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Reunion

Die letzte Instanz
von

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Prof. Eichs Notizbuch

Kanto, Vertania City, Krankenhaus
 

Es herrschte reger Trubel in dem Krankenhaus, alle Ärzte wurden alarmiert, um die eingetroffenen Trainer, die zunächst umjubelt worden waren, zu behandeln. Schon ihr Auftritt hatte für Aufsehen gesorgt, denn wann sah man schon alle drei legendären Vögel und Lugia zusammen am Himmel. Leider war den Eintreffenden nicht einmal Zeit geblieben, sich richtig von Sam zu verabschieden, denn dieser wurde sofort von Suicune in den Wald des Lebens gebracht. Mehr als ein ‚Vielen Dank’ hatten sie ihm nicht mehr hinterher rufen können. Vor allem Gary hätte gern noch etwas Zeit mit ihm verbracht, dennoch ließ er ihn mit einem zufriedenen Gefühl gehen.

Im Krankenhaus herrschte jedoch zunächst Chaos. Silvers Eintreten sorgte aufgrund seiner Team Rocket Uniform zunächst für Panik, Ashs Mutter bekam beinahe einen Ohnmachstanfall, als sie ihren Sohn leibhaftig vor sich sah und umstehenden Ärzte und Schwestern versuchten sie alle auf die bereit stehenden Räume zu verteilen. Doch das war leichter gesagt als getan.

„Halten Sie den Mund und hören Sie mir zu!“, schrie Gary den Oberarzt der Notaufnahme an, der sich scheinbar fragte, woher der junge Mann nur seine Kraft nahm, denn er sah nicht gerade so aus, als wenn er überhaupt noch stehen könnte. „Ich brauche dringend ein Telefon und einen Computer!“

„Was Sie jetzt brauchen ist ärztliche Behandlung!“, widersprach ihm der Arzt, „Sie können doch kaum noch Stehen.“

Gary ignorierte genervt den Chefarzt und wandte sich zu der Dame hinter der Aufnahme um, „Ich muss Ihr Telefon benutzen, sofort! Und verbinden Sie Ihren Computer mit dem weltweiten Netzwerk!“

„Aber – das wird doch –“

„Von Team Rocket kontrolliert, ich weiß, aber genau darum geht es mir. Die haben jetzt aber sicher Besseres zu tun, als ggf. Patientendaten oder Ähnlichen herunter zu laden. Also machen Sie schon, es ist wichtig!“, Gary stützte sich keuchend mit beiden Armen auf der Theke ab, doch sein Blick war fest entschlossen.

Die junge Frau schluckte, kurz wanderte ihr Blick zu dem beinahe ratlos wirkenden Chefarzt. Doch wie könnte sie diesem jungen Trainer seine so dringende Bitte abschlagen?!

„Ok, kommen Sie rein“, sie deutete auf die Tür, die ihn hinter den Aufnahmebereich führen würde, der für gewöhnlich nicht für Patienten zugänglich war.

Aber noch war er ja kein Patient. Gary verlor keine Zeit und stolperte voran. Keiner wusste, was er vorhatte, doch es musste wirklich wichtig sein, wenn er alles andere ignorierte.

Die Frau hatte mittlerweile den PC richtig eingestellt und mit dem Netzwerk verbunden, sofort erschien ein kleines, rotes R in der oberen, rechten Ecke des Bildschirms. Wenn sie wollten, könnte nun jedes Team Rocket Mitglied an einem Computer zusehen, was sie gleich für Daten abrufen würden.

Gary ließ sich auf den Stuhl fallen und fing an zu tippen, „Das Telefon?“

„Hier“, die Frau wirbelte herum, so dass ihr ihr blonder Pferdeschwanz über die Schulter schlug. Sie holte ein Telefon vom Nachbartisch und stellte es neben Gary an den Platz.

„Danke“, Gary löste eine Hand von der Tastatur, während die andere zur Maus wanderte. Er wählte eine Nummer und lauschte dem Freizeichen.

Hallo?“, eine überrascht und skeptisch klingende Stimme antwortete.

„Bill? Hier ist Gary Eich.“

Gary? Bist du’s wirklich? Wo bist du? Wie geht’s dir? Sind die anderen auch da? Habt ihr Team Rocket besiegt? Was ist passiert? Wie habt ihr-“

„Bill!“, unterbrach der junge Eich scharf das Gebrabbel des Pokémon-Experten.

Sorry. Es ist nur – wow, ich kann es kaum glauben, etwas von dir zu hören“, Bill war hörbar darum bemüht, seine Aufregung unter Kontrolle zu halten.

„Bill, du musst mir noch ein letztes Mal helfen.“

Klar, schieß los, was kann ich tun?“, auf einmal war sein Gesprächspartner hochkonzentriert. Wenn es ums Arbeiten ging, war er immer sofort auf Draht.

„Ich bin gerade online. Wir müssen uns in die Computer-Systeme der Team Rocket Basis einhacken, wir müssen dort Alarm auslösen.“

Alarm? Was für Alarm? Aber wie stellst du dir vor, dass wir da rein kommen?“

Gary wandte sich zu der Schwester um, „Bitte holen Sie den rothaarigen Mann in der Team Rocket Uniform her.“

„Ok“, meinte diese zaghaft, sie hatte schon einen Schreck bekommen, als sie diesen nur gesehen hatte. Doch sie machte sich sofort auf den Weg.

„Hier ist jemand, der sicherlich die nötigen Passwörter kennt. Ihr beide müsst die Leute auf der Insel warnen.“

Wovor?, Bill klang beunruhigt.

„Ich habe das Gefühl, dass Siegfried beabsichtigt, die ganze Insel zu versenken“, denn aus welchem Grund hätten sie die Insel sonst so schnell verlassen sollen?

Gary befürchtete, dass der einstige Champion etwas plante, dass er eigentlich nicht verantworten wollte.

Es trat ein Moment des Schweigens ein.

Gary?“, erklang schließlich wieder Bills Stimme durch den Hörer.

„Gary!“, bevor Bill weiter sprechen konnte, hatte sich Ash fast über die Theke geworfen und blickte seinen Freund mit panischen Augen an. „Gary, das musst du dir ansehen!“

„Was ist denn los?“, er hatte ja wohl gerade etwas Wichtigeres zu erledigen.

Gary, es läuft gerade in den Nachrichten! Ich weiß nicht wie und wer das übertragt, aber es kommt auf allen Sendern!“, verkündete Bill.

„Was denn?“

Der Vulkan auf der Zinnoberinsel ist ausgebrochen!“
 

~*~
 

Reunion – Prof. Eichs Notizbuch

Oder: Krankenhausaufenthalt
 

~*~
 

Zinnoberinsel
 

Mewtu schwebte eingehüllt in einer dunkelblauen Kugel über dem Vulkan der Zinnoberinsel. Seine Augen leuchteten und er hielt seine Arme weit von sich gestreckt. Sein Kopf schmerzte sowie jedes Glied in seinem Körper. Er spürte die Erschöpfung und die Kraftlosigkeit, doch seine Kräfte mussten für diese letzte Aufgabe reichen.

Kurz bevor er und Siegfried den Vulkan zum Ausbruch bewegt hatten, sollte er seine Kräfte nutzen und die Welt an den Ereignissen teilhaben lassen. Er sandte seine Psychowellen zumindest über ganz Kanto und störte damit das Radio- und Fernsehsignal. Die Welt sollte sehen, was hier geschah. Vielleicht würden so auch die Team Rocket Mitglieder, die hier immer noch stationiert waren, rechtzeitig von dem Ausbruch erfahren und noch fliehen können. Mewtu wusste, dass Siegfried diese Menschen nicht töten wollte, also wollte er ihnen eine Chance geben. Ob sie sie nutzten, blieb ihnen überlassen.

Doch Mewtu spürte keine Bewegung auf der Insel. In den einzelnen Stationen schien kaum noch jemand zu sein. Aber wenn er an seinen Kampf mit Sabrina dachte, fiel ihm ein, dass viele der Team Rocket Mitglieder vermutlich immer noch bewusstlos oder verletzt wären. Doch das war ihm egal. Wäre es ihr Schicksal zu sterben, dann sollte es so sein. Vielleicht wäre das ja ihre gerechte Strafe.

„Ich werde die Menschen wohl nie verstehen“, murmelte Mewtu zu sich und wandte seinen Blick unter sich.

Er hatte die Energieexplosion gesehen, die gefolgt wurde von einer gewaltigen Lavafontäne. Der Lavasee lief über und die heiße, rote Flüssigkeit bahnte sich ihren Weg über das Gestein. Mewtu fragte sich, ob sich Siegfried wirklich geopfert hatte. Der Champion nahm viel auf sich, um die Welt von ihrem Übel zu befreien und vielleicht würde ihm niemand dafür Anerkennung zollen, denn in vielen Augen würde er sicher immer ein Verräter bleiben. Doch jeder musste selbst die Konsequenzen seiner Entscheidungen tragen. Auch Mewtu würde diese Lebensweisheit beherzigen.
 

