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Original Sin

rise above it all.
von

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Schmetterlinge

Das Wetter hätte schöner nicht sein können. Die Sonne strahlte grell wie ein überfordertes Atomkraftwerk über der gesamten Insel, was für Yakushima fast schon untypisch war. Wurde das Fleckchen Erde eigentlich häufig von langen Regenzeiten heimgesucht, hatte sich der Spätsommer ausnahmsweise behauptet. Zu Juns Überraschung war die Luft alles andere als stickig, sondern mild, begleitet von einem sanften Windhauch, der die Baumkronen zum beben brachte. Das Rauschen der Blätter beherrschte ihre Umgebung, während das ungleiche Paar mit Korb, Decke und Handtüchern bewaffnet dem schmalen Pfad talabwärts folgte. Die schlagenden Wellen waren bereits aus der Ferne zu hören, der Geruch des salzigen Meeres deutlich in der Nase zu spüren. Alles in Allem war die Idylle nahezu unwirklich, doch genau nach dem Geschmack der Naturliebhaberin. Die Eindrücke der Natur drangen regelrecht gewaltsam in ihre Wahrnehmung, dass ihre Sinne darunter leicht vernebelt wurden. Vielleicht war auch das der Grund, warum sie auf ihrem kurzen Weg vom Waldrand bis zum Strand unzählige Male stehen geblieben waren, damit Jun in Ruhe das Farbenspiel von Flora und Fauna genießen konnte. Kazuya war ihr wortlos in einem gewissen Abstand gefolgt und wahrscheinlich hätte er die Arme sogar abweisend vor der Brust verschränkt, hätte er nicht ihre ganzen Utensilien getragen. Sie vermutete es jedenfalls, weil sie das hitzige Gemüt des jungen Mishima nur allzu gut kannte und wusste, oder zumindest annahm, dass er nicht viel von der Schönheit der Pflanzen hielt, oder sich für die Umgebung in der sie sich befanden interessierte.
 

Aber das machte nichts. Ganz im Gegenteil, seine offensichtliche Abneigung, der leicht störrische und ungeduldige Blick amüsierten sie sogar ein wenig. Und je länger sie in seiner Nähe war, umso wohler begann sie sich zu fühlen, ganz unabhängig seines Gemütszustands.

Mit der Erinnerung an die vergangene Woche wurde Jun in einem stillen Moment, da sie einer Biene dabei zusah, wie sie den Nektar aus einer blühenden Knospe sog, klar, dass sie Kazuyas Anwesenheit unheimlich vermisst hatte. Wenn man darüber nachdachte, war das auch völlig selbsterklärend, hatte sie ihn doch nach jahrelanger Suche endlich wieder gefunden und daraufhin gleich wieder verloren geglaubt. Jetzt mit ihm gemeinsam diesen kleinen Spaziergang machen zu können war ein Erlebnis, dass sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht einmal gewagt hatte vorzustellen.

„Ist das nicht herrlich?“, versuchte die Schwarzhaarige die gedrückte Stimmung etwas zu lockern, sich dem hoch Gewachsenen zugewandt, um ihm kurzerhand den Korb aus den Händen zu nehmen. Kazuya wusste offenbar nicht recht, was er auf ihre Frage antworten sollte und entschied sich letztendlich für ein schwaches Schulterzucken. „Es ist nichts Besonderes“, tat er ab, was er sah und brachte Jun damit unweigerlich in ihrem Gang zum Straucheln.

„Nichts Besonderes?“ Ihm war sein zu Hause, der Wald einerlei? Diese Aussage schaffte es beinahe sie zu kränken, was der andere zu bemerken schien, hob er abrupt beschwichtigend die Arme. „Nichts, was ich nicht bereits kennen würde, bitte versteh mich nicht falsch.“
 

Ein kleiner Zitronenfalter kreuzte ihren Weg, surrte Kazuya einmal um das Haupt und ließ sich dann mit zittrigen Flügeln auf seinem Zeigefinger nieder, was den vermeidlichen Teufel etwas aus dem Konzept brachte und die Aufmerksamkeit auf das Insekt lenkte. Blinzelnd, neigte sich sein Kopf etwas schief, doch noch ehe er den Schmetterling näher betrachten konnte, nahm er mit kräftigen Flügelschlägen Reiß aus, flatterte gen Sonnenlicht wo er binnen weniger Sekunden annähernd unsichtbar wurde, bevor er gänzlich am Horizont verschwand.

In der Zwischenzeit hatte sich Jun bei ihrem Begleiter eingehakt, der jetzt nicht umhin kam ihre Regung ebenso unglaubwürdig zu mustern wie das kleine Tier zuvor, das freiwillig seine Gegenwart gesucht hatte.

