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Noël

Adventskalender Türchen 15
von

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Heiligabend

Zu Hause war wieder einmal Streit ausgebrochen. Seine Eltern hatten ihm eigentlich versprochen, dass es für die Weihnachtszeit keinen Grund geben würde, dass die beiden sich streiten müssten. Doch es kam mal wieder alles anders als erhofft.

Seine Mutter hatte vor ein paar Tagen herausgefunden, dass sie schwanger war, deshalb hatten seine Eltern angefangen zu streiten. Sein Vater hatte nämlich vor einigen Tagen erfahren, dass seine Arbeitsstelle gekündigt werden würde und er so, nach den Feiertagen, ohne Beruf dastehen würde.

Seine Mutter wurde daraufhin sehr aufbrausend und hatte lautstark mit seinem Vater diskutiert. Dabei ging es nicht um das ungeborene Kind oder um die baldige Arbeitslosigkeit seines Vaters, sondern um den Garpunkt des Fleisches.

Genervt war er deswegen, ohne ein Wort zu sagen, aus dem Zimmer gegangen, hatte sich Schuhe angezogen und hatte das Haus verlassen. Die Tür hatte er, wie es für einen Teenager, der seiner Wut Luft machen musste, zuknallen lassen und die Schreie von drinnen ignoriert.

 

Wütend trat er nach einigen Metern in den Schnee und rieb sich über seine Arme. Er hatte aus Frust und Wut vergessen seine dicke Jacke zu nehmen, deshalb stand er nun nur mit Kapuzenjacke, Jeans und Schuhen im knöcheltiefen Schnee und fror wie kein Zweiter.

Jeremy hatte vor einigen Monaten seinen sechszehnten Geburtstag gefeiert und hatte öfters keine Lust mehr. Und momentan hatte er keine all zu große Lust seinen Eltern beim Streiten zuzuhören. Es wurde schon zu einem täglichen Ritual, dass sie sich wegen einer Kleinigkeit fetzten und dann im Schlafzimmer verschwanden.

Er verzog angeekelt das Gesicht und spuckte demonstrativ in den Schnee. Ein Passant ging an ihm vorbei und regte sich über sein rüpelhaftes Benehmen auf, doch schnell verwandelte sich seine Schimpftirade und Mitleidsgeplänkel verließ seine Lippen. Der Mann schüttelte den Kopf, als er zu seiner Wohnung hetzte.

Jeremy äffte den anderen nach und murrte vor sich hin: „Du Arsch hättest mir ja eine Decke zustecken können, wenn dich meine Gesundheit besorgt.“ Er beugte sich etwas nach vorne und legte die Arme um sich, damit ihm etwas wärmer wurde, doch es half nicht.

Langsamen Schrittes ging er zu der naheliegenden Parkanlage und suchte eine Stelle, um sich hinzusetzen. Es wäre eh egal, wo er sich hinsetzen würde, es würde immer auf das gleiche herauslaufen, nasse Kleidung und eine fiese Erkältung.

Zitternd saß er einige Zeit da und fragte sich, ob sich seine Eltern Sorgen um ihn machten. Auch wenn sie im Haus noch nach ihm geschrien hatten, so könnte es ja sein, dass sie auch dort noch immer auf ihn warteten. Aber sicher war er sich nicht. Er hatte aber jetzt auch noch keine Lust wieder zurückzugehen, weil der nächste Streit eh schnell wieder anfangen würde.

 

Er zog seine Nase lauthals hoch und hörte ein angeekeltes Geräusch: „Ergh, kannst du das nicht woanders machen?“ Ein kleineres Mädchen stand vor ihm, dick in Winterkleidung eingepackt und mit einer flauschigen Decke bewaffnet.

Jeremy war zu kalt und zu müde, um darauf zu antworten, deshalb drehte er seinen Kopf einfach weg, weil er damit hoffte, dass das Mädchen wieder gehen würde. Obwohl er sich sehr über die Decke freuen würde.

Ein Rascheln verriet ihm aber genau das Gegenteil. Mit einer schwungvollen Bewegung lag die Decke schnell auf seinen Schultern und er blickte etwas verwirrt auf das kleine, lächelnde Mädchen. Er zog die Decke enger um sich und senkte seinen Kopf: „Danke …“

Er war zu verlegen, um zu fragen, wieso sie dies getan hatte. Einfach einem Wildfremden eine Decke bringen und das an Heiligabend war keine Selbstverständlichkeit. Obwohl die Weihnachtszeit immer als hilfsbereit und familienfreundlich angesehen wurde.