Siegfried stand auf einem großen Felsen mitten in dem Lavastrom. Hitze umwehte ihn, schnürrte ihm fast die Kehle zu und die heißen Dämpfe vernebelten seine Sinne. Doch er hatte seine Aufgabe erfüllt, der Rest lag bei Mewtu. Seine Pokémon hatten ihre restliche Kraft gegeben, sie hatten sich ihre Ruhe verdient. Die Pokébälle sollten auch zumindest so stabil sein, dass sie sie in ihrem Inneren vor der Lava schützen würden. Danach wären sie frei, vielleicht war es besser so.

Er stand hier und konnte nur darauf warten, dass das Gestein unter seinen Füßen nachgeben würde oder seine Sinne in die Bewusstlosigkeit abtrieben und ihn nie wieder erwachen ließen. Doch es war ihm egal. Er hatte in dieser Welt genug Dinge getan, gute wie schlechte. Seine Zeit war nun vorbei. Er übergab die neue Welt lieber in die Hände des jungen Eich und seiner Gefährten, sie würden schon gut auf sie aufpassen, da war er sich sicher.

Eine weitere Feuerfontäne schoss aus dem Krater und trieb die Lava dazu an, noch schneller zu fließen. Siegfried starrte in das lodernde Feuer. Die Zukunft wartete.
 

Vertania City
 

„Silver, beeil dich, wir müssen wenigstens den Alarm auslösen“, meinte Gary zu dem Rothaarigen, der seinen Platz am PC übernommen hatte.

„Denkst du nicht, dass die sich schon allein in Sicherheit bringen werden. So einen Vulkanausbruch bekommt man doch mit, außerdem wird es sogar schon im Fernsehen übertragen“, Silver war es anzusehen, dass er froh wäre, wenn er nie wieder etwas von Team Rocket hören oder sehen musste.

„Sie haben auch gekämpft, viele von ihnen sind bewusstlos oder verletzt und bis sie wirklich alle realisieren, dass die Lava die ganze Insel verschlingen wird, ist es vielleicht zu spät. Immerhin haben sie auch keine Führung mehr“, erklärte Gary.

„Haben sie das denn verdient?“, Silver blickte Gary direkt in die Augen.

„Das haben wir nicht zu entscheiden, denn dann wären wir nicht besser als sie. Sie haben das Recht, wenigstens eine Chance zu bekommen und selbst zu entscheiden.“

„Du hast Recht“, Silver nickte und nahm den beiseite gelegten Hörer in die Hand, „Die Passwörter der einzelnen Stationen lauten wie folgt.“

Silver erklärte Bill, wie er in den Team Rocket Hauptrechner gelangen könnte und dieser hörte aufmerksam zu. Gary bedachte zufrieden das Gespräch der beiden. Es musste nicht noch mehr Opfer geben, sie mussten Team Rocket wenigstens eine Chance geben, denn schließlich waren es auch nur Menschen. Vielleicht hier nach sogar bessere als zuvor.

Gary wollte nur noch eines erledigen, ehe er sich dem Chefarzt anvertrauen würde, der sich so zunächst erst einmal Ash angenommen hatte. „Schwester?“, die blonde Frau sah ihn aufmerksam an, „Wo bewahren Sie die persönlichen Gegenstände von verstorbenen Patienten auf?“

„Dafür haben wir einen extra Lagerraum.“

„Können Sie mich bitte dorthin bringen. Ich würde mir gern die Sachen meines Großvaters ansehen.“

„Natürlich, bitte folgen Sie mir.“

Die Schwester verließ den Aufnahmeraum und warf noch einen letzten prüfenden Blick zu Silver, der ihr immer noch nicht ganz geheuer schien. Doch sie hielt Gary, die ihr nur mit langsamen Schritten folgte, die Tür auf und ließ diese hinter ihm zufallen. Sie kamen vorbei an dem Warteraum, in dem Green an einem Inhaliergerät saß und darauf wartete, dass Misty aus dem CT gebracht wurde, denn sie sollte die Nächste sein. Doch als sie den schwachen Gary der Schwester hinterher schlendern sah, legte sie das Inhaliergerät beiseite und folgte ihm.

Gary pendelte ein wenig hin und her und versuchte krampfhaft seinen Fokus nicht zu verlieren. Er kippte kurz zur Seite, gedanklich rechnete er schon damit, kurz gegen die Wand zu stoßen und dort Halt machen zu müssen, doch stattdessen wurde er von zwei Armen aufgefangen.

„Wo willst du hin? Solltest du dich nicht endlich mal ausruhen?“, eine vertraute Stimme drang an sein Ohr.

Er sah seiner Helferin in die Augen, „Ich muss vorher noch etwas wissen“, flüsterte er.

„Ich begleite dich.“

Gary nickte schwach und ließ sich von ihr stützen. Die Schwester fragte, ob sie schnell einen Rollstuhl besorgen sollte, doch Gary winkte ab. Er wollte einfach nur weiter gehen. Nachdem sie um zwei Ecken gegangen waren, blieb die Schwester schließlich vor einer Tür stehen und schloss diese auf. Gary und Green warteten im Gang. Die junge Frau holte einen kleinen Karton aus einem der Regale und übergab ihn an Gary.

„Es sind nicht viele Sachen, Prof. Eich hatte kaum etwas bei sich.“

Ein trauriger Blick hatte sich auf ihr Gesicht gelegt. Das ganze Krankenhaus war in tiefer Trauer ausgebrochen, als sie vom Tod des Professors erfahren hatten.

„Ich danke Ihnen.“

„Wir sollten uns setzen“, meinte Green und die Schwester führte die beiden ein paar Zimmer weiter in einen kleinen Gemeinschaftsraum, wo sie sich auf einer kleinen Couch niederließen.

„Kann ich noch etwas für Sie tun?“

„Nein danke. Wenn ich hier fertig bin, dann lasse ich mich auch gern von Ihnen behandeln, solange könnten Sie bitte den Chefarzt beschwichtigen“, Gary schenkte ihr ein schwaches Lächeln.

Die Schwester nickte und ließ die beiden allein.

Gary öffnete den Karton und Green beobachtete gespannt, was der junge Mann neben ihr gleich für wertvolle Dinge hervorholen würde. Doch in dem Karton befanden sich nur zwei Sachen: ein Pokéball und ein kleines Notizbuch. Gary drehte den kleinen Pokéball ein paar Mal in seiner linken Hand. Der Ball war schon recht alt und Gary wusste genau, welches Pokémon sich darin befand. Vielleicht würde er sich dafür entscheiden, der nächste Trainer dieses Dragoran zu werden, doch diese Entscheidung würde er auf später verschieben. Was ihn interessierte, war das Notizbuch. Er atmete einmal durch, auf Green wirkte er so, als wenn er beinahe Angst hätte, den Buchrücken aufzuschlagen und darin zu lesen.

„Was erhoffst du dir darin zu finden?“, fragte sie ihn daher zunächst.

„Mein Großvater hatte immer ein Notizbuch dabei, egal wo er hinging. Dort schrieb er jeden noch so kleinen Gedanken auf, den er für wichtig hielt. Es waren meist ganz banale Dinge, doch bei genauerer Betrachtung waren sie unglaublich wertvoll. Ich würde gern seine letzten Gedanken lesen, denn...“

Gary schwieg unerwartet, doch er konnte seine Gedanken nicht in Worte fassen. Er wollte einfach wissen, ob sein Großvater etwas zu den Ereignissen in Alabastia aufgeschrieben hatte, irgendwie erhoffte er sich, sich danach besser zu fühlen, dabei wusste er nicht einmal, wieso er überhaupt eine Art schlechtes Gewissen hatte.

Im nächsten Moment legte Green sanft ihre Hand auf die seine. Ein wenig perplex blickte er sie an.

„Ich bin mir sicher, dass dich seine letzten Worte aufbauen werden. Ich war bei ihm, kurz bevor er starb und er hatte gelächelt. Ich bin mir sicher, dass er stolz auf dich wäre, wenn er dich jetzt hier sehen könnte.“

Gary wandte seinen Blick wieder auf das Buch. Endlich schlug er es auf. Auf der Innenseite stand links oben der Name und die Adresse seines Besitzers geschrieben. Sein Großvater hatte selbst in hohem Alter noch eine hervoragende Handschrift. Er schlug behutsam Seite für Seite um, bis er die letzte erreicht hatte. Auf dieser stand nur ein einziges Wort in krakeliger Schrift geschrieben. Sein Großvater musste es mit seiner letzten Kraft hineingeschrieben haben.

„Großvater...“, murmelte Gary, ehe ihm das Notizbuch aus den Händen glitt und auf den Boden fiel.

„Gary!“, Greens besorgte Stimme hallte durch den Raum.

Der junge Forscher kippte plötzlich zur Seite und fiel bewusstlos auf die Bank. Green sprang sofort auf, schob den Tisch ein paar Zentimeter weg und kniete sich vor die Bank. Sie rüttelte sanft an Garys Schulter, doch er antwortete er ihr nicht. Sie legte behutsam ihre Hand auf seine Wange, sie war glühend heiß und Gary begann zu schwitzen. Sein Atem ging auf einmal sehr schnell und seine Gesichtszüge zeigten immer deutlicher, wie die Erschöpfung an seinem Körper zerren musste.

