, die ihm diese dunkle Brille besorgte, die er jetzt trug. Ihrer Meinung nach, stand sie ihm unheimlich gut.

„Ich habe hier einen Brief für Sie“, sagte sie schließlich. „Ich weiß nur nicht von wem er ist. Das steht auf dem Umschlag nicht drauf.“
 

Marik nahm die Hände hinter den Rücken und somit auch den Blindenstock und sah sie erwartungsvoll an.

„Na dann mach ihn auf und ließ ihn mir vor“, gab er abermals lächelnd zurück.

Die förmliche Anrede hatte er bei ihr irgendwann abgelegt. Sie war eine von drei Personen, die wussten, dass er nicht so menschlich war, wie es schien. Auch wenn es sich bei ihr wohl eher um einen Zufall gehandelt hatte, dass sie gerade in einem Moment mit vollen Händen sein Zimmer betrat, als er nur in Shorts herumgelaufen war. Marik hatte das Klopfen nicht gehört und sie war nicht in der Lage gewesen, noch einmal anzuhalten, weil sie zu viele Sachen in den Händen hielt und ihr diese sonst wohl entglitten wären. Clarice war erschrocken gewesen, als sie seinen Schwanz sah, welcher sein Hinterteil zierte, der ihm so reichlich bis ans Knie geht, doch er hatte ihr versprochen, ihr diese Sache zu erklären, wenn sie versprach, nicht loszuschreien. An ein Paar Schwingen, die ihn ebenfalls einst geziert hatten, erinnerten jetzt nur noch zwei Narben an seinem Rücken. Beide hatten ihre Versprechen gehalten und darum waren sie jetzt auch hier an jenem Punkt. Allerdings war sie die einzige, die wusste, dass er nicht gänzlich blind war. Das diese Pflegerin so viel von ihm wusste, war für Marik schließlich der Grund, auf Förmlichkeiten zu verzichten. Dennoch sprach sie ihn auch jetzt noch mit Sie an. Clarice meinte, dass ihr etwas anderes nicht zustünde. Das sie es nicht durfte, aber hin und wieder waren sie auch allein und da tat sie es dennoch nicht.
 

„Ich...“ sie senkte den Blick. „Vielleicht sollten Sie ihn einfach mit in Ihr Zimmer nehmen und ihn dort in Ruhe lesen.“

„Ach Unsinn.“ Marik ließ sich wieder auf der Bank nieder und klopfte neben sich, dass es ihm die Pflegerin gleich tat. „Ich habe doch keine Geheimnisse mehr vor dir. Das geht schon in Ordnung.“

Sie war wieder schrecklich nervös. So unruhig, dass der dämonische Teil in ihm, es mehr als deutlich spüren konnte. Zugegeben machte es ihm zusätzlich aber auch Spaß sie so zu erleben. Er lächelte einfach vor sich hin, ohne, dass sie den wahren Grund dafür kannte.

„Na schön.“ Mit einem Lächeln und klopfendem Herzen ließ sie sich schließlich doch neben ihm nieder. Es dauerte eine Weile, bis sie den Umschlag offen hatte. Sie wollte ihn ja nicht völlig zerreißen und einen spitzen Gegenstand hatte sie auch nicht dabei.
 

Doch als sie ihn offen hatte, verzog sie kurz das Gesicht.

„Er ist von Ihrer Frau.“

Auch Mariks gute Laune legte sich augenblicklich. Was sie wohl wollte? Viel Gescheites konnte es nicht sein. Sie war seit Wochen nicht hier gewesen und seinen Sohn hatte er somit auch nicht wieder um sich gehabt.

Unruhig wand er ihr den Blick zu. Er konnte ihr trauriges Gesicht nicht sehen. Für ihn war die Frau, neben ihm, jetzt nur eine Silhouette. Und das auch nur, weil sie die kleine Fichtenhecke im Hintergrund hatte. Die Dunkelheit in ihrem Rücken, machte sie für ihn soweit sichtbar.

„Was ist denn nun?“ So langsam wurde er ungeduldig.

Clarice hatte nur kurz die handgeschriebenen Worte überflogen. Das was sie las, machte sie traurig, dass sie wohl in Tränen aufgebrochen wäre, hätte sie es vollständig vorgelesen.

„Marik.. sie... Gail will die Scheidung.“

Nur schwer kamen der Pflegerin diese Worte über die Lippen.

Marik schluckte hart.

„Sie will was? Bist du dir sicher?“

„Ich befürchte schon. Sie hat auch gleich die Scheidungspapiere mitgeschickt.“

Clarice blätterte darin herum.

„Und das alleinige Sorgerecht für Ihren Sohn will sie auch.“

Diese Worte warfen Marik fast um. „Sie macht keine halben Sachen“, stieß er gepresst aus und erhob sich mit einem Ruck von der Bank. Das konnte doch nicht wahr sein! War das also der Grund, warum sie hier nie wieder aufgetaucht war? Er wurde gerade abserviert? Am liebsten hätte er wieder irgend etwas zerschlagen, aber nicht vor Clarices Augen. In ihrer Gegenwart würde er nicht wieder ausfällig werden. Dieses eine Mal hatte gereicht.
 

Von ihr abgewandt, lief er einige Schritte davon, bis er dann jedoch mitten auf dem Weg wieder anhielt und tief durchatmete.

„Marik?“ Clarices Stimme ließ ihn aufhorchen. „Was haben Sie jetzt vor?“

Er brachte einen Moment, bis er sich die richtigen Worte zurecht gelegt hatte.

„Ich denke, ich werde ihr diesen Gefallen tun.“

Immerhin gab es noch einen weiteren Grund, warum sich Gail gegen ihn stellte. Einen Grund, den er noch niemanden erzählt hatte. Auch Clarice nicht.

„Sind Sie ganz sicher, dass Sie das wollen?“

Marik wand sich, nach ihren Worten, wieder zu ihr um.

„Welche Möglichkeiten habe ich denn?“

Clarice senkte sofort den Blick, auch wenn Marik dies nicht sah. Ihre Frage war so unsinnig gewesen. Sie ärgerte sich, diese überhaupt gestellt zu haben. Ein Schweigen lag sofort zwischen ihnen.
 

Mariks Gedanken schweifen in die Vergangenheit ab. Die Wurzel allen Übels war seine Herkunft. Die Tatsache, dass er nur zur Hälfte ein Mensch war, nagte schon so lange an ihm. Damals war es noch notwendig gewesen, sich zu verstecken. Dort, wo er aufgewachsen war, bei seinem Vater, hätte man ihn vielleicht verfolgt und weggesperrt. Oder ihn womöglich gleich getötet. Etwas, was nicht menschlichen Ursprungs war, war den Leuten noch nicht bekannt. Was es das anging, war er froh, in der jetzigen Zeit endlich Ruhe gefunden zu haben. Die zahlreichen Kriege hatten so viele Menschenleben gefordert. In der Provinz, wo er aufgewachsen war, hatte es zum Glück derartige Ausmaße nicht angenommen. Hier war annähernd alles weiterhin seinen normalen Gang gelaufen, außer der Tatsache, dass er sich nicht mehr verstecken musste.
 

In der Zeit, nach den großen Kriegen, lernte er irgendwann Gail kennen, doch ihre Zuneigung, dem, was er war, gegenüber, sollte nicht von Dauer sein. Denn schon nach kurzer Zeit, hatte sie eine andere Vorstellung von ihrem Leben. Gail wollte das ewige Leben. Die Mythen und Legenden, von Wesen, welche niemals sterben würden, waren jetzt keine Legenden mehr. Sie wollte das auch. Immer jung sein, niemals sterben und Marik sollte ihr das geben. Jahrelang hatte er versucht, ihr das auszureden, doch es wollte in ihren Dickschädel einfach nicht rein. Er war kein Vampir, der einem Menschen das ewige Leben schenken konnte. Zugegeben, er würde vielleicht länger leben, als ein Mensch, doch die Unsterblichkeit schenken? Ein Dämon war dazu doch gar nicht in der Lage. Schon gar nicht er, der er doch nur zur Hälfte ein Dämon war. Dieser ständige Streit hatte schließlich alles zerstört und dann hatte er diesen seltsamen Unfall...
 

Marik war sofort wieder in der Gegenwart, als sich ihm abermals Schritte näherten.

