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Schlaflos

Der Albtraum endet nie...
von

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Die Zufälligkeit des Zufalls

Kein Schrei, sondern das Schrillen einer Türklingel holte Daisuke aus seinem Schlaf. Er konnte sich gerade noch fangen, ehe er vom Stuhl gefallen wäre. Benötigte dann einen Moment, um heraus zu finden, wo er denn gerade aufgewacht war.

„Kyo?“, murmelte er, als er selbigen schlafend in dem Bett vor sich vorfand. Es verging noch ein weiterer Moment, bis sich in seinem Kopf alles zusammen gesetzt hatte, was er wissen musste. Ein weiteres Mal schellte es.

„Boah, ist das ein nerviger Ton“, grummelte der Gitarrist und hielt sich den Kopf, während er sich aus der Decke schälte und Richtung Haustür eilte. Ein Kater zu der unpassendsten Zeit überhaupt. Wieder ertönte die Klingel. „Ich komme ja schon. Ich komme ja schon.“ Wer auch immer das war, er hatte sich definitiv den falschen Zeitpunkt ausgesucht. Wehe Kyo wachte davon auf.

„Ja?“, kam es dementsprechend genervt von ihm, als er die Tür öffnete. Obwohl er sich nicht sicher war, ob es sich bei der Klingel nicht um die von unten gehandelt hatte und irgendwer vorm Haus stand und läutete, da er niemanden sah. „Das soll wohl ein Witz sein... Und das am frühen Morgen.“

„Es ist elf Uhr. Das ist nicht früh.“

„Wie?“ Verwundert wanderte Dies Blick nach unten, traf dort auf den skeptischen Blick eines kleinen Mädchens. „Wer bist du denn?“

„Das gleiche könnte ich dich fragen. Du bist nicht der Onkel, der hier wohnt.“

„Stimmt, der bin ich nicht. Aber jetzt sag mir doch endlich mal, wer du bist.“ Ächzend ging Dai in die Hocke. Die Nacht auf dem Stuhl zeigte ihren Tribut. Ein Gefühl sagte ihm gleichzeitig auch, dass er die junge Dame schon einmal gesehen hatte.

„Mama sagt, ich darf nicht mit Fremden reden. Also sage ich dir meinen Namen nicht.“

Die Kleine schaffte es ihm den letzten Nerv zu rauben. Als ob sein schmerzender Kopf nicht schon Strafe genug gewesen wäre.

„Sae-chan? Was machst du denn hier?“ Kyo war im Flur aufgetaucht. Auch er war von der Klingel geweckt worden, hatte jedoch nicht im Geringsten mitbekommen, dass Daisuke anwesend und schneller gewesen war, als er selbst. Dann hatte er die Stimmen von der Tür aus gehört und war ihnen verwundert nachgegangen. „Wo ist deine Mutter?“ War schon reichlich merkwürdig, dass sie ganz alleine hier stand, wo er doch wusste, dass die Kleine ihn nicht wirklich leiden konnte.

„Die ist zu Hause. Aber sie braucht noch ein bisschen Zucker für den Nachtisch und hat mich hergeschickt, damit ich dich frage, ob du welchen da hast und uns leihen kannst.“ Betrübt sah das Mädchen zu Boden, ließ sich die Haare ins Gesicht fallen. „Dabei will sie nur nicht, dass ich mitbekomme, wie sie und Papa wieder streiten.“

„Dein Vater ist da?“, fragte Kyo leise nach. Ihm kam das Gesicht von Tomoko in den Sinn, wie sie verweint und mit geschundenem Gesicht im Flur gesessen hatte. Er wollte nur ungern eine Wiederholung des Ganzen sehen. Vorsichtig schob er Daisuke ein wenig zur Seite, ging selbst in die Hocke. Liebevoll strich er dem kleinen Mädchen mit dem langen schwarzen Haar über den Kopf. Da versuchte ihre Mutter schon zu verstecken, dass es zwischen ihr und dem Vater ihres Kindes nicht gut lief, dabei hatte dieses bereits längst verstanden, was vor sich ging. Sie zuckte zwar erst zusammen, warf sich dann aber gegen seine Brust, wo sie bitterlich anfing zu weinen.