Green verlor keine Zeit mehr und rief die Schwester herbei. Es wurde eine Trage gebracht und Gary wurde sofort in einen Behandlungsraum getragen. Während sie Gary wegbrachten, holte sie das Buch unterm Tisch hervor und starrte auf das Wort der letzten Seite.
 

Alabastia
 

Dieses Wort musste Gary tief berührt haben, denn auch sie spürte die Schwere in seiner Bedeutung. Es war nicht nur ihre Heimat. Auch Prof. Eichs Herz hing an dieser Stadt, so wie die vieler anderer Menschen auch. Es war eine Stadt des Friedens und der Harmonie gewesen. Genau so sollte die ganze Welt sein, friedlich und Menschen und Pokémon lebten in Harmonie zusammen. Was in Alabastia geschehen war, würde immer unvergessen bleiben, die Stadt setzte damit ein Zeichen und eine wichtige Erinnerung, die sicherlich noch Jahrzehnte überdauern würde, wenn nicht sogar eine Ewigkeit.

Green fragte sich, was Gary in dem Moment empfunden hatte, in dem er das Wort gelesen hatte. Sie würde auf ihn warten und so lange an seiner Seite bleiben, bis er wieder aufwachte. Doch jetzt sollte auch sie sich besser untersuchen lassen, ehe sie auch noch umkippen würde.

Green trat in den leeren Gang hinaus. Hoffentlich würde es Gary schnell wieder besser gehen, auch wenn sie langsam den Eindruck bekam, dass er sich die Sache sehr zu Herzen nahm. Dabei hatte gerade er alles in seiner Macht stehende getan und sie hatten sogar gewonnen. Der Alptraum hatte ein Ende, eigentlich könnten sie ihren Sieg doch sogar feiern. Aber in Feierstimmung war von ihnen zurzeit vermutlich niemand, dafür saßen ihnen die Kämpfe und Verluste noch zu sehr in den Knochen.

„Da sind Sie ja!“, eine Schwester lugte um die Ecke und war erleichtert, Green zu sehen.

Diese blickte die braunhaarige Frau nur verwundert an.

„Das CT ist nun bereit für Sie“, die Schwester forderte Green dazu auf, ihr unverzüglich zu folgen.

Auf dem Weg zum CT musste sich die Pokémon-Trainierin noch eine kleine Mahnung dafür anhören, dass sie das Inhaliergerät einfach so im Wartebereich hatte liegen lassen. Mit einem leichten Augenverdrehen ließ sie es jedoch über sich ergehen.
 

Ash saß auf einem Sofa in einem Gemeinschaftsraum. Er war müde und könnte vermutlich eine ganze Woche durchschlafen, doch er hatte keine Lust auf ein Krankenbett, viel lieber würde er in seinem eigenen Bett schlafen. Doch wieder wurde ihm bewusst, dass er kein Zuhause mehr hatte. Das Haus, in dem er wohnte, war zerstört. Alle seine Sachen von daheim waren vernichtet worden, alles, was er noch aus Alabastia hatte, waren die Gegenstände, die er auf seiner Reise mit sich trug. Wie z.B. den Pokéball von Pikachu. Alle ihre Pokémon hatte Scott ins Pokémon-Center gebracht, so dass dies der einzige Ball war, den er noch bei sich trug.

Er hatte diesen Ball immer bei sich, obwohl er ihn noch nie benutzt hatte. Er und Pikachu hatten schon viele Kämpfe bestritten und es gab auch Momente, in denen er seinen Kumpel gern dadurch beschützt hätte, dass er in seinem Ball verschwand. Doch mittlerweile dachte er schon gar nicht mehr daran. Pikachu war einfach da und er konnte sich nicht vorstellen, dass er eines Tages nicht mehr an seiner Seite sein würde. Und doch war ihm dieser Ball wichtig, denn er hatte ihn von Prof. Eich in Alabastia bekommen. Er war das Zeichen, dass er als Pokémon-Trainer seine große Reise angetreten hatte.

Leises Gemurmel holte ihn in die Realität zurück und ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Seine Mutter hatte ihren Kopf auf seinem Schoß gebettet und schlief seelenruhig. Vermutlich hatte sie die letzten Nächte kaum ein Auge zugetan, weil sie in ständiger Sorge um ihn wach blieb. Es tat ihm Leid, dass er sie so hatte leiden lassen, aber er bereute keinesfalls seine Entscheidung, Gary begleitet zu haben. Doch er war froh, nun wieder bei ihr zu sein, sie gab ihm einen gewissen Halt und auch wenn ihr Zuhause zerstört war, gemeinsam würden sie sich etwas Neues aufbauen.

„Ash?“, der Angesprochene vernahm eine bekannte Stimme und blickte zur Tür. Misty lugte vorsichtig in den Raum hinein. „Darf ich rein kommen?“

„Klar.“

Die Arenaleiterin betrat leise den Raum und setzte sich auf den letzten freien Sofaplatz neben Ash.

„Deine Mutter ist sicher froh, dass du wieder da bist“, sie schenkte der schlafenden Frau Ketchum ein sanftes Lächeln.

„Oh ja, sie hat mich vor Freude fast erwürgt“, sie war ihm sofort in die Arme gefallen und hatte zu weinen angefangen.

Er hatte in dem Moment gar nicht gewusst, was er ihr sagen sollte außer ‚ich bin wieder da’, aber mehr wollte sie auch gar nicht hören. Noch nie war er so froh über die Umarmung seiner Mutter gewesen, denn es war fast so, als wäre er nach langer Zeit wieder nach Hause gekommen.

„Und wie geht es dir?“, wollte Misty wissen und blickte nun ihren Freund an.

„Die Ärzte sagen, ich bin einfach nur lädiert und bräuchte eine Mütze voll Schlaf. Aber ich will nicht hier bleiben, ich hasse Krankenhäuser“, Ash klang beinahe wie ein kleines Kind, was Misty zum Kichern brachte, „Was ist daran so witzig?“, er warf ihr genervten Blick zu.

„Ach gar nichts. Ich bin einfach nur froh, dass alles in Ordnung ist. Ich denke, dass wir alle einfach nur etwas Ruhe brauchen. Ich mache mir allerdings Sorgen um Maike. Ich habe vorhin Drew getroffen, er sagte mir, dass sie zwar operiert wurde, ihr Zustand aber immer noch kritisch sei und sie sei immer noch nicht aufgewacht. Er selbst sah auch ziemlich fertig aus.“

Ash blickte Misty beunruhigt an, dann wandte er sich traurig ab. Maike und Drew hatte er fast vollkommen vergessen. Auch Pyro und Sandra könnten schwer verletzt sein. Und er saß hier und versuchte sich irgendwie zuhause zu fühlen. Was war er nur für ein Freund?!

„Wir können nichts tun“, Ash spürte, wie Misty sanft seine Hand griff, „Drew ist ja bei ihr, ich bin mir sicher, dass alles gut werden wird.“

„Misty?“

„Ja?“, ein wenig verwundert über den nostalgischen Tonfall ihres Freundes blickte sie ihn fragend an.

Ash hob den Kopf und erwiderte ihren Blick. „Danke für alles.“

„Wofür bedankst du dich?“

„Einfach für alles, dass du für mich getan hast. Ich weiß gar nicht, was ich ohne dich machen würde. Immer stehst du mir bei und baust mich auf oder hältst mich zurück, wenn ich etwas Dummes machen will. Das war schon früher so, aber ich war noch nie so dankbar, dass du an meiner Seite bist.“

„Ich werde auch immer für dich da sein, das verspreche ich dir“, Misty musste unweigerlich lächeln.

„Wirklich?“

„Wirklich, denn ich will dich nicht mehr allein lassen“, Misty legte ihre andere Hand an seine Wange und beugte sich zu ihm vor. Sanft küsste sie seine Lippen.

Momente vergingen, bis sich beide fasziniert anblickten. Misty hatte es kaum für möglich gehalten, doch seit sie auf James’ Anwesen waren, wusste sie, dass sie mehr für Ash sein wollte als nur seine Wegbegleitung. Sie liebte ihn und sie würde auch weiter auf ihn aufpassen, aber sie wollte es nicht nur als seine Gefährtin tun.

„Danke“, flüsterte er in ihr Ohr, ehe er seinen Kopf an ihre Schulter lehnte.

Sie beide lehnten sich zurück und saßen einfach nur schweigend da, das Gefühl des Augenblicks genießend.

„Ash?“

Keine Antwort. Sie bemerkte nur sein leises Atmen auf ihrer Schulter. Ash war eingeschlafen. Dieses Mal konnte sie ihm das nicht einmal übel nehmen. Auch sie war müde, also lehnte sie ihren Kopf gegen seinen und war ebenfalls schnell im Reich der Träume verschwunden.
 


 

Drew saß auf einem Stuhl an Maikes Krankenbett. Die Ärzte hatten getan, was sie konnten, doch ob sie wirklich durchkommen würde, würde sich dadurch entscheiden, ob sie bis Morgen früh wieder aufwachte oder nicht. An ihrem Arm hing ein Tropf und ein anderes Gerät zeigte ihren langsamen Herzschlag an.

