Zum Inhalt der Seite

Nur ein bisschen..

oder vielleicht doch mehr
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Bisschen...

Ich wartete.

Minutenlang. Zwar hatte ich Ruki´s Wohnung noch nie betreten, aber ich war mir ziemlich sicher das Sie nicht so groß war, dass er über zehn Minuten bis zur Tür brauchte. Selbst mit seinen kurzen Beinen.

Die logische Konsequenz war, dass ich die Klingel ein weiteres Mal betätigte. So leicht kam er mir nicht davon.

Meine Hartnäckigkeit wurde belohnt. Ich konnte hören, wie die Tür erst aufgeschlossen wurde, gleich darauf wurde sie einen Spaltbreit geöffnet. Für einen flüchtigen Augenblick konnte ich das Gesicht des Rothaarigen erkennen, ehe er mir die Tür direkt vor der Nase wieder zu schlug.

“Verschwinde..“ blaffte er mich, sicher hinter der Tür verschanzt, an. Da ich damit gerechnet hatte, war ich wenig überrascht.

“Erst wenn wir miteinander geredet haben..“ gab ich bestimmend von mir.

“Ich will nicht mit dir reden, also hau ab..“ verteidigte Ruki seinen Standpunkt und ich konnte förmlich vor mir sehen, wie die Ader auf seiner Stirn hervortrat, als würde sie gleich platzen.

“Und was ist mit meinem Shirt, das will ich wieder haben..“ änderte ich meine Taktik. Ganz davon abgesehen, dass ich es wirklich wieder haben wollte.

“Das bekommst du wieder, wenn ich meins zurück bekomme. Gewaschen versteht sich..“ verkündete er schlicht.

“Ich bin nicht deine Putzfrau..“ wehrte ich schnell ab. Das wäre noch schöner, wenn ich die Klamotten von dem Zwerg waschen würde.

“Keine Sorge, das würde meine Haftpflichtversicherung auch nicht erlauben..“ konnte ich ihn hinter der Tür hämisch lachen hören. Frechheit.

“Ruki, mach endlich die beschissene Tür auf oder ich erzähl jedem, das du Tokio Hotel Fan bist..“, knurrte ich und bereute es fast schon das ich her gekommen war.

Darauf erhielt ich keine Antwort und mir wurde bewusst das ich es auf diese Weise nie schaffen würde, das Ruki mir die Tür öffnet. Ich musste mir etwas anderes überlegen oder wirklich wieder gehen.

Überlegend kratzte ich mich am Hinterkopf, da fiel mein Blick auf den Türspion. An sich nichts Besonderes, aber ich war mir ziemlich sicher, dass der Rothaarige zu klein war, um hindurch zu gucken. Also musste er die Tür öffnen, wenn er sichergehen wollte, dass ich tatsächlich gegangen war. Das war zwar eine ziemlich gewagte Theorie, aber die letzte Möglichkeit, die ich hatte. Ihn höflich bitten würde ich nie.

“Wie du willst. Ich gehe. Komm bloß nicht auf die Idee mir nachzulaufen..“ rief ich und machte dann ein paar Schritte zur Seite, als würde ich gehen. Danach schlich ich auf Zehenspitzen wieder neben die Tür und wartete. Ich kam mir ein bisschen wie ein geheim Agent vor, aber wenn ich mir einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog ich es auch durch.

Ich brauchte nicht lange warten, da öffnete sich die Tür erneut. Das war meine Chance. Ich warf mich mit meinem gesamten Gewicht gegen das Holzding, drückte sie weiter auf und befand mich Sekunden später in Ruki´s Flur.

Mission geglückt. Ich war in der Wohnung und der Kleine saß überrumpelt auf dem Boden. Ich war wohl ein wenig zu stürmisch gewesen.

“Bist du jetzt vollkommen durchgedreht? Raus oder ich rufe die Polizei..“ motzte er mich an, wobei er sich wieder erhob und sich leicht den Hintern rieb.