„Geht es Ihnen nicht gut?“ Clarice klang schrecklich traurig, als sie vor ihn trat. Marik atmete tief durch und versuchte wieder vollends zur Besinnung zu kommen.

„Doch, ich... ich denke es geht wieder.“ Er lächelte gequält. Er war sich jedenfalls sicher, dass es gequält ausgesehen haben musste. „Ich danke dir. Darf ich?“ Marik streckte die Hand nach dem Handschriftlich geschriebenen Brief aus.

„Sicher.“ Clarice klappte alles wieder zusammen und steckte es zurück in den Umschlag. Erst dann reichte sie ihm diesen entgegen.
 

Seine Hand zitterte, als er ihr den Brief abnahm. Wenn er in der Dunkelheit seiner vier Wände war, würde er sich dieses Schreiben genauer ansehen, aber hier würde das nicht viel bringen.

Clarice seufzte. Sie mochte diesen schwarzhaarigen Kerl. Den Mann, der so viel jünger aussah, wie er eigentlich war. 57 Jahre sollte er alt sein? Kaum zu fassen. Er sah nicht älter wie dreißig aus. Nicht ein einziges graues Haar war auf seinem Kopf zu finden. Auch an seinem Kinn nicht. Auch nicht die kleinste Falte. Als sie ihn kennen lernte, hatte sie sich noch darüber gewundert, doch seit sie von seiner halbdämonischen Abstammung wusste, war ihr so einiges klar.
 

„Sie ist ein verdammtes Miststück!“

Clarice konnte sich nicht mehr im Zaume halten. Eine Tatsache, welche Marik ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Er trat einen weiteren Schritt näher an sie heran.

„Sind wir unbeobachtet?“

Die Pflegerin sah sich sofort prüfend um.

„Ja. Für mich sieht das so aus.“

Langsam streckte er die Hand nach ihr aus, bis er ihr Gesicht berührte. Ohne ein Wort strich ihr Marik vorsichtig die Haare hinter das Ohr und küsste sie kurz auf der Wange.

„Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast“, flüsterte er und legte dabei seinen Arm um sie. Marik versuchte ihren Blick zu erhaschen, aber dafür war es zu hell. Seine Nachtsichtigkeit, die ihm nach seinem Unfall erhalten geblieben war, würde erst zur Abenddämmerung wieder funktionieren. Auch mit dieser Sonnenbrille nahm er nur wage seine Umgebung war.

Clarice roch so unbeschreiblich gut. Immer, wenn sie in der Nähe war, wurden seine dämonischen Sinne wach.

„Ich...“ Wieder wurde sie ungeheuer nervös. Es war das erste Mal, dass er sich so nah an sie heranwagte. Unruhig sah sie sich abermals um und fasste dann nach seiner Brille, um ihm diese auf den Kopf zu schieben. Clarice scheute sich nicht, vor seinen trüben, starren Augen. Ein Blick, der schon so viele geängstigt hatte. Sie hatte ihn so kennen gelernt. Diese Augen waren eben ein Teil von ihm.
 

Der Halbdämon vor ihr lächelte und begann zunehmend unruhiger zu Zwinkern. Im Augenblick war sie es, die ihn hier nervös machte. Er fühlte sich nicht unwohl, bei dem, was er hier tat. Nein. Einzig die Tatsache, dass die Beiden hier am hellerlichten Tag mitten auf einem der Wege im Park standen, störte ihn.

Clarice nahm schließlich all ihren Mut zusammen und tat etwas, was sie schon längst hätte tun sollen: Sie küsste ihn auf die Lippen. Marik schloss sofort sie Augen und hielt die Luft an. Ihre Lippen fühlten sich so weich an. Der Halbdämon genoss jede Sekunde dieser Berührung. Nach dieser niederschmetternden Botschaft, war das wohl das beste, was ihm jetzt passieren konnte. Als hätte Clarice seine Gedanken gelesen. Seine Schwanzspitze zuckte unruhig, in seinem Hosenbein. Auch jetzt verbarg er dieses unmenschliche Teil an ihm lieber. Diese Frau war mehr für ihn, als er sich selbst eingestehen wollte. Sie war noch so jung, aber das war ganz sicher nicht der Grund. Sie war allemal alt genug, um zu wissen, was sie hier gerade tat, dennoch tat es ihm leid, dass er dem jetzt Einhalt gebieten musste.
 

„Es geht nicht, Clarice.“ Behutsam griff er ihre schmalen Schultern und schob sie ein Stück von sich weg.

„Sie will dich nicht!“, entwich es ihr voller Zorn. „Diese Gail tritt dich mit Füßen.“ Marik war sofort aufgefallen, dass die junge Pflegerin in ihrer Verzweiflung auf die förmliche Anrede verzichtete.

„Ich weiß. Und darum werde ich ihr diesen Gefallen auch tun, aber ich kann nicht hier bleiben. Das ist unmöglich.“

„Wie bitte?“ Clarice zog erschrocken die Luft ein. „Du willst weggehen?“, flüsterte sie.
 

Der Halbdämon nickte und schob sich die Brille wieder vor die Augen.

„Ich kann nicht hier bleiben, Liebes. Ich befürchte, ich werde hier nur wahnsinnig...“ Seufzend senkte er den Blick. „Versteh mich bitte. So gerne ich auch in deiner Gegenwart bin, in diesem Haus kann ich nicht bleiben.“ Fest umklammerte er den Briefumschlag und knüllte ihn dabei fast zusammen.

„Wenn sie die Scheidung will – und diesen Gefallen werde ich ihr tun – stehe ich nicht länger unter ihre Fuchtel.“

Dieser Tatsache war sie sich sicherlich gar nicht bewusst gewesen, als sie dieses Schreiben abschickte. „Ich bin nicht geistig behindert. Ich komme auch ohne Vormund zurecht.“
 

Clarice atmete tief durch. Auch wenn ihr nicht gefiel, was ihr dieser Mann gerade erzählte, hatte er recht. Mit allem. Das er nicht hier her gehörte, dass er sehr wohl dazu in der Lage war, frei zu handeln und dennoch... Sie spürte deutlich, wie ihre Augen feucht wurden.

„Na schön... ich werde dir helfen.“

„Was?“ Marik legte die Stirn in Falten. „Mir helfen?“

„Ja. Das du hier wegkommst. Mich um deine Kündigung hier kümmern... Sag mir, was ich tun soll.“

Ein Stein fiel ihm augenblicklich vom Herzen, obwohl er nicht glauben konnte, was er gerade hörte. Sie wollte ihm helfen? Und so wie sie klang, was das ihr voller Ernst. Seine Unterlippe zuckte, als er sie wieder ansah, auch wenn er sie nicht erkennen konnte. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Es hatte ihm völlig die Sprache verschlagen.

„Ein Danke reicht doch“, sagte die Pflegerin einen kurzen Augenblick später. „Wenn es so weit ist, versteht sich.“ Clarice verstummte, als sie Schritte hinter sich hörte. Langsame Schritte und die quietschenden Geräusche eines Rollators. Schnellstens trat sie aus dem Weg und wand sich danach um.
 

„Schönen guten Tag, Frau Simic.“

„Oh guten Tag, Clarice.“ Sie hob den Blick und lächelte auch den Halbdämon an. Von seiner Herkunft hatte sie nicht die geringste Ahnung. Dennoch hatte diese alte Dame ihn ziemlich schnell mögen gelernt. „Dir auch einen guten Tag, Marik.“ Er nickte nur und lächelte zurück.

„Schon von der Kirche zurück?“, fragte Clarice, obwohl die Beiden nicht wirklich ein Interesse an einer Unterhaltung mit der alten Dame hatten. Aber sie versuchte eben ihrer Arbeit nachzugehen und sich mit jedem hier zu beschäftigen. Marik seufzte. Sie würde ihm wirklich fehlen.
 

Nach einer recht langweiligen Unterhaltung, an welcher sein Geist schon gar nicht mehr teilnahm, weil er mit den Gedanken längst bei anderen Dingen war, waren sie wieder allein. Clarice trat sofort näher, als sie wieder unbeobachtet waren.