Drew hatte dem piependen Geräusch die ganze Zeit in der Hoffnung gelauscht, dass es schneller werden würde, aber auch um ständig zu hören, dass Maike noch am Leben war. Ihr Atem war so flach, dass man unter der Bettdecke nicht einmal ihren Brustkorb heben und sinken sah. Doch irgendwann war Drew dabei eingeschlafen. Er hing in einer unbequem aussehenden Position in seinem Stuhl, sein linker Arm hing schlaff neben ihm runter und sein Kopf war auf seine rechte Schulter gefallen. Maike würde sicher über ihn lachen, wenn sie ihn so sehen würde, denn das passte so überhaupt nicht zu dem sonst immer so auf Stil bedachten Koordinator.

Doch seine Kräfte hatten ihn einfach verlassen. Der Arzt hatte ihm zwar gesagt, er sollte sich in seinem eigenen Zimmer ausruhen, doch das konnte er nicht. Er könnte nicht ruhig in seinem Bett liegen, wenn er wusste, dass Maike vielleicht nie wieder die Augen öffnen würde. Er musste einfach bei ihr sein. Vielleicht hoffte er, dass sie seine Anwesenheit bemerkte und so bei ihm bleiben würde.

Irgendwann rutschte sein Kopf von seiner Schulter. Der ruckartige Zug in seinem Nacken ließ ihn ungemütlich aufwachen. Mit einem leisen Stöhnen warf er den Kopf nach hinten, er hatte sich selten so verspannt gefühlt. Er blinzelte ein paar Mal, ehe sich sein Fokus schärfte. Drew warf einen Blick zur Uhr, die über der Tür hang, er saß nun schon drei Stunden hier. Wie er von Misty wusste, die er auf dem Gang getroffen hatte, waren die anderen mittlerweile auch hier angekommen und sicher hatte man sie auch schon alle behandelt.

Mit müdem Blick bedachte er wieder das Krankenbett vor sich. Er sah in Maikes zierliches Gesicht. Wieder blinzelte er und rieb sich die Augen. Mit einem Mal war er hellwach.

„Maike?“, ungläubig sprach er ihren Namen aus.

Doch er träumte nicht, ein blaues Augenpaar blickte ihn an und wenn er es nicht besser wüsste, würde er sogar behaupten, dass ihre Lippen zu einem leichten Lächeln geformt waren.

„Schläfst du immer so unbequem?“, ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch Drew konnte jedes ihrer Worte verstehen und hatte das Gefühl, noch nie etwas Schöneres gehört zu haben.

„Du bist endlich aufgewacht“, Drew beugte sich vor und griff nach ihrer Hand.

Er spürte regelrecht die Erleichterung, die durch seinen Körper floss, als sich ihre Finger ebenfalls um seine Hand legten und versuchten, diese leicht zu drücken. Er spürte, wie schwach sie war, dennoch war es ein Zeichen, dass sie das Schlimmste überstanden hatte.

„Ja. Und ich habe das Gefühl, mindestens eine Woche verschlafen zu haben“, Maike hatte ihr Zeitgefühl vollkommen verloren, es kam ihr so vor, als wenn seit den Kämpfen ganze Tage vergangen wären. „Was ist passiert?“

„Team Rocket ist besiegt, wir haben gewonnen“, verkündete Drew und Maike schloss erleichtert die Augen.

Kurz darauf flossen Tränen aus ihren Augenwinkeln.

„Es ist also endlich vorbei?“, mit feuchten Augen blickte sie Drew wieder an.

„Ja“, er nickte mit einem sanften Lächeln.

„Und geht es allen gut?“

„Ganz sicher. Sie sind alle hier, die Ärzte werden sie schon wieder auf die Beine bringen.“

„Das ist super“, Maike konnte ihrer Freude kaum Ausdruck verleihen.

Dieser Kampf war tatsächlich vorbei und sie hatten ihn gewonnen. Und allen würde es gut gehen. An so einen Ausgang hatte sie schon fast nicht mehr geglaubt.

Drew löste sich aus ihrer Hand und wischte ihr die Tränen weg.

„Du brauchst dir also keine Sorgen mehr zu machen“, denn das konnte sie ja immer besonders gut.

„Ja“, doch seine Worte klangen merkwürdig.

Drew setzte sich wieder zurück auf seinen Stuhl und suchte wieder mit seiner rechten Hand die ihre. Doch sein linker Arm hing weiter bewegungslos an ihm herunter.

„Was ist mit deinem Arm?“

„Den hab ich mir im Kampf mit Koga verletzt, ist halb so wild. Das wird schon wieder“, doch er schaffte es nicht, sie bei diesen Worten anzusehen.

„Du lügst“, erwiderte sie traurig.

Mittlerweile kannte sie Drew gut genug um zu wissen, wann er ihr etwas verheimlichen wollte.

Scheinbar verstört blickte er zur Seite. Eigentlich hatte er es ihr nicht sagen wollen, jedenfalls noch nicht. Betroffen legte er seine rechte Hand auf seinen linken Oberarm.

„Ich werde den Arm nie wieder bewegen können.“

Diese Worte gingen ihm sogar schwerer über die Lippen, als er es erwartet hatte. Als der Arzt es ihm gesagt hatte, kam es für ihn nicht einmal sonderlich überraschend. Er hatte zwar ein Gegengift bekommen, doch irgendwann hatte der Schmerz einfach aufgehört und sein Arm fühlte sich wie gelähmt an. Die Ärzte hatten nichts mehr tun können, denn Kogas Gift hatte die Muskeln in seinem Arm fast vollständig aufgefressen und es gab keine Möglichkeit, das Muskelgewebe wieder herzustellen.

Widerwillig blickte er nun doch wieder Maike an, aber er sah genau das, was er nicht sehen wollte: das Entsetzen in ihren Augen.

„Es gibt Schlimmeres“, versuchte er die Sache abzutun.

„Aber man kann wirklich nichts tun?“

„Nein.“

Maike fand es schrecklich. Vor allem musste sie auch wieder an ihren Vater denken. Erst musste sie sehen, dass er im Rollstuhl saß und nie wieder würde laufen können und nun hatte es auch Drew getroffen, der seinen Arm nicht mehr gebrauchen konnte. Wieso nur passierte das, womit hatten sie das denn verdient?

Unweigerlich liefen ihr wieder Tränen aus den Augen. Das war einfach nicht fair.

„Bitte weine nicht deswegen. Nicht wegen mir“, er konnte es kaum ertragen, sie zum Weinen gebracht zu haben. Genau das hatte er vermeiden wollen.

„Ich will aber!“, gab sie quengelnd zurück und verschluckte sich dabei, was ein schweres Husten zur Folge hatte.

„Maike!“, Drew sprang sofort auf und holte endlich einen Arzt her, schließlich war Maike noch weit davon entfernt, wieder gesund zu sein.
 

Lucia saß zusammengekauert auf einem Stuhl im Gang. Sie fühlte sich schlecht. Immer wieder schielte zur Seite, denn ein paar Meter weiter auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges befand sich die Tür zu Pauls Zimmer. Die Ärzte hatten ihr gesagt, dass er bald wieder auf die Beine kommen würde, er brauchte nur ein paar Tage Ruhe. Diese Nachricht hatte sie erleichtert, doch schnell plagten sie Schuldgefühle und Angst.

Sie saß nun schon knappe drei Stunden hier und traute sich nicht, sein Zimmer zu betreten, dabei interessierte sie nichts mehr zu wissen, ob er mittlerweile schon aufgewacht wäre. Sie wollte mit ihm reden, sich bei ihm bedanken, doch sie hatte Angst, dass er sie nicht sehen wollte und wieder rausschicken würde. Denn immerhin war sie doch so schwach gewesen und musste sich von ihm beschützen lassen. Er würde sie sicher wieder als naiv und dumm beschimpfen und das wollte sie jetzt nicht von ihm hören. Auch wenn es vielleicht stimmte.

War sie naiv, weil sie glaubte, Paul könnte sich verändert haben? War sie dumm, weil sie auf einmal anfing, ihn zu mögen, obwohl sie wusste, wie arrogant und egoistisch er war? Doch in den letzten Tagen hatte sie das Gefühl bekommen, ihn ein wenig besser zu verstehen. Sie hatte ihn von einer neuen Seite kennen gelernt und sie hatten sogar gemeinsam gekämpft. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie beide nun etwas verband, das sie nicht mehr verlieren wollte.

Lucia rieb sich über die verbundenen Oberarme. Sie hatte nur ein paar Blessuren und Prellungen davon getragen, aber Paul hätte bei dem letzten Angriff sterben können. Immer wieder malte sie sich aus, was sie empfinden würde, wenn es wirklich so weit gekommen wäre. Er hatte sie vorher gefragt, warum Reggie Hilda mit seinem Leben beschützt hatte, dabei schien er die Antwort doch selbst zu kennen. Aber war sie ihm denn auch so wichtig? Lucia würde es gern verstehen und zu gern würde sie ihn nun auch fragen, wieso er das für sie getan hatte. Immerhin hatte sie noch die Gelegenheit dazu.