“Das tust du sowieso nicht und ich gehe erst wieder, wenn du dich bei mir entschuldigst..“ machte ich ihm nachdrücklich klar, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen und mich mit verschränkten Armen dagegen gelehnt hatte. Wirklich sicher ob er nicht doch die Polizei rufen würde war ich allerdings nicht. Ruki war unberechenbar.

“Ich soll mich bei dir entschuldigen? Und wofür, das ich mehr funktionierende Gehirnzellen habe, wie du..?“ echauffierte er sich. Diese bösartige Bemerkung überging ich geflissentlich.

“Nein dafür, dass du einfach aus der Wohnung gestürmt bist, ohne dich für meine Gastfreundschaft und den Sex zu bedanken. Dafür, dass du mein Badezimmer und meine Küche verwüstet hast. Und dafür, dass du mir meinen schönen Rücken zerkratzt hast..“ zählte ich ungeniert auf, woraufhin er mich entgeistert ansah, als hätte ich ihm gerade erzählt, dass es dieses Jahr keinen Sommerschlussverkauf geben würde.

“Du hast sie nicht mehr alle. Außerdem hast dir mal meinen Hals angesehen. Wegen dir muss ich die nächsten Tage mit Rollkragen durch die Gegend laufen..“ zischte er mich an. Gleichzeitig deutete er mit seiner Hand auf einen dunklen Fleck auf seinen Hals.

“Ein Knutschfleck. Das ist nichts, im Gegensatz, zu dem was du mit meinen Rücken gemacht hast..“ beharrte ich auf meinen Standpunkt und machte eine wegwerfende Handbewegung.

“Ich entschuldige mich nicht dafür. Die Kratzer verheilen wieder, aber meine Hose kann ich wegwerfen und die war verdammt teuer..“ brachte er trotzig über seine Lippen und ich seufzte schwer.

Langsam aber sicher sah ich ein das wir so nicht weiter kommen würden. Dazu waren wir beide viel zu stur. Allerdings wollte ich nicht, dass es wieder so eskalierte, wie in meiner Wohnung. Wir waren beide erwachsen, und selbst wenn wir uns nicht sonderlich mochten, musste es doch möglich sein, das wir ein normales Gespräch führen konnten.

“Was hältst du davon, wenn ich dich als Entschädigung einlade. Ein ganzer Abend nur auf meine Kosten..“ schlug ich ruhig vor. Der Klügere gab bekanntlich nach, außerdem würde es für mich teurer werden, wenn ich ihm eine neue Hose kaufen würde.

“Und wo ist der Haken..?“, fragte Ruki misstrauisch nach. Eigentlich hatte ich mit einer sofortigen Ablehnung gerechnet.

“Es gibt keinen. Ich lade dich ein. Nimm es an oder lass es..“ gab ich gelassen zurück. Meine innere Stimme sagte mir zwar, dass wir keine halbe Stunde schaffen würden, ohne zu streiten, aber das ignorierte ich.

Stattdessen sah ich den Kleineren abwartend an. Er schien selbst abzuwägen, ob er sich darauf einlassen sollte oder nicht.

“Okay, ich ziehe mich schnell um..“, meinte er schließlich und ich bildete mir ein, ein flüchtiges Lächeln auf seinen Lippen zu sehen. Er freute sich mit Sicherheit schon darauf mir das Geld aus den Taschen zu ziehen. Wie gut das nicht mit ihm shoppen ging.

“Beeil dich..“, rief ich ihm in kluger Voraussicht nach, nachdem er in seinem Schlafzimmer verschwinden war. Denn ich verspürte keine Lust noch stundenlang zu warten, bis er sich für das passende Outfit entschieden hatte.

“Ja ja..“ bekam ich als Antwort und ich musste mir auf die Zunge beißen, um meinen Kommentar darauf für mich zu behalten. Sonst würde es gleich wieder in einen Streit ausarten.

Gelangweilt ging ich einige Schritte den Flur entlang und ließ meinen Blick durch die Wohnung schweifen. Keine Spur von Unordnung, Staub oder Chaos. Alles, sogar der hässliche Porzellan Tiger neben der Couch, waren porentief rein. Doch plötzlich fiel mir der nicht gerade kleine Berg an zerknüllten Taschentüchern auf den Couchtisch auf. Entweder Ruki hatte eine dieser kitschigen Seifenopern im Fernsehen geguckt oder..

