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Original Sin

rise above it all.
von

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Geständnis

Er hatte auf dem Weg zurück ins Dorf kein Wort mehr gesprochen. Und auch, als Jun und er in der Hütte einkehrten, hüllte sich der Hüne in tiefes und nachdenkliches Schweigen. An diesem Tag war mehr passiert, als ihm lieb war. Nicht nur, dass Kazuya damit rechnete auf kurz oder lang Heihachi gegenüber zu stehen, kam er nicht umhin zu bemerken, dass sich Jun seit ihrer gemeinsamen Badestunde äußerst merkwürdig verhielt. Sie schien ihm plötzlich aus dem Weg zu gehen, nur das Notwendigste mit ihm reden zu wollen und gab sich auch sonst verschlossener als üblich. Da Kazuya nicht unbedingt der einfühlsame Typ war, nahm er das Anschweigen eine geraume Weile hin, bis sie sich schließlich zum Abendessen vor dem niedrigen Tisch setzten und der Tee kleine Dunstwolken produzierte, die ihre Gesichter unweigerlich in Feuchtigkeit tauchten. Der Schwarzhaarige beobachtete die Regungen seiner Gegenüber verstohlen, aber eindringlich und als sie sich auch noch dazu entschied, den Oberkörper leicht beiseite zu drehen kam er sich mit einem Mal abgeschoben und ignoriert vor.

Die Essstäbchen etwas zu herrisch auf die Tischplatte knallend, ärgerte er sich kurz über sich selbst, sie augenscheinlich mit seiner Bewegung erschreckt zu haben. Den ängstlichen Lidaufschlag, der dem eines naiven Rehs gar nicht so unähnlich war, hart quittiert, kräuselte sich seine Stirn in tiefe Falten und trugen bei, seiner Wut unheimlich grausamen Ausdruck zu verleihen.

„Wieso tust du das?“

Jun wirkte ehrlich verwirrt.

„Wie bitte?“

„Du ignorierst mich...“

Und noch ehe die Tierschützerin die Möglichkeit hatte, zu sprechen, fuhr der Hüne schnell fort:

„... habe ich etwas falsch gemacht?“
 

Kazuya wusste ihren Blick nicht zu deuten, ebenso wenig konnte er mit dem schüchternen Lächeln etwas anfangen, das ihr Gesicht zwar einen Herzschlag lang erhellte, ihre Augen aber nicht erreichte. „Natürlich nicht“, sagte sie schlicht und machte dabei eine wegwerfende Handbewegung um die Bedeutung ihrer Reaktion etwas zu untermauern.

„Aber du ignorierst mich.“

So leicht würde er sich nicht abwimmeln lassen. Denn obschon er nicht besonders feinfühlig war, so war er keinesfalls dumm und würde sich von Jun Kazama einen Bären aufbinden lassen. Sie schien in der Tat ein wenig in ihrem Seisa zu schrumpfen, stocherte kurz in ihrer Reisschale herum und seufzte dann ergeben. Kazuya war sich mit einem Mal nicht mehr ganz so sicher, ob ihn ihre Antwort wirklich interessierte, denn sein Magen verkrampfte sich abrupt und annähernd schmerzhaft.

„Vielleicht wäre es besser, wenn du gehst. Ich meine... zurück nach Tokio“

Jun wich seinem Blinzeln aus und schien sich instinktiv schon auf ein Donnerwetter einzustellen. Nicht zuletzt, weil ihr nicht entgangen war dass sie ihn unbedingt bei sich haben wollte und eingeladen hatte. Doch der Hüne versuchte das kochende Blut in seinen Adern und sein Temperament unter Kontrolle zu zügeln, denn der geschmeidige Rauswurf sackte wie ein schwerer Stein in seinem Bauch und drohte ihn in seiner Gesamtheit zu lähmen. Für einen Moment suchte sein Hirn nach jeder Beleidigung, die er kannte. Aber ihm fiel keine Passende ein, die die aufkeimende Enttäuschung umschreiben konnte.
 