Behutsam legte Kyo seine Arme um das kleine Ding, strich ihr über den Kopf und den Rücken. Noch so jung und wurde schon mit so einer Situation konfrontiert. „Ist gut. Das wird schon wieder.“ Solange es nur bei einem Wortgefecht blieb.

„Ich hab Mama lieb“, schluchzte Sae, krallte sich ganz fest in das Shirt, dass Kyo noch vom gestrigen Abend trug. „Papa hab ich auch lieb. Aber warum hat Papa die Mama denn nicht lieb? Warum hat er mich nicht lieb?“

„Das weiß ich nicht.“ Was sollte er auch sonst sagen? Er kannte den Vater der Kleinen nicht und wusste daher nicht, warum er tat, was er tat.

In der Zwischenzeit kam Dai aus dem Wohnzimmer zurück, in das er sich während des Gesprächs zwischen den Beiden verzogen hatte, und reichte Kyo eine Packung Taschentücher.

„Danke“, flüsterte er und nahm das Päckchen entgegen.

Die seufzte. So wie der Jüngere dort hockte und versuchte dem Mädchen Trost zu spenden, wurde ganz deutlich, dass er ein guter Mensch mit einem guten Herzen war. Warum also wollte die Welt ihn nicht?

„Du wärst ein guter Vater“, sagte er, nachdem er ihn noch für einige weitere Augenblicke beobachtet hatte.

„Tja, dafür ist es ein bisschen zu spät, findest du nicht? Nein, die Möglichkeit hab ich mir vor vielen Jahren gründlich verbaut.“

Der Gitarrist schüttelte den Kopf. Wie konnte Kyo nur etwas derartiges sagen, wenn er doch so offensichtlich das Gegenteil bewies? Manchmal verstand er den anderen nicht.

„Sae?! Wo steckst du?“, brüllte eine tiefe Männerstimme, die das kleine Mädchen dazu brachte zusammen zu zucken und sich zu versteifen.

„Das ist Papa“, flüsterte sie ängstlich. „Und er ist wütend.“

„Keine Angst, Sae-chan. Wir sind ja auch noch da.“

Einen Moment später stampfte ein ziemlich bulliger, vor Wut wie ein Stier schnaubender, Mann um die Ecke, scheinbar auf der Suche nach etwas. „Sae!“ Oder jemandem. Sein Blick verfinsterte sich noch um einiges, als er seine Tochter erblickte, die sich ganz nah an Kyo drückte. Ihre Augen sahen ängstlich zu dem herannahenden Typen. Verständlich, denn wer wusste schon, ob ihm nicht gegenüber seiner Tochter auch mal die Hand ausrutschen würde. Oder war das bereits einmal passiert? In Kyo erwachte der Beschützerinstinkt. Andere zu verletzen war ein Unding. Vor allem, wenn ein Kind involviert war. „Finger weg von meiner Tochter!“ Der Typ hatte eine ziemlich feuchte Aussprache, wie der Sänger feststellen musste. „Na los doch!“

„Erst, wenn Sie sich beruhigt haben“, entgegnete Kyo kühl, behielt seine Arme schützend um die Kleine gelegt. Er setzte ein Kind auf keinen Fall einer derartigen Bedrohung aus. Vor allem nicht, wenn es schon so offensichtlich verängstigt war.

„Da haben Sie sich nicht einzumischen! Sae ist meine Tochter. Und überhaupt, was hast du hier eigentlich zu suchen? Sich einfach aus dem Haus zu schleichen. Das gehört sich einfach nicht.“ Mit erhobenem Arm und Wut verzerrtem Gesicht machte Saes Vater einen Schritt nach vorne, doch ihm stellte sich Die entschlossen in den Weg. Er ergriff die erhobene Hand, wehrte den Angriff, als den er das hier gesehen hatte, ab.

