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Lotusblüte

[Sasuke & Sakura | Kakashi & Yamato]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Der Kapiteltitel stammt von einem Gedicht von Mîr Taqî Mir (1724 - 1810). Das »Einstiegsgedicht« wie gewohnt von mir.

Viel Spaß beim Lesen! : )

Gruß,
Jaelaki Komplett anzeigen

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Ich fragte: »Wie lang währt das Leben der Rose?«

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Wir stehen davor

wie wir sein werden

wir gehen weiter

und hoffen.

 

Wir sehen kaum

wo wir sein werden

wir stehen still

und träumen.

 

Wir flehen darum

wer wir sein werden

wir vergehen damit

und erwachen.

 

________________________________________________

 

 

 

 

 

Sie sah ihn von unten heraus an. Seine Mimik, die Arroganz in seinen Mundwinkeln und die Selbstherrlichkeit in den Augen. Verärgert schob sie ihn einen Arm breit von sich.

»Naruto«, erwiderte sie und erkannte Überraschung und Unverständnis in seinen Augen. Vielleicht wäre es nicht jedem aufgefallen – sie war sich sogar sicher. Für die meisten sähe es nach Ignoranz und Überheblichkeit aus. Aber sie sah durch seine Maske hindurch. Er neigte leicht seinen Kopf und da waren diese feinen Falten auf seiner Stirn.

»Ohne Naruto hätte ich dich schon längst aufgegeben«, erwiderte sie, wandte sich um und verschwand durch das Zimmerfenster.

 

 

_

 

 

»Aber – wie soll er auf den Deal eingehen, wenn er ihn vergisst?«, gab Koji nervös zu bedenken. Orochimaru lachte hohl auf. »Er wird sich daran erinnern – zur rechten Zeit.«

 

_

 

 

Kakashi wischte sich über die Augen, denn sein Blick verschwamm ständig, während er sich über das Bett beugte und wieder eine Flüssigkeit in dessen Mund flößte. Er presste die Lippen hart aufeinander. Wie könnte er einen Freund für einen anderen austauschen? Das Leben des einen Kameraden für das des anderen. Schon wieder. Immer wieder. Obito war nicht sein Freund. Nicht mehr. Und doch.

Lag es in seiner Verantwortung, zu entscheiden, wessen Leben wertvoller war? Diese Anmaßung stach ihm wie kleine Nadeln in den Magen, wie Glasscherben zwischen den Gedankengängen. Er konnte nicht darüber nachdenken. Alles in ihm brannte.

»Du heulst ja, Kakashi. Und behaupte jetzt nicht, es wäre nur etwas in deinem Auge«, flüsterte jemand, als hätte er jahrelang seine Stimme nicht benutzt. Kakashi fuhr sich über die Wangen. Da war tatsächlich etwas, doch er sträubte sich, es Träne zu nennen. Es war nur Flüssigkeit ob der Anstrengung, der Schlaflosigkeit. Seine Augen brannten, dann erstarrte er.

Wo war er? Er hatte das Gefühl, etwas vergessen zu haben. Er sah sich fahrig um. Weiß. Bett. Geräte. Krankenzimmer. Warum war er hier? Dann zuckte sein Blick zurück zur Gestalt im Bett.

»Ich dachte, ich wäre tot«, raunte sie. Kakashi zwang sich, ruhig zu atmen. Es hätte ihm gerade noch gefehlt, zu hyperventilieren. Er sah sich wie nebenbei um. Das war das Krankenhaus. Das Krankenzimmer, in dem Obito lag. Kakashi versuchte diesen Kloß in seinem Hals hinunter zu schlucken.

»Ich meinte, das zweite Mal – oder war es das dritte?« Obito warf ihm einen ernsthaft fragenden Blick zu, ehe er sogleich die Schultern zuckte. »Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, dass das hier ein Genjutsu ist oder – ein Traum«, murmelte Obito. Genau, dachte Kakashi, das musste es sein. Ein Genjustu. Höchstwahrscheinlich ein doppeltes. Eines, indem der Gefangene dachte, es wäre keines, weil ihm Normalität suggeriert wurde. Mit einem Blick auf Obito verwarf er den Gedanken. Das hier war keine Normalität.

»Was macht dich so sicher, dass es keines ist?«, hakte er nach und ließ seinen Blick die Wände entlangwandern. Obitos Blick brannte in seiner Seite.