“Ich bin fertig..“ riss mich seine Stimme aus meinen Überlegungen. Ich wendete meinen Blick zu ihm und zog die Augenbrauen in die Höhe. Wie hatte er es so schnell geschafft sich umzuziehen und seine Haare zu stylen. Zu allem Überfluss musste ich auch noch zugeben, dass er toll aussah. Was ich nie laut sagen würde.

“Was guckst du so..?“, wollte er wie auf Kommando wissen. Anscheinend hatte ich ihn ein bisschen zu lange angesehen.

“Nichts, ich habe mich nur gefragt, ob du dir deinen BH ausstopfen wolltest..“ versuchte ich geschickt das Thema zu wechseln und deutete mit meinem Kopf zu dem Couchtisch und dem sich auf diesen befindlichen Taschentuchhaufen.

“Nein, ich..leide unter einer Allergie und jetzt lass uns gehen..“, stammelte er sichtlich verlegen vor sich hin und schob mich gleichzeitig auf die Wohnungstür zu.

“Und gegen was bist du allergisch..?“, fragte ich so beiläufig wie möglich nach, ehe ich die Tür öffnete und in den Hausflur trat.

“Gegen..Hausstaub..“ war Ruki´s knappe Antwort, während er sich Schuhe und Jacke anzog. Danach schloss er seine Wohnung ab und wir verließen zusammen das Gebäude.
 

“Und wohin lädst du mich ein..?“, unterbrach er die aufkommende Stille. Eine kleine Verbesserung, wenn ich an die sonstigen Streitereien dachte, trotzdem mochte ich es nicht sonderlich, wenn wir uns anschwiegen. Jedenfalls nicht auf diese Weise.

“Ins Kino..“, erklärte ich schnell. Aus dem einfachen Grund, weil wir uns, während der Film lief, nicht unterhalten mussten. Ergo, wir würden uns nicht wieder gegenseitig anschreien.

“Aber ich suche den Film aus...“, verkündete der Kleinere bestimmend, was ich mit einem einfachen Nicken abtat. Wie schlimm konnte es schon werden?
 

Etwa zwanzig Minuten später standen wir vor dem Kino und sahen uns die verschiedenen Plakate der Filme an, die zurzeit liefen.

“Ich will Koizora sehen..“ entschied sich der Rothaarige lächelnd, dabei deutete er kurz auf ein Plakat auf dem ein Junge und ein Mädchen um die Siebzehn zu erkennen waren. Ein Liebesfilm. Eindeutig.

“Können wir nicht was Spannenderes gucken. Wo man nach ein paar Minuten nicht gleich einschläft..?“ versuchte ich ihn umzustimmen. Ich verspürte wenig Lust mit Ruki einen solchen Film zu sehen. Da könnte ich mir ja gleich eine Freundin anschaffen.

“Der ist spannend oder hast du ihn schon gesehen..?“, gab er monoton von sich.

“Nein, aber wir könnten doch einen guten Actionfilm anschauen..“ schlug ich so freundlich ich konnte vor.

“Da wird doch nur sinnlos durch die Gegend geballert..“

“Einen Science-Fiction..?“

“Die sind total unrealistisch..“

“Oder einen Horror Film..?“, fuhr ich unermüdlich fort. Alles nur kein Schnulzen.

“Wenn ich dich sehe, grusle ich mich genug..“, stichelte Ruki frech grinsend, ehe er ein schlichtes “Wir können auch eine Dokumentation gucken. Ich glaube es läuft gerade ein französischer Film, mit Untertitel, über die Entwicklung der Kunst in den letzten hundert Jahren..“ von sich gab.

“Wir sehen uns Koizora an..!“, seufzte ich ergeben. Lieber ein Schnulzen, als eine Dokumentation, wo ich noch nicht einmal ein Wort verstand und auch noch lesen musste.

Triumphierend lächelte mich der Kleinere an und für einen winzigen Augenblick hatte ich das Bedürfnis ihm seine Unterhose über den Kopf zu ziehen.