„Einem Kind weh tun zu wollen ist das Letzte.“ In Daisukes Augen war der Typ ein Untier.

„Lass mich los.“

„Ich erlaube nicht, dass ein Kind in meiner Gegenwart verletzt wird.“

Hasserfüllt starrten sich die beiden Männer an.

„Sae?“, Tomoko erschien. Ihre Stimme war zittrig und als Kyo sich so weit zur Seite beugte, dass er an den beiden Männern vorbei sehen konnte, konnte er die Angst in ihren Augen sehen. Genauso wie ihr geschwollenes Gesicht. Hatte dieser Dreckskerl seine Aggressionen also bei ihr schon abgelassen. Das Mädchen auf den Arm nehmend, stand er auf, ging an dem Gitarristen vorbei, der eifrig damit beschäftigt war, seinen Gegner in Schach zu halten. Er brachte Sae zu ihrer Mutter, versicherte ihr noch schnell, dass es ihrer Tochter gut ging, dann stampfte er wieder zurück. Zielstrebig auf den Fahrstuhl zu, wo er den Knopf betätigte.

„Was erlaubt ihr Beiden euch eigentlich? Unverschämtes Pack.“

„Klappe“, knurrte Kyo in bester Monstermanier. „Wir haben wenigstens die Courage einzugreifen, wenn etwas nicht richtig läuft. Und das, was Sie da mit Tomoko-san machen ist wirklich unbeschreiblich. Sie haben sie nicht verdient.“

Die grinste ein wenig in sich hinein. Der Blick des Jüngeren war einsame Spitze und genauso Funken sprühend wie früher. Ein zartes 'Ping' ertönte und kündigte an, dass der Fahrstuhl angekommen war. Die Türen öffneten sich und der Raum dahinter wartete darauf, dass jemand einstieg. Gekonnt verdrehte Die dem Mistkerl den Arm auf den Rücken und schob ihn in den Fahrstuhl hinein. Kyo drückte noch auf den Knopf fürs Erdgeschoss und brummte grimmig: „Und wehe, ich sehe Sie noch einmal wieder.“

„Wehe, WIR sehen Sie noch einmal wieder.“

Bedrohlich standen die beiden Musiker vor dem Aufzug. Die Arme vor der Brust verschränkt, die Blicke tödliche Funken sprühend, ließen sie keinen Zweifel daran, dass sie es mit ihrer Aussage ernst meinten.

Nach einem Moment der Verwirrung, hatte es doch noch nie jemand gewagt ihm so gegenüber zu treten, wollte er auf diese unverschämten Kerle stürzen, da schlossen sich die Türen.

Es dauerte einige Stockwerke auf der Anzeige bis sich die Anspannung auf dem Flur legte. Tomoko-san brach in Tränen aus. Tränen der Erleichterung. Jetzt waren sie und ihre Tochter in Sicherheit. Zumindest fürs Erste. Doch das genügte ihr schon. Hauptsache ihrer Kleinen war nichts passiert. „Danke. Vielen Dank euch beiden.“

„Gern geschehen“, grinste Dai, musste gleich darauf aber ein Gähnen unterdrücken. Da wurde man nach einer kurzen Nacht auf einem unbequemen Stuhl geweckt und kam direkt in derartige Turbulenzen. Und jetzt, wo der Adrenalinspiegel sich wieder senkte, meldete sich auch noch sein Kater. „Ich brauche jetzt Kaffee. Und eine Aspirin. Wo hast du die?“

„Im Badzimmer. Im Spiegelschrank“, antwortete Kyo gelassen. „Aber bring mir was gegen Magenschmerzen mit.“ Die, die er hatte machten ihn fertig. Dabei konnte er sich gar nicht erklären, wo er die her hatte. Grummelnd fasste er sich an den Bauch, rieb ein wenig darüber. Gestern Abend hatte er nichts getrunken oder gegessen, was diese Schmerzen hätte verursachen können. Und auch nach dem Zwischenfall... Okay, da hatte er Erinnerungslücken. War vielleicht auch besser so. Aber es würde auf jeden Fall erklären, warum Dai hier war. Er konnte ihn ja gleich vorsichtig drauf ansprechen. Doch das musste alles warten. Er wandte sich Tomoko zu, ging vor ihr in die Hocke, da sie sich vor Erleichterung nicht mehr hatte auf den Beinen halten können. Lächelnd strich er Sae noch einmal über den Kopf. Dann betrachtete er das Gesicht der Frau vor ihm.