»Ich habe Durst.« Stirn runzelnd schickte er ihm einen irritierten Blick zu.

»Deswegen?«

»Tz«, machte Obito herablassend, »nein, ich habe einfach nur Durst. Ich weiß nicht, warum ich nicht tot bin oder warum du hier bist. Aber wenn beides nun mal so ist, wie es ist, dann – gib mir etwas zu trinken.«

Noch ehe Kakashi ihm hätte antworten können, schlug die Tür auf und zwei Krankenschwestern und die Hokage traten herein.

 

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Als Sakura das Krankenhaus betrat, sprachen zwei Krankenschwestern gleichzeitig auf sie ein. Hektisch schritten sie neben ihr her, während sie sich ihren Kittel überzog und die Haare zusammenband. Zwei wichtige Informationen hörte sie sofort heraus: Obito aufgewacht. Yamato kritischer Zustand. Sie nahm die Mappen der beiden Patienten und rauschte zu Yamato.

Als Sakura das Krankenzimmer betrat, trafen sie zwei Gedanken gleichzeitig. Sie zog die Spritze und versuchte, Haut zu erwischen, doch sie sah nur eine hölzerne Schicht, die Yamato zeichnete.

»Haltet ihn fest, verdammt!«, wies sie herrisch an. Zwei Gedanken, die sie zur Seite schob. Yamato wand sich und schien sie nicht zu erkennen. Tsunade donnerte durch die Tür und übernahm.

Zwei Gedanken blitzten vor ihrem geistigen Auge. Der erste war, dass ihr jemand gesagt hatte, dass es so kommen würde. Und der zweite war, dass sie wusste, wer.

 

_

 

 

Ihr Büro war vollgestellt mit Akten und Ordnern. Sie stapelten sich auf ihrem Schreibtisch, auf ihrem Stuhl, sogar teilweise auf dem Boden daneben. Sie schaute auf die Uhr an der Wand und fragte sich, wann ihr Leben das letzte Mal normal gewesen war, doch sie musste einsehen, dass sie sich nicht daran erinnerte.

»Selbstmitleid?«

Sie presste ihre Lippen zusammen, als sie zu ihm sah, wie er auf dem Fenstersims lehnte und zu ihr hineinschaute.

»Yamato geht es wieder schlechter. Viel schlechter«, meinte sie nur, als erklärte das alles.

»Du erinnerst dich auch wieder.«

Er fragte nicht, aber sie antwortete trotzdem.

»Als ich hörte, dass Uchiha Obito wieder aufgewacht sein soll.«

Sasuke schwieg, ehe er kühn behauptete, was sie nicht hören wollte: »Du überlegst, Obito an Orochimaru auszuliefern.«

Wutentbrannt fuhr sie hoch, schritt durch den Raum und ereiferte sich, während sie wild gestikulierte.

»Ich überlege, wie wir Yamato retten können!«

»Was dem nicht widerspricht – im Gegenteil«, gab Sasuke zu bedenken. Sakuras Augen sprühten vor Zorn. Es schien ihn nicht zu jucken. Kühl blickte er in irgendeine Ferne, die Arme vor der Brust verschränkt und schien sie auszublenden.

»Du hättest ihn töten können, aber du hast es nicht getan«, durchschnitt sie die Stille und funkelte ihn an. Er atmete tief durch, sagte aber nichts.

»Du hättest ihn töten können«, wiederholte sie eindringlich. Er schnaubte.

»Deine Auffassungsgabe ist wirklich beeindruckend – oder wäre es. Für einen Akademieschüler.« Ihre verärgerte Bemerkung lag ihr zwischen den Lippen, doch sie schluckte sie und verdrehte die Augen.

»Warum bist du hier, Sasuke?«

 

_

 

 

»Wie geht es Yamato?«, fragte sie harscher, als sie es beabsichtigt hatte, doch Shizune zuckte nicht einmal mit den Augenlidern. Tsunade lehnte sich zurück, trommelte mit den Fingerspitzen gegen die Oberfläche des Schreibtischs und ließ ihren Blick nach draußen wandern.

»Unverändert«, berichtete Shizune, während sie auf das Klemmbrett sah, als hätte sie es nicht schon etliche Male gelesen, als wüsste sie nicht bereits die Werte, die sie selbst dort vermerkt hatte.

