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Unverhofft kommt oft

von

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Sport? Nein danke!

Kapitel 2 – Sport? Nein danke!
 

Er war es gewohnt, angestarrt zu werden. Seit Jahren war das schon so, und es würde auch noch eine ganze Weile so bleiben. Die Leute starrten zwar aus unterschiedlichen Gründen – die Älteren und Konservativeren wegen seiner Haarfarbe, die Männer aus Neid, die Frauen… tja. Meistens waren es seine Schultern und sein Hintern, die komplimentiert wurden. Dazu kam eine beachtliche Größe von 1,89 m und eine natürliche und gesunde Hauttönung, die selbst im Winter hielt, ohne dass er sich auf die Sonnenbank legen musste.
 

In seiner Hosentasche klingelte sein Handy, und der Mann mit den grünen Haaren holte es heraus. „Ja? Nein… nein, ich nehme bis auf weiteres keine Privatstunden an. Die Kurse im Center… ja, die bleiben. Drei Mal die Woche 17 bis 20 Uhr. Ja… ja, ich hab das was an Land gezogen, ziemlich lukrativ. Nein du Vollidiot!“ Ärgerlich klappte er das Handy wieder zu und stopfte es in die enge Jeans zurück. Manche Leute hatten nichts als Hintergedanken, und die dämliche Frage seines Mitarbeiters, ob sein neuster Auftrag etwas mit Sex zu tun hatte, entlockte ihm ein gereiztes Schnauben.
 

Dann sah er auf, und stellte zu seiner Überraschung fest, dass er endlich angekommen war, wohin ihn die Wegbeschreibung, die er sich morgens noch ausgedruckt hatte, geführt hatte. Fast eineinhalb Stunden später als geplant! Blöder Routenplaner, sowas sollte man nicht öffentlich ins Internet stellen, so oft wie er sich auf dem Weg hierher verlaufen hatte! Mit kräftigen Fingern knüllte er die Wegbeschreibung zusammen, schob sie unter den Deckel des Papiermülleimers, der am Straßenrand stand, und ging dann zielstrebig auf den Hauseingang zu. Ein kleines Mehrparteienhaus in einer ruhigen Gegend – wie beschaulich. Da fehlte nur ein Gartenzwerg auf dem 2 Quadratmeter großen Rasen, um das Klischee perfekt zu machen. Kein Mucks war in der Straße zu hören, dabei war es bereits halb 9 Uhr morgens.
 

Nach einigem Suchen hatte er den richtigen Klingelknopf gefunden und drückte zweimal kräftig. Drinnen hallte das Klingeln im Hausflur nach, aber nichts regte sich. Erst nach dem dritten Mal knackte es schließlich in der Sprechanlage, und eine verschlafene Stimme knurrte: „Jaaa?!“ –
 

„Paketzustellung mit Einschreiben.“ -
 

„… Moment…“
 

Dann surrte der Türöffner, und der Grünhaarige betrat das Treppenhaus. Die Zwei Treppen in den ersten Stock waren in Nullkommanichts bezwungen, und oben angekommen schaute ein ziemlich zerzauster Blondschopf aus einer der Wohnungstüren hervor.
 

„Sie sehen nicht aus wie ein Postbote.“ stellte Sanji mit einem undefinierbaren, aber nicht sonderlich freundlichen Unterton fest.
 

Der Mann vor ihm trat näher und schob die Wohnungstür auf, was ihm nicht sonderlich schwer fiel. Er hatte um einiges mehr Kraft als der schmächtige Blonde, der perplex zurück wich. „Was… was wollen sie? Das ist Hausfriedensbruch!“ stieß er atemlos hervor. Apfelgrüne Augen musterten ihn einmal von Kopf bis Fuß, ehe sich die schmalen Lippen im Gesicht des anderen öffneten.
 

„Das ist jetzt nicht wahr…“ murmelte er und wiederholte seine visuelle Inspektion erneut. „Du… du bist Sanji?“ –
 

„Ja! Hätten sie vielleicht die Güte, mir zu erklären, woher sie mich kennen und was sie hier wollen?“
 

Statt einer Antwort kramte der Grünhaarige einen Notizzettel aus der Hosentasche und las ihn nochmals durch, ehe er ihn Sanji mit einem leicht arroganten Grinsen unter die Nase hielt. „Blond, blass, blauäugig, schmale Schultern, breite Hüften, Storchenbeine und Plattfüße. Soweit ich das sehe, trifft die Beschreibung zu.“ Er zog den Zettel wieder weg und streckte Sanji stattdessen eine Visitenkarte entgegen.
 