Plötzlich hörte Lucia, wie eine Tür geöffnet wurde. Eine Schwester ging in Pauls Zimmer. Das war gut, denn dann könnte sie sie ja fragen, wie es ihm so ging. Zehn Minuten später trat die junge Frau auch wieder in den Gang hinaus und kam sogar sofort auf sie zu.

„Bist du Lucia?“

„Ja?“, verwundert blickte sie die Frau vor sich an.

„Der junge Mann in dem Zimmer hat nach dir gefragt?“, sie warf ihr ein verspieltes Grinsen zu.

„Was? Ehrlich?“, Lucia wurde nervös, sie spürte förmlich, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte.

Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Ihre Nervosität musste auch auffallen, denn die Schwester musste kichern.

„Dacht ich mir doch, dass du ihn magst. Nun geh schon rein, er wartet.“

„Ok…“, langsam erhob sich Lucia von ihrem Stuhl und trat an die Tür heran.

Sie wartete noch, bis die Schwester um die nächste Ecke verschwand und atmete noch einmal tief durch. Dann klopfte sie an. Es kam keine Antwort. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr, entschlossen drückte sie Klinke nach unten und trat ein.

Sofort spürte sie ein Augenpaar auf sich liegen. Darauf bedacht ihr Selbstbewusstsein nicht zu verlieren, schloss sie die Tür hinter sich und trat an das Krankenbett heran.

„Hallo.“

„Du warst also wirklich noch hier“, bemerkte er.

Was sollte sie nun darauf erwidern? Es offen zu geben, dass sie wie ein kleines Schulmädchen draußen auf dem Gang gesessen hatte?

„Wie geht es dir?“, fragte sie schließlich, da ihr nichts Besseres einfiel.

„Es könnte mir besser gehen, wenn du nicht wärst.“

Lucia biss sich auf die Unterlippe. Da waren sie schon, Worte, die sie von ihm erwartet hatte. Und sie taten weh.

„Du hast echt Nerven, hier aufzutauchen. Du-“

„Halt den Mund!“, Lucia schnitt ihm wütend das Wort ab. Ihr ganzer Körper bebte, das konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. „Du hast mich doch hergebeten. Und ich habe dich nicht darum gebeten, mich zu beschützen, das war deine Entscheidung! Du kümmerst dich doch sonst auch nur um dich selbst, was kann ich also dafür, dass du auf einmal den Helden spielst. Aber ich bin nicht so egoistisch wie du! Ich hätte auch einfach gehen können, aber ich habe mir Sorgen um dich gemacht und – und…“

Lucia brach auf einmal in den Tränen aus und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Sie ließ sich auf den Stuhl fallen, der neben dem Bett platziert war. Sie konnte nicht mehr. Wieso tat er ihr das nur an?! Sie hatte sich solche Sorgen um ihn gemacht und dann bekam sie nur solche Worte von ihm zu hören. Eigentlich hatte sie es ja gewusst, dennoch kränkte es sie.

„Du hättest einfach gehen können. Warum bist du für mich hier geblieben? Ich bedeute dir doch nichts, was geht dich also mein Leben an?“

„Das ist nicht wahr!“, schrie sie und blickte ihn mit ihren tränenden Augen an, „Du bist mir nicht egal. Du – du…“

„Ich glaube, ich kann meinen Bruder nun ein wenig verstehen“, meinte Paul und starrte die Decke an. „Er hat diese Arenaleiterin beschützt, weil er nicht anders konnte. Sie schien ihm wichtig gewesen zu sein“, Paul hatte nun genug Zeit gehabt, darüber nachzudenken und ihm war Einiges klar geworden.

Reggie hatte Hilda nicht einfach so sterben lassen können, sie war ihm wichtig gut, dass er sogar sein Leben für sie gab. Die Erkenntnis hatte ihn wie einen Schlag getroffen, dass auch er selbst jemanden hatte, den er nicht hatte verlieren wollen. Ein wenig hatte er gehofft, dass es nur ein kurzer Moment der Schwäche gewesen war. Sie würde wieder aus seinem Leben verschwinden und alles wäre wieder so wie vorher. Doch das war sie nicht. Sie war nicht gegangen und nun saß hier und weinte wegen ihm.

„Was willst du damit sagen?“, schluchzte Lucia und brachte ihn so dazu, sie wieder anzusehen.

„Aus irgendeinem Grund bedeutest du mir etwas. Daher hast du Nerven, hier noch aufzutauchen. Dich werde ich wohl nicht mehr los, denn auch egal an was ich denke, irgendwann tauchst du auf und bringst alles durcheinander.“

Lucia war sichtlich überrascht. Paul dachte also nur noch an sie? Hieß das nun, dass er froh war, dass sie hier bei ihm war? Oder nervte sie ihn doch nur und am liebsten wäre es ihm, wenn sie für immer verschwinden würde?

„Könntest du einmal Klartext reden?“, beschwerte sie sich bei ihm. „Hör auf mich so zu quälen. Willst du nun, dass ich gehe oder – darf ich bleiben?“

Was für eine Frage, er hätte nicht gedacht, dass sie sie ihm wirklich stellte. Sie beschwerte sich ständig über seinen Egoismus, dabei ließ sie ihn nun entscheiden, anstatt einfach selbst ihre Entscheidung zu treffen.

„Was ist dir denn lieber? Du weißt, dass ich Schwächlinge hasse, also reiß dich mal zusammen. Von einer angehenden Koordinatorin würde ich mir erwarten, so schaffst du es nie bis an die Spitze. Dabei hast du ja wohl bewiesen, dass du genug Mut dazu hast. Also hör endlich auf zu heulen, das hält man ja kaum aus. Sag du doch auch einmal, was du willst und kümmer dich nicht um andere“, eindringlich sah er sie an.

Lucia musste schlucken. Nahm sie denn zu viel Rücksicht auf andere? Allerdings hatte er nicht ganz Unrecht, wieso sollte sie sich von ihm vertreiben lassen? Sie wusste, dass er sich nicht um 180 Grad drehen würde, doch sie glaubte trotzdem, dass sie in ihm etwas gefunden hatte, dass sie festhalten möchte. Sie wusste noch nicht was, aber genau das wollte sie herausfinden.

„Ich werde hier bleiben“, meinte sie schließlich bestimmt zu ihm und wischte sich die Tränen weg.

„Dann werde ich dich weiter ertragen“, und unbewusst legte sich sogar ein erleichtertes Lächeln auf seine Lippen.

Er schloss die Augen und schlief kurze Zeit später wieder ein. Er war froh über ihre Entscheidung, die auch seinen Egoismus befriedigte. Und es war ein schönes Gefühl zu wissen, dass sie noch da wäre, wenn er wieder aufwachte.

Lucia zog wieder die Beine an und legte ihre Arme um ihre Knie, um ihr Kinn darauf zu betten. Ein leichtes Lächeln stahl sich auch auf ihre Lippen. Nun fühlte sie sich glücklich. Es tat gut, dass alles mal gesagt zu haben und sie freute sich schon darauf, mit Paul noch weiter denselben Weg zu gehen.
 

Green war regelrecht aus ihrem Zimmer geflüchtet, sie war es nicht gewohnt, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen, außerdem hasste sie es, wenn so viel an ihr herumgewuselt wurde. Ihr ging es gut bis auf die Kopfschmerzen, also sollten sie die Schwestern doch einfach in Ruhe lassen.

Vielmehr interessierte sie, wie es Gary ging. Leider war sie so schnell getürmt, dass sie gar nicht gefragt hatte, wo sie ihn denn überhaupt finden könnte. Natürlich hatte sie auch nicht das Glück, auf dem Flur jemanden zu treffen, der ihr weiter helfen könnte. Aber war ja auch kein Wunder, hier hatte sicherlich gerade jeder was zu tun. Vielleicht sollte sie einfach die Dame an der Aufnahme fragen.

Green suchte den Weg zurück zum Eingang, als sie im nächsten Gang auf ein Mädchen traf. Sie trug ebenfalls die typische Schwesternkleidung und hielt eine Klemmakte in den Armen, doch sie stand nur unsicher vor einer Tür, die zu einem Patientenzimmer führte, wie das Schild daneben verriet. Das Mädchen sah sehr jung aus, sicherlich arbeitete sie hier auch noch nicht lange, aber wenn sie Angst vor Patienten hatte, hatte sie nach Greens Meinung den falschen Beruf gewählt.

„Hallo“, doch das würde sie nicht davon abhalten, sie nach einer Auskunft zu fragen.

Das Mädchen mit dem kurzen blonden Pferdeschwanz zuckte erschreckt zusammen und blickte Green für einen Moment ängstlich an.

„’tschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken“, winkte Green ab.

„Kei-kein Problem.“

„Alles ok?“, das Mädchen erschien Green immer suspekter.