»Unverändert –«, murmelte Tsunade zäh, »das heißt –« Sie wussten, was das hieß, sie beide. Shizune nickte. »Er stirbt.«

In diesem Moment öffnete sich die Tür und Kakashi trat ein. Tsunade bedeutete ihm näher zu treten.

»Du weißt, warum du hier bist?«

Es klang vielleicht wie eine Frage, aber es war keine. Kakashi tat nicht so, als wüsste er das nicht und schaute sie nur an, wie sie ihre Finger gegen die Schreibtischoberfläche trommelte und ihn streng fixierte, als könnte sie dadurch seine Gedanken aus seinem Kopf saugen.

»Was hast du Obito gegeben?«

»Ich weiß es nicht.«

»Woher hast du es?«

»Ich weiß es nicht.«

»Warum hast du es ihm gegeben?«, hakte sie nach, doch ehe er hätte antworten können meinte sie: »Lass mich raten. Du weißt es nicht.«

 

Kakashi schwieg. Er schien ganz ruhig. Tsunade beobachtete ihn. Doch innerlich tobte der Sturm. Sie kannte ihn inzwischen gut genug, um das zu erkennen. Sie war immerhin nicht blöd. Genervt lehnte sie sich zurück.

»Obitos Zustand verschlechtert sich wieder«, eröffnete sie. »Auch Yamatos Zustand ist kritisch. Es sieht beinahe so aus, als hätten du und Sakura die beiden für eine begrenzte Zeit stabilisiert, in einem Moment sah es sogar so aus, als wären sie geheilt. Aber jetzt sieht man das tatsächliche Ausmaß«, erklärte sie und bedachte ihn mit einem Blick, dem nichts entging. »Sie sterben.«

Kakashis Finger verkrampften sich, obwohl er schon so viele derartige Nachrichten bekommen hatte – oder selbst überbracht. Doch in diesem Moment war es wie kaltes Wasser, das jemand in seinen Magen gekippt hatte.

Tsunade seufzte.

»Der überraschende Zufall will es, dass weder Sasuke oder Sakura noch zwei andere ANBU sich erinnern können, wo sie gewesen waren. Alle erreichten zunächst denselben Ort. Ihre Missionen miteinander vernetzt. Keine Spur, wo sie zwischendurch waren. Der einzige Hinweis ist, dass sie stundenlang weg waren. Einfach so. Und sich nicht erinnern können.«

Stille.

Tsunade schaute ihn an. Shizune verharrte. Dann raschelte Papier, als sich die Hokage durch einige Papierrollen, die auf dem Schreibtisch lagen, kramte.

»Hier«, deutete sie darauf. »Und hier und hier – und hier.«

Kakashis Blick flog von einer Textstelle zu der nächsten, immer wieder ein Wort. Er sah ratlos auf. »Immer wieder taucht dieser Begriff auf. Das Letzte, woran sie sich erinnern können. Manche ANBU-Einheiten beschreiben es, als wäre es ihnen im Traum erschienen.«

Tsunade fasste sich an die Stirn, als hätte sie Kopfschmerzen.

»Ich hätte viele Fragen an dich, Kakashi, aber ich weiß eines ganz genau. Du kannst dich nicht erinnern, oder?«

Kakashi sah zurück zu den Textstellen. Nur ein Wort sprang ihm entgegen. Immer wieder.

Lotusblüte.

 

 

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Sasuke schnaubte.

»Du erinnerst dich doch wieder, Sakura. Obito, Yamato, Orochimaru«, erläuterte er kurzsilbig, doch Sakura schüttelte den Kopf.

»Ja, aber ich meine. Warum bist du überhaupt wieder hier. Bei uns. Warum? Du hast damals gesagt, dass du gehen musst. Warum bist du wieder zurück gekommen?«

 

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Es war Freiheit gewesen. Er konnte sich noch vage an die Schwerelosigkeit erinnern. Dann mit einem Schlag war er zurückgekehrt. Schmerz überflutete seine Nervenbahnen. Jetzt lag er mit Schmerzmittel vollgepumpt im Bett, konnte sich kaum regen, das Atmen fiel ihm schwer. Selbst, die Augen offen zu halten. Alles war erfüllt von Schmerz.

