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Lotusblüte

[Sasuke & Sakura | Kakashi & Yamato]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Der Kapiteltitel ist ein Sprichwort aus Simbabwe (ehemals Rhodesien).
Das »Einstiegsgedicht« wie gewohnt von mir. ; )

Dieses Kapitel kann etwas undurchschaubar daherkommen es werden allerdings im nächsten Kapitel bereits einige grundlegende Dinge aufgeklärt.
Hier eine schöne Mischung [fast] aller Protagonisten.

Viel Spaß! : )

Gruß,
Jaelaki Komplett anzeigen

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Ein abgefallenes Blatt kehrt nicht zum Baum zurück.

 

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Und jetzt stehen wir hier,

sehen uns an, sagen Worte, hören Worte,

fühlen Gefühle, doch wir

sind nicht mehr wir.

 

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Ausdruckslosigkeit waberte über seine Mimik, als sein Blick über die halbvertrocknete Blume auf dem Beistelltisch streifte. Seufzend starrte er an die Decke.

Er hätte es Kakashi nicht übel nehmen dürfen, dass er ihn bereits seit vier Tagen nicht mehr besucht hatte; immerhin gab es Missionen zu erfüllen und – interessantere Dinge, als neben ihm an der Wand zu lehnen, zu schweigen und in einem seiner Bücher zu blättern. Außerdem wusste Tenzou um Kakashis Krankenhausphobie – nicht, dass der es je zugeben würde. Er selbst nahm den Geruch des Desinfektionsmittels mittlerweile gar nicht mehr wahr. Trotzdem.

Er hätte es Kakashi nicht übel genommen – hätte seine Absenz nicht so sehr nach Flucht geschmeckt. Seit er den Namen Obito ins Spiel gebracht hatte, mied Kakashi sein Zimmer – das konnte kein Zufall sein – nicht soweit er Kakashi kannte. Trotzdem durchschaute er diese ganze Geschichte nicht. Wenn Kakashi und Obito Freunde gewesen waren, warum hatte eben dieser dann im entscheidenden Moment auf der anderen Seite gestanden? Und wenn Obito doch im letzten Moment seine Treue überdacht hatte, warum schürte allein dessen Name Kakashis Emotionen derart, dass er vor ihnen flüchtete?

Verwirrter als zuvor stieg Tenzou aus dem Bett, schlenderte auf die Fenster zu, durch die die Mittagssonne brannte und öffnete sie. Er schloss einen Moment die Augen, spürte die Sommersonnenstrahlen im Gesicht und sehnte sich danach, endlich wieder durch die Wälder zu streifen. Dann schloss er die Fenster wieder mit einem Seufzen – die Hitze von draußen sollte sich nicht noch zusätzlich in dem Raum stauen. Seine Gelenke knackten, sein Nacken war verspannt. Diese ganze Liegerei. Diese ganzen unlogischen Verknüpfungen.

 

Was hatte Obito mit ihm zu tun? Und wie spielte Kakashi da hinein?

 

Er wandte sich um. Sein Blick blieb an der Blüte hängen. Was sollte es schon, das bisschen Chakra. Er würde bald entlassen werden. Die letzten Tage waren reine Routineuntersuchungen gewesen. Nicht mehr lange und er würde endlich wieder durch Konoha streifen – dieses Zimmer, die engen Wände und das dreckige Weiß – es schaufelte über seine Sinne eine Lethargie. Die verblassende Farbe der Pflanze war eine willkommene Ablenkung. Mit einem Finger berührte er ein Blütenblatt und ließ es in sattem Orange erstrahlen. Als würde das Leben durch die Adern der Pflanze fließen, sättigte sich das Grün. Die Blätter streckten sich aus, der Blütenkopf richtete sich auf.

Unpassend zufrieden war er im Begriff, sich zurück in das Krankenbett zu legen, als er ein schmerzhaftes Prickeln in seinen Fingerspitzen spürte, das sich stechend in seine Arme ausbreitete. Mit geweiteten Augen sackte er wie ein Stein zu Boden.