„Na ja, wissen Sie…“, sie starrte auf das Zimmerschild, „In diesem Zimmer liegt dieser Team Rocket Kommandant. Seine Werte liegen vor und da kein anderer Zeit hat, soll ich sie ihm mitteilen.“

Green horchte auf, „Ist denn alles in Ordnung mit ihm?“

„Ja“, die Schwester blickte kurz auf das Krankenblatt, „Sein Bein ist zwar ziemlich lädiert, aber es wird wieder vollständig heilen und ansonsten sind alle seine Werte im normalen Bereich. Oh-“, wieder schreckte sie nervös hoch. „Oh nein, das hätte ich Ihnen gar nicht sagen dürfen.“

„Schon gut, ich bin so was wie seine große Schwester, ich hätte es also eh herausbekommen“, Green zwinkerte ihr zu und das Mädchen sah sie nur mit großen Augen an, „Und wenn Sie so große Angst vor ihm haben, dann lassen Sie mich das doch einfach machen“, Green schnappte ihr einfach die Akte aus der Hand weg und platzte ohne Anklopfen in das Zimmer herein.

„Moment!“, doch die Schwester war natürlich zu langsam und ehe sie es sich versah, stand sie zusammen mit Green im Zimmer des Kommandanten.

„Green“, Silvers Gesichtszüge hellten sich auf, als er seine Freundin kommen sah.

„Haben sie dich auch gut durchgecheckt?“

„Und wie, ich dachte schon, sie nehmen mir das Bein ab. Ich warte allerdings noch auf meine Ergebnisse.“

„Meinst du die hier?!“, Green hob grinsend die Akte hoch.

„Klaust du nun schon Krankenakten?“, Silver musste leicht grinsen.

„Du weißt doch, dass ich mir immer die wichtigsten Informationen unter den Nagel reiße“, sie streckte ihm kurz frech die Zunge raus.

Die Schwester stand nur entgeistert vor der Tür und beobachtete das neckische Gespräch der beiden.

„Ich kann dir also gern sagen, wie es um dich steht“, meinte Green weiter, wandte sich dann jedoch zu der Schwester um, „Oder wollen Sie das lieber machen, ist ja schließlich Ihr Job.“

„Äh..“, das Mädchen musste sich erst sammeln, doch sie riss sich zusammen und trat endlich an Green heran und nahm ihr die Akte ab.

Green grinste zufrieden und beobachtete das Mädchen dabei, wie sie Silver die Testergebnisse mitteilte. Sie schien sehr erleichtert danach zu wirken, manche Menschen brauchten einfach nur einen Schubs nach vorn. Green konnte ein wenig verstehen, dass es sie nervös machte, dass ausgerechnet ein Team Rocket Kommandant hier behandelt wurde, aber in einem Krankenhaus sollte das keine Rolle spielen. Aber Silver konnte auch böse gucken, sicherlich wurde er häufig falsch verstanden oder eingeschätzt, dabei war er so ein lieber Mensch. Er hatte in den letzten Jahren sicherlich viel gelitten, aber das hatte ihn auch stärker gemacht, das hatte sie gesehen.

„Ich lasse Sie beide dann nun allein.“

„Danke sehr“, Silver schien erleichtert, dass wirklich alles in Ordnung war.

„Noch eine kurze Frage“, warf Green ein, ehe das Mädchen durch die Tür verschwunden war, „Wissen Sie zufällig auch, wie es Gary Eich geht oder in welchem Zimmer ich ihn finde?“

„Herr Eichs Zimmer befindet sich hier rechts am Ende des Ganges, über seinen Zustand weiß ich leider nichts, tut mir Leid.“

„Kein Problem, ich werd gleich einfach selbst vorbei schauen, vielen Dank.“

Die Schwester nickte noch kurz, ehe sie endlich das Zimmer verlassen konnte.

„Du magst ihn wirklich, was?“, erklang Silvers Stimme und Green drehte sich mit einem Lächeln zu ihm um.

„Ja, das tue ich.“

„Na ja, immerhin ist er kein Schwächling.“

„Keine Sorge, er kann schon auf mich aufpassen, wenn du dir darüber Gedanken machst. Deswegen wolltest du auch mit ihm Kämpfen, richtig?“

Silver nickte nur stumm. Leider hatte der Typ seinen Test auch bestanden.

„Aber ich bin auch genauso froh, dass es dir gut geht“, Green nahm seine Hand, „Denn du bist mir auch wichtig. Ich möchte nicht, dass wir uns noch einmal aus den Augen verlieren. Willst du mich nicht begleiten, wenn du entlassen wirst?“

„Wo willst du denn hin?“, eigentlich war es ihm egal, denn er wusste selbst nicht, wohin er gehen sollte, denn er hatte weder Familie, noch ein richtiges zu Hause, in das er zurückkehren konnte.

„Nach Hause“, Silver machte große Augen, doch Green lächelte nur geheimnisvoll. „Also, begleitest du mich? Oder willst du lieber auch nach Hause gehen?“

„Welches Zuhause?“, Silver wandte seinen Blick ab.

Green erkannte dennoch die Wut und die Traurigkeit in seinen Augen.

„Auf dem Vulkan hattest du deine Großmutter erwähnt. Du hast also noch Familie.“

„Das ist keine Familie.“

„Aber ich weiß, wie sehr du dir immer eine gewünscht hast. Du hast deine Familie also aufgegeben?“, Green erkannte, wie sehr ihn diese Worte schmerzten, aber es war auch eine Entscheidung, die er für sich treffen musste.

Silver drückte ihre Hand, er sah verzweifelt aus.

„Du darfst ruhig traurig sein, er war schließlich dein Vater.“

Green wusste genau, was mit ihm los war. Er hatte seinen Vater verloren und obwohl er diesen nicht hatte leiden können, ja vielleicht hatte er ihn sogar gehasst, war er traurig, denn schließlich hatte man nur einen Vater.

Silver begann zu zittern. Kurz darauf flossen erste Tränen aus seinen Augen. Er wollte es nicht, doch aus irgendeinem Grund musste er den Tod seines Vaters betrauern. Es war einfach ein Gefühl und es wollte nicht weggehen.

Doch Green konnte ihn verstehen. Sie nahm ihn in die Arme und zog ihn zu sich. Er durfte ruhig weinen und so lange würde sie bei ihm bleiben.

„Es ist ok.“

Silver konnte gar nicht sagen, wie dankbar er Green war, dass sie bei ihm war. Er weinte so lange in ihren Armen, bis er keine Tränen mehr hatte. Vermutlich weinte er nicht nur um seinen Vater, sondern einfach weil er das Gefühl hatte, dass eine große Last von ihm gefallen war. Die Zeit von Team Rocket war vorbei, nun war er endlich frei, auch wenn es ihm leider nicht gelungen war, auch seinen Vater zu retten.

Schließlich löste er sich von Green und rieb sich die letzte Feuchtigkeit aus den Augen.

„Ich würde dich gern begleiten“, schluchzte er schließlich, als er sich wieder besser fühlte, doch er blickte sie immer noch ein wenig verwundert an, „Du bist die einzige Familie, die ich noch habe, aber willst du nicht viel lieber mit ihm reisen?“

„Na ja“, Green schmuntelte verspielt, „Ich hab da so einen Plan.“

„Und bei dem soll ich dir helfen?“

„Nur wenn du willst. Für dich wird es nicht viel Bedeutung haben, aber ich würde mich dennoch freuen.“

„Du weißt, dass ich dir keine Bitte abschlage.“

„Das stimmt. Aber weißt du, ich will endlich zurück nach Alabastia.“

„Aber Alabastia wurde doch-“

„Ich weiß“, nun wurde auch Greens Blick von Traurigkeit erfüllt, „Aber das muss nicht das Ende sein.“

„Egal was du vorhast, ich werde dir helfen. Vielleicht kann ich so der Stadt auch etwas zurückgeben“, denn er konnte die Schuldgefühle nicht leugnen, die er empfand.

„Gut. Dann muss also nur noch dein Bein gut verheilen.“

„Das wird schon. Aber jetzt solltest du lieber zu ihm gehen, er braucht dich jetzt vermutlich mehr.“

„Du bist lieb, weißt du das?“, Green lächelte Silver an, der nur verlegen zur Seite blickte. „Ich komme wieder.“

Mit diesen Worten erhob sie sich von ihrem Stuhl und schenkte Silver noch einen Kuss auf die Wange, ehe sie zufrieden sein Zimmer wieder verließ.
 

„So, letztes Zimmer im Gang“, murmelte Green und hatte auch schon das Schild entdeckt, auf dem ‚Gary Eich’ geschrieben stand.

Beschwingt klopfte sie an, doch es kam keine Antwort. Green klopfte nochmals, dieses Mal etwas lauter, doch wieder war keine Reaktion zu vernehmen. Vorsichtig drückte sie die Klinke hinunter und spähte in den Raum hinein. Gary lag in dem einzigen Krankenbett und schien zu schlafen. Leise trat Green ein und schloss die Tür hinter sich. Sie schritt an sein Bett heran und musste leicht schmunzeln, als sie ihn so betrachtete. Er trug ein hellblaues Krankenhemd mit gelben Entchen drauf. Ob er das wohl wusste? Es sah auf jeden Fall sehr niedlich aus. Seine eigentliche Kleidung lag auf einem Stuhl auf der anderen Seite des Bettes. Auf dem Bettisch stand eine Flasche Wasser sowie ein dazugehöriges Glas, aber auch Garys Pokébälle und sein Pokédex lagen dort platziert.