„Mein Name ist Lorenor Zorro. Ich bin Fitnesscoach und ab heute dein Personal Trainer.“
 

Sanji glaubte, sich verhört zu haben. Vielleicht träumte er auch noch. Aber irgendwie wollte er einfach nicht aufwachen, egal wie oft und wie fest er sich auch in den Arm kniff. Fakt war, dass dieser dreiste Großkotz mit der grasgrünen Matte und dem lächerlichen Namen Zorro seit 3 Minuten in seinem Wohnungseingang stand und keine Anstalten machte, zu gehen. Und das, nachdem er ihn derart beleidigt hatte!
 

„Was zum Teufel wollen sie von mir? So früh am Morgen?!“ fauchte er ihn an.
 

Zorro hob lediglich eine Augenbraue. „Wenn du mich reinlässt, erklär ich es dir. Man hat mir immerhin viel Geld dafür gezahlt, dass ich hier her komme. Am hell-lichten Vormittag.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, drängte er an dem schlecht gelaunten Blonden vorbei in die Diele, sah sich kurz um und steuerte dann – ohne sich die Schuhe auszuziehen!!! – ins Wohnzimmer, wo er sich auf einen der gepolsterten Sessel fallen ließ.
 

Sprachlos folgte Sanji ihm und blieb in der Tür stehen, während er mit seiner Fassung rang. So ein Benehmen war ihm schon ewig nicht untergekommen! Was glaubte dieser Kerl eigentlich, wer er war? Benahm sich in einer fremden Wohnung gerade so, als wäre er zu Hause, und das mit einer Selbstgefälligkeit, die das Blut in den Adern des Koches auf Siedetemperatur steigen ließ. Mit Sicherheit hatte er schon einen knallroten Kopf vor Zorn.
 

Zorro ließ seinen Blick kurz über das Wohnzimmermobiliar schweifen, ehe er die Gestalt im Türrahmen fixierte. Na, das konnte ja heiter werden! Man hatte ihm zwar gesagt, dass sein nächster Kunde untrainiert war, aber dass es SO schlimm war, hatte er sich nun auch nicht vorgestellt. Dieser Kerl hatte ja keinen einzigen Muskel am Körper! Mal abgesehen von seinen Kaumuskeln, die zwar nicht sichtbar waren, aber ziemlich gut trainiert sein mussten, wenn er sich das Bäuchlein und den Rettungsring über den Hüften ansah. Und Sonnenlicht hatte Sanji wohl schon seit Jahren nicht mehr gesehen, so weiß wie seine Haut schimmerte. War der Blonde eigentlich gerade erst aufgestanden, oder warum lief er in Boxershorts, einem fleckigen weißen Tanktop und Wollsocken durch die Gegend?
 

„Also?“ murrte der Koch und holte Zorro damit wieder in die Gegenwart zurück. Der Grünhaarige räusperte sich.
 

„Wie schon gesagt – ich bin ein Fitnesscoach. Man hat mich engagiert, um dich in Form zu bringen, was auch ziemlich nötig ist. Ich werde mich in den nächsten 30 Tagen fast ausschließlich um dich kümmern. Wir machen Ausdauer- und Muskelaufbautraining, drinnen und auch draußen. Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung. Außerdem kümmere ich mich um deine Ernährung und potentielles Risikoverhalten. Rauchst du?“ –
 

„Ja… Stop mal, sie wurden engagiert?“ –
 

„Sehr schlecht, das solltest du aufgeben. Alkohol?“ –
 

„Wer hat sie mir auf den Hals gehetzt?!“ Sanji trat näher, und seine blauen Augen sprühten förmlich. Zorro sah sich genötigt, zu antworten. „Eine gewisse Nami… sie meinte, sie wäre deine Chefin und würde sich Sorgen um dich machen… also, wie viel Alkohol trinkst du am Tag?“ –
 

„Nami-san?! - Entschuldigen sie mich einen Augenblick…“ Schneller als Zorro es ihm zugetraut hatte, rannte Sanji ins Schlafzimmer und wühlte unter einem Berg von achtlos hingeworfener Kleidung nach seinem Handy. Nami also! Na, die konnte sich auf was gefasst machen! Frustriert, weil nur die Mailbox ranging und er seine Wut nicht direkt rauslassen konnte, sprach Sanji ihr aufs Band, dass sie ihn sofort zurückrufen sollte. Als er wieder aufblickte, stand Zorro nur zwei Schritte entfernt und hob die leere Weinflasche auf, die noch von vorgestern Abend herumlag. „Na, wenigstens ist es Rotwein. – Und DAS hier…“ Direkt neben der Flasche lag der ebenso leere Häagen Dasz-Behälter, der mittlerweile auch Gesellschaft von zwei weiteren Bechern bekommen hatte. „… streichen wir für die nächste Zeit komplett aus deinem Speiseplan.“
 

Sanji spürte seine Ohren glühen. Langsam aber sicher wurde ihm die Situation peinlich, und das ärgerte ihn umso mehr. „Wollen sie vielleicht noch meine Küche inspizieren?!“ zischte er böse und riss Zorro die leeren Becher aus der Hand.
 