„Also bis heute Abend?“ Sie wartete kurz auf eine Reaktion von ihm. Was sie erhielt, war schließlich ein Nicken. „Ich muss jetzt wieder zurück, bevor sie mich vermissen“, sagte sie und klang dabei bereits traurig. „Ich habe heute Abend noch meine Fortbildung. Ich bin frühestens 21:00 Uhr zurück. Das ist hoffentlich in Ordnung?“

Anstatt ihr sofort zu antworten, griff er sich ihre Hände. „Ich bin dir so dankbar, Clarice. Natürlich ist das in Ordnung.“ Er war kurz davor, sie zu umarmen, doch er ließ es bleiben. Sein Herz klopfte dennoch fürchterlich wild.

„Also bis heute Abend.“ Seine freudige Erwartung darauf, sah man ihm sicherlich an.

„Ich beeil mich“, ließ Clarice noch verlauten, während sie bereits ein Stück des Weges ging, sich aber noch einmal nach ihm umwand. „Ich hoffe, du kannst dich so lange noch sinnvoll beschäftigen...“

„Ich denke, ich werde mal nach der Köchin sehen, auch wenn sie mich nicht in der Küche haben will.“ Das er ständig Vorschläge hatte, wusste alle hier in diesem Wohnheim.
 

Nach einer unterhaltsamen Diskussion mit der Köchin, die ihn irgendwie wieder ziemlich positiv aufgeputscht hatte, war er in seinem Zimmer verschwunden, um sich nun endlich diesen Brief genauer anzusehen. Vorsorglich zog er alle Vorhänge zu und legte die Brille auf dem Tisch ab. Dann ließ er sich auf dem Bett nieder.

Schmalzig und ausgeschmückt waren ihre Worte, wie er feststellen durfte. Genau so etwas hatte er erwartet. Genau das richtige, für ahnungslose Pfleger, welche ihm diese Worte vorlasen, aber Marik las zwischen den Zeilen. Sie wollte also die Scheidung? Dann gab das hier alles endlich einen Sinn. Sein abgeschoben werden in diese Unterkunft. Sie wollte ihn aus dem Weg haben. Aber wie lange schon? Er war so sauer. Dieser Gedanke brachte ihn schier zum rasen. Dabei vergaß er auch sofort wieder die lustige Unterhaltung mit der Köchin. Gail hatte also höhere Ziele und er war ihr im Weg? Na schön! Er würde ihr nicht länger im Wege stehen. Ohne, sich von seinen Schuhen getrennt zu haben, ließ er sich auf dem Bett nach hinten fallen. Zum Mittagessen würden sie ihn schon wecken. So lange konnte er hier noch ein Nickerchen machen.
 

Die Zeit, nach dem Mittagessen, war für ihr zur reinsten Tortur geworden. Keinen Moment lang konnte er auch nur einen klaren Gedanken fassen, was natürlich nicht verwunderlich war, dennoch machte er sich damit bereits verdächtig. Pflegern und Mitbewohnern war dies das ein oder andere Mal aufgefallen, dass Marik gezwungen war, sich zurückzuziehen. Außerdem musste er ohnehin noch packen. Er hatte nämlich nicht vor, offiziell zu gehen. Ein heimliches verschwinden mit nachträglicher Abmeldung war eher in seinem Sinne, aber konnte er so etwas Clarice überhaupt zumuten? Sie würde Ärger bekommen. Das stand ganz klar fest. Vielleicht verlor sie auch ihren Job? Auf jeden Fall würde er sich für sie einsetzen, sollte das wirklich passieren. Die Schuld auf sich nehmen, was ja auch der Wahrheit entsprach.
 

Die Diensthabende Pflegerin war gerade auf die Toilette verschwunden, als er abermals unruhig eine Runde über den Gang drehte. Sie war eine von denen, bei der er wusste, dass es immer etwas länger dauerte. Das war die Gelegenheit. Das Büro und der Kopierer war unbeobachtet. Also trat er schnell in sein Zimmer zurück und würde erst einmal eine Kopie von diesem Schreiben machen. Sicher war sicher. Er kopierte es einmal ohne und einmal mit Unterschrift. Endlich konnte er sie darunter setzten. Und kaum war die passiert, fühlte er sich auch bereits frei. Ein Last fiel ihm von den Schultern. Die Ungewissheit, was ihn hier sonst erwartet hätte. Jetzt endlich konnte er wieder selbst über sein Leben bestimmen.

Sein Tun schließlich, wie zu erwarten, unbeobachtet zu Ende gebracht, verschwand er sofort wieder in seinem Zimmer. Noch! Noch war es sein Zimmer. Er würde es nicht vermissen. Soviel stand fest. Nicht, dass er es hier jemals schlecht gehabt hatte, doch um sich wirklich wohl zu fühlen, brauchte er mehr.
 

Als die Dämmerung endlich einsetzte, atmete er erleichtert auf. Marik hatte seit gefühlten Stunden am Fenster gestanden und hinausgestarrt und endlich war es soweit. Nicht mehr lange und Clarice würde kommen und ihn endlich hier wegholen.

Wie dieses Verschwinden von hier vonstatten gehen würde, hatte er sich genau überlegt. In Gedanken war er diesen Plan immer wieder durchgegangen, aber viele andere Möglichkeiten gab es für ihn im Augenblick nicht. Seit Vater hätte ganz gewiss nichts dagegen, wenn er zurück kam. Marik hatte den alten Mann schon ewig nicht mehrgesehen, doch durch seine Arbeit hatte es auch so selten Gelegenheiten gegeben, ihn zu besuchen. Diese Zeiten waren jedoch vorbei. Kein Hotel oder Restaurant der Welt würde einen Koch einstellen, der bei Licht gänzlich blind war. In welcher Küche herrschte schon Dunkelheit? So etwas gab es eben nicht.
 

Für ihn spielte sich das Leben jetzt in der Nacht ab. Die Abenddämmerung hatte er lieben gelernt. Sobald das letzte Licht verschwand, wurde für ihn die Welt um ihn herum sichtbar. Zugegeben, er konnte weder den Mond noch die Sterne sehen, aber alles andere war für ihn klar und deutlich sichtbar. Trotz, dass er durch diesen ominösen Unfall sein gänzliches Farbsehen eingebüßt hatte, war es allemal besser, als gänzlich blind zu sein.
 

Dass er seine Sicht nicht ganz verloren hatte, hatte er Gail nie erzählt. Wozu auch? Sie hinterging ihn doch schon viel länger. Sein Job hatte eben viel Zeit in Anspruch genommen. Und manchmal war er vor zwei Uhr Nachts nicht zu Hause. Gail hatte immer wer weiß was vermutet, aber dazu hatte er nie einen Grund gehabt. Warum sollte er fremd gehen? Er hatte seine Frau immer geliebt. Aus ganzem Herzen. Nie hätte er eine Andere gewollt, aber das die Dinge so laufen würden? Nie wäre er darauf gekommen.
 

Eine, für ihn, lautstarke Unterhaltung auf dem Gang, brachte ihn aus seinen Gedanken zurück. sofort warf er einen Blick auf die unbeleuchtete Uhr in der hinterste Ecke seines Zimmers. Reichlich halb neun. Noch eine halbe Stunde...

Marik schob den Riegel des Fensters auf und blickte hinunter. Nicht weit von hier, waren die Parkplätze. Hier würde Clarice ganz sicher ihren Wagen abstellen. Die Tasche, mit seinen Habseeligkeiten, würde er ihr entgegenwerfen...

Gepackt war sie jedenfalls schon. Hin und wieder tat er noch etwas dazu, aber im groben und Ganzen hatte er alles Wichtige eingesteckt.

Er würde hier her ja nicht sofort den Kontakt ganz abbrechen, aber im Augenblick wollte er einfach nur weg von hier. Dieses hier herumsitzen und auf nichts warten brachte ihn um den Verstand. Mariks Blick hing an den schwarzen Punkten, welche rechts und links der Gehwege in der Luft zu schweben schienen. Für einen normalsehenden, würden statt derer die leuchtenden Punkte der Laternen sein. Für ihn waren es schwarze Punkte. Auch wenn ihn seine Sicht auf die Dinge so manches Mal Schmerzen bereitete, hatte es doch auch jetzt noch etwas faszinierendes. Ob es wohl irgendwo Jemanden gab, der bei Lichtquellen das gleiche sah? Dieser Gedanke war ihm in letzter Zeit öfter gekommen, aber vorstellen konnte er sich das nicht.
 