Green holte das kleine Notizbuch aus ihrer Kleidtasche hervor und legte es daneben. Genau hier gehörte es hin, denn sie war sich sicher, dass Gary diese Angewohnheit seines Großvaters übernehmen würde. Sicherlich würde er das Buch auch irgendwann einmal lesen, doch der letzte Eintrag war momentan das Einzige, was zählte.

Man sollte seine Heimat niemals vergessen. Auch sie hatte stets an Alabastia denken müssen, auch wenn sie sich nicht mehr an die Stadt erinnern konnte und leider nicht dort aufwachsen durfte, dennoch war es ihre Geburtsstadt und sie würde gern dorthin zurückkehren.

Schließlich setzte sich Green auf die Bettkante und beobachtete, wie sich Garys Gesichtszüge immer wieder ein wenig veränderten. Ob er wohl etwas träumte? Wenn ja, schien es etwas Schönes zu sein, denn sein Gesichtsausdruck sah irgendwie glücklich aus. Überhaupt fiel ihr auf, dass sie Gary noch nie entspannt gesehen hatte. Sein Gesicht war immer so voller Sorge gewesen. Sogar mit Sorge um sie.

Green streichelte sanft über seine Wange. Endlich konnte er sich ausruhen. Wie weit war er wohl über seine Grenzen gegangen? Jetzt hatte er sich eine Pause verdient und sie wäre an der Reihe, etwas zu bewegen. Das schuldete sie ihm, ihrer Heimat und auch sich selbst. Sie wollte ihn mit ihrem Plan überraschen und ihm dann endlich sagen, dass sie bei ihm bleiben wollte und nicht mehr weg rennen würde. Nie wieder.

Sie beugte sich nach vorn und küsste zärtlich seine Lippen. Überraschenderweise bekam sie eine Reaktion darauf. Gary erwiderte die Berührung und der Kuss wurde inniger. Ein wenig perplex blickte Green ihm in die Augen.

„Du bist ja wach.“

„Wer könnte denn dabei schlafen?“, Gary grinste leicht.

„Wie geht es dir?“, fragte sie ihn, ohne sich jedoch wieder zurückzusetzen. Lieber blickte sie ihm weiter so tief in die Augen und flüsterte ihm ihre Worte zu.

„Müde, sehr müde. Ich habe das Gefühl, ein paar Mal von einer Walze überrollt worden zu sein.“

„Nicht ganz unverständlich, wenn du mich fragst. Du bist über deine Grenzen hinaus gegangen und hast die Welt gerettet.“

„Das habe ich nicht allein geschafft.

„Ich weiß, aber ohne dich wären gar nicht erst in den Kampf gezogen. Du hast uns angespornt, uns geführt, du hast nie aufgegeben. Du hast sogar an mich geglaubt.“

„Und ich bin so froh, dass ich mich nicht getäuscht habe“, Gary schob ihre Haare zur Seite und ließ seine Hand an ihrem Kopf ruhen, während er ihr einen weiteren Kuss entlockte.

Green lehnte sich noch ein wenig weiter auf seine Brust und gab diesem wohligen Gefühl einfach nach.

„Bleib bei mir“, hauchte Gary, als sie eine kurze Pause einlegten.

„Ich habe da schon so meine Pläne“, erwiderte Green nur und merkte sofort, dass Gary etwas dazu sagen wollte, doch sie legte bestimmt ihren Zeigefinger auf seine Lippen und lächelte geheimnisvoll. „Vertrau mir, ich werde dich nicht enttäuschen“, sie löste ihre Finger von seinen Lippen, um diese wieder mit den ihrigen zu einem Kuss zu versiegeln.

„Ich vertraue dir“, keuchte Gary noch, ehe er sich Green voll und ganz hingab.

Sie schob die Bettdecke beiseite und suchte sich den Weg durch sein Entchen-Nachthemd. Die Berührungen ihrer Hände und ihre zarten Küsse ließen ihn aufstöhnen.

Seine Hände fanden dennoch auch den Weg zu dem Reißverschluss ihres Kleides und öffneten diesen. Green streifte sich ihr Kleid vom Körper und schmiegte sich schließlich zärtlich an seinen. Gary genoss ihre Wärme und die aufkeimende Erregung, er wollte nichts mehr, als sie zu spüren und Green hatte keine Hemmungen, ihm diesen Wunsch zu erfüllen.
 

Zinnoberinsel
 

Mewtu fielen langsam die Augen zu, es könnte sich kaum noch konzentrieren. Ein schriller Alarmton dröhnte durch seinen Kopf, aus irgendeinem Grund war auf der ganzen Insel auf einmal Alarm ausgebrochen. Er hatte ein paar Helikopter wegfliegen sehen und Boote wurden bereit gemacht, doch im Gegensatz zu einer Invasionsarmee war das nur eine handvoll Menschen, die die Insel zu verlassen schienen. Doch im Angesicht dieser Naturkatastrophe kannte wohl selbst Team Rocket nur ein Bedürfnis: Überleben, was in diesem Fall Flucht bedeutete.

Jeeps, Panzer, alle Flugzeuge der Luftwaffe wurden stehen gelassen, denn die Unterbringungshallen waren von der Lava am Fuße des Vulkans längst erreicht worden. Alle Team Rocket Mitglieder strömten zu den Helikoptern und zu den Booten an der Küste, um die Insel einfach nur noch zu verlassen. Mit Verständnislosigkeit und Panik bedachten sie den Vulkan, der nicht nur symbolisch für ihren Untergang stand.

Mewtu schnappte ein paar Gedanken auf. Es war nicht nur Alarm geschlagen worden, sie wussten auch, dass Giovanni tot war. Das erklärte den fluchtartigen Aufbruch, denn der Kampfgeist war gebrochen. Die kopflose Bestie konnte nur noch den Schwanz einziehen und sich verkriechen. Hoffentlich für immer.

Doch Mewtu war sich sicher, dass es so schnell keinen zweiten Giovanni mehr geben würde, aber wer wusste schon, was die Welt als Nächstes erwartete.

„Ich werde die Menschen wohl niemals verstehen. Aber ich bin froh, dass ich einige von ihnen kennen lernen durfte“, Mewtu blickte in Richtung Alabastia, „Jedes Lebewesen hat das Recht, zu existieren, aber auch diese Welt hat ein Recht darauf, weiter zu bestehen. Niemand sollte über sie herrschen dürfen. Ich hoffe, dass dies auch so bleibt. Für alle von uns.“

Mewtu schloss die Augen. Seine dunkelblaue Aura löste sich langsam auf, schließlich stürzte er ab. Im Fall blinzelte Mewtu noch einmal auf.

„Diese Aura – ich kenne sie“, er blickte in den fernen Himmel, hinter einer Wolke glitzerte Etwas auf, „Du? Wieso bist du nicht eher hergekommen? Mew…“, die glitzernde Gestalt verschwand in der Ferne.