So schob er seine Reisschale von sich, legte die Stäben sauber darauf und erhob sich vom Tisch. Wenn sie seiner schon nach so kurzer Zeit leid war, würde er ihr den Wunsch umgehend erfüllen um am Ende nicht tatsächlich noch einen Fehler zu begehen, den er womöglich bereuen würde. Während Kazuya damit beschäftigt war, sich aus dem Kimono zu schälen und Hemd und Hose anzulegen, bemerkte er Jun im niedrigen Türrahmen der kleinen Hütte nicht, wie sie ihn mit roten Augen dabei verfolgte, wie er wirklich inbegriffen war ihrem Vorschlag Folge zu leisten. Der Hüne wurde erst durch ihr knappes Schluchzen aufmerksam, das sie mit der Faust vor dem Mund zu unterdrücken versuchte – und vielleicht war es gerade diese jämmerliche Geste, die ihn inne halten und aufsehen ließ. Etwas stimmte an diesem Bild nicht, war verzerrt und unwirklich. Sie war doch sonst nicht so am seichten Wasser gebaut, zumal er die eher starke Frau noch nie hatte weinen sehen. Die innere Vernunft also übergehend, die danach schrie einfach das Weite zu suchen, riss sich Kazuya abermals am Riemen und tat einen halben, gar versöhnlichen Schritt auf Jun zu.

„Du willst nicht, dass ich gehe... du hast mich gerade angelogen.“

Wie ein Kind, das man beim Stehlen ertappt hat, nickte die Schwarzhaarige betroffen, dass ihr einzelne Haarsträhnchen in die Stirn fielen. Das ermutigte den Hünen, den Abstand zwischen ihnen abermals ein wenig zu verringern. „Warum sagst du mir nicht einfach, was los ist? Offensichtlich hat es ja etwas mit mir zu tun, wenn du schon versuchst mich rauszuwerfen.“

Selbst über die Ruhe seiner Stimme erstaunt, breitete sich ein unwirklich mildes Lächeln in seinen starren Mundwinkeln aus, das seine Fratze schrecklich verzerrte.
 

„Bitte habe keine Angst vor mir. Ich wollte dich nicht erschrecken und dir auch nicht weh tun. Wenn ich das gemacht habe, tut es mir sehr leid... -“

„Nein, das hast du nicht!“ unterbrach sie ihn schnell, nesselte kurz auf ihrer Unterlippe herum und haderte sichtlich mit sich selbst. Irgendetwas an dieser Haltung jagte Kazuya einen kalten Schauer über den Rücken.

„Es ist nur... ich... was hattest du heute im Wasser vor? Ich meine... bevor die Angler uns unterbrochen haben?“

Stockend, dachte Mishima über den vergangenen Tag nach – aber die Antwort war simpel wie einfach, weshalb er lediglich stoisch die Schultern zuckte.

„Ich wollte dich vermutlich küssen.“

Jun schien bei der Direktheit seiner Antwort leicht zu erröten.

„Und .. - hättest du es auch getan?“

„Ja, wahrscheinlich schon.“

Einen Atemzug lang herrschte nahezu peinliche Stille, die Kazuya mit einem etwas herablassenden Zischen durchbrach und seine Kindheitsfreundin damit zum Zusammenzucken animierte.

„Das ist alles? Deswegen willst du, dass ich zurück nach Tokio fliege? Ich bitte dich, Kazama. Wir sind keine Kinder mehr. Sieh dich doch an! Glaubst du etwa, ich bin hier um mit dir im Sandkasten Burgen zu bauen?“
 