 

 

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Die Mittagssonne stach ihn in den Nacken, als er auf dem Dach saß und in seinem Buch blätterte. Er wusste, dass in diesem Kapitel das Mädchen endlich ihre Wut bezüglich des Protagonisten auf ihn loslassen würde und – irritiert sah er auf, als sich ein Schatten über ihn ergoss.

»Was brütest du wieder aus?«, fragte er gleichmütig, als er Sasukes Silhouette gegen das Sonnenlicht erkannte. Ein Schnauben war ihm Antwort genug und er las ungerührt weiter.

»Ist es seine Schuld?», fragte Sasuke stattdessen und Kakashis Augenbraue hob sich.

»Wessen?«

Wenn er ehrlich war, dann war jeder irgendwie an irgendwas Schuld. Trotzdem wollte er die Frage, auf die Sasuke abzielte, spezifiziert haben, denn Schuld war nicht gleich Schuld.

»Uchiha Obito.«

Sasukes Ton ließ keinen Zweifel, dass er hinter der vorgeschützten Gleichgültigkeit der Sache nicht ganz so gleichgültig gegenüber stand. Kakashi blätterte weiter.

»An was?«, hakte er nach, als würden sich seine Lungen nicht unter einem unsichtbaren Gewicht zusammenstauchen, seine Gedanken rasen, als würden ihm plötzlich all die Begebenheiten mit Obito wieder vor Augen gestoßen, sein Herzschlag ihm in den Ohren trommeln.

Sasuke zuckte die Schulter, die Hände in den Hosentaschen, sein Blick suchte etwas, in einer Ferne, in die Kakashi nicht folgte.

»Daran, dass Sie versucht haben, mich zu retten«, flüsterte er dann.

»Ich denke«, erwiderte Kakashi langsam, »jeder in Team Sieben hatte seine Gründe, dich nicht aufzugeben.«

Dann blätterte er eine weitere Seite um, ohne Sasuke anzusehen.

 

 

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Sasuke flog über die Dächer mit einer Eleganz und Effizient, um die andere Ninja ihn beneideten. Seine Bewegungen glichen den eines Adlers auf der Jagd. Als wüsste er, wo er ankommen wollte, jagte er durch die Straßen Konohas, die unter der Mittagshitze flirrten.

Kakashi hatte ihm – wie erwartet – nicht mehr gesagt, als er bereits vermutet hatte.

Uchiha Obito hatte eine Rolle in dessen Leben gespielt – eine gewaltige, bedachte man das verschenkte Sharingan. Und er wusste nicht, was ihn so sehr daran störte, aber es fraß ihn innerlich auf. Hätte er Naruto ein Sharingan geschenkt? Hätte er sich selbst geopfert, um Naruto zu retten?

 

Das stichelnde Ziehen in seinem Magen war Antwort genug. Es fraß ihn innerlich auf.

 

Was bedeutete ein Team? Wie viel wert war ein Teamkamerad? Was war schon Teamarbeit, wenn man zu den mächtigsten Shinobi der Gegenwart gehörte? Was bedeute schon Freundschaft, wenn man so viel Macht hatte, dass jeder andere nur ein Klotz am Bein war?

 

Er stoppte abrupt, als er angekommen war. Er wusste nicht, warum er hier stand – mitten in dieser alten Lichtung. Die Holzscheiben überzog Moos, das Holz war marode. Aber sie waren da. Die Farbe der Zielscheiben blätterte ab, Gras und Gestrüpp überwucherten die einstigen Pfade.

 

Was bedeutete schon Liebe? War nicht alles vergänglich?

 

Mit einem Sprung stand er dort, wo er früher immer gestanden und blickte dorthin, wo er früher immer trainiert hatte. Ehrfurcht hatte damals seinen kleinen Körper durchdrungen, Bewunderung seine Gedanken, Verbundenheit sein Herz. Was war davon übrig? Schuldgefühle? Bedauern? Wut? Leere? Nichts?

 

Er lehnte sich erschöpft gegen einen Baumstamm. Spürte die Rinde durch sein Shirt, schloss die Augen. Itachi hatte daran geglaubt. Er hatte alles verloren, bis auf eines: die Liebe zu seinem kleinen Bruder. Es wirkte sentimental und melodramatisch, aber in der Realität war es grausam und schmerzerfüllt. Voller Leid, voller Verlust, voller Einsamkeit.