 

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Es wurde Abend, als Kakashi sich in das Zimmer schlich. Trotzdem kam er nicht ungesehen hinein. Die Krankenschwester bedachte ihn mit einem mitfühlenden Blick, der an Mitleid grenzte. Er zog die Tür hinter sich zu und atmete tief aus. Er fühlte sich, als wäre er irgendwo eingebrochen.

Obito lag inmitten des Zimmers, an Geräte angeschlossen. Sein Atem rasselte. Seine Augen blutunterlaufen.

Es keuchte, röchelte. Trotz des Beatmungsgerätes. Er zuckte mit dem Zeigefinger und Kakashi verstand es nicht sofort, aber dann erkannte er, dass Obito ihn beorderte, näher zu treten. Kakashi schritt auf ihn zu und beugte sich über diesen Menschen, der ihm so vertraut und so fremd war. Irgendetwas murmelte er in das Beatmungsgerät, doch Kakashi konnte ihn nicht verstehen. Wieder und wieder. Dann zog er ihm das Gerät von Nase und Mund und lehnte sich ganz nah dran.

»Das ist die Strafe«, drang gemurmelt an sein Ohr. Kakashi starrte ihn an.

»Wofür?«

»Für das, was ich getan habe.« Bilder jagten durch seinen Kopf. Erinnerungen. Gedanken. Alpträume. Er drückte Obitos Hand.

»Nein«, widersprach er, »nein, das ist es nicht.«

Vielleicht war es die Strafe, für das, was Kakashi getan – oder auch für das, was er nicht getan hatte, zuckte durch seine Gedanken.

»Nein, es ist die Chance, alles wieder gut zu machen«, flüsterte er ihm zu. Er fasste sich an seinen Kopf. Bilder rasten durch seinen Kopf. Erinnerungen, die er vergessen hatte. Gedanken, die sich plötzlich manifestierten und Alpträume, die ihn lange gequält hatten. Es war Zeit, das zu ändern.

»Diesmal«, flüsterte er ihm zu, »werde ich nicht nur zusehen.«

Damit ließ er seine Hand los und verließ das Zimmer.

 

 

 

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»Das ist unwichtig«, behauptete Sasuke und Sakura erkannte in seiner Stimme, dass er nicht mehr dazu sagen würde.

»Hast du dich entschieden?«, fragte er stattdessen und sie warf ihm einen zornigen Blick zu.

»Wir haben keine Wahl«, erwiderte sie und schmiss eine Akte auf den Stapel.

»Doch, die hat man immer«, widersprach er.

»Sie sterben lassen?«, entgegnete sie, ohne die Akten ruhen zu lassen.

»Vielleicht wäre das sogar die bessere Entscheidung«, bedachte Sasuke und er wusste, dass er sie damit bis aufs Äußerste provozierte, doch das hatte ihn noch nie seine Gedanken für sich behalten lassen. Sie hielt inne.

»Vielleicht stimmt das«, erwiderte sie nüchtern, »aber ich würde mich immer fragen, was gewesen wäre, wenn wir etwas unternommen hätten.«

 

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»Was machst du hier?«, krächzte Tenzou und schaute Kakashi an – es sollte wahrscheinlich streng sein, aber er erinnerte Kakashi immer irgendwie an einen Welpen. Vielleicht weil er immer noch den kleinen Jungen von damals vor sich sah, wenn er ihn anblickte.

»Kommst du dich verabschieden?«

 

Jetzt sah er doch auf. Tenzou lag wie ein kranker Hund – wie – er lag da. Und starb. Stück für Stück. Kakashi sah es in seinen Augen. Vernebelt suchte Tenzou seinen Blick und schien immer wieder den Fokus zu verlieren, als driftete er ab und kämpfte dagegen an.

»Tenzou, wenn es eine Möglichkeit gäbe –« Er brach ab und fuhr sich durch sein Haar. Stress jagte durch seine Adern.

»Wenn Rettung möglich wäre, würdest du es in Betracht ziehen?«

Tenzou krächzte. Vielleicht ein Versuch zu lachen.

»Für Rettung ist es zu spät. Das sieht man in den Blicken der Krankenschwestern.«

»Nicht hier«, fügte er hinzu. Er spürte den Blick Tenzous auf sich ruhen, ehe er wieder verschwamm. »Ich lasse meinen Freund nicht einfach sterben«, redete er ihm zu und machte sich daran, ihn mit der Decke zu ummanteln.