Noch ehe die letzten Silben seine Zunge verlassen hatten, hätte er sich am Liebsten darauf gebissen. Nein, so boshaft sollte es nicht klingen wie es sich anhörte und sicher auch den falschen Eindruck erweckte. Die Röte in Juns Gesicht wuchs an und ihr Mund bebte plötzlich vor erstickter Tränen, die sie offenbar krampfhaft herab würgte. Die Distanz zwischen ihnen gänzlich überbrückend, streckte der hoch Gewachsene die Hand aus, um ihr Kinn sanft aber bestimmt ein Stück anzuheben. Er versuchte zu lächeln, was ihm gänzlich misslang und sein Gesicht eher schmerzverzerrt machte. „Ich weiß nicht was es ist, Kazama, aber irgendetwas hält mich in deiner Nähe.“ Kazuyas Zeigefinger tastete vorsichtig über ihre Wange, streifte ihre Lippen. „Du bringst Ordnung in das Chaos in meiner Brust. Ich bin gerne mit dir zusammen – was ich nicht von vielen Menschen in meiner Umgebung behaupten kann.“ Juns Gesicht in den tellergroßen Händen, erkannte er die Angst in den großen, braunen Augen, die sowohl von Neugierde, als auch Misstrauen erfüllt waren. Er seufzte.

„Bitte sieh mich nicht so an, es fällt mir sowieso schon schwer, mich zu beherrschen.“

Jun befreite sich geschickt aus seiner Berührung, um etwas vor ihm zurück zu weichen. Etwas an ihrer Haltung sagte ihm, dass sie sich mehr als nur von ihm bedrängt fühlte – dabei hatte er eigentlich noch gar nichts getan. Der Krampf in seinem Innersten kehrte zurück, diesmal spürbar quälend.

„Wenn ich dir etwas Falsches zu Verstehen gegeben habe, war das nicht meine Absicht, Kazuya. Aber ich bin nicht wie diese leichten Frauen für eine Nacht oder ein spaßiges Techtelmechtel zu haben. Und wenn du solche Absichten hast, erachte ich es wirklich für besser wenn du gehst.“
 

Bamm! Da war sie, die verbale Ohrfeige für sein kopfloses Handeln am Vormittag. Dabei hatte der Firmenchef allerdings angenommen, dass Jun ebenfalls geküsst werden wollte... konnte er sich so geirrt haben? Noch ehe er sich in den Gedanken hinein steigerte, schüttelte er heftig den Kopf. „Es ist fast beleidigend, wie du mich einschätzt, Jun Kazama. Ich hatte nie die Absicht, dich zu benutzen – wenn du das meinst. Ich bin dir dankbar dafür, was du auf der Insel für mich getan hast. Wir kennen uns seit unserer Kindheit... ich hatte keine Ahnung, dass ich dich zu etwas genötigt habe und ich werde es auch nicht wieder tun.“

Den Mund geöffnet, um noch weiter zu sprechen, blähte sich seine Brust bereits beim Luft holen, wurde jedoch von einem dumpfen Klopfen an der Haustüre jäh erstickt. Stockend, wandte sich die Aufmerksamkeit beider auf den verlassenen Flur. „Erwartest du noch jemanden?“ hakte Kazuya stattdessen nach und ging unaufgefordert selbst der Aufgabe nach, dem Fremden auf der anderen Seite zu öffnen.

Als er Lee Chaolan auf der Türschwelle sah, knallte er die Türe so schnell wieder ins Schloss zurück, dass die Fenster darunter bedrohlich klirrten. Dabei hatte sein vermeidlicher Bruder nicht mal die Chance gehabt, unter dem gekonnt friedvollen Lächeln eine Begrüßung auszustoßen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Amy-Sama
2010-09-12T21:54:50+00:00 12.09.2010 23:54
O.O Das geht immer viel zu schnell *heul* Ehe man angefangen hat ist es auch schon wieder vorbei v.v
Ich liebe deine Dialoge zwischen Jun und Kazuya und diese Gefühlsspannungen,die man förmlich spürt *gänsehaut hat*
Eigentlich kann ich mich Lex nur anschließen XD
WANN GEHTS WEITER???

Knuddel Amy
Von:  Lexion
2010-09-12T21:32:13+00:00 12.09.2010 23:32
Wie? Was? Schon vorbei...??
*heul*
Ich hätte gerne noch mehr dieses Prickeln zwischen Kazu und Jun erlebt, man konnte es ja sogar selbst fühlen! Herrlich!
Aber was wollte der silberhaarige Sonderling bei Jun?
Wann gehts weiter?^^
Trotz längerer Pause hat sich's toll gelesen!

Kussi Lex


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