 

Sasuke öffnete die Augen, sprang auf einen Ast und lächelte schwach. Von früher war nicht viel übrig, von seiner Familie war kaum etwas –

Er stockte, wandte sich langsam um und preschte weiter. Die Gedanken droschen auf ihn ein.

 

 

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»Es wird nie wieder sein, wie es einmal gewesen ist«, murmelte sie.

»Ich weiß.«

Sie schaute überrascht auf. »Aber sollen wir deswegen bis an unser Lebensende trauern und bereuen? Oder –« Er lächelte sie an. Seine Augen strahlten in diesem Azurblau; dieses Funkeln, das seinen Blick durchwob und ihr bisher immer wieder Hoffnung gegeben hatte.

»Sollten wir nicht versuchen, das Beste daraus zu machen?«

Sie konnte nicht anders, als die Ermutigung in seinem Lächeln zu erwidern.

»Ich denke –«

Mit einem Ruck wurde die Tür plötzlich aufgestoßen und Shizune stand im Türrahmen. Beide blickten auf, während sich Sakura alarmiert vom Stuhl am Krankenbett erhob.

»Was ist passiert?«, fragte sie und Shizune erwiderte ihren forschenden Blick.

»Es gibt da etwas, das du sehen solltest.«

Naruto schaute verwirrt von der einen zur anderen und öffnete den Mund, als Shizune die Hand hob. »Wir haben jetzt keine Zeit dafür, Naruto! Sakura, am besten du kommst gleich mit!«

Mit einem irritierten Blick zurück, zuckte Sakura die Schultern und folgte ihr.

 

 

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Als Shizune die Tür zu Yamatos Krankenzimmer öffnete, überfiel Sakura dieses Gefühl, das sie jedoch darauf schob, dass sie Shizunes ernsten Blick beobachtete. Das Zimmer war hell erleuchtet. Die Sonne strahlte hinein. Das Krankenbett in der Mitte hingegen strahlte eine nüchterne Kälte aus. Zwei Krankenschwestern wuselten hektisch um den Patienten, machten sich Notizen und überprüften seine Vitalfunktionen.

Sakura näherte sich bedacht und betrachtete sein kalkweißes Gesicht und die dunklen Augen, die er aufriss.

»Yamato-sensei«, begann sie betont ruhig, »wie geht es Ihnen?«

 

 

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Er wusste nicht, was ihn hierhin führte, aber den ganzen Tag rannte er umher, sah Narutos Mimik vor sich und Kakashis Blick. Fragen zogen durch seine Gedanken, Fragen, auf die er keine Antwort wusste. Sakuras wütende Augen. Und Itachis nachsichtiger Blick. Er wusste nicht, warum er nun hier war, aber er war es.

Das Knarzen der Tür klang zu laut in der Ruhe der Nacht. Mit einem starren Blick durch den Raum schloss er sie hinter sich. Der Raum war klein. Fensterlos. Kontinuierlich piepsten im Hintergrund verschiedene Geräte, zeigten Daten, Nummern, Buchstaben und Graphen, die ihm keinerlei Information boten. Am Bettkopf spendete eine gedimmte Leuchte Licht. Zu hell, um zu schlafen. Zu dunkel, um die Gestalt im Bett problemlos zu mustern.

Er trat näher. Neugierde, diese morbide Neugier, für die man sich schämen sollte, zog ihn an das Bett. Obwohl der Mann dort blass war, schien er nur zu schlafen. Nicht im Koma zu liegen. Halbtot irgendwie. Und doch nicht tot genug. Nicht lebend genug. Es war sogar ungewiss, ob er jemals wieder aus dem komatösen Zustand erwachte.

Schnaubend machte er einige Schritte zurück. Was hatte er erwartet? Von einem fremden Mann in einem Krankenbett? Im Koma. Halbtot. Seufzend wandte er sich wieder um und musterte diesen Mann, diesen fremden, seltsam vertrauten Mann. Er glaubte Ähnlichkeiten zu seiner Mutter zu erkennen und fuhr sich fahrig durch sein Haar.