»Ich mache es diesmal richtig, Tenzou.«

Tenzou sah ihn an, dann – er wusste nicht warum – lag plötzlich ein Lächeln um dessen Mundwinkel.

 

_

 

 

Sie schritt durch den Gang, wie sie es schon hunderte Male getan hatte. Hier fühlte sie sich sicher, sie wusste, was zu tun war. Manchmal rettete sie Leben, manchmal verlor sie. Doch immer war es ein Kampf. Niemals gab sie einfach auf. Dieses Mal war es nicht anders. Sie wusste nicht, ob sie es schaffte, Leben zu retten oder ob sie den Kampf verlor. Aber sie gab nicht auf.

Als sie um die Ecke bog und das Zimmer weiter hinten sichtbar wurde, beschleunigte sie ihre Schritte. Sasuke folgte ihr.

»Es ist Verrat, was wir hier machen«, murmelte Sakura vor sich her, als sie die Tür hinter sich zuzog. »So schnell kann es gehen«, erwiderte Sasuke trocken und näherte sich Obito.

»Glaubst du, wir machen einen Fehler?« Sakura zögerte, als sie Obito betrachtete und warf Sasuke einen Blick zu.

»Er ist immerhin, der Letzte aus deiner Fam-«

»Jetzt mach endlich, Sakura, du nervst mich jetzt schon.«

Sie zuckte die Achseln.

»Das kann ich nur zurückgeben«, murmelte sie, während sie die Geräte ausschaltete und Schläuche aus Obito zog.

»Wir müssen uns beeilen«, wies sie Sasuke an.

»Das sagt die Richtige«, brummte er und zog Obitos schlaffen Körper über die Schulter.

 

_

 

 

»Schneller, Sasuke! Seit wann bist so langsam?«, rief sie und Sasukes Augenlid zuckte gefährlich. Sie stoben durch den Wald und rasten zwischen den Ästen hindurch. Mondlicht spiegelte sich auf den Blättern und ließ die Dunkelheit silbrig glänzen. Er brummte etwas vor sich hin, was sie nicht mitbekam, also stieg sie nicht darauf ein.

»Obito geht es immer schlechter – wir müssen uns beeilen«, forderte sie stattdessen.

»Wenn du mich weiter nervst, darfst du ihn tragen«, teilte er ihr mit, woraufhin sie verstummte.

Natürlich war Obitos Gewicht kein Hindernis, aber ein Körper, der wie ein Sack über den Schulter hing, war unhandlicher als kein Körper, der wie ein Sack über den Schultern hing.

Zuerst dachte er, dass sie wieder vor Zorn mit den Zähnen knirschte oder ihn eingeschnappt ignorierte. Aber dann meinte sie nur: »Du hast nachgelassen, Sasuke.«

Inwiefern erklärte sie allerdings nicht.

 

Sie rauschten durch den Wald mitten in der Nacht auf dem Weg zu Orochimaru. Es erinnerte Sasuke unwillkürlich an die Nacht vor so vielen Jahren. War es nicht Ironie des Lebens? Er blickte zur Seite, wo Sakura neben ihm über die Äste fegte.

»Und – wie fühlt es sich an?«, wollte er wissen.

Er sah ihr Zaudern.

»Was?«, hakte sie nach, obwohl er wusste, dass es sie störte, ihn das zu fragen. Zuzugeben, dass sie nicht seinen Gedanken folgen konnte. Warum auch immer.

»Du verrätst Konoha wie ich es getan habe.«

»Das ist etwas völlig anderes«, zischte sie.

»Ist es das?«

Sie hielt an und schlug die Arme vor der Brust zusammen. Er stoppte auf einem Ast ihr gegenüber.

»Ja, Sasuke«, verkündigte sie, »es ist völlig anders«.

»Du verlässt Konoha, um dich Orochimaru anzuschließen.«

»Ich schließe mich ihm nicht an!«, spuckte sie ihm vor die Füße, doch er konnte nur hohl auflachen bei so viel Naivität.

»Was glaubst du, was du dann tust, Sakura? Du übergibst Obito Orochimaru und gehst dann wieder nach Hause ins Bett?«

Er spürte, wie sich ihre Augen zornig zusammenzogen.