Wie ein Hund seinen Herrchen folgte ich ihm zur Ticket Vergabe und musste neben den Eintrittskarten natürlich noch eine große Portion Popcorn und einen großen Becher Cola für ihn kaufen. Danach konnten wir uns endlich zu unseren Sitzen begeben. Lustlos ließ ich mich neben Ruki nieder und stützte mein Kinn auf meiner Handinnenfläche ab. Der Saal war nicht einmal zur Hälfte gefüllt und es waren beinahe nur Pärchen anwesend. Noch ein Zeichen mehr das der Film langweilig war. Das einzig Gute war, das ich versuchen konnte den Film zu verschlafen, sobald das Licht aus war.

Ich warf einen verstohlenen Seitenblick zu dem Rothaarigen, der die Beine überschlagen hatte und geräuschvoll an dem Strohhalm von dem Colabecher saugte. Für einen flüchtigen Moment tauchten andere Bilder vor meinen geistigen Augen auf und ich leckte mir unbewusst über die Lippen.

Erst als das Licht aus ging und der Film begann, wendete ich meinen Blick ab und sah auf die Leinwand. Meine Vermutung bestätigte sich. Der Film war tödlich langweilig. Jedenfalls für mich. Das Einzige, was mich wirklich vor dem Einschlafen abhielt, war Ruki so unauffällig wie möglich ein bisschen von seinen Popcorn zu klauen. Was nicht besonders schwer war, denn der Kleinere war so von dem Film gefesselt, dass er nicht einmal gemerkt hätte, wenn ich gegangen wäre. Dennoch blieb ich. Warum wusste ich selbst nicht genau.

Als der Film seinen dramatischen Höhepunkt erreichte, gähnte ich herzhaft und wollte mir wieder etwas Popcorn aneignen. Gerade als ich mit der Hand in den Becher griff, hörte ich ein Schniefen, das eindeutig nicht von den Protagonisten des Filmes stammte.

Ich sah zu Ruki. Bei näherer Betrachtung konnte ich erkennen, dass seine Augen glasig waren und auch sein Kinn zuckte verdächtig. Er schien zwanghaft zu versuchen nicht zu weinen. Es war seltsam, aber dieser Anblick machte mich selbst ein wenig traurig, obwohl ich wusste, dass der Kleinere nur wegen dem Film so sentimental war. Dass er so nah am Wasser gebaut war, hätte ich nie gedacht. Sonst war er so kühl, wie der Südpol. Zumindest mir gegenüber.

Langsam zog ich meine Hand wieder aus dem Popcornbecher. Ruki schniefte erneut, während er stark blinzelte. Doch es half nichts. Ihm rollte eine Träne die Wange hinab.

Aus einen Impuls heraus legte ich meinen Arm um seine Schultern und streichelte ihm kaum merklich über die Schulter hinweg. Ich wollte ihn trösten, auch auf die Gefahr hin gleich mit Cola oder Popcorn überschüttet zu werden. Es geschah jedoch etwas völlig anderes.

Der Rothaarige lehnte seinen Kopf gegen meine Schulter, ohne seinen Blick von der Leinwand abzuwenden. Ich streichelte ihm noch ein bisschen über den Oberarm und beobachtete ihn weiter. Als noch eine Träne über seine Wange kullerte, hob ich meine andere Hand und verstrich die salzige Spur mit meinem Daumen.

“Shh..“, hauchte ich gegen seinen Haarschopf. Warum ich plötzlich so mitfühlend war, wusste ich selbst nicht genau. Sonst machte ich mich über Leute die bei Filmen weinten lustig. Ruki weckte zum ersten Mal den Beschützerinstinkt in mir. Ich konnte ihn einfach nicht weinen sehen. Egal wie zickig er sich sonst verhielt.

Ich streichelte ihm zärtlich über die Wange, zog seine Gesichtskonturen mit dem Fingerspitzen nach, bis hinab zu seinem Kinn. Ohne jeglichen Widerstand konnte ich seinen Kopf ein bisschen hoch drücken, sodass ich ihn direkt ansehen konnte. Unsere Blicke fanden sich, wenige Momente später auch unsere Lippen.