»Warum hast du ihm dein Auge gegeben«, murmelte er, »warum?«

Obito antwortete ihm nicht. Die Stille ihm Raum verschluckte seine Worte und seine Frage verhallte ungehört. Ohne einen Blick zurück verließ er das Zimmer und dachte, es wäre das einzige und letzte Mal, dass er hier in diesem Zimmer gewesen war, aber das war ein Irrtum.

 

 

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»Okay, gehen wir es nochmals durch«, seufzte Sakura und massierte sich die Nasenwurzel. In ihren Schläfen pochte es, doch sie wandte ihren Blick nicht von den Papierrollen, die sie über den Tisch verteilt hatten. Yamatos Krankenakte in der Hand, etliche Untersuchungsergebnisse auf dem Schoß, saß sie an ihrem Schreibtisch und blickte Shizune an.

»Seine Medikamente wurden nicht verändert, seine Ernährung nicht umgestellt, seine Werte hatten sich die ganze Zeit über verbessert – bis jetzt. Plötzlich zeigt er starke Symptome einer Entzündung seiner Chakrarezeptoren und –«

»War temporär gelähmt«, schloss Shizune. Sie hatten es die letzten Stunden zig Mal durchgekaut, waren jede Aufzeichnung seiner medikamentösen Behandlung durchgegangen, hatten die Daten der verschiedenen Werte verglichen und waren mögliche Allergien nachgegangen, aber ihnen wollte sich nicht die Ursache erschließen. Oder die Kombination an Ursachen.

Genervt legte Sakura die Untersuchungsergebnisse auf dem Schreibtisch ab, um sich zu erheben und durch den Raum zu gehen. Aufgebracht schritt sie hin. Und wieder zurück.

»Was hat sich geändert? Was haben wir anders gemacht?«, stellte sie in den Raum und fuhr sich über die Augen. Es war bereits später Abend, draußen war es dunkel und sie hörte die Grillen durch das geöffnete Fenster zirpen. Die Hitze des Tages strich ihr mit Windstößen über die Haut und ließ die Sehnsucht nach Urlaub und Sommer und Eis und stundenlangem, endlosem Faulenzen in ihr hochkommen. Shizune seufzte.

»Wir haben nichts anders gemacht«, entgegnete sie erschöpft, »vielleicht liegt darin das Problem?« »Oder –«

Sakura blickte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.

»Oder es liegt gar nicht an uns. Was hat Yamato nochmals gesagt, hatte er gemacht?«

Shizune zog das Protokoll hervor und las es vor: »Aus Bett aufgestanden, zum Fenster gegangen, Fenster geöffnet, ein wenig die Sonne genossen, Schließen der Fenster, zurück zum Bett gegangen, Pflanze mittels Mokuton regeneriert, Prickeln in den Finger, das sich in seine Arme ausbreitete, plötzliche Lähmung, die aber wohl nur wenige Minuten anhielt.«

»Natürlich«, rief Sakura aus und schaute Shizune triumphierend an.

»Er hat zum ersten Mal wieder das Mokuton angewandt!«

»Was aber noch immer nicht erklärt, warum er deswegen in eine Schockstarre verfallen ist«, seufzte Shizune und Sakuras Enthusiasmus bekam einen Dämpfer. Sie hatte Recht. Es mochte keinen rechten Sinn ergeben, aber vielleicht hatten sie endlich einen Anhaltspunkt entdeckt.

»Es ist spät«, stellte Shizune fest und Sakuras Hand schnellte vor ihren Mund, während sie bereits gähnte.

»Entschuldige«, murmelte sie verlegen, doch Shizune winkte ab.

»Geh nach Hause und schlaf.«

»Aber –«

»Ich werde Yamato ein Mokutonverbot erteilen«, unterbrach sie sofort und zwinkerte ihr zu. Sakura nickte ergeben und streckte sich. Ihr Nacken knackte, ihr Rücken schmerzte und in ihrem Kopf schien eine Walze unterwegs zu sein, die jeden brauchbaren Gedanken platt machte.

»Na, gut. Dann bis morgen«, schloss sie erschöpft.

