[Naruto] » Freiheit
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Freiheit ist nicht, das zu tun, was man will, sondern nicht das tun zu müssen, was man soll.
- Jean-Jacques Rousseau (1712 - 1778), Philosoph
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Was ist Freiheit?
Ist es nur ein bedeutungsloses Wort?
Nur ein unerfüllter Wunsch?
Nur ein unerreichbarer Zustand?
Oder ist es mehr ...?
Fröhlich fanden die Sonnenstrahlen ihren Weg zur Erde. Es herrschte eine angenehme Temperatur und ab und zu spielte der Wind ein wenig mit den Blättern der Bäume, unterstützte durch das so hervorgerufene Rascheln den Gesang der Vögel, welche munter durch die Luft flogen. Der Himmel war gezeichnet von einigen weißen Watteflocken, ansonsten in einem angenehmen Hellblau getränkt. Langsam zogen die unterschiedlichsten Wolkenformen über die Köpfe der Menschen hinweg und luden dazu ein, sich in ihrem Treiben zu verlieren. Man könnte sagen, es war ein wirklich schöner Tag.
Besonders für einen jungen Shinobi hatte der Tag eben dieses Attribut verdient, denn ausnahmsweise hatte er frei, was eher selten der Fall war. Oder zumindest war es selten der Fall, dass er solange frei hatte, denn meistens wurde er früh genug gestört, um im Prinzip doch den ganzen Tag arbeiten zu müssen.
Heute hatte er es ausnahmsweise bereits bis zum späten Mittag geschafft, was ihn vermuten ließ, dass er eigentlich jeden Moment unterbrochen werden musste. Doch daran wollte er lieber gar nicht erst denken, denn das würde ihn nur von den wundervollen Wolken ablenken, die er seit nun mehr einigen Stunden betrachtete. Es sollte es lieber genießen, solange er noch die Zeit dazu hatte.
Schließlich konnte jeder Moment der letzte sein. Frauen waren in solchen Sachen unberechenbar. Das einzige, was er mit einer äußerst hohen Wahrscheinlichkeit sagen konnte, war, dass er von einer gestört werden würde. Und es würde eine Frau sein, denn das waren die einzigen Wesen, die überhaupt auf die Idee kamen, ihn bei seiner Lieblingsbeschäftigung zu stören. Und zu seinem Unglück gab es zudem auch noch viel zu viele von ihnen, die in Frage kämen.
Seine Mutter war einfach nur mühsam.
Seine Teamkollegin einfach nur nervig.
Seine Vorgesetzte einfach nur anstrengend.
Eine schwangere Frau einfach nur noch kompliziert.
Und alle zusammen waren sie einfach nur störend.
Über dem Braunhaarigen suchte eine Wolke ihren Weg. Wie viele würden wohl noch über ihn hinweg ziehen, bevor er seine Freiheit wieder einbüßte? Wie lange dauerte es wohl noch, bis das weibliche Geschlecht wieder auf die Idee kam, ihn zu nerven?
Ino war heute morgen – wie er zufälligerweise erfahren hatte – zu seinem Leidwesen leider einen Tag früher als geplant von ihrer Spionageaktion wiedergekommen. Dabei hatte er seinen freien Tag genau so gelegt, dass zumindest gerade das nicht der Fall war. Immerhin wäre er so wenigstens sie schon einmal losgeworden. Nun würde se ihn mit ziemlicher Sicherheit höchstens noch eine Stunde in Ruhe lassen - wenn er Glück hatte, noch länger, aber wann hatte er schon einmal Glück?
Spätestens dann jedoch würde sie ihm bestimmt äußerst ausführlich erzählen wollen, was auf der Mission alles passiert war und wie gut sie ihren Job erledigt hatte, wie nervig das Ganze jedoch zudem gewesen war – ja, er hatte es tatsächlich geschafft und auf sie abgefärbt! - und wie froh sie sei, endlich wieder zurück zu sein. Dabei würde es ihr egal sein, wie wenig es ihn interessierte, die Blonde würde einfach reden.
Aber wenn er daran dachte, wie anstrengend es momentan war, Kurenai zu ertragen, bevorzugte er doch glatt Inos Anwesenheit. Bisher hatte er immer nur gehört, wie mühsam es war, mit den Stimmungsschwankungen einer schwangeren Frau auszukommen. Für ihn waren Frauen im Normalzustand schon schlimm genug, daher hatte er sich gefragt, ob es überhaupt noch schlimmer ging.