Mit einem kleinen Geräusch landete das Mädchen neben ihm auf den Hintern und grinste ihn breit an. Sie zog die Beine an sich und er versuchte im Licht der Straßenlampe genauer zu erkennen, wen er dort genau vor sich hatte.

Das Mädchen schien fast zu glänzen, fast alles an ihr war nämlich weiß. Eine weiße Bommelmütze, ebengleiche Daunenjacke, Ski-Hose und dicke Winterschuhe. Ihre Hände waren auch in dicke Handschuhe gesteckt worden und der Schal um ihren Hals wirkte sehr flauschig.

„Ich heiße Noël und du?“, lächelte die Kleine ihn an und er versuchte ihr zu antworten.

Nach einigen Räuspern hatte sich seine Stimme wieder gelöst und er konnte ihr antworten: „Ich heiße Jeremy. Wieso hilfst du mir Noël?“ Er konnte doch nicht anders, als sie zu fragen, wieso sie ihm geholfen hatte.

Noël wirkte verlegen und blickte zu Boden. Jeremy hätte schwören können, dass ihre Wangen rot anliefen, doch bei dieser Kälte wäre das eh kein Wunder gewesen: „Naja, Mama hat mir gesagt, dass es eine gute Tat ist, wenn ich dir helfen würde. Deshalb hat sie mir aufgetragen dir die Decke zu bringen.“

Jeremy blickte an sich herunter und war schon gar nicht mehr erstaunt darüber, dass die Decke auch weiß war. Im Moment schien eh alles Ton in Ton zu sein, deshalb störte es ihn wirklich nicht. Er fand, dass es sogar richtig gut zur Saison passte.

„Eine gute Tat ist es auf jeden Fall, da stimme ich deiner Mama zu. Aber du weißt ja noch nicht einmal, ob ich gefährlich bin. Macht sich denn deine Mama keine Sorgen?“ Jeremy war es echt schleierhaft, wieso die Kleine ihm so sehr vertraute, dass sie ihm die Decke gab und auch noch Gesellschaft leistete.

Noël wirkte einen Moment etwas überfordert und suchte nach den richtigen Worten: „Naja, Mama und ich wohnen nicht weit weg von hier, deshalb haben wir gesehen, dass du kein böser Mensch bist. Sonst wäre ich sicherlich nicht hier. Immerhin bin ich gut erzogen worden!“ Stolz reckte sie ihr Kinn nach vorn und lächelte Jeremy freundlich an.

Er musste etwas lachen, weil er nicht gedacht hätte, dass er beobachtet worden war, als er sich hierhin gesetzt hatte. Denn die Stelle, die er sich ausgesucht hatte, war etwas abgelegener. Er hatte sich in die Nähe einer Straßenlampe niedergelassen, doch ein großer Baum, unter dem er saß, und Hecken schützten ihn vor Blicken.

Er wollte auch nicht zu viel nachbohren, deshalb blickte er einfach nach vorne und seufzte nach einiger Zeit. Er hatte das Zeitgefühl verloren und wollte auch wieder nach Hause. Obwohl er sich immer noch nicht sicher war, ob sich seine Eltern Sorgen um ihn machten.

Plötzlich erklang ein Glockenklang und Noël schreckte auf. Sie blickte sich schnell umher und schien nach etwas zu suchen: „I…ich muss gehen. Meine Mama macht sich sicherlich schon Sorgen. Ich wünsche dir noch einen schönen Rest des Jahres, Jeremy.“ Sie winkte ihm zu und lief schnell weg.

Jeremy, etwas perplex, weil das so plötzlich kam, stand schnell auf, nahm die Decke und lief, begleitet von weiteren Glockenklängen, Noël hinterher. Doch gerade als er sie eingeholt und berühren wollte, geschah etwas Außergewöhnliches und er schreckte zusammen.

Der schneeweiße Hase zuckte ebenfalls zusammen und wirkte, als sei er bei etwas ertappt worden. Groß blickten seine Augen auf Jeremy und er hüpfte aufgeregt hin und her. Dann ertönte eine Stimme und es wurde ihm bewusst, dass er nicht geträumt hatte: „Du solltest mich eigentlich nicht so sehen, Jeremy.“ Fast ängstlich erklang Noëls Stimme.

„Noël? Was … ich verstehe nicht ganz.“ Jeremy schien etwas überfordert zu sein und auch Noël wirkte noch immer aufgeregt.