»Eher bis heute«, entgegnete Shizune mit einem Blick auf die Uhr und seufzte.

 

 

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Kakashi lag im Bett und betrachtete die Schatten, die die Bäume vor seinem Fenster an die Decke warfen.

»Daran, dass Sie versucht haben, mich zu retten. Versucht haben. Zu retten.«

Sasuke Worte hallten in seinen Gedanken nach, obwohl er versucht hatte, sie zu ersticken – durch einschlägige Lektüre, durch eine viel zu lange, viel zu heiße Dusche, durch einen Spaziergang durch das Dorf. Aber nichts. Jetzt lag er da in seinem Bett und die Worte verfolgten ihn noch immer. Es war eindeutig, welche Frage dahinter stand. Welcher Vorwurf.

Aber er hatte Sasuke nicht deswegen unter seine Lehre gestellt, weil er dachte, er wäre es Obito schuldig. Im Gegenteil. Sasuke erinnerte ihn nicht an Obito. Natürlich konnten sie einander nicht verleugnen – dafür hatten sich, abgesehen vom Sharingan, die dominanten Gene des Uchiha-Clans zu sehr in deren Phänotyp niedergeschlagen – aber das war es nicht, was ihm Obito unter die Nase gehalten hatte.

Kakashi lächelte unter seinem Mundschutz.

Das, was Obito ihm ständig vorgehalten hatte, stand damals in Lebensgröße vor ihm – laut, chaotisch und blond. Sasuke hatte seine Gründe falsch verstanden.

 

 

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Es war draußen bereits dunkel und Shizunes Augen brannten leicht vor Anstrengung, doch sie rieb sich die Müdigkeit aus den Augenwinkeln und gab mit einer Pipette die Lösung auf den Objektträger, legte ihn unter das Mikroskop, stellte es scharf und musterte die Probe. Die Zellen reihten sich aneinander. Nichts Ungewöhnliches. Angefüllt mit Zellplasma, stachen die Vakuolen hervor und die Zellkerne. Ihre Augen weiteten sich, als sie die Chlorophyllen untersuchte. Es waren keine. Es waren –

Sie schnappte sich ihre Jacke, verschloss die Tür hinter sich und hastete aus dem Labor.

 

 

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Als er die Tür aufzog, hatte er nicht damit gerechnet in ein Paar schwarze Augen zu sehen, aber genau das tat er. Ohne die Miene zu verziehen, trat er ein und schwieg.

Das Knarzen der Tür klang zu laut in der Ruhe der Nacht. Mit einem starren Blick durch den Raum schloss er sie hinter sich. Der Raum war klein. Fensterlos. Kontinuierlich piepsten im Hintergrund verschiedene Geräte, zeigten Daten, Nummern, Buchstaben und Graphen, die ihm keinerlei Information boten. Am Bettkopf spendete eine gedimmte Leuchte Licht. Zu hell, um zu schlafen. Zu dunkel, um die Gestalt im Bett problemlos zu mustern.

Doch die Gestalt, die daneben stand war eindeutig zu erkennen. Sasukes Blick schwenkte von ihm zurück zu dem Bett. Wortlos standen sie beide da, als sich Sasuke räusperte. Vielleicht irrte sich Kakashi, aber er glaubte so etwas wie Verlegenheit in dessen Mimik zu erkennen.

»Was machst du hier?«, fragte Kakashi in die Stille und erwartete nicht wirklich eine Antwort darauf. Interessanter waren Sasukes nonverbalen Reaktionen oder eben auch, wenn er instinktive Reaktionen vermied. Seine Mimik ausdruckslos. Doch Kakashi glaubte, in seinen Augen etwas glühen zu sehen.

»Warum hat er Ihnen damals das Sharingan gegeben?«, fragte Sasuke statt einer Antwort irgendwann, als die Wortlosigkeit in dem Raum bereits über das Unangenehme in das Gewöhnliche verwischte. Kakashi warf seinem ehemaligen Schützling einen abwägenden Blick zu. Ein Uchiha führte kein Smalltalk, schwelgte nicht in Erinnerungen ohne Grund und fragte nicht nach belanglosen Anekdoten.