»Wir übergeben Obito. Im Gegenzug übergib Orochimaru uns das Mittel, um Tenzou zu heilen.«

»Du bist noch einfältiger, als ich geahnt hatte«, spottete Sasuke, »ich verrate dir etwas. Genau das wird nicht passieren.«

»Warum tun wir das alles dann überhaupt?«, entgegnete sie aufgebracht. »Warum kehren wir dann nicht um? Natürlich für das Mittel! Orochimaru hat es uns gezeigt, es funkt-«

»Genau. Du tust es, weil die Möglichkeit besteht. Weil du hoffst und nicht aufgeben willst. Weil du kämpfst und nicht verlieren willst. Nein, weil du noch daran glaubst, gewinnen zu können. Und deswegen wirst du auch nicht zurückgehen.«

Sasuke fixierte sie. Er sah, wie das kleine Mädchen von früher durch ihren Blick geisterte und dann wie sie realisierte, dass er Recht hatte.

»Und genau das wird Orochimaru ausnutzen. Das tut er immer«, fügte er dunkel hinzu.

 

Sie war still. Die Nacht. Vielleicht auch nur, seitdem Sakura so schwieg. Seitdem er ihr die Augen geöffnet hatte vor – wie lange eigentlich?

»Hör auf damit«, verlangte er und spürte sofort ihren Seitenblick.

»Womit?«

»Hör auf, nachzudenken. Wir sind gleich da. Ich kann es nicht gebrauchen, wenn du jetzt vor lauter emotionaler Zerstreutheit, Fehler machst.«

»Das erklärt einiges«, meinte sie sarkastisch, »wenn du mit der Methode solche Sachen bewältigst. Nicht nachdenken

Er schnaubte und bedeutete ihr, den Mund zu halten. Natürlich tat sie es dann nur, weil sie keine zwölf mehr war, ihm nichts beweisen musste und er ihr ohnehin gleichgültig war – und er hatte Recht, Fehler durften sie sich nicht erlauben.

Sie durchquerten die Tunnel. Die steinigen Erdwände rückten näher und näher. Dann betraten sie die Räume und das grünliche Licht flackerte unter der Tür hindurch. Sakura spürte eine Gänsehaut ihre Arme entlangwandern. Vielleicht würde sie sich nie an diesen Anblick gewöhnen, obwohl doch behauptet wurde, dass man sich an viel zu viel gewöhnen konnte.

 

»Seltsam«, murmelte sie, als sie auf den staubigen Boden schaute, sich hinkniete und mit ihren Fingerspitzen über den Boden strich. Überrascht suchte sie Sasukes Blick.

»Hier war jemand vor uns – vor kurzem«, stimmte der mit ihrer Erkenntnis überein. Die logische Frage lag in der Luft.

»Wir sollten weitergehen. Wer auch immer hier war – jemand Unangenehmeres als Orochimaru wird es wohl nicht sein«, witzelte Sakura humorlos und erhob sich.

Sie stiegen den Lotus hinauf. Vertrocknete Blätter segelten an ihnen vorbei, einige Ranken waren komplett braunschwarz, andere gelblich verfärbt.

»Sieht aus, als wäre die Pflanze krank«, vermutete Sakura und sah hinunter zu Sasuke, der ein paar Äste unter ihr her ging.

»Weißt du, wenn er dir zu schwer wird, kann ich ihn tragen«, spöttelte sie und sprang ihren Worten zum Trotz sogleich einige Ranken weiter. Sasuke verdrehte die Augen.

»Wenn er mir zu schwer wird, werfe ich ihn auf dich«, murmelte er.

»Hast du was gesagt?«

Sasuke schüttelte lediglich den Kopf.

»Na, wie auch immer. Er wird uns wohl finden, nicht?«, wollte sie wissen und sah sich um.

»Wir wissen nicht, wo er sich derzeitig aufhält. Er hat uns überrascht. Wir sind einfach dort aufgewacht, nicht?«

»Er nutzte ein Genjutsu. Ich hatte es damals sofort erkannt, aber du musstest dich ja hineinstürzen.« Sie verzog ihr Gesicht.