Marik schloss das Fenster wieder und setzte sich auf sein Bett. Die bepackte Tasche hatte er darunter geschoben. Sie war zu auffällig hier mitten im Raum, sollte jemand eintreten und er wollte sich nicht erst verdächtig machen. Sich freiwillig einer unnötigen Fragerei auszusetzen, war nicht in seinem Sinne. Er seufzte und erhob sich schließlich wieder. Das Geräusch, eines Wagens, hatte seine Aufmerksam geweckt. Jemand fuhr auf den Geländeeigenen Parkplatz. Doch als er hinausblickte, musste er feststellen, dass es nicht Clarices verbeulter Kleinwagen war. Irgend etwas anderes, wesendlich Größeres hatte sich unten auf dem Parkplatz quer gestellt. Na wunderbar. Auch das noch. Jemand, der ihn bei seinem Verschwinden beobachten würde? Das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen.
 

Ohne länger darüber nachzudenken, trat er wieder vom Fenster weg und griff sich seine Jacke. Für einen Blinden war es genaugenommen egal, wann dieser durch den Park lief und bei ihm machten sie ohnehin eine Ausnahme. Immerhin war er nicht gebrechlich, wie manch anderer Bewohner hier. Er verließ mit seinem Stock sein Zimmer und betrat unauffällig die schmale Treppe, die hier ohnehin kaum einer benutzte. Der Fahrstuhl war eindeutig das beliebtere Hilfsmittel. Wenn er dann verschwand würde er ebenfalls die Treppe nehmen. Schön, wenn ihn jetzt jemand sah, würde es beim zweiten Mal sicherlich Fragen geben, aber im Augenblick war keiner hier in der Nähe. Die Bewohner, waren bis auf einige wenige bereits in ihren Zimmern.
 

Mit langsamen Schritten verließ er schließlich das Gebäude und näherte sich „rein zufällig“ den unbekannten Wagen. Im Fahrzeug selbst, konnte er keine Person mehr ausmachen. Sie war wohl längst im Gebäude verschwunden. Wahrscheinlich auf einer der unteren Etagen, sonst wären sie sich sicherlich irgendwo auf der Treppe begegnet. Das Nummernschild selbst, war ein ihm Unbekanntes. Marik lief ein, zwei Mal um den Wagen herum, als sich die Haustür öffnete und der vermeidliche Fahrer heraustrat. Es handelte sich um eine Fahrerin. Ohne Aufsehen zu erregen, trat er leise einige Schritte zurück und dicht an die nächste Hauswand. Wenn diese Person ein Mensch war – und da war er sich ganz sicher – würde sie ihn hier nicht ausmachen können. Er beobachtete sie genau. Er war sich sicher, dass er diese Frau noch nie gesehen hatte, aber was machte sie um diese Uhrzeit hier? Für einen Besuch eines Bewohners war es nun wirklich zu spät. Die Unbekannte stieg in ihren Wagen, schaltete die Scheinwerfer ein und verschwand wieder, ohne ihn bemerkt zu haben. Vielleicht hatte sie irgendwem irgend eine Nachricht hier gelassen...
 

Marik dachte nicht länger über die Unbekannte nach und begab sich nun doch noch einmal auf den Kiesweg, welcher ihn durch den Park führte. Den sauberen Park würde er vielleicht ein bisschen vermissen. Besonders bei Nacht. Aber nur ein bisschen. In der Gegend, in der sein Vater lebte, hatte er den ganzen Wald vor der Nase. Er würde mit den Hunden ein paar Nachtwanderungen machen. Sein Herz machte einen Freudensprung, wenn er nur daran dachte. Ob er wohl die Züchterei und die Hundeschule noch hatte? Irgendwie machte sich bei dem Gedanken ein schlechtes Gewissen bei ihm breit. Er war so lange schon nicht mehr dort gewesen, aber wenn er nun doch einmal Zeit für einen Besucht gehabt hätte, war ihm Gail dazwischen gekommen. Aber warum hatte sie das zu unterbinden versucht? Sein Vater war ein herzensguter Mensch. Immer. Und die Leute, im Dorf, sprachen auch nicht anders über ihn. An die Tatsache, dass er von einem Tag zum nächsten plötzlich einen Sohn hatte? Nun, einige hatten sich ziemlich das Maul darüber zerrissen, immerhin war er damals erst 23 gewesen. Aber genaugenommen hatte diese Tatsache etwas mehr als Gutes gehabt. Fabio hatte von diesem Tag an, sein Luderleben an den Nagel gehängt und sich voll und ganz seinem Sohn gewidmet.
 

Als er sein Zimmer wieder betrat, war einer der Pfleger auf dem Gang. Er stellte keine Fragen, wie Marik erleichtert feststellen durfte. Was jedoch nicht hieß, dass ihn nichts eingefallen wäre als Ausrede, hätte es von Nöten sein sollen. Er war hin und wieder Abends draußen und das würde jetzt vielleicht sein Glück sein. Als Marik sein Zimmer betreten hatte und abermals auf die Uhr blickte, war es bereits kurz nach neun. Ob ihr vielleicht etwas dazwischen gekommen war? Oder etwas passiert war? Die Unruhe, die ihm dabei überkam, gefiel ihm nicht.

Auf seinem Bett sitzend, kamen ihm plötzlich Zweifel, an der Durchdachtheit seiner Idee. War ihm das vielleicht nicht vergönnt? Aber wer, außer Clarice, sollte denn davon wissen? Immerhin hatte sie sich aus freien Stücken angeboten, ihm zu helfen.
 

10:00 Uhr Abends.
 

Und er wartete noch eine geschlagene Stunde, bis abermals Motorengeräusche seine Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Mit einem Satz war er wieder am Fenster und dieses Mal war es wirklich Clarice. Ohne zu zögern, riss er sein Fenster auf und wartete, dass sie den Motor abstellte und ausstieg. Sie sah genervt aus, wie er sofort feststellen durfte, als sich ihre Fahrertür öffnete.

„Gab es Probleme?“, flüsterte er und blickte angespannt hinunter. Clarice fuhr so heftig zusammen, dass sie den Autoschlüssel fallen ließ.

„Nein, alles bestens“, gab sie vor und bückte sich, um ihren Schlüssel wieder aufzuheben.

Das sie ihn anlog, konnte er von hier aus spüren, aber im Augenblick war ihm sein Verschwinden wichtiger, als alles andere.

Marik hob prüfend den Blick und lauschte kurz, dann blickte er wieder hinab.

„Kann ich dir meine Tasche zuwerfen?“

Clarice war nicht so ganz bei der Sache.

„Sicher.“ Sie verstaute den Schlüssel in der Jackentasche, ohne, dass sie abgeschlossen hatte und stellte sich näher an sein Fenster heran. Mit der Tasche in der Hand auf dem Flur war er ohne Zweifel zu auffällig.

Als Marik mit der Tasche wieder zurück war, hatte Clarice die Arme bereits nach oben gereckt.

„Bist du bereit?“

„Nun werfe endlich!“

Marik reckte den Arm so weit aus dem Fenster, wie es gefahrlos ging, ohne abzustürzen und Clarice fing sie, mit einem leisen Fluchen.

Dann ging alles für ihn wie ihm Zeitraffer.

Er schloss das Fenster, machte kehrt, zog den Mantel an und trat schließlich wieder auf den Flur. Dieses Mal jedoch mit großer Vorsicht. Angespannt lauschte er, doch jetzt war die Luft wieder rein.
 

Ungesehen gelangte er ins Treppenhaus und die drei Etagen hinunter. Die Nervosität hatte ihn gänzlich ergriffen, als er endlich wieder hinter dem Haus war. Mit gestrafften Schultern und den Blindenstock zusammengeklappt, locker in der Hand, trat er auf Clarice zu. Seine Tasche stand noch am Boden und sie blickte sich mürrisch auf den Finger.

„Hast du dir weg getan?“ Erst jetzt blickte sie zu ihm auf und zuckte leicht zurück.

Seine hochgewachsene Erscheinung in einem schwarzen, langen Mantel, mit einer Sonnenbrille bei Nacht. Wenn das nicht beunruhigend wirkte, was dann?

„Hab mir nur einen Fingernagel abgebrochen. Das ist alles.“ Sie atmete schwer, als sie weiterhin zu ihm aufsah.

„Stimmt etwas nicht?“ Marik blickte sich unruhig um, griff dann jedoch bereits seine Tasche und trat auf die Beifahrerseite des Wagens.