Der Grünhaarige nickte. „Und ob. Die erste Links war es, oder?“ Mit derselben Dreistigkeit, mit der er schon seine Wohnung, sein Wohnzimmer und sein Schlafzimmer betreten hatte, marschierte Zorro nun in die Küche hinein und öffnete die Kühlschranktür. Die gähnende Leere, die noch vor zwei Tagen dort geherrscht hatte, wurde nun leidlich durch einen Pizzakarton und eine angebrochene Flasche Weißwein gemildert. Als Zorro das Tiefkühlfach aufzog, leuchteten ihm ungefähr 15 kleine Eisbehälter entgegen, und er schnaubte kurz und vielsagend. Schon hatte er den Mund geöffnet, um einen Kommentar abzugeben, der Sanji sicherlich nicht gefallen hatte, doch genau in dieser Sekunde trat der Koch das Schubfach mit seinem rechten bestrumpften Fuß zu, und Zorro konnte gerade noch seine Hand herauszerren, ehe ein Unglück geschah.
 

„Spinnst du?“ brummte er, nun nicht mehr ganz so entspannt.
 

„Das gleiche könnte ich sie auch fragen! Wie kommen sie eigentlich dazu, sich hier SO aufzuführen? Ich hab NIE gesagt, dass ich einen Personal Trainer brauche…“ –
 

„Das sehe ich aber anders.“ –
 

„… oder überhaupt WILL!“ fuhr Sanji fort. „Das ist wieder so eine von Namis tollen Ideen, die sie hinter meinem Rücken und vor allem mit Gewalt versucht, in die Tat umzusetzen!“
 

Zorro verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust, und das weiße enge T-Shirt, das er trug, spannte sich an den Schultern und über seinem Bizeps. „Da hab ich aber was anderes gehört. Deine Nami hat mir erzählt, du hättest immer Pech in der Liebe und würdest gerne an dir arbeiten, damit du nicht jedes Mal einen Korb bekommst.“
 

Innerhalb von wenigen Sekunden lief Sanji puterrot an. Nami war wunderschön und eine tolle Geschäftsfrau… und eine Schlange sondergleichen! Ein Glück hatte er das Handy noch in der Hand, da konnte er gleich mal den nächsten Terroranruf absetzen, dass Nami sich gefälligst melden sollte, bevor was passierte – auch wenn wieder nur die Mailbox ranging. „Fuck verdammt… wie auch immer! Ich hab definitiv keine Lust auf diesen Scheiß hier! Ich lass mir doch nichts vorschreiben und… hey… hey! Was soll das denn?!“ Fassungslos sah Sanji an sich runter, wo Zorro gerade ein helles gelbes Maßband erst um seine Brust, dann um seine Taille und Hüfte schlang.
 

„Hab ich‘s mir gedacht. Kein Eis mehr für dich. Wie groß bist du? 1,77?“ –
 

„1, 78… und jetzt lassen sie mich los!“ –

„Und wie schwer bist du? Kennst du deinen Körperfettanteil?“ –
 

„Ich… nein… ich hab doch eben gesagt, dass ich… hören sie mir überhaupt zu?!“
 

Anscheinend nicht, denn Zorro hatte Sanji den Rücken gekehrt und kramte in der großen Sporttasche, die er mitgebracht hatte herum, um dann eine gläserne Waage zum Vorschein zu bringen, die er zu den Füßen des Blonden abstellte. Sanjis Augenbraue zuckte. „Sie erwarten doch wohl nicht, dass ich mich da drauf stelle, oder?“
 