Inzwischen wusste er es. Erstaunlicherweise ging es tatsächlich. In gewisser Weise waren schwangere Frauen sogar ein Phänomen. Er kannte kein anderes Lebewesen, das derart schnell von einem Extrem ins nächste geraten konnte. Im einen Moment weinten sie sich die Augen aus – was er bei Kurenai allerdings verstehen konnte, schließlich hatte sie ihren Mann verloren – und im nächsten brauchten sie unbedingt etwas zu Essen, wobei es fraglich war, ob dieses Essen wirklich genießbar war. Der Braunhaarige bezweifelte es.
Am schlimmsten jedoch war es, eine schwangere Frau auf ihren Zustand hinzuweisen und er war nur froh, dass ihm dieser Fehler nicht unterlaufen war. Die Reaktion war allerdings eindeutig gewesen, als jemand - selbstverständlich ein Mann, schließlich würde einer Frau ein solcher Fehler nicht passieren – Kurenai genau daraufhin angesprochen hatte.
Eigentlich wollten Frauen immer, dass man sich um sie kümmerte und ihnen möglichst viel Arbeit abnahm. Während einer Schwangerschaft hingegen, schien dies auf einmal nicht mehr der Fall zu sein. Wollte Mann da plötzlich nett sein, bekam man erstmal ordentlich was zu hören, schließlich sei Frau ja nur schwanger und leide nicht an einer schlimmen Krankheit. Diese Aktion stärkte allerdings auch nur seine Ansicht, dass Frauen mehr als anstrengend waren, nämlich zu dem auch noch kompliziert, schließlich wussten sie nie, was sie eigentlich wollten.
Dies zeigte ihm seine Mutter nur immer wieder allzu gerne und er fragte sich recht häufig, warum gerade er mit einer solchen Furie als Mutter gestraft worden war. Wahrscheinlich hatte er etwas in seinem vorherigen Leben falsch gemacht, anders konnte er es sich nicht erklären.
Wie hielt er es mit ihr nur aus? Ständig kritisierte sie seine Faulheit, die er ganz eindeutig von seinem Vater geerbt hatte – zumindest behauptete sie das fast täglich -, und bemängelte, dass er so nie eine anständige Frau abbekäme. In solchen Momenten wog er innerlich immer ab, ob er überhaupt eine Frau haben wollte, schließlich waren sie mehr als nur mühsam, was er in seinem Leben nun wirklich nicht gebrauchen konnte.
So kam er auch relativ schnell zu dem Ergebnis, dass er seine Mutter einfach nur ignorieren konnte und möglichst schnell das Haus verlassen sollte, bevor sie auf noch absurdere Ideen kam. Doch genau das brachte ihn in eine neue Gefahrenzone.
Da er normalerweise vor seiner Mutter auf der Flucht war, war sein Zuhause sozusagen der sicherste Ort vor Tsunade, schließlich war er dort generell nicht anzutreffen, weshalb sie ihn in seinem Haus auch nicht suchte. Und Tsunade-hime war eine Frau, die wirklich anstrengend war und ihn zudem scheinbar gerne ärgerte.
Die Hokage der fünften Generation war der Ansicht, er müsse unbedingt Jo-Nin werden und versuchte ihn daher so häufig wie möglich davon zu überzeugen, endlich die Prüfung zu machen, schließlich sei er für seinen jetzigen Posten eindeutig überqualifiziert. Er hingegen sah es gar nicht ein, diese dumme Prüfung zu machen und sich damit noch mehr Arbeit aufzuhalsen. Im Endeffekt hatte er auch so schon die Nase gestrichen voll von dem ganzen Mist, den er erledigen musste, weil Tsunade zu faul war, ihren Kram alleine zu machen.
Er wusste, dass er die ganze Arbeit nur machen musste, weil er zu stur war.
Er wusste, dass es daran lag, dass er die Prüfung nicht machen wollte.
Er wusste, dass sie ihn einfach gerne ärgerte.
Er wusste, welchen Erfolg sie sich davon erhoffte.
Und er wusste auch, dass er, sollte er wirklich zusagen und Jo-Nin werden, noch mehr Arbeit bekommen würde.
Somit blieb er stur und versuchte immer dann außerhalb ihrer Reichweite zu sein, wenn Tsunade etwas von ihm wollte. Zu seinem Pech hatte er nun mal nur eine Lieblingswiese, auf welcher er gerne lag und die Wolken beobachtete. Daher war es normalerweise auch kein Problem, ihn zu finden, aber er war einfach zu faul, um sich eine neue zu suchen. Es würde einfach nicht seinem Charakter entsprechen, alte Gewohnheiten für so etwas aufzugeben.