Dieser Kuss hatte nichts von der Leidenschaft und Ungezähmtheit, die gestern noch unseren Verstand umnebelt hatte. Es war lediglich eine zarte Berührung. Ein Hauch. Nur zu erahnen, aber trotzdem deutlich zu spüren.

Mittlerweile hatte ich meine Augen geschlossen. Ich fühlte nur noch den warmen Körper des Kleineren. Ich roch seinen Geruch und schmeckte den leicht süßlichen Geschmack, der von seinen weichen Lippen ausging. Da war nur noch..Ruki

Ich weiß nicht, wie lange wir uns küssten, aber wir lösten uns erst wieder, als das Licht wieder anging.

Stumm sahen wir uns an. Die restlichen Besucher verließen den Saal und wir sahen uns immer noch an. Erst als wir vollkommen allein waren, erwachten wir wieder aus der Starre. Die Stille, die bis eben noch angenehm gewesen war, wurde nun zunehmen drückender. Die ganze Situation immer peinlicher zu werden. Verlegen wand der Rothaarige seinen Blick zum Boden und ich sah auf die weiße Leinwand vor uns.

Angestrengt dachte ich nach. Ich hatte ihn geküsst. Freiwillig und es hatte mir auch noch gefallen. Wenn ich das abstreiten würde, würde ich mich nur selbst belügen. Ich hatte Ruki geküsst, um ihn zu trösten. Das hätte ich nicht tun müssen, aber ich hatte es gewollt und bereute es nicht. Zwischen uns beiden war etwas. Mehr als Hohn und Spott. Ich wusste nur noch nicht, wie ich damit umgehen sollte.

Als ich wieder zu dem Kleineren sah und unsere Blicke sich erneut trafen, konnte ich deutlich Unsicherheit in seinen Augen erkennen. Ihm schien es nicht anderes zu gehen, wie mir.

“Knutscht du immer mit deinen Sitznachbarn im Kino herum..?“ durchbrach er schließlich die Stille, aber dieses Mal lag kein beißender Unterton in seiner Stimme. Er lächelte mich sogar an.

“Heulst du immer bei kitschigen Filmen..?“ war meine nüchterne Antwort.

Wir beide grinsten uns an. Es war wie eine stumme Übereinkunft. Sie verschaffte uns beiden die Zeit, die wir benötigten. In einen Liebesfilm wären sie sich jetzt um den Hals gefallen und hätten sich ihre Zuneigung gestanden. So einfach war das im normalen Leben nicht. Zumal ich mir über meine Gefühle erst noch klar werden musste. Außerdem würden Ruki und ich nie ein klassisches Liebespaar werden. Wir waren in vielen Punkten viel zu verschieden.

Ich war ruhig und regte mich selten über Kleinigkeiten auf. Er war dagegen..

“Warum ist mein Popcorn zur Hälfte leer..?“ eine rein rhetorische Frage, wie ich fand.

“Weil die andere Hälfte es nicht mehr geschafft hat, vor dir zu fliehen..“, witzelte ich, während ich mich von meinem Platz erhob und in aller Ruhe aus dem Saal schlenderte.

“Du kannst von nichts deine Finger lassen, wo auch nur das Wort 'Pop' enthalten ist oder..?“ schnarrte der Rothaarige neben mir und grinste mich triumphierend an.

“Dafür verwechselt man mich wenigstens nicht mit einem Popcorn..“ konterte ich, wodurch die Naturgesetze wieder hergestellt waren. Ich grinste und Ruki schmollte.
 

Es war draußen bereits dunkel geworden und viele bunte Lichter erhellten Tokyo´s Straßen. Das Nachtleben erwachte langsam.

“Wohin lädst du mich zum Essen ein..?“, wollte der Kleinere abwartend wissen.

“Essen? Wer hat etwas von Essen erzählt..?“ war meine Gegenfrage. Ich hatte ihm zum Kino eingeladen, das reichte doch wohl.