Statt einer Antwort packte Zorro ihn einfach mit seinen großen Händen und einem festen Griff unter den Armen und hob ihn hoch. „Nach dem Zirkus, den du die letzte Viertelstunde veranstaltet hast? Nein, tu ich nicht.“ Ein bisschen unsanft, aber noch vorsichtig genug, dass die Waage nicht beschädigt wurde, stellte der Grünhaarige den Blonden auf der Glasfläche ab, und die Digitalanzeige blinkte auf. „75 Kilo sind für einen normalen Mann mit deiner Größe absolut ok, aber nicht, wenn er so wenig Muskulatur hat! Und wenn man bedenkt, dass Speck wesentlich weniger wiegt als Muskeln… Der Körperfettanteil sollte bei ca. 18% liegen – und du liegst bei 28%! Das ist noch über dem Durchschnitt bei Frauen. Du rauchst, trinkst Alkohol und ernährst dich falsch. Ich dachte du bist Koch! Wie kann man da freiwillig von Eiscreme und Pizza leben? Weißt du eigentlich, was du dir damit antust? Mal davon abgesehen… damit beeindruckst du so schnell keinen Filmstar.“
 

Ace… er wusste von Ace. Von dem Korb. Von dieser überdimensionalen Schmach hatte Nami also auch erzählt. Sanji wäre am liebsten im nächsten Mauseloch verschwunden, oder am besten gleich von der Erdoberfläche. Das war nun der absolute Gipfel der Peinlichkeit! „Sekunde…“ Der Blonde stieg von der Waage, griff sich das Handy und wählte Namis Nummer.
 

Die nächsten 3 Minuten hatte Zorro nun die Gelegenheit, das ausführlichste und abwechslungsreichste Repertoire an Schimpfwörtern und Verwünschungen zu genießen, das er jemals von nur einem einzelnen Menschen gehört hatte. Selbst die Tatsache, dass das Band der Mailbox nur kurz war und er noch zwei Mal anrufen musste, hielt den Koch nicht in seiner Schimpftirade auf. Zorros Mundwinkel zuckten, während er Sanji beim hin und her tigern und ins Telefon brüllen zusah. Als sie ihn engagiert hatte, hatte Nami ihn vor Sanjis Temperament gewarnt, und die Rothaarige hatte kein Stück übertrieben. Sein neuer Schützling sah nicht danach aus, aber in ihm schlummerte ein Vulkan mit sehr leichtem Schlaf.
 

„Geht’s dir jetzt besser?“ meinte er mit einem spöttisch-amüsierten Unterton, nachdem Sanji sich heiser geschrien und endlich aufgelegt hatte. Als Antwort erhielt er einen drohenden Blick aus blauen Augen. „Du hast ganz schön viel aufgestauten Frust und Aggressionen. Kein Wunder, dass du dir soviel Süßkram und Alkohol reinziehst.“ –
 

„Passen sie bloß auf, dass ich die Aggressionen nicht gleich an Ihnen auslebe…“ –

„Ich weiß was Besseres. Wir machen jetzt nen Fitness-Checkup. Wenn du dich mal ordentlich körperlich auspowerst, geht es dir besser, das schwör ich dir.“ Schon wieder zuckte es um die Mundwinkel des Grünhaarigen. Sanji in all seiner Kratzbürstigkeit war unterhaltsamer als jedes Fußball-Länderspiel. Noch nie war Zorro jemand über den Weg gelaufen, der so sehr auf Krawall gebürstet war wie der blonde Koch, und das ohne Pause. Obwohl… so wie Sanji gerade schaute, hätte man fast meinen können, er und sein Temperament schwächelten.
 

„Jetzt hören sie mal, Herr…“ –
 

„Zorro.“ –
 

„Meinetwegen.“ Der Kleinere der beiden Männer ließ sich auf einem der Küchenstühle nieder und stieß die Luft aus den Lungen. Sein Magen knurrte und ihm war kalt, er wollte schleunigst zurück ins Bett oder etwas Warmes zu Essen. Oder noch besser, gleich beides. „Es tut mir leid, dass sie den Weg hierher umsonst gemacht haben, aber ich werde sicherlich nicht ihr nächster Musterschüler. Ich mochte Sport noch nie, und habe nicht vor, meine Meinung zu ändern. Da kann meine Chefin engagieren, wen sie will. Verstehen sie, ich will das nicht! Ich… gut, ich bin nicht gerade ein Adonis, und ich weiß auch, dass ich mich mehr bewegen müsste… aber momentan hab ich weder die Zeit noch die Lust. Also, rufen sie Nami an, sagen sie ihr, dass ich kein Interesse habe, und widmen sie sich den Kunden, die ernsthaft mit ihnen trainieren wollen – aus freien Stücken, und nicht, weil ihre Freunde meinen, sie wüssten alles besser.“
 