»Natürlich. Dir wäre das niemals passiert.«

»Genau«, stimmte er trocken zu. Sie schnaubte, doch in diesem Moment hob sie ihre Arme zur Verteidigung und duckte sich, als stünde sie einem Gegner gegenüber. Sasuke bewegte sich keinen Zentimeter, aber selbstverständlich hatte er es bereits wahrgenommen. Es verwirrte ihn allerdings – was er sicherlich niemals offen gestanden hätte – denn er erkannte die Reste des Chakras, das in der schemenhaften Person weit über ihren Köpfen nahe an der Blüte des Lotus geschmiedet worden war. Nur noch schwache Spuren flossen in dem Körper.

»Eine Falle?«, wisperte Sakura. »Das kann doch nicht sein, warum –«

Er musste sich eingestehen, dass es ihn überraschte, dass sie den Mann scheinbar auch an seinem Chakra erkannt hatte, denn es waren nur noch flackernde Überreste. Wie bei einem Feuer, das kurz vorm Verlöschen war.

»Kakashi-sensei?«, rief Sakura ungläubig.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Danke für mehr als 100 Favoriten!
Zur Feier des Tages gibt es ein Spin-Off zu Lotusblüte:
Lass ihn gehen

Viel Spaß beim Lesen! ; )



Say Something, Sasuke. [AMV ~ by je.app]

What if, Kakashi? [AMV ~ by je.app]

Schaut vorbei. ; ))

Gruß,
Jaelaki Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von: abgemeldet
2014-11-21T20:08:15+00:00 21.11.2014 21:08
Huhu :3

Da komm' ich nun auch endlich mal wieder dazu, dein neues Kapitel zu lesen und zu kommentieren. :)
Erstmal Glückwunsch zu deinen beendeten (hoffentlich bestandenen) Prüfungen & den erreichten 100 Favo's.
(Woraus höchstwahrscheinlich noch mehr werden!) ;)
Ich bin jetzt mal stark auf Kakashi's Reaktion gespannt, wenn er merkt, dass nun doch die Leben beider Freunde,
mehr als jemals zuvor auf Messers Schneide stehen. Desweiteren bin ich auch auf die noch folgenden Reaktionen von Sasuke & Sakura gespannt. - Das sie, das Ganze nicht glauben kann, kann ich verstehen, denn sie hatten ja eigentlich den Plan, Obito zu "opfern" damit Tenzou leben kann. - Vorwürfe kann man allerdings keinen der beiden Parteien machen. Schließlich taten sie das Selbe. Sie entschieden sich, den Einen für den Anderen zu opfern. Wenn ich in dieser Situation gewesen wäre & mich zwischen Obito und Tenzou hätte entscheiden müssen, hätte ich mich eindeutig für Obito entschieden. - Nicht, dass ich Tenzou nicht ausstehen kann. Im Gegenteil. Aber Obito's Schicksal berührt mich einfach mehr. Ich hoffe, dass diese Situation dennoch eine gute Wendung nimmt, selbst wenn Jemand von ihnen sterben sollte. Denn es wäre das Aus für Alle, wenn Orochimaru gewinnen würde. Nicht vorzustellen, was er mit Tenzou's Mukoton & Obito's Sharingan/Rinnegan anstellen würde.
Da ich jetzt nicht noch einen ganzen Roman schreiben möchte ...
Es war einfach mal wieder ein tolles Kapitel & ich kann das Nächste kaum erwarten! :3

Lg Cherry ~ [εnφα]
Von:  Levisto
2014-11-05T18:48:32+00:00 05.11.2014 19:48
Hey hey,

schön das du alle Prüfungen geschafft hast :) und dann bekommen WIR die Belohnung = ein neues Kapitel! Und ich hab nichts dran auszusetzen, wieder sehr viel Text, alles verständlich geschrieben und man hat endlich mehr Durchblick ;) Aber ob das alles mit dem Tausch so glatt geht...wie Sasuke schon sagte, bei Orochimaru kommt man nicht so leicht weg.
Und die Gedankengänge von Kakashi sind wirklich gut durchdacht - was macht man wirklich? Welchen seiner Freunde schenkt man das Leben...wirklich keine einfachen Fragen.