„Natürlich kennst du diese Blumen, diesen Weg und wohl auch jeden Baum in dieser Gegend. Du warst als Kind oft hier gewesen, wir haben hier gespielt. Aber darum geht es mir nicht, Kazuya. Der Wald besteht seit Anbeginn der Zeit, weil er gelernt hat sich zu regenerieren. Denk an Tokyo zurück – hast du dort schon einmal einen Schmetterling gesehen?“

Ihn mit ihrer geheimnisvollen Erklärung allein lassend, schwenkte die Einheimische den Picknickkorb zu ihrer Bewegung, ein leises Lied angestimmt, das sie scheinbar fröhlich vor sich her summte.
 

Der junge Mishima war in der Tat ein sehr schwieriger Mensch geworden. Schon bei ihrem ersten Wiedersehen hatte Jun Ablehnung, Hass und Wut in seinem Herzen gespürt. Zwar war der größte Teil der Energie nun verschwunden, doch tat sich Kazuya offenbar immer noch schwer damit, die schönen Seiten des Lebens zu akzeptieren. Zu störrisch war sein Geist und vor allem sein Ego, dass er Gefühle kaum zu ließ. Diese indirekte Niederlage entrang der zierlichen Frau ein leises Seufzen. Warum sie so besessen davon war, ihn wieder zu einem Teil dieser – ihrer? - Welt zu machen konnte sie sich selbst nicht beantworten. Am vergangenen Abend hatte sie jedoch dieses wohltuende Gefühl in ihrer Brust gespürt, das ihr verriet, dass es richtig war was sie sich vorgenommen hatte.

Seitdem sehnte sie sich mehr denn je bei ihm zu sein, ihn zu berühren – in seinen Augen zu lesen. Hatte sie einen Narren an ihm gefressen?
 

„Und du willst wirklich nur zusehen?“, unterbrach der hoch Gewachsene die aufgekommene Stille zwischen ihnen mit seiner dunklen und schneidenden Stimme, dass Jun nicht umhin kam in ihrem Schritt inne zu halten und zu ihm umzusehen.

Mittlerweile waren sie dem Meer schon sehr nah. Die Klippen waren bereits zu sehen und der Pfad wand sich weiter, steiler hinab in Richtung Tal. Nur noch wenige Meter, dann konnten sie den weichen Sand unter ihren nackten Füßen spüren, den restlichen Nachmittag genießen – und baden! Ja, wenn sie sich auf eines freute, dann durch die Wellen zu tauchen.

Kazuyas Frage quittierte Kazama mit einem überraschten Blinzeln: „Ich werde nicht gegen dich kämpfen“, antwortete sie sofort und wohl etwas zu schnell, sah sie auf den Zügen des hoch Gewachsenen ein boshaftes Grinsen aufblitzen, das ihr nicht gefiel.

Der Karateka schloss gemächlich zu ihr auf. „Schade. Ich dachte du wärst eine Meisterin deines Fachs. Da habe ich mich wohl geirrt... - vergiss es einfach.“

Die Luft in den Backen aufgeblasen, blähten sich dieselben kurz vor Empörung. Wollte er sie necken, oder aus der Reserve locken? Was auch immer er vor hatte, Jun wäre nie auf den Gedanken gekommen Kazuya heraus zu fordern. Die sichtliche Genugtuung in seiner Mimik verletzte sie allerdings etwas; lag ihm so viel daran ihr überlegen zu sein?
 

Etwas in ihrer Reaktion schien ihn plötzlich ernst werden und die Stirn runzeln zu lassen, dass sich seine Augenbrauen an der Nasenwurzel fast berührten. Der Hüne beugte sich etwas zu ihr herab und kam der Kazama dabei ähnlich nah wie am Abend zuvor, dass sie ihr Herz nicht davon abhalten konnte einen kleinen Sprung zu machen. „Habe ich etwas falsches gesagt?“

Bevor Jun ihren Körper unter Kontrolle brachte und verneinen konnte, hatte sie bereits genickt - und errötete prompt. Super. „Wieso kommst du darauf, gegen mich kämpfen zu wollen?“

Die Lippen aufeinander gespresst, fuhr sich Kazuya mit der flachen Hand über den Nacken, ehe er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete: „Hast du dich angegriffen gefühlt? Das war nicht meine Absicht. Ich habe einen seltsamen Humor... ich würde mich nie dazu hinreißen lassen, mich mit dir zu messen. Das hat nichts damit zu tun, dass du eine Frau bist – versteh mich nicht falsch...“

Verlegenheit regte die Luft zum Knistern an, der hoch Gewachsene sah beiseite.