Irgendwie, er wusste selbst nicht genau wieso, war Zorro enttäuscht. Das war nicht mehr der lodernde Vulkan, der ihn schon an der Tür begrüßt hatte und der keiner Auseinandersetzung aus dem Weg ging. Es ärgerte ihn, wie Sanji sich selbst betrog und zwar herum jammerte, aber nicht bereit war, etwas zu leisten. „Wohl eher keine Lust als keine Zeit. Ich wüsste nicht, was jemand, der seit zwei Tagen krank gemeldet ist, obwohl er bei bester Gesundheit ist und den ganzen Tag mit Wollsocken in seinem Appartement herumgammelt, großartig zu tun hätte.“ –
 

„Ich hab auch einen Job! Schön… ich hab zwei Tage hier herumgehangen, na und? Jeder darf sich mal ne Auszeit nehmen, und ich…“ –
 

„Du suhlst dich mit deinem gebrochenen Herzen im Selbstmitleid, anstatt deinen Stolz zusammen zu kratzen und zu sagen: Jetzt ändere ich mein Leben. Mal ganz davon abgesehen, dass du für den nächsten Monat beurlaubt bist.“

Sanji fiel die Kinnlade fast bis zu den Knien, als Zorro sprach, und seine Augen starrten ungläubig in die des Größeren. „Ich bin… was?“ –
 

„Beurlaubt.“ wiederholte Zorro. „Deine Chefin meint es gut mit dir. Sie meinte im Übrigen auch, dass sie, falls du nicht mitmachst, mein Gehalt für diesen Monat von deinem Lohn abzieht. Und das ist ne Stange Geld – ich hab allen meinen Privatkunden abgesagt.“
 

Er hätte es ja nicht gedacht, aber Sanji schaffte es tatsächlich, nochmal gut 5 Minuten in den Telefonhörer und auf Namis offensichtlich dauereingeschalteten AB zu schimpfen, während Zorro ihm beinahe schon anerkennend dabei zusah. „Ich wüsste zu gerne, ob du diese Ausdauer auch beim Joggen hast.“ –
 

„Das kann ich mit Bestimmtheit verneinen. Aber schön! Sie sind ja scheinbar nicht zu belehren, also kriegen sie ihren Willen. Wir machen diesen Fitness-Checkup. Und wenn sie danach immer noch der Meinung sind, mich trainieren zu wollen – bitte! Aber ich garantiere ihnen, sie werden diesen Job schneller beenden, als sie Anabolika sagen können!“ Und mit diesen Worten drehte Sanji Zorro den Rücken zu, um in seinem Schlafzimmer nach halbwegs Sport-tauglichen Klamotten und seinen ausgelatschten Turnschuhen zu suchen.

Dieser aufgepumpte Arnold Schwarzenegger für Arme würde schon sehen, was er davon hatte! Sein Elan würde ihm ruckzuck vergehen, und dann konnte er Nami ihr heißgeliebtes Geld wieder zurückzahlen. Sollte sie sich davon lieber eine neue Handtasche kaufen, als zu versuchen, aus ihm Japans next Topmodell zu machen! Er hatte besseres verdient als Freunde, die ihn nicht so sein ließen, wie er eben war.
 

>>> >>> <<< <<<
 

Zorro hatte nicht viel erwartet, und zu der naiven Sorte gehörte er auch nicht. Aber nach so vielen Jahren, die er in der Fitnessbranche verbracht hatte, hatte er geglaubt, alles gesehen zu haben, was das Spektrum zwischen „untrainiert“ und „kurz vor Scheintot“ zu bieten hatte.
 

WEIT GEFEHLT!
 

Sanji, oder vielmehr dessen nicht vorhandene körperliche Leistungsfähigkeit, erschütterte Zorros Glauben im Fundament. Er hatte nicht gewusst, dass jemand so mies in Form sein konnte. Sanji war noch untrainierter als er aussah, und das war eine beachtliche Leistung. Es hatte keine 3 Minuten gebraucht, bis der Blonde aus der Puste war, und bis zur fünften Joggingminute musste man direkt befürchten, er würde auf der Stelle einen Herzinfarkt bekommen. Mit 19. Was wohl eine Rarität auf der Welt sein würde. Zorro aber war nicht sonderlich scharf darauf, seinen neuen Schützling nach knappen eineinhalb Kilometern und auf so unschöne Art und Weise wieder abgeben zu müssen. Also drosselte er das Tempo auf gemächliche 9 km/h herunter und trabte im Schneckentempo neben dem Koch her, während er versuchte, einen Blick auf die Pulsuhr am schmalen Handgelenk des Blonden zu erhaschen. Was er sah, gefiel ihm gar nicht. Herzfrequenz 183, und das bei dem bisschen schnelleren Gehen…
 