Clarice schwieg. So, wie er jetzt hier vor ihr stand, hatte sie ihn noch nie gesehen. Er strahlte ein Selbstbewusstsein aus, das sie sprachlos machte und frösteln ließ.

Schnell stieg sie ein, um ihm von innen die Tür zu öffnen. Marik stellte die Tasche auf die Rückbank und sah zu, dass er in den Wagen kam. Er wollte hier weg und das möglichst binnen zehn Minuten.
 

Ohne weiteres Aufsehen, hatten sie das Gelände verlassen und waren auf der Hauptstraße eingebogen.

„Das ich Ärger bekomme, ist dir hoffentlich klar?“ In ihren Worten klang Missfallen mit.

„Ja, ich weiß und ich werde sehen, dass ich die Sache geklärt bekomme, bevor mein Verschwinden bemerkt und an die große Glocke gehängt wurde.“

Er würde die Scheidung vorschieben und dass er schnellstens von hier weg musste. Wenn er ein bisschen auf die Tränendrüse drückte, war das sicherlich kein Problem. Immerhin kannten die Meisten hier einen Großteil seiner Geschichte. Jedenfalls das, was für seinen so übereilten Auszug von Nöten war.

Marik atmete tief durch, nahm die Brille ab und sah sie an. „Ich weiß gar nicht, wie ich das bei dir wieder gut machen soll.“

„Wenn ich meinen Job deswegen nicht verliere, reicht das schon.“ Auf ihr schnaufen hin, senkte er den Kopf.

„Es ist, weil du nicht willst, dass ich weggehe?“

Ihr Schweigen, auf diese Worte hin, machte ihm das nur zu deutlich klar.

„Ohne dich, wird es hier für mich nicht mehr so sein, wie vorher...“ Sie klang kleinlaut. Hatte sie etwa schon länger Gefallen an ihm gefunden?

„Wir bleiben in Kontakt. Ich verspreche es dir.“

Ein kurzes Lächeln umspielte ihre Lippen.

„Jetzt muss ich nur noch wissen, wo du wohnst.“ In den Dokumenten, die dem Wohnheim vorlagen, stand das zwar, aber sie hatte da nie hineingeschaut.
 

Nach einer reichlichen Viertelstunde waren sie auch bereits am Ziel. Ein kleines Häuschen in einer doch recht noblen Gegend. Clarice sah sich interessiert und gleichermaßen erstaunt um.

„Na? Überrascht?“ Er lächelte sie kurz an und stieg schließlich aus.

„Hier hast du gelebt?“ Sie war erschrocken, wie wenig sie doch über ihn wusste. Clarice stieg ebenfalls aus.

„Ja. Hatte. Bis ich gegangen wurde.“ Verlegen senkte sie den Blick.

„Schon gut.“

„Wie genau soll das jetzt weiter ablaufen?“

Marik hob den Blick und besah sich die Fassade. Es sah alles so unverändert aus.

„Ich werde mir meinen Wagen holen und damit zu meinem Vater fahren“, sagte er und wand sich zu ihr um, und das auch nur, um in ein maßlos geschocktes Gesicht zu blicken.

„Du willst...was? Auto fahren?“

„Beruhige dich“. Er trat wieder vor sie, nahm die Brille ab und sah sie an. „Es ist dunkel genug. Ich bin mir sicher, dass ich das hinbekomme. Mach dir doch bitte keine Sorgen.“

„Das sagst du so leicht...“ Marik schob sich die Brille auf den Kopf und schloss sie in die Arme.

„Vertrau mir einfach, okay?“

„Okay...“Eng schmuste sie sich an ihn, bis er sie wieder frei gab.
 

Der Halbdämon zog die Formulare aus der Manteltasche und trat damit an die Haustür. Mit großer Unruhe behielt Clarice ihn im Auge.

Dann klingelte er. Es dauerte einen Augenblick, bis die Sprechanlage reagierte.

„Ja?“ Eine Frauenstimme. Unverkennbar war es Gail. Es lag schon wieder eine gewisse Gereiztheit in ihrer Stimme.

„Ich bin es, Marik. Ich habe die Papiere dabei.“

„Unterschrieben? Werfe sie in den Briefkasten.“

Marik stutzte, wobei er sich zu seiner reizenden Bekleidung umwand. Diese zuckte jedoch nur mit den Schultern. Wollte Gail ihn hier etwa bereits abfertigen?

„Ich würde sie dir aber lieber persönlich geben.“

Darauf folgte ein Schweigen aus der Sprechanlage. Er lauschte weiter, doch der Türöffner wurde nicht aktiviert, dass er ins Haus kam. Stattdessen ging das Licht an. Gail kam herunter an die Tür. Wollte sie ihn allen Ernstes gar nicht erst ins Haus lassen?

Marik schnaubte verärgert und wartete drauf, dass die Tür aufging. In der Zwischenzeit ließ er die Papiere in der Innentasche seines Mantels verschwinden und schloss diesen vorsorglich.
 

„Ich warte hier, bis du zurück bist“, sagte Clarice und trat wieder an ihren Wagen heran.

„Danke.“ Marik lächelte kurz, machte sich dann jedoch darauf gefasst, dass ihm der Weg versperrt wurde.

Als er den Umriss seiner nun fast Exfrau hinter der Tür mit der Glasscheibe bereits ausmachen konnte, streckte er die Hand sofort nach dem Holz aus, um sie ihr aus der Hand zu schlagen, sollte sie ihn tatsächlich nicht hereinlassen wollen.

Zugegeben, er war ein Dämon und von daher wesendlich stärker wie sie, aber er war keineswegs ein Mann der Frauen schlug, doch in seiner augenblicklichen Situation konnte er selbst nicht sagen, wie er auf sie reagieren würde.
 

Die Türklinke bewegte sich und Marik drückte sie sofort auf. Gail war erschrocken und wich sofort zurück, jedoch mit dem vergeblichen Versuch, ihn mit ausgestrecktem Arm abzuhalten.

„Wo sind die Papiere?“, war das einzige, was sie zu interessieren schien.

„Die habe ich in meiner Tasche.“ Mit diesem Worten trat er an ihr vorbei, ins Haus und mit einer Hand am Handlauf, die Treppe hinauf. Die Flurbeleuchtung raubte ihm jegliche Sicht. Zum Glück war er hier nicht in einem fremden Haus.

„Was willst du sonst noch?“, rief sie ihm nach, blickte dann jedoch auf die Straße, auf welcher ein Kleinwagen stand, der eine zerknitterte Fahrertür hatte. Im Wagen saß jemand. Clarice wand den Blick ab, als sie direkt angesehen wurde und rührte sich nicht. Ein Grund für Gail, schnell wieder ins Haus zu gehen und die Tür hinter sich zu schließen.
 

Eiligen Schrittes folgte sie ihm.

„Bekomme ich noch meine Antwort?“, brummte sie verärgert und fasste nach seinem Arm, sobald sie hinter ihm stand. „Ich will wissen, was das werden soll!“

„Wir sind geschiedene Leute und somit stehe ich nicht mehr unter deiner Fuchtel“, machte er ihr klar. Ihre Kinnlade klappte herunter. Sie war wohl wirklich überrascht. „Ich werde den Wagen mitnehmen“, sagte er trocken, als er sich schließlich kurz zu ihr umwand.

„Was?“ Gail horchte erschrocken auf.

„Ich habe ihn bezahlt, also darf ich ihn auch selbst zu Schrott fahren“, war seine Begründung.

Marik wollte sich keineswegs im Ton vergreifen. Auch wenn es ihm schwer fiel. Er musste sachlich bleiben.

„Aber... du bist doch Blind!“

„Nicht so blind, wie du mich gerne hättest.“ Mit diesen Worten griff er nach seiner Brille und zog sie sich selbst vom Gesicht. Dann starrte er sie direkt an. Gail hielt diesen Blick auch jetzt wieder nur wenige Sekunden aus und senkte schließlich die Lider.

„Neue Frisur? Sieht gut aus.“ Mit diesen Worten setzte er sich die Brille wieder auf, schob Gail sachte aus dem Weg und lief an ihr vorbei und zwar direkt ins Schlafzimmer.

In einem dieser Kleiderschränke hatten diverse Dokumente immer gestanden. Wenn sie nicht umgeräumt hatte, würde er hier alles finden.