Ich warte wieder geduldig auf das was folgt.
*greetz*
Levisto

Von:  Haruno
2014-11-05T16:03:03+00:00 05.11.2014 17:03
Wahnsinns Kapitel!
Ich bin gespannt was noch an Ùberraschungen auf die beiden hinzukommen. :)


Gruuß Cherry
Von:  jyorie
2014-11-05T11:05:24+00:00 05.11.2014 12:05
Hey ٩(^ᴗ^)۶

da ist ja ziemlich viel passiert in dem Kapitel. ich glaube man kann da nicht sagen ob etwas richtig oder falsch ist/war, bis man es ausgeführt hat und das Ergebnis sieht. Weil einfach so viele andere noch mit dran hängen, wie z.B. Orochimaru, der ja auch seinen Teil plan und es kommt ja dann auch noch auf den Standpunkt an, für meinen Teil würde ich sagen, das Sakura und Sasuke von ihrem Punkt aus gesehen das beste versuchen, was sie meinen zu tun können, aber ich bin mir nicht sicher ob es sich dann doch als Fehler erweisen wird, wenn sie versuchen Obito auszuliefern, schließlich kennt Sasuke ja die Schlange und weiß das sie nur wenig ändern können und ob er sein Wort hält ist auch so eine Sache, mit dem Mittel hatten sie ja auch nicht viel erfolg, wenn Tsunade jetzt erkannt hat, das die Patienten trotz der Verabreichung der unbekannten Substanz langsam am sterben sind. Das ist wirklich eine ganzschön verzwickte Situation die da entstanden ist.

CuCu, Jyorie

Antwort von:  Jaelaki
05.11.2014 14:01
Ja, in diesem Kapitel vollzieht sich der Umschwung von Konoha als Hauptschauplatz zu Orochimaru als Ort, wo [fast] alles stattfinden wird. Besonders den Fragen "Was hat es mit dem Lotus auf sich? Können Obito und/oder Yamato gerettet werden? Was bezweckt Orochimaru?" wird jetzt nachgegangen. Es wird also nochmals spannend. ^^

Gruß,
Jaelaki
Antwort von:  jyorie
05.11.2014 17:43
hört sich wirklich spannend an, freu mich darauf, wenn es weitergeht, außerdem bin ich neugierig, was mit Kakashi ist.
Von:  fahnm
2014-11-04T21:45:27+00:00 04.11.2014 22:45
Schönes Kapitel
Antwort von:  Jaelaki
05.11.2014 13:59
Danke!

Jaelaki
Von:  rokugatsu-go
2014-11-04T12:57:57+00:00 04.11.2014 13:57
„Kakashi-sensei?“, rief die Autorin dieses Kommentars ungläubig.
Das "Wie bei einem Feuer, das kurz vorm Verlöschen war" wirft einige Fragen auf! In Sachen Cliffhanger macht dir keiner was vor. Ich liebe den kurzen Abschnitt mit Yamato und Kakashi. Sehr spannend alles. Befinden wir uns schon im letzten Teil der Geschichte?
Ich glaube, einmal nennt Sakura Yamato "Tenzou", was zumindest mich ein wenig irritiert.

Antwort von:  Jaelaki
05.11.2014 13:59
Danke. ^^
Wir befinden uns in dem Teil, in dem die Geschehnisse jetzt vor allem bei Orochimaru ablaufen werden. Sozusagen der zweite Hauptteil. Besonders die Fragen "Was hat es mit dem Lotus auf sich? Können Obito und/oder Yamato gerettet werden? Was bezweckt Orochimaru?" werden jetzt in diesem zweiten Hautptteil beantwortet. Und ja, Kakashi wird noch ein bisschen gequält. Ebeneso Sasuke und Sakura. ;-D

Gruß,
Jaelaki

PS. das wird korrigiert - wenn ich es finde. x'D
Antwort von:  rokugatsu-go
09.11.2014 17:55
Bin ich ein schlechter Fan, wenn ich "YES!" denke, wenn du sagst"Kakashi wird noch ein bisschen gequält"? XD
Antwort von:  Jaelaki
09.11.2014 18:44
x'D
Ein 'schlechter' vielleicht nicht, aber ein leicht sadistisch angehauchter? ^.-
Von:  Cosplay-Girl91
2014-11-04T08:24:05+00:00 04.11.2014 09:24
Cooles Kapitel.
Mach weiter so.
Schreib schnell weiter, ja??
LG
Antwort von:  Jaelaki
05.11.2014 13:55
Danke! Das 12. Kapitel wird geschrieben! ^^
Bevor es fertig ist, verweise ich gerne auf Lass ihn gehen. Ein OS-Spin-Off zu Lotusblüte als Dank für mehr als 100 Favoriten zu dieser FF.

Gruß,
Jaelaki


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