Es würde hart werden. Verdammt hart, jemanden bei der Stange zu halten, der so wenig mitbrachte. Die meisten Anfänger wollten schnell Resultate, die sie beeindruckten, und das würde hier wohl nicht zu holen sein. Und Sanji machte auf ihn eher den Eindruck eines ungeduldigen Nörglers als den eines ruhig Wartenden. Aber andererseits war es eine Herausforderung, die es Zorro in den Finger kribbeln ließ. Wenn er es tatsächlich schaffte, Sanji nicht nur ein bisschen fitter zu kriegen, sondern ihn ernsthaft für den Sport begeistern konnte, würde er in seinem Fitnesscenter endlich die Achtung bekommen, die ihm zustand. Er war jung und wurde deshalb von vielen der älteren Trainer als Jungspund und Naivling belächelt. „Der hat doch noch die Eierschalen hinter den Ohren“ hieß es, oder „Soll der erst mal so lange arbeiten wie wir…“. Wie ihn diese versnobten Idioten nervten, die sich mit jedem Kilo Muskeln wohl etliches an Hirn weggepumpt hatten. Zorro wusste, dass er auch kein Genie war, aber er machte den Sport um des Sportes Willen, und nicht, um mit dem Geld oder den Muckies herumzuprahlen. Er liebte seinen Job, er liebte das Gefühl, wieder ein Stück über sich herausgewachsen zu sein, er war süchtig nach dem Glückshormonflash, der ihn jedes Mal durchzuckte, wenn er sich verausgabt hatte. Und jeden Morgen mit einem gesunden Körper aufzustehen, war einfach etwas, das er gerne mit anderen Menschen teilen wollte. Disziplin und Willen waren wichtig, aber man sollte auch Freunde daran haben.
 

Ja, es würde hart werden, aber es war nicht unmöglich! Wenn Sanji gehofft hatte, dass er so schnell ins Bockshorn zu jagen war, dann hatte er sich gewaltig getäuscht. Zorro konnte, wenn es drauf ankam, mindestens genauso stur sein wie sein neuer Trainingspartner, der neben ihm her keuchte. Der Grünhaarige wurde etwas unsanft aus seinen Gedanken gerissen – dieses Röcheln klang ganz und gar nicht gesund…
 

„Hey, atme weiter… schön ruhig atmen, nicht hecheln, sonst wird dir bald schwarz vor… Sanji? Oi SANJI!!“ Er hatte ja den Teufel an die Wand malen müssen!! Gerade noch so fing Zorro den Blondschopf auf, bevor dieser sich unsanft aufs Straßenpflaster bettete, und klatschte ihm ein paar Mal auf die runde und plötzlich sehr blasse Wange. Ein neuer Meilenstein in seiner „Hast du noch nicht gesehen“- Chronik. Auf ebener Straße nach 6 Minuten locker joggen zusammengeklappt – da war ja jeder seiner 45-jährigen Manager mit Bluthochdruck und Zucker besser! „Hey… hey, jetzt komm schon, mach keinen Scheiß!“ Auch die nächsten gut gemeinten Ohrfeigen brachten leider nicht die erwünschte Wirkung, nämlich Sanji zurück auf die Beine, sie entlockten dem Koch lediglich ein mattes Brummen und einen halbherzigen Augenaufschlag. Die Pulsuhr zeigte Herzfrequenz und Blutdruck in alarmierender Höhe an, und Zorro musste Zähne knirschend einsehen, dass das Joggen wohl für diesen Vormittag auf Eis gelegt war. Soviel zum Thema „nichts ist unmöglich“.
 

Ein Blick hinab zu dem Häuflein Elend in seinen Armen, und dem Grünhaarigen wurde klar, dass Sanji nicht mal mehr zu seinem Appartement zurück kriechen konnte, geschweige denn aufrecht gehen. Mit einem Seufzen hob Zorro den Blonden hoch und warf ihn sich wie einen Mehlsack über die Schulter. Für einen Moment machte er sich Sorgen darüber, dass sein Schlüsselbein jetzt die nächsten Minuten gegen Sanjis Magen drücken würden, doch er schob den Gedanken rasch beiseite. Kotzen würde der Schlaffi, dessen lange Haxen nun leblos herunter baumelten, wohl nicht – immerhin hatte er noch nichts gefrühstückt. Zorro nahm sich fest vor, Sanji beim nächsten morgendlichen Ausdauertraining vorher etwas zu Essen vorzusetzen. Schön fettarm und ballaststoffreich.
 