„Es läge mir einfach nur fern, dich zu verletzen.“ Und sich dann steifer als notwendig verbeugend, entschuldigte er sich so leise, dass es für Juns Ohren schwer war ihn zu verstehen. Überforderte sie sein gesamtes Verhalten sowieso, wobei er einmal mehr bewies wieder derjenige zu sein, mit dem sie die Kindheit verbracht und den sie Zeit ihres Lebens gesucht hatte.
 

„Komm“, entschärfte Jun dann die Lage, griff nach der Hand des Hünen, um dem Abstieg weiter zu folgen, der von der Natur selbst in steiniger Stufenform angelegt worden war.

Ihre Berührung war nichts außergewöhnliches, löste aber ein Kribbeln auf ihrer Haut aus, das die Schwarzhaarige nur schwer ignorieren konnte. Seine Finger waren wie der Rest seines Körpers kräftig, der Handteller ungemein groß. Sie mochte diese verborgene Stärke die darin ruhte, die Tatsache außer Acht gelassen, dass Kazuya jederzeit jemanden mit seinen bloßen Händen töten konnte. Sie hatte von Anfang an keine Angst vor ihm gehabt. Natürlich waren kurz Zweifel aufgetreten, als sie bemerkte von wem er eigentlich besessen war. Doch war das Gefühl der Zuneigung zu ihm stärker gewesen und hatte ihre Naivität genährt die sich im Nachhinein offenbar sogar ausgezahlt hatte.

Ihn mit sich ziehend, gelangen sie schnell ans Treppenende, wo sich Jun von ihren Schuhen befreite, damit sie den Sand zwischen ihren Zehen willkommen heißen konnte. Die Umgebung war nahezu verlassen. In der Ferne konnte man zwei Angler erkennen, die auf einem Felsen saßen und ihre Ruten geduldig ins Wasser hielten. Ansonsten labte sich keiner unter der warmen Sonne, was dem Pärchen die Chance gab weiterhin unter sich zus ein.
 

Jun eilte den Wellen entgegen, die ihre feuchten Zungen über dem Boden ausbreiteten, legte ihren Korb mit simplen Proviant nahe derselben ab, streckte die Arme von sich und inhalierte den berauschenden Duft des Salzwassers, dass sich ihre Brust merklich darunter hob.

„Ich kann mich nicht erinnern, je hier gewesen zu sein“

Kazuya hatte zu ihr aufgeschlossen, seinen Oberkörper bereits aus dem Kimono geschält, wobei er einen Blick auf seinen anschaulichen Körperbau zu ließ. Die Arme dennoch ein bisschen skeptisch verschränkt, suchte er den Horizont ab, ein seichtes Lächeln auf den harten Zügen. „Es ist wirklich schön hier.“ Zu ihr herab sehend, wurde das Zucken in seinen Mundwinkeln breiter. „Willst du ins Wasser?“

Doch noch bevor Jun zu einer Antwort ansetzen konnte, unterbrach sie der Hüne mit einer knappen Handbewegung, den Kopf gereckt, um den Platz um sie herum aufmerksam zu sondieren. Irritiert blinzelte die Schwarzhaarige, während sie seinem Blick folte. Er schien seinen eigenen Gedanken zu verwerfen, konnte den ernsten Ausdruck auf seinem Gesicht allerdings nicht unterbinden.

„Ist etwas nicht in Ordnung, Kazuya?“

„Mir war, als hätte ich etwas gespürt. Ich muss mich geirrt haben, das ist unmöglich...“

Irritiert über den unerwarteten Gemütswechsel, neigte sich Juns Haupt ein wenig schief.

„Was hast du gespürt?“

Ein Schatten zog sich über seine Züge, machte seine Erscheinung unheimlich fremd.

„Die Aura meines Vaters... er ist hier.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Lexion
2010-02-14T21:05:17+00:00 14.02.2010 22:05
Ich liebe es einfach wie du Kazuya so Gefühlstolpatschig darstellst..*_*
Voll süß wie du die zwei miteinander agieren lässt! Schade das die zwei nich ma in ruhe baden könne..hätte doch gerne ma gewusst was er zu ihrem Bikini sagt!
Ich schließ mich Amy an und brüh mir auch einen Tee auf und warte gespannt auf das nächste tolle Kapitel!

Von:  Amy-Sama
2010-02-13T09:46:32+00:00 13.02.2010 10:46
JUHU!!!
Endlich gehts weiter XD Ich tu schon so als hätte ich Jahre darauf gewartet XDD
Und wieder einmal super tolles Kapitel Kazu-Maus *__* und leider ist es schon wider vorbei v.v
Jetzt heißt es wider,abwarten und Tee trinken >.<
Ich freu mich schon auf Kapitel 6 *___*

*knuff*


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