»Er war mein Freund«, entgegnete Kakashi knapp.

»Glauben Sie, er hat es Ihnen ohne Intention gegeben?«

Kakashi glaubte nicht, dass irgendjemand etwas ohne Intention gab oder nahm, sagte oder hörte – dann hatte er Obito getroffen. Und eine Generation später Naruto.

Kakashi zögerte, ihm zu antworten. Aber wenn jemand eine Antwort verdiente, dann Sasuke.

»Damals hat er gemeint, er könne somit mein Leben mitverfolgen. Dass er nicht wirklich tot sei. Aber –«

Er musste einsehen; selbst die beiden hatten irgendwann ihre Intentionen, seien sie bedacht oder spontan, handfest oder abstrus gewesen.

»Ich denke, er hat uns schützen wollen. Vor allem hat er mir etwas geben wollen, womit ich – jemanden beschützen konnte.«

 

 

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Was bedeutete ein Team? Wie viel wert war ein Teamkamerad? Was war schon Teamarbeit, wenn man zu den mächtigsten Shinobi der Gegenwart gehörte? Was bedeute schon Freundschaft, wenn man so viel Macht hatte, das jeder andere nur ein Klotz am Bein hieß?

Vielleicht hatte er sein Leben lang die falschen Fragen gestellt. Was bedeutete schon das Dasein als Shinobi, wenn man kein Team hatte? Was hatte man selbst für einen Wert ohne Teamkamerad? Was bedeutete schon Macht, wenn man niemanden damit schützen konnte?

 

 

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Sie verließ das Krankenhaus viel zu spät – und trotzdem stapelten sich die Akten auf ihrem Schreibtisch. Sakura schloss die Tür des Haupteingangs ab und drehte sich sorglos um, als sie mit klopfendem Herzen die Schlüssel fallen ließ. Ihr Schrei blieb ihr im Halse stecken.

»Verdammte Scheiße«, zischte sie und funkelte den Mann kampflustig an, »was soll das?«

Sasuke zuckte die Schultern, lehnte einfach da an der Säule und sah zu ihr.

»Was soll was?«

»Was machst du hier?«, meckerte sie, ihr Herzschlag normalisierte sich allmählich wieder, doch ihr Zorn auf ihn entfachte sich gerade erst.

»Oder macht es dir einfach Spaß Leute in der Nacht einen verdammten Schrecken einzujagen?«

Ihre Schritte klangen auf der Steintreppe am Haupteingang des Krankenhauses dumpf, ansonsten war es still, bis auf die Grillen und ein aufgeschreckter Vogel. Dunkelheit ließ die Schatten der Nacht tanzen und das Licht der Laternen fahl wirken.

»Ich war bereits vor dir hier«, erwiderte er ruhig.

»Warst du nicht«, widersprach sie ihm verärgert. Er schlenderte wortlos auf sie zu und blieb kurz vor ihr stehen, sah zu ihr hinunter, sie wich seinem Blick aus, strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Ich habe auf dich gewartet«, sagte er und ihr Blick schnellte zu ihm hoch. Ihr Herz klopfte in ihren Ohren, als sie den Mund öffnete, wieder schloss und dann schnaubte.

»Ja, nee, ist klar«, erwiderte sie sarkastisch, doch ein Gefühl drückte sich gegen ihre Brust, »ich nehme erst morgen wieder Untersuchen vor, es sei denn es ist ein Notfall, dann müsstest du die Klingel dort drüben drücken. Den großen, roten, wo Notfälle drüber steht. Ich gehe jedenfalls jetzt nach Hause.«

Damit wollte sie an ihm vorbeiziehen – sie war bereits einige Schritte hinter ihm, als sie erstarrte. Seine Hand um ihr Handgelenk, seine Wärme kribbelte in ihren Fingern, ihren Arm hinauf.

Mit einem Blitzen in den Augen, wandte sie sich ihm entgegen, riss ihre Hand aus seinem Griff und war im Begriff los zu geifern, als seine Worte ihr den Atem raubten.

»Hast du Team Sieben aufgegeben, Sakura?«


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, ihr bleibt gespannt und teilt mir mit, was ihr von dem Ganzen haltet. ; )

Ich würde mich freuen!