Unruhig war sie ihm gefolgt und blickte sich immer wieder um. Marik hatte den anderen Mann bereits beim betreten des dunklen Zimmers gesehen. Langhaarig und möglicherweise blond. Doch davon ließ er sich gar nicht beirren. Er war nicht hier, weil er eine Schlägerei anfangen wollte. Eilig trat er an besagten Schrank heran und tatsächlich, war alles noch dort, wo es vorher bereits stand. Sie hatte ganz gewiss nicht damit gerechnet, dass er hier nach etwas suchen könnte.

„Wie fühlt man sich als Nachfolger von einem Blinden?“, konnte es sich Marik dennoch nicht verkneifen.

Aus der dunklen, hinteren Ecke ihres ehemals gemeinsamen Schlafzimmers, vernahm er ein erschrockenes Lufteinziehen.

Schnell hatte er alle wichtigen Ordner zur Hand.

„Du brauchst dich nicht verstecken. Ich rieche dich drei Meilen gegen den Wind!“ Mit diesem Worten verließ er jedoch bereits wieder das Schlafzimmer. Schließlich hatte er, was er wollte und dieser Mann da hinten hatte ganz gewiss nicht sein Interesse.
 

Gail heftete sich sofort wieder an seine Fersen. Sie schien froh, dass sich Marik nicht zu einer Handgreiflichkeit hatte hinreißen lassen. In aller Ruhe stellte er sämtliche Aktenordner auf die Kommode im Flur und hielt Gail die offene Hand hin.

„Den Schlüssel... bitte!“ Die Schlüssel des Wagens waren natürlich gemeint. „Und die Papiere.“ Gail schnaubte verärgert. Sie wollte den Wagen nicht hergeben. So ein Teil konnte sie sich ganz sicher selbst niemals leisten. Aber es war sein Auto. Er hätte ihn so oder so bekommen. Ganz gleich, was er damit gemacht hätte.
 

Gail tat wie befohlen und händigte alles aus. Auch den Ersatzschlüssel. Den hätte er ohnehin eingefordert. Marik ließ den Schlüssel sofort in der Manteltasche verschwinden und blickte Gail erneut ohne Brille an, auch wenn es im Augenblick hier ihm Flur zu hell war, um genaueres zu erkennen.

„Warum hasst du mich so sehr, Gail?“ Mariks Blick wurde plötzlich traurig. Eine Sache, die er zwar vermeiden wollte, aber er war eben nicht aus Stein. „Ist es immer noch wegen dieser Sache mit dem...“

„Sei still“, fuhr sie ihm jedoch ins Wort. Ein klares Zeichen dafür, dass der Kerl, im Schlafzimmer keine Ahnung hatte.

„Warum glaubst du mir nicht endlich, dass ich dir das nicht geben kann?“

„Weil du...“

„Gail..“ er versuchte ein letztes Mal an ihren Verstand zu appellieren. „Ich kann es nicht und werde es nie können. Ich kann keine Unsterblichkeit schenken...“ Sollte der langhaarige Kerl doch denken, was er wollte. Die Schlafzimmertür hatte offen gestanden. Ganz bestimmt hatte er diese Worte vernommen.

„Ich hätte niemals erwartet, dass du derartigen Hass empfinden könntest, wegen dieser Angelegenheit.“

Gail senkte den Blick und ließ die Schultern hängen. So richtig sicher, schien sie sich ihrer Sache wohl auch nicht.

Auch wenn Marik den ganzen Tag lang, nur mit Groll an sie dachte, war das hier, wo er ihr wieder gegenüber stand, in weite Ferne gerückt.

Ein letztes Mal wollte er sie wenigstens berühren und streckte langsam die Hand nach ihrem Gesicht aus, doch Gail fasste seine Hand, um ihn davon abzuhalten. Dabei schüttelte sie nur den Kopf. Sie war sich ihrer Sache wohl doch sicherer, wie er bis eben angenommen hatte.

„Dann... war es das wohl, hm?“ Marik presste die Lippen fest zusammen. Es tat so verdammt weh. Gail schwieg, also packte er seine Akten wieder auf dem Arm, um damit zu verschwinden, doch als er den Flur betrat, kam ihm sein Sohn entgegen. Sofort blieb Marik wie angewurzelt stehen. Hatte er sich doch fest vorgenommen, seinen Auftritt hier, so kaltschnäuzig wie nur möglich zu gestalten, so brachte Devin dieses Vorhaben gänzlich ins Wanken.

„Papa!“ Sofort rannte er auf ihn zu.

Marik stellte sein Zeug abermals ab und nahm Devin auf dem Arm, sobald er ihn in Griffweite hatte. Fest drückte er ihn an sich.

„Ich habe dich so vermisst“, flüsterte er und zog ihn noch enger an sich.

„Kommst du wieder nach Hause?“ Die Frage des Jungen versetzte ihm einen Stich, doch bevor er etwas erwidern konnte, stand Gail bereits hinter ihm.

„Nein, Schatz. Dein Vater wird weggehen.“

„Warum?“

Die großen, traurigen Augen des Jungen suchten sofort Mariks Augen auf. Die Sonnenbrille hatte er noch nicht wieder auf dem Gesicht, doch Devin ließ sich bei den Augen seines Vaters nichts anmerken. Er wusste genau, dass ihn das traurig machte.

„Ich will aber nicht, dass du weggehst“, flüsterte er schwerverständlich.

Marik atmete tief durch.

„Ich bin hier leider nicht mehr willkommen.“ Er war sich nicht sicher, ob sein Sohn das schon verstehen könnte. „Ich werde dich anrufen, so oft ich kann, versprochen. Und ich komme dich besuchen.“

Mit einem Lächeln versuchte er ihn zu beruhigen und setzte ihn mit diesen Worten wieder auf dem Boden ab.

Er wusste, dass er seine Versprechen nicht halten würde und konnte. Gail würde es unterbinden. Da war er sich sicher. Was war er doch für ein schlechter Vater.
 

Gail nahm ihm den Jungen schließlich ab, dass Marik endlich verschwinden konnte. Der Halbdämon packte sein Zeug zusammen und trat an die Tür zum Treppenhaus.

„Was ist nun mit den Papieren?“, frage sie ungehalten.

„Ich bringe erst mal mein Zeug runter“, bekam sie zurück.

„Geh wieder zu Bett, Devan“, hörte er Gail noch sagen, bevor sie ihm wieder folgte und natürlich das Licht einschalten musste, während er noch auf der Treppe war. Jetzt bloß nicht stürzen, zwang er sich selbst zur Ruhe. Darüber würde sie sich vielleicht auch noch freuen. Ohne zu stolpern kam er unten an. Nur mit Mühe bekam er die Haustür auf. Er hatte eben auch nur zwei Hände, doch dann stand Clarice bereits wieder neben der Tür und war ihm behilflich.

Sie nahm ihm sofort ein paar der Ordner ab.

Gail heftete augenblicklich ihren feinseligen Blick an sie. Sie wusste, wer sie war. Gail hatte sie ihm Heim sicherlich hin und wieder gesehenen, doch sie sagte nichts.

„Mein Wagen steht in der Garage“, gab er ihr zu verstehen und deutete in jene Richtung, in welche er schließlich auch lief. Marik griff in die Manteltasche und zog den Schlüssel wieder heraus, an welchem ebenfalls die Fernbedienung, für das automatische Rolltor hing. Diese würde er ganz bestimmt nie wieder brauchen. Auf dem Weg zum Tor ließ er dieses bereits auffahren. Er öffnete den Wagen und trat sofort in die Doppelgarage ein, um seinen Kofferraum zu öffnen. Dort würde er erst einmal das ganze Zeug lagern. Was sich noch alles darin befand, konnte er jedoch nicht erkennen. Das Licht hier hinten würde er wohl noch abklemmen müssen. Schnell nahm er Clarice, die ihm bis eben gefolgt war, die restlichen Akten ab und packte diese ebenfalls hinten hinein. Die Pflegerin kannte diesen Wagen und war somit auch nicht sonderlich überrascht.