„Ich bin ein Weihnachtshase, der für ein paar Momente an Heiligabend zum Menschen wird. Wir helfen Menschen in Not und kehren dann schnell wieder zu unserer Familie zurück. Doch nun hast du meine wahre Gestalt gesehen und jetzt darf ich nicht mehr zurück“, sagte Noël und ihre Stimme wurde immer leiser.

Ihr Hoppeln hatte in der Zwischenzeit aufgehört und ein leises Schluchzen war zu hören. Jeremy war schockiert, deshalb hatte er sich zu dem kleinen Häschen gebeugt und streichelte sanft über sein Fell. Ein Strudel an Farben und Glitzer formte sich um seine Hand und er zog sie deshalb schnell wieder weg.

Noël dagegen hoppelte wieder fröhlich umher und lachte auf: „Du hast mich gestreichelt!“

Jeremy blickte etwas verwirrt auf den kleinen Hasen und räusperte sich nach einiger Zeit: „Ja, weil du so traurig gewirkt hast und ich dich damit etwas aufmuntern wollte.“

Das kleine Weihnachtshäschen zuckte aufgeregt mit den Löffeln und erklärte: „Sobald man einem Weihnachtshasen hilft und dessen Fell berührt, wird eine magische Bindung zwischen dem Menschen und dem Hasen hergestellt. Ich kann, wenn du willst, für immer an deiner Seite bleiben und dir eine kleine Schwester oder dein Lieblingshase sein.“

Jeremy war sich nicht ganz sicher, ob dies wirklich ein Grund zur Freude war, deshalb versuchte er das Häschen erst einmal zu beruhigen. Doch er konnte förmlich durch die flauschige Gestalt das Strahlen von Noëls Augen sehen, deshalb zuckte er mit den Schultern und nahm Noël vorsichtig auf den Arm.

„Meine Eltern werden sicherlich nicht ganz erfreut sein, wenn ich mit dir nach Hause komme, aber ich bin mir sicher, dass du es bei mir gut haben wirst“, erklärte er und ging dann schnellen Schrittes nach Hause.

„Sobald ein anderer Mensch mich berührt, kann ich Menschen wieder näher zusammenbringen. Denn ich weiß mehr über dich, als du denkst Jeremy“, sagte Noël und strich sacht mit ihrem Köpfchen über seinen Handrücken, „denn ich habe deine Gefühle gespürt und sofort gewusst, dass ich dir helfen will.“

„Wenn das stimmt, dann lass uns schnell wieder nach Hause gehen. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass sich meine Eltern Sorgen um mich gemacht haben.“

 

Schnellen Schrittes ging er zu sich nach Hause und stand mit gesenktem Gesicht vor vor dem Haus. Als die Tür geöffnet wurde, hörte er ein Schluchzen und wurde alsbald in die Arme genommen. Seine Eltern hatten sich Sorgen gemacht und sein Vater hatte nach ihm gesucht und war immer noch unterwegs. Seine Mutter saß weinend vor dem Weihnachtsessen und wartete darauf, dass ihr geliebter Sohn wieder nach Hause kam.

Nachdem sie sich wieder beruhigt und der Vater wieder zu Hause war, wurde Noël schnell als neues Familienmitglied angesehen und nachdem die Freude über das neue Leben im Bauch überhandgenommen hatte, feierte die Familie gemeinsam den restlichen Heiligabend.

Weihnachtshasen sind keine Legende, sondern leben unter uns, nur sind die Menschen alleine mit deren Gegenwart so zufrieden, dass mit der Zeit die Kraft sich zu verwandeln verschwand. Passt also sehr gut auf eure flauschigen Freunde auf, denn keiner weiß, wann wieder einmal ein Retter in der Not gebraucht wird. 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  ChocolateChip
2014-12-18T21:57:41+00:00 18.12.2014 22:57
howdie ^^
Also nun zu meinem Kommi xD
Ich finde die Geschichte wirklich sehr süss^^ Ich konnte mir dank des vorgeschrieben Themas schon denken, dass das kleine Mädchen ein Häschen ist ^^ Etwas traurig ist es schon, dass es nicht mehr zu seiner eigenen Familie zurück kann aber Noël hat ja dank Jeremy wieder eine neue Familie gefunden ^^ Eine bei der hoffentlich nicht mehr so viel gestritten wird ^^
lg
Choco
Von:  MissImpression
2014-12-17T19:48:45+00:00 17.12.2014 20:48
Aww, was für eine süße Geschichte^^ Der kleine Weihnachtshase, der Wunder bewirkt!
Süße Idee :)


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