“ Du. 'Ein ganzer Abend auf meine Kosten'..“ äffte er mich nach und reckte dabei sein Kinn in die Höhe. Ich konnte mich daran nicht mehr erinnern, da ich jedoch selbst Hunger hatte, ließ ich mich darauf ein.

“Das ist aber das Letzte für heute. Danach bringe ich dich nach Hause..“ verkündete ich brummend. Danach überlegte ich, wo ich mit ihm essen gehen könnte, ohne gleich mein halbes Monatsgehalt auf den Kopf zu hauen. Die Rettung befand sich direkt auf der anderen Straßenseite, die ich auf direktem Weg ansteuerte.

“Ein Nudelsuppenstand..?“ kam es wenig begeistert von Ruki, nachdem wir an dem kleinen Holzhäuschen abgekommen waren.

“Hier gibt es leckeren Ramen zum Mitnehmen. Wir müssen also nicht mindestens eine halbe Stunde warten, bis wir etwas zu essen bekommen..“ versuchte ich ihn zu überzeugen, allerdings nur mit wenig Erfolg.

“Ich will keinen Ramen. Nur weil du zu geizig bist. Du lädst mich gefällig in ein richtiges Restaurant ein, wo es richtige Kellner gibt und richtiges Essen. Mit richtigen Tischdecken und Stoffservietten. Ist das klar..“ gab er bestimmend von sich und stemmte die Hände in die Seite.

“Vielleicht noch mit richtigen Kerzen..?“ brachte ich ironisch über meine Lippen.

“Natürlich. Ich weiß auch schon genau, welches Restaurant wir nehmen..“ meinte er herrisch, ehe er mir den Rücken zu drehte und den Bürgersteig entlang lief. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Ich hoffte nur das ich am Ende des Abends wenigstens richtigen Sex dafür bekam, dann hätte es sich auch für mich gelohnt.

Bei diesen Gedanken wanderte mein Blick wie von selbst zu Ruki´s Hintern. Dem ich heute noch gar keine Beachtung geschenkt hatte. Welch eine Schande.

“Das ist es..“ kam es plötzlich von dem Kleineren und ich löste meinen Blick von seinem Po, um herauszufinden zu welchem Nobelrestaurant er mich geführt hatte. Zu meiner Überraschung war es nicht sonderlich groß und schien nicht zu den teuersten Adressen zu gehören. Trotzdem hatte es einen gewissen Flair.

Ich betrat nach Ruki das Gebäude und folgte ihm zu einem der Tische an der Wandreihe. Das Restaurant war zwar gut besucht, aber trotzdem nicht überfüllt. Ich musste zugeben, dass ich es sehr ansprechend fand, was ich allerdings für mich behielt. Diesen Triumph wollte ich dem Rothaarigen nicht auch noch gönnen.

“Das Restaurant ist ein absoluter geheim Tipp. Der Koch macht die besten Reisgerichte in ganz Tokyo..“ begann Ruki zu schwärmen, nachdem wir uns hingesetzt hatten.

“Was ist daran besonders? Einen Reiskocher habe ich auch zu Hause..“ entgegnete ich schulterzuckend, woraufhin mein Gegenüber seine Augen verdrehte.

“Willkommen und einen wunderschönen guten Abend. Ich werde heute ihr Kellner sein..“ erklang auf einmal neben unseren Tisch ein mir nur all zu gut bekannte Stimme. Kazuki!

Fassungslos sah ich ihn an. Was machte der hier? Er war zum Kellner so geeignet, wie ich zum Pizzabäcker. Was er auch gleich verdeutlichte.

“Byou? Ruki? Was macht ihr denn hier..?“ fragte er mich allen Ernstes und ich konnte gerade noch verhindern, dass mein Kopf auf der Tischplatte herab sauste.

“Wir wollen etwas essen..“ mischte sich Ruki gelassen ein und ich konnte förmlich sehen, wie es in dem Gehirn meines besten Freundes zu rattern begann.

“Ist das euer erstes Date..?“, wollte er breit grinsend wissen, während er uns die Karten reichte.