„Gibst du jetzt auf…?“ nuschelte es mit Grabesstimme hinter seinem Rücken, und Zorro presste die Kiefer aufeinander. „Hättest du wohl gern.“ Innerlich musste er dennoch schmunzeln. So erschöpft wie er war, vergaß Sanji glatt seine Etikette.

Zum ersten Mal seit ihrem ersten Aufeinandertreffen hatte er ihn geduzt.
 

Sanji fühlte sich derweil dem Himmel recht nahe, auf positive und negative Weise. Seine Füße, Waden, Oberschenkel, ja sogar seine Po- und Bauchmuskeln brannten höllisch, jeder Atemzug tat weh – was nicht zuletzt daran lag, dass Zorros Schulter sein Zwerchfell bei der Ausdehnung hemmte. Aber schön langsam ließ das Hämmern in seiner Brust nach, und das Gefühl, getragen zu werden und sich nicht mehr körperlich anstrengen zu müssen, war geradezu erlösend. Fast zu erlösend wie die Ohnmacht, in die er gnädigerweise gefallen war, als er schon geglaubt hatte, jeden Moment tot umzufallen, weil ihm sein Herz aus dem Hals herausgesprungen war.
 

Doch mit jedem Meter, den sie seiner Haustür näher kamen und der ihn klarer im Kopf werden ließ, wuchs das Gefühl, sich zum absoluten Volltrottel gemacht zu haben. Dass er so wenig Kondition hatte, hätte er selber nicht gedacht, und er schämte sich direkt. Ein paar Kilo zu viel auf den Rippen und blasse Haut war das eine – aber eine derart miese körperliche Verfassung war etwas anderes und durchaus beunruhigend. Neben diesem Muskelmann wirkte er vermutlich so wie ein Stück Fleischwurst neben einem argentinischen Filetsteak. Und jetzt trug dieser Kerl ihn auch noch durch die Gegend, als wäre er ein Sack Zement. Nein… Sanji korrigierte sich beschämt und senkte die rötlich schimmernde Nase zu Boden. Ein Sack Zement war nicht nur leichter sondern auch besser in Form als er. Anscheinend hatte er dieses unfreiwillige Fitnessprogramm doch nötiger, als er es sich selbst eingestehen wollte. Mal ganz davon abgesehen, dass er es sich nicht leisten konnte, ein Monatsgehalt für einen Personal Trainer abzudrücken, wenn er selber eine Wohnung und en Auto abzubezahlen hatte. Es sah ganz danach aus, als blieb ihm keine Wahl offen.
 

„Na schön…“ –
 

„Was?“ brummte Zorro zurück.
 

Sani seufzte leise. „Ich mach mit. – Aber wenn es mir zu viel wird sag ich stop! Und ich warne dich, ich werde keinen Marathon am Ende laufen, und im hautengen Neoprenanzug durch die Gegend spring ich auch nicht, und ich will keine Eiweißshakes zum Frühstück, und erst recht nicht lass ich mich auf irgendwelche peinlichen Wetten ein, um meinen Ehrgeiz anzustacheln, und…“ –
 

„Meine Herren!“ Zorro schnaufte und schielte über die Schulter auf den zerzausten blonden Haarschopf herab. „Da wars mir lieber, als du ohnmächtig warst und die Klappe gehalten hast. Ich sag dir mal was, Pummelchen: Das hier ist kein b-Klasse-Film, wo am Ende geheiratet wird. Hier geht’s nur drum, deine faulen Arsch hochzukriegen!“
 

>>> >>> <<< <<<
 

Etwas genervt nahm Nami ihr Handy aus der Handtasche, kaum dass das Meeting vorbei und sie dem Konferenzraum entkommen war, und drückte auf „on“. Die Mittagspause war schon überfällig gewesen! Jetzt eine Zigarette, einen kühlen Drink und einen weichen Sessel in der Lobby des Hotels, in dem ihr Meeting stattgefunden hatte, um etwas runter zu kommen. Gleich nachdem sie nachgesehen hatte, wer da so hartnäckig versucht hatte, sie zu erreichen, obwohl sie das Handy nach dem dritten Anruf ausgeschaltet hatte.
 

Im Fahrstuhl nach unten fehlte es an Empfang, und es dauerte nochmal 30 Sekunden, bis endlich Netz und alle Nachrichten angezeigt wurden, die sie in der Zwischenzeit erhalten hatte. 8 Anrufe in Abwesenheit! Und allesamt von Sanji!
 