„Da hat er aber richtig gut zugelangt. Das solltest du so schnell wie möglich kühlen, ja?“

Sie nickte nur als Antwort, traute ihr verweinten Stimme nicht.

„Und du solltest auch dringend zur Polizei gehen und Anzeige erstatten. Und zwar solange du noch diesen Beweis mit dir trägst. Das sollte überzeugen.“ Minimum müsste der Kerl einen bestimmten Abstand einhalten.

„Werde ich“, flüsterte sie, drückte ihre Tochter erneut fest an sich. „Alles wird gut. Jetzt wird alles gut“, murmelte sie wie ein Mantra. „Ja, alles wird wieder gut.“

Kyo reichte ihr die Taschentücher, die er vorhin von seinem Freund bekommen hatte, damit sie sich das Gesicht trocknen konnte. „Wollt ihr noch kurz mit herein kommen? Nur, bis ihr beide euch ein wenig beruhigt habt.“

„Danke, aber ich habe noch das Essen auf dem Herd stehen. Das wird mittlerweile bestimmt auch schon angebrannt sein.“ Sie holte eines der Taschentücher aus der Verpackung und wischte damit die Tränen auf dem Gesicht von Sae weg. „Alles in Ordnung, mein Schatz?“

„Ja, Okaa-san.“

„Gut“, lächelte Tomoko sie an, strich eine Strähne des Mädchens hinter ihr Ohr. „Wir schaffen das schon, mein Schatz.“ Sie stand auf und nahm die Hand der Kleinen. „Vielen Dank nochmal, Kyo-kun.“

„Gern geschehen.“ Kyo blieb so lange an Ort und Stelle, wie die beiden hinter der Ecke verschwunden waren, erst dann drehte er sich um, um in seine eigene Wohnung zu gelangen. Gerade als er die Tür erreichte, ließ ihn Tomokos Stimme innehalten.

„Kyo-kun?“

„Hai?“

„Es gibt da noch etwas, was ich dir schon seit einiger Zeit sagen möchte.“

Verwundert blinzelte der Sänger ein paar Mal. Etwas sagen? Jetzt war er neugierig.

„Ich kannte sie.“

„Wen?“ Sie sprach in Rätseln.

„Ayaka-san. Ich kannte sie. Wir waren... in der gleichen Branche.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Vielen lieben Dank an dieser Stelle bei den 3 Leuten, die ein Kommentar da gelassen haben. Es hat mir sehr geholfen und auch inspiriert, weshalb ich jetzt ganz fix dieses Kapitel zusammengeschrieben bekommen habe.
Ich denke mal, dass hiermit auch wieder ein wenig Spannung in die ganze Sache kommt. In meinem Kopf geistern auch schon Wortfetzen für das nächste Kapitel herum. Mal sehen, wie schnell sich das niederschreiben lässt.
Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Teil.
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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Astrido
2012-06-21T18:35:34+00:00 21.06.2012 20:35
das kapitel war sehr schön.
bin gespannt, wie das mit der musik wird, und warum kyo bauchschmerzen hat.
lg
yuura
Von: abgemeldet
2012-06-21T07:42:54+00:00 21.06.2012 09:42
uiui :D
das Kapitel hat mir gefallen :)
Schön spannend und ausreichend lang ^^
Aber so langsam könnten sich die zwei doch auch mal annähern oder???
Kann Dai da nich n bisschen tricksen?! xDDD



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