“Das ist kein Date. Ich habe Ruki lediglich eingeladen, aber was machst du hier? Ich dachte du arbeitest als Fahrradkurier..?“ meine Ausrede war zwar sehr lahm, dennoch war ich sicher, dass das Kazuki nicht auffallen würde.

“Ich muss meine Schulden abarbeiten, die ich bei der Überschwemmung meiner Wohnung verursacht habe..“ brachte der Brünette verlegen lächelnd über seine Lippen. Das klang logisch. Ich zweifelte nur daran, dass Kazuki seine Schulden auf diese Art verringern konnte.

“Aber wie kommt es das ihr beide zusammen ausgeht? Ich dachte immer ihr mögt euch nicht oder willst du herausfinden, ob ich mich wirklich von meinen Piercings trennen würde..?“ plapperte er munter weiter und grinste mich verschwörerisch an.

“Was gehen mich deine Piercings an..?“ wie so oft kam ich bei den Gedankengängen des Größeren nicht mit, was ausnahmsweise nicht an mir lag.

“Wir haben doch gewettet, dass ich meine Piercings ablegen muss, wenn du es schaffst, Ruki rum zu kriegen..“ während er sprach, ging mir plötzlich ein Licht auf. Schnell sprang ich von meinem Stuhl auf, um ihn den Mund zuzuhalten, doch da war es schon zu spät.

Das Nächste was ich spürte war ein Schlag auf die Wange.

Ruki war ebenso aufgestanden und sah mich nun wütend und zugleich verletzt an. Seine Augen wurden erneut glasig.

“So ist das also..“ brachte er abgehakt über seine Lippen, ehe er mit gesenktem Kopf an mir vorbei stürmte und aus dem Restaurant rannte. Ich brauchte eine Sekunde, um mich zu fangen, dann lief ich ihm nach. Zu spät.

Von ihm war nichts mehr zu sehen...
 

Seid dem waren drei Tage vergangen und Ruki hatte jeden Versuch, den ich unternommen hatte, um ihn zu erreichen, erfolgreich unterbunden. Er reagierte weder auf Anrufe, noch auf SMS, und wenn ich bei ihm klingelte, öffnete er nicht seine Tür. Wie sollte ich dieses Missverständnis aufklären, wenn er mir nicht die Gelegenheit dazu gab?

Ich überlegte sogar schon, ob ich ihn nicht einen Brief schreiben sollte, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er mir darauf auch nicht antworten würde.

Nun saß ich frustriert in einem Café und schüttete einen Kaffee nach den anderen in mich hinein. Den hatte ich nämlich dringend nötig, um wach zu bleiben. Die letzten Nächte hatte ich kaum gegessen, ganz zu schweigen, dass ich kaum Nahrung zu mir genommen hatte. Ich lebte seid drei Tagen praktisch nur noch von Zigaretten und Kaffee.

Lustlos lehnte ich mich auf meinen Stuhl zurück. Ich hatte mir gerade den nächsten Kaffee bestellt, da fiel mein Blick auf eine Person am anderen Ende des Cafés. Ruki!

Er saß zwar mit dem Rücken zu mir, trotzdem erkannte ich ihn. Gerade als ich aufstehen wollte, um zu ihm zu gehen, sah ich noch jemanden. Einen Mann. Er schien sich sehr angeregt mit dem Rothaarigen zu unterhalten. Sie lachten sogar.

Ich ballte die Hände zu Fäusten. Ich erinnerte mich daran, dass Ruki einen Freund erwähnt hatte, aber das war für mich nie mehr als eine Lüge gewesen. Konnte ich mich so getäuscht haben?

Warum hatte mit mir geschlafen, wenn er vergeben war? Das ergab keinen Sinn.

Ein bis dahin unbekanntes Gefühl machte sich in mir breit. Eifersucht!

Ich war eifersüchtig auf diesen Mann und das mehr, als nur ein ganz kleines bisschen..