Mewtu schloss endgültig die Augen – und versank in der alles verschlingenden Lava unter sich. Die rote Masse erstreckte sich unaufhaltsam über die ganze Insel, bis sie die Küste erreichte. Der Vulkan spie weiter Feuer und drückte die Insel nach unten. Bald würde sie vom Meer verschlungen werden. Es war der letzte Preis für den Frieden und das endgültige Zeichen für das Ende von Giovanni und seinem Team Rocket.
 

~~~
 

Preview Epilog:
 

Endlich herrscht Frieden in der Welt, so dass die Zeit des Wiederaufbaus beginnen kann. Alle kehren zu ihren Familien nach Hause zurück und Gary und Ash machen sich auf den Weg zurück nach Alabastia, denn sie wollen ihre Heimat wieder aufbauen. Dabei stellen sie fest, dass sie mit diesem Gedanken nicht alleine sind...
 

Zu Lesen im Epilog, upload-Termin ist der 25.07.2010.
 

Also nicht verpassen ;)



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Super_Mani
2010-07-09T20:12:33+00:00 09.07.2010 22:12
Dieses Kapitel war echt bewegend. Schade das Mewtu dabei gestorben ist.
Diese Geschichte war im ganzen sehr toll und hat mir unendlich viel Spaß gemacht sie zu lesen.

glg manuel
Von:  Mona-Kaiba
2010-07-07T08:46:47+00:00 07.07.2010 10:46
Ha! Endlich komme ich dazu, dir einen Kommentar zu schreiben.

Dieses Kapitel war natürlich was fürs Herz und damit was für mich. Endlich sind sich die Paare mal richtig näher gekommen. Haben sie sich nach dem ganzen Ärger auch wirklich verdient.

Mewtus Schicksal ist zwar traurig, aber ich muss ja sagen, eigentlich habe ich mich schon nach den beiden Filmen mit ihm darüber gewundert, dass sie ihn haben leben lassen (also das er nicht im Filmverlauf schon gestorben ist), weil so ein starkes Monster ja doch immer wieder gejagt und für die falschen Zwecke missbraucht werden würde und es daher auch eigentlich nicht friedlich weiterleben kann, rein logisch betrachtet.
Aber immerhin hat es bei dir zuvor nun noch eine gute Tat begangen und die Art, wie er über die Menschen und ihr Verhalten nachgedacht hat, war auch sehr passend.
Allerdings ist mir die Bedeutung von Mews Auftauchen am Schluss nicht ganz klar. Das könnte aber auch daran liegen, dass ich ja nicht alles gelesen habe und daher vielleicht etwas verpasst hab, was ich zum Verständnis gebraucht habe.

Was Green und Gary angeht, muss ich ja sagen, habe ich schon fast geahnt, dass das in diesem Kapitel mit den beiden so enden würde, obgleich die Frage, ob Garys Energie dafür noch gereicht hat, schon berechtigt ist.
Allerdings muss ich sagen, man kann es drehen wie man will, am Ende ist es wirklich so, dass die beiden für diesen Schritt in einem solchen Moment in der Tat am besten geeignet waren, wenn man die ganzen Umstände bedenkt.
Ich bin schon sehr gespannt, wie Green Alabastia wieder zu ihrer aller Heimat machen will, denn das ist es ja, was sie vor hat, oder?

Die Situation zwischen Ash und Misty war sehr passend. Anders hätte es bei den beiden auch nicht laufen können. Außerdem ist die Situation am Ende doch einfach nur zu niedlich.
Ich musste wirklich schmunzeln an der Stelle, an der Ash sagt, dass seine Mutter ihn fast erwürgt hätte. Genau so hab ich mir ihre Umarmung vorgestellt XD

Bei der Sache zwischen Paul und Lucia, hatte ich das Gefühl, dass du doch etwas Probleme mit der Szene hattest, bezüglich Paul. Es wirkt alles ein wenig... ich weiß auch nicht. Aber vielleicht liegt es einfach nur daran, dass man sich den Typen schwer in so einer Situation vorstellen kann. Und natürlich kommt noch erschwerend hinzu, dass ich Paul und Lucia ja an sich kaum kenne, da ich die DP-Staffel ja nie geschaut hab.
Allerdings denke ich, die Ausgangssituation zwischen den beiden, die ja doch noch recht offen ist, aber trotzdem in eine gewisse Richtung geht, ist doch recht passend.

Ein bisschen fies warst du ja zu Drew. Der arme Kerl ist der einzige, der einen bleibenden Schaden hat. Aber natürlich war es auch irgendwie klar, dass nicht alle ohne Schäden aus der Sache raus kommen würden. Obgleich ich finde, dass es unseren Koordinator am schlimmsten getroffen hat.
Es ist schön, dass Maike wieder unter den lebenden weilt, obgleich sie sicherlich lieber unter etwas anderen Umständen aufgewacht wäre. Aber besser so, als gar nicht.
Zwischen ihr und Drew war natürlich nicht so viel Zeit für Romantik, aber die beiden haben ja schon etwas vorgearbeitet.

Der arme Silver tut mir etwas leid. Er ist ja nun eigentlich der einzige, der irgendwie alleine ist.

Ich freue mich schon sehr auf den Epilog! ^^
Von:  Nandalee
2010-07-01T15:49:37+00:00 01.07.2010 17:49
Das war mal wieder ein super Kappi, schade nur, dass es bald vorbei is..
Die Szene mit dem Notizbuch fand ich am Besten.
Aber ich hab da mal ne Frage.
Was ist eigentlich mit den anderen mehr oder weniger wichtigen Personen geworden, die mitgekämpft haben? (Zum Beispiel aus Troy oder so..)

Freue mich aber wirklich auf des nächste Kappi.


Von:  fahnm
2010-06-28T22:37:35+00:00 29.06.2010 00:37
Klasse kapi!^^
Freue michs chon aufs nächste!^^
Von:  Kacon
2010-06-28T18:17:34+00:00 28.06.2010 20:17
So ma schaun wo ich anfang... ok ich schreib mich hoch ^^

Endlich, endlich ist Maike wieder wach! Ach so schön! Armer Drew, sein Arm =( Aber er lebt noch, sie lebt noch und jetzt können sie gemeinsam ihr Leben verbringen =)
Brauch ich zu Ash und Misty noch etwas sagen? Ein Wort: Endlich! und Süß! (Ok ich gebs zu das sind drei Wörter xD)
Endlich wird Paul etwas weicher, das hat Lucia ja auch verdient, wie viele Nerven hat sie auch in ihn reingesteckt, echt jetzt sie hats verdient besser von ihm behandelt zu werden!
Mewtu... =(
Silver und Green: Freunde für immer!!
Prof Eich und Gary: Die Situation mit dem Notizbuch war soo cool!!
So zum Schluss nun zu Gary und Green, hach echt super die zwei jetzt hat jeder von ihnen einen Seelenverwandten gefunden für IMMER!
Gefühle pur hast du wieder in diesem Kapi geliefert! Mein Taschentuchverbrauch hat sich verdoppelt! =)
Aber ich bin auch traurig, denn ich wollte es nie für wahr haben, dass auch diese FF sein Ende findet! Nur noch Epi! Trotzdem freue ich mich auf das Ende, dieser großartigen FF!! Ich liebe sie!
LG Kacon
Von:  Miyako-Hanabi
2010-06-27T16:58:40+00:00 27.06.2010 18:58
NEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIN!!!!!!!!!!!!!!​!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!​!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
MEWTU NICHT!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!​!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!​!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
DU MÖRDERIN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Warum Mewtu, warum?
Das hat es nicht verdient, es nicht!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Ich hasse dich...du bist tot...

Und...

Gary, er musste ja unbedingt bis zum letzten durchhalten, dieser vermaledeite Sturkopf!!! (Habe ich schon erwähnt, dass ich Sturköpfe nicht leiden kann? Nicht persönlich gemeint Gary...)
Dafür hat er aber jetzt endlich seine verdiente Ruhe und seine Green^^
Naja, ich würde mal sagen, eine bessere Entspannung gibt es wohl kaum XXXXXXXD

Silver tut mir so leid, keine Familie, kein Zuhause, gar nichts!
Hoffentlich sieht seine Zukunft rosiger aus als seine unschöne Vergangenheit, ich würd es ihm so wünschen.
Er muss sich doch nicht dafür schämen um seinen Vater zu trauern, das ist doch ganz natürlich!

Vollidiot, BAKA!
Wen mein ich wohl? Na?
Trottel, Blödman!
Merkt er endlich mal, was abgeht? He?
Ich kanns ihm sagen: Liebe! Aber auf so ein einfaches Wort kommt er ja nicht, ist ja zu hohl dazu!
Lucia treibt ihm das schon aus, und dann sieht er hoffentlich endlich was er an seinem Goldmädchen hat!

Armer Drew...das ist schlimm. Aber wenigstens lebt Maike!
Die Szene hat mich echt fast zu Tränen gerührt, sie halb dem Tod entronnen weint wegen ihm...

Und last but no least...
Hier zitiere ich mal einen echt tollen spruch den ich mal gelesen habe: "If you can´t see it, you´re blind!"
XD Süß die zwei, aber dass sie füreinander bestimmt waren wusste eh jeder^^

Jetzt können sich endlich alle erholen und freuen, dass sie gewonnen haben.
Und Gary musste echt noch mit letzter Kraft Team Rocket warnen...
Siegfried wollte sie nicht töten, deswegen hat Mewtu doch die ganze welt sehen lassen was passiert!
Aber was ist aus ihm geworden?
Was ist mit ihm passiert?????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????????

Ist er wie Mewtu....
Ist er tot?
....................
Von:  Yurippe
2010-06-27T12:13:23+00:00 27.06.2010 14:13
Oh, es geht weiter! (^.^)/

In Fiktion verwendet man keine Abkürzungen wie ggf. Oder sagt dein Charakter etwa gege-eff?

Äh... und wenn die Kava erkaltet oder auch nicht, wie sollen Siegfrieds Pokemon dann aus ihren Bällen rauskommen?

Erschöpfung zerrt nicht an einem, sondern sie zehrt. ;)
Aber diese Notiz von Professor Eich... ;___;

Irgendwie muss ich weinen und weiß nicht wieso...

Maike!!!!!!! Sie ist wieder wach, und schon streiten die beiden fast wieder. xD

„Du brauchst dir also keine Sorgen mehr zu machen“, denn das konnte sie ja immer besonders gut.
„Ja“, doch seine Worte klangen merkwürdig.
Wer muss sich keine Sorgen mehr machen? @.@

Drews Arm... :(

Was ist denn das für ne Krankenschwester? xD

Oh Mann, Paul... der wird sich nie ändern. ^^;

LOL Ich mochte Green schon immer. *g*

Sag mal, hat Gary DAFÜR noch Energie?!

Mewtwo... ;___________________;

Das war ein schönes letztes Kapitel. Sehr gefühlvoll und nachvollziehbar. Teilweise fand ich, dass dein Schreibstil und deine Rechtschreibung etwas nachgelassen haben im Vergleich zu sonst, aber das war nur minimal.

Ich bin traurig, dass diese tolle Serie, wohl die beste auf Animexx überhaupt, jetzt bald zu Ende ist. ;__;


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