„Vielen Dank.“

Als er den Blick hob, durfte er feststellen, dass sich Gail genau vor der Tür platziert hatte. Sie hielt die Arme verschränkt. Glaubte sie allen ernstes, sie wäre für einen Hammer ein Hindernis? Erschrocken musste er feststellen, dass sich ein Grinsen in sein Gesicht geschlichen hatte, beim bloßen Gedanken daran. So weit durfte es nicht kommen! Eilig stieg er ein um den Wagen endlich auf die Straße zu bekommen.

Das laute Grollen des Motors schepperte unheimlich laut in der Garage und ließ selbst ihn zusammenzucken. Wie lange hatte er hier nicht mehr gesessen? Ob das wirklich gut ging? Er und Auto fahren, mit seiner Behinderung? Seine mutigen Worte waren jetzt gar nicht mehr dass, was er bis eben noch darüber gedacht hatte.

„Wird schon gehen“, machte er sich selbst Mut.

Nachdem er endlich auf der Straße gehalten hatte, war ihm auch Clarice endlich gefolgt. Gail war so gnädig gewesen und war bei Seite getreten, als er herausgerollt kam. Sie hielt wohl ebenfalls nichts von seiner Idee.
 

„Die Papiere“, wiederholte sie genervt, als er den Motor endlich wieder abgeschaltet hatte. Wehmütig hing ihr Blick am schwarzen Hummer mit den getönten Scheiben.

„Ist ja gut!“ mit einer schnellen Bewegung brach er den Plastikhaken der Fernbedienung von Schüssel ab und reichte diesen Gail, welche auch sofort das Tor wieder zufahren ließ. Für eine Fummelarbeit an diesem Schlüsselring hatte er jetzt keinen Nerv. Dann griff er in die Manteltasche und zog endlich die Papiere hervor.

Gail untersuchte sie sofort auf Richtigkeit und dass auch ja alles wieder dabei war. Als sie das erledigt hatte, machte sie auch bereits kehrt.

Marik blickte ihr fassungslos nach. „Wie jetzt? Nicht einmal ein lebe Wohl?“

Gail blieb stehen und blickte sich nur einmal kurz nach ihm um. „Leb Wohl!“, dann verschwand sie auch bereits wieder im Haus.

Clarice blickte ihr mit zusammengekniffenen Augen nach.

„Ich kann diese Person nicht ausstehen!“, funkelte sie verärgert, doch sie fasste sich, als Marik neben sie trat.

„Ich weiß.“ Er lächelte zaghaft.

„Ich will dich nicht hergeben...“ Ihre Augen wurden feucht, als sie ihn anblickte.

Der Dämon öffnete die Tür und zog einen Block hervor. Allerdings konnte er in der Fahrertür keinen Stift ausfindig machen. Clarice wusste allerdings, was er vorhatte, und hatte sofort einen zur Hand. Sie hatte meistens einen Kugelschreiber zur Hand.

Marik nahm ihn ihr sofort ab und kritzelte etwas auf den Zettel.

„So lange ich noch kein Handy habe, ist das die Nummer, unter der du mich erreichen kannst. Die Nummer von meinem Vater. Kann ich... deine auch gleich haben?“ Bei ihr wusste er, dass sie ein Handy hatte.

Ohne zu zögern schrieb sie ihre Zahlenfolge auf den nächsten Zettel. Erst dann nahm die Pflegerin ihm den Zettel ab und drückte ihn an sich. „Fahr bloß vorsichtig, Marik.“

„Das werde ich.“ Er trat vor sie und nahm sie fest in die Arme.

„So bald ich angekommen bin, werde ich dich anrufen. Vielleicht auch schon eher. Ich muss ganz bestimmt tanken. Sie wird mir nicht viel im Tank gelassen haben.“

Clarice nickte und küsste ihn sofort wieder. Seine Lippen waren wärmer, wie die eines normalen Menschen. Dass hatte sie mittlerweile herausbekommen. Ein herrliches Gefühl.

„Darf ich dich... besuchen kommen?“ Unvermittelt stellte sie ihm diese Frage. Marik war überrascht, doch er nickte sofort, ohne lange zu überlegen. „Ich würde mich freuen.“

Dann gab er die Pflegerin auch schon frei. „Du hast etwas bei mir Gut, Clarice.“

Ihre Unterlippe zuckte, als sie ihn wieder ansah, doch dann hob sie den Blick, als ihr das öffnen eines Fensters zu Ohren kam.

„Gail belauscht uns vom Fenster aus“, flüsterte sie und trat näher an die Fahrertür heran, an welcher das Fenster ganz heruntergefahren war.

„Soll sie nur...“ Marik griff sich in die Hosentasche und zog etwas hervor. Die ganze Zeit hatte er dieses Ding noch mit sich herumgetragen. Seinen Ehering. Achtlos ließ er ihn aus dem offenen Fenster fallen und lauschte den leichten Klirren, als er auf dem Asphalt aufschlug.

„Wir sehen uns, Liebes.“ Mit diesen Worten fasste er abermals ihr Kinn, um sie ein Stück heranzuziehen, dass er sie küssen konnte.

„Gute Fahrt.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  DemonhounD
2012-03-11T19:14:19+00:00 11.03.2012 20:14
Wow! Das war lang... uns liest sich vom Stil her sehr, wie ein Mix aus Detektivroman der alten Schule und MArvel-Comic.
Will heißen: Ich mag den Stil generell ganz gerne und die Idee ist auch gut.
Was mir vor Allem gefallen hat ist, dass Marik trotz seiner dämonischen Herkunft noch verdammt menschlich beschrieben ist.
Was mir allerdings aufgefallen ist, sind eine Unmenge an Schreibfehlern. Sehr viele haben mit Groß- und Kleinschreibung zu tun, aber auch das leidige Thema "wie und als" habe ich erwischt.
Da Fakten mehr als tausend Worte sagen ist hier eine Liste der meisten Schreibfehler, die ich gefunden habe.

Ja, es sind viele. ^^ Aber es soll dich nicht demotivieren, sondern eher motivieren, sie alle aus zu bessern. :-P Dann ist es nämlich richtig richtig gut.
^^

Viele der alten Leute, die dieses Heim bewohnten, zu welchem dieser Park gehörte, waren jetzt in der Kirche.
(Klingt gestelzt… vielleicht wäre „Viele waren nun in der Messe. Auch die alten Leute, die dieses Heim bewohnten, zu dem auch ein Park gehörte.“ )

Einen dieser Tage war vor reichlich einem Monat gewesen.
(Einer)

Das einzige, worauf er sich bei ihren Besuchen noch freute, war sein Sohn Devan.
(DAS Einzige)

Marik war seit reichlich drei Jahren Blind.
(blind – im Übrigen hat mich diese Formulierung aber umgehauen. …seit reichlich drei Jahren… klingt toll!)

„Na dann mach ihn auf und ließ ihn mir vor“, gab er abermals lächelnd zurück.
(lies)

Allerdings war sie die einzige, die wusste, dass er nicht gänzlich blind war.
(Die Einzige)

Das diese Pflegerin so viel von ihm wusste, war…
(Dass)

„Ach Unsinn.“
(„Ach, Unsinn!“)

Marik streckte die Hand nach dem Handschriftlich geschriebenen Brief aus.
(handschriflich --- aber eventuell wäre hier „hangeschriebenen Brief“ besser, anstatt „handschriftlich geschriebenen“. Kling sonst sehr umständlich. ^^)

Er sah nicht älter wie dreißig aus.
(nicht älter ALS dreißig)

Nach dieser niederschmetternden Botschaft, war das wohl das beste, was ihm jetzt passieren konnte.
(das Beste)

Irgendwann während und nach der Kussszene fängst du im Übrigen an Marik als „den Halbdämon“ zu bezeichnen, was ihn ab dieser Stelle sehr unpersönlich wirken lässt. Meiner Ansicht nach passt das dermaßen gehäuft nicht wirklich in einen Text, bei dem man doch mit jedem Satz mehr über den Charakter vor sich erfährt – also, immer näher an ihn heran tritt.

Wenn sie die Scheidung will – und diesen Gefallen werde ich ihr tun – stehe ich nicht länger unter ihre Fuchtel.“
(ihrer)

Das er nicht hier her gehörte, dass er sehr wohl dazu in der Lage war, frei zu handeln
(Dass er nicht…)

Das er ständig Vorschläge hatte, wusste alle hier in diesem Wohnheim.
(Dass… wussten… --- Mir ist außerdem anhand dieser Textstelle nicht wirklich klar geworden, was für Vorschläge gemeint sind. Vermutlich Essensvorschläge, aber genau ersichtlich ist es in meinen Augen nicht.^^)
Wobei mir diese Textstelle echt gut gefällt. ^^ Macht ihn irgendwie menschlich und ich kann mir richtig gut vorstellen, wie er sich mit der Köchin streitet und dabei einen diebischen Spaß hat.