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (6)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Naoi
2011-06-16T00:41:39+00:00 16.06.2011 02:41
Hahaha bäm typisch Kazuki sag ich da nur! xD Ach Gott aber der arme Kerl ist sicher nicht mit Absicht immer so naiv xD egal, verplappert und nun hat Byou den Salat, naja muss er sich ein bisschen anstrengen jetzt und dass er eifersüchtig wird ist ja schonmal ein gutes Zeichen :D
Tolles Kapitel wieder! Ich hatte mit dem Kino schon fast ein bisschen Angst dass es wieder so typisch kitschig wird aber eigentlich hab ich auch erwartet dass es dann doch nicht so endet xD und du hast es ja auch gut wieder rumgerissen :D
Ja nicht klischeemäßig werden! :D Das würde dieser tollen Story echt schaden!
Ich freu mich schon wahnsinnig aufs nächste Kapitel! :)

LG
Naoi
Von:  Morumotto
2011-06-15T18:36:01+00:00 15.06.2011 20:36
woah nein echt kazuki!!!!
ich meine es lief doch grad so gut und nein da MUSS es ya so kommen -.-*
ich wollte nun eigl. fragen was mi der "wette" die keine ist und rukis pseudo "freund" ist wobei ob sich das schon gekärt hat?
ich meine eigl hat byou die wette gewonnen und rukis freund...nun ya ob es wirklich dieser typ ist oder ein gazetto oder sonst wer bleibt noch offen
ich bleif auf jeden fall am ball und vorallem gespant =)
lg まりこ
Von:  V-Hope
2011-06-14T21:01:29+00:00 14.06.2011 23:01
Wieso frag ich mich grade wieso Kazuki so dumm ist XD
Aber egal ^-^
Ich fand die Idee total süß wo Byou die Taschentücher gesehen hat und Ruki nur sagt das es eine Allergie sei, auch wenn man sich denken kann das er die ganze Zeit nur wegen ihm geweint hat XD
Das im Kino fand ich total süßß *_* da hab ich mich tierisch gefreut ;D
Aber beim essen musste ja Kazuki alles zerstören XD
Zum teil fand ich es aber auch gut es muss ja spannend bleiben XD

So bin fertig ^-^
Bis zum nächsten Kapi
Ganz Liebe Grüße Taaka
Von:  -hoshi-
2011-06-14T18:42:58+00:00 14.06.2011 20:42
also... erst mal vielen dank, dass du so schnell immer updatest, ich bin immer halb am verzweifeln, weil alle guten geschichten nie weitergeschrieben werden, aber das ist hier ja zu, glück anders^-^

als ich das kapitel gelesen hab, musste ich ehrlich sowas von lachen, zumindest am anfang... ich find die beiden ja schon lustig wie sie sich verhalten^-^... naja das ende war dann nicht mehr ganz so lustig (böser kazuki), obwohl es ja auch nur halb so interessant wäre, wenn die beiden sich jetzt schon gekriegt hätten... lieber noch ein bisschen drama einbauen...
und ich fand die vorstellung so süß, dass ruki wegen byou geweint hat (also das ist meine interpretation der taschentücher und bei der werde ich auch bleiben, weil ich bin ja der meinung ruki war schon von anfang an in byou verliebt^-^)
also bitte genauso schnell weiterschreiben
lg
shinya
Von:  KenTsu
2011-06-14T16:04:20+00:00 14.06.2011 18:04
och gottchen, hat da byou etwa echt liebeskummer und begreifft das es nich immer im leben so läuft wie er will. egal bring die beiden endlich zusammen und zwar ohne missverständnisse. aber bitte lass kazuki nich einfach so davon kommen wo die beiden sich doch "endlich" verstehen und merken das sie sich echt mehr als mögen.
sie tuen mir alle beide leid, aber so leicht is das leben nun mal nicht.

lg bis zum next chap
Von:  Gedankenchaotin
2011-06-14T15:31:11+00:00 14.06.2011 17:31
Tja lieber Byou..
wie heisst es so schön. Eifersucht ist die Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. *g*
Hat ja eigentlich selbst schuld mit seiner Wette und da muss er sich nun was seeeehr gutes einfallen lassen, um Ruki zu besänftigen.

Ich freu mich drauf.

HDGDUNVML

Le Chibi


Zurück