Mit einem Mal war Nami so gut gelaunt, dass sie an der Bar einen großen und sündhaft teuren Cocktail bestellte, wo sie sich sonst an einem Mineralwasser festhielt. Während sie sich genüsslich und mit abgestreiften Schuhen in einem der Ledersessel räkelte und an der Cocktailkirsche leckte, die ihren Drink zierte, ließ sie alle empfangene Sprachmitteilungen vom Band laufen.
 

Die Leute, die an den umliegenden Tischen saßen, hauptsächlich Business-Männer, drehten sich immer und immer wieder zu ihr herum. Warum die hübsche rothaarige Frau schallend lachte, während sie ihre Mailbox abhörte, verstanden sie ganz und gar nicht.
 

~ Ende Kapitel 2 ~
 

Vielen Dank für die lieben Kommies und Favos! Ich werde brav dran bleiben! ^////^



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sanji
2010-05-16T20:01:08+00:00 16.05.2010 22:01
"Es gibt kein schlechtse Wetter, nur schlechte Kleidung" da musste ich so lachen und Zoro hat ja eigentlich recht XDD
Wird immer besser und vor allem gefällt mir wie Zoro rangeht, klar das Sanji da irgendwann nachgeben muss xD
Von:  AKIHIRO
2010-05-11T10:19:43+00:00 11.05.2010 12:19
Nya~
Endlich bin ich dazu gekommen, es zu lesen >__<
Es ist toll! Wunderbar! Super!
Mah weiter soooo :D
Von:  _Sheepkill0r_
2010-05-09T18:39:40+00:00 09.05.2010 20:39
uiuiuiui^^
Ach, ich mag die story. Auf das Eis könnte ich gut verzichten... aber nicht auf leckere Soßen und Krams -.-
Hang on^^
_kill0r_
Von:  JustDoggie
2010-05-08T16:41:34+00:00 08.05.2010 18:41
Herrlich, ich liebe deinen Zorro! Und das Kapitel ist einfach nur genial.
Und das Sanji sogar noch meine Kondition "unter"trifft, damit hab ich nicht gerechnet. xD Der Arme, da bin ich mal gespannt, worauf die beiden sich eingelassen haben, hr hr~
Hat auf jeden Fall richtig Spaß gemacht das Kapitel zu lesen und ich freu mich aufs Nächste.^^
Von:  Monkey-D-Setsuna
2010-05-07T20:22:16+00:00 07.05.2010 22:22
Oje oje,du quälst den armen Sanj ja.
Ich bin eigentlich nicht so der ZoSa Fan,aber deine Story ist echt klasse.=)
Kein Eis mehr,ich glaub,ich würds nicht überleben.=)
Aber das er so schnell schlapp macht also bitte.Ich mach auch nicht so schnell schlapp UND ich bin bereits ein Faulpelz.=)
Ok,ich wiege auch weniger als er.=)
Aber Sanji als Moppel kann ich mir immer noch nicht vorstellen.=)
Schreib schnell weiter.=)

LG
Monkey-D-Setsuna =) ^^
Von:  nami_chan22
2010-05-06T16:01:20+00:00 06.05.2010 18:01
ich bin ja eher ein großer namixruffy fan, aber die geschichte ist ja mal sowas von mega genial. ich habe mich totgelach, als ich sie las.
also das sanji so unsportlich ist das er schon nach ein paar minuten zusammenklappt hätte ich echt nicht gedacht. aber zorro wird ihm schon auf trab bringen. und wer weis, vielleicht wird es am ende doch ein "b-klasse-film" ^_-

lg buffy
Von:  MoiraMalice
2010-05-06T15:33:19+00:00 06.05.2010 17:33
*_* ohja wehe du bleibst nicht brav dran... *mit der faust droh*
und ich kann mir sanji so unsportlich und mit einem bäuchlein gar nicht richtig vorstellen xDD aber er wird ja fit gemacht... chch.

x3
Von:  little-peanut
2010-05-06T14:45:33+00:00 06.05.2010 16:45
also die geschichte ist echt der hammer!!!
das war echt eine geile idee von dir, so eine geschichte zu schreiben!
aber ein bisschen fies ist es schon von dir, dass sanji sooooo schlecht ist...
aber neja, kann mer nix machen. is er selber schuld *g*
schreib bidde schnell weiter,

glg,
lila-lutscher
Von:  LittleTreeflower
2010-05-06T14:00:00+00:00 06.05.2010 16:00
Zorro ist ja wirklich ein Sport,-und Gesundheitsjunkie ^^° Kein Eis mehr... *schnüff* Ich an Sanjis Stelle würde sterben XD Der Ärmste... ^///^


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