Gruß,
Jaelaki Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Levisto
2014-06-13T07:53:03+00:00 13.06.2014 09:53
Huhu,ich bin wirklich immer wieder neugierig, wie es weiter geht. Kaum werden die ersten Andeutungen gemacht, kommen aber gleich 2 neue Fragen hinzu. Spannend!

Ich liebe es ja wenn Sakura taff ist und Sasuke kontra gibt bzw. sich nicht für ihn interessiert. Bei so nem arroganten Arschloch hätt ich auch die Nase voll. Aber was war wohl der ausschlaggebende Punkt?

Sonst wieder super geschrieben und freu mich auf das nächste Kappi.
Antwort von:  Jaelaki
13.06.2014 13:16
Ja, gerade am Anfang häufen sich die Andeutungen, da eben auf unterschiedlichen Ebenen Konflikte/Geheimnisse sind. Aber die ganzen Konflikte werden noch ausgetragen werden. Auch die Gründe, warum es sich zwischen Sakura und Sasuke so entwickelt hat, werden noch erläutert - ich weiß nur noch nicht, ob ich es hier nur andeute und daraus einen Spin-Off mache oder es direkt hier einbaue.

Das nächste Kapitel ist bereits in der Freischaltung. ^^

Gruß,
Jaelaki
Von:  rokugatsu-go
2014-06-09T15:36:44+00:00 09.06.2014 17:36
Ich. Liebe. Es.
Noch mehr Spannung geht eigentlich nicht mehr. Gut, dass du jetzt jede Woche ein neues Kapitel hochlädtst.
Ich fange an, sogar Gefallen an Sasuke zu finden.
Antwort von:  Jaelaki
13.06.2014 13:03
:-D
Das freut mich! Alles! ;-D Vor allem aber, dass sogar DU Sasuke allmählich okay findest. ;-D Ich meine: Sasuke und so!

Das neue Kapitel steckt in der Freischaltung.

Gruß,
Jaelaki
Von:  Montegirl
2014-06-07T20:54:02+00:00 07.06.2014 22:54
Ohhhh wie gemein, an einer solchen Stelle aufzuhören....:D Die Story wird immer Spannender!!
Mach weiter so
Antwort von:  Jaelaki
13.06.2014 12:57
Ja, ich bin so. Gemein und kaltherzig. ;-D
Dafür ist das neue Kapitel bereits in der Freischaltung. ^^

Gruß,
Jaelaki
Von: abgemeldet
2014-06-07T19:52:11+00:00 07.06.2014 21:52
Oh feine neue Kapis ^-^
Sie waren wundervoll und ich habe sie sehr gerne gelesen.
Großes Lob^^
Antwort von:  Jaelaki
13.06.2014 12:57
Dankeschön! ^.-

Gruß,
Jaelaki
Von:  jyorie
2014-06-07T16:05:02+00:00 07.06.2014 18:05
Hey ◠‿◠

ich wüsste gern, was Sakura unter dem Mikroskop im
Blut von Yamato gesehen hat, das sie so erschreckt hat
ist er etwa noch nicht von dem Lotus gelöst, und beginnt
jetzt wieder zu ihm zu werden? Hoffentlich kommt das
wieder ins Lot, wo er doch Pflanzen nicht sterben sehen
kann und schon bei so einer kleinen Pflanze einen solchen
Rückschlag erleiden muss.

CuCu, Jyorie

Antwort von:  Jaelaki
13.06.2014 12:56
Es war nicht Sakura, die die Probe untersucht hat, sondern Shizune. ^.-
Was es damit auf sich hat wird bereits im nächsten Kapitel erleuchtet. Und das ist bereits in der Freischaltung. ;-D

Gruß,
Jaelaki
Von:  Sampaguita
2014-06-06T21:15:13+00:00 06.06.2014 23:15
Gänsehaut :) Ich liebe die SasuXSaku Momente :) freu mich aufs nächste Kapi!
Antwort von:  Jaelaki
13.06.2014 12:55
Ich mag es auch sehr, sie zu schreiben. ;-D
Bis zum nächsten Kapitel! ^^

Jaelaki


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