Genau das richtige, für ahnungslose Pfleger, welche ihm diese Worte vorlasen,
(das Richtige)

Ich finde es übrigens seltsam, dass er nach seinem Streit mit der Köchin und dem Lesen des Briefes, was ihn ja, wie du schreibst doch recht aufgewühlt hat in sein Bett fällt und direkt einschläft „ohne sich von seinen Schuhen getrennt zu haben“ ^^ Man sollte meinen, dass er längere Wutanfälle hat. Zumindest meinte ich das zwischen den Zeilen aus seiner Charakterbeschreibung heraus zu lesen.

Ein Last fiel ihm von den Schultern.
(Eine Last)

Ich finde die Vorstellung von ihm als Koch im Übrigen unglaublich geil. Stell mir das gleich total super vor mit ihm in jüngeren Jahren, mit seinen Flügeln, peitschendem Schwanz und Kochmütze. – Auch das macht ihn trotz seiner Herkunft unglaublich menschlich. ^^

…aber im groben und Ganzen hatte er alles Wichtige eingesteckt.
(im Groben und Ganzen)

Dieses hier herumsitzen und auf nichts warten brachte ihn um den Verstand.
(Herumsitzen)

Für einen normalsehenden, würden statt derer die leuchtenden Punkte der Laternen sein.
(Normalsehenden)

Auch wenn ihn seine Sicht auf die Dinge so manches Mal Schmerzen bereitete, hatte es doch auch jetzt noch etwas faszinierendes.
(etwas Faszinierendes)

Die bepackte Tasche hatte er darunter geschoben.
(gepackte)

Jemand fuhr auf den Geländeeigenen Parkplatz.
(geländeeigenen)

…, als sich die Haustür öffnete und der vermeidliche Fahrer heraustrat.
(vermeindliche)

… , aber wenn er nun doch einmal Zeit für einen Besucht gehabt hätte…
(Besuch)

Marik stutzte, wobei er sich zu seiner reizenden Bekleidung umwand.
(Begleitung)

Zugegeben, er war ein Dämon und von daher wesendlich stärker wie sie, aber
(wesentlich stärker, als sie)

„Wo sind die Papiere?“, war das einzige, was sie zu interessieren schien.
(das Einzige)

„Aber... du bist doch Blind!
(blind)

Marik hatte den anderen Mann bereits beim betreten des dunklen Zimmers gesehen.
(beim Betreten)

…auch wenn es im Augenblick hier ihm Flur zu hell war, um genaueres zu erkennen.
(um Genaueres)

Sie war sich ihrer Sache wohl doch sicherer, wie er bis eben angenommen hatte.
(, als er bis eben angenommen hatte.)

„Ich will aber nicht, dass du weggehst“, flüsterte er schwerverständlich.
(schwer verständlich)

Was war er doch für ein schlechter Vater.
(Was war er doch für ein schlechter Vater!)

Gail heftete augenblicklich ihren feinseligen Blick an sie.
(feindseligen)

Seine mutigen Worte waren jetzt gar nicht mehr dass, was er bis eben noch darüber gedacht hatte.
(…das, was er bis eben…)

„Wie jetzt? Nicht einmal ein lebe Wohl?“
(Lebewohl)

„Leb Wohl!“
(wohl)

Clarice nickte und küsste ihn sofort wieder. Seine Lippen waren wärmer, wie die eines normalen Menschen.
(…, als die eines normalen Menschen.)



Uh... okay... das meiste an diesem Kommi sind in der Tat Schreibfehler. ^^ Es hat sehr lange gedauert, sie alle zu finden und auf zu schreiben. ^^ Ich hoffe, du freust dich darüber. :-P Ich jedenfalls würde es tun, denn ich hasse es Schreibfehler bei meinen eigenen Werken bearbeiten zu müssen und freue mich dementsprechend immer sehr, soetwas zu bekommen.
Das ist der Grund, aus dem ich dir diese vielen Schreibfehler genannt habe. Nicht, um dich runter zu putzen, oder so, also versteh mich nicht falsch. ;-)
Von:  _Juna93
2011-01-05T17:19:25+00:00 05.01.2011 18:19
So ich habe es auch endlich geschafft dachte mir das ich es mir mal durch lesen muss. Wird bestimmt recht intressant mit tiara und marik bei dieser vorgeschichte :D Ich fand es gut geschrieben und hat spaß gemacht es zu lesen :)
lg.
Von:  -Moonshine-
2011-01-03T17:55:50+00:00 03.01.2011 18:55
Hallo liebe Trollfrau,

Puh, deine Story war lang. Und interessant. Und zum Glück ging es tatsächlich um sowas wie Familie.
Ich hab zwar nicht alles genau verstanden, da ich ja die genauen Hintergründe des RPGs nicht kenne, aber ich denke, genug, um irgendwie auf den Trichter gekommen zu sein. Mehr oder weniger.
Also, wie gesagt, du hast das Thema gut getroffen. Und in deiner Geschichte gab es auch eine Handlung - yaay. Und handelnde Charaktere - yaay. Fand ich alles toll, sieht man nicht überall.
Marik tut mir ein bisschen leid. Seine Frau ist ja nun wirklich nicht die Netteste, und dass sie dann auch noch am Tag seiner Scheidungspapiere (XD) mit nem fremden Mann in der Kiste liegt, ist jawohl die Höhe! Ich hab mich auch gefragt, wo die Story spielt. Denn die scheinen ja alle mehr oder weniger englische Namen zu haben? In vielen europäischen Staaten wird Ehebruch ja nicht mehr "bestraft", in den USA jedoch gilt es immernoch als Sittenverbrechen. Und da die zwei ja eigentlich noch verheiratet sind... hm! Hätte die Frau wohl nicht so gute Karten vor Gericht.
Apropos Gericht... Kommen wir zum Sohn. Wie kann Marik seinen Sohn so schnell aufgeben? Der kommt da einfach nur hin und will sein Auto abholen und man kriegt irgendwie das Gefühl, das Auto sei ihm viel wichtiger. Zu seinem Sohn sagt er nur "Geh wieder ins Bett" oder so, nachdem er sich nach einer, wie ich finde, viel zu emotionslosen Szene von ihm verabschiedet hat. Dem muss doch noch viel mehr durch den Kopf gehen, Gefühle, Gedanken, bla?! Zu dem Thema, dass seine Frau auch das alleinige Sorgerecht haben will, sagt er fast gar nichts, und er deutet, glaube ich, auch gar nicht an, dass er das verhindern möchte oder so. Da muss doch noch mehr sein... Empörung, Verbitterung, Verzweiflung? Das hat mir ein bisschen gefehlt. Alles, was sie Atmosphäre und die Gedanken und Gefühle beschreibt. So las es sich an vielen Stellen praktisch wie eine Aufzählung von Ereignissen.
Hier ein paar Sachen, die mir noch aufgefallen sind:
"Werfe!" -> muss "Wirf!" heißen als Imperativ.
"fuhr ins Wort" -> entweder "fuhr dazwischen" oder "fiel ins Wort"
"Hammer" -> du meintest wohl "Hummer" als Auto. Aber an dieser Stelle war es nett zu lesen XD
Dann solltest du noch auf deine Kommasetzung achten. An vielen Stellen fehlen wichtige Kommata, an anderen Stellen sind sie jedoch fehl am Platz.
Hm, ich denke, das wäre es jetzt gewesen. ^^
Einen schönen Abend noch.

LG
Eli
Von:  MrsTime
2010-12-28T16:00:37+00:00 28.12.2010 17:00
Gestern Abend habe ich völlig vergessen, noch ein Kommi zu schreiben, daher holle ich es hiermit nach. Ich muss wirklich sagen, dass ich durch diese FF Marik besser kennen und schätzen gelernt habe. Im RPG ist er ja bis jetzt noch nicht so zum Zug gekommen. Was sich ja nun hoffentlich bald ändern wird, denn ich freue mich schon, über neue Posts von und mit ihm.


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