Schließlich waren es nur Frauen. Anstrengende, nervige, mühsame und störende Geschöpfe der Natur, denen scheinbar gar nichts an der Freiheit eines Mannes lag, aber im Endeffekt doch nur Frauen. Und wann immer eine von ihnen auf die Idee kam, ihn zu stören, wünschte er sich nichts sehnlicher, als ganz weit weg zu sein.
Suna wäre in solchen Fällen eine willkommene Zuflucht. Zwar musste er sich auch dort mit einer Frau rumschlagen, aber wenigstens war es nur eine, im Gegensatz zu den vielen in Konoha. Zudem war diese eine nicht ganz so nervig wie der ganze Rest. Schlimm genug war sie selbstverständlich auch und das er gegen sie bereits einmal verloren und einmal ihre Hilfe in Anspruch genommen hatte, machte die Sache auch nicht besser, aber wenigstens war sie halbwegs erträglich, wenngleich sie an seine Mutter erinnerte.
Eigentlich wusste der Braunhaarige gar nicht, weshalb er sie dennoch erträglich fand. In gewisser Weise machte es ihm fast schon Angst, dass es bei ihr anders war. Schließlich war sie nicht weniger zickig als Ino, genauso kompliziert wie Kurenai und fast so anstrengend wie Tsunade. Im Grunde gab es also keinen Grund, weshalb er es gerade bei ihr aushielt.
Wahrscheinlich lag es daran, dass er sie so selten sah, dass sie ihm nicht ständig auf die Nerven ging, nicht ständig auf die Nerven gehen konnte. Denn das war ihr schon hoch anzurechnen, gingen ihm doch sonst alle Frauen ständig auf die Nerven.
Shikamaru öffnete seine Augen, welche er zum Nachdenken geschlossen hatte. Inzwischen war es später Nachmittag und er wunderte sich, dass er immer noch hier lag. Nicht, dass es ihn störte, schließlich hatte er gerne seine Ruhe, er fragte sich nur, warum er seinen freien Tag damit verschwendete, über Frauen nachzudenken, die ihm normalerweise eben diesen Tag versauten. Jetzt taten sie dies sogar schon, ohne wirklich da zu sein und diese Tatsache störte ihn.
Neben ihm raschelte das Gras, als jemand sich ihm näherte. Ohne zu der Person zu schauen, überlegte er, ob sein Alptraum wahr geworden war. Er hatte sich schon den ganzen Nachmittag über sie den Kopf zerbrochen, konnten ihn die Frauen dann nicht wenigstens am Abend in Ruhe lassen?
Er schaute sehnsüchtig in den Himmel. Manchmal wünschte er sich, er wäre eine Wolke. Diese fluffig, weißen Gebilde hatten den ganzen Tag nichts zu tun, sondern zogen einfach gemächlich über die Welt hinweg. Doch auch Wolken hatten es nicht leicht, schließlich wurden sie vom Wind bestimmt und konnten nicht frei entscheiden, wohin ihr Weg sie bringen würde. Vielleicht war es doch nicht so toll eine Wolke zu sein. Vielleicht...
Das Rascheln von Plastik ließ ihn aus seinen Gedanken aufschrecken. Er hatte zwar jemand anderen erwartet, aber er würde sich sicherlich nicht darüber beschweren, dass er scheinbar heute irgendwie Glück hatte. Gelassen streckte er sich einmal, gähnte herzhaft, verschränkte seine Arme wieder hinterm Kopf und lehnte sich genüsslich zurück, um die Wolken weiterhin beobachten zu können.
Er musste seinen Blick gar nicht erst nach rechts wenden, um zu sehen, wer soeben neben ihm Platz genommen hatte, ohne ein Wort zu sagen. Die leisen Schmatzgeräusche neben ihm reichten völlig aus. Ob es nun Zufall oder Glück war oder einfach daran lag, dass er den ganzen Nachmittag verbracht hatte, darüber nachzudenken, welches weibliche Wesen ihn alles stören könnte, keine von ihnen schien ihn heute aufzusuchen.
Und wahrscheinlich wäre es mal an der Zeit für ihn, diesen Tag noch ein wenig zu genießen, einfach seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen und sich nicht den Kopf zu zerbrechen, wann das Unheil vielleicht wieder über ihn hereinbrechen könnte.
Schließlich sollte man seine Freiheit genießen, solange man noch etwas davon hat...
» Freiheit bedeutet, an einem sonnigen Tag auf einer grünen Wiese liegen und die Wolken bei ihrem Treiben beobachten zu können.